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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 14. Januar 2010 um 9:11 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Personalpolitik im Gesundheitsministerium, der Drehtüreffekt, Fünf Jahre Hartz IV, Agenda 2010, Polemik gegen Hartz IV Kinder, Zeitarbeit, Studentischer Dachverband enttäuscht von Bundesregierung, warum höhere Löhne dringend nötig sind, Investitionensprogramme statt, Steuersenkungen, Rezession, Statistischer Überhang, pensionierte Beamte sollen der Justiz helfen, Bahn, Bonussteuer, Wallstreet behindert Reformen, Vertraulichkeitsklausel beim Impstoff-Vertrag, Sexobjekt Kind, deutsche Söldner als Handlanger des Todes. (RS/AM/WL)

  1. Pesonalpolitik im Gesundheitsministerium
  2. Vom Umweltaktivisten zum Wirtschaftslobbyisten
  3. Fünf Jahre Hartz IV
  4. “Agenda 2010 – Das Ende des Sozialstaats?”
  5. Polemik gegen Hartz IV-Kinder: Klassenkampf der Bildungsbürger
  6. Zeitarbeit
  7. Studentischer Dachverband enttäuscht von Bundesregierung
  8. Robert von Heusinger: Warum höhere Löhne dringend nötig sind
  9. Investitionsprogramme statt Steuersenkungen?
  10. Deutschland erlebte 2009 stärkste Rezession der Nachkriegszeit
  11. Statistischer Überhang
  12. Erfahrung rostet nicht: Künftig sollen pensionierte Beamte der überlasteten Justiz helfen.
  13. Bahn mit Winterwetter überfordert
  14. Bonussteuer
  15. Wie die Wallstreet Reformen verhindert
  16. Regierung: Vertrag mit GlaxoSmithKline fällt unter Vertraulichkeitsklausel
  17. Sexobjekt Kind: Dossier und Video zur Sendung
  18. Franz Hutsch: Exportschlager Tod. Deutsche Söldner als Handlanger des Krieges

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Pesonalpolitik im Gesundheitsministerium
    1. Röslers Privatsache
      Der Beschluss des FDP-Politikers, einen Spitzenmanager des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV) zum Leiter seiner Grundsatzabteilung zu machen, sei “an Dreistigkeit kaum zu übertreffen”, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der Frankfurter Rundschau. Die FDP steht der PKV traditionell sehr nahe und hat bei den jüngsten Koalitionsverhandlungen auch dafür gesorgt, dass ihr eine Art Bestandsgarantie zugesichert wurde.
      Quelle: FR

      Anmerkung RS: „Bestandsgarantie“? Gibt es auch für die gesetzlichen Krankenkassen und ihre Kunden eine „Bestandsgarantie“? Ach, richtig, da heißt es nicht „Bestandgarantie“, sondern „Besitzstandswahrung“.

    2. Wirbel um «Lobbyisten» im Gesundheitsministerium
      Eine Personalentscheidung von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sorgt für Wirbel – und Unmut bei der Opposition. Es geht um die Berufung des bisherigen Spitzenmanagers des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV), Christian Weber, zum Abteilungsleiter für Grundsatzfragen. In dieser Funktion soll sich der 53-Jährige künftig mit der schrittweisen Umstellung der beitragsfinanzierten gesetzlichen Krankenversicherung auf Prämien und der Reform der Pflegeversicherung befassen. Weber ist Nachfolger von Franz Knieps, den die vorige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) von der AOK ins Amt geholt hatte. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach äußerte Kritik: die Entscheidung Röslers sei «an Dreistigkeit kaum zu übertreffen», sagte er der «Frankfurter Rundschau» (Mittwoch). Von einem «schlechten Signal», sprach die Vorsitzende des Bundestags- Gesundheitsausschusses, Carola Reimann (SPD). Biggi Bender, Gesundheitspolitikerin in der Grünen- Bundestagsfraktion, kritisierte: «Da wird der Bock zum Gärtner gemacht.» Der Chef der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Peter Weiß, sagte: «Das zeigt, wie groß die Personalnot bei der FDP ist». Er hoffe, dass Weber «sich nicht als verlängerter Arm seines bisherigen Arbeitgebers aufführt». Rösler plant die Einführung einer einkommensunabhängigen Gesundheitsprämie für die Beschäftigten. Für Geringverdiener will er einen sozialen Ausgleich aus Steuermitteln. Widerstand gegen eine Kopfpauschale haben vor allem Oppositionsparteien, gesetzliche Krankenkassen, Gewerkschaften und Sozialverbände angekündigt.
      Quelle: Krankenkassen-Newsticker
    3. Gesundheitsminister Rösler wehrt sich gegen Vorwurf der Klientelpolitik: „Die Wahrheit ist stärker als die Lüge, nur nicht so laut und nicht so schnell“
      Der FDP-Politiker Philip Rösler attackiert Kritiker seiner Partei. Ziel seiner Politik sei eine gerechtere Gestaltung des Gesundheitssystems, sagte der Bundesgesundheitsminister.
      Quelle 1: Deutschlandradio Kultur (Text)
      Quelle 2: Deutschlandradio Kultur [Podcast/MP3]
  2. Vom Umweltaktivisten zum Wirtschaftslobbyisten
    Grünen-Ikone JOSCHKA FISCHER, in der rot-grünen Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Außenminister und Vizekanzler, zog sich nach der Bundestagswahl 2005 aus der Politik zurück …
    Inzwischen hat er Verträge mit Siemens, BMW und dem Energiekonzern RWE, den er beim Bau der Gas-Pipeline Nabucco berät.
    Mehr als zehn Jahre lang war REZZO SCHLAUCH für die Grünen im Bundestag …
    Kritisiert wurde er wegen seines Sitzes im Beirat des Energieunternehmens EnBW, das mehrere Atomkraftwerke betreibt.
    Anfang 2007 tauschte der Bundestagsabgeordnete MATTHIAS BERNINGER Gesetzestexte gegen Schoko-Riegel und wechselte zum US-Nahrungsmittelkonzern Mars.
    Zumindest Spott erntete die ehemalige Grünen-Vorsitzende GUNDA RÖSTEL im Jahr 2000 bei ihrem Wechsel in die Wirtschaft. Sie ging zur Gelsenwasser AG, damals eine Tochterfirma des E.ON-Konzerns, der als Betreiber mehrerer Atomkraftwerke nicht gerade als erste Adresse für eine grüne Politikerin galt.
    Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung

