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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 24. August 2007 um 9:35 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

  1. Wider die Armut?
    Wie die Bundesregierung versucht, Verelendungsrisiken im Ruhestand entgegenzuwirken.
    Quelle: Tagessoiegel

    Kommentar:
    Blanker Zynismus: Auch die Rente mit 67 – die stufenweise Anhebung der Altersgrenze auf 67 Jahre – könne, so die BMAS-Sprecherin, das Einkommen im Alter steigern, „denn zum einen führt eine verlängerte Erwerbsbiografie zu höheren Rentenanwartschaften, und zum anderen wird nicht nur der Beitragssatzanstieg, sondern gleichzeitig auch der Rückgang des Rentenniveaus gebremst.“
    Was die Subventionierung der privaten Altersvorsorge tatsächlich bedeutet, hatte Albrecht Müller gestern so zusammengefasst: „Lohnsteuerzahler und Mehrwertsteuerzahler subventionieren die Zusatzversorgung der etwas Besserverdienenden.“

  2. “Die Bildung braucht mehr Mittel”
    Rudolf Hickel über den richtigen Umgang mit den Mehreinnahmen
    Quelle: FR
  3. Unschöne BIP-Details
    Von den üblichen statistischen Feinheiten abgesehen, scheinen die deutschen BIP-Zahlen für das zweite Quartal dem Szenario eines selbsttragenden Aufschwungs trotz der Wachstumsverlangsamung auf 0,3 Prozent keinen Abbruch zu tun.
    Was kann da schon passieren, möchte man fragen. Zwei Aspekte geben zu denken. Wenn man das verfügbare Einkommen einmal um den Konsumdeflator bereinigt, ist es real gerade einmal um 0,3 Prozent höher als vor einem Jahr. Das Masseneinkommen – Nettolöhne und -gehälter zuzüglich monetärer Sozialleistungen – liegt real gar um ein Prozent unter dem Vorjahr und damit hinter dem Niveau vom zweiten Quartal 2000.
    Trotz der jüngsten Tariflohnvereinbarungen könnten die kühnen Hoffnungen auf den deutschen Konsum enttäuscht werden. Und wie etwa die schwachen Bauaufträge oder die jüngst wackeligen Inlandsbestellungen im Maschinenbau zeigen, kann von einer allgemein robusten Inlandsnachfrage eh noch keine Rede sein. Und bei einem Exportanteil von 46 Prozent des BIP ist leicht zu verstehen, warum Deutschland auf einen glimpflichen Ausgang der aktuellen Kreditunruhen hoffen muss – und zwar nicht nur aufgrund von dusseligen Bankenengagements.
    Quelle: FTD
  4. Deutsche Marine macht Politik
    Die neuen Kriegsschiffe der Marine sind nicht nur die teuersten Waffensysteme in der deutschen Geschichte, sie werden auch vor jeder Küste der Welt aufkreuzen können und sie können erstmals seit 1945 wieder Land beschießen.
    Quelle: FR
  5. Ausländerfeindlichkeit : In der Fremde
    Die Hetzjagd im sächsischen Mügeln hat hohe Wellen geschlagen. Doch wie es den Opfern geht scheint keinen zu interessieren.
    Quelle: FR
  6. SPD-Papier “Kultur ist unsere Zukunft”
    Etwas bange wird wohl auch dem Parteivorstand gewesen sein, als er diesen wuchtigen Text verfasste. Als ob er befürchten würde, man könnte ihm auf die Schliche kommen.
    Quelle: FR

    Anmerkung:
    Zitat: „Der Leitantrag lässt da keine Zweifel und formuliert bündig drei Aufgaben: 1. “Kultur und Bildung” seien “integraler Bestandteil des sozialdemokratischen Konzeptes des Vorsorgenden Sozialstaates, der neuen gesellschaftlichen Spaltungen und Ausgrenzungen entgegenwirkt”.“
    In anderen Worten: Die SPD möchte die Kulturpoltik instrumentalisieren, um die Vermittlungsprobleme der Reformpolitik zu lösen. Die Künstler (und natürlich auch die Künstlerinnen) sollen helfen, das störrische Volk an den Sozialabbau zu gewöhnen.

  7. Lange Öffnungszeiten sind gut fürs Image – nicht für den Umsatz
    Frank Albrecht, Präsident des hessischen Einzelhandels, hat den neuen Ladenschluss deshalb wiederholt als Flop bezeichnet. Er lohne sich nur für die Supermarktketten und Kaufhäuser. Der Umsatz verschiebe sich lediglich – von den kleinen zu den großen Geschäften. Kleine, oft familiengeführte Betriebe hätten nicht die Möglichkeit, längere Öffnungszeiten wie die Kaufhäuser über einen Schichtbetrieb zu organisieren.
    Quelle: FR

    Anmerkung:
    Bezahlen die Familien des Verkaufspersonals mit den Konsequenzen der Nachtarbeit nicht einen unverhältnismäßig hohen Preis für die Freiheit der Konsumenten?

