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Titel: Hinweise der Woche

Datum: 13. Juli 2025 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Arbeitslosigkeit, offene Stellen und Industriekonjunktur – warum ist der Zusammenhang nicht zu kapieren?
  2. Von wegen Leistungsgesellschaft: Die Mehrheit der Milliardäre hat ihr Vermögen nicht erarbeitet
  3. Günter Verheugen zur Ukraine-Wiederaufbaukonferenz: „Das ist Heuchelei“
  4. Deutschlands Plan: Mega-Deal mit tausenden Panzern gegen Putin
  5. Die Palästinensische Gemeinde Deutschland fordert von der Bildungsministerin Karin Prien eine öffentliche Entschuldigung
  6. »Multipolarität? Vielleicht irgendwann in der Zukunft«
  7. “Niemand ergreift die Macht je in der Absicht, sie wieder abzugeben.” G. Orwell, 1984
  8. Russian oil or mass layoffs: A German town’s conundrum
  9. Politik der Angst
  10. Steigende Staatsschulden der USA: Trump ist aber nicht schuld

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Arbeitslosigkeit, offene Stellen und Industriekonjunktur – warum ist der Zusammenhang nicht zu kapieren?
    Im Juni 2025, das meldete die Bundesagentur für Arbeit in dieser Woche, ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland um 11 000 gestiegen und die Zahl der von den Unternehmen gemeldeten offenen Stellen ist um 9000 gefallen (saisonbereinigt natürlich). Offenbar hat man diesen Personen die Arbeit genommen, die sie eigentlich haben wollten. Gleichzeitig räumt die Bundesagentur in ihrem Monatsbericht ein, dass „die Chancen, Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Beschäftigung zu beenden, auf einem historisch niedrigen Niveau liegen“.
    Damit sind seit Beginn des Jahres 2022, also unmittelbar nach dem Zeitpunkt, an dem der Corona-Schock wirtschaftlich weitgehend überwunden war, fast 600 000 Menschen zusätzlich arbeitslos geworden. In diesem Zeitraum ist die Zahl der offenen Stellen um 230 000 auf nur noch wenig mehr als 600 000 gefallen. Die untenstehenden beiden Original-Schaubilder der Arbeitsagentur zeigen zudem (jeweils die oberste Kurve), dass sich der Anstieg bzw. Abstieg sich bei beiden Zahlen sehr kontinuierlich vollzog.
    Quelle 1: Relevante Ökonomik
    Quelle 2: Surplus Magazin

    dazu: Arbeitslosengeld-Ausgaben 2012 bis Juni 2025
    In den 12 Monaten von Juli 2024 bis Juni 2025 wurden von der Bundesagentur für Arbeit (BA) für das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld (SGB III) insgesamt 24,327 Milliarden Euro ausgegeben, 3,902 Milliarden Euro mehr als in den 12 Monaten ein Jahr zuvor (Juli 2023 bis Juni 2024: 20,425 Milliarden Euro).
    Im monatlichen Vorjahresvergleich stiegen die Arbeitslosengeldausgaben nach November 2022 in jedem der danach folgenden 31 Monate (Dezember 2022 bis Juni 2025). In diesen 31 Monaten nach November 2022 stieg die 12-Monatssumme der Arbeitslosengeldausgaben um 7,784 Milliarden Euro (47,1 Prozent), von 16,543 Milliarden Euro (Dezember 2021 bis November 2022 auf die oben genannten 24,327 Milliarden Euro (Juli 2024 bis Juni 2025).
    Quelle: BIAJ

    dazu auch: Realitätsblinde Politik – Die Mitte setzt ihre Prioritäten falsch
    Deutsche Parteien vernachlässigen grundlegende Probleme vieler Bürger: hohe Wohnkosten, teuren Nahverkehr, unzureichende Kinderbetreuung. Das stärkt die politischen Ränder. Es geht auch anders.
    Der Sieg des linken Demokraten Zohran Mamdani bei den Bürgermeisterschaftsvorwahlen in New York hat das Establishment der Partei und Verbände in Aufruhr versetzt. Der 33-Jährige nennt sich einen Sozialisten, hat eine sehr gute Medienpräsenz und beherrscht die Regeln von Tiktok. Vor allem aber spricht er konkrete Missstände an: hohe Kosten für Miete, Nahverkehr, Kinderbetreuung und Lebensmittel.
    Das verbindet ihn mit einer Partei auf dieser Seite des Atlantiks.
    Quelle: Handelsblatt

