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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 20. September 2010 um 8:55 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Heute u. a. zu folgenden Themen: ein Manifest französischer Ökonomen, Demokraten fordern Haft für Goldman-Banker!, HartzIV: Rechnen, bis die Zahlen passen, Studie: “Rente mit 67 nicht vertretbar”, Lehrer von Migranten leben prekär, Anti-Atom-Demonstration mit Ausstrahlung. (KR)

  1. Warum wir in höchstem Maße bestürzt sind – ein Manifest französischer Ökonomen
  2. Strafverfolgung zur Finanzkrise in den USA: Demokraten fordern Haft für Goldman-Banker!
  3. HRE-Banker bekamen üppige Millionen-Boni
  4. HartzIV: Rechnen, bis die Zahlen passen
  5. Aufgeben statt aufstocken
  6. Deutschland im Herbst
  7. Studie: “Rente mit 67 nicht vertretbar”
  8. Sparwelle erfasst Bibliotheken: Abbau Buch
  9. Lehrer von Migranten leben prekär
  10. Anti-Atom-Demonstration mit Ausstrahlung
  11. Werbung im Think-Tank-Gehäuse
  12. Warnhinweise für Journalismus!
  13. Roma in Europa
  14. Deutschland verpasst Renaissance der Bahn
  15. Wagenknecht und Sinn im Streitgespräch
  16. Griechenland enttäuscht mit geringem Abbau des Defizits
  17. Ungarn will keine Obdachlosen in der Öffentlichkeit
  18. Billionen-Dollar-Loch in den US-Rentenkassen
  19. Das ultrakonservative Amerika: Gut gedüngte Graswurzeln
  20. Frankreich: Für Roma und Rente
  21. Das allerletzte: Merkel wirbt für private Krankenversicherung

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Warum wir in höchstem Maße bestürzt sind – ein Manifest französischer Ökonomen
    Die Weltwirtschaftskrise des Jahres 2008 schwächte die seit 30 Jahren vorherrschenden Denkschemata der Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht, die Vormachtstellung des Finanzsektors wurde nicht angetastet. Ganz im Gegenteil wurden in Europa die Staaten unter dem Druck europäischer und internationaler Institutionen zu verstärkten Reformen und strukturellen Anpassungen gezwungen. Diese hatten in der Vergangenheit verstärkt wirtschaftliche Instabilität und soziale Schieflagen gebracht.
    Übersetzt von NachDenkSeiten-Leser Gerhard Kilper.
    Quelle: Manifest frz. Ökonomen [PDF – 16 KB]
  2. Strafverfolgung zur Finanzkrise in den USA
    Prof. a.D. Dr. jur. Karl-Joachim Schmelz hat uns einen interessanten Text zum politischen Druck hinsichtlich der Strafverfolgung der Finanzkrisen-Täter in den USA übermittelt.„n den USA wurde extra ein Gesetz für diese Aktivitäten erlassen; dazu ein Zitat vorab:

    „Wie Sie vielleicht wissen, wurde “H.R. 3995, the Financial Crisis of 2008 Criminal Investigation and Prosecution Act” durch den Kongress verabschiedet, der die Strafverfolgungsbehörden dazu autorisiert, mehr Staatsanwälte einzustellen. Auch Direktor Mueller vom FBI hat die Autorität, rund 1.000 mehr Agenten sowie forensische Experten einzustellen, was ebenfalls für die SEC-Vorsitzende Mary Shapiro zutrifft, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun und die Kriminellen, die sich in unserem Finanzsystem tummeln, aufzuspüren.“

    So kann die Politik also auch mit den Dingen umgehen!
    Hier der Beitrag aus dem April 2010 aus „Wirtschaftsfacts.de“:
     
