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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 6. September 2012 um 8:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Rentenpolitik
  2. Europäischer Bankensozialismus
  3. Mögliches Zerbrechen der Euro-Zone “Katastrophe für die Jugend”
  4. Die Banken und das Geld der Anderen
  5. Goldman Sachs – eine Bank greift nach der Macht?
  6. Die Ökonomie in der Verweigerung
  7. Angela Merkel wechselt die Seiten
  8. Geldpolitik in der Krise: Deutschland braucht die Inflation
  9. Eurozone demands six-day week for Greece
  10. Das Märchen von den Griechen
  11. Fortschritt “Made in Spain” – Spanische Forschung und Technologie für das 21. Jahrhundert
  12. Werner Rügemer:Der Ruin der Kommunen: Ausverkauft und totgespart
  13. Fabrik Krankenhaus
  14. Lufthansa-Streik
  15. Sächsische Bildungs-Sparpolitik: Schulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion zurückgetreten
  16. Die Lehre soll nicht für die Elite bluten
  17. Das Letzte: Aktuelle Rentenentwicklung, Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Rentenpolitik
    1. Rente und Altersarmut
      Trotz Warnungen der Sozialverbände, Gewerkschaften und linken Parteien hat die schwarz-gelbe Bundesregierung längere Zeit das Thema Altersarmut hartnäckig ignoriert. Jetzt warnt Bundesarbeitsministerin von der Leyen vor einem sich deutlich abzeichnenden Anstieg der Altersarmut in Deutschland und sieht die Legitimität des Rentensystems in Gefahr.
      Quelle: Sozialismus Aktuell
    2. “Rente ist keine Frage der Demografie”
      (tagesschau.de-Interview mit Sozialforscher Prof. Dr. Christoph Butterwege)
      Wegen ihrer geplanten Zuschussrente steht Ursula von der Leyen unter Dauerbeschuss. Als Mittel gegen Altersarmut helfe dieses Modell nicht, sagt auch Sozialforscher Butterwegge gegenüber tagesschau.de: “Das ist reine Augenwischerei.” Und mit Demografie habe das Rentenproblem schon gar nichts zu tun.
      Quelle: Tagesschau.de

      Anmerkung unseres Lesers S.K.: Interessant, dass die tagesschau.de-Redaktion wenigstens durch einen Interview-Beitrag die tatsächliche Rentenproblematik thematisiert, nämlich als Verteilungsproblem zwischen Arm und Reich. Vielleicht wird dies ja irgendwann auch redaktionell aufgegriffen. Wendet man dagegen die absurde Argumentation an, dass durch die demographischen Entwicklung Altersarmut verursacht wird, dann kann man das gleich auf den Armutsbegriff insgesamt ausdehnen. Und wenn man das betrachtet, sollte eigentlich klar sein, dass dies einfach nicht stimmen kann, wenn der gesamtgesellschaftliche Reichtum wächst. Armut ist und bleibt ein Verteilungsproblem, dass man politisch hervorruft oder politisch löst.

