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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 2. August 2012 um 8:48 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.

  1. Was hinter der Diskussion um die Banklizenz steckt
  2. US-Ökonom rechnet mit deutscher Sparpolitik ab
  3. Migration: Spanien verliert seine Kinder
  4. BMF: Bericht über die Übernahme von Gewährleistungen nach dem Stabilisierungsmechanismusgesetz
  5. DIW: Rating-Agenturen sind Teil des Problems
  6. Arbeitsmarkt im Juli 2012
  7. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im rentennahen Alter 2000 und 2011
  8. Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Vorschlag der EU-Kommission für zwei neue EU-Richtlinien zur öffentlichen Auftragsvergabe (896/2 und 895)
  9. Die extremistische Gesellschaft
  10. Steuerhinterziehung : Reiche horten Billionen in den Steueroasen
  11. Umweltgesetz und BDI : Rösler verschont Industrie von der Ökosteuer
  12. Schwere Zeiten für die Betriebsrente
  13. Kommentar: Mit dem Euro Jobs retten
  14. „Prantl-Gate“: Versuch einer Erklärung
  15. Innenminister ignoriert Karlsruher Urteil
  16. HIS: Bachelorabsolventen entscheiden sich mehrheitlich für den Master
  17. Weg von G8: Abitur ohne Turbo
  18. Stimmrecht in den USA: Wie neue Gesetze Obama-Anhänger von der Wahl ausschließen
  19. Sportphilosoph kritisiert überzogene Erwartungshaltung an Olympioniken

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Was hinter der Diskussion um die Banklizenz steckt
    Die deutschen Sparer fühlen Unheil nahen. Diskussionen um eine „unbegrenzte Feuerkraft“ und eine Banklizenz für den Eurokrisenfonds ESM lassen sie um ihre Ersparnisse zittern. Höchste Zeit, ein wenig Ordnung in die Diskussion zu bringen. […]
    Einige Fachleute werten die Diskussion um eine Banklizenz für den ESM ohnehin nur als Nebelkerze. Sie weisen auf eine viel einfachere Möglichkeit hin: Die EZB selbst könnte ihr Anleihe-Programm wieder in großem Stil aufnehmen. Den ESM bräuchte sie dafür nicht. Das Ergebnis aber wäre weitgehend das gleiche. Mit drei Unterschieden: Während der ESM ein politisches Instrument ist, ist die EZB formal unabhängig. Auch würde es im Fall der Fälle einen Unterschied machen, ob die Risiken bei der EZB oder beim ESM liegen. Befürworter eines Eingreifens des EZB weisen zum dritten darauf hin, dass sich der Rettungsfonds das meiste Geld für Staatsanleihenkäufe am Kapitalmarkt leihen müsste, die EZB es hingegen quasi aus dem Nichts schaffen könnte. Sie bräuchte dafür nicht mal Zinsen zahlen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung JB: Die FAZ will “ein wenig Ordnung in die Diskussion” bringen und erreicht mit ihrem sachlich daherkommenden Artikel das genaue Gegenteil. Wie bereits auf den NachDenkSeiten angeführt, besteht der wesentliche Unterschied zwischen den Interventionen der EZB und Interventionen des ESM (mit oder ohne Banklizenz) darin, dass die EZB laut Statut ausschließlich Papiere am Finanzmarkt (Sekundärmarkt) kaufen darf. Der ESM darf jedoch auch den Staaten die Anleihen direkt abkaufen (also am Primärmarkt). Dieser Unterschied mag sich technisch anhören, ist jedoch für den Wirkungsmechanismus der Interventionen maßgeblich. Leider erwähnt der Artikel der FAZ diesen relevanten Unterschied noch nicht einmal. Dabei ist es keinesfalls auszuschließen, dass der FAZ-Autor noch nicht einmal weiß, dass es sich beim Hollande-Monti-Modell um eine Intervention am Primärmarkt handelt. Die Kommentare der zitierten “Fachleute” legen diese Vermutung zumindest nahe. Der gleiche Fehler ist (in einem leicht anderen Zusammenhang) auch letzter Woche der SZ passiert.

