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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 18. August 2011 um 8:56 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Heute u. a. zu folgenden Themen: Euro-Krise, Englands Staatskrise, Steuerabkommen mit der Schweiz, Rot-Grüne macht Kasse, Schirrmacher, Überwachung der Linken, Miniwachstum, hohe Wechselkurs des Schweizer Franken, Fitch widerspricht S&P, Börsensturz wirft Pensionskassen in Unterdeckung zurück, Hungersnot am Horn von Afrika, Europa fischt unser Meer leer, Söldner sollen deutsche Schiffe schützen, Umgang mit Ausländern in Bayreuth, Studium kann von der Steuer abgesetzt werden, INSM-Bildungsmonitor, wenn Pflege zum Risiko wird, Fukushima, Ude als Spitzenkandidat, das Letzte. (RS/WL)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Euro-Krise
  2. Englands Staatskrise
  3. Steuerabkommen mit der Schweiz
  4. ARD-exclusiv: Rot-Grün macht Kasse
  5. Kommentare zu Frank Schirrmacher
  6. »Diese Typen lassen sich nicht in die Karten schauen«
  7. Miniwachstum: Kurzer Traum vom Boom
  8. Schweizer Notenbank will teuren Franken schwächen
  9. USA behalten AAA-Rating – Fitch widerspricht Standard & Poor`s
  10. Börsensturz wirft Pensionskassen in Unterdeckung zurück
  11. Horn von Afrika: Hohe Nahrungsmittelpreise verschlimmern die Hungersnot
  12. Europa fischt unser Meer leer
  13. Schwerbewaffnete Söldner sollen deutsche Schiffe schützen
  14. Umstrittener Umgang mit Ausländern in Bayreuth
  15. Urteil des Bundesfinanzhofs: Studium kann von der Steuer abgesetzt werden
  16. INSM-Bildungsmonitor: Eine Studie für Unternehmer
  17. Beatmungspatienten: Wenn Pflege zum Risiko wird
  18. Fukushima: radioaktiver Schwefel kam bis nach Kalifornien
  19. Franz Maget über Ude als Spitzenkandidat: Die CSU ist schockiert – und selber schuld
  20. Das Letzte: Ehre, wem Ehre gebührt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Euro-Krise
    1. Der Schweizer Soziologe Jean Ziegler über die Euro-Krise im Nachtmagazin
      Quelle: Tagesschau
    2. “Dringend notwendig, einmal die Staaten von den Finanzmärkten abzukoppeln”
      Oskar Lafontaine im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann
      Oskar Lafontaine erinnert daran, dass die Linke bereits vor einigen Jahren Euro-Bonds vorgeschlagen hat. Damals habe die Regierung das abgelehnt. Doch “das ist eben jetzt eine ganz neue Situation”.
      Quelle: Deutschlandradio
    3. Die Kosten der Eurobonds: Das große Horrorszenario
      Das Münchener Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo behauptet, Eurobonds könnten für Deutschland teuer werden – bis zu 47 Milliarden Euro jährlich. Die Schätzungen des Ifo-Instituts zu den Kosten der Eurobonds sind fragwürdig.
      Wie falsch das Ifo-Institut mit seinen Einschätzungen zuweilen liegt, zeigte sich gleich zu Beginn der Veranstaltung. Mehr als 70 Journalisten drängten sich in den Saal im Haus der Bundespressekonferenz, um der Präsentation des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts zum Thema Eurobonds beizuwohnen. Der Raum ist allerdings nur für 30 Personen konzipiert.
      Quelle: taz
    4. Merkel und Sarkozy: zwei Staatschefs, ein Problem
