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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Lucas Zeise – Gute Gründe für die Euro-Explosion; EU: Steuerwettbewerb ohne Grenzen; Arme Viertel, reiche Viertel: Soziale Schichten bleiben verstärkt unter sich; “Hartz IV ist völlig gescheitert”; Christine Haderthauer: CSU-Ministerin will mehr Druck auf Arbeitslose; Klassen und Kasten; Erziehung zum Homo oeconomicus; Bild: Ist das noch Journalismus?; Die Sponsoren des FDP-Bundesparteitages; Pillentrick des Pharmalobbyismus: Wie man Patienten um den Finger wickelt; EADS-Bilanz: Staatshilfen trotz Milliarden in der Kasse; Rüstungsindustrie am Bodensee; Bahn-Chef kündigt Weiterbau an; AKW Jaitapur: Dreitausend Sicherheitsmängel; Dresdener Studenten zwangsverpflichtet; Erdbeben in Spanien: Pfusch am Bau; Angriff auf demokratische Traditionen; US-Defizit: Big Oil will nicht zahlen; Warum nicht Peer? (WL)

Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Lucas Zeise – Gute Gründe für die Euro-Explosion
  2. EU: Steuerwettbewerb ohne Grenzen
  3. Arme Viertel, reiche Viertel: Soziale Schichten bleiben verstärkt unter sich
  4. “Hartz IV ist völlig gescheitert”
  5. Christine Haderthauer: CSU-Ministerin will mehr Druck auf Arbeitslose
  6. Klassen und Kasten
  7. Erziehung zum Homo oeconomicus
  8. Bild: Ist das noch Journalismus?
  9. Die Sponsoren des FDP-Bundesparteitages
  10. Pillentrick des Pharmalobbyismus: Wie man Patienten um den Finger wickelt
  11. EADS-Bilanz: Staatshilfen trotz Milliarden in der Kasse
  12. Rüstungsindustrie am Bodensee
  13. Bahn-Chef kündigt Weiterbau an
  14. AKW Jaitapur: Dreitausend Sicherheitsmängel
  15. Dresdener Studenten zwangsverpflichtet
  16. Erdbeben in Spanien: Pfusch am Bau
  17. Angriff auf demokratische Traditionen
  18. US-Defizit: Big Oil will nicht zahlen
  19. Warum nicht Peer?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Lucas Zeise – Gute Gründe für die Euro-Explosion
    Man versetze sich in die Position des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou und seines Finanzministers Giorgos Papakonstantinou. Sie hatten mit typisch sozialdemokratischem Eifer die rigorosen und zu einem beträchtlichen Teil unsozialen und daher kontraproduktiven Sparmaßnahmen (Entlassungen, Privatisierungen etc.) beschlossen und durchgedrückt. Wenn sie nun feststellen, dass sie auf diesem Weg nur die Rezession verschlimmern und dass die Steuereinnahmen wegbrechen, was bleibt ihnen da? Sie versuchen, bessere Konditionen bei den europäischen Partnern zu erreichen: niedrigere Zinsen, längere Laufzeiten der Hilfsdarlehen, gemilderte Sparauflagen und eine Umschuldung, sprich eine nennenswerte Streckung oder Reduzierung der existierenden Staatsschuld. Wenn sie dann feststellen, dass sie mit diesen Wünschen nicht durchkommen, sondern im Gegenteil Brüssel und ganz besonders Berlin eher den Druck erhöhen, dann werden sie zum letzten Mittel aller verzweifelten Schuldner greifen: der Drohung mit dem eigenen Konkurs.