    Anmerkung WL: Nichts Neues, aber diese Gänge durch die „Drehtür“ der Grünen-Politiker sollten auch nicht in Vergessenheit geraten.

  3. Fünf Jahre Hartz IV
    1. Hartz IV wird zur Grundsatzentscheidung
      Auch verfassungsrechtlich arbeiten Papier und seine Richterkollegen an dem großen Wurf: Sie überraschten in der Verhandlung mit der Ankündigung, dass sie die Vorschriften nicht nur am Gleichheitsgebot messen wollen, sondern auch am wesentlich breiteren Maßstab der Menschenwürde des Artikels 1 des Grundgesetzes. Es gehört zur ständigen Rechtsprechung, dass das Grundgesetz den Staat verpflichtet, seinen Bürgern durch Sozialleistungen die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein zu sichern. Doch was das genau umfassen soll, hat das Bundesverfassungsgericht bisher noch nicht eindeutig geklärt. Das soll sich mit Hartz IV nun ändern: Zum ersten Mal beschäftigten sich die Richter sowohl mit dem sachlichen Gehalt des Existenzminimums als auch mit dem Inhalt und den Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens bei der Gestaltung von Sozialleistungen, betonte Gerichtspräsident Papier.
      Quelle: FAZ

      Anmerkung WL: Es würde mich sehr wundern, wenn der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sich vom Saulus zum Paulus gewandelt hätte. Es ist noch nicht lange her, da ließ er sich so ein: Die Grundlagen unserer Verfassung basieren auf dem Prinzip der Eigenverantwortung“ und „das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes belässt dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum“. Siehe auch „Höchster Richter fordert Schuldenverbot“.

    2. Gabriel will Ältere bei Hartz IV schonen
      Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel strebt deutliche Korrekturen der rot-grünen Arbeitsmarktreformen an. “Ich denke, dass wir das Schonvermögen für ältere Arbeitslose noch stärker schützen müssen”, sagte er der “Süddeutschen Zeitung” (Mittwoch). “Warum darf jemand, der 30 Jahre lang gearbeitet hat, im Fall der Arbeitslosigkeit nicht das behalten, was er für das Alter angespart hat, zum Beispiel seine Lebensversicherung?” Damit geht Gabriel über die Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung zum Schonvermögen von Arbeitslosen hinaus. Bislang müssen Langzeitarbeitslose ihren Lebensunterhalt zunächst aus ihrem Vermögen bestreiten, bevor sie staatliche Unterstützung erhalten. Sie dürfen nur einen Betrag von 250 Euro Vermögen pro Lebensjahr behalten. Die Bundesregierung will diesen Satz auf 750 Euro erhöhen und ihn bei dieser Summe deckeln.
      Quelle 1: Finanznachrichten
      Quelle 2: Süddeutsche
    3. Arbeitsmarktreform besser als ihr Ruf – Experte betont positive Auswirkungen
      Trotz der öffentlichen Kritik an der Arbeitsmarktreform sieht Hilmar Schneider, Direktor für Arbeitsmarktpolitik am Institut zur Zukunft der Arbeit in Bonn, positive Effekte. Seit 2006 sei die Arbeitslosigkeit “unglaublich stark” zurückgegangen ist, da die Frühverrentung eingeschränkt worden sei. Hartz IV verhindere außerdem, dass viele Menschen in die Langzeitarbeitslosigkeit abdrifteten.
      Schneider: Wir beobachten ja seit etwa 2006, dass die Arbeitslosigkeit unglaublich stark zurückgegangen ist.
      (…)
      Armbrüster (Moderator): Aber Hartz IV hat doch auch Millionen von Familien in die Armut getrieben?
      Schneider: Das stimmt in diesem Sinne nicht. Hartz IV hat dafür gesorgt, dass der Druck, der auf die Betroffenen ausgeübt wird, zugenommen hat und das ist natürlich eine Sache, die keinen Spaß macht. Das hat aber gleichzeitig dazu geführt, dass vielen damit klar gemacht worden ist, wir haben im Prinzip ja nur noch zwölf Monate Zeit, bis sie praktisch auf Sozialhilfeniveau angewiesen sind, und hat diesen Menschen klar gemacht, dass sie sich so schnell wie möglich einen neuen Job suchen müssen. Früher war es so, dass praktisch jeder zweite, der seinen Job verloren hat, in die Langzeitarbeitslosigkeit abgeglitten ist. Heute ist es nur noch jeder zehnte und das zeigt sehr deutlich, dass dieser Druck, so unangenehm wie er ist, auch dafür gesorgt hat, die Menschen davor zu bewahren, in die Langzeitarbeitslosigkeit abzudriften.
      Quelle 1: Deutschlandradio (Text)
      Quelle 2: Deutschlandradio (Audio-Podcast)

