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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 5. Dezember 2011 um 8:56 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (KR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Harald Schumann – Am deutschen Wesen könnte die Währungsunion scheitern
  2. Eurokrise
  3. Michael Hudson: Was sind Schulden?
  4. Refinanzierungsnot Banken graben nach neuen Geldquellen
  5. Bund erwägt Verstaatlichung der Commerzbank
  6. Krankenversicherung: Privatpatienten sind höheren Beiträgen ausgeliefert
  7. Aktenstau: 70.000 Reha-Anträge – unbearbeitet
  8. Kinderbetreuung: Die Krippen kippen
  9. Tag zur Abschaffung der Sklaverei – Fußabdruck der Zwangsarbeit
  10. Wie Gewährleistungsstaat und Rechtsstaat zusammenhängen
  11. Diente Fahrenschon zwei Herren?
  12. Rassismus verhindert echte Aufklärung
  13. Die Piraten sind keine System-Rebellen
  14. Zum SPD-Bundesparteitag
  15. Berlin – Irre Ehe
  16. „Die Zeit“ rechtfertigt sich nach Guttenberg-Interview
  17. Zu guter letzt: Deutschland jubelt über die Steuerentlastung

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Harald Schumann – Am deutschen Wesen könnte die Währungsunion scheitern
    Der Widerspruch könnte größer nicht sein. „Wenn der Euro scheitert, dann scheitert Europa“, warnt Angela Merkel ein ums andere Mal – und das zu Recht. Würde die Währungsunion zerfallen, wären die Folgen von „apokalyptischer Größenordnung“, wie selbst Radoslav Sikorski, Außenminister des Nicht-Eurolandes Polen, diese Woche mahnte. Aber gleichzeitig sind es die deutsche Regierung und die deutschen Notenbanker, die in blinder Selbstgerechtigkeit die Währungsunion geradewegs ins Unglück steuern. So ist die Botschaft der deutschen Europäer immer die gleiche: Wenn nur alle Euro-Staaten dem deutschen Pfad der Tugend mit eisernem Sparwillen folgen und die Geldschöpfung zur Staatsfinanzierung verboten bleibt, dann und nur dann werde die Währungsunion auf Dauer bestehen können. Doch tatsächlich ist es genau umgekehrt: Wenn die Merkel-Regierung das Programm aus fortgesetzter Schrumpfung der Staatshaushalte und geldpolitischem Dogmatismus europaweit durchsetzt, wird die Währungsunion schon bald zerfallen. Die im Ton moralischer Überlegenheit vorgetragene deutsche Position zeugt in Wahrheit von ökonomischer Ignoranz und Heuchelei.
    Natürlich gilt: Wenn die Verschuldung so groß ist, dass die Zinslast, so wie in Griechenland, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit überfordert, sind neue Kredite keine Lösung. Aber Schulden sind ja keine unabhängige Größe. Vielmehr gehören stets die finanziellen Ansprüche anderer spiegelbildlich dazu. Des einen Schulden sind immer eines anderen Vermögen. Diesen Zusammenhang pflegen die deutschen Reichtumspfleger aber gemeinhin zu verschweigen. gleich, welches Instrument man wählt: Entscheidend ist, dass die Euro-Retter endlich erkennen, wie die Krise der Währungsunion aufs Engste mit der Verteilung von Einkommen und Vermögen verbunden ist und nicht allein mit „Sparen“ aufgehalten werden kann. Wenn es nicht gelingt, erst mit Hilfe der EZB den Kapitalmarkt zu stabilisieren und anschließend die Geldvermögen zur Schuldentilgung heranzuziehen, wird es kommen, wie die Kanzlerin gewarnt hat: Dann scheitert der Euro, und dann scheitert Europa.
    Quelle: Tagesspiegel

    passend dazu: 81 Prozent der Kredite fließen an Banken und Euroländer zurück – Griechenland sieht von Hilfszahlungen wenig
    Vier Fünftel der Kredite, die die Eurostaaten und der IWF nach Griechenland rollen lassen, fließen umgehend wieder in die Taschen der Gläubiger für Zins- und Tilgungszahlungen zurück. Nur etwa ein Fünftel der Hilfssummen wird dazu verwendet, das laufende Budgetdefizit zu finanzieren. Zu diesem Ergebnis kommt die auf Kreditmärkte spezialisierte US-Beratungsfirma TF Market Advisors (TFMA) in einem aktuellen Bericht.
    Quelle: Wiener Zeitung