    Man versetze sich in die Lage der Regierungschefs der “Gläubigerländer” innerhalb der Euro-Zone. Sie haben sich bisher gegen die eigentlich naheliegende Lösung einer kontrollierten und von ihnen garantierten Entwertung der Schulden gesperrt. Zum einen, weil sie die Banken und Versicherungen im eigenen Land vor Verlusten schützen wollen, zum anderen, weil eine Umschuldung in einem Euro-Land sogleich die Frage aufwerfen würde, die Schulden welches Landes als Nächstes rasiert oder abgeschnitten werden. Mit Dementis ist gegen solche durchaus berechtigten Fragen der Investoren rein gar nichts auszurichten. Folgerichtig muss die Umschuldung für ein Land zugleich eine Lösung für alle Problemländer der Euro-Zone umfassen. Man kann angesichts des Umfangs dieser Aufgabe fast schon Verständnis dafür aufbringen, dass die Akteure bisher davor zurückgeschreckt sind. – Das als Geheimtreffen geplante Stelldichein in einem Luxemburger Schlösschen am vergangenen Freitag kann auch als positives Zeichen gewertet werden. Zum ersten Mal seit Ausbruch der Staatsschuldenkrise in Euroland erwecken unserer Regierenden den Eindruck, dass sie nach einer Lösung suchen – und nicht wie bisher altbekannte Rituale öffentlich abspulen.
    Quelle: FTD
  2. EU: Steuerwettbewerb ohne Grenzen
    Nirgends auf der Welt ist der Wettbewerb um die die niedrigsten Unternehmenssteuern so ausgeprägt wie in der Europäischen Union. Politische Initiativen, den Wettlauf nach unten zu stoppen, waren bislang wenig erfolgreich. Die durchschnittlichen Unternehmenssteuersätze sanken in den alten Ländern der Europäischen Union (EU-15) zwischen 1997 und 2007 von gut 38 auf knapp 29 Prozent. In Ländern, die in diesem Zeitraum der EU beitraten, ging die Kurve noch steiler nach unten: von 32 auf durchschnittlich 19 Prozent. Damit fielen die Steuern auf Unternehmensgewinne in Europa deutlich stärker als im Rest der Welt.
    Quelle: Böckler Impuls [PDF – 155 KB]
  3. Arme Viertel, reiche Viertel: Soziale Schichten bleiben verstärkt unter sich
    In deutschen Großstädten leben arme und wohlhabende Menschen nach einer Studie der Universität Köln zunehmend getrennt voneinander.
    Soziale Schichten bleiben demnach immer mehr unter sich. Das zeige ein Vergleich statistischer Daten aus den Jahren 1990 und 2005, sagte der Leiter der Untersuchung, Jürgen Friedrichs 2008. “Das ist eine unselige Entwicklung. Der Effekt von sichtbarer Armut in einem bestimmten Gebiet verstärkt sich.”
    Quelle: 3sat
  4. “Hartz IV ist völlig gescheitert”
    Paritätischer Wohlfahrtsverband warnt vor Auseinanderbrechen der Gesellschaft.
    Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, setzt sich seit mehr als zwei Jahrzehnten für das Millionenheer sozial Schwacher in unserer Gesellschaft ein. Schneiders Credo: Noch nie lebten in der Bundesrepublik so viele von so wenig Geld.
    Quelle: Deutschlandradio
  5. Christine Haderthauer: CSU-Ministerin will mehr Druck auf Arbeitslose
    Bayerns Arbeitsministerin Christine Haderthauer (CSU) hat verstärkte Anstrengungen von Langzeitarbeitslosen gefordert, wieder Arbeit zu finden. „Durch die hohe soziale Absicherung bei uns ist offensichtlich zu wenig Leidensdruck vorhanden“, sagte Haderthauer der „Passauer Neuen Presse”.
    Die Statistik weist derzeit drei Millionen Arbeitslose aus, zusätzlich gíbt es eine Million Menschen in Qualifizierungsmaßnahmen. Haderthauer geht davon aus, „dass jeder, der als arbeitsfähig eingestuft ist, auch einsatzfähig gemacht werden muss und kann“.
    Quelle: WELT

    Anmerkung: Dass es mehr als fünfmal so viele Arbeitslose wie offene Stellen gibt, dass die Arbeitslosigkeit durch mehr Druck also nicht zum Verschwinden gebracht werden kann, weiß die Dame genau. Christine Haderthauer versucht sich in Populismus.

