NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Hinweise des Tages

Datum: 8. September 2008 um 8:23 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/AM)
Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Das letzte Aufgebot: Steinmeier
  • CDU und Staatsquote
  • Hartz-Hatz
  • Investoren in Deutschland
  • Bund plündert BA
  • Manifest zur Grundversorgung in der Netzgesellschaft
  • Bachelor und Master: Professoren-Lobby springt auf die Bremse
  • Italien: Vormacht der Rechten – Ohnmacht der Linken
  • Palin spricht mit Gott
  • Atomdeal mit Indien
  • Pakistan: Ein Volk verzweifelt

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Steinmeier
    • SPD-Wahlkampf: Steinmeier will mit Wirtschaft punkten
      Er soll es werden – jetzt prescht der designierte Kanzlerkandidat vor: Einem Zeitungsbericht zufolge will Steinmeier eine halbe Million Arbeitsplätze in zukunftsträchtigen Branchen schaffen. Auch in der Bildungs- und Steuerpolitik soll sich einiges ändern.
      Quelle: FTD

      Anmerkung des NDS-Unterstützers K.F.: Eine wirtschaftsfreundlichere Politik: Darauf haben die SPD-Wähler schon lange gewartet.

    • Das letzte Aufgebot
      Beck ist weg. Das Vorsitzenden-Karussell der SPD bleibt wieder vor Müntefering stehen. Steinmeier tritt ein Himmelfahrtskommando an. Für Lafontaine muss das alles die reine Freude sein.
      Quelle: FAZ

      Anmerkung KR: Es gelingt der FAZ nicht, sich der Polemik gegen Ypsilanti und Lafontaine zu enthalten. Davon abgesehen zutreffend.

  2. Merkel fordert CDU-Grundsatzentscheidung über Staatsquote
    Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert von der CDU ein Jahr vor der Bundestagswahl eine Grundsatzentscheidung über die künftigen Aufgaben des Staates.
    Man könne nicht weniger Steuern und Abgaben und zugleich mehr Ausgaben für Bildung, Forschung und Infrastruktur versprechen, sagte die CDU-Chefin am Freitag vor rund 160 Kreisvorsitzenden ihrer Partei in Berlin. Auch ihre Haltung zur weiteren Senkung der Staatsquote solle die Partei überdenken.
    Bislang gilt für CDU und CSU als erklärtes Ziel, den Anteil der staatlichen Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt auf unter 40 Prozent zu senken. Die CDU müsse angesichts der widerstreitenden Interessen fragen, wie viele Aufgaben der Staat übernehmen solle, sagte Merkel. “Die Staatsquote war in Deutschland mal an die 48 Prozent. Wir sind jetzt unter 44 Prozent. Wieweit soll die Staatsquote sinken?” Die Wirtschaft hatte erst im Juni gefordert, mittelfristig die öffentlichen Ausgaben auf 35 Prozent zu senken, um so bei dn Steuern einen zweistelligen Milliardenbetrag zu sparen.
    Quelle: REUTERS

    Anmerkung: Immerhin ein erster Ansatz des Nachdenkens. Zum Hintergrund verweisen wir auf Denkfehler 36: “Der Staat ist zu fett geworden.”.

  3. Hartz-Hatz
    • Die Hatz wird forciert
      Der Chemnitzer Wirtschaftsprofessor Friedrich Thießen, Co-Autor der Studie, in der ein Hartz-IV-Regelsatz von 132 bis 278 Euro für ausreichend erklärt worden war, hat seine Aussagen am Wochenende verteidigt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Studie im gleichen Blatt von ihrem Sprecher als »unverantwortlich« bezeichnen lassen und eine Kürzung des Regelsatzes abgelehnt.
      Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, nahm hingegen die Argumentation der Chemnitzer »Wissenschaftler« auf und behauptete, die Erwerbslosigkeit werde bei geringeren Sozialleistungen sinken. »Bei einem niedrigeren Hartz-IV-Regelsatz würde sich eigene Arbeit vergleichsweise besser lohnen und der Anreiz, arbeiten zu gehen, wäre stärker«, tischte er in Bild am Sonntag wieder einmal das Märchen vom »Lohnabstandsgebot« auf – ohne deshalb allerdings für eine Steigerung von Niedrigeinkommen und einen gesetzlichen Mindestlohn einzutreten.
      Bei dieser Begleitmusik will auch Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) nicht untätig bleiben. Im Focus kündigte er schärfere Kontrollen der Arbeitsfähigkeit von Hartz-IV-Beziehern an. Scholz zufolge sollen Krankmeldungen häufiger überprüft und Schwarzarbeit effizienter aufgedeckt werden.
      Der Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse und nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann plädierte hingegen für Nachbesserungen bei Hartz IV. Er forderte, das sogenannte Schonvermögen beim Arbeitslosengeld II von 250 auf 700 Euro pro Lebensjahr und dementsprechend die Obergrenze von 16250 auf 45500 Euro anzuheben.
      Quelle 1: Junge Welt
      Quelle 2: BILD

