Schlagwort:
Verteilungsgerechtigkeit

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Dramatischer Einbruch der Lohnquote: von 2000 bis 2007 um 8% gesunken!

Inzwischen werden jährlich 135 Milliarden EUR vom Arbeitnehmer/Staat/Sozialversicherung wegverteilt.
Die Lohnquote – der Anteil der Arbeitnehmerentgelte (d.h. der Bruttolöhne incl. Lohnsteuern, Sozialabgaben und incl. AG-Anteile an Sozialversicherungsbeiträgen) am Volkseinkommen lag noch Anfang der 80er Jahre bei 76%. Bis zum Jahr 2000 ist der Anteil auf 72,2% (Destatis) nur langsam zurückgegangen. In den letzten 7 Jahren seit dem Jahr 2000 hingegen brach die Lohnquote regelrecht ein: im Gesamtjahr 2007 auf nur noch 64,6% (Destatis)! Zum Vergleich: Die USA haben seit Jahr-zehnten eine konstante Lohnquote von etwa 70%!

Was steckt hinter diesem scheinbar harmlosen Rückgang der Lohnquote um rd. 8%? Nun, dieser Rückgang bedeutet schlicht, dass die Arbeitnehmer und mit Ihnen die Sozialversiche-rungssysteme und der Staat auf nunmehr jährlich 135 Milliarden Euro (in den letzten 4 Jahren insgesamt über 400 Milliarden Euro) verzichten zugunsten der Unternehmer und Vermö-genden. Von Uwe Hans Staub

MEMORANDUM 2008 – Neuverteilung von Einkommen, Arbeit und Macht – Alternativen zur Bedienung der Oberschicht

Die Analysen und Überlegungen des diesjährigen Memorandums der „Arbeitsgruppe alternative Wirtschaftspolitik“ durchzieht als roter Faden die These, dass eine gemeinsame Ursache der vielfältigen ökonomischen, sozialen und wirtschaftspolitischen Probleme in Deutschland in einer zunehmend falschen Verteilung liegt: eine falsche Verteilung von Einkommen führt zum Stocken der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und zu wachsender Armut und Polarisierung sowie zur spekulativen Überhitzung der Finanzmärkte. Eine falsche Verteilung von Arbeit verhindert, dass die positiven Wirkungen langfristiger Produktivitätssteigerungen und des damit verbundenen sinkenden Arbeitsvolumens in kürzere Arbeitszeit in einer vollbeschäftigten Wirtschaft umgesetzt werden. Eine falsche Verteilung von Macht und Einflussmöglichkeiten der Menschen auf die Politik schließlich hat zu einer Wirtschaftspolitik geführt, die in erster Linie die Reichen bedient, sich von den Bedürfnissen und Problemen der meisten Menschen immer weiter entfernt und so die Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft untergräbt.

Köhlers Agenda 2020 – Nach der Reform ist vor der Reform

Bundespräsident Horst Köhler hat eine „Agenda 2020“ gefordert, um die Arbeitslosigkeit weiter zu verringern und Vollbeschäftigung in Deutschland zu erreichen. Dieses Ziel sei im Falle einer Fortsetzung der Reformanstrengungen realistisch.
Wie alle „Reformer“ verweigert Köhler eine kritische Bestandsaufnahme der Agenda 2010, und weil deren Ergebnisse alles andere als befriedigend sind, verlangt er eine Erhöhung der Reformdosis. Mit den Agenda-Reformern ist es wie bei Drogensüchtigen, je schlechter es geht, desto höher die Dosis. Wolfgang Lieb

Das Gerechtigkeitsverständnis der Volksparteien im Wandel Sozialpolitik in den Parteiprogrammen von CDU, CSU und SPD