      Was ist schlimmer: ein Absturz der Wirtschaft oder eine hohe Staatsverschuldung? Diese Frage stellt sich nicht abstrakt, sondern beschreibt die Alternative, mit der Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy derzeit konfrontiert sind. Denn in beiden Ländern hat die Wirtschaft eine Vollbremsung hingelegt. In normalen Zeiten würde jetzt keine Regierung sparen oder eine “Schuldenbremse” debattieren. Denn jede Wirtschaft leidet, wenn der Staat seine Ausgaben kürzt. Doch es sind keine normalen Zeiten. Die Staatsverschuldung in Frankreich und in Deutschland liegt bei über 80 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist vielen Bürgern unheimlich.
      Muss man also bedingungslos sparen, auch wenn dies die Wirtschaft in den Absturz treibt? Bloß nicht! Es wäre Wahnsinn, jetzt eine Rezession zu riskieren. Denn die Staatsschulden würden dann nicht etwa sinken – sondern sogar noch weitersteigen. Und was ist mit dem Staatsbankrott? Eine Regierung kann doch nicht permanent Schulden machen! Stimmt. Aber deswegen muss sie noch lange nicht die Ausgaben kürzen. Effizienter wäre es, die Einnahmen zu erhöhen. So könnte der Spitzensteuersatz von derzeit 42 Prozent ruhig wieder steigen. Unter Helmut Kohl lag der bei 53 Prozent – und der Exkanzler war nicht gerade als Sozialist bekannt. Gerecht wäre es außerdem. Die Vermögenden haben den Staat schließlich wie eine Versicherung benutzt, die in der Finanzkrise ihren Besitz abzusichern hatte, indem Rettungspakete für Banken und Wirtschaft aufgelegt wurden.
      Quelle: taz
  2. Englands Staatskrise
    1. Die Krawalle in Großbritannien waren vorhersehbar
      Ungezügelter Kapitalismus, Gentrifizierung, die Ermunterung, über die eigenen Verhältnisse zu leben: R. Atkinson und S. Parker über die Ursachen der Unruhen in England
      Quelle: ZEIT Online
    2. Der natürliche Mensch in Tottenham
      Großbritannien als eine Gesellschaft ohne Vertrag: Der neue Große Brand von London brach aus, weil der Staat keinen Schutz mehr bietet und darum keinen Gehorsam mehr erfährt.
      Quelle: FAZ
    3. Cameron spielt für die Galerie
      Zuerst versagte die englische Polizei, als sie nach der Erschießung eines mutmaßlichen Drogenhändlers Lügen über einen Schusswechsel verbreitete. Nun versagt die Politik. Premierminister David Cameron ruft “Null Toleranz” aus, heuert einen Berater aus den USA an und sagt den “verlogenen Menschenrechtsgesetzen” den Kampf an. Das ist blinder Aktionismus. Demnächst wird das Unterhaus darüber debattieren müssen, ob den Krawallmachern der vorigen Woche die Sozialhilfe gestrichen werden soll. Cameron spricht von “kranken Teilen der Gesellschaft” und verspricht Heilung, indem man die “kriminellen Elemente” lange wegsperrt.
      Wer aber sind “kriminelle Elemente”? Abgeordnete, die durch Gesetze die Grundlagen für Recht und Ordnung schaffen sollen, haben bei ihren Spesenabrechnungen betrogen. Polizisten, die Recht und Ordnung durchsetzen sollen, haben sich bestechen lassen. Und die Boulevardzeitungen von Rupert Murdoch, die stets am lautesten nach Recht und Ordnung rufen, haben illegal Telefone angezapft. Für all diese Täter hatte das kaum nennenswerte Konsequenzen. Nun aber wird eine Frau wegen ein paar gestohlener Shorts für fünf Monate ins Gefängnis gesteckt. Eine andere Frau soll in Sippenhaft genommen und aus ihrer Wohnung geworfen werden, weil ihr Sohn bei den Krawallen mitgemischt hat. Wenn man solch ungleiche Maßstäbe anlegt, darf man sich nicht wundern, wenn es bald wieder zu Unruhen kommt.
      Quelle: taz