  2. Von wegen Leistungsgesellschaft: Die Mehrheit der Milliardäre hat ihr Vermögen nicht erarbeitet
    Reichtum muss man sich erarbeiten? Eine Studie widerlegt diese Annahme und zeigt: In Deutschland sind die wenigsten Milliardäre wirklich „Selfmade“.
    „Vom Tellerwäscher zum Milliardär“ – dieser Traum beschäftigt viele Menschen. Wer so reich ist, wird meist mit harter Arbeit verbunden. Doch eine kürzlich erschienene Analyse von Datapulse stellt diese Annahme infrage. In Deutschland gibt es 171 Milliardäre, doch nur etwa jeder Vierte soll sein Vermögen selbst erarbeitet haben. Deutschland ist dabei sicherlich kein Einzelfall, aber besonders hierzulande stammt Reichtum oft aus anderen Quellen.
    Quelle: Schwäbische

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wichtiger Hinweis, der nicht oft genug erfolgen kann. Und selbst ein noch so genialer Erfinder und fähiger Unternehmer ist auf gute Mitarbeiter und Zulieferer, ein günstiges wirtschaftliches Umfeld, staatliche Sicherheit und juristischen Schutz angewiesen und hat die Milliarden – 1 Milliarde Euro entsprechen bei 70 Jahren Arbeit und 3.000 Stunden im Jahr, also bei einem extrem hohen Arbeitseinsatz immer noch 4.761 Euro pro Stunde – nicht alleine erwirtschaftet. Niemandes Arbeitsleistung ist zig Tausende oder gar Millionen Euro am Tag wert. Umgekehrt wird es durch die zunehmende Zerstörung der gesellschaftlichen, kulturellen und sachlichen Infrastruktur in Deutschland immer schwieriger, als Unternehmer reich zu werden. Dadurch koppelt sich die “Erbenelite” noch stärker vom Rest der Gesellschaft ab.

  3. Günter Verheugen zur Ukraine-Wiederaufbaukonferenz: „Das ist Heuchelei“
    Der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen kritisiert die einseitige Haltung Deutschlands und der EU im Ukrainekrieg. Ein Interview.
    In Rom versuchen dieser Tage westliche Politiker, Banken und Institutionen, internationale Investoren für die Ukraine zu gewinnen. Doch schon vor Beginn der Konferenz ist der Optimismus nur gering. Im Haushalt der Ukraine klafft ein Milliardenloch, der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock hat angekündigt, seine Suche nach Finanziers einzustellen. Seit dem Wechsel im Weißen Haus gebe es in der Finanzwelt nur noch wenig Interesse. Die Investoren wollen ihr Geld nicht in der Ukraine anlegen, weil dort ein brutaler Krieg geführt wird. Deutschland und die EU halten dennoch unentwegt an Waffenlieferungen fest und zeigen keine Verhandlungsbereitschaft mit Russland. Das war nicht immer so. Die EU hat früher die Sicherheitsinteressen Russlands berücksichtigt, sagt der frühere stellvertretende EU-Kommissionspräsident Günter Verheugen im Gespräch mit der Berliner Zeitung.
    Quelle: Berliner Zeitung
  4. Deutschlands Plan: Mega-Deal mit tausenden Panzern gegen Putin
    „Der Gesamtzustand der deutschen Wiederaufrüstung ist katastrophal“, schreibt Guntram Wolff. Zusammen mit anderen Analysten des in Brüssel sitzenden Thinktanks Bruegel hat Wolff Deutschland dieses Armutszeugnis Ende 2024 ausgestellt: „Kriegsbereit in Jahrzehnten“ lautete das Ergebnis der Wissenschaftler. Jetzt hat Deutschland aber vermutlich einen weiteren Schritt gemacht: Laut dem Wirtschaftsdienst Bloomberg will Deutschland 25 Milliarden Euro investieren, um die Nato-Truppen an der Ostflanke mit bis zu 1.000 Kampf- und bis 2.500 Schützenpanzern zu verstärken. Eine Investition, die Wladimir Putins Mütchen kühlen und ihm beweisen soll, dass er auf ein anderes Europa treffen würde, als das, dass vor dem Ukraine-Krieg von der Friedensdividende gezehrt hat. So zumindest die Theorie.
    Quelle: FR Online