  2. Europäischer Bankensozialismus
    Die Finanzkrise feiert in diesem Jahr ihr fünfjähriges Jubiläum und scheint kein Ende zu nehmen. Im Gegenteil: Immer mehr Staaten geraten in ihren Sog, ja sogar vom Endspiel um den Euro ist allenthalben die Rede.
    Die Politik übt sich in immer hektischeren Gipfeln, auf denen – so könnte man meinen – immer Größeres beschlossen wird. Auch der jüngste Gipfel hat erneut deutlich gemacht: Die Schnellschüsse und Volten der Politik häufen sich in einem derartigen Tempo, dass man zunehmend die Übersicht verliert, wer hier eigentlich was macht und wie viel das wen kosten kann. Die dort gefallenen Beschlüsse sehen unter anderem eine direkte Rekapitalisierung von Banken durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) vor.
    Darüber hinaus soll bis zum Ende des Jahres eine neue europäische Bankenaufsicht eingerichtet und zugleich der Zugang der Staaten zu den EU-Rettungsschirmen erleichtert werden. Die Hoffnung, auf diese Weise den Teufelskreis aus angeschlagenen Banken und maladen Staatsfinanzen zu durchbrechen, könnte sich jedoch als trügerisch erweisen…“
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik vom August 2012
  3. Mögliches Zerbrechen der Euro-Zone “Katastrophe für die Jugend”
    Die Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen warnt vor einem Zerbrechen der Euro-Zone. Ein Austritt Griechenlands würde die Zahl der Erwerbslosen drastisch in die Höhe treiben. Besonders betroffen …die ILO warnt dringend vor den dramatischen Folgen, die ein Austritt Griechenlands für den einfachen Arbeitnehmer haben könnte. “Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit in den 17 Staaten würde auf 13 Prozent steigen”, sagte ILO-Volkswirt Ekkehard Ernst der Süddeutschen Zeitung.
    Ende des vergangenen Jahres seien es gut zehn Prozent gewesen. Auch Deutschland käme bei einem Austritt der Griechen längst nicht so ungeschoren davon wie oftmals vermutet. Immerhin würde sich die Arbeitslosenrate 2014 im Vergleich zu 2011 um gut 26 Prozent auf neun Prozent erhöhen und über Jahre auf diesem Niveau verharren…. Besonders dramatische Konsequenzen würde ein griechischer Ausstieg aus der Euro-Zone für die ohnehin schon von der Krise geschüttelten Länder Spanien und Portugal mit sich bringen. So erwartet Ernst in Spanien in diesem Fall für das Jahr 2014 eine Arbeitslosenquote von 27,7 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit unter den 15- bis 24-Jährigen würde sogar auf 51,3 Prozent ansteigen. Auch in Portugal werde die Zahl der Jobsuchenden im Vergleich zum Jahr 2011 um gut sechs Prozent höher liegen, sagte Ernst.