  2. Eurokrise
    1. Thomas Fricke – Merkel stalkt Europa ins Desaster
      Die Kanzlerin versucht seit zwei Jahren, die Märkte mit immer neuen Pakten und herrischen Spardiktaten (für andere) zu besänftigen. Jetzt droht der Kollaps. Eine deutsche Tragödie.
      Quelle: FTD Chefökonom
    2. Kleine Euro-Staaten starten Machtkampf in der EZB
      Die Niederlande wollen Informationen der FTD zufolge zusammen mit kleineren Staaten aus Nordeuropa verhindern, dass der spanische Sitz im EZB-Direktorium nach dem Ausscheiden von José Manuel González-Páramo im Juni 2012 wieder an einen Spanier geht. Die Ländergruppe will durchsetzen, dass stattdessen ein Vertreter eines kleinen nordeuropäischen Landes in den mächtigen sechsköpfigen Steuerungsausschuss einzieht. Die Koalition gegen Spanien spiegelt zudem die Unzufriedenheit unter kleineren und nordeuropäischen Euro-Ländern über die Postenverteilung im EZB-Direktorium wider. Staaten wie Deutschland, die Niederlande, Österreich und Finnland sind der Ansicht, dass die stabilitätsorientierten Nordeuropäer derzeit im Direktorium unterrepräsentiert sind. Tatsächlich wird die Zentralbank mit dem italienischen Chef Mario Draghi und dessen portugiesischem Vize Vítor Constâncio von zwei Südeuropäern geführt, deren Länder als Opfer der Finanzkrise von der EZB durch Staatsanleihekäufe gestützt werden. Neben dem Spanier González-Páramo, dessen Land auch EZB-Hilfe bekommt, wird ab Januar noch der Franzose C½uré im Direktorium sitzen. Der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager hatte im Mai im FTD-Interview gesagt, er wolle, dass “Länder mit fiskalischer Disziplin” besser im Direktorium vertreten sind. “Im Moment haben wir da ein Ungleichgewicht”, so de Jager.
      Quelle: FTD
    3. Das Volk billiger machen
      Portugal verarmt zusehends. Doch das Schicksal des Landes prallt an den in Lissabon regierenden Musterschülern des EU-Sparregimes ab
      Quelle: Freitag
  3. Michael Hudson: Was sind Schulden?
    In jeder Wirtschaft gibt es Planung. Durch den Verzicht auf diese Regierungsaufgabe unter dem Schlagwort „freie Märkte“ gerät die Planung in die Hände der Banken. Doch wie sich zeigt, ist das Planungsprivileg der Kreditschöpfung und Allokation noch stärker zentralisiert als das der gewählten Volksvertreter. Und, schlimmer noch, der finanzielle Zeitrahmen entspricht einer auf das Ausschlachten von Unternehmen ausgerichteten Hit-and-run-Strategie. Wenn die Banken allein auf ihre Gewinne achten, zerstören sie tendenziell die Wirtschaft. Am Ende wird der Überschuss von Zinsen und anderen Finanzierungskosten aufgezehrt, so dass nichts für neue Kapitalinvestitionen oder elementare Sozialausgaben bleibt.
    Deshalb geht die Übergabe der politischen Kontrolle an eine Gläubigerklasse nur selten mit Wirtschaftswachstum und steigendem Lebensstandard einher. Die Tendenz, dass die Schulden schneller steigen, als die Bevölkerung sie zu bezahlen vermag, ist eine Grundkonstante der gesamten Geschichte.
    In neuerer Zeit haben Demokratien einen starken Staat gedrängt, Kapitaleinkünfte und Vermögen zu besteuern und Schulden bei Bedarf abzuschreiben. Das fällt am leichtesten, wenn der Staat selbst Geld- und Kreditschöpfung betreibt, und am schwersten, wenn die Banken ihre Gewinne in politische Macht ummünzen. Wenn man zulässt, dass die Banken sich selbst regulieren und ein Vetorecht gegenüber staatlichen Regulatoren erhalten, kommt es zu einer Verzerrung der Wirtschaft, die es den Gläubigern erlaubt, sich an Spekulationsspielen und offenkundigen Betrügereien zu beteiligen, wie sie das letzte Jahrzehnt geprägt haben. Unter diesen Umständen ist die Alternative zu staatlicher Planung und Regulierung des Finanzsektors ein Weg in die Schuldknechtschaft.
    Zur Demokratie gehört es, die Dynamik des Finanzsektors für die Sicherung des wirtschaftlichen Gleichgewichts und für Wirtschaftswachstum einzusetzen – und Kapitaleinkünfte zu besteuern oder an grundlegenden Monopolen im öffentlichen Bereich festzuhalten.
    Quelle: FAZ
  4. Refinanzierungsnot Banken graben nach neuen Geldquellen
    Verzweifelt suchen Banken nach Möglichkeiten, um ihr Kernkapital zu stärken. Dabei kommen sie ausgerechnet auf die Produkte zurück, die in der Finanzkrise in Verruf geraten sind.
    Quelle: FTD
  5. Bund erwägt Verstaatlichung der Commerzbank
    Es ist kein gutes Zeichen für die Commerzbank: Nach SPIEGEL-Informationen schließt die Bundesregierung eine Verstaatlichung des Instituts nicht aus. Das Geldhaus braucht spätestens bis zum Sommer frisches Kapital.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JB: Wenn die Politik denn der Meinung ist, dass die Commerzbank systemrelevant sei, führt daran wohl kein Schritt vorbei. Die Bank weist aktuell einen Börsenwert von 7,67 Mrd. Euro aus. Der Staat hat für seine 25%-Beteiligung (inkl. Soffin-Mittel) bereits 18,2 Mrd. Euro ausgegeben. Dies war ein sehr schlechtes Geschäft. Wenn der Bund die Commerzbank denn tatsächlich zu 100% übernehmen will, sollte er analog zum HRE-Gesetz ein eigenes Enteignungsgesetz verabschieden, da die Bank ohne den Staat ohnehin nichts wert und jeder Cent weiteres Geld zu viel wäre. So wird es aber sicher nicht laufen, sehr zur Freude der Aktionäre, sehr zum Ärger des Steuerzahlers.

