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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 1. August 2023 um 8:43 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Habecks Industriepolitik hat mehr Moral als Verstand
  2. Ökonom Bofinger zur Schuldenbremse: „In der Bundesregierung läuft etwas grundsätzlich falsch“
  3. Ziel der Ampel verfehlt: Zahl der Sozialwohnungen weiter gesunken
  4. Immer mehr Menschen müssen beim Essen sparen
  5. Russland vermittelt in Konflikt abseits der Ukraine: “Jeder Tag könnte für uns der letzte sein”
  6. Vom Schlachtfeld zum Verhandlungstisch
  7. Brief aus dem Donbass: Der massivste und grausamste Beschuss von Makeewka
  8. Die Globalisierung hat die nationale Souveränität ausgehebelt
  9. Der US-Präsident regiert mit Jahrzehnte altem Notrecht
  10. China im Fokus
  11. Das Szientismus-Paradox
  12. »Es kann sein, dass schlechte Politik Institutionen delegitimiert«
  13. Gelernt ist gelernt: EU-Wahlparteitag der AfD.
  14. Die AfD und die Ignoranz der Eliten
  15. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als externe Presseabteilung der Regierung
  16. Zu guter Letzt: Karl Lauterbach plumpst ins Sommerloch: Schwarzwald statt Toskana?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Habecks Industriepolitik hat mehr Moral als Verstand
    Deutschlands Wirtschaft schrumpft nicht mehr – jetzt stagniert sie. Um die Krise zu überwinden, bräuchte es beherzte Industriepolitik. Stattdessen folgt das grüne Wirtschaftsministerium marktliberalen Konzepten und riskiert damit eine Deindustrialisieung. […]
    Die grüne Wirtschaftspolitik ist derweil geprägt von zwei gefährlichen Glaubenssätzen, die den perfekten Cocktail für eine elitäre, realitätsferne und unsoziale Klima- und Industriepolitik liefern: Erstens muss für sie Energie so teuer wie möglich sein, damit es Anreize gibt, sie zu sparen oder auf (vermeintlich) sauberere Alternativen umzusteigen – auch wenn diese noch gar nicht zur Genüge verfügbar sind. Zweitens setzen die Grünen weitgehend auf den freien Markt und Freihandel und sind sehr zurückhaltend, oft skeptisch, was große staatliche Investitionen angeht. Vielmehr setzt die grüne Industriepolitik darauf, den Rahmen sowie Anreize zu schaffen, um privates Kapital für die Transformation zu mobilisieren, Stichwort »transformatorische Angebotspolitik«.
    Diese Strategie reicht schlichtweg nicht aus, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen. Es bräuchte vielmehr eine planerische Industriepolitik für Klima und Beschäftigung, in der der Staat notwendigerweise eine aktivere Rolle einnehmen muss. So zeigt sich die markliberale Strategie bisher auch außerordentlich erfolglos: Laut einer aktuellen Untersuchung des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) fällt Deutschland bei den Investitionen seit Jahren zurück und droht nun Schlusslicht zu werden.
    Anstatt Energiepreise immer teurer zu machen (auch durch den Emissionshandel) und zugleich den Industriestrompreis zu subventionieren, wäre es sinnvoller, direkt die Umstellung der Industrieanlagen auf klimafreundlichere Produktionstechniken zu subventionieren. Das Wirtschaftsministerium hat zwar die ersten Förderungen für den Umbau in der Stahlindustrie freigegeben, jedoch wird hier das nächste Manko der grünen Wirtschafts- und Industriepolitik deutlich: Wenn öffentliches Geld fließt, dann oftmals ohne dass die öffentliche Hand an späteren Profiten beteiligt wird, geschweige denn mehr Mitsprache erhält. Stattdessen bräuchte es öffentliche Industriestiftungen mit starken Mitspracherechten für die Beschäftigen und die Regionen.
    Man kann es nicht anders sagen: Die Grünen vergessen bei ihren Konzepten regelmäßig, was diese konkret für ganz normale Leute bedeuten. Das zeigt sich nicht nur bei der letztlich gescheiterten Gasumlage oder beim derzeit geplanten unsozialen Heizungsgesetz, sondern eben auch bei der Industriepolitik.
    Quelle: Jacobin

    dazu auch: Warum die Deutschen keine Angst haben, sondern in Panik ausbrechen sollten: Habeck im Interview
    Das Habeck-Experiment hat der deutschen Wirtschaft einen kräftigen Schlag versetzt. Deutschland ist in der Rezession und Schlusslicht beim Wachstum unter den Ländern der OECD.
    Das ist aber alles gar kein Problem, versicherte Habeck nun den Deutschen in einem Interview, das er der ARD gegeben hat. Es gebe keinen Grund zur “German Angst”, sagt ausgerechnet Habeck, der sich bei seinen Entscheidungen von Angst und Panik leiten lässt und eine rational kaum erklärbare Politik betreibt. (…)
    Habeck erklärt die Gründe, warum Deutschland wirtschaftlich zum Schlusslicht geworden ist, und scheint zu glauben, wenn die Gründe genannt sind, ist das Phänomen auch gleich mit erledigt. Habeck erklärt die Katastrophe, die Deutschland in den Abgrund zu ziehen droht, und meint, dann ist sie weg.