    Demokraten fordern Haft für Goldman-Banker!
    Führende Mitglieder der Demokraten im Repräsentantenhaus  setzen das US-Justizministerium unter Druck, um eine umfängliche strafrechtliche Untersuchung im Falle von Goldman Sachs einzuleiten, nachdem die Bank in der letzten Woche seitens der Börsenaufsichtsbehörde SEC auf Basis ziviler Betrugsfälle offiziell angeklagt wurde. Angeführt von der Abgeordneten Marcy Kaptur aus Ohio, ersuche die parlamentarische Gruppe weitere Mitglieder des Kongresses darum, einen Brief an Staatsanwalt Eric Holder mit zu unterzeichnen, um ihn um die sofortige Einleitung einer eigenen strafrechtlichen Untersuchung durch das Justizministerium zu bitten.
    Die Autorität und Macht des Ministeriums solle zu einer vollumfänglichen Aufklärung in Bezug auf die Betrugsvorwürfe führen, die der Großbank vorgeworfen werden. Bislang haben den Brief die demokratischen Abgeordneten Chris Carney aus Pennsylvania, Keith Ellison aus Minnesota, Raul Grijalva aus Arizona, John Lewis aus Georgia, Jim McDermott aus Washington sowie Diane Watson aus Kalifornien unterzeichnet. Das Progressive Change Campaign Committee kooperiere mit Marcy Kaptur, um weitere Mitglieder der Partei dazu zu ermuntern, den Brief zu unterschreiben und eine offizielle Strafrechtsklage ins Rollen zu bringen, die dem Kongress mitzuteilen imstande sei, dass keine Organisation in den USA “too big to jail” sei.
    Der entsprechende Brief an Staatsanwalt Eric Holder wurde von uns übersetzt.
    Quelle: Wirtschaftsfact.de