      Anmerkung MB: Bei den diversen Studien und Artikeln über die mangelhaften Erfolge der Hartz-IV-Reform muss das Deutschlandradio auch noch etwas machen und findet genau den richtigen Experten. Das „Forschungsinstitut“ IZA ist ein Sammelbecken einschlägiger Arbeitgeberlobbyisten, Politiker und Aktivisten der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Der arbeitsmarktpolitische Direktor Hilmar Schneider wollte vor ein paar Jahren mal Arbeitslose versteigern lassen, um die Kosten für Sozialtransfers gegenfinanzieren zu lassen. Er ist ein knallharter Arbeitgeberlobbyist und die Hörerinnen und Hörer erfahren davon NICHTS.
      Ein ungenügend informierter Radiomoderator hakt nicht ausreichend nach und entschuldigt sich noch dafür, seinen Gesprächspartner zu unterbrechen und eine Frage zu stellen, die kritsch gemeint sein soll.

    4. Kommentar: Niedriglöhne, Hartz IV und Zeitarbeit sind ein Segen
      Arbeitsmarktreformen haben den Arbeitsmarkt krisenfest gemacht. Zwar ist der Druck auf den Einzelnen gewachsen, auch schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen. Aber: Arbeit ist ein Wert für sich. Menschen, die arbeiten, sind glücklicher als Menschen, die arbeitslos sind. Selbst wenn es nur ein Ein-Euro-Job ist – sie werden wieder gebraucht.
      Quelle: Die Welt

      Anmerkung RS: Das übliche Sammelsurium oller Kamellen – von der Springer-Presse nichts anders zu erwarten (zu dem wahren „Segen“, siehe den gestrigen Hinweis). Man müsste fast jede Zeile kommentieren, ich belasse es aber bei einer: „Arbeit ist ein Wert für sich. Menschen, die arbeiten, sind glücklicher als Menschen, die arbeitslos sind. Selbst wenn es nur ein Ein-Euro-Job ist…“. Das Arbeit zum eigenen Wohlstand führen soll, gilt offenbar nicht mehr. Man könnte es auch so sagen: Arbeit macht frei.

    5. Nachtrag zum Nachtrag: „Vergessene Nebenwirkungen von Hartz IV“
      Dort Nr.4 zu einem unsäglichen Kommentar von Hannes Koch zu Hartz IV. Schauen Sie sich die Kommentare an. Von den über 130 Kommentaren zu diesem Thema in der TAZ sind ca. 95 % anderer Meinung als Koch. Bemerkenswert. Das Volk tickt klarer als die Multiplikatoren.
  4. “Agenda 2010 – Das Ende des Sozialstaats?”
    Anne Gesthuysen diskutiert in der PHOENIX Runde mit Heinrich Alt (Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit), Jürgen Borchert (Sozialrichter), Klaus Brandner (SPD), Prof. Helga Spindler (Arbeits- und Sozialexpertin, Universität Duisburg–Essen).
    Quelle: Videostream: Phoenix Runde vom 12.012010

    Anmerkung WL: Endlich einmal eine Besetzung, die eine wirkliche Kontroverse ermöglichte. Ganz im Gegensatz zur gestrigen Sendung „Menschen bei Maischberger“. Das Video sollte man sich ansehen.

  5. Polemik gegen Hartz IV-Kinder: Klassenkampf der Bildungsbürger
    Publizisten greifen in der Schulreform-Debatte “Hartz-IV-Kinder” an: Bildung sei für sie “objektiv wertlos”. Man muss den Satz entschachteln, um seine Sprengkraft zur Geltung zu bringen. Da steht: Ihr Hartz-IV-Empfänger, für die Bildung objektiv wertlos ist, mit euren Kindern wollen wir nix zu tun haben! Nur das Geplärr von Sonderlingen? Nein, ein neues Gesellschaftsbild.
    Quelle: taz

    Anmerkung RS: Hier ein NDS-Beitrag von 2007 über die Frühselektion der Kinder.