  8. Übermorgen ist für dich Feierabend
    Seit die rot-grüne Regierung vor dreieinhalb Jahren die Verordnung aus dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz gestrichen hat, wonach ein Leiharbeiter maximal zwölf Monate am Stück bei einem Unternehmen arbeiten darf, »haben sich in Deutschland die Schleusen geöffnet«, sagt Claudia Weinkopf vom Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Anders als etwa in Frankreich gebe es auf dem Arbeitsmarkt keinen Grundsatz der Gleichbehandlung mehr: »Das Prinzip der gleichen Bezahlung ist ausgehöhlt.«
    Wie sehen die Arbeitsbedingungen von Zeitarbeitern in der Praxis aus, wie gehen Unternehmer mit ihnen um?
    Quelle: Jungle World
  9. Österreichische Post will 1500 Briefträger abbauen
    In einem internen Schreiben hatte die Gewerkschaft am Mittwoch davon gesprochen, dass jeder fünfte Briefträger betroffen sein könnte – das wären 2.400. Das Management verweist auf den zunehmenden Wettbewerb – zuletzt durch den Markteintritt des größten deutschen privaten Paket-Dienstes Hermes, einer Tochter des Otto-Versands, in Österreich.
    Quelle: Der Standard

    Anmerkung: Ein europäischer Wettlauf um die schlechtesten Arbeitsbedingungen für Postzusteller hat eingesetzt. Je erfolgreicher die Gegenwehr der Gewerkschaften in jedem Land, umso besser für alle.

  10. Das beste Jahr der Bahn
    Der Bahn-Chef wies Vorwürfe zurück, der Konzern investiere zu wenig in das Schienennetz in Deutschland (siehe Tagesspiegel vom 22. August). Der Konzern wehre sich gegen Verdächtigungen, man würde nur darüber nachdenken, welche Strecken still gelegt werden könnten, sagte er. „Unser Job ist es, Züge zu fahren.“ Die Bahn habe das größte Interesse daran, dass die Infrastruktur in einem ordentlichen Zustand sei. „Deutschland hat das beste Schienennetz in Europa.“
    Quelle: Tagesspiegel

    Kommentar von Orlando Pascheit: Das hören die Schweizer bestimmt mit Verwunderung. Man muß Rankings wie das des World Economic Forums nicht überbewerten, aber ich glaube in diesem Fall liegt es nicht ganz falsch: Im Klassement von 125 Bahnen findet sich Switzerland auf dem ersten Platz und ist damit „extensive and efficient as the world’s best“.

  11. PPP: Tunnel sucht Autos
    In Lübeck haben sich Staat und Privatfirmen beim Bau einer Unterführung verrechnet. Zahlen müssen die Bürger.
    Quelle: ZEIT
  12. Eine Kommune kauft ihr Stromnetz
    Ausgerechnet im Nümbrechter Idyll haben sich aufmüpfige Stromrebellen gegen den RWE-Konzern durchgesetzt. Der Ort hat sich aus dem Stromnetz des Energieversorgers ausgeklinkt.
    Quelle: FAZ
  13. Der wirkliche Skandal
    An dem 129a-Verfahren gegen den Stadtsoziologen Andrej H. und andere üben prominente Wissenschaftler aus aller Welt scharfe Kritik. Skandalisiert man nur das Offensichtliche, bleibt der wirkliche Skandal im Dunkeln. Was ist passiert? Nach Angaben der Polizei wurde versucht, drei LKW der Bundeswehr zu verbrennen. Ermittelt wird jedoch wegen Terrorismus. Dass man für Brandstiftung an Autos, und seien es solche der Polizei oder der Armee, als »Terrorist« verfolgt wird, ist etwas, was nicht einmal in den autoritären Fantasien von Nicolas Sarkozy eine Rolle spielt, der in seiner Amtszeit als Innenminister innerhalb von sechs Wochen den Verlust von knapp 10 000 ausgebrannten Wagen zu beklagen hatte. Hierzulande ist es Leitlinie der Justiz. Weil objektiv nichts auch nur annähernd Terrorähnliches geschehen ist, muss der Terrorismusverdacht mit der vermeintlichen Gesinnung der Verdächtigten begründet werden. Das ist eine Folge der Anwendung des Gesinnungsstrafrechts, das der deutschen antiliberalen Tradition entstammt.
    Quelle: Jungle World
  14. Polens Königsmacher
    Trotz antisemitischer Haßtiraden und schärfster Beleidigung des Präsidenten – »Vater Rydzyk« bleibt an den Schalthebeln der medialen Macht.
    Quelle: Junge Welt
  15. »Der Einfluß der Kirche ist enorm«
    Polens Katholiken erhalten jährlich etwa 1,3 Milliarden Euro öffentlicher Gelder, auch von der EU. Ein Gespräch mit Jan Baranski.
    Quelle: Junge Welt


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