  3. HRE-Banker bekamen üppige Millionen-Boni
    Gerade erst beantragte die Skandalbank Hypo Real Estate weitere Staatsgarantien in Höhe von 40 Milliarden Euro – kurz zuvor verteilte Bankchefin Manuela Better nach SPIEGEL-Informationen üppige Boni an ihre Top-Leute. Für das Jahr 2009 erhielten diese 25 Millionen Euro.
    Die Münchner Krisenbank HRE hat vor kurzem an Mitarbeiter für das Jahr 2009 Boni in Höhe von 25 Millionen Euro gezahlt. Mitarbeiter der maroden Staatsbank hatten auf alte Zusagen gepocht und mit Klagen gedroht, obwohl ihr Arbeitgeber allein 2009 einen Verlust von 2,2 Milliarden Euro gemacht hat.
    Einige Banker haben nach SPIEGEL-Informationen mehr als eine Million Euro kassiert, während die Gehälter der Vorstände bei der Skandalbank HRE nach wie vor auf 500.000 Euro begrenzt sind.
    Mit diesen politisch brisanten Überweisungen machte HRE-Bankchefin Manuela Better ein Versprechen ihres Vorgängers Axel Wieandt wahr, der mit diesem Bonuspaket noch am Widerstand der staatlichen Kontrolleure gescheitert war.
    Kurz nach den Überweisungen musste die HRE-Chefin neue Staatsgarantien in Höhe von 40 Milliarden Euro beantragen.
    Quelle: Spiegel
  4. Rechnen, bis die Zahlen passen
    Mehr Transparenz bei der Berechnung der Hartz-IV-Sätze forderten die Verfassungsrichter. Die Regierung antwortet mit noch mehr Geheimniskrämerei.
    Ursula von der Leyen hat offenbar neue Sitten eingeführt im Arbeits- und Sozialministerium. »Da gilt jetzt das Gesetz des Schweigens«, schimpft ein altgedienter Sozialexperte. »Wie bei der Mafia.« Und bei der Bundesagentur für Arbeit wundert sich ein anderer: »Unterschreiben die ihre Verträge mit Blut?« Es ist eine ungewohnt bildhafte Sprache, die mancher Sozialbürokrat wählt, um die Arbeit seiner Kollegen in von der Leyens Beamtenapparat zu beschreiben. Doch die Irritation ist groß. In wenigen Wochen läuft die Frist ab, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Hartz-IV-Urteil gesetzt hat. Bis zum Jahresende muss die Regierung »in einem transparenten und sachgerechten Verfahren«, so die Richter, neu bestimmen, was ein Mensch zum Leben braucht und was somit knapp sieben Millionen Hartz-IV-Empfängern zusteht.
    Viel Zeit ist nicht mehr, von Transparenz aber keine Spur. Im Gegenteil: Mit so viel Geheimniskrämerei wie heute arbeitete bisher wohl noch keine Bundesregierung an der Entscheidung, was sie den Ärmsten im Lande zubilligen will. Nur ein kleiner Kreis im Ministerium tüftelt an Zahlen und Berechnungen. Einblick unerwünscht.
    Quelle: Zeit
  5. Aufgeben statt aufstocken
    Fazit zweier Regierungs-Gutachten: Die von der Bundesregierung geplante Veränderung bei den Hartz-IV-Hinzuverdienstregeln werden nach Einschätzung von Experten nur in geringem Maße dazu führen, dass Langzeitarbeitslose reguläre Vollzeitjobs aufnehmen.
    Quelle: FR
  6. Deutschland im Herbst
    Der kommende deutsche Herbst: er legitimiert weiteren Terror; er terrorisiert diejenigen, die sich einen schwachen Staat nicht leisten können – es ist Staatsterror im Namen der Mittelschicht zulasten der Armen.
    Quelle: Ad sinistram
  7. Studie: “Rente mit 67 nicht vertretbar”
    Ein neues Gutachten sorgt für Zündstoff in der Debatte um die Rente mit 67: Der Arbeitsmarkt gibt nicht genügend Jobs für Ältere her – weniger als zehn Prozent der 63-Jährigen stehen derzeit noch voll im Beruf, heißt es darin. Die sozialen Folgen sind gravierend.
    Quelle: SPIEGEL
  8. Sparwelle erfasst Bibliotheken: Abbau Buch
    Immer mehr Bibliotheken schlagen angesichts knapper Kassen Alarm. Schließungen, Etatkürzungen, Reduzierung des Angebots und schleichender Personalabbau werden zum täglichen Brot. Der Bildungsauftrag droht auf der Strecke zu bleiben. Die Politik verfolgt mit ihren Mittelkürzungen eine zweigleisige Strategie: Einerseits will sie in die Bildung investieren, andererseits beschneidet sie den Zugang dazu. Denn Bibliotheken sind wichtiger Bestandteil der Bildungsinfrastruktur von Städten und Gemeinden.
    Quelle: FAZ
  9. Lehrer von Migranten leben prekär
    Erschütternde Erkenntnisse: Dozenten hangeln sich von einer befristeten Stelle zur nächsten. Überstunden werden als selbstverständlich angesehen und nicht bezahlt. Die Arbeitsbedingungen sind nun im Schwarzbuch „Beschäftigung in der Weiterbildung“ nachzulesen.
    Quelle: FR
  10. Anti-Atom-Demonstration mit Ausstrahlung
    War es nur eine Demonstration – oder ein buntes Fest? Hunderttausend Menschen kamen ins Regierungsviertel, um „Nein“ zu sagen – zu einer Politik, von der sie sich übergangen fühlen. Und vorübergehend war die FDP-Zentrale nicht wiederzuerkennen.
    Quelle: Tagesspiegel
  11. Werbung im Think-Tank-Gehäuse
    “Berlinpolis”, wegen verdeckter PR für Unternehmen gerügt, ist aufgelöst – der Macher Daniel Dettling hat aber schon eine neue “Denkfabrik” gegründet.
    Quelle: Der Freitag
  12. Warnhinweise für Journalismus!
    Wenn es für alles mögliche Warnhinweise gibt – warum eigentlich nicht für Journalismus? Das fragte sich Tom Scott und entwickelte die “Journalism Warning Labels”.
    Quelle: Kirstin Marquardt
  13. Roma in Europa
    1. Heimatlos und ziellos
      Bulgarien verteidigt die Abschiebepraxis in Frankreich – und tut selbst wenig für seine größte Minderheit, die Roma. Ministerpräsident Boiko Borissov begründet seine Position mit seinen Erfahrungen als Bürgermeister der bulgarischen Hauptstadt Sofia: „Auch ich hatte Probleme mit Roma, die sich illegal niedergelassen haben, und ich kenne die Probleme der Bürger, die in der Nähe von Roma-Siedlungen wohnen.“ Rund zehn Prozent der 7,5 Millionen Bulgaren sind Roma, gemessen an der Gesamtbevölkerung hat das Land europaweit den höchsten Roma-Anteil. Viele Roma leben in slumartigen Siedlungen am Rande der Städte und Dörfer, oft sieht man sie mit Pferdekarren Wertstoffe transportieren, die sie in Mülltonnen gefunden haben. Eine politische Strategie zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Roma gibt es im Programm von Borissovs Partei „Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens“ (GERB) nicht. In dieser Frage unterscheidet er sich nicht von seinen Vorgängern. Bulgarien hat in den letzten zehn Jahren von der EU viele Millionen Euro für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Roma erhalten, doch sichtbare Resultate gibt es wenig.
      Quelle: Tagesspiegel
    2. Zurück ins Kosovo
      Auch Deutschland schickt Roma zurück in ihre Heimat, vor allem ins Kosovo, das jedoch nicht zur EU gehört. Laut Innenministerium wurden in diesem Jahr bis Ende Juli 102 Roma in den Kosovo ausgewiesen, im vergangenen Jahr waren es 76. Im April hatte die Regierung ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet, von dem insgesamt rund 12 000 Roma, Ashkali und Ägypter aus dem Kosovo betroffen sind. Fast die Hälfte ist laut einer Studie von Unicef minderjährig. Die meisten kennen das Kosovo nicht und sprechen weder albanisch noch serbisch.
      Quelle: Tagesspiegel
    3. Roma in Deutschland: Gefangen im Klischee vom Wohnwagen
      Vielfach hängt ihnen noch das Image an, eine abgeschottete Volksgruppe zu sein, die am liebsten mit dem Wohnwagen durchs Land tingelt – ein Zerrbild, wie das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung betont. Die Mehrheit der Roma in Europa ist demnach längst sesshaft, die Universität Graz schätzt den Anteil der dauerhaft Wandernden unter ihnen auf fünf Prozent. Deutsche Kommunen gehen immer mal wieder gegen kleinere Roma-Camps vor, die ohne Genehmigung ihre Wohnwagen abstellen, wie etwa im Mai in Potsdam. Größere Lager wie in Frankreich seien allerdings nicht bekannt, heißt es etwa aus den Innenministerien in Bayern und in Nordrhein-Westfalen, wo besonders viele Roma leben – schon gar keine, die man auflösen wolle.
      Dennoch lassen sich deutsche Roma im Schnitt als eher schlecht integriert bezeichnen. Laut einer Untersuchung des Berlin-Instituts brechen Roma-Kinder die Schule überdurchschnittlich oft ab, die Erwachsenen sind häufiger arbeitslos. Die Eltern hätten teilweise Vorurteile gegenüber deutschen Schulen und die Angst, dass ihre Kinder dort die Ursprungskultur verlören. Der Zentralrat der Sinti und Roma betont, dass seine Klientel bei Bewerbungen und in der Schule ausgegrenzt und benachteiligt würde. Er sieht die meisten dennoch als gut integriert an. Fest steht, dass es weiter Vorbehalte gegen diese Gruppe gibt. Laut einer Eurobarometer-Umfrage von 2008 würde sich jeder vierte Deutsche unwohl fühlen, wenn sein Nachbar Roma wäre.
      Quelle: SZ