  6. Zeitarbeit
    1. OECD-Indikator: Zeitarbeit – ein deutsches Drama
      Zeitarbeiter sind in Deutschland im internationalen Vergleich besonders schlecht geschützt. Darauf weist die OECD angesichts der Debatte über den Missbrauch der Leiharbeit bei der Drogeriekette Schlecker hin.
      “International fällt Deutschland durch eine Zweiklassen-Gesellschaft am Arbeitsmarkt auf”, sagte der Sprecher der OECD in Deutschland, Matthias Rumpf, der Frankfurter Rundschau. Laut einem OECD-Indikator gehört die Bundesrepublik beim Kündigungsschutz der Festangestellten zu den drei Mitgliedsländern mit dem höchsten Niveau.
      Bei den Zeitarbeitern und befristet Beschäftigten rangiert sie dagegen im Vergleich der 30 OECD-Mitglieder in der unteren Hälfte. Diese Unterschiede beim Kündigungsschutz wirken sich besonders drastisch im Abschwung aus, wenn sich Entlassungen häufen. “In der Bundesrepublik müssen die Beschäftigten ohne Festanstellung mehr noch als in anderen Ländern die Hauptlast der Krise tragen”, so Rumpf.
      Quelle: FR
    2. Berlin: Zeitarbeitsfirmen bundesweit überprüfen
      Nach den Dumpinglohn-Vorwürfen gegen die Drogeriekette Schlecker fordert Berlins Arbeitssenatorin Carola Bluhm (Linke) eine bundesweite Überprüfung der Zeitarbeitsfirmen, die Tarifverträge mit den christlichen Gewerkschaften haben. Andernfalls entgingen den Sozialkassen Beiträge von bis zu 500 Millionen Euro jährlich, sagte Bluhm der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Wir haben Frau von der Leyen schon im Dezember aufgefordert, tätig zu werden.» Das Arbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte zuvor den christlichen Gewerkschaften die Tariffähigkeit für die Branche abgesprochen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts als letzter Instanz steht noch aus. «Mit einer Betriebsprüfung könnte man bis zu dem Urteil die Verjährung hemmen und die Ansprüche sichern», sagte Bluhm. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) müsse die Prüfung durch die Deutsche Rentenversicherung endlich anstoßen, forderte Bluhm. Andernfalls verjährten Ansprüche der Sozialversicherungen nach vier Jahren. Dies sei für die Jahre 2003, 2004 und 2005 schon eingetreten. «Wir diskutieren immer sehr viel über den Missbrauch», sagte Bluhm. «Hier geht es um das vorausschauende Handeln, um größere Geldbeträge zu sichern für die Versicherten und die Steuerzahler.» Die Drogeriekette Schlecker war in die Kritik geraten, weil sie Beschäftigte entlassen und dann als Zeitarbeiter zu niedrigeren Löhnen wieder eingestellt haben soll. Schlecker hält die Vorwürfe für nicht nachvollziehbar. Bluhm sagte: «Wenn zu geringe Löhne gezahlt werden, dann auch zu geringe Sozialabgaben. Und die Wahrung der Ansprüche der Versicherten ist eine entscheidende Aufgabe des Bundesministeriums.»
      Quelle: Arbeitsrecht-Newsticker
  7. Studentischer Dachverband enttäuscht von Bundesregierung
    Am Mittwoch 13. Januar 2010 veröffentlichte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (bmbf) konkrete Ziele für das 23. BAföG-Änderungsgesetz im Oktober 2010. Laut bmbf sollen die Freibeträge um drei Prozent und der Bedarfssatz um zwei Prozent angehoben werden, sowie das Eintrittsalter erhöht und das Stipendiensystem ausgebaut werden.
    “Schavan sieht Verbesserungen, wo es keine gibt” stellt Florian Kaiser, Vorstandsmitglied im freien zusammenschluss von studentInnenschaften, verärgert fest und erklärt: “Eine Erhöhung der Bedarfssätze von zwei Prozent gleicht noch nicht mal die Inflation seit der letzten Änderung im Januar 2008 aus. Die Erhöhung der Freibeträge um drei Prozent wird die die Zahl der BAföG-Berechtigten nicht merklich erhöhen, sondern bestenfalls verhindern dass Kinder aus Familien mit einem Einkommen an der Freibetragsgrenze ihren Anspruch verlieren.”
    “Ein Ausbau der Stipendien und Bildungskredite ist sozial ungerecht.” macht Juliane Knörr, ebenfalls Vorstandsmitglied im studentischen Dachverband, deutlich und ergänzt: “Die Mehrheit der StipendiatInnen kommt nicht aus einem einkommensschwachen Hintergrund. Stipendien sind oftmals abhängig von Interessengruppen und sie fördern den Konkurrenzdruck unter den StudentInnen. Auch das Problem des privat wirtschaftlichen Einflusses, dass unter anderem auch durch den Bildungsstreik massiv kritisiert wurde, wird verstärkt”.
    Quelle: fzs
  8. Robert von Heusinger: Warum höhere Löhne dringend nötig sind
    Fünf Prozent mehr Gehalt will die Gewerkschaft Verdi erstreiten. Eine obszöne Forderung? Keineswegs unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten.
    Quelle: FR Online
  9. Investitionsprogramme statt Steuersenkungen?
    Die Prestigeprojekte der neuen Bundesregierung passen offenbar nicht die aktuelle ökonomische Lage. Wissenschaftler und Politiker fordern nun schnelle Kurskorrekturen.
    Quelle: Telepolis
  10. Deutschland erlebte 2009 stärkste Rezession der Nachkriegszeit
    Die deutsche Wirtschaft ist im Jahr 2009 zum ersten Mal seit sechs Jahren geschrumpft. Mit – 5,0% war der Rückgang des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts (BIP) so stark wie noch nie in der Nachkriegszeit. Dies ergaben erste Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Der wirtschaftliche Einbruch fand hauptsächlich im Winterhalbjahr 2008/2009 statt. Im Jahresverlauf zeichnete sich eine leichte Stabilisierung der Wirtschaftsentwicklung auf dem neuen, niedrigen Niveau ab. Im Jahr 2008 war das BIP noch leicht um 1,3%, in 2007 um 2,5% und 2006 sogar um 3,2% gestiegen.
    Bemerkenswert im Jahr 2009 war, dass sowohl die Exporte als auch die Ausrüstungsinvestitionen stark einbrachen. Der Außenhandel, der in früheren Jahren ein wichtiger Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft war, bremste 2009 die wirtschaftliche Entwicklung. Während die Exporte preisbereinigt um 14,7% sanken, betrug der Rückgang bei den Importen nur 8,9%. Die Differenz zwischen Exporten und Importen – der Außenbeitrag – hatte somit wie schon im Jahr 2008 einen negativen Wachstumsbeitrag zum BIP. Mit – 3,4 Prozentpunkten fiel er 2009 allerdings deutlich stärker aus als 2008 (– 0,3 Prozentpunkte). In Ausrüstungen wurde insgesamt um ein Fünftel weniger investiert als noch in 2008 (– 20,0%). Die Investitionen in Bauten waren lediglich um 0,7% niedriger als im Vorjahr. Die einzigen positiven Impulse kamen 2009 von den Konsumausgaben: Die privaten Konsumausgaben stiegen preisbereinigt um 0,4%, die staatlichen sogar deutlich um 2,7% gegenüber dem Vorjahr.
    Die Wirtschaftsleistung wurde im Jahresdurchschnitt 2009 von 40,2 Millionen Erwerbstätigen mit Arbeitsort in Deutschland erbracht, das waren 37 000 Personen oder 0,1% weniger als ein Jahr zuvor.
    Der Staatssektor wies im Jahr 2009 nach noch vorläufigen Berechnungen ein Finanzierungsdefizit in Höhe von 77,2 Milliarden Euro auf. Gemessen am BIP in jeweiligen Preisen errechnet sich daraus eine Defizitquote von 3,2%.
    Quelle 1: Statistische Bundesamt