    …Denn die Auswirkungen eines griechischen Exits muten nahezu harmlos an, wenn man sie mit den Folgen eines vollständigen Crashs der Euro-Zone vergleicht. Nach den ILO-Rechnungen würde die Arbeitslosenquote in Deutschland 2014 auf 11,3 Prozent steigen und über die folgenden Jahre da verharren. Ende des vorigen Jahres lag sie bei 7,1 Prozent. Frankreich müsste fast 17 Prozent Arbeitslosigkeit ertragen, Spanien sogar 36,9 Prozent. …Die ILO pocht deshalb auf eine Art Beschäftigungsgarantie für Jugendliche. Nach spätestens sechs Monaten Arbeitslosigkeit soll ihnen ein Ausbildungsplatz oder eine Beschäftigung angeboten werden, die aus staatlichen Mitteln finanziert wird. Kosten werde dies pro Mitgliedsstaat maximal 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Ernst: “Das ist nicht wenig, aber im Vergleich zu den Kosten der Bankenrettung nicht viel.”…
    Quelle: SZ
  4. Die Banken und das Geld der Anderen
    Die Banken wollen am liebsten noch mehr Schulden auf die Rücken der Anderen häufen. Das gilt auch für die Deutsche Bank, die sich rühmt, ohne Staatshilfe durch die Krise gekommen zu sein. Dabei profitieren die Institute jeden Tag von den teuren Rettungsaktionen der Staatengemeinschaft. Ihre Verluste wären gewaltig, wenn die Regierungen die Märkte sich selbst überlassen würden.
    Verständlich daher, dass der Co-Chef der Deutschen Bank vor einer Renationalisierung hierzulande warnt. Die Deutschen dürften „keine neuen Mauern“ aufbauen, sagt Jürgen Fitschen und spricht damit geschickt die alten Ängste vor einer Isolierung an. Auch sein Vorgänger Josef Ackermann hatte in flammenden Reden eindringlich für eine „Rettung“ Griechenlands geworben. Wer davon profitiert, sagte er seinerzeit ganz offen: Es sind die Banken. Sie hätten „Milliarden im Feuer“.
    An neuen Horrorszenarien basteln auch diesmal die Banken kräftig mit. Hypo-Vereinsbank-Chef Weimer etwa rechnet vor, dass ein Zerfall der Eurozone zwischen 1.500 bis 3.300 Milliarden Euro kosten würde…
    Sicher stehen Banken mit Fehlern nicht alleine da. Aber mit ihren undurchsichtigen, hochkomplexen Finanzprodukten, mit ihren Transaktionen am Rande der Legalität, den Manipulationen und der mangelnden internen Kontrolle haben sie gewaltig dazu beigetragen.
    Vielleicht wäre allein diese Einsicht der erste Schritt dahin, den Mund etwas weniger voll zu nehmen, wenn es um das Geld der Anderen geht.
    Quelle: The Wall Street Journal

    Anmerkung WL: Bemerkenswert bankenkritisch für das WSJ.