  6. Krankenversicherung: Privatpatienten sind höheren Beiträgen ausgeliefert
    Nichtzahler und Niedrigzinsen belasten private Krankenkassen. Letzter Ausweg sind höhere Beiträge, viele Patienten sitzen in der Kostenfalle.
    Über Post von ihrer Krankenkasse sollten sich Privatversicherte dieser Tage besser nicht freuen. Die Chancen stehen gut, dass der Brief einen Bescheid über eine Beitragserhöhung enthält – 20 Prozent Zuschlag und mehr verlangen einzelne Anbieter. Über die Hälfte aller Tarife soll eine Anpassung erfahren. Versicherte, die dann wechseln wollen, brauchen gute Nerven und auch Hartnäckigkeit, um den für sie passenden Tarif zu finden – wenn es sich für sie überhaupt lohnt zu wechseln. Mehr als die Hälfte der Tarife in der privaten Krankenversicherung (PKV) wird im kommenden Jahr laut den Versicherungsanalysten von Morgen&Morgen „angepasst“. Für die allermeisten Kunden bedeutet das, dass sie mehr für ihre Krankenversicherung zahlen müssen. Bei Frauentarifen machen die Erhöhungen kommendes Jahr im Schnitt 3,6 Prozent aus, bei Männertarifen 5,1 Prozent. Damit liegt die Steigerung unterhalb des Durchschnitts der letzten Jahre – jedoch sind bei den Werten für 2012 bisher nur die bereits von den Gesellschaften veröffentlichten Beitragsanpassungen berücksichtigt.
    Wer denkt, der Trend zu höheren Beiträgen sei gebrochen, liegt aller Voraussicht nach falsch. Noch nicht abschließend in die Berechnungen eingepreist ist nämlich der finanzielle Schaden, den die Explosion einer nahezu unberechenbaren Bombe reißen wird, die in den Büchern der PKV-Bilanzen tickt: nicht ausfinanzierte, also zu billige Einsteigertarife.
    Quelle: WELT

    Anmerkung des NDS-Lesers J.A.: Aber Gesundheitsminister Bahr, Jens Spahn und die FDP hätte dieses vor dem Scheitern stehende “Konzept” Kapitaldeckung gerne auch noch verpflichtend in der Pflegeversicherung.

