Infantil, infantiler, Kiesewetter: CDU-Außenpolitiker reagiert auf NachDenkSeiten-Artikel und blamiert sich erneut

Infantil, infantiler, Kiesewetter: CDU-Außenpolitiker reagiert auf NachDenkSeiten-Artikel und blamiert sich erneut

Infantil, infantiler, Kiesewetter: CDU-Außenpolitiker reagiert auf NachDenkSeiten-Artikel und blamiert sich erneut

Ein Artikel von: Redaktion

Am 24. April hatten die NachDenkSeiten einen Artikel veröffentlicht, der mit Verweis auf eine entsprechende Antwort der Bundesregierung darlegt, dass Roderich Kiesewetter, der führende Außenpolitiker in der CDU-Fraktion, in der Aktuellen Stunde im Bundestag zum Nord-Stream-Anschlag Fake News verbreitet hat. Dieser hatte behauptet, Russland hätte nach den Explosionen „mit Hochdruck Gas durch diese Leitungen“ gejagt, um „Spuren zu verwischen“. Die Bundesregierung erklärte aber auf Nachfrage, dass sie über keinerlei Informationen verfüge, die Kiesewetters Behauptung stützen würden. Der CDU-Spitzenpolitiker reagierte dann via Twitter auf die Vorwürfe. Er tat dies in einer Art und Weise, die ein bezeichnendes Licht auf den Zustand politischer Führungskader der Christdemokraten wirft. Von Redaktion.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Antwort der Bundesregierung zum Stand der Nord-Stream-Ermittlungen überführt CDU-Außenpolitiker Kiesewetter der Lüge“, lautete der Titel des NachDenkSeiten-Artikels, welcher ausschließlich auf der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage (KA) „Anhaltende Ungewissheit über die Aufnahme und die Frühphase der Ermittlungen der Anschläge auf die Nord-Stream-Leitungen“ beruht.

Auf die Frage 15 der KA, ob nach Kenntnis der Bundesregierung oder ihr nachgeordneter Behörden die von Kiesewetter in der Bundestagsdebatte zum Nord-Stream-Anschlag verbreitete Information zutreffe, dass Russland nach der Sprengung der Nord-Stream-Pipelines noch „über mehrere Tage mit Hochdruck Gas durch diese Leitungen“ geschickt habe mit dem Ziel, „Spuren zu verwischen“, antwortet die Bundesregierung für ihre Verhältnisse recht unmissverständlich:

„Der Bundesregierung liegen keine Informationen dazu vor, dass nach der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines noch Gas durch diese Pipelines geschickt wurde. Der letzte Entry von sehr geringen Gasmengen in das deutsche Gasnetz aus der Nord-Stream-1-Pipeline ist entsprechend der Transparenzplattform des Verbands Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas (ENTSO-G) am 31. August 2022 zu verzeichnen.“

Die Reaktion von Kiesewetter

Wie reagierte nun der derzeit führende Außenpolitiker der CDU-Bundestagsfraktion auf die entsprechende Veröffentlichung des NachDenkSeiten-Artikels und die darin erhobenen Vorwürfe?

Nach Veröffentlichung des Artikels auf Twitter schrieb er unter dem NachDenkSeiten-Artikel:

„Von wegen!!! Sie verbreiten Fakenews“

Diese Antwort und das, was daraufhin weiter folgt, sind in vielerlei Hinsicht aufschlussreich. Zunächst fällt die von infantilem Trotz gekennzeichnete argumentative Nullnummer „Von wegen!!!“ mit sage und schreibe drei Ausrufezeichen auf – als ob diese seiner Entgegnung mehr Gewicht verleihen würden. Dann der ebenso belegfreie Gegenvorwurf „Sie verbreiten Fakenews“.

Daraufhin erwidert der Autor des Artikels, der NachDenkSeiten-Redakteur Florian Warweg, unter dem Tweet des CDU-Außenpolitikers, dass, wenn die NachDenkSeiten Fakenews verbreiten, indem sie die Antwort im Namen der Bundesregierung des Parlamentarischen Staatssekretärs im Justizministerium, Benjamin Strasser, wiedergeben, Kiesewetter dann konsequenter Weise auch dem Staatssekretär, dem Justizministerium sowie der gesamten Bundesregierung „Fakenews“ vorwerfen müsste. Zudem weist Warweg auf Twitter darauf hin, dass der CDU-Spitzenpolitiker, wenn er nicht gelogen hat, ja über Quellen für seine Behauptung verfügen müsste, die der Bundesregierung nicht bekannt seien, und fordert ihn in Folge auf, diese mutmaßliche Quelle, die er bisher nicht präsentiert hat, doch endlich zu veröffentlichen.