    “Unser Wachstum hängt immer daran, dass die Weltmärkte funktionieren. Wir haben global die hohe Inflation, die Zentralbanken haben die Zinsen erhöht. Dadurch werden die Investitionskosten höher und die Unternehmen investieren nicht mehr so viel. In gewissem Sinne sollte das so sein, so wollten es die Zentralbanken, aber das trifft natürlich Deutschland um so härter, weil wir davon abhängig sind, dass der Export funktioniert. Das heißt aber wiederum auch, dass die Standortbedingungen hier sehr gut sind.” (…)
    Das Problem, das jetzt und ganz akut drängt, will Habeck mit einer komplexen Wasserstoff-Infrastruktur bekämpfen, die es noch gar nicht gibt. Er spricht von einem Transformationsprozess bis 2030, der den Menschen in Deutschland viel abverlangen werde. Es fehlen einem die Worte, um auszudrücken, um was für eine Idiotie es sich handelt. Aus rein ideologischen Gründen sollen die Deutschen durch ein tiefes Tal des wirtschaftlichen Niedergangs gehen, ohne dass klar wäre, ob die Transformation auch gelingt. Zumindest gibt es erhebliche Zweifel.
    Quelle: Gert Ewen Ungar in RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Die Scholz-Regierung könnte als Ineptokratie, die Regierung der Ignoranten und Inkompetenten (Paul Krugman) bezeichnet werden. Bitte lesen Sie dazu auch Deutschland ist Schlusslicht bei IWF-Konjunkturprognose und Robert Habeck sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht sowie Wasserstoff: Das ist geplant und dazu: Regierung will Produktion von Wasserstoff verdoppeln mit einer Anmerkung.

  2. Ökonom Bofinger zur Schuldenbremse: „In der Bundesregierung läuft etwas grundsätzlich falsch“
    Deutschland ist Schlusslicht unter den Industriestaaten bei der Konjunkturprognose. Der frühere Wirtschaftsweise Peter Bofinger ruft die Ampel-Regierung deshalb zum Kurswechsel auf.
    Herr Bofinger, Sie haben angesichts der jüngsten Konjunkturprognose des Internationalen Währungsfonds kürzlich den Bundesfinanzminister auf Twitter gefragt, ob Deutschland angesichts der geringsten Wachstumsaussichten und des gleichzeitig geringsten Budgetdefizits vielleicht etwas falsch macht. Hat Christian Lindner geantwortet?
    Nein, hat er nicht.
    Im Gegensatz zu ihm scheinen Sie durchaus der Meinung zu sein, dass die Ampel-Regierung finanz- und wirtschaftspolitisch einen falschen Weg eingeschlagen hat.
    Wir stehen in Deutschland vor sehr vielen Herausforderungen – in der Klima-, Energie- und Industriepolitik, aber beispielsweise auch beim Wohnungsbau. Unser größtes Problem ist, dass wir in dieser Lage unser kleinstes Problem zur obersten Priorität erklären.
    Wie meinen Sie das?
    Die politische Festlegung, keine zusätzlichen Schulden zu machen, bestimmt alles andere und ist zugleich überhaupt nicht nachvollziehbar, weil Deutschland im Vergleich zu anderen großen Industrieländern die geringste Verschuldungsquote hat. Das schränkt unseren Spielraum bei der Bewältigung dieser Herausforderungen unnötig ein. Wir haben dafür dieselben Möglichkeiten wie China, die USA, Frankreich oder Italien, nutzen sie aber nicht, weil die FDP in der Ampel eine andere Prioritätensetzung durchgesetzt hat. Also ja: In der Bundesregierung läuft etwas grundsätzlich falsch.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung André Tautenhahn: Wichtig ist, dass die gesamte Ampelregierung diesen Kurs unterstützt, also nicht allein die FDP für die falsche Prioritätensetzung verantwortlich ist. Das ist deshalb bemerkenswert, weil sich beispielsweise ein Robert Habeck im Interview mit den Tagesthemen zu der Formulierung verstieg:

    „Man muss auch ehrlich sein: Das sind Gelder, die wir aufnehmen, das sind also schuldenfinanzierte Gelder, deswegen verstehe ich auch, dass der Finanzminister kritisch drauf schaut. Aber die Frage ist: Keine Gelder aufnehmen oder keine Industrie mehr haben?“

    Wenn er seine Worte ernst meint, hätte er dem Haushaltsentwurf im Kabinett vor ein paar Wochen gar nicht zustimmen dürfen. Hat er aber und sich somit bewusst für „keine Industrie mehr haben“ entschieden. Nun will er es so aussehen lassen, als sei die FDP und Finanzminister Lindner allein verantwortlich. Das mag nachvollziehbar sein, weil ihm dasselbe mit der Gasumlage passiert ist, für deren Scheitern er von seinen Koalitionspartnern verantwortlich gemacht wurde, obwohl die ganze Ampel sie einführen wollte. Diese Vorgänge zeigen, dass die Bundesregierung keine brauchbare Geschäftsgrundlage hat.