      Anmerkung Orlando Pascheit: Vor allem aber, wo bleiben die Verursacher der großen Krise, die auch für die klamme Staatskasse in Großbritannien verantwortlich sind. Nur weil kaum irgendwelche Strafverfahren gegen die Profiteure der Krise laufen, bleiben sie doch die wirklich Kriminellen. Sie fahren ganze Staaten an die Wand und reden uns heute ein, die Reparaturkosten wären ein Schuldenproblem der Staaten. Sie wollen nichts damit zu tun haben, dass durch ihr kriminelles Verhalten, heute allerorten Sparprogramme gefahren werden müssen, die u.a. den Gestaltungsraum einer schon recht knickrigen Politik in den sozialen Brennpunkten unserer Städte noch weiter einschränkt.
      In den USA müssen die Verantwortlichen zumindest öffentlich Stellung beziehen, auch wenn sie sich dann in den Verfahren freikaufen können – angeblich weil der konkrete Schuldnachweis zu schwierig und zu langwierig sie. Dabei wissen wir doch alle, wie es begonnen hat: Finanzinstitute versprachen “Anlegern” mit hochkomplexen Papieren Gewinne, ohne ausreichend über die Risiken zu informieren bzw. indem sie diese verschleierten. Und als der Zusammenbruch des Marktes abzusehen war, wurden diese Risikopapiere weniger Informierten angedreht und gleichzeitig auf einen Verfall dieser Papiere gewettet, so z.B. die Deutsche Bank. War da nicht einmal die Rede davon, die Entsorgung ihrer Schrottpapiere bei der IKB zu untersuchen? Stattdessen durfte Josef Ackermann nach dem von ihm selbst (!)ausgelösten Alarm der Regierung Bankenrettungspläne vorlegen, für die ihm die großen Finanzinstitute dieses Globus speziell im Falle der HRE ewig dankbar sein werden. Und, Frau Merkel, es ging nie um den kleinen Sparer. Den hätten sie billiger absichern können. Nehmen wir einmal zu ihren Gunsten an, dass die Politik nicht merkte, wie sie vor den Karren des Finanzkapitals gespannt wurde, so bleibt es dennoch beim heutigen Kenntnisstand höchst unredlich, Randalierer und Straßenplünderer als “kriminelle Elemente” abzutun oder wie in UK zu Höchststrafen zu verdonnern, wenn die Plünderer ganzer Volkswirtschaften außerhalb bzw. über dem Gesetzes stehen.