      Anmerkung KR: Hieran ist die öffentliche Wahrnehmung der Rollenverteilung bemerkenswert. Die Medien schwingen die Peitsche, professorale Mietmäuler feuern an, SPD-Politiker springen – und der CDU bleibt es vorbehalten, Bedenken zu äußern.

    • Politiker fordern Härte gegen Hartz IV Empfänger
      Die hetzerischen Kampagnen von Sat1 und Bildzeitung zeigen wie erwartet erste politische Wirkungen. Wie berichtet, strahlt derzeit der Sat1 Fernsehsender eine Doku Soap mit dem Titel “Gnadenlos gerecht, Sozialfahnder ermitteln” aus. In der Sendung werden vermeintliche “Sozialbetrüger” vorgeführt. Die Bildzeitung widmet sich eine ganze Woche lang den sogenannten “Sozialschmarotzern” und berichtet reißerisch über Hartz IV Empfänger, die beispielsweise nebenbei “schwarz arbeiten” und so den Staat “abzocken”.
      Die massive Medienkampagne zeigt nun ihre erste Wirkung. Die CSU Generalsekretärin Christine Haderthauer fordert ganz im Sinne der Meinungsmacher, dass man Hartz IV Empfängern mit mehr “Härte” begegnen sollte. So sagte die CSU Politikerin gegenüber der “Passauer Neuen Presse”: “Wer zu Unrecht Sozialleistungen bezieht, bestiehlt diejenigen, die wirklich auf Hilfe angewiesen sind, und jeden einzelnen Beitragszahler”. Weiter forderte Haderthauer, dass einem Sozialleistungs-Mißbrauch mit “voller Härte” und mit allen zur Verfügung stehenden Mittel begegnet werden müsste.
      Quelle: gegen-hartz.de
    • Arme Kinder sind günstiger
      “Die Wissenschaft hat festgestellt….”, dass zehn Milliarden Euro ein zu hoher Preis für die Absenkung der von Armut bedrohten Bevölkerung in Deutschland ist. Denn soviel würde es nach einer jüngsten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg kosten, wenn der Regelsatz von Hartz IV-Beziehern von derzeit 351 auf 420 Euro erhöht würde. Das fordern zum Beispiel die “Nationale Armutskonferenz” oder der “Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband”, weil mit dem geltenden Regelsatz das soziokulturelle Existenzminimum in Deutschland nicht mehr gewährleistet sei. Politisch wird die Forderung nach einer Erhöhung der Hartz IV-Regelsätze, von denen derzeit rund sieben Millionen Menschen leben müssen, von der Linkspartei und den Grünen, aber auch vom linken Flügel der SPD erhoben.
      Eine derartige Erhöhung der Regelsätze würde den Anteil der Bevölkerung, die an oder unter der Schwelle zum Armutsrisiko leben, immerhin um zwei Prozentpunkte von derzeit 14,8 Prozent auf 12,8 Prozent senken. Diese Armut ist unter der Schröder-Regierung in den Jahren 2001 bis 2005 deutlich angewachsen. Von einer Erhöhung der Regelsätze würden überdurchschnittlich Hartz IV-Haushalte mit Kindern profitieren, so die Studie weiter. So sinke das Armutsrisiko von Alleinerziehenden mit einem Kind von 22,5 Prozent auf 15 Prozent, derzeit gelten in der reichen Bundesrepublik fast zwei Millionen Kinder als arm. Diese Beseitigung von (Kinder)Armut durch eine Regelsatzerhöhung erscheint den Autoren der IAB-Studie aber zu teuer: “Der Preis für diese Veränderungen wäre jedoch hoch.” Und so titeln manche Medien auch gleich: “Studie warnt vor Milliardenkosten”. Dass zugleich die “Bild-Zeitung” gerade mal wieder eine ihrer beliebten “Hartz IV-Abzocker-Serien” fährt, ist wohl Zufall. Auf welchen wissenschaftlichen