      Anmerkung Orlando Pascheit: Die Abschiebung von ca. 8.500 Roma aus Deutschland in das Kosovo mag zwar nicht wie in Frankreich von der Regierung propagandistisch instrumentalisiert worden sein, aber Innenminister Thomas de Maizière Äußerung, Deutschland plane „keine Massenabschiebungen”, ist angesichts seiner Rede von einer “schrittweisen Rückführung” von jährlich bis zu 2500 Menschen eine eindeutige Verharmlosung.

  14. Deutschland verpasst Renaissance der Bahn
    Weltweit erlebt die Eisenbahn eine Renaissance. Hierzulande bremsen Sparzwang und Qualitätsmängel die Euphorie.
    Quelle: Tagsspiegel
  15. Wagenknecht und Sinn im Streitgespräch
    Sahra Wagenknecht und Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn: In Frankfurt treffen die Gegensätze bei einer Diskussion über die Finanzkrise zusammen – und entdecken dabei überraschende Gemeinsamkeiten.
    Quelle: SZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Die Positionen der beiden Protagonisten sind ja weitgehend bekannt. Leider blieb ein neoklassisches Standardargument Sinns unwidersprochen. Weil die Löhne in Südeuropa niedriger waren und weil nach Einführung des Euro die Zinsunterschiede wegfielen, sei das Kapital dorthin abgewandert. Das ist rein empirisch einfach Unsinn, die meisten Direktinvestitionen flossen immer noch in die hochentwickelten Volkswirtschaften der Eurozone und nicht in die Peripherie. So flossen im Jahre 2009 nach Frankreich Direktinvestitionen im Wert von 60 Mrd. USD, nach Spanien 15 Mrd., nach Portugal knapp 3 Mrd. und nach Griechenland etwas mehr als 3 Mrd. Der Gedanke, dass Kapital aus kapitalreichen Volkswirtschaften in kapitalarmen Ländern besser verzinst wird, zumal bei niedrigen Löhnen, mag modelltheoretisch plausibel erscheinen, ist aber wirklichkeitsfremd. So spielt beispielsweise die Größe eines Marktes eine wichtige Rolle oder bei hochwertigen Investitionen das hochqualifizierte Umfeld. Letzteres ist weder in Griechenland, Portugal oder auch Spanien gegeben. Leider verwenden viele Mainstreamökonomen in der Diskussion vulgarisierte, neoklassische Paradigmen, statt einmal einen Blick auf die reale Datenlage zu riskieren.