      Passend dazu:

  3. Steuerabkommen mit der Schweiz
    1. Amnestie für Steuerbetrüger – Und weiter lockt die Schweiz
      Im Oktober 2010 feierten die Regierungen in Berlin und Bern noch optimistisch die Aufnahme von Verhandlungen für ein Schwarzgeld-Besteuerungs- Abkommen zwischen der Schweiz und Deutschland. 100 Milliarden Euro sollen wohlhabende Deutsche noch heute bei Schweizer Banken versteckt haben, schätzen Steuerfahnder. Das Abkommen, das am 10. August paraphiert wurde, fällt jedoch schlecht für den deutschen Fiskus aus, schont die Steuerflüchtlinge.
      Quelle: Frontal21
    2. «Das macht jeden ehrlichen Steuerbürger wütend»
      Der deutsche Steuer- und Finanzexperte Sven Giegold ist Abgeordneter der Grünen im Europaparlament. Der Mitbegründer von Attac Deutschland übt scharfe Kritik am Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland.
      Quelle: Schweizer Wochenzeitung

      Anmerkung RS: Fragt sich immer noch, warum der Abgeltungssteuersatz unterhalb des Spitzensteuersatzes liegen soll. Das ist nichts anderes, als eine Subvention für Steuerbetrüger.

      Ebenfalls passend dazu:

  4. ARD-exclusiv: Rot-Grün macht Kasse
    Gerd Schröder arbeitet für Gazprom, Joschka Fischer für die Konkurrenz. Große Autos bedeuten ihm viel und Fischer legt Wert auf Statussymbole, erklärt dessen alter Sponti-Kumpel Daniel Cohn-Bendit öffentlich. Lockte das auch den ehemaligen grünen Staatssekretär Matthias Berninger aus dem Verbraucherschutzministerium ausgerechnet zum Schokoriegel-Multi “Mars”? Und war das der Grund, warum die frühere SPD-Gesundheitsministerin aus NRW, Birgit Fischer, “oberste deutsche Pharmalobbyistin” wurde?
    Es gibt gleich eine ganze Reihe rot-grüner Ex-Politiker, die ihre alten Berührungsängste lukrativ überwunden haben – mit teilweise bizarren Wandlungen. Christoph Lütgert und sein Team durchleuchten in “ARD-exclusiv” das rot-grüne Business-Geflecht und müssen feststellen: Die Nähe von Politik und Wirtschaft war selten größer.
    Quelle 1: ARD – Text
    Quelle 2: ARD – Video
  5. Kommentare zu Frank Schirrmacher
    1. Linke Kritik resozialisiert
      “Ein Jahrzehnt enthemmter Finanzmarktökonomie“ schrieb FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher in der FAS, „entpuppt sich als das erfolgreichste Resozialisierungsprogramm linker Gesellschaftskritik“. Ein starker erster Satz, dem er unter Bezugnahme auf den konservativen britischen Publizisten Charles Moore eine Fundamentalkritik an der Politik der letzten Jahrzehnte folgen ließ.
      Quelle: FR

      Anmerkung unseres Lesers G.K.: FR-Kommentator Harry Nutt tituliert die NachDenkSeiten als “linkes Forum”, unterschlägt jedoch, daß der von ihm zitierte Historiker Paul Nolte im rechtskonservativ-neoliberalen Spektrum angesiedelt ist. Zudem erweckt Harry Nutt den Eindruck, auch Josef Fuchs von der Seite Wir in NRW Blog äußere sich im Hinblick auf die aktuelle Kritik des FAZ-Herausgebers Frank Schirrmacher am politischen Konservatismus eher negativ. Dies ist jedoch mitnichten der Fall. Im Beitrag von Josef Fuchs heißt es ganz unmissverständlich:

      „Ein Bundespräsident aus dem bürgerlichen Lager“, schreibt Schirrmacher, „von dem man sich ständig fragt, warum er unbedingt Bundespräsident werden wollte, schweigt zur größten Krise Europas, als glaube er selbst schon nicht mehr an die Rede, die er dann halten muss“. Allein aus diesem Zitat spricht die ganze Verachtung und Enttäuschung, die Schirrmacher für die führenden Repräsentanten des Konservativismus noch übrig zu haben scheint. Ihm muss – angestoßen durch den britischen Publizisten und ehemaligen Thatcheristen Charles Moore – dämmern, von einer Politik verladen worden zu sein, die den Banken unter der Formel der Globalisierung die Freiheit gegeben hat, weltweit Gewinne zu machen und sich zu Hause die Verluste von den Steuerzahlern finanzieren zu lassen.

      Möchte die “linksliberale” Frankfurter Rundschau im Hinblick auf äeine kritische Bestandsaufnahme des politischen Konservatismus den FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher tatsächlich rechts überholen? Hätte der FR-Kommentator Nutt darauf hingewiesen, daß die von Frank Schirrmacher geäußerte Kritik auch auf die FDP sowie auf Teile von SPD und Grünen zutrifft, dann hätte sein Kommentar immerhin einen “Mehrwert” aufzuweisen gehabt.