  5. Goldman Sachs – eine Bank greift nach der Macht?
    Nur zehn Marktteilnehmer sind für fast 75 Prozent des CDs-Volumens weltweit verantwortlich. Andere sprechen von nur fünf Banken, die sogar 88 Prozent des CDs-Marktes beherrschen. Das sogenannte Banken-Oligopol: Goldman Sachs, JPMorgan Case, Barclays, die deutsche Bank und Morgan Stanley. Vielleicht ist das sogar ein Kartell? Nicht wenige Rechts- und Finanz-Experten hegen diesen Verdacht. Eine kleine Gruppe von systemrelevanten Finanzunternehmen hält sich beim CDs-Geschäft gegenseitig bei Laune – sie betreiben Ringelreihen mit Wetten.
    Aus der Finanzkrise geht die Investmentbank gestärkt und als Gewinner hervor. Nachdem es einen Machtwechsel in den USA gab und Barack Obama zum Präsident ernannt wurde, will er Reformen durchsetzen, auch im Finanzsystem. Doch er konnte sich nicht durchsetzen. Insbesondere Goldman Sachs ist in der US-Gesetzesmaschinerie bestens vernetzt und versteht es, die eigenen Interessen durchzusetzen.
    Ex-Goldman Sachs Leute sitzen und saßen an den Schaltstellen der Macht.
    Quelle: me-magazine

    Anmerkung WL: Die dort aufgeführte Liste der Ex-Goldman-Sachs-Mitarbeiter in wichtigen Positionen ist aufschlussreich.
    Siehe dazu auch nochmals „Goldman Sachs – Eine Bank lenkt die Welt“ ARTE-TV.

  6. Die Ökonomie in der Verweigerung
    Kurz bevor er aus dem Amt des Präsidenten der Europäischen Zentralbank ausschied, monierte Jean-Claude Trichet in einem Anfall von Verärgerung: „Als politischer Entscheidungsträger halte ich die in der Krise die verfügbaren [Wirtschafts- und Finanz-] Modelle nur für bedingt hilfreich. Ich würde sogar noch weiter gehen: angesichts der Krise fühlten wir uns von den herkömmlichen Instrumenten im Stich gelassen.“ George Soros hat das Institute for New Economic Thinking (INET) mit großzügigen Mitteln ausgestattet. Auch die Bank of England versucht, neue Ideen anzuregen. Mittlerweile sind die Protokolle einer von ihr organisierten Konferenz, unter dem provokanten Titel What’s the Use of Economics? (Wozu ist die Ökonomie gut?) erschienen.
    Einige der Empfehlungen dieser Konferenz sind einfach und konkret. So sollte beispielsweise mehr Wirtschaftsgeschichte gelehrt werden. Wir alle haben guten Grund dankbar zu sein, dass Chef der US Federal Reserve, Ben Bernanke, kein Spezialist für die Feinheiten der dynamisch stochastischen allgemeinen Gleichgewichtsmodelle ist, sondern ein Experte auf dem Gebiet der Großen Depression und der fehlerbehafteten politischen Reaktionen darauf. Zahlreiche Konferenzteilnehmer waren sich einig, dass das Studium der Ökonomie in einen breiteren politischen Kontext gesetzt und der Rolle der Institutionen mehr Augenmerk geschenkt werden müsse. Außerdem sollte den Studierenden etwas Demut vermittelt werden. Die Modelle, mit denen man sie immer noch konfrontiert, haben zwar einen gewissen Erklärungswert, aber nur innerhalb eingeschränkter Parameter. Und aus schmerzvoller Erfahrung wissen wir, dass sich die Wirtschaftsakteure womöglich nicht so verhalten wie in den Modellen prognostiziert.
    Dennoch steht nicht fest, dass eine Mehrheit der Ökonomen diese bescheidenen Vorschläge überhaupt akzeptiert. Die so genannte „Chicagoer Schule“ hat ihren auf rationalen Erwartungen beruhenden Ansatz massiv verteidigt und dem Ansinnen, wonach ein Umdenken nötig sei, eine Absage erteilt. Ökonomie-Nobelpreisträger Robert Lucas argumentierte, dass die Krise deshalb nicht prognostiziert wurde, weil die ökonomische Theorie besagt, dass solche Ereignisse eben nicht prognostiziert werden können. Es ist also alles gut. Eugene Fama von der Universität Chicago beschreibt den Gedanken, wonach die Finanztheorie falsch läge, als „Fantasie“ und meint, dass „Finanzmärkte und Finanzinstitutionen vielmehr Opfer als Ursache der Rezession“ seien. Und der von ihm vertretenen Effizienzmarkthypothese kann die Schuld nicht in die Schuhe geschoben werden, weil „die meisten Investitionen von aktiven Managern getätigt werden, die nicht glauben, dass die Märkte effizient seien.“ Das entspricht einer Strategie, die man als Verteidigung durch „Irrelevanz“ bezeichnen könnte. Finanztheoretiker können nicht verantwortlich gemacht werden, weil sie in der realen Welt von niemandem beachtet werden!
    Glücklicherweise streben andere Mitglieder der Profession durchaus nach Relevanz. Sie wurden durch die Ereignisse der letzten fünf Jahre geläutert, als die Preisbewegungen, die laut der Modelle einmal in einer Million Jahre eintreten, mehrmals pro Woche beobachtet wurden.
    Quelle: Project Syndicate