    Dazu eine Ergänzung zum gestrigen Artikel “Die deutsche Regierung heizt die Eurokrise weiter an”

    Anmerkung JB: Einige Leser machten mich per Mail auf einen Artikel in der FAZ aufmerksam, in dem Prof. Stefan Homburg anhand von Art. 32 Abs. 9 des ESM-Gesetzes herleitet, dass der ESM keine Banklizenz bräuchte, da er nicht lizensierungspflichtig sei. Das ist korrekt. Nicht korrekt ist jedoch die Interpretation, dass dem ESM dadurch auch Zugriff auf EZB-Kredite und EZB-Offenmarktpapiere hätte. Dafür benötigt er in der Tat eine Zulassung der EZB bzw. der Bundesbank, mit der er einem “Kreditinstitut” nach Definition des Kreditwesengesetzes (KWG) gleichgestellt wird – vereinfacht wird hier in der öffentlichen Diskussion von einer “Banklizenz” gesprochen. Art. 32 Abs. 9 des ESM-Gesetzes sagt, dass der ESM von den Zulassungs- und Lizenzierungspflichten, die für Kreditinstitute gelten, ausgenommen ist. Der Passus sagt dabei jedoch nicht, dass der ESM dadurch nun in allen rechtlichen Belangen mit einem Kreditinstitut gleichzusetzen sei. Das ist ein kleiner aber feiner Unterschied. Ich möchte das mal zur Vereinfachung mit einem (hypothetischen) Gesetz zur Zulassung von Elektrofahrrädern vergleichen. Ein solches Gesetz könnte sehr wohl einen Passus beinhalten, der besagt, dass Elektrofahrräder nicht den Zulassungspflichten unterliegen, die die Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) für Automobile vorsieht. Das heißt aber noch lange nicht, dass Elektrofahrräder auf der Autobahn fahren dürfen. Die im NDS-Artikel geäußerte Interpretation der “Banklizenz” deckt sich im übrigen auch mit der Interpretation des Bundesfinanzministeriums, der Bundesbank und der EZB.

  2. US-Ökonom rechnet mit deutscher Sparpolitik ab
    Er ist Nobelpreisträger und ein Freund klarer Worte: Paul Krugman. Im ARD-Interview rechnet der US-Ökonom mit der deutschen Sparpolitik ab. Er erwartet noch dieses Jahr den Euro-Ausstieg Griechenlands und hält einen Rettungsschirm für Spanien für nicht nötig – dafür aber Konjunkturprogramme.
    Quelle: Tagesschau
  3. Migration: Spanien verliert seine Kinder
    Spanien erlebt die schärfsten Sparmaßnahmen seiner Geschichte. Die Wirtschaft liegt brach, eine ganze Generation sucht das Glück im Ausland. “Ich glaube, ich werde nach Deutschland gehen”, sagt César Martínez. Die Zeit ist gekommen, um dem Land in dem er geboren ist, den Rücken zu kehren. Spanien kann seinen Kindern nicht mehr viel bieten. Keine Generation von Spaniern hat so viel von dem Wohlstand des Landes profitiert. Dieser Wohlstand hat nicht nur eine enorme Immobilienblase hervorgebracht, sondern auch eine gut ausgebildete Jugend. Frutos und Martínez sind typische Repräsentanten dieser Jugend. Nach Angaben der OECD haben 38 Prozent der spanischen Bevölkerung einen Hochschulabschluss. Mit dieser Quote liegt Spanien oberhalb des OECD-Durchschnitts. Zum Vergleich: Nur 26 Prozent der Deutschen haben eine Hochschule besucht. Und doch liegt das Talent der spanischen Jugend brach. Ende des Jahres 2011 befanden sich laut dem europäischen Statistikamt Eurostat knapp 49 Prozent der Jugendlichen ohne Arbeit. Am meisten betroffen sind nach einer Studie der spanischen Bank BBVA Personen ohne Hochschulabschluss. Doch auch knapp 30 Prozent der spanischen Jungakademiker hat derzeit kaum eine Chance, eine Arbeit zu finden.
    Ist das langfristig nicht eine Gefahr für Spanien, wenn Leute wie Muñoz das Land verlassen? Verliert das Land nicht die Leute, die es zur Entwicklung von Wirtschaft und Industrie dringend bräuchte? “Nicht unbedingt” erwidert Albert Sabater vom katalonischen Forschungszentrum an der Autonomen Universität Barcelona CED. “Wir befinden uns gerade am Anfang dieser Migrationswelle und wir wissen nicht, ob die Ausgewanderten nach einiger Zeit wiederkehren werden.” … Es ist gut möglich, dass es sich um eine zirkuläre Migration handelt – Menschen gehen und kehren nach einer gewissen Zeit wieder”. Außerdem: “Nicht alle Personen, die das Land verlassen, sind mit einem Hochschulabschluss gesegnet”. Davon gibt es in Spanien auch reichlich. Wer sich um das heimische Wissenschaftspotenzial Sorgen mache, so Sabater, der soll lieber dafür sorgen, dass die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung langfristig wieder fließen. Diese hatte die Regierung in Madrid für 2012 im Vergleich zu 2011 bereits um 25 Prozent gestrichen. Für das kommende Jahr werden die Forscher weitere 15 Prozent der Gelder an den Sparmaßnahmen verlieren.
    Quelle: Wirtschaftswoche