    dazu auch: Mit Militärausgaben die Wirtschaft retten?
    Das Problem liegt in der Zusammensetzung des Finanzpakets von Union, SPD und Grünen. Oder genauer: Es liegt in der Priorisierung der Militärausgaben gegenüber den Infrastrukturinvestitionen. Nicht einsichtig ist, warum Verteidigungsausgaben jeglicher Höhe, die ein Prozent der Wirtschaftsleistung überschreiten, nicht mehr unter die Schuldenbremse fallen, gleichzeitig aber das Sondervermögen für Infrastruktur gedeckelt wird. […]
    Gerade Rüstungsgüter sind bezüglich des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses ökonomisch betrachtet funktionslos. Da sie als unreproduktive Waren nicht wieder in den Reproduktionsprozess des Kapitals eingehen, steigern sie auch nicht die Arbeitsproduktivität. Ganz anders die reproduktiven Staatsausgaben: Zahlreiche Studien zeigen, dass zum Beispiel Infrastrukturinvestitionen Straßen, Brücken, Autobahnen, Flughäfen, Schienennetze, Wasserinfrastruktur und anderes öffentliches Kapital schaffen, das die Produktivität der Beschäftigten in der Volkswirtschaft insgesamt erhöht.
    Quelle: Günther Grunert auf Budrich Journals (Bezahlschranke)

    Anmerkung unserer Leserin C.S.: Ein großartiger Artikel, der theoretisch und mit empirischen Belegen überzeugend verdeutlicht, warum die Steigerung der Militärausgaben auch aus ökonomischer Sicht widersinnig ist.

    und: Der barbarische Russe: Wenn der noch fruchtbare Schoß wieder kreißt
    Deutschland rüstet sich für einen Krieg mit Russland, das gar keine Kriegsabsichten gegenüber Deutschland hegt. Gleichzeitig unterstützt deutsche Politik mit der Ukraine und Israel gleich zwei rechte Regime. Deutschland liefert Waffen für Genozid und Kriegsverbrechen. Deutsche Politik unternimmt nichts, um Konflikte auf diplomatischem Weg zu lösen, dafür aber alles, um seine imperialistischen Interessen kompromisslos durchzusetzen. Man ist sich entweder mit Deutschland einig, oder man ist nicht mit Deutschland, ist das kompromisslose Motto deutscher Außenpolitik. Deutschland wiederholt nun zum dritten Mal, was bei Versuch eins und zwei zum Glück für die Welt gescheitert ist.
    Die Frage ist, wie es trotz all der Nie-Wieder-Beteuerungen nach 1945 dazu kommen konnte? Woher kommt die fehlende Resilienz?
    Quelle: Gert Ewen Ungar in RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Die Unterstützung der fragwürdigen Regimes in der Ukraine seit 2014 durch deutsche Bundesregierungen hätte Anlass für echte Demos gegen Rechts sein können. Aber im deutschen Mainstream wird die Ukraine quasi als “lupenreine Demokratie“ gepriesen, die die „westlichen Werte“ verteidige.

