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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 15. Februar 2006 um 14:59 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Eine reine Vertrauensfrage
    Erst wechselte Gerhard Schröder in die Gasbranche, nun wandert auch noch sein ehemaliger Wirtschaftsminister Wolfgang Clement in den Aufsichtsrat eines Energiekonzerns. Ist unser Befremden darüber berechtigt?
    Quelle: TAZ

    Kommentar: Das Befremden ist berechtigt, und das Grundvertrauen des TAZ-Redakteurs Stephan Kosch offenbar durch nichts zu erschüttern. Warum hat ein Konzern ein Interesse, ehemalige Politiker in seine Entscheidungsgremien aufzunehmen? Vielleicht als ein Dankeschön für frühere unternehmensfreundliche Entscheidungen. Aber selbst wenn dieses Motiv nicht zutreffen sollte, dann doch wohl deshalb, weil die Erwartung besteht, dass sich der betreffende Politiker in erster Linie für die Interessen seines Konzerns auch gegenüber „der Politik“ einsetzt.
    Und da haben ehemalige Spitzenpolitiker einen unschätzbaren Wert: Sie kennen die wichtigen Entscheidungsträger in Politik und Beamtenapparat und können sie ohne Probleme ansprechen. So ist z.B. Clements für Energiefragen zuständiger Staatssekretär im Wirtschaftsministerium nach wie vor auf seinem Posten. Wenn RWE also ein Problem an höchster Stelle vortragen möchte, genügt ein Anruf auf dem persönlichen Handy. Das ist ein ungeheurer Wettbewerbsvorteil und deshalb viel „wert“.
  2. Mit Streiks für mehr Wachstum
    Die Ökonomie lässt sich nicht komplett auf Psychologie reduzieren. Ein paar Fakten sind nicht zu ignorieren, obwohl sie das heitere Bild stören. Die Binnennachfrage sinkt, auch weil die Einkommen sinken. Insofern müssten eigentlich alle Wirtschaftsexperten begeistert sein, dass die IG Metall nun verbissen für deutliche Lohnerhöhungen streiken will.
    Quelle: TAZ
  3. Konjunktur: Gute Stimmung trotz Stagnation
    Die FAZ schreibt dazu: „Die abermalige Schrumpfung des privaten und auch des öffentlichen Konsums machte die positiven Impulse indes zunichte. Der private Konsum, der nach Ansicht von Volkswirten auch durch die hohen Energiekosten gedämpft wurde, schrumpfte das vierte Quartal nacheinander. Eine solch andauernde Negativentwicklung hat es seit Beginn der Quartalsstatistik Anfang der sechziger Jahre noch nicht gegeben.“
    Quelle: FAZ

    Kommentar: Wie es dazu wohl gekommen sein mag? Nun sollen also vor allem die hohen Energiekosten für den schrumpfenden, privaten Verbrauch verantwortlich sein; die Konsequenzen sinkender Realeinkommen werden in der FAZ nicht diskutiert. Dabei hat gerade diese einflussreiche Zeitung mit ihrem permanenten Plädoyer gegen angemessene Lohnsteigerungen einiges zu dieser volkswirtschaftlich bedrohlichen Entwicklung beigetragen.

  4. Emissionshandel macht Stromerzeuger reich
    Der Emissionshandel entwickelt sich für die fünf größten deutschen Stromerzeuger zu einem Milliardengeschäft zu Lasten der Verbraucher. Die kostenlose Zuteilung der Emissionsrechte beschert E.on, RWE, Vattenfall, EnBW und der Steag zusammen jährliche Mitnahmeeffekte zwischen 3,8 und 8 Milliarden Euro.
    Quelle: FAZ
  5. Krisengebiet Schule
    Migranten werden im Bildungswesen nicht direkt rassistisch benachteiligt. Der Fehler liegt im System.
    Quelle: TAZ

    Der UN-Sonderberichterstatter besucht heute eine Berliner Grundschule, in der vier von fünf Schülern Migrantenkinder sind. Die Erika-Mann-Schule hat Erfolg – mit Theaterspiel und ohne Noten.
    Quelle: TAZ

  6. Bahnindustrie bangt um tausende Jobs
    Rund 100 Betriebsräte aus Unternehmen der Bahnindustrie haben gestern davor gewarnt, dass in ihrer Branche wieder 10 000 Arbeitsplätze wegfallen könnten. Hintergrund sind die Pläne der Bundesregierung, die Regionalisierungsmittel im Nahverkehr bis 2009 um mehr als drei Milliarden Euro zu kürzen.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Kommentar: Verschärfend kommt hinzu, dass die Bahn Bundesmittel verfallen lässt (siehe Hinweis des Tages Nr.5 vom 9.12..2005).
  7. Herrenmenschkarneval
    Gastkommentar zur Äußerungen des CDU-Politikers Friedrich Merz.
    Quelle: Junge Welt
  8. Ausländer sollen Sympathie für Linkspartei angeben
    Einem gestern veröffentlichten Fragebogen zufolge muss jeder Ausländer ab März bei einem Einbürgerungsantrag den bayerischen Behörden erklären, ob er einer “extremistisch oder extremistisch beeinflussten Organisation” angehöre. In der dazu gehörenden Auflistung stehen außer Terrorgruppen wie El Kaida auch die Sciento- logy und die Linkspartei.
    Quelle 1: Berliner Zeitung
    Quelle 2: TAZ


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