Schlagwort:
Austeritätspolitik

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Ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt sich’s völlig ungeniert

Das könnte das gemeinsame Motto von Bundeskanzlerin und Bundespräsident bei ihren jeweiligen Ansprachen zu Neujahr und zu Weihnachten sein. Jedenfalls ist das ihre Strategie und die Strategie der Parteien und der Koalition, die hinter ihnen stehen. Wir Bürgerinnen und Bürger haben keine Sanktionsmöglichkeit mehr. Auch schlimme Fehler mit verheerenden Folgen werden ausgesessen, Kritik prallt ab. Keine schöne Einleitung für einen kleinen Jahresrückblick. Keine guten Aussichten. Albrecht Müller.

Griechische Verhältnisse

In der deutschen Debatte über Griechenland findet man vor allem auch innerhalb der Linken folgende Thesen:

  • Die Regierung von Lukas Papadimos sei den Griechen von außen aufgenötigt worden, um einen „Technokraten“ als Exekutor des von Brüssel vorgegebenen Kurses einzusetzen.
  • Giorgios Papandreou sei wegen seiner demokratischen Idee eines Plebiszits aus dem Amt gejagt worden.
  • Es bestünde die reale Gefahr eines Militärputsches in Griechenland.

Diese drei Thesen will ich einem Realitätstest unterziehen. Niels Kadritzke

Sigmar Gabriels intellektueller Offenbarungseid

Es ist schon ein kleines Kunststück, sich selbst in einem zweiseitigen Aufsatz in gleich mehreren Kernpunkten zu widersprechen. Dieses kleine Kunststück ist dem SPD-Vorsitzenden Gabriel in seinem unsäglichen Debattenbeitrag im FAZ-Feuilleton gelungen, den Albrecht Müller bereits gestern kommentiert hat. Mehr noch – Gabriel widerspricht sich nicht nur selbst, sondern auch dem erst letzte Woche verabschiedeten Positionspapier der rot-grünen Schattenregierung, das er höchstpersönlich mitunterzeichnet hat. All dies wäre eigentlich nur ein weiteres Indiz für den maroden Zustand der SPD, ginge es dabei nicht um so elementare Fragen wie die ökonomische und politische Zukunft Deutschlands und Europas. Wenn man sich die künftigen potentiellen Regierungskoalitionen anschaut, kann einem da nur angst und bange werden. Von Jens Berger

Angela Merkel schwimmt auf einer Welle dumpfer Vorurteile und clever gemachter Propaganda – und viele Opfer schwimmen mit

Für Ökonomen ist schwer auszuhalten, was zur Zeit in Deutschland und Europa abläuft und dessen Triebfeder im wesentlichen Deutsche unter Anleitung der Bundeskanzlerin sind. Immerhin, die geharnischten Klagen einiger Medien über diesen Zustand und die möglichen bösen Folgen sind bemerkenswert, weil in dieser Fülle und Klarheit neu. Ich mache den Versuch, einige der wichtigsten Vorurteile und Denkfehler, Dummheiten und Kampagnen zu beschreiben und einzuordnen. Albrecht Müller.

Die Deutschen ticken dramatisch falsch – darauf macht wieder einmal Heiner Flassbeck aufmerksam

Mit den „Deutschen“ gemeint ist die Bundesregierung und die dogmatisch neoliberal eingefärbte Mehrheit der Meinungsführer in Wissenschaft, Wirtschaft und Medien. Die Dogmatik dieser Kreise kann ausgesprochen gefährlich für uns werden. Das skizziert Heiner Flassbeck im folgenden Beitrag für das Hamburger Abendblatt [PDF – 69.2 KB]. Der Text ist gut nutzbar zur Verbreitung über Ihren persönlichen Email-Verteiler. Es lohnt sich. Heiner Flassbeck sagte mir gerade am Telefon, seine Leser und Zuhörer würden zunehmend aufgeschlossen, er habe letzthin in Frankfurt einen großen Kreis von Bankern nachdenklich gestimmt. Das ist möglich, weil die herrschende Lehre nur noch Dogmen verbreitet. – Ich ergänze seinen Text, weil er meines Erachtens an einem Punkt unnötig defensiv ist. Er bezeichnet die deutsche Seite als „Gewinner“. Das sind wir schon lange nicht mehr. Albrecht Müller.