  5. Die Palästinensische Gemeinde Deutschland fordert von der Bildungsministerin Karin Prien eine öffentliche Entschuldigung
    Die Palästinensische Gemeinde Deutschland fordert von der Bildungsministerin Karin Prien eine öffentliche Entschuldigung und das Zurückziehen folgender Aussage: „Die palästinensischen Communities sind offensichtlich ordentlich radikalisiert.“
    Wir sind zutiefst empört und besorgt über die Äußerung der Bildungsministerin. Diese Pauschalisierung dient dazu die gut integrierten, arbeitenden und das Grundgesetz respektierenden in Deutschland lebenden Palästinenser zu diffamieren. Eine deutsche Bildungsministerin sollte allein aufgrund der Historie Deutschlands besser wissen, dass man ganze Volksgruppen oder Ethnien nicht generalisiert.
    Quelle: Palästinensische Gemeinde Deutschland

    dazu: Bundesbildungsministerin Prien ignoriert Bitte des palästinensischen Botschafters in Deutschland
    Quelle: NachDenkSeiten

    dazu auch: Die Barbaren sind wir
    Der Westen hat sich in einer Hybris der Arroganz verloren und glaubt, er könne nichts mehr von anderen Kulturen lernen — dabei ist sein Hauptexportschlager Krieg.
    Der Tod in Gaza findet als Liveshow Eingang ins Leben der westlichen Wertegemeinschaft. Wie ein Feuerwerk können Israelis das Sterben in Gaza beobachten. Es ist, als könne man von erhöhten Podesten nach Gaza schauen, fotografieren, den Sieg genießen, applaudieren. Diese absurde Vorstellung — eine Vorstellung, ein Event, vom Recht zu töten — muss uns Menschen fragen lassen: Sind wir der Menschlichkeit noch fähig? Ist die Fähigkeit zur Empathie auf dem Weg in den eigenen skrupellosen Narzissmus verloren gegangen?
    Quelle: Manova

    und: Vernichtungskrieg in Gaza: Warum die Welt zuschaut
    «Wenn Israel in Gaza tausend Hunde töten würde, löste dies einen grösseren Aufschrei aus als die Massenabschlachtung von Menschen.» […]
    Unbequeme Fragen stellt der französische Soziologie-Professor Didier Fassin. Das Zuschauen in Gaza werde in der moralischen Ordnung der Welt eine tiefe Wunde hinterlassen. Fassin fragt:

    • Warum akzeptieren die politisch Verantwortlichen und intellektuellen Vertreter westlicher Länder bis auf wenige Ausnahmen die statistische Tatsache, dass das Leben eines palästinensischen Zivilisten um einen Faktor von mehreren hundert weniger wert ist als dasjenige eines Israelis?
    • Wie ist es zu erklären, dass Demonstrationen und Versammlungen, die einen gerechten Frieden fordern, verboten wurden?
    • Warum berichten die meisten grossen westlichen Medien ungeprüft und beinahe automatisch die Version der Ereignisse aus dem Lager der Besatzer und ziehen die Perspektive der Besetzten unablässig in Zweifel?
    • Warum wenden so viele, die protestieren, ja aufbegehren könnten, ihre Augen ab von der Vernichtung eines Territoriums, seiner Geschichte und Denkmäler, seiner Krankenhäuser und Schulen, seiner Wohnungen und seiner Infrastruktur, seiner Strassen und seiner Bewohner. Warum ermutigen sie sogar in vielen Fällen die Fortsetzung dieser Zerstörung?