    2. Von Bürgern, Linken und Wutbürgern
      von Harry Nutt
      Ein Jahrzehnt enthemmter Finanzmarktökonomie” schrieb FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher in der Sonntagszeitung seines Blattes, “entpuppt sich als das erfolgreichste Resozialisierungsprogramm linker Gesellschaftskritik.” Ein starker erster Satz, dem er unter Bezugnahme auf den konservativen britischen Publizisten Charles Moore eine Fundamentalkritik an der bürgerlichen Politik der letzten Jahrzehnte folgen ließ. “Es war ja nicht so, dass der Neoliberalismus wie eine Gehirnwäsche über die Gesellschaft kam. Er bediente sich im imaginativen Depot des bürgerlichen Denkens: Freiheit, Autonomie, Selbstbestimmung bei gleichzeitiger Achtung von individuellen Werten, die Chance, zu werden, wer man werden will, bei gleichzeitiger Zähmung des Staates und seiner Allmacht. Und gleichzeitig lieferte ihm die CDU ihren größten Wert aus: die Legitimation durch die Erben Ludwig Erhards, das Versprechen, dass Globalisierung ein Evolutionsprodukt der sozialen Marktwirtschaft wird. Ludwig Erhard plus AIG plus Lehman plus bürgerliche Werte – das ist wahrhaft eine Killerapplikation gewesen.”
      Quelle: Berlinonline
    3. TV-Tip: Hat die Linke doch recht?
      Sendung am Donnerstag, 18.08.2011, 17.05 bis 17.50 Uhr
      Wie der Kapitalismus Werte zerstört
      Es diskutieren:
      Prof. Dr. Elmar Altvater, Politikwissenschaftler und Ökonom, Freie Universität Berlin
      Prof. Dr. Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts
      Gesprächsleitung: Eggert Blum
      Die Banken reißen die auf dem globalen Finanzmarkt erzielten Gewinne an sich und verteilen die Verluste auf die Steuerzahler aller Länder – sagt kein Linker, sondern der Thatcher-Biograph Charles Moore, bis vor kurzem ein neoliberaler Hardliner. Mit anderen Worten: Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert, die alte These der Linken. FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher greift sie auf und erklärt: Die Konservativen hätten die klassischen bürgerlichen Werte Freiheit, Autonomie, Selbstbestimmung an die Neoliberalen verraten und eine “Verhunzung und Zertrümmerung” ihrer Ideale durch die Finanzmärkte zugelassen. Zerstört die Finanz- und Schuldenkrise am Ende die Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft – weil der Markt unregulierbar alles regiert? Hat die Linke somit seit langem prognostiziert, was Andere jetzt zugeben müssen?
      Quelle: SWR2
  6. »Diese Typen lassen sich nicht in die Karten schauen«
    Steuerfrei Freunde bespitzeln: Linke Aktivisten in Freiburg lehnten unmoralisches Angebot des Staates ab. Ein Gespräch mit Peter Müller
    Quelle: junge Welt
  7. Miniwachstum: Kurzer Traum vom Boom
    Die frühen BIP-Zahlen des Statistischen Bundesamts sind immer mit Vorsicht zu genießen. Ob die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal tatsächlich um 0,1 Prozent gewachsen ist oder nicht doch näher an den prognostizierten 0,4 Prozent liegt, wird erst dann feststehen, wenn sich niemand mehr wirklich dafür interessiert. Aber die Tendenz ist klar: Die Konjunktur schwächelt, Europas Lokomotive verliert Tempo. Trotz höherer Beschäftigung wird summa summarum weniger Geld ausgegeben. Dafür gibt es maßgeblich zwei Gründe. Zum einen sind die Verbraucher nicht so recht in Stimmung. Angst vor Inflation und die ständigen Hiobsbotschaften zur Euro-Krise haben sie verunsichert und zur Kaufzurückhaltung animiert. Zum anderen haben viele Deutsche nicht so viel im Portemonnaie, dass sie unbekümmert shoppen können. Die Reallöhne sind eben trotz des Booms nicht gestiegen; und unter den neu geschaffenen Stellen sind viele unsichere Zeitarbeitsjobs. Daran krankt der Konsum. Deutschland braucht deshalb im Augenblick kein neues staatliches Konjunkturprogramm à la Abwrackprämie. Den Bürgern wäre schon geholfen, wenn sie angemessener an den fetten Gewinnen der Unternehmen beteiligt werden und die Löhne kräftiger steigen. Und sie wären ausgabefreudiger, hätten sie die Gewissheit, dass ihnen der Euro nicht bald unter den Händen wegbricht und die Euro-Zone in eine Rezession stürzt.
    Quelle: FTD
  8. Schweizer Notenbank will teuren Franken schwächen
    Um den Kurs des Schweizer Franken abzuwerten, hat die Nationalbank erneut mehr Geld in Umlauf gebracht. Doch an den Märkten bewirkte die Maßnahme das Gegenteil.
    Quelle: ZEIT Online
  9. USA behalten AAA-Rating – Fitch widerspricht Standard & Poor`s
    Die Ratingagentur Fitch bestätigt die einwandfreie Kreditwürdigkeit der USA, auch der Ausblick für die Zukunft sei stabil. Die Analysten loben die gut aufgestellte US-Wirtschaft. Damit widersprechen sie dem Wettbewerber Standard & Poor’s, der mit der Abwertung der Vereinigten Staaten politisches Erdbeben ausgelöst hatte.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  10. Börsensturz wirft Pensionskassen in Unterdeckung zurück
    Die jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten dürften den Pensionskassen in der Schweiz heftig zugesetzt haben. Die Anlagegesellschaft Swisscanto geht davon aus, dass viele Vorsorgeeinrichtungen in die Unterdeckung gefallen sind.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Auch in dieser Meldung wird wieder einmal die internationale Schuldenkrise als Ursache für die Kursstürze an den Aktien- und Devisenmärkten genannt. Tatsächlich ist der Schuldenkrise nur die Kehrseite der Finanzkrise, die immer noch nicht bewältigt worden ist. Bereits 2008 haben die NachDenkSeiten auf die Schwäche der kapitalgedeckten Säulen des Schweizer Rentensystems hingewiesen.