  3. Ziel der Ampel verfehlt: Zahl der Sozialwohnungen weiter gesunken
    Die Ampel hat es sich zum Ziel gesetzt, pro Jahr für 100.000 neue Sozialwohnungen zu sorgen. Doch dieses Ziel wurde 2022 nicht erreicht. Im Gegenteil: Es gab deutlich weniger.
    Die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland ist im vergangenen Jahr erneut gesunken. So gab es Ende 2022 bundesweit rund 1,088 Millionen solcher Wohnungen für Menschen mit kleinen Einkommen, rund 14.000 weniger als ein Jahr zuvor.
    Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Frage der Bundestagsfraktion der Linken hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
    Quelle: ZDF

    dazu: Ampel auf Wohnungsnot
    Bestand an öffentlich finanziertem Wohnraum auf historischem Tiefstand. Linke fordert Sondervermögen für bezahlbare Unterkünfte.
    Ende 2022 gab es bundesweit nur noch knapp 1,088 Millionen Sozialwohnungen, ein historischer Tiefstand. In der Alt-BRD waren es fast vier Millionen. Das geht aus einer Antwort des Bundesbauministeriums hervor, berichtete am Montag dpa. Abgefragt hatte die Zahlen die wohnungs- und mietenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Caren Lay. Rund elf Millionen Mieterhaushalte hätten hierzulande einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein – und damit auf eine Sozialwohnung, betonte Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, gleichentags gegenüber jW. Eine Eins-zu-zehn-Chance. Nur, eine Trendwende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, die Wohnungsnot dürfte weiter zunehmen, besonders in Ballungszentren. Bauen wollte die Ampelkoalition 100.000 Einheiten öffentlich finanzierten Wohnraums. Jährlich. Tatsächlich neugebaut wurden im vergangenen Jahr 22.500, ferner fielen 36.500 aus der Preisbindung, sprich ein Minus von 14.000, heißt es seitens des Ministeriums. Selbst Hausherren sind alarmiert. Beim bezahlbaren Wohnen stehe Deutschland »vor einem unglaublichen Drama«, sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW, am Montag zu jW. Die Versorgungslücke treffe zunehmend »Normalverdiener«. Zudem drängten Personen auf den Mietwohnungsmarkt, »die ihren Traum vom selbstgenutzten Wohneigentum aufgrund hoher Zinsen und Baukosten begraben haben«, ergänzte Christian Osthus, Vizebundesgeschäftsführer des Immobilienverbandes Deutschland, gegenüber dieser Zeitung.
    Quelle: junge Welt

  4. Immer mehr Menschen müssen beim Essen sparen
    Alle zwei Tage eine vollwertige Mahlzeit mit Fleisch, Geflügel oder Fisch – das können sich 11,4 Prozent der Deutschen nicht mehr leisten. Eine gleichwertige vegetarische Mahlzeit können sie ebenfalls nicht bezahlen, wie aus Daten der europäischen Datenschutzbehörde Eurostat für 2022 hervorgeht, die die Linken-Bundestagsfraktion beim Statistischen Bundesamt erfragt hat und die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegen. Abgefragt wurde demnach die “finanzielle Unfähigkeit, sich jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Geflügel oder Fisch (oder eine entsprechende vegetarische Mahlzeit) zu leisten”. Im Jahr 2021 traf das noch auf 10,5 Prozent der Deutschen zu, im vergangenen Jahr auf 11,4 Prozent. Das sind knapp zehn Millionen Menschen in Deutschland. Besonders stark betroffen sind den Daten zufolge Alleinerziehende. 19,3 Prozent – also fast jede fünfte alleinstehende Person mit Kindern – sind nicht in der Lage, sich alle zwei Tage mit Fleisch oder Fisch oder einer gleichwertigen vegetarischen Mahlzeit zu ernähren. Hier gibt es einen beträchtlichen Anstieg von 2021 zu 2022: von 16,7 auf 19,3 Prozent.
    Quelle: BR24
  5. Russland vermittelt in Konflikt abseits der Ukraine: “Jeder Tag könnte für uns der letzte sein”
    Die Region Bergkarabach ist seit sieben Monaten isoliert. Nun blockieren aserbaidschanische Soldaten sogar Hilfslieferungen in das Gebiet – es droht eine Katastrophe. […]
    Auch die EU scheint sich kaum für die Lage in Bergkarabach zu interessieren. Am Mittwoch veröffentlichte Josep Borrell, der hohe Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, ein kurzes Statement. “Die Europäische Union ist sehr besorgt”, heißt es darin in Bezug auf die angespannte Lage in Bergkarabach. Allerdings begrüßt die EU dem Statement Borrells zufolge die Bereitschaft Aserbaidschans, humanitäre Hilfe nach Bergkarabach zu schicken. Man wolle diesbezüglich verhandeln.
    Kommentieren wollen EU-Stellen die Situation in Bergkarabach auf Anfrage von t-online allerdings nicht. Es gibt sogar eine EU-Mission, die in Armenien die Einhaltung der international akzeptierten Grenzen beobachtet. Auf Anfrage fühlt man sich dort allerdings weder für das Bergkarabach noch für den laut internationalem Recht zu Armenien gehörenden Latschin-Korridor zuständig.