Und wie reagiert der Sprecher der CDU-Fraktion für Krisenprävention, Vize-Chef des Parlamentarischen Kontrollgremiums sowie Obmann des Auswärtigen Ausschusses auf die Bitte eines Journalisten, die Quelle seiner Behauptungen zu benennen? Richtig, er blockiert ihn:

Nachdem er den NachDenkSeiten-Redakteur blockiert hat, dieser also keine Möglichkeit mehr hat zu antworten, schreibt Kiesewetter noch im selben trotzig-infantilen Duktus weiter und nennt den Parlamentsberichterstatter der NachDenkSeiten „Troll“. Das ist nicht nur höchst albern und unprofessionell, sondern auch feige.

Er blockierte aber nicht nur unseren Redakteur, sondern alle Twitter-Nutzer, die ebenfalls nach Belegen für seine Behauptungen zu Nord Stream fragten oder sich anderweitig kritisch äußerten. Beispielhaft sei auf diesen Fall verwiesen:

Die „Quelle“

Es ist aber nicht so, dass der CDU-Außenpolitiker gar keine Quellen nennt. Zwar weigert er sich standhaft, auf Presseanfragen zur Quellengrundlage seiner Behauptungen zu reagieren. Anfragen dieser Art ignoriert er oder sanktioniert sie auf Twitter in der beschriebenen Art und Weise. Er hat aber am 24. April auf dem Portal Abgeordnetenwatch zu einer entsprechenden Bürgeranfrage Stellung bezogen und die angebliche „Quelle“ seiner Behauptung genannt. Die Antwort Kiesewetters gibt der ganzen Angelegenheit nochmal zusätzliche Würze.

Die Frage auf dem Portal, datiert auf den 24. April, lautet:

Darauf antwortet der CDU-Spitzenpolitiker und Vize-Chef des Parlamentarischen Kontrollgremiums noch am selben Tag mit folgender Einlassung:

„Sehr geehrter Herr R.,

ich verbreite keine Verschwörungstheorien, aber offensichtlich haben Sie große Herausforderungen damit, Texte richtig zu erfassen und Desinformation klar erkennen zu können.

Selbstverständlich können der Bundesregierung keine Informationen vorliegen, da in Deutschland kein Gas mehr von Russland durch die Pipeline Nord Stream 1 seit Ende August 2022 geliefert wurde. Die Frage bezieht sich somit auf etwas, das nur Russland beantworten kann. Selbstverständlich können der Bundesregierung keine Kenntnisse vorliegen, da etwaiges Gas zwischenzeitlich wegen der Lecks nicht mehr ankommen könnte und Russland die Lieferungen zu Ende August ohnehin vollständig eingestellt hatte.

Es gab nach Eintreten der Lecks zahlreiche Berichte über ausströmendes Gas, wobei es sich nur um zusätzliches Gas, nicht um in den Leitungen befindliches Gas gehandelt haben kann:

diepresse.com/6198045/pumpt-russland-absichtlich-gas-in-defekte-nord-stream-pipelines

Insofern empfehle ich Ihnen sich eindringlich mit dem Erfassen von Texten zu beschäftigen und nicht auf Fakenews und Desinformation durch bekannte Kreml-Propagandisten, die für allseits bekannte Desinformations-Portale schreiben, zu hören.