  11. Horn von Afrika: Hohe Nahrungsmittelpreise verschlimmern die Hungersnot
    Die Preise für lokal angebaute Grundnahrungsmittel sind am Horn von Afrika zuletzt dramatisch gestiegen. Damit wird sich die Hungerkatastrophe weiter verschlimmern, warnt die Weltbank. Die Organisation „Luftfahrt ohne Grenzen“ plant weitere Hilfsflüge.
    Quelle: FR
  12. Europa fischt unser Meer leer
    Der senegalesische Kleinfischerfunktionär Gueye beklagt Piraterie durch europäische Fischkonzerne. Die Bevölkerung vor Ort habe nun nicht genug Nahrung: “Die von den großen Flotten überfischten, küstennahen Schwarmfische sind für uns ein Grundnahrungsmittel. Die UN-Ernährungsorganisation FAO hat kürzlich darauf hingewiesen, dass ihr Schwund die Nahrungsmittelversorgung in Westafrika ernsthaft bedroht.”
    Quelle: taz
  13. Schwerbewaffnete Söldner sollen deutsche Schiffe schützen
    Somalische Seeräuber gefährden den Welthandel – die Bundesregierung arbeitet deshalb an einem neuen Konzept für den Schutz deutscher Schiffe: Einsätze privater Sicherheitsfirmen sollen erleichtert werden, auch mit schweren Waffen. […]
    Bereits vor Monaten hatte die Bundesregierung eine Kommission aus Experten mehrerer Ministerien gebildet, die intensiv mit den deutschen Reedern verhandelt. Seit Jahren verlangen die Reeder einen besseren Schutz deutscher Schiffe, lange schwebte ihnen die temporäre Stationierung von Soldaten oder Polizisten auf den Tankern und Containerschiffen vor. Den Einsatz privater Sicherheitsfirmen lehnten die Reeder lange ab, da sie die Kosten für Söldner auf den Schiffen scheuten. Zudem wären diese nicht befugt, schwere Waffen an Bord zu bringen.
    Genau an diesem Punkt will die Koalition nun ansetzen. Im Gespräch sind neue Regelungen im Waffenrecht, die den Einsatz von Sicherheitsfirmen mit schweren Waffen ermöglichen soll. Da die weltweit agierenden Agenturen – etwa die Nachfolgerfirma des skandalumwitterten US-Unternehmens Blackwater oder die Firma Dyncorps – jedoch undurchschaubar und schwer kontrollierbar sind, will die Bundesregierung bei der Auswahl der Firmen ein Mitspracherecht haben.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Diese Meldung ist an Absurdität kaum zu übertreffen. Mehr als 3.000 der rund 3.600 Schiffe deutscher Reeder fahren nicht unter der deutschen Flagge, da man keine Steuern an den deutschen Staat abführen will und mit Billigflaggen Arbeitnehmerschutzrechte, Tariflöhne und Sicherheitsauflagen außer Kraft gesetzt werden. Nach internationalem Recht sind die Containerschiffe und Tanker, um die es hier geht, Hoheitsgebiet dieser Billigflaggenstaaten. Für die Frage, ob Söldner ihren Dienst an Bord dieser Schiffe ausüben dürfen, sind somit so schillernde Staaten wie Liberia, Antigua und Barbuda, die Marschall-Inseln oder Belize zuständig. Der Umstand, dass sich Berlin über diese glasklaren Zuständigkeiten hinwegsetzt, ist nicht weniger als ein eklatanter Bruch des Völkerrechts – anstatt dafür Sorge zu tragen, dass deutsche Reeder ihre Schiffe wieder unter deutscher Flagge fahren lassen, unterstützt Berlin die Steuerflucht der Branche.
    Zum Thema: “Milliarden-Subventionen ohne Gegenleistung” und “Wer sind hier eigentlich die Piraten?”