    Sargsyan ärgert die Ignoranz gegenüber ihrem Volk. “Seitdem die Europäische Union einen Gas-Deal mit Aserbaidschan abgeschlossen hat, existieren wir für sie überhaupt nicht mehr”, sagt die Journalistin. “Gas ist für den Westen wichtiger als unsere Leben.” Im Jahr 2022 hatte die Europäische Union einen Vertrag mit Aserbaidschan abgeschlossen. Bis 2027 soll sich die Menge von Gaslieferungen aus der Autokratie am Kaspischen Meer verdoppeln. Ziel des Deals war, die Abhängigkeit Europas von russischem Gas zu verringern.
    Quelle: t-online
  6. Vom Schlachtfeld zum Verhandlungstisch
    Unter Beteiligung der EU sollen an diesem Wochenende im saudischen Jiddah die Gespräche über eine mögliche Verhandlungslösung für den Ukraine-Krieg fortgesetzt werden. Hintergrund sind Erwägungen im Westen, den Krieg nach dem Ende der aktuellen ukrainischen Militäroffensive zu stoppen. Dies sei erforderlich, heißt es, um US-Präsident Joe Biden im bevorstehenden Wahlkampf nicht zu belasten und um die exzessiven Ausgaben für die ukrainische Kriegführung zumindest zu reduzieren. Zudem drohe die Ukraine, wenn sie den Krieg immer weiter fortsetzen wolle, „sich selbst zu zerstören“, hieß es bereits im April in der US-Zeitschrift Foreign Affairs mit Blick auf die zahllosen Kriegstoten und die Verwüstung des Landes. Hatten US-Experten bereits im Frühjahr erste Gespräche mit Moskauer Stellen geführt, etwa mit Außenminister Sergej Lawrow, so wurde die Ukraine am 24. Juni in Kopenhagen in Verhandlungen mit anderen Staaten eingebunden, darunter fünf Staaten des Globalen Südens, die ihrerseits zu vermitteln suchen. Kiew wollte in Kopenhagen einen Abzug der russischen Truppen zur Vorbedingung erklären – und scheiterte. Daran knüpfen die Gespräche in Jiddah an.
    Quelle: German Foreign Policy
  7. Brief aus dem Donbass: Der massivste und grausamste Beschuss von Makeewka
    Am Abend des 4. Juli 2023 erlitt die kleine Stadt Makeewka – ein Vorort von Donezk und zentraler Eisenbahnverkehrsknotenpunkt – den grausamsten Beschuss von Seiten der Ukraine, den es bislang gegeben hat. Die Ukraine beeilte sich sofort, weltweit wissentlich falsche Angaben zu verkünden: Sie habe dort Munitionslager der russischen Armee vernichtet. Was aber wirklich beschossen wurde, erörtere ich im folgenden Beitrag.
    Der Beschuss der Orte Aleksandrowka, Donezk und Makeewka vom 4. Juli 2023 durch ukrainische Streitkräfte wird in der langen Liste der traurigen Kriegsereignisse im Donbass einen makabren ‚Ehrenplatz‘ einnehmen. Am härtesten traf es Makeewka, die den bis dato massivsten Beschuss erlitt.
    Alles begann um 21.40 Uhr, als der erste Schlag dem Tscherwonogwardeer Bezirk von Makeewka zugefügt wurde. Die Sprengkraft der ukrainischen Mehrfachraketengewehr-Einschläge war so gross, dass auch alle Bewohner von Donezk und Umgebung sie deutlich spürten. Zudem konnten sehr viele Menschen in Makeewka und Donezk aus ihren Fenstern die züngelnden Flammen sehen. Die Folgen der Einschläge waren entsetzlich: Ein Mann kam ums Leben, es gab 68 Schwer- bzw. Leichtverletzte, darunter drei Kinder (zwei Mädchen und ein Junge), bei 42 Wohnhäusern wurden Schäden angerichtet. Verursacht wurde all dies durch ein Mehrfachraketengewehr M 142 HIMARS unter Einsatz von Raketen M-31 mit Splitterwirkung, abgefeuert aus der unter ukrainischer Kontrolle stehenden Siedlung Alekseewo-Druzhkowka (zwischen Konstantinowka und Druzhkowka), wo die 27. Selbständige Brigade der reaktiven ukrainischen Artillerie unter dem Kommando des Oberstleutnant Dmitrij Chrapatsch stationiert ist.
    Quelle: Globalbridge
  8. Die Globalisierung hat die nationale Souveränität ausgehebelt
    In weltweit 5400 «Sonderwirtschaftszonen» umgehen Konzerne nationale Kontrollen und Regulierungen – und niemand schaut hin.
    Nach Jahrzehnten der schwindelerregenden Globalisierung schlägt das Pendel wieder in Richtung Nation aus. Überall sind Bestrebungen im Gang, die Lieferketten nach Hause zu holen und so die internationalen wirtschaftlichen Verflechtungen zu reduzieren. Der US-Kongress hat gerade ein fast 400 Milliarden Dollar schweres Gesetz verabschiedet, das nicht nur den Übergang zu umweltfreundlicher Energie unterstützen, sondern vor allem die inländische Produktion steigern und die Abhängigkeit vom Ausland verringern soll.