“Gegen die Diktatur der Finanzmärkte”

Die griechische Publizistin und Ökonomin Nadia Valavani hat im Rahmen einer Protestveranstaltung der Linken anlässlich des “European Finance Congress” am 18. November in Frankfurt eine bemerkenswerte Rede gehalten. Ein Kerngedanke ihrer Rede: „Hier und heute findet in Griechenland ein gigantisches gesellschaftliches Experiment statt. Wir sind zu Versuchstieren gemacht worden, um beispiellose Maßnahmen auszuprobieren und Schlussfolgerungen zu ziehen, bevor die gleichen Maßnahmen den anderen europäischen Ländern auferlegt werden. In nur 18 Monaten ist das 20. Jahrhundert im Bereich der Arbeitsrechte ganz abgeschafft worden.“ Albrecht Müller.

Wie lange machen die Menschen das „Bäumchen, wechsel dich“-Spiel ihrer Regierungen noch mit?

Die Krise in Europa brachte den portugiesischen Sozilisten José Sócrates zu Fall, danach musste der Sozialdemokrat Giorgos Andrea Papandreo gehen und zuletzt wurde die Rechtsregierung Silvio Berlusconis in Italien abgesetzt. Und jetzt erzielte der rechtsbürgerliche Mariano Rajoy, mit seiner bis weit nach rechts und ins reaktionäre, erzkatholische, nationalistische Lager reichenden Partido Popular einen historisch zu nennenden Kantersieg gegen die spanischen Sozialisten des bisherigen Regierungschefs José Luis Rodriguez Zapatero.
Alle neuen Regierungen haben nur die Wahl die von EU-Kommission, der EZB und dem IWF vorgegebene neoliberale Agenda zu exekutieren: Drastisches Sparen, Schuldenbremse, Lohnsenkungen, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Einschnitte ins soziale Netz, Rente mit 67, Privatisierungen – den ganzen Kanon der herrschenden Lehre eben. Auch die neuen Regierungschefs werden geduldig am „Marterpfahl ausharren und erleiden müssen, was ihnen die deutsche Regierungschefin diktiert. Von Wolfgang Lieb

AM’s Wochenrückblick: Merkels Aktien steigen – weil die ihr zu Diensten stehenden Medien ihre Bilanz professionell schönen

Angela Merkel hat den CDU-Parteitag erstaunlich gut absolviert. Ein wichtiger, die Stimmung der CDU-Funktionäre aufhellender Faktor ist die Behauptung, wir seien einzigartig in Europa – mit großem Wachstum und den wenigsten Schulden. Nahezu alle Medien und auch staatliche Einrichtungen wie das Statistische Bundesamt haben bis zum CDU-Parteitag diese Täuschung gestützt. Noch in dieser Woche wurde ein minimales Wachstum zum Boom hochgejubelt. Und Schuldensünder sind die Griechen, die Italiener und die Spanier. Gestern, am 17.11. erschien dann bei SpiegelOnline ein Kommentar mit der Überschrift „Das Märchen vom deutschen Sparweltmeister“. In der Tat ein Märchen. Siehe hier. Albrecht Müller.

Die Krise in der Eurozone

Nach Auffassung des US-Ökonomen James K. Galbraith ist der europäische Kontinent dabei, die Schwachen zum Schutz der Starken zu zerstören. “Der Diskurs wird vor frischen Ideen verschlossen und das politische Überleben hängt davon ab, Problemlösungen nach hinten zu verlagern.“

Italien im Würgegriff der marktkonformen Demokratie

Die Spekulanten sind den selbsternannten Eurorettern bereits einen Schritt voraus. Die momentan diskutierte Hebelung der EFSF ist bereits Makulatur, da die Spekulanten mit ihrem Angriff auf Italien ins Herz der Eurozone zielen. Anstatt diesem Treiben endlich einen Riegel vorzuschieben, setzt die EU nun auch Rom eine Übergangsregierung aus Technokraten ein, die das kontraproduktive Spardiktat aus Brüssel umsetzen sollen. Anstatt diesen Putsch der Finanzmärkte zu brandmarken, bejubeln die deutschen Medien die Suspendierung der Demokratie als „alternativlos“ und „pragmatisch“. Europa steht ein kalter Winter bevor. Von Jens Berger.

