Nichts ist zu billig, um Wagenknecht zu diffamieren: Medien und „Putins Putsch-Plan für Deutschland“

Nichts ist zu billig, um Wagenknecht zu diffamieren: Medien und „Putins Putsch-Plan für Deutschland“

Nichts ist zu billig, um Wagenknecht zu diffamieren: Medien und „Putins Putsch-Plan für Deutschland“

Ein Artikel von: Tobias Riegel

Laut Medien will „Putin Deutschland zurückerobern“. Mit nichts weniger als „einem Putsch“ – angeführt „von Links-Ikone Sahra Wagenknecht und den Rechtsaußen der AfD“. Nicht nur die „Bild“ wiederholte die letzten Tage fragwürdige Berichte von US-Medien über eine „Einheitskolonne aus Linken und Rechten“. Wagenknecht und ihre Pläne für eine neue Partei scheinen große Unruhe zu erzeugen – sie und Anhänger sollen also vorsorglich als russische Agenten diffamiert werden. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

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Die Diffamierung von Kritikern der Kriegs- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung durch fast alle Journalisten und Politiker in Deutschland erreicht ständig neue Höhepunkte: Besonders im Fokus steht dabei Sahra Wagenknecht als eine der profiliertesten und beliebtesten Personen, die der gefährlichen giftgrünen Politik im Weg stehen. Die möglichen Pläne zur Gründung einer neuen Partei machen Wagenknecht noch „gefährlicher“. Vor allem in diesem Zusammenhang sehe ich die aktuelle Kampagne um angebliche Kreml-Papiere, nach denen Russland eine politische „Querfront“ in Deutschland fördern wolle und Putsch-Pläne schmiede. Zitate der Berichte folgen weiter unten.

Mittlerweile wähnt man sich in der politischen Atmosphäre der 1950er Jahre: Kritiker des gefährlichen Kriegskurses der aktuellen Bundesregierung sind demnach Agenten Moskaus und Putins Erfüllungsgehilfen. Und solange ein Waffenstillstand „Putin nutzt“, muss das Sterben weitergehen. Dass die Forderung nach Diplomatie und Waffenstillstand eben nicht „Wasser auf die Mühlen“ der russischen Propaganda ist, sondern ein Dienst an der Menschheit und an den Interessen der Bevölkerung Europas, ist eigentlich selbstverständlich. Doch diese Tatsache soll vernebelt werden. Die aktuellen „Kreml“-Berichte passen da gut ins „Konzept“.

Putins „Kampftruppe“: „Eine Einheitskolonne aus Linken und Rechten“

Die Berichte können an die nicht belegten Propaganda-Kampagnen zu „Russiagate“ in den USA und anderen angeblichen „russischen Einmischungen“ andocken. Den Anfang nahm die Geschichte mit einem Artikel in der US-Zeitung „Washington Post“ – die Zeitung war 2013 von Amazon-Chef Jeff Bezos gekauft worden. Die US-Zeitung konnte laut Medien „Dokumente einsehen, die zwischen Juli und November entstanden und sich in Besitz eines europäischen Nachrichtendienstes befinden“.

Auch die „Bild“ hat anschließend in diesem Artikel über „Putins Putsch-Plan für Deutschland“ berichtet. Und darüber, „welche Rolle AfD und Sahra Wagenknecht spielen sollten“. Im Artikel heißt es, „der Kreml-Führer will die Kontrolle über Deutschland zurück. Seine Kampftruppe: Eine Einheitskolonne aus Linken und Rechten“. Von „Putsch“ ist dann allerdings weniger die Rede, sondern davon, dass „Putins Strategen“ angeblich eine Vereinigung von „Wagenknechtflügel und AfD“ erhoffen – dadurch könne „eine Mehrheit bei Wahlen auf allen Ebenen gewonnen“ werden, so die angebliche „Kreml-Analyse“. Die Zeitung schreibt außerdem:

„Kreml-Führer Wladimir Putin (70) hatte Deutschland fest im Griff: mit Öl, Gas und seinen Netzwerken. Doch nach dem Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 änderte Berlin den Kurs: Zeitenwende, Nord-Stream-Stopp, Öl-Aus, schwere Waffen für Kiew!
Nun wurde enthüllt: Putin will Deutschland zurückerobern! Mit einem Putsch! Angeführt von Links-Ikone Sahra Wagenknecht (53) und den Rechtsaußen der AfD.“

Die Geschichte wurde nicht nur von deutschen Boulevard-Blättern übernommen, sondern auch von anderen Privatmedien, etwa dem „Tagesspiegel“. Auch öffentlich-rechtliche Sender wie der Deutschlandfunk haben die Geschichte etwa in diesem Artikel wiedergegeben. Die „Tagesschau“ formuliert unseriös:

„Dass so manches, was die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht zur russischen Invasion in der Ukraine zu sagen hatte – wie etwa bei der umstrittenen Wagenknecht-Schwarzer-Demo Ende Februar in Berlin – im Kreml auf Wohlgefallen stieß, ist immer wieder angemerkt worden.

Doch dass Moskau gezielt versucht haben soll, Einfluss auf die Politik in Deutschland zu nehmen, indem Russland das Bilden eine [sic] Allianz aus Wagenknecht, der extremeren Linken und der AfD unterstützt: Das ließ sich bislang nicht nachweisen. Möglicherweise hat sich das geändert. Der ‚Washington Post‘ liegen entsprechende vertrauliche Dokumente aus Russland vor.“

Kritiker der Regierung müssen nun Agentenstatus „dementieren“

Einen solchen „Nachweis“ dafür, dass Russland direkt und aktiv „das Bilden eine Allianz aus Wagenknecht, der extremen Linken und der AfD unterstützt“, liefern die Berichte laut den bekannten Zitaten bisher nicht. Trotzdem, und obwohl mein Vertrauen in die „Washington Post“ und in „europäische Nachrichtendienste“ bei der Frage des Ukrainekrieges extrem eingeschränkt ist: Setzen wir voraus, dass die Dokumente und die Zitate echt sind und dass sie immerhin zeigen, dass die Russen die deutsche Parteienlandschaft analysieren: Wäre es denn nicht seltsam, wenn die russische Führung die deutsche Parteienlandschaft nicht analysieren würde?

Die zentrale Frage wäre also, ob jenseits dieser internen russischen Besprechungen tatsächlich aktive Einmischung praktiziert wurde und wenn ja, wie? Zentral wäre etwa, ob es Kontakte der russischen Strategen zur „deutschen Seite“ gab. Und ob es die nur zur AfD gab.

Dass Wagenknecht von den russischen Strategien überhaupt etwas wusste – das unterstellen die Berichte bislang nicht und berauben den Artikeln damit die eigene Grundlage. Trotzdem müssen die „Beschuldigten“ aber nun „dementieren“. Wagenknecht sagte laut Medien, es gäbe keinerlei Kooperation oder Allianz zwischen ihr und der AfD, zudem sei die Unterstellung, es habe Austausch mit russischen Funktionären zum Schmieden eines Bündnisses mit der AfD gegeben, „absurd“. Auch von russischer Seite gab es ein Dementi: Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, wies den Vorwurf der versuchten Einflussnahme auf die deutsche Politik zurück.

Wagenknecht wird als Bedrohung wahrgenommen

Vorwürfe der „russischen Einmischung“ sind nicht neu, dadurch werden sie aber nicht seriös und haben auch nicht als bewiesen zu gelten. Diese Vorwürfe aber immer wieder zu wiederholen und in diesem Zusammenhang Namen zu nennen, auch wenn diese gar nicht in Kontakt mit der russischen Seite sind – das ist ein einfacher Weg, Kritiker der giftgrünen Kriegs- und Wirtschaftspolitik in eine gewünschte Ecke zu drängen. Wie eingangs gesagt, es weht ein bedrohlicher Zeitgeist: Kritiker sind Agenten Moskaus – ob sie es wollen oder nicht.

Positiv könnte man die Kampagnen zur Diffamierung folgendermaßen einordnen: Wagenknecht wird als Bedrohung wahrgenommen.

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Titelbild: Juergen Nowak / Shutterstock