Grundlagen freilich der Preis für die Absenkung der Armut zu “hoch” ist, bleibt dem Leser der IAB-Studie verborgen. Wären drei Milliarden noch recht gewesen, fünf Milliarden gerade noch tragbar? Nach welchen Kriterien, gar wissenschaftlichen Kriterien, wird der Preis taxiert? Nun, mit Wissenschaft hat diese “Warnung vor Milliardenkosten” natürlich nichts zu tun. Wie teuer man sich den Kampf gegen Kinderarmut kommen lassen will, ist eine gesellschaftspolitische Entscheidung und keine Frage der Wissenschaft.
      Quelle: Telepolis
    • Unterhaltungspogrom
      Kein Fluchtweg, kein Entkommen. Gleichgültig worin man auch liest, ganz egal wohin man seine Ohren spitzt, einerlei welchen Fernsehsender man auswählt: das Reformeswerk eines Vorbestraften dominiert das Tagesgeschehen. An jeder Front wird über Regelsätze, vor allem über deren üppige Auszahlung diskutiert; werden die Betrügereien und ausgeklügelten Listigkeiten der Bedürftigen ausgeschlachtet, um dann moralisch vermetzgert zu werden; rückt man die angebliche Machtlosigkeit der Behörden ins Rampenlicht. Hartz beim Frühstücksfernsehen, Hartz zum Mittagessen, Hartz zur besten Sendezeit – zur Unterhaltung gewordene Sozial- und Arbeitslosenhilfe! Was wäre die vorabendliche Unterhaltung ohne dieses Spektakel? Tageszeitungen, Talkshows, nicht nur politische Talkshows, Boulevardsendungen sind sich doch stillschweigend darüber einig: Gäbe es Hartz IV nicht, müßte man es geradewegs erfinden.
      … Denen, die unter den Kampagnen zu leiden haben, muß diese Verächtlichmachung schwer zu schaffen machen, muß ihnen schlaflose Nächte bereiten und jene unerträgliche Angst nähren, am Folgetag als Ballastexistenz eingestuft, beschimpft und belästigt zu werden. Die Antreiber und Aufwiegler, die kopfschüttelnd über die Vergangenheit staunen, die meinen, dass sich ein solcher Wahnsinn nicht mehr wiederholen kann, weil der Mensch des 21. Jahrhunderts sozialisierter, gesitteter, vernünftiger geworden ist, sind an diesem optimistischen Menschenbild erblindet. Denn gerade sie betreiben das gleiche Geschäft wie einst, vielleicht in besserer Gleichschaltung, daher oberflächlich geordneter, aber gleichermaßen menschenverachtend und mörderisch wie ihre Ahnen im Geiste. Worüber sie bei der historischen Betrachtung den Kopf schütteln, hat in Wirklichkeit seinen Anfang schon genommen – sie sind dabei ihre Kinder zu Jüngern von Vorurteilen und Eiseskälte zu machen.
      Sie ziehen sich einen Nachwuchs heran, der die Menschenverachtung schon mit der Muttermilch gereicht bekam – sie sind das widerliche Vorbild für hoffentlich eine nicht so widerliche Nachfolgergeneration.
      Quelle: ad-sinistram
  4. Investoren in Deutschland
    • Schwedischer Investor droht mit Zerschlagung
      Bereits kurz nach dem Einstieg bei Daimler übt der schwedische Finanzinvestor Cevian Capital massiven Druck auf den Stuttgarter Autokonzern aus. Nach Informationen von FOCUS verlangten Vertreter des Finanzinvestors bei einem Treffen mit Daimlerchef Dieter Zetsche eine Zerschlagung des Autobauers. Demzufolge wollen die Schweden ausgerechnet die Nutzfahrzeugsparte aus dem Konzern herauslösen und forderten Zetsche auf, einen Verkauf oder Börsengang des Lkw-Bereichs in Angriff zu nehmen.
      Quelle: Focus-online

