Die EU-Kommission – eine Versammlung von Ignoranten.

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Man kann das beim besten Willen nicht anders sehen. Heute kam mir eine Presseerklärung der EU-Kommission zum Thema „Fernsehen ohne Grenzen“ auf den Tisch. Siehe unten. Da rühmt sich die EU-Kommissarin Reding der Verabschiedung neuer Regeln. In diesem Dokument wird sichtbar, dass auch diese Vertreterin Europas in der Kommission, was immerhin so etwas wie die europäische Regierung ist, keine Ahnung von der Problematik des Vielfernsehens und seiner Kommerzialisierung hat. Keine Ahnung von wissenschaftlich erhobenen Folgen: Verblödung und Erhöhung der Gewaltbereitschaft.

„Die neuen Regeln eröffnen neue multimediale Chancen, verbessern den Wettbewerb und die Auswahl der Verbraucher“, erklärte EU-Medienkommissarin Viviane Reding.
Das ist die gesamte Perspektive bei einer für die demokratische Entwicklung Europas und für den Bildungsstand und das Wissen und die Gewaltbereitschaft der hier lebenden Menschen entscheidenden Frage. Dass wir in Deutschland im Grundgesetz einen Artikel 5 haben, der die Meinungsfreiheit schützen soll. Dass wir in Europa schon mehrere praktische Beispiele der Erosion demokratischer Willensbildung wegen der Struktur und der Eigentumsverhältnisse beim Fernsehen haben (Berlusconi, Murdochs Macht in Großbritannien, gefährliche Konzentration der Medien auch bei uns, etc.), das ist in Brüssel nicht angekommen.

Damit Sie sich ein bisschen mehr orientieren können, finden Sie in der Rubrik „Veröffentlichungen der Herausgeber“ eine kurze Zusammenstellung von mir mit folgendem Titel: Die Folgen des Fernsehens und seiner Kommerzialisierung für Bildung, Wissen und Gewalt.

Typisch für die Engstirnigkeit der Brüsseler Spitzenpersonen sind auch die Erwägungen, die zum Beispiel zu einer Lockerung der Werberegeln führen sollen. Nur weil Productplacement in den USA steigende Umsätze hat, müssen auch in Europa die entsprechenden Regeln gelockert werden. Primitiver geht es nicht.
“My aim is for Europe’s audiovisual content industry to flourish under one of the most modern and flexible set of rules in the world” so Commissioner Viviane Reding. Das ist der Geist, der Europas Modell des Zusammenlebens vollends demontiert. Vermutlich haben die kommerziellen Medienkonzerne die neuen Regeln diktiert.
Hier finden Sie die Presseerklärung der EU. Von dort können sie über verschiedene Links sich weiter orientieren und die „Gedankentiefe“ des Brüsseler Personals studieren.

Pressenachrichten
Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland
Brüssel/Berlin, 13.12.2005 um 12:16

Fernsehen ohne Grenzen

Technik und Märkte im audiovisuellen Bereich unterliegen einer rasanten Entwicklung. Deshalb hat die Europäische Kommission heute einen Reformvorschlag für die 1989 beschlossene Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ vorgelegt. Der Vorschlag sieht weniger Regulierung, mehr Flexibilität und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen, die fernsehähnliche Dienste anbieten, vor. Außerdem will die Kommission die zahlreichen einzelstaatlichen Vorschriften für den Jugendschutz, gegen die Aufstachelung zum Rassenhass und gegen Schleichwerbung durch europaweit einheitliche Mindestnormen ersetzen. Diese neue Politik soll das Entstehen eines nahtlos funktionierenden Binnenmarktes für Fernsehdienste beschleunigen und eine starke und kreative europäische Inhaltsproduktion fördern.

„Die neuen Regeln eröffnen neue multimediale Chancen, verbessern den Wettbewerb und die Auswahl der Verbraucher“, erklärte EU-Medienkommissarin Viviane Reding. „Sie erleichtern die Verwirklichung der Ziele, die im Interesse der Allgemeinheit liegen, beispielsweise im Hinblick auf den Jugendschutz und die kulturelle Vielfalt. Bestehende Vorschriften, die durch die Technologie- und Marktentwicklung überflüssig geworden sind, müssen aufgehoben werden.“

Laut Kommissionsvorschlag soll die modernisierte Fernsehrichtlinie sowohl für das Fernsehen als auch für fernsehähnliche Dienste gelten. Unterschieden wird zwischen „linearen“ Diensten, bei denen die Zuschauer dem Programmplan folgend mit Inhalten versorgt werden, und „nicht-linearen Diensten“, also dem Abruf von Filmen oder Nachrichten aus dem Netz. Für lineare Dienste würden die heutigen Fernsehvorschriften – in moderner, flexiblerer Form – weiter gelten. Für nicht-lineare Dienste sollen dagegen nur minimale Grundvorschriften festgelegt werden, zum Beispiel für den Jugendschutz und gegen die Aufstachelung zum Rassenhass und zur Verhinderung von Schleichwerbung.

Dank europaweit einheitlicher Regeln werden die Anbieter audiovisueller Mediendienste künftig nur noch den Vorschriften des Mitgliedstaats unterliegen, in dem sie niedergelassen sind, und nicht mehr den vielfältigen Vorschriften all der Mitgliedstaaten, in denen ihre Dienste empfangen werden können.

Für die Fernsehwerbung empfiehlt die Kommission Bürokratieabbau, flexiblere Vorschriften für neue Formen der Werbung und eine verstärkte Selbst- und Mitregulierung. Die Gesamtdauer der Werbung darf dadurch allerdings nicht zunehmen. Die Kommission will die bestehende Begrenzung von 12 Minuten pro Stunde beibehalten. Die neue Richtlinie würde auch neue Formen der Werbung wie geteilte Bildschirme, virtuelle und interaktive Werbung zulassen. Erstmalig soll ein klarer rechtlicher Rahmen für die Produktplatzierung geschaffen werden. Außer in den Nachrichten, in Sendungen zum aktuellen Zeitgeschehen und in Kinderprogrammen würde das so genannte Product Placement demnach künftig erlaubt. Allerdings müssten die Verbraucher zu Beginn einer Sendung auf die Produktplatzierung hingewiesen werden.

Weitere Informationen finden Sie hier…