Aufgrund der sich hierzulande immer mehr vertiefenden Kluft zwischen Arm und Reich einerseits sowie eines wachsenden Protestpotenzials im außerparlamentarischen Raum und Wahlerfolgen der neuen LINKEN andererseits ist die soziale Gerechtigkeit als Schlüsselthema auf die politische Agenda der Bundesrepublik zurückgekehrt. Mit dem Sozialstaat und Gerechtigkeitsfragen beschäftigten sich auch die etablierten Parteien zuletzt wieder intensiver als zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Seinerzeit beherrschte der Um- bzw. Abbau des Wohlfahrtsstaates alle Debatten über die Sozialpolitik, sowohl jene der rot-grünen Koalition wie auch der Union. Umso erstaunlicher ist, wie stark sich trotz fortbestehender politischer Gegensätze zwischen den Parteilagern in Bezug auf die angeblich notwendige Umgestaltung des Sozialstaates und das ihnen zugrunde liegende Gerechtigkeitsverständnis alle drei Programme gleichen. Manchmal reichen die Gemeinsamkeiten bis in die Begrifflichkeit und einzelne Programmformulierungen hinein. Von Christoph Butterwegge

Rentner-Mobbing wegen 0,64 Prozent – „Generationenkrieg“ statt „Klassenkampf“

Ab 1. Juli 2008 sollen die Renten um 1,1 Prozent steigen. Nach der derzeit geltenden Rentenformel wären sie nur um 0,46 Prozent gestiegen. Mit diesem lächerlichen Anstieg wagte die Bundesregierung jedoch nicht vor die Rentner zu treten, deshalb hat sie den „Altersvorsorgeanteil“ (also den sog. Riesterfaktor) für zwei Jahre ausgesetzt und auf die Jahre 2012/2013 verschoben, was die Renten zusätzlich um 0,64 Prozent auf 1,1 Prozent erhöht. Mit der vorübergehenden Aussetzung des Riesterfaktors wird von den Gegnern dieser Rentenerhöhung ein Generationenkonflikt inszeniert. Das regelrechte Rentner-Mobbing lenkt von zwei viel entscheidenderen Problemen ab. Diese sind

  1. die aktuelle Einkommensverteilung, die sich im geringen Anstieg der Löhne und Gehälter im vergangenen Jahr um nur 1,4 Prozent auswirkt,
  2. und

  3. die Umdeutung der Debatte um mehr Verteilungsgerechtigkeit in der heutigen Gesellschaft zu einem Konflikt zwischen Jung und Alt: Statt „Klassenkampf“ nun also „Generationenkrieg“.

Wolfgang Lieb

Verteilungsbericht des DGB für das Jahr 2008. Wir zitieren das Wichtigste in Kürze

Trotz des Konjunkturaufschwungs der Jahre 2006 und 2007 sind nicht nur nach den im vergangenen Jahr vorgelegten Zahlen aus amtlicher Statistik und Forschungsarbeiten unabhängiger Institute, sondern auch nach dem Empfinden der breiten Mehrheit der Bundesbürger die Unterschiede zwischen Arm und Reich eher größer geworden. Nur noch 15 Prozent der Bundesbürger sind laut einer repräsentativen Umfrage der Bertelsmann Stiftung davon überzeugt, dass die Einkommensverteilung in Deutschland „im Großen und Ganzen gerecht zugeht“. Weit mehr als 50 Prozent halten die Einkommensverteilung dagegen für ungerecht. Trotz des kräftigen Wirtschaftswachstums der vergangenen zwei Jahre haben sich die Stimmung in der Bevölkerung und die Zufriedenheit mit der Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland kontinuierlich verschlechtert. Dies steht in krassem Gegensatz zu Erfahrungen in vorherigen
Aufschwungsphasen, in denen die Mehrheit der Deutschen stets die Einschätzung vertrat, die Boomzeiten würden zu mehr Verteilungsgerechtigkeit beitragen. Wolfgang Lieb

Verfassungsfeinde geben den Ton an.