      Anmerkung AM: Mit einem Zwei-Prozent-Anteil bekommt man schon ein Treffen mit dem Chef von Daimler. Und dann die nackte Drohung einer öffentlichen Kampagne. Wie schon bei der Deutschen Börse, bei TUI und anderen. Und unser Finanzminister sieht keinen Regelungsbedarf, genauso wenig wie der Koalitionspartner. Die großen „Investoren“ haben überall ihre Finger im Spiel, wie man jetzt wieder gesehen hat, als die Rechtsanwaltskanzlei von Friedrich Merz beim Verkauf der IKB an Lonestar hilfreich war. Siehe nächster Hinweis:

    • Mangelnde Transparenz: Russischer Oligarch kritisiert IKB-Verkauf
      Der russische Investor Alexander Lebedew will den Verkaufsprozess der Krisenbank IKB prüfen lassen. Weil der Oligarch nicht zum Zuge kam, wittert er Unregelmäßigkeiten. Nun droht ein Nachspiel vor Gericht.
      Lebedew, der in Deutschland zuletzt den Touristikkonzern Öger Tours übernommen hat, erwägt nach SPIEGEL-Informationen juristische Schritte gegen die Bundesrepublik. Grund: Der Moskauer Magnat hatte für die angeschlagene IKB Deutsche Industriebank auch ein Gebot erwogen – doch den Zuschlag erhielt der amerikanische Finanzinvestor Lone Star.
      Quelle: Spiegel

      Anmerkung des NDS-Unterstützers K.F.: Sind wir schon so weit, dass die Rechte der deutschen Steuerzahler von russischen Oligarchen eingeklagt werden?

  5. Bund plündert BA
    Arbeitgeber und Gewerkschaften wollen gegen die versicherungsfremde Verwendung von Beitragsmitteln der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorgehen. Allerdings unterscheide sich der DGB von den Arbeitgebern hinsichtlich der Ziele hinter den Klagen, so  DGB-Arbeitsmarktexperte Wilhelm Adamy. Letztere wollten mit dem Geld den Beitragssatz weiter senken – “wir wollen die Leistungen für Arbeitslose verbessern”.
    Quelle: FR
  6. Manifest zur Grundversorgung in der Netzgesellschaft
    Gewerkschaftler, Forscher, zivilgesellschaftliche Organisationen wie der Chaos Computer Club (CCC), EU-Abgeordnete sowie der Städte- und Gemeindebund haben sich in einer Charta für einen offenen Zugang zu öffentlichen Netzinfrastrukturen und gegen Privatisierungstendenzen im E-Government ausgesprochen. “Nicht am Internet teilhaben zu können, bedeutet den Ausschluss aus weiten Teilen des gesellschaftlichen und familiären Lebens, Ausschluss von Bildungs- und Informationsmöglichkeiten, von demokratischer Teilhabe”, heißt es im “Berliner Manifest zur Daseinsvorsorge in der Informationsgesellschaft”, dessen Verabschiedung am Ende der Debatten auf einer Tagung von ver.di am Freitag stand. Jeder Bürger benötige einen Zugang zum Internet mit ausreichender Bandbreite. Es gelte, den Begriff der Grundversorgung in diese Richtung zu definieren. In zehn Punkten macht sich der Katalog für einen freien Austausch von Wissen stark. Eine kalkulierte Verknappung der Informationsvielfalt, die Einführung technischer Barrieren und die schrittweise Privatisierung von öffentlichen Wissensbeständen sei ein Vergehen an der Allgemeinheit. Gemeinschaftsgüter