    Experten verkünden den Anbruch einer neuen Ära: Das Zeitalter des wirtschaftlichen Nationalismus. Das sagt Quinn Slobodian, Professor für Ideengeschichte am Wellesley College, in der New York Times vom 12. März 2023. Doch er entlarvt diese Sicht der Entwicklung als abwegig und arg verkürzt.
    Quelle: Infosperber
  9. Der US-Präsident regiert mit Jahrzehnte altem Notrecht
    Der US-Kongress lehnte es ab, zwanzig Jahre alte Notstands-Vollmachten aufzuheben. Es geht um Irak, Libyen oder Jemen.
    Am 18. Juli 2023 hat der US-Kongress fünf Vorschläge abgelehnt, deren Annahme nationale Notstandsbefugnisse zugunsten des Präsidenten aufgehoben hätte. Einige reichen bis ins Jahr 2003 zurück Zu den betroffenen Ländern gehören Kongo, Jemen, Libyen, Syrien und Irak.
    In Bezug auf diese Länder kann der Präsident weiterhin Dutzende von Sondervollmachten anwenden. Er kann beispielsweise drastische Wirtschaftssanktionen, also auch einen Wirtschaftskrieg, verhängen, Vermögenswerte einfrieren oder Reisebeschränkungen erlassen, ohne den Kongress zu fragen.
    Das «Brennan Center for Justice» schreibt: «Präsidenten verfügen während eines ausgerufenen Notstands über eine schwindelerregende Bandbreite an Befugnissen. […] Das Gesetz erlaubt dem Präsidenten, Notfälle auszurufen, ohne dass er dafür mehr tun muss als seine Unterschrift auf eine Durchführungsverordnung zu setzen. Er kann diese Notstände jedes Jahr aufs Neue verlängern. Der Kongress kann einen Notstand zwar beenden, benötigt dafür aber eine vetosichere Mehrheit [von zwei Dritteln].»
    Quelle: Infosperber
  10. China im Fokus
    Vor dem Gespräch mit dem Präsidenten traf sich Meloni mit dem Sprecher des Repräsentantenhauses, dem erzreaktionären Republikaner und Getreuen Trumps, Kevin McCarthy.
    Folgt man italienischen Medien. dann ist der Besuch von Giorgia Meloni in den USA nicht ganz so rund gelaufen wie von Gastgeber Joseph Biden gewünscht, und die Premierministerin bewegte sich bezüglich China auf glattem Eis sehr vorsichtig. Sie habe nach ihrem Gespräch mit Biden auf einer Pressekonferenz in der italienischen Botschaft in Washington erklärt: »Unsere Beziehungen sind historisch eng und überdauern Regierungen und bleiben stark, unabhängig von der politischen Couleur«, berichtete die Nachrichtenagentur ANSA. »In schwierigen Zeiten wissen wir, wer unsere Freunde sind, und ich glaube, daß unsere Nationen gezeigt haben, daß sie mehr aufeinander zählen können, als manche dachten.« Präsident Biden hatte Meloni vor dem Treffen für die »starke Unterstützung« Italiens für die Ukraine gedankt, sich in der Bewertung des Verhältnisses der USA zu Italien aber zurückhaltender gegeben, berichteten Medien. Die Beziehungen zu China waren nach Angaben Melonis »ein Thema« bei dem Treffen. Zuvor war spekuliert worden, ob sie in Washington ankündigen werde, daß sich Italien aus dem Infrastrukturprojekt »Neue Seidenstraße« zurückziehen werde, dem Italien 2019 als erstes G7-Land beitrat. Die Zeitschrift führender Wirtschaftskreise »Milano Finanza« hatte vor Antritt der Reise vor einer Aufkündigung gewarnt und darauf verwiesen, daß China ein wichtiger Akteur in der Weltwirtschaft und ein Zentrum für fortschrittliche Technologien ist, und daß Italien für seinen Export »den chinesischen Motor braucht«. Das linke »Il Manifesto« hatte analysiert, daß die Volksrepublik mit 5 Prozent für 2023 prognostiziertem Wachstum zum »Motor der Weltwirtschaft« wird und Italien auch deshalb keinen katastrophalen Rückgang seiner Exporte erlebt hat, weil es seine Ausfuhren nach China um 14,9 Prozent erhöhen konnte – und von dort auch Halbfabrikate bezieht. Sie habe mit Biden besprochen, daß es wichtig sei, die eigene wirtschaftliche Sicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig den Dialog mit Peking zu suchen, betonte Meloni in der USA-Hauptstadt und kündigte an, bald nach China zu reisen. Wenn Italien sich zum Rückzug entschlösse, gebe es allen Grund, »sich über die möglichen negativen Auswirkungen Sorgen zu machen«.
    Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
  11. Das Szientismus-Paradox
    Nicht nur die Wissenschaft, auch „die Politik“ geht erhebliche Risiken ein, wenn sie sich in der beschriebenen Weise der Wissenschaft bedient. Schon die Auswahl der Personen, die man heranzieht, ist kein einfaches Unterfangen: Sucht man wissenschaftlich tätige Forscher oder Fachexperten, sucht man Erkenntnisgewinn (ergebnisoffen) oder fachliche Standards (normativ), und welche Disziplinen sind wichtig?