    Anmerkung Orlando Pascheit: Die Empfehlungen der oben genannten Konferenz sind etwas enttäuschend. Der Rückblick auf vergangene Finanzkrisen oder die Kritik an der Praktikabilität von Modellen sind längst Bestandteil kritischer Ökonomie. Gern hätte man auch Genaueres über die neuen Ansätze zur Messung und Überwachung von Risiken in den Finanzmärkten erfahren. Wirklich schön entlarvend die Verteidigungsstratgie der alten (und immer noch geltenden?) Mainstreamökonomie.

  7. Angela Merkel wechselt die Seiten
    Der Mahner ohne Macht, Jens Weidmann, steht bald ganz alleine da. Denn auch die Bundeskanzlerin schlägt sich immer mehr auf die Seite von Draghi. Der Italiener bastelt gerade an einem neuen Ankaufprogramm für Staatsanleihen aus den Schuldnerländern, dessen Einzelheiten am Donnerstag verkündet werden. Will sie die Euro-Zone stabilisieren, hat sie kaum noch Alternativen. Für weitere Rettungspakete fehlt ihr die politische Mehrheit. In eine von Brüssel regierte “Politische Union” mögen ihr weder die Deutschen noch die anderen Europäer folgen. Wenn sie den Euro aus Überzeugung und Kalkül (die Kosten eines Scheiterns wären gigantisch) retten will, ist sie auf Draghi und dessen Ankaufprogramm ohne Limit angewiesen. Dass damit die Grenzen zwischen Geld- und Finanzpolitik vollends verwischen und die Unabhängigkeit der EZB beschädigt wird, nimmt sie in Kauf. Vermutlich ist der Euro anders nicht zu retten. Wenn es brennt, muss man erst einmal löschen. Nur: Die Schäden durch das Löschwasser könnten das ganze Haus ruinieren. Oder anders: Lässt sich die EZB zur Staatsfinanzierung missbrauchen, ist ihre Glaubwürdigkeit als unabhängige Währungshüterin dahin. Die Risse im Fundament der Währungsunion lassen sich mit dem Kauf von Staatsanleihen ohnehin nicht kitten. Mit Geld kann man zwar Zeit, aber keine Wettbewerbsfähigkeit kaufen.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Zum angedachten Rücktritt von Jens Weidmann gibt es nur Spekulationen. Warum sollte er? Frau Merkel würde wieder einen Bundesbanker deutscher Tradition aus dem Hut zaubern. Da kann Weidmann auch bleiben. Es wäre doch ziemlich naiv anzunehmen, dass er nicht wüsste, welche Funktion er als Hardliner in der EZB für die deutsche Innen-, Außen- und Wirtschaftspolitik spielt bzw. spielen soll: Der weitere Ankauf von Staatsanleihen wie auch andere Maßnahmen erfolgen zu Bedingungen der stärksten, europäischen Wirtschaftsmacht Deutschland. Dass der Euro nur noch über diesen Ankauf zu retten ist, weiß selbst der Journalist des Handelsblattes, sowenig es ihm gefällt. Zu den Nebenwirkungen sollte er deshalb nach Amerika, Japan oder UK schauen. Es wäre schön, wenn die EZB nicht nur an ihre eigene Rettung und an die des Euros denken würde, sondern endlich erwachsen werden und sich klar machen würde, dass ihre Rede von der Unabhängigkeit Unsinn ist. Sie hängt vom Wohl und Wehe der Bürger der Währungsunion ab. Nicht nur Geldwertstabilität, sondern auch Wachstum und Beschäftigung sind die Ziele, die eine Notenbank zu verfolgen hat.