  7. Aktenstau: 70.000 Reha-Anträge – unbearbeitet
    Wegen Personalmangels bleiben bei der Rentenversicherung viele Anträge auf medizinische Rehabilitation liegen – es fehlen offenbar Ärzte für die Gutachten. Die Ärzte-Gewerkschaft kritisiert zudem die Arbeitsbedingungen bei der Rentenversicherung.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  8. Kinderbetreuung: Die Krippen kippen
    Sachsen rühmt sich seiner exzellenten Kinderbetreuung. Doch wer mit Kita-Leitern spricht, erhält ein anderes Bild.
    […]
    Dabei liegt das, was Bäumer zur Verzweiflung treibt, gar nicht in derVerantwortung der Kommune. Der schlechte Personalschlüssel, unter dem Erzieherinnen und ihre Schützlinge in ganz Sachsen leiden, ist eine Erfindung der sächsischen Politik – die unverdrossen mit der Kinderbetreuung als Standortvorteil des Freistaats wirbt. Von kreativen frühkindlichen Bildungsangeboten schwärmt das Kultusministerium auf seiner Internetseite. Und in Dresdner Imagebroschüren sind Spitzenforscher zitiert, die sich wegen der guten Vereinbarkeit von Beruf und Familie für das Leben hier entschieden hätten.
    Doch wer genau hinschaut, erkennt in dem schönen Bild Risse. Laut Landes-Kita-Gesetz hat sich eine Erzieherin um 13 Kindergartenkinder zu kümmern; in der Krippe liegt der Betreuungsschlüssel bei eins zu sechs. So steht es auf dem Papier. Selbst damit liegt Sachsen im nationalen Vergleich nur auf dem vorletzten Platz – und in der Praxis ist die Quote noch schlechter. Etwa 18 Kinder spielen, toben und lärmen in einer Kindergartengruppe. Und Krippenerzieherinnen müssen auch mal zehn unter Dreijährige gleichzeitig bespielen, fördern und dabei immer für saubere Windeln sorgen. Wenn die Zimmer für Weihnachten geschmückt oder Fotos in die Mappen der Kinder geklebt werden sollen, opfern die Erzieherinnen in der Regel ihre Freizeit.
    Denn der Personalschlüssel ist eine Berechnungsgröße, die weder Fehl- und Urlaubszeiten oder Weiterbildungen der Erzieherinnen berücksichtigt noch die Zeit, die sie für die Vor- und Nachbereitung ihrer Arbeit, Elterngespräche oder das Schreiben der geforderten Entwicklungsdokumentation brauchen. Zudem gilt im sächsischen Kita-Gesetz als »ganzes« Kind nur eines, das täglich neun Stunden in der Einrichtung ist. Sobald Eltern eine kürzere Betreuung für ihr Kind wollen, sinkt die Zahl der Personalstunden, die der Kita zur Verfügung stehen – unabhängig davon, dass sowohl Kinder mit Neun-Stunden-Vertrag als auch Knirpse, die nur fünf Stunden betreut werden, in aller Regel vormittags gleichzeitig anwesend sind und für Trubel in den Gruppen sorgen.
    Quelle: ZEIT
  9. Tag zur Abschaffung der Sklaverei – Fußabdruck der Zwangsarbeit
    Sklaverei ist kein Phänomen der Vergangenheit – auch heute werden Millionen Menschen unter unwürdigsten Verhältnissen zur Arbeit gezwungen und wie Ware gehandelt. Nun gibt es einen Rechner im Netz, der zeigt, wie viele Sklaven für unseren persönlichen Konsum schuften müssen. Im Durchschnitt liefern 25 Menschen unter unwürdigen Umständen Material für Sportartikel, Kosmetik und Elektronik. So bauen indische Kinder in Minen den Glimmer für das tägliche Make-up ab, asiatische Arbeiter pulen 20 Stunden am Tag Shrimps für den Krabbencocktail und auf usbekischen Feldern pflücken 1,4 Millionen Kinder Baumwolle für den neuesten Look. Auch immer wieder für Partner von renommierten Marken wie Nike, Adidas oder H&M. Gerade Nike sieht sich immer wieder mit der Kritik konfrontiert, Ware mithilfe von Zwangsarbeit fertigen zu lassen. So wurde 2011 bekannt, dass Mitarbeiter der Tochterfirma Converse in Indonesien blutig gekratzt und mit Schuhen geschlagen wurden. Die überwiegend weiblichen Angestellten verdienten Medienberichten zufolge umgerechnet nur 36 Cent in der Stunde. Nach Bekanntwerden solcher Zustände geloben Unternehmen in der Regel Besserung. Deshalb bieten die Verantwortlichen der Aktion Slaveryfootprint die Möglichkeit, bekannten Unternehmen eine vorgefertigte Nachricht zu schicken. Darin werden die Konzerne gebeten, ihre Zuliefererketten auf Zwangsarbeit hin zu überprüfen.
    Quelle 1: SZ
    Quelle 2: Slavery Footprint