    Export bricht ein
    Bruttoinlandsprodukt 1951-2009

    Quelle 2: FR

    Anmerkung WL: Im Vergleich zu Belgien, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Schweiz oder den USA ist der Einbruch in Deutschland teilweise deutlich höher [PDF – 229 KB] und liegt immerhin 1 Prozent unter dem Durchschnitt der Eurozone mit minus 4 Prozent.

  11. Statistischer Überhang
    Die deutsche Wirtschaftsleistung ist 2009 im Jahresdurchschnitt um fünf Prozent geschrumpft. Das ist erschreckend, und doch hat die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahresverlauf 2009 für 2010 – zumindest rechnerisch – positive Folgen. Grund ist der “statistische Überhang”, den Ökonomen gern am Beispiel einer Bergtour veranschaulichen.
    Der starke Rückgang des BIP im Krisenjahr 2009 ist vor allem die Folge des drastischen Einbruchs zu Jahresbeginn. Dieser drückt den Jahresdurchschnitt ins Minus. Im zweiten und dritten Quartal wuchs das BIP wieder und im vierten dürfte es nach Schätzung des Statistischen Bundesamts gegenüber dem Vorquartal stagniert haben. Im Schlussquartal lag das BIP damit immer noch über dem Jahresdurchschnitt.
    Die prozentuale Differenz zwischen dem absoluten Wert der im vierten Quartal hergestellten Güter und dem absoluten Durchschnittswert des gesamten Jahres 2009 wird als der statistische oder auch rechnerische Überhang bezeichnet.
    Die Experten der Behörde in Wiesbaden taxieren den Überhang mit aller Vorsicht auf etwa 0,5 Prozent. Stimmt ihre Schätzung, dann wird es im laufenden Jahr ein “Wirtschaftswachstum” im Jahresdurchschnitt von diesen 0,5 Prozent selbst dann geben, wenn das Bruttoinlandsprodukt 2010 in allen Quartal unverändert bleiben sollte. Würde die deutsche Wirtschaft nicht stärker zulegen, dann wäre das Plus also nicht das Ergebnis des konjunkturellen Verlaufs in diesem Jahr, sondern ein rechnerischer Aufschlag aus dem Vorjahr oder eine Art Startkapital. Und daher nicht überzubewerten.
    Quelle: FR