    Anmerkung RS: Der Artikel wird von einer Bildstrecke begleitet, die mit einigen üblichen neoliberalen Floskeln versehen werden, z.B.:

    Arbeitnehmer haben es viel zu gut:

    „Das Hauptproblem: Fortbildungsprogramme und Arbeitsvermittlung wurden bislang vernachlässigt, Teilzeitverträge existierten bislang fast gar nicht. Auf Seiten der Arbeitnehmer haben sich zu viele Angestellte in komfortablen Bedingungen eingenistet. Flexibilität und Mobilität bei Stellensuchenden sind so gut wie gar nicht ausgeprägt.“

    Deshalb flüchten Hochqualifizierten ins Job-Paradis Deutschland:

    „Ausgerechnet die Hochqualifizierten bewegen sich nun – mit fatalen Folgen für Spanien. Weil Jobs und Perspektiven für Akademiker fehlen, schauen sich junge Iberer zunehmend im Ausland nach Jobs um. In Deutschland könnte sie fündig werden. Die Bundesregierung warb im vergangenen Herbst um spanische Ingenieure. Mit Erfolg. Bis zum Jahresende 2011 bewarben sich mehr als 14.000 junge Iberer um einen Job zwischen Hamburg und München. Spanien droht nun der „brain drain“.“

    Zu wenig (kommunales und regionales) Sparen, nicht genug Personal entlassen, sondern sogar Personal eingestellt worden:

    „Ein weiteres Problem: Spaniens Regierungschef legt ein hohes Reformtempo vor – doch die Kommunal- und Regionalregierungen zeigen keinerlei Sparbereitschaft. Während die Zentraladministration seit 2001 ihr Personal um 22 Prozent reduziert habe, sei die Belegschaft der autonomen Gemeinschaften um 44 Prozent und die der Gemeinden um 39 Prozent gestiegen, rechnete Antonio Beteta vor, der Staatssekretär für öffentliche Verwaltungen.“

  4. BMF: Bericht über die Übernahme von Gewährleistungen nach dem Stabilisierungsmechanismusgesetz
    Die Europäische Finanzstablisierungsfazilität verfügt über eine maximales Ausleihvolumen von 440 Mrd. Euro. Davonsind derzeit Mittel in Höhe von rund 190 Mrd. Euro für die Programme für Irland, Portugal und Griechenland gebunden.
    Die Programmvolumina verteilen sich zum 30. Juni 2012 wie folgt:

    • Irland: 17,7 Mrd. Euro
    • Portugal: 26,0 Mrd. Euro
    • Griechenland: 144,6 Mrd. Euro

    Quelle: BMF [PDF – 485 KB]