  14. Umstrittener Umgang mit Ausländern in Bayreuth
    Das Ausländeramt in Bayreuth steht massiv in der Kritik. Ausländische Studenten, Doktoranden und Wissenschaftler klagen über Schikanen. Von einem rüden Ton ist die Rede, von willkürlichen Fristsetzungen und sogar von verzögerten oder verweigerten Aufenthaltsgenehmigungen. An der Universität will man nun mit einer Studie den Problemen auf den Grund gehen.
    Quelle: MDR
  15. Urteil des Bundesfinanzhofs: Studium kann von der Steuer abgesetzt werden
    Miete, Studiengebühren, Büchergeld: Studenten können die Kosten ihrer Ausbildung in Zukunft leichter steuerlich geltend machen. Dem Staat drohen nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs damit Steuerausfälle in Milliardenhöhe.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  16. INSM-Bildungsmonitor: Eine Studie für Unternehmer
    »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft« reduziert Bildung auf ökonomische Sichtweise
    Der »Bildungsmonitor 2011« erhebt wie seine Vorgänger den Anspruch, die Bildungssysteme der 16 Bundesländer wissenschaftlich zu untersuchen und nach ihrer Leistungsfähigkeit zu bewerten. Doch wie aussagekräftig sind die Ergebnisse wirklich?
    Gibt es durch Wettbewerb eine bessere Bildung? Für die INSM ist die Antwort einfach. Mehr Wettbewerb in der Bildung schaffe mehr Qualität; mehr Qualität sorge für besser ausgebildete Fachkräfte; durch besser ausgebildete Fachkräfte wachse die deutsche Wirtschaft. Wettbewerb, so die Logik dieses Arguments, kennt keine Verlierer, sondern nur Gewinner. Ausgerechnet im Bildungsbereich soll Wettbewerb also zu anderen Ergebnissen führen als im Wirtschaftssystem? Bereits an dieser Argumentation der INSM zeigt sich: Die Denkfabrik der Unternehmer betreibt mehr Ideologie denn Wissenschaft…
    Die mögliche Interessenleitung werde aber kaum öffentlich diskutiert. Diese Interessenleitung ergebe sich aber schon durch den »normativen Grundsatz« des Bildungsmonitors. »Haushaltskonsolidierung« sei der wichtigste »Wachstumstreiber«, heißt es beispielsweise in der Einleitung der Studie aus dem letzten Jahr.
    In der öffentlichen Debatte wird zudem meist ignoriert, dass der Bildungsmonitor lediglich eine »ökonomische Sicht« auf die Bildungssysteme der Bundesländer einnimmt. Mittel dazu ist das sogenannte Benchmarking, eine Methode, die Betriebswirtschaftlern dazu dient, ein Unternehmen so zu optimieren, dass es zum »Marktführer« aufschließt. Übertragen auf den Bildungssektor heißt dies, dass mittels Benchmarking ein Wettbewerb zwischen den Bundesländern angestoßen werden soll.
    Das Problem ist, dass die Öffentlichkeit mit Zuschreibungen wie »bestes Bildungssystem« eine pädagogische Leistungsfähigkeit assoziiert, die aber überhaupt nicht Gegenstand des Bildungsmonitors ist.
    Quelle: Neues Deutschland