    Anmerkung WL: Lassen Sie sich also nicht täuschen, wenn kleine Zuwachsraten im Jahr 2010 als Zeichen dargestellt werden, dass die Krise überwunden sei. Es wird noch viele belastende Faktoren geben: die steigende Arbeitslosigkeit wird den privaten Konsum dämpfen, der schwache Dollar und umgekehrt der starke Euro wird den Export belasten, die Blase auf den Rohstoffmärkten, auch die Ölpreissteigerungen werden die Konjunktur negativ beeinflussen. Es wäre also eher angezeigt zusätzliche Konjunkturprogramme aufzulegen, statt Steuern zu senken oder jetzt schon über sog. Exit-Strategien zu schwafeln.

  12. Erfahrung rostet nicht: Künftig sollen pensionierte Beamte der überlasteten Justiz helfen.
    Ruheständler sollen offenbar jetzt der überlasteten Justiz aus der Klemme helfen. Wie die “Saarbrücker Zeitung” (Mittwochausgabe) berichtet, planen die Länder pensionierte Staatsanwälte, Amtsanwälte und Rechtspfleger für die Gerichte zu reaktivieren. Dies solle der Bundesrat in seiner nächsten Sitzung am 12. Februar beschließen. Demnach sei die Situation bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften durch “hohe Arbeitsbelastung in allen Laufbahnen und Bereichen geprägt”, zitiert das Blatt aus einem entsprechenden Gesetzesantrag aus Bayern. Anhaltende Stelleneinsparungen “werden die Lage in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter verschärfen”. Die Staatsanwaltschaften könnten daher durch den “punktuellen Einsatz” von pensionierten Staatsanwälten oder Rechtspflegern entlastet werden. Bereits 2006 hatte die Länderkammer das Vorhaben einstimmig abgesegnet, die Zustimmung des Bundestages wegen der notwendigen Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes blieb allerdings bis zur Bundestagswahl im vergangenen Jahr aus. Deshalb will der Bundesrat die Initiative nun erneut auf den Weg bringen.
    Quelle: Ihre Vorsorge

    Anmerkung RS: Beamte im Ruhestand sollen aktiviert werden, um Stelleneinsparungen auszugleichen! Bin ich der einzige, der eine etwas unkompliziertere Lösung sieht, nämlich, die Stelleneinsparungen gar nicht erst vorzunehmen?

  13. Bahn mit Winterwetter überfordert
    Das Winterwetter stellt die Bahn weiter vor große Probleme. Insbesondere wichtige ICE-Verbindungen sind betroffen. Verspätungen und Zugausfälle sorgen für Frust bei Reisenden. Das Staatsunternehmen begründete die Einschränkungen mit dem anhaltenden Winterwetter. Für Sicherheitsüberprüfungen müssen Züge demnach erst aufwendig enteist werden, was mehrere Stunden dauert. Außerdem kommen die Züge etwa wegen Schneeverwehungen ohnehin verspätet in den Betriebswerken an. Wegen der Minusgrade und Eisregen gibt es zudem dauernd Störungen an Zügen. Dazu kommen die Achsprobleme bei den ICE-3- und ICE-T-Zügen, die bis zur Lieferung neuer Radsätze zehnmal häufiger als normal überprüft werden müssen. Von insgesamt 252 ICE-Zügen stehen deswegen zwölf dauerhaft nicht zur Verfügung, wie das Unternehmen mitteilte.
    Quelle: N24

    Anmerkung RS: Die Bahn als Staatsunternehmen? Bei der Bahn ist der Staat nur der Besitzer, nicht mehr der Unternehmer. Beim alten Staatsunternehmen wusste man immerhin, dass es in Deutschland im Winter kalt wird und schneit. Das Privatunternehmen Bahn AG ist überfordert.