  5. DIW: Rating-Agenturen sind Teil des Problems
    Länderbewertungen durch die drei großen Rating-Agenturen machen keinen Sinn mehr. Es fehlt ihnen schlicht an Glaubwürdigkeit.
    Zu oft haben die Agenturen daneben gelegen. Zu sehr riechen die Ratingnoten nach dem Verlangen Politik zu machen, nach dem Motto: Schaut her, wozu wir in der Lage sind…
    Seit Ausbruch der europäischen Schuldenkrise wird mit fast jeder Zuckung der US-Agenturen die Rettung der Schwächeren für die Stärkeren im Euro-Boot schwieriger und teurer, ohne dass dem ein erkennbarer Nutzen aus der Benotung gegenüber steht…
    Die Höchstzinsen von Spanien und Italien treffen uns jedoch unmittelbar und entwerten vergangene Anstrengungen der Staatengemeinschaft, die Situation zu stabilisieren.
    EZB und ESFS bleiben in der handelsarmen Urlaubszeit fast schon nichts anderes übrig, als dem Treiben auf den Märkten ein Gegengewicht entgegensetzen und die Nachfrageseite zu verstärken.
    Warum lassen wir das zu? Die Bundesbank beklagt zwar die Anleihekäufe der EZB, jedoch nicht die Rolle, die die Agenturen dabei spielen.
    Quelle: DIW [PDF – 130 KB]
  6. Arbeitsmarkt im Juli 2012
    • Im Juli 2012 wurden von der Statistik der BA insgesamt 2,876 Millionen Arbeitslose registriert, 63.000 bzw. 2,2% weniger als im Juli 2011. Vor einem Jahr, im Juli 2011, konnte die Bundesagentur für Arbeit noch einen Rückgang von 247.000 im Vergleich zum Vorjahr berichten.
    • Von den 2,876 Millionen Arbeitslosen waren 885.000 (30,8%) im Rechtskreis SGB III und 1,991 Millionen (69,2%) (Juli 2011: 70,8%) im Rechtskreis SGB II (Hartz IV) registriert.
    • Als Arbeitsuchende waren im Juli 2012 insgesamt 4,957 Millionen Frauen und Männer registriert, 219.000 (4,2%) weniger als im Juli 2011. Die von der Statistik der BA ermittelte
      „Unterbeschäftigung ohne Kurzarbeit“ betrug im Juli 2012 3,847 Millionen, 224.000 (5,5%) weniger als im Juli 2011.
    • Nach vorläufigen, hochgerechneten Daten hatten im Juli 2012 821.000 (arbeitslose und nicht arbeitslose) Frauen und Männer Anspruch auf das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld (SGB III) und 4,448 Millionen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. (176.000 (3,8%) weniger als im Juli 2011). ( Bereinigt um die Zahl der etwa 90.000 sog. Aufstocker (Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II) hatten im Juli 2012 etwa 5,178 Millionen erwerbsfähige Frauen und Männer Anspruch auf Arbeitslosengeld (SGB III) bzw. Arbeitslosengeld II, 154.000 (2,9%) weniger ein Jahr zuvor. (vgl. BA-Monatsbericht, S. 20)

    Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) [PDF – 450 KB]

    Zur tatsächlichen Arbeitslosigkeit siehe auch DIE LINKE [PDF – 16 KB]

  7. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im rentennahen Alter 2000 und 2011
    • Die Erwerbsbeteiligung älterer ArbeitnehmerInnen hat sich in den letzten Jahren erhöht. Auf den ersten Blick trifft also die Anhebung der Regelaltersgrenze, die ab 2012 schrittweise eingesetzt hat, auf gute Voraussetzungen.
    • Es geht aber nicht um selbstständige Arbeit oder Mini-Jobs. Maßstab für die Beschäftigungsentwicklung kann allein die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sein. Hier zeigen die Daten der Bundesagentur für Arbeit, dass im rentennahen Alter die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach wie vor nur sehr gering ausgeprägt ist. Noch kleiner ist der Teil der Älteren, die vollzeitig arbeiten.
    • Vollzeitbeschäftigt waren im Jahr 2000 von den 63jährigen 4,3 Prozent und von den 64jährigen 2,7 Prozent.
    • Elf Jahre später, im Jahr 2011, waren es trotz der Heraufsetzung der vorgezogenen Altersgrenzen gerade einmal 12,5 Prozent und 9,9 Prozent.
    • Im Ergebnis zeigt sich ein äußerst langsamer Prozess der Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen im Alter. Wenn im Jahr 2011, in einer Zeit einer insgesamt positiven Arbeitsmarktentwicklung, über 90 Prozent der Bevölkerung im Alter von 64 Jahren keine Vollzeittätigkeit ausüben, also die bisherige Regelaltersgrenze von 65 Jahren nicht in Beschäftigung erreichen, sind die Voraussetzungen für eine problemfreie Umsetzung der Rente mit 67 nicht gegeben.

    Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im rentennahen Alter 2000 und 2011

    Quelle: Sozialpolitik aktuell [PDF – 110 KB]

    Sehen Sie auch viele neu eingestellte Dokumente auf Sozialpolitik aktuell

  8. Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Vorschlag der EU-Kommission für zwei neue EU-Richtlinien zur öffentlichen Auftragsvergabe (896/2 und 895)
    Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften bezweifeln aber, dass die Richtlinienentwürfe die Effizienz oder Rechtssicherheit ausreichend erhöhen, geschweige denn überhaupt die strategische Nutzung der öffentlichen Auftragsvergabe für gesellschaftliche Ziele bezwecken.
    Denn die Entwürfe setzen vielmehr ein klares Signal für eine Fortsetzung der bisherigen wettbewerbsfixierten Wirtschaftspolitik der EU auf Basis der Prinzipien der EU-
    Binnenmarktfreiheiten. Sie verbessern nur die Rahmenbedingungen und beseitigen Hindernisse für bietende Unternehmen. Sie kümmern sich aber nicht um soziale Korrekturen der Marktkräfte, wozu der Lissabon-Vertrag aber verpflichtet. Sie tragen den Verpflichtungen, die sich aus der Grundrechtecharta ergeben, nicht ausreichend Rechnung. Alle Bestrebungen, als Konsequenz aus der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise das europäische Sozialstaatsmodell durch eine stärkere Rolle des Staates besser zu wappnen, werden verhindert. Der grundsätzliche Vorrang des Marktliberalismus gilt offensichtlich weiterhin, auch wenn über die öffentliche Beschaffung von Waren und Dienstleistungen auch soziale und ökologische Ziele verfolgt werden können. Insbesondere die Möglichkeit der Berücksichtigung sozialer Kriterien und tarifpolitischer Standards in der öffentlichen Auftragsvergabe wird erschwert, indem auf die Logik der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in den Fällen Rüffert etc. zurückgegriffen wird. Für die Glaubwürdigkeit des europäischen Integrationsprozesses ist es aber von fundamentaler Bedeutung, dass gerade Initiativen der EU-Kommission mit Bezug auf das unmittelbare Handeln des Staates die unmittelbaren Lebensverhältnisse der europäischen BürgerInnen wirklich verbessern – und nicht weiterhin nur auf langfristig vermeintlich positive Wirkungen verschärften Wettbewerbs vertrösten.
    Quelle: DGB [PDF – 210 KB]
  9. Die extremistische Gesellschaft
    In der gegenwärtigen Systemkrise gelangt der barbarische Kern kapitalistischer Vergesellschaftung zur vollen Entfaltung. Krise des Kapitalismus
    Quelle: Telepolis
  10. Steuerhinterziehung : Reiche horten Billionen in den Steueroasen
    “Schwarzes Loch der Weltwirtschaft”: Bis zu 32.000.000.000.000 Dollar verstecken die Wohlhabenden dieser Welt einer Studie zufolge vor dem Fiskus. Den Staaten entgehen dadurch Einkommenssteuern in Milliardenhöhe.
    Quelle: SZ

    Passend dazu:

    Asoziale aus so genannten besseren Kreisen
    Steuerhinterzieher gehören an den Pranger, denn sie sind die wahren Asozialen im Lande: Die wohlhabenden Raffkes mit Konten in der Schweiz zeigen nämlich nicht dem Staat was eine Harke ist, sie betrügen alle ehrlichen und fleißigen Steuerzahler
    Quelle: Cicero

    Anmerkung RS: Ausgerechnet von Hugo Müller-Vogg!

  11. Umweltgesetz und BDI : Rösler verschont Industrie von der Ökosteuer
    Erfolg der BDI-Lobby: Das Wirtschaftsministerium unter Philipp Rösler (FDP) verschont energieintensive Betriebe von Ökosteuer. Wenn Unternehmen Strom sparen, dann nur freiwillig. Die Grünen beklagen eine Klientelpolitik.
    Quelle: FR
  12. Schwere Zeiten für die Betriebsrente
    Gefahr durch niedrige Zinsen und neue Pläne der EU — Klage eines Lobbyisten?
    Sinkende Zinsen für Staatsanleihen sind zu einer ernsten Bedrohung für Betriebsrenten geworden. Und Pläne der EU-Kommission könnten die Lage sogar noch verschärfen.
    Quelle: Nürnberger Nachrichten

    Anmerkung RS: Endlich eine Zeitung, die Raffelhüschen das nennt, was er ist: ein gut bezahlter Lobbyist.