    Quelle: Infosperber

  6. »Multipolarität? Vielleicht irgendwann in der Zukunft«
    Obwohl die globale Dominanz der USA bröckelt und China als Rivale auftritt, bleibt die unilaterale Weltordnung intakt, so der Historiker Vijay Prashad. Weshalb er die NATO für die gefährlichste Organisation der Welt hält, erklärt er im Interview.
    Schaut man sich die politische Debatte in Deutschland an, könnte man den Eindruck gewinnen, der Westen sei umzingelt von Feinden, die ihn vernichten wollen. Doch außerhalb der Washington-Berlin-Blase ist der Tenor ein anderer: die USA, die spätestens seit dem Zerfall der Sowjetunion die Weltpolitik dominierten, stecken selbst in einer tiefen Krise und sind immer weniger in der Lage, ihre globale Dominanz aufrechtzuerhalten. Das birgt einerseits die Gefahr von immer mehr bewaffneten Konflikten, wie den jetzigen Kriegen in der Ukraine oder dem Gazastreifen, aber auch die Chance auf eine Welt, in der es Platz gibt für mehrere regionale Akteure und selbstbestimmte Entwicklungspfade abseits des sogenannten Washington-Konsenses.
    Quelle: Jacobin
  7. “Niemand ergreift die Macht je in der Absicht, sie wieder abzugeben.” G. Orwell, 1984
    In seiner gestrigen Plenarsitzung in Straßburg gab das EU-Parlament der Kommissionspräsidentin die Möglichkeit, zu dem gegen sie eingebrachten Misstrauensantrag Stellung zu nehmen.
    vonderLeyen packte eine geradezu bauerntheatralische Empörung, mit der sie – sachfremde Hyperventilationen vortäuschend – auf Abgeordnete einredete, deren Mehrheit ihr in devoter Komplizenschaft ja ohnedies verbunden war. Dies alles natürlich nicht, ohne die ihr protokollarisch zustehenden 5 Minuten im Handstreich auf (akustisch & sprachästhetisch) quälende 14 zu verdreifachen. An demokratische Regeln & Gepflogenheiten müssen sich im EU-System, wie Sie schon dieser Marginalie entnehmen, eben immer nur andere halten.
    Quelle: Martin Sonneborn via Twitter/X

    dazu auch: Im Amt, aber geschwächt
    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den ersten Misstrauensanstrag im Europaparlament gegen ihre Kommission nach einigen Zugeständnissen glimpflich überstanden. Den Antrag lehnte am Donnerstag eine klare Mehrheit der Abgeordneten ab. Allerdings hatte von der Leyen den Sozialdemokraten dafür zusagen müssen, einen Sozialfonds – anders als geplant – als eigenständigen Fonds beizubehalten und eine von ihr bislang verhinderte Anti-Diskriminierungs-Richtlinie ins Parlament einzubringen. Die Zugeständnisse waren nötig geworden, weil von der Leyen mit einem dubiosen Deal in Sachen Covid-19-Impfstoffbeschaffung und weiteren Maßnahmen erheblichen Unmut in allen Parlamentsfraktionen ausgelöst hatte. Beobachter halten ihre Position nach dem Votum für geschwächt.
    Quelle: German Foreign Policy

  8. Russian oil or mass layoffs: A German town’s conundrum
    In Schwedt, life flows through an oil refinery. If it doesn’t get help — or restart Russian imports — people worry their jobs will be gone. […]
    In any case, Europe’s energy sector is at the heart of that potential cooperation. Moscow is in talks with Washington over restarting Nord Stream, backed by U.S. investors.
    That’s sparking anxiety in Brussels. Trump and Putin “want to divide the European energy market and create [separate] spheres of influence,” said a second EU official, also granted anonymity.
    Schwedt, too, could be swept into a U.S.-Russia peace deal. American investors are reportedly exploring buying up Rosneft’s shares in the refinery, according to German investigative outlet Correctiv. That would give U.S. firms a majority share in the facility.
    Quelle: Politico