  14. Bonussteuer
    1. Wirkungslose Bonussteuer
      Die im Dezember vom britischen Finanzminister Alastair Darling eingeführte einmalige Steuer auf Bankboni von 50% scheint die erwünschte Wirkung zu verfehlen. Die selbstbewussten Investmentbanker verweigern dem Finanzminister die politische Lektion, die auf mehr Demut und Dankbarkeit gegenüber dem Steuerzahler abgezielt hatte, und halten weitgehend an ihren Boni in geplanter Höhe fest. Laut einer Umfrage der «Financial Times» bei den zwölf führenden Investmentbanken werden die Institute zwar die auf der Bonussumme erhobene Steuer abführen, aber zur Vermeidung entsprechender Einbussen bei den Bankern die Summe annähernd verdoppeln. Das Ziel des Finanzministers, die Banken durch die Steuer zur Zurückhaltung anzuhalten und so die einbehaltenen Gewinne bzw. das Eigenkapital zu erhöhen, wird durch die Absichten der Institute durchkreuzt. Durch die Erhöhung der Boni und den entsprechenden Geldabfluss an den Fiskus wird, ganz im Gegenteil, die Kapitalbasis der Banken zusätzlich geschwächt.
      Sollte die Finanzaufsicht FSA ihre Pläne durchsetzen können, die Kapitalerfordernisse der systemrelevanten Banken in Zukunft deutlich zu erhöhen, könnte die Bonussteuer allenfalls noch mittelfristig eine gewisse Wirkung entfalten. Die Banken wären dann wegen der Steuerzahlung zu umso grösseren Anstrengungen gezwungen, um das erforderliche Kapital bereitzuhalten. Das könnte die Möglichkeiten für hohe Boni in den nächsten Jahren beschneiden. Der Bankenverband opponiert allerdings auch gegen höhere Kapitalerfordernisse mit aller Kraft, und es ist abzuwarten, wie scharf diese unter Ökonomen im Prinzip unbestritten notwendige Regulierungsmassnahme ausfallen wird.
      Quelle 1: NZZ
      Quelle 2: FT

      Anmerkung Orlando Pascheit: Welche Dreistigkeit, welch ein Hohn auch für diejenigen die sich wohlmeinend für freie Märkte einsetzten. Ein weiterer und eindeutiger Beleg dafür, dass mit dem Personal des alten System kein neues Finanzsystem zu realisieren ist. Nicht umsonst wurde bei der Bewältigung der schwedischen Bankenkrise das alte Führungspersonal durch unbelastete Manager ausgetauscht. Aber natürlich reicht das nicht, zumal das Zeitfenster für solche Maßnahmen inklusive Verstaatlichung vorbei ist. Deswegen müssen mit aller Macht Maßnahmen getroffen werden wie die Erhöhung des Eigenkapitals von Banken und das Verbot bestimmter hochriskanter Finanzinstrumente. Wir müssen die Banken zwingen, mehr Kapital vorzuhalten, um Kreditausfälle zu verkraften, damit sie bei höherem Risiko mehr eigenes Geld riskieren. Wenn dann die Gewinne der Vergangenheit nicht mehr möglich sind, wird sich einiges von selbst ergeben, von den Boni bis zur Schrumpfung des Finanzsektors. Hinzutreten sollte das Verbot aller Finanzderivate jenseits von einfachen Verbriefungen von Krediten, d.h. die Umwandlung von Krediten in handelbare Wertpapiere darf nicht in die Schaffung weitere Wertpapiere münden, die ihrerseits wiederum … Alles weitere dient nur den Profiten der Finanzbranche, die, wie wir gesehen haben, zu Lasten der Gesamtwirtschaft ging. Ziehen wir die Lehren daraus, wählen wir Regierungen ab, die sich einschneidenden Reformen verweigern.
      Aber vielleicht war es einfach naiv anzunehmen, dass diese Krise das Ende des Finanzkapitalismus angelsächsischer Prägung bedeuten würde oder gar des Neoliberalismus, wie manche hofften. Wahrscheinlich bedarf es weiterer Krisen, in denen sich gesellschaftliche Widersprüche zuspitzen und Politiker es endlich wagen, eine radikale Transformation des Finanzsektors anzugehen.

    2. Obama handelt, Merkel wartet ab
      Der US-Präsident wird am heutigen Donnerstag eine Sonderabgabe für die Banken ankündigen. Nachdem die Finanzkrise und die staatlichen Überlebenshilfen für Banken die öffentlichen Haushalte tief ins Minus getrieben haben, soll die Branche nun zur Gesundung des Etats beitragen. Die Abgabe soll aber auch den großen öffentlichen Unmut über die Finanzindustrie und die Entlohnung ihrer Manager dämpfen – kurz bevor die nächsten Bonuszahlungen bekannt werden. Die meisten amerikanischen Großbanken haben das Jahr 2009 mit hohen Milliardengewinnen abgeschlossen. US-Medien berichten, dass etwa die Bank of America und Goldman Sachs zweistellige Milliardenbeträge für Boni an ihr Management zurückgelegt haben. Die Abgabe soll dem Staat bis zu 120 Milliarden Dollar einbringen.
      Quelle: Tagesspiegel

      Anmerkung Orlando Pascheit: Die Sonderabgabe bringt zwar Geld in die Staatskasse, hat aber keinen Lenkungseffekt. Wo bleiben zukunftsweisende Gesetze, die riskante Spekulationen verhindern? Deprimierend allerdings, dass hierzulande unter Schwarz/Gelb gar nichts passiert, außer Wahlkampfgetöse.