  13. Kommentar: Mit dem Euro Jobs retten
    Es geht um mehr als nur die Währung
    Noch sind es nur Vorboten: Kein Tag ohne neue Negativmeldungen von Branchen und Firmen, die sich bisher höchst erfolgreich gegen die Krise gestemmt haben. Gewinnrückgänge, Stellenabbau, Umstrukturierungen — es trifft Premium-Namen, auch hier im Großraum: Siemens, MAN, Puma, Alcatel… Dazu kommen nun mehr und mehr Automobilbauer und damit in der Folge viele Zulieferer, die ebenfalls in der Region stark vertreten sind.
    Quelle: Nürnberger Nachrichten
  14. „Prantl-Gate“: Versuch einer Erklärung
    Nun hat Heribert Prantl, der Innenressortchef der Süddeutschen Zeitung, im März einen etwas bösen Kommentar zur „Mutwillensgebühr“ geschrieben. Darin führt Prantl das Ansinnen der Verfassungsrichter, Bürger mit offensichtlich unbegründeten Verfassungsklagen künftig mit einer Gebühr zu belegen, darauf zurück, dass heute vor allem Professoren im höchsten Gericht säßen. Die seien es nicht gewohnt, mit den Aktenbergen, die bei jedem Gericht anfallen, fertig zu werden, und sie hätten kein Interesse, sich mit den Nöten der Bürger zu beschäftigen. Statt mit solchem Kleinkram wollten sie lieber die Großlinien der Zeit mitbestimmen, schrieb Prantl. Damit verstümmle sich das Gericht aber selbst.
    Das kam, nach allem was man hört, nicht gut an bei Gericht.
    Am Tag der mündlichen Verhandlung zum ESM-Rettungsschirm veröffentlichte die SZ dann auf der Seite 3 dieses längliche Voßkuhle-Porträt, dem man an etlichen Stellen anmerkt, dass es wohl in kurzer Zeit zusammengeklöppelt wurde, und über das jetzt auf Medienseiten diskutiert wird. Bei der Lektüre drängte sich schon damals der Eindruck auf, dass Prantl mit seinem wohlwollenden Porträt vom Dressing quirlenden Verfassungsgerichtspräsidenten sein Verhältnis zum Gericht und seinem Präsidenten wieder aufbessern wollte.
    Quelle: Carta
  15. Innenminister ignoriert Karlsruher Urteil
    Bundesinnenminister Friedrich (CSU) will Asylbewerber weiter schlechter stellen als Hartz-IV-Empfänger. Er widerspricht damit dem Verfassungsgericht.
    Quelle: Südwest Presse

    Anmerkung RS: Friedrich zeigt nicht nur seine Missachtung des Bundesverfassungsgerichts, er bestätigt unverhohlen etwas, was man eigentlich schon immer wusste: Die Ergebnisse von „Neuberechnungen“ der Regierung, wie z.B. von der Neuberechnung des Regelsatzes für Hartz-IV, stehen schon am Anfang fest. Friedrich:

    „…Sozialministerin Ursula von der Leyen, werde diese [die Asylbewerber-Leistungen, Anm. RS] aber so ausrechnen, dass der Abstand zu Hartz IV gewahrt bleibe.“