    Wie einseitig die Auswahl im Fall Corona geschehen ist, darf als bekannt gelten: Physik 2, Virologie 2, Epidemiologie (Modellierer) 1, Veterinärmedizin 1, Informatik 1, Psychologie 1 (Expertenrat Bundeskanzleramt). Nicht dabei: klinische Infektiologen, Krankenhaushygiene und infection control, Kinderärzte, Pädagogen, Soziologen, Ökonomen, Politologen, um nur einige zu nennen. Die Folge: Tunnelblick auf eine kleine Auswahl naturwissenschaftlicher Fachgebiete, obwohl bei der Bedeutung der Corona-Epidemie eine breit aufgestellte und nüchtern-sachliche Beurteilung des gesamten Problemkreises Pflicht gewesen wäre.
    Bei der Klima-Problematik, ein ähnliches Schwergewicht in der gegenwärtigen Krisenlandschaft, das gleiche Bild. Follow the Science heißt hier 1,5°C-Ziel, aber wie man das erreichen will, welche Folgen eine solch gewaltige soziale Intervention national und weltweit nach sich zieht, hierzu gibt es weder erkennbar integrierte Expertise noch einen demokratisch geführten Disput. Es wird z.B. keineswegs diskutiert, ob eine De-Industrialisierung von Europa und Deutschland hinsichtlich des Innovationsbedarfs, der für die Beherrschung der Klimakrise notwendig sein wird, wirklich von Vorteil ist – wer sich hierzu kritisch äußert, wird auch in diesem Feld sofort mit dem Attribut „Wissenschaftsleugner“ oder „rechtsextrem“ gebrandmarkt und aus dem Diskurs ausgeschlossen.
    Quelle: Matthias Schrappe im Cicero
  12. »Es kann sein, dass schlechte Politik Institutionen delegitimiert«
    Ist Regierungskritik eine neue Form des Extremismus? Der Verfassungsschutz legt das jedenfalls nahe, indem er Kritik als »Delegitimierung des Staates» einschätzt.
    Ist das verfassungskonform? Kann so eine Bewertung des Verfassungsschutzes demokratisch geduldet werden. Wir haben Prof. Dr. Dietrich Murswiek gesprochen.
    De Lapuente: Lieber Herr Murswiek, Stichwort »Delegitimierung des Staates«: Für Sie ist das ein schwammiger Vorwurf, der sich grundgesetzlich nicht legitimieren lässt, wenn ich Sie recht verstehe. Gehört es nicht zum Wesen der Demokratie, dass Bürger gewisse staatliche Übergriffe für delegitim erachten und für die Delegitimierung ebenjener kämpfen?
    Murswiek: Selbstverständlich darf man rechtsstaatswidrige staatliche Übergriffe kritisieren und auch als illegitim bezeichnen. Darum geht es aber nicht bei dem Konzept, das der Verfassungsschutz mit seinem neuen Beobachtungsthema »verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates« verfolgt. Was der Verfassungsschutz aufs Korn nehmen will, ist die Delegitimierung der Institutionen des Verfassungsstaates. Wer sich daran beteiligt, soll ein Extremist, ein Verfassungsfeind, sein. »Delegitimierung« ist aber ein schillernder Begriff. Objektiv betrachtet, können die Bürger diese Institutionen gar nicht delegitimieren. Denn diese beziehen ihre Legitimität aus den Legitimitätsentscheidungen der Verfassung: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaatlichkeit, Menschenwürde. Man kann aber auch von Legitimität in einem subjektiven Sinne sprechen – im Sinne der Legitimitätsüberzeugungen der Menschen. Illegitim wären Institutionen im subjektiven Sinne dann, wenn die große Mehrheit der Menschen ihnen die Berechtigung abspricht.
    Quelle: Overton Magazin
  13. Gelernt ist gelernt: EU-Wahlparteitag der AfD.
    Beide Bewerber um den AfD-Spitzenplatz zu den EU-Wahlen 2024 verbrachten den größten Teil ihres bisherigen politischen Lebens in CDU und CSU. Der abtrünnige Christsoziale Andreas Otti bewarb sich in Magdeburg in der Uniform der bayerischen Staatspartei, dem Lodenjanker, und rühmte seinen »geistigen und körperlichen Einsatz« für die Bundesrepublik als Berufssoldat. Er feierte die Luftwaffe, die sich in »Rekordverlegezeit« in den Indopazifik begeben habe, und erklärte »Deutschland« zum »Nukleus der Sicherheits- und Verteidigungspolitik – wenn wir das wollen – weltweit«. Der Schutz »deutscher See- und Handelswege« ist ihm oberstes Anliegen. Gegen das Programm des Faschistenfans Maximilian Krah, einer Hervorbringung des vor mehr als 30 Jahren vom westdeutschen Ex-CDU-Generalsekretär Kurt Biedenkopf in Sachsen angelegten braunen CDU-Biotops, hatte er aber keine Chance. (…)
    Otti und Krah passten mit ihren Auslassungen gut in ihre Heimatparteien, zumindest dort, wo die CDU nicht gerade zusammen mit Bündnis 90/Die Grünen in einer Landesregierung sitzt (gegenwärtig sechs). Einige CDU-Landesverbände sind bei Klartext fallweise ohnehin weiter als sanft redende AfD-Biedermänner. Erinnert sei an die zwei stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Partei im Landtag von Sachsen-Anhalt, die 2019 eine Koalition mit der AfD entwarfen und dabei formulierten, es müsse wieder gelingen »das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen«. Wobei das »wieder« besonders bemerkenswert erschien. (…)
    Es hat in der Bundesrepublik nie eine »Brandmauer« zu einer Partei, die Faschisten zur Wahl aufbietet, gegeben. Man war und ist vom selben politischen Stamm. Die AfD proklamiert, was sich CDU und CSU nicht zu sagen trauen, höchstens deutsche Milliardäre wie Mathias Döpfner. Ganz oben steht da: Verharmlosung des Nazismus war gestern, heute wird mit dessen Glorifizierung gespielt. Wer den in die Ukraine exportierten Faschismus als Bündnis- und Wertepartner aufrüstet, dessen Staunen über AfD-Erfolge ist lediglich Steigerung üblicher Heuchelei.