  8. Geldpolitik in der Krise: Deutschland braucht die Inflation
    EZB-Chef Mario Draghi steht wegen seiner Rolle in der Euro-Krise in der Kritik. Vor allem bei den Deutschen wächst die Angst vor der großen Inflation – zu Unrecht, wie das Beispiel Japan zeigt. Eine Teuerung von vier Prozent wäre durchaus sinnvoll.
    Ein Kommentar von Wolfgang Münchau
    Quelle: Spiegel-Online
  9. Eurozone demands six-day week for Greece
    Government in Athens under pressure to introduce a six-day working week as part of the terms for a second bailout
    Greece’s eurozone creditors are demanding that the government in Athens introduce a six-day working week as part of the stiff terms for the country’s second bailout.
    The demand is contained in a leaked letter from the “troika” of the country’s lenders, the European commission, European Central Bank, and International Monetary Fund. In the letter, the officials policing Greece’s compliance with the austerity package imposed in return for the bailout insist on radical labour market reforms, from minimum wages to overtime limits to flexible working hours, that are likely to worsen the standoff between the government and organised labour in Greece.
    After a long delay caused by months of political paralysis in Greece, the troika inspectors return to Athens this week to scrutinise Greek observance of its bailout terms. They are expected to deliver a verdict next month that will determine whether Greece is ultimately allowed to remain in the single currency.
    Quelle: The Guardian
  10. Das Märchen von den Griechen
    Von Stephan Kaufmann
    Die Geschichte der griechischen Krise wird sehr einseitig beschrieben. Europa ist gut, Athen ist böse. Europa muss sein Sorgenkind erziehen – oder es aus dem Euro werfen. Es geht um „Lügen“, „Sorgen“ und der teuren „Rettung“. Dahinter verbergen sich knallharte Interessen.
    Quelle: Berliner Zeitung
  11. Fortschritt “Made in Spain” – Spanische Forschung und Technologie für das 21. Jahrhundert
    Besonders leichte Züge, speicherbare Solarenergie oder innovative Forschung zur Bekämpfung von Aids – auf diesen Feldern sind Spaniens Forscher ganz weit vorne. Staatliche Sparmaßnahmen könnten jedoch manch vielversprechendes Projekt gefährden. Wegen technischer Probleme musste beispielsweise die Deutsche Bahn bei vielen ihrer Triebwagen die aktive Neigetechnik abschalten – die Züge konnten deshalb oft den Fahrplan nicht mehr einhalten. Bei der spanischen Staatsbahn dagegen sind Züge mit der “Talgo pendular” Technik seit mehr als dreißig Jahren praktisch störungsfrei im Einsatz. – Im Zuge der Sparmaßnahmen hat die neue Regierung allerdings gerade die Haushaltsmittel für Forschung, Entwicklung und Innovation drastisch gekürzt – das sei strategisch kurzsichtig klagt die Wissenschaftsgemeinde. Javier Martinez-Picado macht sich aber wenig Hoffnungen auf eine Korrektur:”Ich denke, die wenigsten Leute nehmen Forschung von sich aus als etwas Wichtiges wahr. Wenn man das Thema auf den Tisch bringt, stimmen alle zu, dass sie wichtig ist, und kein Politiker würde widersprechen, denn das wäre politisch unkorrekt. Aber so ganz spontan ist es bestimmt nichts, was die Wahlentscheidung der Menschen beeinflusst. Sehr, sehr wenige Leute stellen da die Frage’ wie steht es in diesem Land eigentlich um die Forschung?”
    Quelle: Deutschlandfunk
  12. Werner Rügemer:Der Ruin der Kommunen: Ausverkauft und totgespart
    Während die Zumutungen des europäischen Spardiktats in Griechenland weit weg scheinen, ächzen auch hierzulande viele Städte und Gemeinden unter dem vermeintlichen Sachzwang leerer Kassen. Ein Ausweg aus dem Teufelskreis ist derzeit jedoch nicht erkennbar: Weil die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben in den Kommunen immer weiter auseinanderklafft, steigen die Schulden immer weiter an. Diese fatale Finanznot gründet jedoch auf keinem Naturgesetz, sondern ist Folge politischen Handelns…“
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik vom August 2012
  13. Fabrik Krankenhaus
    Die Krankenhäuser befinden sich seit Jahren in einem harten Konkurrenzkampf, längst hat sich auch hier die Wettbewerbslogik durchgesetzt. Doch was sich ökonomisch auszahlt, ist nicht immer gut für die Patienten. Einerseits führen Ärzte immer öfter nicht notwendige, aber für die Krankenhäuser lukrative medizinische Behandlungen durch, andererseits droht gerade auf dem Land der Abbau einer flächendeckenden Grundversorgung. An die Stelle einer am Patienten orientierten Versorgung tritt zunehmend eine an betriebswirtschaftlichen Kriterien ausgerichtete Krankenhausökonomie.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
  14. Lufthansa-Streik
    1. Wirtschaftsjuristin warnt vor neuer Lust am Streiken
      Der Standort Deutschland läuft nach Ansicht der Frankfurter Arbeitsrechtlerin Amelie Bernardi von der Kanzlei FPS Gefahr „kaputt gestreikt“ zu werden. Grund für ihre Befürchtungen sei die neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Seit 2010 müssen sich große Arbeitgeber wie die Lufthansa demnach im Konfliktfall nicht mehr nur mit einer großen Gewerkschaft auseinandersetzen. Auch kleine Spartengewerkschaften wie die Ufo dürfen zum Arbeitskampf aufrufen.
      Quelle: t-online-News