  10. Wie Gewährleistungsstaat und Rechtsstaat zusammenhängen
    Der ehemalige Verfassungsrichter Siegfried Broß über die Folgen der Privatisierung.
    Der Rechts- und Verwaltungswissenschaftler Siegfried Broß ist Honorarprofessor an der Universität Freiburg und Vorsitzender des Präsidiums der Deutschen Sektion der Internationalen Juristen-Kommission. Von 1998 bis 2010 war er Richter am Bundesverfassungsgericht. Seit den Nuller Jahren kritisiert Broß die Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur in Deutschland und warnt vor negativen Folgen.
    Quelle: Telepolis – Teil 1
    Quelle: Telepolis – Teil 2
  11. Diente Fahrenschon zwei Herren?
    Die Opposition verdächtigt den künftigen Sparkassen-Präsidenten Georg Fahrenschon (CSU), er habe bereits als Finanzminister Lobbyarbeit für die Sparkassen gemacht und sie im Ringen um die Rückzahlung der Landesbank-Milliarden an den Freistaat geschont.
    Quelle: Merkur online
  12. Rassismus verhindert echte Aufklärung
    Gespräch mit Sabine Schiffer über die Medienberichterstattung zum neonazistischen Terorismus, die Verwicklung der Geheimdienste und mögliche Konsequenzen. Sabine Schiffer promovierte zum Islambild in den Medien und gründete 2005 in Erlangen das unabhängige Institut für Medienverantwortung (IMV). Das IMV will wissenschaftliche Erkenntnisse in die öffentliche Debatten tragen und setzt sich unter anderem für einen systematischen Lehrplan Medienbildung ein, der nicht von der Medienindustrie beeinflußt wird.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Ein Interview, das dazu einlädt, Publikationen des Instituts für Medienverantwortung mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Sabine Schiffer unterscheidet sehr differenziert zwischen den Medien, ja sogar innerhalb eines Blattes: “Die Nachrichtenformate haben aber allgemein die Tendenz, dass Erkenntnisse aus Hintergrundmedien auch des eigenen Hauses die alltägliche Nachrichtenkonstruktion und das Nachbeten offizieller Verlautbarungen nicht stören dürfen.” Und stellt sich, wenn nötig, auch etwas quer zu den Fragen des Interviewers. Das heißt aber nicht, dass sie nicht in der Lage wäre klar Stellung zu beziehen:
    “Wir brauchen Bewusstseinsprozesse und keine neuen Gesetze, weil die vorhandenen ja nicht einmal konsequent gegen die jetzt aufgedeckten Strukturen angewandt werden. Wir erinnern uns an die kühnen Behauptungen nach den Morden von Oslo, bei uns gebe es so etwas nicht, es sei nicht möglich. Das war völlig daneben und reicht im Grunde, um die besagten Politiker heute allesamt zum Rücktritt aufzufordern, inklusive der kompetentesten Ministerin, die wir je hatten: Kristina Schröder, die noch nicht einmal Rassismus definieren kann und ihre rechtsblinde Politik in Form von Gängelung antifaschistischer Bürgerinitiativen auslebt. Bei allen guten Radiodebatten und Feuilletonbeiträgen, die wir zu Norwegen hatten, verlegte man sich tendenziell dennoch schnell auf das Anprangern von Bloggern und von Henryk M. Broder, anstatt einmal zu eruieren, inwiefern die eigenen Beiträge über Jahrzehnte hinweg Stimmungen verbreitet haben, die solche Untaten begünstigen.”
    Diese Haltung hat Schiffer in einem anderen Fall eine Anklage wegen übler Nachrede eingebracht, als sie in mehreren Interviews zum Mord an der Ägypterin, Marwa El-Sherbini am 1. Juli 2009 die Vermutung geäußert hatte, dass der Fehlschuss des Polizisten auf den schwer verletzten Ehemann der Ermordeten einen rassistischen Subtext gehabt haben könnte. Dies wäre auf Grund verbreiteter Medienbilder, die seit Jahren das Negativbild „arabischer Terrorist“ stark vergrößerten, denkbar und könnte gerade in einer Situation wirken, in der ein überlegtes Handeln nicht möglich ist. Obwohl sie betont hat, dass sie niemandem ein Vorsatz unterstellt habe, wurde dies bei der Formulierung des Strafbefehls nicht berücksichtigt. Inzwischen Sabine Schiffer ist inzwischen voll rehabilitiert, wird aber gewiss noch weiterhin Hetzmails und Morddrohungen erhalten. – Wer die Arbeit des Instituts kennenlernen möchte sei beispielsweise auf die Broschüre zum Thema “Fremde Welt ganz nah – Entwicklungsländer in den Massenmedien” hingewiesen [PDF – 6.4 MB].