    Quelle: Arnold Schölzel in junge Welt
  14. Die AfD und die Ignoranz der Eliten
    Die AfD liegt in Umfragen bei 20 Prozent. Wie nimmt man ihr den Schwung? Unsere Kolumnistin meint: Breitere öffentliche Debatten in Medien und Politik helfen.
    Neulich diskutierte ich lange mit einem alten Freund. Es ging um den Ukraine-Krieg, die Alternative für Deutschland (AfD) und die Nachrichtenlage zu beiden. Selbst unter Freunden sind solche Gespräche oft schwer. Nach zehn Minuten stiegen ihm die Tränen in die Augen. „Der rechte Mist von heute bringt den rechten Mist von damals hoch“, sagte er betroffen. Mein Freund ist 76 Jahre alt. Sein Leben lang schrieb er über Medien und Politik in der BRD. Heute hat er Angst vor der nächsten Bundestagswahl. 20 Prozent AfD – das macht auch mir Angst.
    Mein Freund ist Russland-Kritiker, er ist gegen die Nato und gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine. Damit sitzt er – wie so viele – zwischen den politischen Stühlen. Denn derzeit kommt Kriegskritik vor allem von rechts. Die AfD inszeniert sich als kriegskritische Widerstandspartei und gibt sich als Verfechterin der Meinungsfreiheit. Sie kann das auch dank eines engen Meinungskorridors in Medien und Politik.
    Erste Studien zur Ukraine-Berichterstattung machen das klar. Sie zeigen: Die Nachrichten sind einseitig. Es fehlen Hintergrundinformationen, Quellenvielfalt und kritische Debatten. Wer sind die Kriegsgewinnler im Westen? Inwiefern profitiert die Nato? Solche Fragen sind wichtig, fallen aber durch das öffentliche Raster. Denn Kriegskritik zu Kriegszeiten ist schwer, auch in den Medien. Dadurch punktet die AfD.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung unserer Leserin A.F.: Allerdings ist nicht nur die Welt der AfD schwarz-weiß, sondern auch die der hier angesprochenen „Eliten“, als Politiker, Medien und Wohlstandsbürger. Da wird Ricarda Lang vorgeworfen, dass ein kommunaler Grünen-Politiker mit der AfD gestimmt habe, sie redet über Maßnahmen und Partei-Ausschluss. Und worum ging es: Die AfD hatte in einer Stadt einen höheren Betrag für ein städtisches Theater beantragt als ursprünglich vorgesehen. Aber ja, da muss man natürlich gegenhalten, wenn es doch von der AfD kommt. Soll das Theater doch zusehen, wo es bleibt.

  15. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als externe Presseabteilung der Regierung
    Gesundheitsminister Lauterbach hat am 28. Juli seinen Aktionsplan für weniger Hitzetote vorgestellt. Er will deren Anzahl halbieren. Das dürfte ohne weiteres gelingen, denn seit einigen Tagen und auf absehbare Zeit, ist es mitten im Hochsommer ziemlich kalt in Deutschland. Interessant ist vor allem, was er zur Zusammenarbeit mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sagte.
    Es gibt ja Kritiker, die sagen, dass es mit der Staatsferne von ARD und ZDF nicht allzu weit her ist. Diesen Kritikern, zu denen ich mich zähle, goss der Minister mit der berüchtigt schlechten Sprechimpulskontrolle jede Menge Wasser auf die Mühlen, indem er den beitragsfinanzierten Rundfunk zu einer Art externen Pressestelle der Regierung erklärte. In einer Agenturmeldung, die u.a. auch tagessschau.de verbreitete, heißt es:
    „Lauterbach verwies darauf, dass seit dem letzten Treffen bereits die Zusammenarbeit mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk verstärkt worden sei. „Der Hitzeschutz ist jetzt viel stärker integriert in das Nachrichtengeschehen“, sagte der Minister.“
    Wenn es bei Hitzeschutz nur darum ginge, als Teil des Wetterberichts nötigenfalls eine Hitzewarnung auszugeben, wäre dagegen ja nichts einzuwenden. Wir haben aber gesehen, dass diese „Integration in das Nachrichtengeschehen“ bedeutet, dass die Tagesschau selbst bei moderaten Temperaturen viele Tage lang voll ist von langen Hitzeberichten und den Gefahren der Hitze, notfalls aus dem Death Valley in Kalifornien oder anderen Teilen der Welt. Die Zusammenarbeit bedeutet, dass wir bei angenehmen 27 Grad in der Tagesschau erfahren dürfen, dass Karl Lauterbach (per Twitter aus dem heißen Italien, wo er gern seinen Sommerurlaub verbringt) empfiehlt, die – ohnehin meist offenen – Kirchen als Kälteschutzräume zu öffnen.