Sachverständigenrat: Mit Tunnelblick in die Rezession

Der Sachverständigenrat tut so, als wäre ein Absacken des Wachstums auf 0,9% und im durchaus möglichen Fall sogar der Sturz in eine Rezession mit einem Minus von 0,5% im kommenden Jahr ein positives („die deutsche Wirtschaft ist gut aufgestellt“) oder wenigstens hinnehmbares Ergebnis. Statt auch nur einen einzigen Vorschlag zu machen, wie Wachstum und Beschäftigung angekurbelt werden könnten, leiden die „Wirtschaftsweisen“ wie Suchtkranke schon seit Jahren unter dem Tunnelblick ihres Konsolidierungsdogmas. Ihr Sichtfeld ist eingeschränkt auf die Schock-Therapie der „Chicago-Boys“: „Hungert den Staat aus!“.
Wie das Erzübel der Euro-Krise, nämlich die permanenten Leistungsungleichgewichte im Euro-Raum angegangen werden könnte oder wie die Binnennachfrage durch Aufholen des Lohnrückstandes der deutschen Arbeitnehmer angefacht werden könnte oder – ganz zu schweigen – wie der Staat dadurch, dass er – angesichts der im Gutachten selbst prognostizierten Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts – mit einer entsprechenden Wirtschaftspolitik einer drohenden Rezession entgegen wirken könnte, dazu fehlt den im Dunkeln ihrer neoliberalen (Spar-)Ideologie Gefangenen jeder Schimmer. Einen kleinen Lichtblick bietet die Mindermeinung von Peter Bofinger. Von Wolfgang Lieb

Referendum in Griechenland: Die Politik muss endlich begreifen, es geht um das Vertrauen der Menschen und nicht um das Vertrauen der „Märkte“

Warum lässt die Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, die Griechen über das neue EU-Hilfspaket abstimmen zu lassen, die Börsenkurse um 5 Prozent absacken, die Politik in Panik geraten oder die gerade gefassten Brüsseler Beschlüsse zur Makulatur werden? Die Antwort ist einfach: die Börsianer, die Politiker, die Brüsseler Bürokratie, sie alle haben kein Vertrauen mehr zum Volk. Sonst könnten sie ja einem Referendum gelassen entgegen sehen. Alle, die sich nun bei uns über die Ankündigung Papandreous und über die Griechen die Mäuler zerreißen, sollten eigentlich wissen, auf welch dünnem Eis sie sich bewegen: Kaum eine europäische Regierung dürfte eine Abstimmung über die Europapolitik seit Ausbruch der Finanzkrise heil überstehen. Das ist die Folge davon, wenn die Politik nur noch um das Vertrauen der „Märkte“ buhlt, sich aber nicht mehr um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger kümmert. Von Wolfgang Lieb.

Der bittere Befund: Auch Rot und Grün und viele Medien kleben an der Agenda 2010 und den dahinter steckenden neoliberalen Vorstellungen

Dieser Befund ist nicht unbedingt neu. Aber man gibt sich – auch ich gebe mich – gelegentlich der Hoffnung hin, unter dem Eindruck des offensichtlichen Scheiterns der neoliberalen Theorie würden sich zumindest Rot und Grün und einige Medien eines Besseren besinnen. Das ist leider nicht der Fall. Die aggressive Reaktion auf das Grundsatzprogramm der Linken ist ein aktueller Beleg dafür. Die programmatischen Festlegungen der Linken sind in wichtigen Teilen ein Spiegel, den die Linkspartei der SPD und den Grünen hinhält. Sie erkennen darin, dass sie wichtige und richtige eigene Positionen verlassen und verraten haben. Deshalb die Aggression. Albrecht Müller.