  13. Die Piraten sind keine System-Rebellen
    Gewogen und für zu leicht befunden: Schriftstellerin Katja Kullmann geht mit der Piratenpartei hart ins Gericht. Das Programm sei zu kurz, die Ausrichtung zu pragmatisch, kritisiert sie im Interview mit tagesschau.de. Stattdessen wünscht sie sich mehr Volkspartei statt Saisonphänomen: „Die Piratenpartei ist in dem Sinne eine Wirtschaftspartei, als dass sie sich für die Verbesserung von Wirtschafts- und Handelswegen einsetzt. Ihre Klientel sind die jungen Erwachsenen, die in großstädtischen Räumen und jetzt schon als kleine und freie Unternehmer das Internet bewirtschaften. Daran ist grundsätzlich nichts auszusetzen, aber man darf die Piraten eben auch nicht romantisieren. … Ein Begriff wie “solidarisch” kommt im Parteiprogramm der Piraten nur einmal vor, ein Begriff wie “individuell” aber acht- oder neunmal. Die Wortwahl spiegelt die Wahrnehmung vieler von Gesellschaft und Gegenwart wider. Viele junge Erwachsene sind bereit, sich der Formel “Sei deines Glückes Schmied” unterzuordnen und nehmen dafür Leiharbeit, Zeitarbeit und Outsourcing in Kauf.“
    Quelle: Tagesschau
  14. Zum SPD-Bundesparteitag: Gabriel erklärt “das Zeitalter des Marktradikalismus” für beendet – und hat doch noch gar nichts gegen ihn unternommen
    Weder hat sich die SPD grundsätzlich neu positioniert, noch hat sich die Welt, in der wir leben, seit 2007 irgendwie spürbar verändert, zumindest was das Geschehen an den Finanzmärkten anbelangt, oder die Lohnentwicklung, die hierüber erzielten Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands und ihr Spiegelbild, die Leistungsbilanzdefizite vieler Handelspartner, die Einkommens- und Vermögenskonzentration usw. Im Gegenteil, der Marktradikalismus ist in vollem Gange – und selbst sich als SPD-Linke verstehende Sozialdemokraten haben nichts Besseres zu tun, als die SPD von ihrer Verantwortung frei zu sprechen und sich mit Sprechblasen gegen die Regierung zu begnügen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
    Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
  15. Berlin – Irre Ehe
    Berlin packt Forschung und Wirtschaft in ein Ministerium: Wird Wissenschaft so noch kommerzieller?
    Am Mittwoch vergangener Woche hat Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) Post bekommen. Der Kreis der Absender hätte illustrer kaum sein können – 22 Universitätsrektoren, Präsidenten führender Forschungsinstitute und weltbekannter Wissenschaftsorganisationen. Sie alle vereinte der Protest gegen eine Idee, die nicht nur auf den ersten Blick absurd erscheint: Der neue rot-schwarze Senat will die politische Zuständigkeit für Wissenschaft in zwei unterschiedliche Ministerien aufteilen. Die Forschung soll der Wirtschaft zugeschlagen werden, die Unis aber der neu zu schaffenden Senatsverwaltung für »Jugend, Bildung und Wissenschaft« unterstellt werden.
    Heißt das, dass Forschung nach Meinung Wowereits und seines neuen CDU-Partners Frank Henkel keine Wissenschaft ist?, rätseln derzeit die politischen Beobachter in der Hauptstadt. Und was ist mit der Forschung, die an Universitäten stattfindet und nicht etwa an den Forschungsinstituten außerhalb der Hochschulen? Ist die dann der Definition nach keine Forschung mehr?
    Quelle: ZEIT
  16. „Die Zeit“ rechtfertigt sich nach Guttenberg-Interview
    Quelle: Deutschlandradio (Audio-Podcast mp3)

    Anmerkung KR: Interessant anzuhören. Viele Leserinnen und Leser lassen sich nicht für dumm verkaufen und es gab zahlreiche Kündigungen von Abonnements.

  17. Zu guter letzt: Deutschland jubelt über die Steuerentlastung

    Deutschland jubelt über die Steuerentlastung

    Quelle: Frankfurter Allgemeine


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