    Quelle: Norbert Häring

    dazu: Lauterbach gesteht Mediensteuerung: “Hitzeschutz jetzt stärker ins Nachrichtengeschehen integriert”
    Der umstrittene Bundesminister für Gesundheit Karl Lauterbach hat erklärt, dass aufgrund einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk der “Hitzeschutz” häufiger in den Nachrichtenmeldungen erwähnt werde. Laut einer Agenturmeldung von Freitag, die auch bei der Tagesschau verbreitet wurde, erklärte der Gesundheitsökonom Lauterbach am Rande der Vorstellung von Maßnahmen seines Aktionsplans für die Vermeidung zu vieler Hitzetote, die Zusammenarbeit mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei seit dem letzten Treffen verstärkt worden. Lauterbach gesteht wörtlich:
    “Der Hitzeschutz ist jetzt viel stärker integriert in das Nachrichtengeschehen.”
    Die Warnungen würden dafür gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst organisiert. (…)
    Bereits im September 2022 war durch ein durchgestochenes vertrauliches Papier bekannt geworden, in welchem Ausmaß und wie detailliert die Bundesregierung etwa das antirussische Narrativ in den deutschen Medien steuert. Die gleichgeschaltet wirkende Berichterstattung des medialen Mainstreams in der Corona-Krise ließ auch dabei koordinierte Regierungspropaganda vermuten.
    Lauterbachs Kampagne für den “Hitzeschutz” begleitet den gewissermaßen ohnehin allgegenwärtigen “Klimaschutz” und erinnert sehr an ähnliche Kampagnen in der Corona-Krise. Dabei fällt jedoch völlig unter den Tisch, dass die Kälte für die Menschen in Mitteleuropa und im größten Teil der Welt deutlich gefährlicher ist als die Hitze und dass es daher deutlich mehr Kältetote als Hitzetote gibt. Das zeigte auch eine Studie in der Zeitschrift Lancet vom April. Um die Gefahr durch die Hitze trotzdem nicht zu gering wirken zu lassen, manipulierte auch Lancet offenbar eine Grafik zu diesem Thema.
    Quelle: RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Bemerkenswert ist die Formulierung des ZDF, nach der der amtierende Bundesgesundheitsminister “etwas weniger alarmistisch als zu Zeiten der Corona-Pandemie, aber nicht minder eindringlich (…) vor den Gefahren durch extreme Hitze” warne. Vermutlich unbeabsichtigt wird so das Phänomen Lauterbach recht gut beschrieben. Anstatt eine ordentliche Gesundheitspolitik zugunsten der hiesigen Bevölkerung zu betreiben, besteht seine “Leistung” darin, teure Werbekampagnen zu organisieren sowie permanent Ängste und Panik zu schüren. Denn noch immer ist Kälte für Menschen gefährlicher als Hitze.

  16. Zu guter Letzt: Karl Lauterbach plumpst ins Sommerloch: Schwarzwald statt Toskana?
    Nationalpanik: Karl Lauterbach führt die Hitze in der Toskana auf den Klimawandel zurück und „First Gentleman“ Andrea Giambruno ruft ihm zu, er solle doch in den Schwarzwald gehen, wenn es ihm nicht passt. Über eine Sommerloch-Posse
    Es sind wieder einmal Ferien und damit, was Nachrichtenlage und Medien-Aufmerksamkeit anbelangt, Zeit für das, was man früher „Sommerloch-Themen“ genannt hätte. Mittlerweile kann man es ein eigenes Genre der Nachrichten-Unterhaltung nennen. Es handelt sich um „Aufreger“ garantiert ohne jede Substanz, um eine Form der Empörung, die einem das Im-Liegestuhl-Liegen nur um so angenehmer erscheinen lässt, um fein gesponnene Mischungen aus Wohlgefühl und Weltuntergang.
    Es gibt vier Hauptgruppen solcher Sommerstories: Die Animal Panic Story (in Berlin wird ein Wildschwein mit einer Löwin verwechselt, im kalabrischen Amantea entfleucht ein Zirkuselefant), die Moral Panic Story (in Freibädern prügeln sich Jugendliche, Frauen wollen wahlweise im Burkini oder oben ohne ins Wasser), die Social Body Panic Story (ein wegen des Streiks nicht ausgelasteter Hollywood-Star referiert über den Zusammenhang von Zwiebelgenuss und Kuss-Szenen) und schließlich die National oder Identity Panic Story, in der sich ein Medienkasper durch einen anderen Medienkasper in seiner nationalen oder sonstigen Ehre gekränkt fühlt.
    Die sommerlichen Feelgood-Panic-Storys sind in der Regel so schnell vergessen, wie sie hochgekocht wurden. Gelegentlich finden sie, wie hier, ein Endlager in mehr oder weniger launigen Feuilleton-Glossen.
    Quelle: der Freitag


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