      Anmerkung unseres Lesers H.H.: Frau Bernardi hat bereits einige Arbeitgeber beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen beraten. Die Frage, wem sie nahe steht, ist damit hinreichend beantwortet. Erstaunlich ist trotzdem, mit welcher Dreistigkeit hier nach dem Gesetzgeber gerufen wird und das alles unter dem Deckmantel, den Standort Deutschland schützen zu wollen. Nach dem Schutz der Arbeitnehmer fragt ja ohnehin niemand!

      Ergänzende Anmerkung MB: Ohne eine vorgefertigte Meinung über eine Anwaltskanzlei haben zu wollen, geben wir einen Auszug aus den Kompetenzfeldern der Kanzlei FPS wider: „Die Sozietät ist sowohl im kollektiven als auch im individuellen Arbeitsrecht tätig und berät Mandanten im Transaktions- und Restrukturierungsbereich. Beispielsweise begleiten wir Reorganisationen, Betriebsstilllegungen oder die Errichtung von Transfer- und Beschäftigungsgesellschaften.“ Bilden Sie sich bitte selbst ein Urteil.

    2. Unterschätzte Saftschubsen
      Chaos im Luftraum und auf dem Boden, 200 gestrichene Flüge, Hunderte gestrandete Passagiere und Verluste in Millionenhöhe – eine erste Bilanz des Streiks der Flugbegleiter vom Freitag zeigt, dass die Lufthansa ihre “Saftschubsen” unterschätzt hat. Nach drei Jahren ohne Gehaltserhöhungen und der Drohung, sie durch Leiharbeiter zu ersetzen, war das Kabinenpersonal der Kranichlinie reif für den berechtigten Ausstand. Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) hat nun dreizehn Monate erfolglos mit Lufthansa verhandelt und zum Streik aufgerufen. Wüsste die Belegschaft wenigstens, für welche mittelfristige Perspektive sie abermals auf ihre berechtigten Forderungen verzichten sollte, wäre allen Beteiligten gedient. Genau das scheint diesmal unmöglich, es ist ein Dilemma. Die defizitäre Lufthansa kann nirgends mehr sparen als an den Personalkosten, die mit 22 Prozent der Betriebsausgaben wesentlich höher liegen als bei der Konkurrenz. Wobei wiederum vom guten Ruf der Airline kaum etwas übrig bliebe, wendete sie durch die Anstellung von schlecht bezahltem Kabinenpersonal die gleichen Methoden an wie die billige Konkurrenz. Weil aber das Problem nicht allein auf die Lufthansa beschränkt ist, bleibt die UFO-Politik der kleinen Nadelstiche unverständlich und kurzsichtig. Warum besinnt sie sich nicht auf ihr Potenzial? Da geht doch viel mehr. Immerhin hat die UFO rund 10.000 Mitglieder, von Air Berlin über LTU oder Condor bis hin zur Flugbereitschaft der Bundesluftwaffe. Damit ließen sich ganz andere Turbulenzen gegen den Trend zum Billigpersonal verursachen.
      Quelle 1: taz
      Quelle 2: taz

      Anmerkung Orlando Pascheit: Die Frage bleibt, wie sich die Lufthansa der Konkurrenz durch Billigflieger und asiatischer Airlines erwehren kann. Andererseits sind deren Löhne hierzulande nicht existenzsichernd. Also demnächst bei “Emirates”?

  15. Sächsische Bildungs-Sparpolitik: Schulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion zurückgetreten
    Der deutsche Bildungsprimus hat ein Problem. Er hat zu lange gespart und auf Verschleiß gefahren. Noch im Januar hat die Sächsische Staatsregierung so getan, als gäbe es überhaupt keine Probleme. Am 20. März trat dann Roland Wöller vom Amt des Kultusministers zurück, weil er den Sparkurs auf Kosten von Lehrern und Schülern nicht mehr mittragen wollte. Nun ist auch der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion von seinem Amt zurückgetreten.
    Quelle: Leipziger Internet-Zeitung
  16. Die Lehre soll nicht für die Elite bluten
    Die Universitäten Freiburg, Göttingen und Karlsruhe haben ihren Exzellenzstatus und viele Millionen Euro verloren. Studenten und Professoren fürchten nun um Kürzungen bei der Lehre und den Fachbereichen. Die Lösungssuche gestaltet sich schwierig.
    Quelle: FR
  17. Das Letzte: Aktuelle Rentenentwicklung, Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion
    Vorbemerkung der Fragesteller
    Beständig sinkende Renten, steigende Zahlen in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie bei den minijobbenden Menschen im Rentenalter haben eines gemeinsam: Sie sind dieVorboten einer neuen Altersarmut. Vorbemerkung der Bundesregierung Die Vorbemerkung der Fragesteller im Hinblick auf „beständig sinkende Renten“ kann sich nicht auf die Bundesrepublik Deutschland beziehen. In der Bundesrepublik Deutschland sind Rentenkürzungen gesetzlich ausgeschlossen…

    „In fast allen Abgrenzungen zeigt sich der seit Langem bekannte Sachverhalt, dass die in der Statistik ausgewiesenen durchschnittlichen Rentenzahlbeträge gegenüber dem Jahr 2000 deutlich zurückgegangen sind. Eine rückläufige Entwicklung des durchschnittlichen Rentenzahlbetrags ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer rückläufigen Entwicklung des Wohlstands der neu zugehenden Rentnerinnen und Rentner, denn die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung tragen je nach Haushalt in unterschiedlichem Ausmaß zum gesamten Alterseinkommen bei.“

    Anmerkung WL: Hat nun ein Haushalt ein höheres Einkommen, wenn nur einer der Rentenbezieher weniger Rente ausbezahlt bekommt? Der Volksmund würde sagen: „Verscheissern kann ich mich selbst“.


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