  6. Klassen und Kasten
    Daß Deutschland eine Klassengesellschaft ist, ist eine Binsenweisheit – abgestritten nur von denjenigen, die sich zur »Elite«, zur »Creme«, zu den »Leistungsträgern« zählen. Der Kölner Publizist Günter Wallraff geht weiter: Die Bundesrepublik entwickelt sich zu einer Kastengesellschaft. Die Angehörigen der Oberschicht verkehren »nur noch untereinander, heiraten untereinander, pflegen ihre eigenen Clubs und Rituale und blicken auf die anderen … mit distanziert kaltem Blick herab«.
    Belegt wird diese These in dem jetzt erschienenen Buch »Leben ohne Mindestlohn – Arm wegen Arbeit«, das Wallraff zusammen mit den Gewerkschaftsvorsitzenden Frank Bsirske (ver.di) und Franz-Josef Möllenberg (Nahrung-Genuß-Gaststätten, NGG) herausgegeben hat. Auf 176 Seiten schildern Betroffene ihre Erfahrungen mit der Arbeitswelt: eine Leiharbeiterin, eine Produktionshelferin, eine Kassiererin, ein Koch u.a. So unterschiedlich ihre Lebensumstände auch sind – sie haben eines gemeinsam: Sie arbeiten in prekären Jobs, können vom Verdienst kaum leben und sind ständig vom Rausschmiß bedroht.
    Quelle: Junge Welt
  7. Erziehung zum Homo oeconomicus
    Wirtschaftsverbände erobern mit ihren Vorstellungen von ökonomischer Bildung die Schulen. Wie können Gegenstrategien aussehen? Diese Frage treibt Lehrer und Gewerkschafter um.
    There is no such thing as society”, mit diesen Worten beschrieb Margret Thatcher einst das Fundament des neoliberalen Denkgebäudes. Es gibt keine Gesellschaft, nur Individuen. “Aus der individualistischen Norm folgt auch, dass kein überindividuelles ,Gemeinwohl’ begründbar ist” – so lernen es unsere Kinder heute im Sozialkunde- oder Wirtschaftsunterricht aus einem Schulbuch des Westermann-Verlags.
    Quelle: Magazin Mitbestimmung
  8. Bild: Ist das noch Journalismus?
    Die Selbstinszenierung als Volkes Stimmes verleiht dem Massenblatt “Bild” politisches Gewicht. Das wiederum ist Mittel zum Zweck, die Verkaufsmaschine “Bild” am Laufen zu halten. Diesen Schluss zieht eine aktuelle Studie der Otto Brenner Stiftung-
    Quelle: Magazin Mitbestimmung

    Anmerkung Orlando Pascheit: Teil IV der Studie, der das Griechenlandbashing thematisiert, können hier heruntergeladen werden. Vielleicht erinnern sie sich noch an die Schlagzeilen im Herbst 2010:  „BILD enthüllt die Euro-Lüge“ und „So haben uns die Griechen reingelegt“.

  9. Die Sponsoren des FDP-Bundesparteitages
    u.A.

    • EnBW
    • E-on
    • RWE
    • Vattenfall
    • Das Deutsche Atomforum
    • Der Erdgasverband
    • Fachverband Biogas e.V.
    • Diverse Unternehmen und Verbände aus dem Bereich Solarenergie, Energietechnik
    • Zwei Tabakkonzerne
    • GDV – die deutschen Versicherer
    • Der Verband der privaten Krankenversicherer
    • Ein, zwei Bausparkassen
    • Die Bertelsmann Stiftung
    • n-tv
    • etc.

    Quelle: FDP

    Anmerkung Martin Betzwieser: Unter den Sponsoren aus der Energiebranche gibt es ja wirklich den totalen Wettbewerb – das muss man der FDP wirklich lassen. Ist da wirklich noch irgendjemand der Meinung, dass so etwas keine Auswirkungen auf die politische Willensbildung hat?
    Und sonst, ganz nebenbei: Ein manipulativer Ex-Wirtschaftsminister, der mit Aussagen zu Hintergründen des Nuklearmoratoriums die FDP Prozente kostete, wird mit dem FDP-Fraktionsvorsitz belohnt, und ein Minister, der nach eigenen Aussagen nach insgesamt acht Jahren wieder aus der Politik aussteigen möchte, soll der Partei Hoffnung als neuer Vorsitzender bringen? Das möchte ich inhaltlich gar nicht kommentieren.

