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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 7. Dezember 2006 um 10:01 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. 3,4 Prozent Lohnerhöhung für alle!
    Das schöne ist, dass eigentlich niemand Lohnerhöhungen für 2007 in Abrede stellt. Das ist die Wende. Der Streit dreht sich natürlich um die Frage, wie hoch die Lohnerhöhungen ausfallen dürfen.
    Quelle: ZEIT-Blog
  2. Lucas Zeise: Der falsche Feind
    Wenn der fallende Dollar nicht dazwischenkommt, wird der EZB-Rat am Kurs auf höhere Zinsen festhalten. Er wird das aus dem Bauch heraus tun. Einen offiziellen Grund hat er nicht. Erst wenn er seine Gründe offenlegen würde, könnten sie in der Öffentlichkeit diskutiert und abgewägt werden. Die Bürger Eurolands wüssten nämlich schon gern, ab wann mit dem intendierten Bremsen des Finanzbooms der gerade erst beginnende Aufschwung der Realwirtschaft mit abgewürgt wird.
    Quelle: FTD
  3. ÖPP: Private Finanzierung ist laut Rechnungshof teurer
    Straßenbau in öffentlich-privater Partnerschaft kostet die Steuerzahler letztlich mehr Geld als die direkte Finanzierung durch den Staat. Zu diesem Urteil gelangt der Oberste Bayerische Rechnungshof.
    Quelle 1: FR
    Quelle 2: Oberster Bayerischer Rechnungshof
  4. Zur Investivlohn-Debatte
    Heinz Josef Bontrup, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Fachhochschule Gelsenkirchen: „Das ist mir auch schier schleierhaft, was die Sozialdemokratie sich dabei denkt. Aber ich befürchte, dass man eben dies nicht ehrlich meint.“
    Quelle: WDR [PDF – 28 KB]
  5. DGB zerpflückt Rüttgers-Konzept
    Der konkrete Vorschlag der CDU für eine (angeblich) verlängerte Arbeitslosengeld-Zahlung für ältere Erwerbslose würde dazu führen, dass ein 55-jähriger Arbeitnehmer erst nach 25 Beitragsjahren 18 Monate lang Anspruch auf Arbeitslosengeld I hätte. Nach geltendem Recht reichten dafür aber schon drei Beitragsjahre aus. – Der DGB legt dazu ein eigenes Konzept vor.
    Quelle 1: BZ
    Quelle 2: Entwurf des DGB
  6. Arbeitsvermittlung absurd – eine Wissenschaftlerin als Küchenhilfe
    Deutschland braucht Spitzenwissenschaftler. Trotzdem haben die es mitunter schwer, einen Job zu finden. Bei Claudia Wassmann heißt die Hürde “ARGE”. Diese mache ihr das Leben und Bewerben in Deutschland nur schwerer, die so genannte Arbeitsvermittlung sei reine Schikane.
    Quelle: ZDF
  7. Der Lohn der Armut: Working Poor in der Schweiz
    In der Bevölkerung des Kantons Zürich gibt es ungefähr 23 Prozent Menschen, die in Armut oder kaum über der Armutsgrenze leben. Die Zunahme der Zahl armer Menschen in den 90er Jahren wurde zu zwei Dritteln durch die Ausbreitung der Armut unter den Beschäftigten verursacht: Die “working poor” machen heute 60 Prozent der Armen aus, das sind 7,5 Prozent der aktiven schweizerischen Bevölkerung
    Quelle: Attac

    Kommentar Orlando Pascheit: Es ist nur folgerichtig, dass das “reiche” Heimatland von Herrn Ackermann vor den gleichen Problemen steht wie wir, da man wie bei uns feststellen muss, “dass der Aufschwung der Profitrate mit einer Erhöhung der Arbeitslosenquote und der Prekarität zusammenhängt: Das Sinken der Arbeitskosten wurde in anderen Worten nicht dazu benutzt, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Der Zuwachs an Produktivität hat vor allem die Finanzeinkünfte gefördert.”

    Kommentar KR: Der Autor schreibt: „Arbeitslosigkeit, Niedriglöhne und die Ausdehnung prekärer Arbeit sind … auch eine Antwort auf die Notwendigkeit, den Arbeitsmarkt tief greifend umzustrukturieren, um die Profitrate des Kapitals wiederherzustellen.“
    Damit erklärt er die Demontage des Sozialstaats unter der Voraussetzung kapitalistischer Verhältnisse für objektiv notwendig. Leider verzichtet er ganz auf Empirie: Wie stark war die Profitrate denn zuvor gefallen? Welche Kapitalakkumulationsrate ist angeblich notwendig? Wie groß ist der verbleibende Verteilungsspielraum? Ohne Antworten auf diese Fragen haben solche Formulierungen den Charakter dekorativen Beiwerks ohne Erklärungswert.