Herzliche Grüße

Roderich Kiesewetter“

Der herablassende und versucht diffamatorische Ton der Antwort spricht für sich. Wirklich interessant ist aber die Quelle, die Kiesewetter als mutmaßlichen Beleg für die Behauptung der russischen Täterschaft beim Nord-Stream-Anschlag in seiner Bundestagsrede anführt. Er verweist auf einen Artikel der österreichischen Tageszeitung Die Presse vom 4. Oktober 2022 mit dem Titel in Frageform: „Pumpt Russland absichtlich Gas in defekte Nord-Stream-Pipelines?“

Dort heißt es im unteren Teil des Artikels, als Vermutung formuliert und ohne jede weiteren Quellen-Verweis:

„Russland könnte demnach aktiv Gas in die Pipeline pumpen. Solange sich in der Pipeline Gas befinde, könne man sich den Rohren nicht nähern. Konkret soll am Montag aus der Nord-Stream-2-Leitung weiterhin Gas ausgetreten sein, bei der zunächst größeren Austrittsstelle an der Nord-Stream-1-Pipeline sei hingegen kein Austritt von Gas an der Wasseroberfläche zu erkennen.“

Abpumpen statt hineinpumpen

Die Presse verlinkt in diesem Zusammenhang auf einen weiteren Artikel vom 3. Oktober 2022 unter dem Titel „Austritt von Gas aus Nord-Stream-2-Pipeline noch nicht zu Ende“.

Dort steht allerdings etwas ganz Anderes als das, was Kiesewetter wenige Tage später im Bundestag kundtun wird:

„Sicherheitshalber werde dennoch Gas aus der intakten Röhre von Nord Stream 2 abgepumpt, um bessere Voraussetzung für die Überprüfung der Pipeline zu schaffen.“

Halten wir fest: Der derzeit führende Außenpolitiker der CDU-Fraktion verkündet im Bundestag im Indikativ ohne jede Relativierung oder Nennung von Quellen, Russland hätte nach der Explosion über mehrere Tage „mit Hochdruck Gas durch diese Leitungen“ geschickt, „um die Spuren zu verwischen“. Die Bundesregierung erklärt dann auf Nachfrage, ihr lägen keinerlei Informationen vor, die die Behauptung von Kiesewetter stützen würden.

Journalisten, die vor diesem Hintergrund nach den Quellen seiner Behauptung fragen, verweigert er jede Antwort und blockiert diese. Auf der Plattform Abgeordnetenwatch erklärt der CDU-Obmann im Auswärtigen Ausschuss auf die entsprechende Bürger-Nachfrage großtuerisch, „selbstverständlich können der Bundesregierung keine Informationen vorliegen“, verweist dann aber nur einen Satz später auf angeblich „zahlreiche Berichte“, dass es sich bei dem ausströmenden Gas „nur um zusätzliches Gas, nicht um in den Leitungen befindliches Gas gehandelt haben kann“. Die Bundesregierung kann dieser Kiesewetter‘schen Logik nach also „selbstverständlich“ nicht über diese Informationen verfügen, zu denen aber er als Oppositionspolitiker angeblich Zugang hat.

Von den angeblich zahlreichen Berichten (von denen die Bundesregierung aber laut seiner bizarren Argumentation keine Kenntnis haben kann) nennt er dann aber nur eine konkrete Quelle – eine österreichische Tageszeitung mit einer Auflage von unter 58.000. Aber selbst diese angebliche „Quelle“ stützt seine Aussage bei näherer Betrachtung, im Gegensatz zu seiner Darstellung auf Abgeordnetenwatch, nicht. Die bisher einzige von ihm genannte Quelle ergeht sich im Konjunktiv und ohne jeden weiteren Quellenverweis in Vermutungen à la „Russland könnte demnach…“ und verweist zur Untermauerung auf einen Artikel, der aber davon spricht, dass Gas aus der Nord-Stream-2-Pipeline von russischer Seite ab- und nicht hineingepumpt wurde – also das Gegenteil der zuvor getätigten Behauptung. Aus diesem Wirrwarr im Konjunktiv macht Kiesewetter dann bei seiner Bundestagsrede ohne jede Distanz und Relativierung:

„Ich frage mich: Wem nützt es denn, wenn so ein Anschlag auf kritische Infrastruktur wie Nord Stream stattfindet, (…) und dann das Land, das das Gas sendet, über mehrere Tage mit Hochdruck Gas durch diese Leitungen sendet? Doch nicht, um die Spuren zu konservieren, sondern, um die Spuren zu verwischen!“

Willkommen in der „Realität“ von Bundestagsreden des Roderich K.

Leserbriefe zu diesem Beitrag finden Sie hier.

Titelbild: Twitter-Screenshot

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