    dazu auch: Zu hohe Gaspreise? Griechenland einigt sich mit Gazprom
    Nach längerem Rechtsstreit einigt sich Griechenland mit Gazprom auf niedrigere Gaspreise. Damit erhält Athen weiterhin russisches Gas – trotz EU-Ausstiegsplänen.
    Der griechische Gasversorger Depa Commercial und der russische Energiekonzern Gazprom haben nach monatelangem Rechtsstreit eine außergerichtliche Einigung über die Gaspreise erzielt. Darüber berichtet die griechische Tageszeitung Kathimerini unter Berufung auf eigene Quellen.
    Griechenland konnte demnach in den Verhandlungen mit Gazprom eine „vorteilhafte Vereinbarung zur Beschaffung von billigerem russischem Gas“ durchsetzen. Hintergrund war ein Rechtsstreit zwischen der griechischen Gasgesellschaft Depa und Gazprom über die Gaspreise im Lieferzeitraum 2022–2023.
    Quelle: Berliner Zeitung

  9. Politik der Angst
    Der Menschheit hat die Angst vor Bedrohungen das Überleben gesichert. Aber den Kindern in Gaza und Millionen Menschen in anderen Kriegsgebieten hilft die Angst vor dem Aushungern, vor Panzern, Killerdrohnen und all den effektiven Tötungsmaschinen nichts: Sie werden doch ermordet.
    Heute ist Angst das beherrschende Lebensgefühl für die Mehrheit der Deutschen.
    Es ist müßig, die täglichen Schreckensmeldungen über eskalierende Kriege, zusammenbrechende Sicherungssysteme, verlogene Politiker (und Politikerinnen), Klimakatastrophen, Verachtung für internationale Verträge und das systematische Abtrainieren jeder menschlichen Regung aufzulisten – alle kennen sie aus persönlicher Erfahrung. Wer kann das aushalten? 81 Prozent der Jugendlichen in Deutschland haben Angst vor einem Krieg in Europa (Shell-Studie). In Teilzeit Arbeitende wissen: Altersarmut betrifft 3,4 Millionen Menschen; ihre Zahl (besonders betroffen sind Frauen) ist in zwanzig Jahren um 76 Prozent gestiegen. Über die wachsende Gefahr, dass die Nato und die EU einen Weltkrieg provozieren, reden Politiker wie über die Nachteile der befestigten Deckel an Plastikflaschen. »Der Frieden ist das Meisterstück der Vernunft« (Kant)? Keine Chance, der Wahnsinn greift um sich. Laut einer Untersuchung schränken immer mehr Menschen in Deutschland bewusst ihren Nachrichtenkonsum ein – Folge der nicht mehr verkraftbaren Krisen und Kriege, der Verrohung und Verlogenheit.
    Quelle: Ossietzky 13/2025
  10. Steigende Staatsschulden der USA: Trump ist aber nicht schuld
    Trumps Schuldenpläne seien ein Affront gegen die ökonomische Vernunft, meint ein Kommentator des Handelsblatts. In 40 Jahren könnte die Schuldenquote des amerikanischen Staates bei 200 Prozent liegen. Das werde nicht gut gehen. Ein anderer Kommentator im selben Blatt meint gar in einem „Essay“, der Präsident schwäche „in atemberaubender Geschwindigkeit“ die stärkste Volkswirtschaft der Welt, weil das neue Gesetz eine „unkalkulierbare Schuldenwette“ bedeute.
    Doch das alles sind Vorurteile aus einer Welt, die es lange schon nicht mehr gibt. 95 Prozent der Ökonomen und schätzungsweise 99 Prozent der Wirtschaftsjournalisten halten an der Fiktion fest, es gebe andere Sektoren der Volkswirtschaft, die die immer unumgängliche Verschuldung schultern würden, wenn der Staat sich zurückzöge. Allerdings wissen die meisten nicht einmal, dass es Sparen nicht geben kann, wenn sich nicht gleichzeitig in gleicher Höhe jemand verschuldet. Die Volkswirtschaftslehre ist immer noch eine verkappte Betriebswirtschaftslehre, ein Fach, das sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt, intellektuell das Niveau der Volkswirtschaft und damit das der ökonomischen Vernunft zu erreichen (wie hier und in meinem Grundlagenbuch gezeigt).
    Quelle: Relevante Ökonomik


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