  10. Pillentrick des Pharmalobbyismus: Wie man Patienten um den Finger wickelt
    Um ihre teuren Medikamente zu verkaufen, unterwandern manche Arzneimittelhersteller sogar Selbsthilfegruppen, Ärzte werden beiseite geschoben. Anstatt das Treiben zu unterbinden, heizt die Politik es noch an. Die Einflussnahme wird immer dreister.
    Quelle: FTD
  11. EADS-Bilanz: Staatshilfen trotz Milliarden in der Kasse
    Die Grünen haben die milliardenschwere staatliche Rettungsaktion für den Militärtransporter A400M angesichts der prall gefüllten Kasse des Luftfahrtkonzerns EADS scharf kritisiert. „Da scheint sich Herr zu Guttenberg mit falschen Zahlen erpresst haben zu lassen“, bemängelte der Grünen-Politiker Omid Nouripour am Freitag das Vorgehen des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Die Zahlen passten vorne und hinten nicht zusammen. Da bestehe EADS auf Rettungsgeldern der A400M-Käuferstaaten, weil sonst der Konzern vor dem Ende stehe. Die Bilanz spreche jedoch eine ganz andere Sprache.
    Quelle: Focus
  12. Rüstungsindustrie am Bodensee
    AC&S, ATM, Avitech, Diehl-BGT, EADS, FFA, Hartchrom, LIEBHERR, Mowag, ND-SatCom, Rheinmetall, RST, SwissArms, Tognum-MTU, Vectronix… Über 7.000 Menschen am See arbeiten an Waffen. Aber wer denkt an die Toten und Verletzten?
    Quelle: Initiative gegen Waffen vom Bodensee

    Dazu auch:

    Universität Konstanz lässt sich kaufen
    Die beiden EADS-Unternehmen Astrium und Cassidian wollen ihre bestehende Zusammenarbeit mit der Universität Konstanz ausbauen. Eine entsprechende Rahmenvereinbarung zur Intensivierung und Koordinierung der Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung wurde jetzt von Hochschule, Astrium und Cassidian unterzeichnet. Die Vereinbarung verfolgt eine stärkere Kooperation von Cassidian und Astrium mit den Fachbereichen Mathematik, Physik, Biologie, Informatik und Sportwissenschaften der Universität Konstanz. Dabei ist vor allem die Schaffung von Doktoranden- und Postdoktorandenstellen vorgesehen. Forschungskooperationen erfolgen im Rahmen nationaler und internationaler Förderprogramme…
    Am 28./29. Mai 2011 findet der bundesweite Kongress „Nein zur Militarisierung von Forschung und Lehre – Ja zur Zivilklausel“ an der Technischen Universität, Pockelsstraße 11, in Braunschweig statt.
    An über 40 deutschen Hochschulen wird Forschung für den Krieg betrieben. Der Einfluss der Militärs und der Rüstungsbetriebe auf die akademische Lehre wächst.
    Die Militärforschung stellt dabei die innere Transparenz und Demokratie, d.h. letztlich Freiheit und Autonomie, der Hochschulen selbst in Frage.
    Quelle: Rüstungsindustrie am Bodensee