  8. Schieflage der Wohlstandsverteilung: Die Reichen werden noch reicher
    Den reichsten zwei Prozent der Weltbevölkerung gehört das halbe Privat-Vermögen rund um den Erdball.
    Quelle: SZ
  9. Und jetzt: die Werbung
    An der Technischen Fachhochschule Berlin können Vorlesungen neuerdings von Werbeblöcken unterbrochen werden – dubiose Finanzdienstleister übernehmen die Lehre.
    Quelle: Junge Welt
  10. Baden-Württemberg privatisiert Bewährungshilfe
    Für die Betreuung der ehemaligen Straffälligen auf Bewährung ist ab Januar 2007 der private österreichische Verein Neustart zuständig. Landesjustizminister Ulrich Goll (FDP) räumt ein, dass man “mittelfristig auch nach einer wirtschaftlichen Lösung für den Landeshaushalt” suche. So sollen etwa zehn bis fünfzehn Prozent eingespart werden.
    Quelle: BZ
  11. Volkswirtschaftlicher Irrsinn: Umweltschutzverbände kritisieren Ausbau von Tiefseehäfen
    Der Ausbau dreier konkurrierender Tiefseehäfen in der BRD wird die Steuerzahler Milliarden kosten. Doch volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen interessieren die Politik längst nicht mehr.
    Quelle: Junge Welt
  12. Eltern-Kind-Beziehung Brutkasten der Persönlichkeit
    Es ist wichtig, vom ersten Lebenstag an eine intensive Bindung zum Kind aufzubauen. Denn frühe Störungen der Beziehung zwischen den Eltern und dem Nachwuchs wirken sich unmittelbar auf die Entwicklung aus.
    Quelle: SZ

    Kommentar Orlando Pascheit: Die Erkenntnis, dass die Entwicklung der Persönlichkeit bereits sehr früh durch die unmittelbare Umgebung geprägt wird, ist nicht nur eine Herausforderung für die Eltern, sondern für die ganze Gesellschaft. Die sich häufenden Berichte über eine unerträglich anwachsende Armut in Deutschland ist eine Mahnung an die Politik, den bisher eingeschlagenen Weg, der mit dem Wort Neoliberalismus nur beschönigt wird, zu verlassen. “Armut ist immer noch der wichtigste Risikofaktor für eine schlechte Entwicklung des Kindes”, sagt Karl Heinz Brisch von der Ludwig-Maximilians-Universität München und Organisator der Tagung der Tagung “Der Säugling – Bindung, Neurobiologie und Gene”

  13. Kündigung „unkündbarer“ Arbeitnehmer
    Dr. Barbara Reinhard, zur Zeit Richterin am Arbeitsgericht Düsseldorf, gibt auf Seminaren der EUROFORUM Deutschland GmbH Hinweise zur Kündigung „unkündbarer“ Arbeitnehmer.
    Quelle: EUROFORM

    Kommentar eines NachDenkSeiten-Lesers: „Nun ist mein Demokratieverständnis endgültig gleich null. Ich habe soeben jegliches Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat endgültig verloren. Dass eine Arbeitsrichterin hier für diesen Zweck antritt, macht mich endgültig fassungslos. Bitte antworten sie mir, dass ich hier etwas falsch verstanden habe.“

  14. Respekt vorm kleinen Mann?
    Ulf Poschardt: “Die stolzen fränkischen Arbeiter haben sich gegen ihre Gewerkschaft und gegen den Betriebsrat durchgesetzt. Gelingt es den Arbeitnehmern, sich von ihren Repräsentationsausbeutern, den Gewerkschaftsfunktionären, zu emanzipieren, werden Flexibilisierungen und Leistungsbereitschaft den Standort Deutschland erfolgreich halten.”
    Quelle: WELT

    Kommentar: Zitat aus WIKIPEDIA: „Ulf Poschardt ist ein deutscher Popjournalist und Buchautor. (…) Seine Doktorarbeit „DJ Culture“ … wurde … wissenschaftlich kritisiert, so sprach sich der von Poschardt als Gutachter gefragte Diedrich Diederichsen eher amüsiert über Poschardts Hantieren mit Hegel aus. In weiteren Büchern befasste sich Poschardt mit den Themen Mode („Anpassen“ 1998), Kälte („Cool“ 2000) und Rasen („Über Sportwagen“ 2002). (…) Er arbeitete als Chefredakteur des Magazins der Süddeutschen Zeitung von 1996 bis 2000. Als im Skandal um Tom Kummer herauskam, dass Poschardt getürkte Interviews eingefordert und publiziert hatte, konnte ihn die SZ nicht mehr halten. Poschardt wurde Mitglied der Chefredaktion bei der Welt am Sonntag, bezog jedoch auch Unterstützung von neokonservativen Stiftungen und PR-Agenturen.“
    Das Thema, zu dem Ulf Poschardt etwas Fundiertes zu sagen hat, scheint noch nicht gefunden worden zu sein. Zurzeit hofft er offenbar, seinen Marktwert durch die Produktion von Propaganda steigern zu können. Und zum Qualitätsanspruch der WELT AM SONNTAG dürfte sich wohl jeder Kommentar erübrigen.


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