Wir hatten uns am 13.11. über Tonlage und Inhalt einer Sendung bei Deutschlandradio Kultur gewundert. Leser fanden, wir hätten auf die Inhalte stärker eingehen müssen. Ich hatte gedacht, der Text erschließe sich selbst. Freundlicherweise hat einer unserer Leser uns einen Brief an Deutschlandradio Kultur zur Verfügung gestellt. Siehe unten.
Das ist eine bestimmte, aber immer noch freundliche Kritik. Vielleicht verlangen aber die Zeit und das Gebot, unsere Demokratie und das Grundgesetz streitbar zu verteidigen, eine deutlichere Sprache. Aus meiner Sicht ist der Autor des Beitrags im Deutschlandradio ein Feind unserer Verfassung. Er kann sich mit dem Sozialstaatsgebot unseres Grundgesetzes offensichtlich nicht anfreunden. Und er ist bei weitem nicht allein. Auch und vielleicht gerade bei Deutschlandradio Kultur findet sich eine Ansammlung davon. Acht Tage vorher lief dieses Stück „Über Gleichmacher und Abstiegsängste“ von Ulf Poschardt über den gleichen Sender. Der gleiche Geist – angefüllt von antidemokratischem, elitären Denken, und eingebettet in eine Reihe ähnlicher Stücke. Es ist an der Zeit, die Verfassungsfeindlichkeit dieser Kreise beim Namen zu nennen. Um ein Begriff des unseligen Autors zu benutzen: Auf Samtpfoten werden wir diese soziale Demokratie, soweit sie noch existiert, nicht verteidigen können.
Der Verletzung des Sozialstaatsgebots in der praktischen Politik der letzten Jahrzehnte ist Lothar Kindereit nachgegangen. Er hat sich entschlossen, gegen die Verletzung des Artikel 20 GG zu klagen. Albrecht Müller.

Buchbesprechung: Butterwegge/Lösch/Ptak/Engartner: Kritik des Neoliberalismus

Die NachDenkSeiten wollen – so steht es auf der Homepage – „eine gebündelte Informationsquelle für jene Bürgerinnen und Bürger werden, die am Mainstream der öffentlichen Meinungsmacher zweifeln und gegen die gängigen Parolen Einspruch anmelden.“ Dieser Mainstream besteht seit einigen Jahren aus einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik mit einer starken Betonung wettbewerblicher Elemente – zusammengefasst unter dem Begriff des Neoliberalismus. Wie dieser entstanden ist, was das Primat des Marktes bedeutet, wie der Sozialstaat unterminiert wird und wie der Neoliberalismus die Demokratie gefährdet, dass haben Christoph Butterwegge, Bettina Lösch und Ralf Ptak (unter Mitarbeit von Tim Engartner) in einem neuen Buch untersucht.
Eine Rezension von Klemens Himpele.

Zumutungen ohne Ende

Wir haben eine ernste ökonomische Situation. Die Binnenkonjunktur schwächelt deutlich. Schon im August war beim Vergleich von Juli 2007 zu Juli 2006 festgestellt worden, dass die Einzelhandelsumsätze real um 1,5% gesunken waren. Das ist alles andere als ein Zeichen von Boom. Jetzt deuten die Daten für September auf eine Verschärfung hin: -2,2%. Die Sparquote steigt. Siehe unten. Würde bei uns eine von Vernunft geleitete Wirtschaftspolitik betrieben, wüsste man, dass man umschalten muss. Nichts davon und auch die Wissenschaft beharrt auf der Richtigkeit des Kurses. Albrecht Müller.

Zur Parteitagsrede Kurt Becks: Allen wohl und Keinem Weh

Kurt Beck ist keine großer Redner, die Kunst der Zuspitzung ist nicht seine Sache und es dauert lange (manchmal ewig lange) bis er seine Sätze zu Ende bringt. Mit unendlich vielen Rücksichtnahmen und Einschränkungen landen seine Gedanken häufig im Nirgendwo. Es ist oft kaum noch zu erkennen, was Sache ist – so verschwurbelt war seine fast zweistündig Rede vor allem bei den streitigen Themen. So konnten aus seiner Eröffnungsrede wieder einmal Viele Vieles heraushören. Kurt Beck hat artig alle und alles gelobt, was Sozialdemokraten machen und gemacht haben, von Gerhard Schröder über die Regierungsmitglieder bis hin zu den Wahlkämpfern in den Ländern. Der Parteivorsitzende hat alles unterlassen, womit er mit Schröder oder Müntefering anecken hätte können und er hat alle, die auf einen klareren Kurs hofften, mit einem Wortschwall überschwemmt, bei dem sich jeder seine ihm passenden Versatzstücke auswählen kann. Allen Wohl und keinem Weh und möglichst wortreich um Streitpunkte herumreden, das zeichnet Kurt Beck aus. Viel Statur als Parteivorsitzender und viel Profil für die SPD hat er durch diese Parteitagsrede nicht gewonnen. Wolfgang Lieb.