  13. Bahn-Chef kündigt Weiterbau an
    Nach dem Regierungswechsel in Baden-Württemberg will die Bahn an Stuttgart 21 weiterbrauen lassen. Seit der Landtagswahl lagen die Bauarbeiten auf Eis. Sollte es nicht zügig weitergehen, droht Grube mit Regressforderungen.
    Quelle: FR
  14. AKW Jaitapur: Dreitausend Sicherheitsmängel
    Im westindischen Jaitapur soll mitten im Erdbebengebiet das weltgrößte AKW entstehen. Noch im abgelegensten Dorf kennt man den französischen Kernkraftkonzern Areva – er ist mit 9,5 Milliarden Euro Jahresumsatz der weltweit größte Atomkonzern – und seinen Europäischen Druckwasserreaktor (EPR). In den Bergen der Westghats, die sich südlich von Mumbai entlang der indischen Westküste erstrecken, sind Begriffe wie Radioaktivität, Plutonium und giftiger Atommüll jedem geläufig. Die atemberaubend schönen Dörfer im Hinterland von Jaitapur im Bundesstaat Maharashtra liegen innerhalb eines “Biodiversitätszentrums”, das zu den zehn wichtigsten der Welt zählt. Genau hier sollen demnächst sechs 1 650-Megawatt-Reaktoren von Areva stehen. Am 27. Februar reiste Prithviraj Chavan, Ministerpräsident des Bundesstaats Maharashtra,  nach Jaitapur, um auf einer öffentlichen Versammlung die Vorzüge des Projekts anzupreisen. Unter den rund 8 000 Anwesenden fand sich nur ein einziger Befürworter – ein Grundbesitzer, der schon lange in Mumbai wohnt. Kurz nach Chavans Besuch verhaftete die Polizei 22 Aktivisten, denen verschiedene Straftaten – bis hin zu versuchtem Mord – angelastet werden.
    Jaitapur liegt in einer seismologisch kritischen Zone der Kategorie IV. Das bedeutet, dass hier Erdbeben bis Stärke 7 auf der Richterskala für möglich gehalten werden. “Allein in den letzten zwanzig Jahren wurde die Region von drei Erdbeben der Stärke 5 und darüber erschüttert”, schreibt die Umweltorganisation Greenpeace. “1993 gab es hier ein Erdbeben der Stärke 6,3, bei dem etwa 9 000 Menschen ums Leben kamen. Und 2009 stürzte bei einem Erdbeben die Brücke vor Jaitapur ein. Diese Umstände wurden bei der Standortwahl überhaupt nicht berücksichtigt.”(1) Unklar ist auch, ob die NPC den Reaktor durch irgendwelche baulichen Maßnahmen “erdbebensicherer” gemacht hat.
    “Jaitapur ist für das Überleben von Areva entscheidend”, meint Vivek Monteiro, ein Physiker und Aktivist aus Mumbai, der sich eingehend mit der Geschichte des französischen AKW-Konzerns beschäftigt hat. “Areva steckt tief in der Krise und benötigt eine gewaltige Kapitalspritze. Wenn Jaitapur durchfällt, wird sich diese Krise weiter verschärfen. Deshalb versuchen sie die indische Regierung mit allen Mitteln dazu zu bringen, das Projekt gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen.” Doch in Jaitapur geht es um mehr als nur die Profite von Areva. Inzwischen sind Indien und China mit ihren Plänen, die Atomenergieproduktion zu verdrei- oder zu vervierfachen, weltweit zum entscheidenden Expansionsmotor der Atomindustrie geworden. Wenn sie mit ihren Plänen scheitern, wird sich der Niedergang der globalen Nuklearindustrie beschleunigt fortsetzen. Dass diese Industrie sich weder mit den Sicherheitsbedürfnissen der Bevölkerung noch mit den basisdemokratischen Prinzipien verträgt, wird derzeit nirgends deutlicher als in Jaitapur.
    Quelle: Le Monde diplomatique
  15. Dresdener Studenten zwangsverpflichtet
    Die Technische Universität Dresden verpflichtet Studenten im 4. Semester des Studiengangs Soziologie als Volkszähler.
    Die Studierenden sollen hierbei offiziell die praktische Durchführung einer “eigenständigen” empirischen Studie einüben. Diese “Lehrveranstaltung” ist Teil eines Pflichtmoduls und muss für einen  Bachelor-Abschluss erfolgreich abgeschlossen werden. Konkret bedeutet dies, dass jede und jeder Studierende 50 erfolgreiche Befragungen durchführen muss, um die notwendigen “Credit-Points” zu bekommen.
    Die TU kooperiert für diese Veranstaltung mit der Erhebungsstelle Freital, die von einem ehemaligen Studierenden der TU geleitet wird.
    Die Lehrveranstaltung soll zur Einübung “eigenständiger” empirischer Studien dienen. Allerdings ist die Datenerhebung beim Zensus 2011 genau vorgegeben und Erhebungsbeauftragte dürfen die Daten nicht selbst auswerten. Das Ganze hat also nichts mit dem erklärten Ziel der Lehrveranstaltung zu tun.
    Quelle: Initiative gegen die Volkszählung 2011 des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
  16. Erdbeben in Spanien: Pfusch am Bau
    Hier sieht es aus wie in Beirut”, erklärt Francisco Jódar, Bürgermeister der südostspanischen Stadt Lorca, nach einem Rundgang durch seine Gemeinde. Lorca wurde am Mittwochnachmittag Opfer zweier Erdbeben. Mehrere Gebäude stürzten ein, Schulen, Altersheime und das örtliche Krankenhaus wurden evakuiert. “Die Gebäude hätten nicht einstürzen dürfen, es hätte keine Opfer geben dürfen”, erklärte der Vorsitzende des Geologenverbands, Luis Suárez, am Mittwoch unmittelbar nach dem Beben. “Ein 5,2 auf der Richterskala hat nicht die Kraft, Gebäude zum Einsturz zu bringen”, weiß er. Das sei nur möglich, “wenn sie bereits zuvor Schäden hatten”. Ein Blick in Google Streetview zeigt, dass alle betroffenen Wohnblocks nur wenige Jahre alt waren.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Nachdem die Immobilienspekulation einen einmaligen Bauboom generierte, klappen nicht jetzt nicht nur die Spekulation sondern auch die Gebäude wie ein Kartenhaus in sich zusammen. In der Finanzwelt wie auch in der Realwirtschaft wurden zugunsten von Milliardengewinnen einfachste Sicherheitsbestimmungen ignoriert. Die Politik weicht vor Gemeinderats- und Regionalwahlen in bekannt zynischer Weise aus: Jetzt sei nicht die Zeit, über Verantwortung zu reden, sondern zu helfen.