      Ergänzende Anmerkung RS: Immerhin kann man durch das Verlegen des Wohnorts ins Ausland die Steuer nicht umgehen, denn in den USA müssen alle Staatsbürger, Einwohner und Green-Card-Halter ihr weltweites Einkommen unter Anrechnung ausländischer Steuer in den USA versteuern – auch wenn man im Ausland lebt. Das schließt Steuerhinterziehung zwar nicht aus, schließt aber legale Umgehungsmöglichkeiten aus.

  15. Wie die Wallstreet Reformen verhindert
    Die US-Finanzindustrie lies sich den letzten Wahlkampf mehr kosten denn je. Am meisten profitierten die Demokraten. Das zahlt sich jetzt aus: Trotz scharfer Rhetorik verhindern sie einschneidende Regulierungen.
    Niemand kann die Gesetzgebung so stark zu ihren Gunsten beeinflussen wie die US-Finanzindustrie. Das hat auch der langjährige Senator Dick Durban im Frühjahr 2009 beobachtet: Die Branche betreibe «die mächtigste Lobby auf dem Capitol Hill. Und offen gesagt, sie hat den Laden fest im Griff.»
    Dieser direkte Zugriff der Wallstreet auf den Kongress zeigt sich eindrücklich an den massiven Aufwendungen für das Lobbying und für Wahlkämpfe. In den letzten Wahlen von 2008 investierte die Branche nicht weniger als 475 Millionen Dollar in den Kongress, sei es in Form von direkten Zuschüssen an Kandidaten, sei es als Lobbyaufwendungen oder in Form von Zuwendungen an politische Aktionskomitees. Diese Zahl ist umso erstaunlicher, wenn sie mit der zweitgrössten Lobbymaschine, jener der Pharmaindustrie, verglichen wird. Diese fütterte den Kongress im letzten Wahlzyklus mit 167 Millionen Dollar.

    Spenden der Finanzbranche an die US Parteien

    Quelle: Basler Zeitung

  16. Regierung: Vertrag mit GlaxoSmithKline fällt unter Vertraulichkeitsklausel
    Die Bundesregierung verteidigt die Geheimhaltung des Vertrages mit dem Schweinegrippe-Impfstoffhersteller GlaxoSmithKline. In ihrer Antwort (17/365) [PDF – 145 KB] auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/175) [PDF – 80 KB] heißt es: “Bund und Länder haben sich verpflichtet, sämtliche Informationen, die im Rahmen dieses Vertrages ausgetauscht werden, vertraulich zu behandeln.” Aus Sicht der Regierung fällt die Veröffentlichung des Vertrages “eindeutig unter diese Klausel”.

    Anmerkung RS: Vertraulichkeitsklauseln als Schutz vor Rechenschaft gegenüber dem Souverän.

  17. Sexobjekt Kind: Dossier und Video zur Sendung
    Unsere Gesellschaft hält den Schutz von Kindern im Prinzip für sehr wichtig. Wie kann es dann sein, dass in Deutschland jedes Jahr nach Expertenschätzung etwa 200.000 Kinder Opfer sexueller Gewalt werden? Mit dieser Kern-Frage hat sich NDR Autor Sebastian Bellwinkel für seine Dokumentation “Sexobjekt Kind” auf Spurensuche begeben.
    Quelle: NDR
  18. Franz Hutsch: Exportschlager Tod. Deutsche Söldner als Handlanger des Krieges
    Seit Beginn der 1990er Jahre haben sich neue Formen der Gewährleistung von Sicherheit auf privater und quasi-privater Grundlage etabliert. Die Ursachen dafür sind vielschichtig: Infolge der Verkleinerung der Militärapparate nach Beendigung des Ost-West-Konflikts sucht entlassenes militärisches Personal nach neuen Betätigungsfeldern. Dort, wo Staaten Sicherheit nicht mehr garantieren können, übernehmen private Firmen zunehmend Aufgaben und Funktionen von Polizei und Militär. Rationalisierungsgründe und die Konzentration der Streitkräfte auf Kernkompetenzen unterstützen den Trend des Outsourcing von Sicherheit. In »humanitären Interventionen« übernehmen private Sicherheitsdienstleister immer häufiger Aufgaben der Streitkräfte zu deren Unterstützung.
    Während das Geschäft mit der Sicherheit boomt, agieren zahlreiche Firmen in einem quasi rechtsfreien Raum. Die modernen »Contractors«, so bezeichnet um den seit Jahrhunderten negativ besetzten Begriff des Söldners zu vermeiden, sind kaum jemandem Rechenschaft schuldig. Sie dienen in keiner staatlichen Armee und unterliegen damit nicht dem staatlichen Gewaltmonopol, das seit dem Westfälischen Frieden von 1648 den Staaten zukommt.
    Quelle: AG Friedensforschung an der Uni Kassel


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