    Anmerkung WL: Siehe dazu nochmals Black Box Bildungsmonitor? Ein Blick hinter den Reiz des Rankings.

  17. Beatmungspatienten: Wenn Pflege zum Risiko wird
    In Deutschland gibt es Tausende Menschen, die nicht mehr selbstständig atmen können und deshalb auf Maschinen angewiesen sind. Auf der Intensivstation können die Betroffenen nur so lange bleiben, bis die akute Notfallbehandlung abgeschlossen ist. Spezielle Pflegeheime für sie gibt es kaum. Private Pflegedienste haben die Lücke erkannt und bringen die sogenannten Beatmungspatienten in Wohngemeinschaften unter. Weil dabei keine verbindlichen Standards für das Pflegepersonal gelten, kommt es immer wieder zu gravierenden Pflegemängeln.
    Quelle: MDR
  18. Fukushima: radioaktiver Schwefel kam bis nach Kalifornien
    Forscher ermitteln Schwefelentstehung und Neutronenemission aus havarierten Reaktoren
    Quelle: scinexx
  19. Franz Maget über Ude als Spitzenkandidat: Die CSU ist schockiert – und selber schuld
    Landtagsvizepräsident Franz Maget weiß, was es bedeutet, für die Bayern-SPD als Spitzenkandidat in eine Wahl zu ziehen. Im Interview spricht der Vertraute von Münchens Oberbürgermeister über das plötzliche Interesse Udes an einer Kandidatur, wie sich die Debatte um die dritte Startbahn am Münchner Flughafen im Wahlkampf auswirken könnte – und welche Rolle Udes Frau Edith spielt.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  20. Das Letzte: Ehre, wem Ehre gebührt
    Die Bild-Zeitung hat für ihre Serie „Geheimakte Griechenland“ („So haben uns die Griechen reingelegt“) den Herbert-Quandt-Medienpreis erhalten. Nun ist die Empörung groß. „Unfassbar“ meint etwa Wolfgang Storz im Freitag und fragt: „Zählt differenzierte Berichterstattung gar nichts mehr?“ Als wenn es bei dem, was man in Deutschland unter Wirtschaftsjournalismus versteht, darauf ankäme. Nein, Bild hat sich diesen Preis redlich verdient. Denn verliehen wird er „im Gedenken an die Persönlichkeit und das Lebenswerk des Unternehmers Herbert Quandt“. – Als Junior war Herbert Quandt unter der Führung seines Vaters Günther mitverantwortlich für die Leitung eines der wichtigsten Rüstungsbetriebe im Nationalsozialismus. Selbstverständlich wurden Zwangsarbeiter eingesetzt, es gab sogar ein firmeneigenes KZ. Was wäre besser geeignet als die Bild-Berichterstattung über Griechenland, um zu beweisen, dass Quandts „Überzeugungen und Werte bis heute Gültigkeit haben“?
    Quelle: Jungle World


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