  16. HIS: Bachelorabsolventen entscheiden sich mehrheitlich für den Master
    Knapp drei Viertel der Bachelorabsolvent(inn)en entscheiden sich gegenwärtig für ein Masterstudium. Sie tun dies in erster Linie, um ihre Berufschancen zu verbessern, sich persönlich weiterzubilden und ihren fachlichen Neigungen besser nachkommen zu können. Dies sind ausgewählte Ergebnisse einer neuen Studie des HIS-Instituts für Hochschulforschung (HIS-HF), die erstmals die vorliegenden Erkenntnisse der empirischen Hochschulforschung zum Übergang vom Bachelor in das Masterstudium zusammenführt.
    Die höchsten Übergangsquoten in das Masterstudium weisen die Bachelors der Fächergruppe Mathematik, Naturwissenschaften auf. In einzelnen Studienbereichen dieser Fächergruppe reichen die Übergangsquoten nah an die 100%-Marke heran…
    Der wichtigste Beweggrund für die Aufnahme eines Masterstudiums ist für die Bachelorabsolvent(inn)en aller Hochschularten und Fachrichtungen die Verbesserung der eigenen Berufschancen.
    Quelle: Hochschulinformationssystem GmbH
  17. Weg von G8: Abitur ohne Turbo
    Vom achtjährigen Gymnasium fühlen sich viele Schüler überfordert. Einige Bundesländer wollen jetzt teilweise wieder eine längere Schulzeit anbieten. In Baden-Württemberg etwa gibt es einige Gymnasien, bei denen es neun Jahre bis zum Abitur dauert. Die Mehrheit der Bundesbürger will davon nichts mehr wissen: 53 Prozent wünschen sich das alte Abitur nach 13 Schuljahren zurück, ergab eine Emnid-Umfrage im Juli. Nur 41 Prozent befürworteten das aktuelle G-8-System. In den westdeutschen Bundesländern wollten nur 33 Prozent bei G 8 bleiben. Eltern in Baden-Württemberg haben sich mit ihrer großen Mehrheit für G 9 entschieden. Am Martin-Schleyer-Gymnasium in Lauda-Königshofen ist – mangels Interesse – ein G-8-Jahrgang nicht einmal zustande gekommen.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: G-8 steht für Vieles: Die Ausrichtung von Bildung und Wissen auf pure Verwertbarkeit durch die Politik; das Versagen von Pädagogen und Psychologen, die es hätten besser wissen müssen; die traurige aber typische Uneinsichtigkeit der Behörden, welche nicht zugeben können und wollen, dass sie auf ganzer Linie gescheitert sind und das ihnen so wichtige „Humankapital“ von Jugendlichen für etliche Jahrgänge zutiefst beschädigt haben. Diese Variante des Hornberger Schießens wird durch Aussagen wie diese gekrönt: Der Schulversuch „Zwei Geschwindigkeiten zum Abitur am allgemeinbildenden Gymnasium“, so heißt es in einem Brief an die Schulleitungen, sei aber keine Rückkehr zum früheren Abitur, sondern eine „Weiterentwicklung des Gymnasiums“. Es werde ein Angebot geschaffen, dass „auf die unterschiedlichen Lernbedürfnisse und Lernvoraussetzungen unserer Gymnasiasten ausgerichtet“ sei. – Das wirklich Traurige ist, dass die meisten Verantwortlichen nicht etwa in machiavellistischer Weise ihr Projekt verteidigen, sondern an das glauben, was sie da von sich geben.

  18. Stimmrecht in den USA: Wie neue Gesetze Obama-Anhänger von der Wahl ausschließen
    Ein Waffenschein gilt, ein Studentenausweis nicht : Auf Druck der Republikaner müssen sich Wähler in mehreren amerikanischen Bundes-Staaten jetzt mit speziellen Dokumenten ausweisen, um ihre Stimme abzugeben. Das benachteiligt vor allem Minderheiten, junge Menschen und Senioren. Diese diskriminierenden Gesetze werden das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen beeinflussen.
    Quelle: SZ

    Anmerkung Volker Bahl: Oh, wie tief sind diese Republikaner im “Geburtsland der Demokratie” gesunken.

    Ergänzende Anmerkung RS: Abgesehen davon, dass nicht die USA, sondern Griechenland Geburtsland der Demokratie ist, stimme ich Volker Bahl voll zu. Diese Gesetze stellen ein Wiederbeleben einer beschämenden Geschichte der Ausgrenzung von Minderheiten insbesondere aber nicht ausschließlich in den Süden der USA dar. Sicher-geglaubte Errungenschaften scheinen wieder zur Disposition zu stehen.

  19. Sportphilosoph kritisiert überzogene Erwartungshaltung an Olympioniken
    Fairplay, Ethik und Moral gehören zum vielzitierten Olympischen Geist, aber am Ende werden eben doch nur die Medaillen gezählt. Seitdem das deutsche Team die ersten Goldmedaillen in London verbuchen konnte, ist die Welt jedenfalls in der öffentlichen Wahrnehmung wieder in Ordnung.
    Hochjubeln bei Erfolgen, Abstrafen bei vermeintlichen Misserfolgen – diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahren verschlimmert, sagt Gunter Gebauer, Sportphilosoph aus Berlin.
    Quelle: DLF


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