  16. Griechenland enttäuscht mit geringem Abbau des Defizits
    Sparkurs und Schuldenabbau haben Griechenland bei seiner Haushaltssanierung einen Rückschlag versetzt. Wegen geringerer Einnahmen mitten in einer tiefen Rezession liegt das Euro-Land inzwischen hinter seinen Zielen für den Defizitabbau in diesem Jahr zurück. Die Regierung beteuerte aber am Freitag, es handle sich nur um vorübergehende Belastungen. Griechenland werde seine Ziele zum Jahresende erreichen. Der Rückschlag in dem von EU und IWF finanziell gestützten Land setzte auch die anderen hochverschuldeten Euro-Staaten unter Druck. Portugal und Spanien erklärten, ihre Haushaltssanierung sei auf Kurs.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Mitte August wurde der Rückgang des Haushaltsdefizits im ersten Halbjahr um 39,7 Prozent als Erfolg gefeiert, jetzt sind 32,2 Prozent ein Misserfolg. Dabei sind das gewaltige Summen, die zwangsläufig zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung und damit zu Einnahmeverlusten des Staates führen müssen. In Griechenland wird nicht der Haushalt konsolidiert, sondern finden Streichorgien statt, die an Brüning gemahnen. Dabei wird in allen EU-Staaten gespart, ungetrübt von der doch mittlerweile alten Erkenntnis, dass der Staat sein Defizit durch Ausgabenkürzungen nur senken kann , wenn die anderen Sektoren, Unternehmen, Haushalte oder das Ausland zu einer Ausweitung ihrer Nachfrage bereit sind. – Leider könnte sich die Einschätzung  Griechenlands noch weiter verschlechtern, denn augenscheinlich ist das Ausmaß der Verlagerungen von Zahlungen in die Zukunft über komplizierte Derivate immer noch nicht zur Gänze bekannt. Eurostat-Funktionäre sollen zusammen mit Vertretern der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission in diesem Monat eine „solide Schätzung“ über das Gesamtausmaß der Schulden vorzunehmen, siehe Die Presse.

  17. Ungarn will keine Obdachlosen in der Öffentlichkeit
    Obdachlose stören das neue Image Ungarns, meinen Regierungsmitglieder.
    Die Innenstädte sollen deshalb von ihnen “gesäubert” werden.
    Quelle: WELT
  18. Billionen-Dollar-Loch in den US-Rentenkassen
    Laut einer Studie fehlen den Amerikaner 6,6 Billionen Dollar für die Altersversorgung, verantwortlich sind Verluste am Aktien- und Immobilienmarkt
    Quelle: Telepolis
  19. Das ultrakonservative Amerika: Gut gedüngte Graswurzeln
    Zwischen Chef-Etage und Tea Party entsteht ein neues Bild von Amerika: Die Reichen des Landes drängt es in die Politik. Sie nutzen dazu die diffuse Wut der Wähler. Und sie scheuen sich keineswegs, für ihren Kampf gegen Obama hohe Millionensumme in den politischen Ring zu werfen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung des NDS-Lesers B.M.: Verwiesen wird in dem Beitrag auf den höchst informativen Artikel im New Yorker vom 30.08.2010: „Covert Operations: The billionaire brothers who are waging a war against Obama“.

    Anmerkung Orlando Pascheit: Das im letzten Artikel angesprochene, sehr knappe Urteil des Supreme Court ermöglicht Firmen, die Wahlwerbung von unternehmensnahen Kandidaten für die Präsidentschaft oder den Kongress ohne Begrenzung finanziell zu unterstützen. Präsident Barack Obama kritisierte das Urteil wie folgt: “Der Supreme Court hat heute grünes Licht gegeben für einen neuen Ansturm von Lobby-Geld auf unsere Politik. Das ist ein großer Sieg für die großen Ölkonzerne, die Wall Street, die Versicherungskonzerne und andere mächtige Interessengruppen, die jeden Tag in Washington ihre Macht spielen lassen, um die Stimmen der normalen Amerikaner zu übertönen.”

  20. Frankreich: Für Roma und Rente
    Die Proteste gegen die Roma-Politik der französischen Regierung dauern an. Zugleich gingen hunderttausende Menschen gegen die angekündigte Rentenreform auf auf die Straße. Die Gewerkschaften planen weitere Mobilisierungen in den nächsten Wochen. Obwohl kleine Zugeständ­nisse gemacht worden sind, gilt die Reform als beschlossene Sache. Sie soll im Oktober im Eilverfahren verabschiedet werden.
    Quelle: Jungle World
  21. Das allerletzte: Merkel wirbt für private Krankenversicherung
    Quelle: PKV Verband der privaten Krankenversicherung e.V.


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