  17. Angriff auf demokratische Traditionen
    Die US-Konservativen haben den Gewerkschaften den Kampf angesagt. Als willkommener Anlass dient die dramatische Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Ziel ist ein Richtungswechsel – weg von Obamas keynesianischer Wirtschaftssteuerung, weg von der Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur und vom Ausbau sozialer Sicherungssysteme. Dabei bedienen sie sich eines Politikrezeptes, das aus einem Dreieck von populistischem Patriotismus, wirtschaftspolitischer Abstinenz und machtpolitischer Absicherung besteht. Die Republikaner reden von der Rückkehr zu traditionellen Werten, marschieren in Wahrheit aber auf eine moderne Variante autoritärer Herrschaft zu – mit einem Heer ungebildeter und billiger Arbeitskräfte.
    Quelle: Magazin Mitbestimmung

    Anmerkung Orlando Pascheit: Die NDS haben z.B. auf die Vorgänge in Wisconsin hingewiesen. Dieser Beitrag stellt diese Ereignisse in einen größeren Zusammenhang.

  18. US-Defizit: Big Oil will nicht zahlen
    Die großen amerikanischen Ölkonzerne wehren sich vehement gegen die Abschaffung von Steuerprivilegien für ihre Branche. Dabei geht es um 2 Mrd. Dollar pro Jahr. Zum Vergleich: Allein im ersten Quartal 2011 verdienten die fünf großen Player 36 Mrd. Dollar.
    […]
    Vor dem Treffen hatte ConocoPhilips-Chairman Jim Mulva gesagt, eine Steuererhöhung koste Jobs und führe zu einem Rückgang der Investitionen und damit zu höheren Gas- und Benzinpreisen. Zudem bezeichnete er den Plan als unamerikanisch. Ähnlich harsch äußert sich der Chef des Branchenverbandes American Petroleum Institute, Jack Gerard: “Das ist eine rachsüchtige Aktion der Regierung. Eine Steuererhöhung wird Jobs kosten, unsere gesamte Energieversorgung gefährden, Energiekosten erhöhen und unser Staatsdefizit weiter erhöhen.”
    Quelle: FTD
  19. Warum nicht Peer?
    Da stört auch nicht, dass Steinbrück der SPD als Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen 2005 ihr schlechtestes Ergebnis seit 1954 bescherte. Schließlich wurde er wenig später zur Belohnung als Bundesminister der Finanzen berufen. Da kann er ja wohl so schlecht nicht gewesen sein. Ok, er hat dann in seiner Funktion als Bundesfinanzminister, gemeinsam mit dem Kanzlerkandidaten und jetzigem Fraktionsvorsitzenden der SPD Frank Steinmeier, für ein weiteres Rekordergebnis gesorgt: Die SPD landete 2009 bei 23 Prozent, ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Sei´s drum. So macht man in der SPD Karriere: Je größer die Niederlage vor den Wählern, desto größer das Ansehen in der Partei-Spitze – und bei den Medien. Einzige Voraussetzung: Eine große Klappe.
    Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft

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