müssten durch offene Nutzungslizenzen wie Creative Commons und die 4 General Public License (GPL) vor “privater Vereinnahmung” geschützt werden. Was mit öffentlichen Geldern oder Zuschüssen finanziert wurde, sei der Öffentlichkeit gemäß dem Open-Access-Prinzip frei zugänglich zu machen und sollte digital öffentlich und weitgehend kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Man könne in diesem Zusammenhang die Rolle der öffentlichen Bibliotheken nicht überbetonen, erläuterte der Verwaltungsrechtler Klaus Lenk. Der Zugang zu Informationen müsse neu geregelt werden und die Gesellschaft dürfe diese Aufgabe “nicht Google überlassen”. Sie müsse vielmehr aktiv entscheiden, welche Strukturen “eines öffentlichen Grüns in die Informationsversorgung einbezogen werden”. Sonst verkomme das Internet zu einer “kommerziellen Wüste”.
    Entgegen dem Trend zur Privatisierung macht sich die Deklaration für die Stärkung der öffentlichen Steuerungsfähigkeit etwa bei der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie stark. Die öffentliche Hand müsse in der Informationsgesellschaft weiterhin die Grundversorgung mit öffentlichen Leistungen gewährleisten können. Durch Auslagerungen oder “öffentlich-private Partnerschaften” (Public Private Partnerships) würden Selbstverwaltung und Steuerungsfähigkeit wegen vorgeblicher “Effizienzsteigerungen” oder “Kostenreduktionen” oft mit unvertretbaren Folgen für die Öffentlichkeit an private Unternehmen abgetreten. Der Staat müsse im IT-Bereich in der Lage sein, anstehende Einkäufe und Kosten realistisch einzuschätzen, um Investitionsruinen zu vermeiden und, ­ sowie erforderlich,­ Leistungen selbst zu erbringen. Dazu werde ausreichendes Fachpersonal benötigt. Die öffentliche Planung von Netzinfrastrukturen dürfe nicht “IT-Lobbyisten” überlassen werden. Achim Meerkamp, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand, verwies auf Negativbeispiele wie den Verkauf einer Mehrheit am Stadtportal “hamburg.de” an Axel Springer. Ein privater Medienkonzern könne so die “offiziöse Domain” für Werbekunden interessant machen. Der Bürger lande in einem Gemischtwarenladen mit diversen Popups mit nur kleinen Links zu seinen öffentlichen Einrichtungen. Aber etwa auch die Bertelsmann-Tochter Arvato sehe im Erwerb öffentlicher Infrastrukturen ein großes Geschäftsfeld, wie ihre Aktivitäten im englischen Kreis East Riding mit dem Betrieb eines Bürgerbüros oder in Würzburg mit dem Aufbau eines Online-Portals für den Behördenverkehr beweisen würden.
    Quelle: Heise online
  7. Bachelor und Master: Professoren-Lobby springt auf die Bremse
    Codewort Bologna: Deutschlands Hochschulen werden zur Großbaustelle, bei der Umstellung auf Bachelor und Master hakt und knarzt es. Mehr als nur “Kinderkrankheiten”, sagt der Deutsche Hochschulverband und fordert eine Reform der Reform – bis hin zum Teil-Moratorium.
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung: Warum erst jetzt? Siehe die folgenden Beiträge in den NachDenkSeiten:

  8. Weltweit robuste Zunahme der Vermögen
    Im zurückliegenden Jahr haben die weltweit verwalteten Vermögen laut einer Studie von The Boston Consulting Group um 4,9% auf 109 500 Mrd. $ zugenommen. Als besonders dynamisch erwies sich einmal mehr die Weltregion Asien. Klassische Offshore-Destinationen wie die Schweiz oder Luxemburg verloren dagegen Marktanteile.  Mit einem Marktanteil von 27% an den weltweiten Offshore-Vermögen bleibt die Schweiz führend im grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft.
    Quelle: NZZ
  9. Vormacht der Rechten – Ohnmacht der Linken
    Man könnte meinen, in Italien herrsche Krieg. In den Straßen der großen Städte wie Rom und Mailand patrouillieren Soldaten. Es ist der Ausnahmezustand ausgerufen. Die Regierung Berlusconi will damit die Sicherheit gewährleisten, die sie durch die illegalen Einwanderer, insbesondere durch die “Extra-Communitari”, also Einwanderer aus Nicht-EU-Staaten und die vorwiegend aus Rumänien stammenden Roma bedroht sieht.
    Quelle: Redaktion Sozialismus, Heft Nr. 9 (September 2008), 35. Jahrgang, Heft Nr. 324 [PDF – 624 KB]
  10. Mit wem spricht Gott?
    Dass der liebe Gott mit Politikern spricht, Baumaßnahmen vorschlägt, Länder in Kriegen unterstützt oder sie sogar zu Kriegen aufruft, nun, diese Auffassung war tatsächlich in Europa zuletzt 1914 modern. Heute halten wir Politiker, die glauben, dass Gott mit ihnen redet, in Europa eher für therapiebedürftig. Zum ersten Mal bekommen die USA vielleicht eine Präsidentenperson, die nicht nur Frau ist, sondern auch verrückt ist und gaga! Eine Doppelpremiere! Ehrlich gesagt: Ich kann, was den Grad des Wahnsinns betrifft, keinen großen Unterschied erkennen zwischen jemandem, der von Gott den Auftrag bekommt, im Irak einzumarschieren, und jemandem, den Allah damit beauftragt, das World Trade Center einzuäschern. Ich bin zuversichtlich, dass Gott selbst es ähnlich sieht.
    Quelle: Tagesspiegel
  11. Aus der Sicht Südamerikas
    Am 11. 9.1973 putschten die Militärs in Chile. Die Diktatur war ein Produkt US-amerikanischer Außenpolitik und innenpolitischer Zuspitzung in Südamerika. Zu Zeiten des Kalten Kriegs sollte nach westlicher Doktrin kein weiteres Land in die Einflusssphäre des Sowjetblocks rutschen. Wenig Interpretationsspielraum über den Charakter des Regimes lässt der nun auch auf Deutsch erschienene “Abschlußbericht der Nationalen Kommission zur Untersuchung von politischer Haft und Folter” mit dem Titel “Es gibt kein Morgen ohne Gestern”. Wer zweifelt, wozu ein von den führenden westlichen Staaten gestütztes staatsterroristisches Regime fähig ist, dem sei die Lektüre dieses Buchs zur Vergangenheitsbewältigung in Chile dringend empfohlen.
    Quelle: TAZ
  12. Atomdeal mit Indien
    Die Atommacht Indien darf künftig Nukleartechnologie einführen, obwohl das Land den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat. Die 45 Exportländer für Nukleartechnologie (Nuclear Suppliers Group/NSG) hoben am Samstag in Wien einen 34-jährigen Lieferstopp für Atomtechnologie an Indien auf Druck der USA auf, bestätigten Diplomaten in Wien. Unter anderem will das südostasiatische Land bis 2012 mindestens acht neue Atomkraftwerke bauen. Neben den USA hoffen auch Länder wie Frankreich und Russland auf diese lukrativen Aufträge. Allein der Auftrag zum Bau von zwei dieser Atomkraftwerke würde in den USA 3000 bis 5000 neue Stellen schaffen, hieß es vom US-Außenministerium. Indien gehört zu den mindestens sieben Atommächten, hat jedoch nie den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet, der die Weitergabe von Nukleartechnologie verbietet, die zum Bau von Atomwaffen verwendet werden kann. Am Freitag hatte das Land erneut für seine Vertrauenswürdigkeit geworben und bekräftigt, weiterhin freiwillig auf Atomtests zu verzichten und sich an die Richtlinien der NSG zu halten. Nach Angaben von Diplomaten war dies ein ausschlaggebender Punkt, der die Kritiker überzeugte
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Einmal abgesehen vom Grundsätzlichen ist dieser Beschluss eine besonders fragwürdige Maßnahme, um den pakistanischen Bündnispartner bei der Stange zu halten. Außenpolitik als arteigene Politik ist wahrlich auf den Hund gekommen, wenn alles der Geschäftemacherei unterworfen ist. Richelieu,  Talleyrand, Metternich und Bismarck, unsere Altmeister, würden sich im Grabe umdrehen.

  13. Pakistan: Ein Volk verzweifelt
    Pakistan bekommt einen neuen Präsidenten. Das Parlament wird heute Asif Ali Zardari wählen, den Mann der ermordeten Benazir Bhutto. Aber auch er gilt als korrupt. Ein Besuch in einem trostlosen Land.
    Quelle: FR
  14. Vereinigte Staaten: Höchste Arbeitslosenquote seit 2003
    Die düsteren Prognosen der Analysten haben sich bestätigt: Die Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten ist im August von 5,7 Prozent auf 6,1 Prozent gestiegen
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Wer glaubt angesichts dieser Zahlen den offiziellen Ämtern der USA, dass das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal  im Vergleich zum Vorjahrum um 3,3 Prozent wuchs?

  15. Trübe Aussichten für die Weltwirtschaft
    Die Unctad prognostiziert ein verlangsamtes Wachstum der Weltwirtschaft. Quellen der Instabilität seien ungenügend regulierte Finanzmärkte sowie spekulative Investitionen bei Rohwaren.
    Quelle 1: NZZ
    Quelle 2: UNCTAD


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3443