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Titel: Hinweise des Tages II

Datum: 9. November 2012 um 15:03 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

  1. 1% der Deutschen besitzt fast die Hälfte des Geldvermögens
  2. Deutsche Reformen kein Vorbild für Europa
  3. US-Wahlen
  4. Eurokrise
  5. Die Existenznot der deutschen Lebensversicherer
  6. Siemens-Chef Löscher plant hartes Sparprogramm
  7. Werkverträge: Rumänien wollte sie hinter sich lassen
  8. Wagenknecht will UBS Banklizenz entziehen
  9. Schuldneratlas 2012 – Vielen Deutschen geht das Geld aus
  10. Eine statistische Verzerrung: Die Geburtenraten in Europa sind relativ stabil
  11. Bundestag drückte sich um Rentenbeiträge
  12. Zeichentrickfilm über Preisstabilität für den Gebrauch in Schulen
  13. Arztbesuch: Lukrative Patienten
  14. Die Grenzen der China AG
  15. Fünf Menschen sterben pro Tag an Europas Aussengrenzen
  16. Drohnenkriege
  17. Promille am Steuer – vorzugsweise steuerbefreit
  18. Zu guter Letzt: Tagesthemen – CSU-Style

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. 1% der Deutschen besitzt fast die Hälfte des Geldvermögens
    Wer aber sind die 1%, wie groß sind ihre Geldschätze?
    Antwort darauf gibt u.a. der D.A.CH – Vermögensreport 2012 der Internationalen Investmentgesellschaft Valluga (Liechtenstein). Der alljährliche Report konzentriert sich auf die Millionärsvermögen der deutschsprachigen Länder Deutschland, Österreich, Schweiz (D.A.CH). Für Deutschland kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass es 2011 hierzulande 826.000 Euro-Geld-Millionäre (mit mindestens eine Million Euro Finanzvermögen) gab, 4000 weniger als im Jahr davor (Capgemini/RBC Wealth Management kommen in ihrem World Wealth Report 2012
    zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Dollar-Millionäre 2011 in Deutschland um 27.000 auf 951.000 stieg). Diese 826.000 Euro-Millionäre machen genau ein Prozent der deutschen Bevölkerung aus.
    Nach VallugaAG verfügten sie insgesamt über ein Finanzvermögen von 2.176 Milliarden Euro (2,18 Billionen) (D.A.CH-Report,S. 15). Das sind knapp 45 Prozent des deutschen Geldvermögens.
    Quelle: isw – Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. [PDF – 110 KB]
  2. Deutsche Reformen kein Vorbild für Europa
    Die Deutschen kennen die Zweiklassengesellschaft bereits: Auf der einen Seite diejenigen, die noch gut bezahlte Jobs und sichere Arbeitsplätze haben und auf der anderen Seite die prekär Beschäftigten, die sich in Niedriglohnkellern aufhalten, zum Aufstocken verdammt und vom Rest der Gesellschaft abgehängt sind. Es gibt mehr als acht Millionen Ein-Euro- und Mini-Jobber/-innen, Hunderttausende Leiharbeiter/-innen und Millionen unfreiwillige Teilzeitjobber/-innen. Zudem etliche Rentner/-innen, die trotz jahrzehntelanger Arbeit nicht über die Runden kommen. Und 6,6 Millionen Deutsche sitzen in der Schuldenfalle.
    Armut ist inzwischen aus Deutschland nicht mehr wegzudenken – egal, wie es mit der Konjunktur steht.
     Das hat Folgen für die ganze Gesellschaft: Armutslöhne ruinieren die Steuerbasis für die öffentliche Hand und verursachen Steuermindereinnahmen mit massiven Folgen für die öffentliche Daseinsvorsorge. Rund 50 % der deutschen Haushalte zahlen keine Einkommensteuer, weil sie zu wenig verdienen. Das Aufstocken der Niedriglöhne auf das Niveau von Hartz IV kostet den Staat sogar jährlich fünf Milliarden Euro.
    Die wachsende Armutszone spaltet auch den deutschen Einzelhandel. Die Gutverdiener können sich hochwertige Güter und Bio-Produkte leisten. Doch die Abgehängten sind meist auf Ein-Euro-Shops und Discounter für Textilien und Lebensmittel angewiesen. Allmählich entsteht ein Markt für minderwertige und billige Produkte, eine Ramschökonomie, die weder nachhaltig noch mit Prinzipien menschenwürdiger Arbeit zu vereinbaren ist. Die Ramschökonomie fordert auch die deutschen Unternehmen mit ihren hochwertigen, technologieintensiven, aber teuren Produkten heraus. Denn Innovationen, komplexe und nachhaltige Produkte werden immer weniger rentabel, wenn die Nachfrage schleichend schwindet. In der Vorkrisenzeit konnten deutsche Unternehmen dieser Entwicklung mit der Expansion ihrer Geschäfte im Ausland entgegenwirken. Die boomenden Euroländer und der stabile Euro machten den Außenhandel zum Motor für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Umgekehrt konnten immer mehr ausländische Billiganbieter, vor allem aus Schwellenländern, in Deutschland Fuß fassen und hiesige Niedriglöhner mit Billigprodukten versorgen.
    Quelle: DGB klartext [PDF – 100 KB]
  3. US-Wahlen
    1. Denis Snower – Verteilen Sie um, Mr President!
      Oberste Priorität muss die Rettung des “American Dream” haben, also der Erwartung der meisten Amerikaner, dass sie erreichen können, was sie wollen – solange sie nur hart genug dafür arbeiten. Dieser amerikanische Traum ist jedoch von der Realität eingeholt worden: Wer arm geboren wird, hat in den USA keine größeren Chancen, reich zu werden, als in Europa. Die Einkommensmobilität ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten stetig zurückgegangen. Relativ gesehen sind die Reichen reicher und die Armen ärmer geworden, während das mittlere Einkommen in den USA stagniert.
      Quelle: FTD
    2. Wie Fox News mit der Realität ringt
      Obamas Sieg ist für den konservativen US-Sender Fox News eine Niederlage. Am Tag nach der Wahl lecken Moderatoren und Experten ihre Wunden – und müssen zudem noch den Spott des liberalen Konkurrenzsenders MSNBC ertragen: Der zeigt genüsslich, wie die Fox-Wahlnacht beinahe im Chaos endete.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
  4. Eurokrise
    1. Paul Krugman – Meanwhile, Europe
      (…) Europe has been out of the spotlight for a while, partly because of the election focus here, but also because the acute financial strains have abated a bit. The ECB’s apparent willingness to buy bonds has combined with what looks like a surprising willingness of peripheral economies to accept even more austerity; the result is smaller bond spreads and less immediate risk of meltdown. But the macroeconomics of austerity and internal devaluation haven’t gotten any better: unemployment is still rising fast, and at some point the strain will just be too much to take.
      And I think it’s worth pointing out that this isn’t just a Greece/Spain issue. If you look at the euro area as a whole, it has in effect been following drastic fiscal austerity with no offset on the monetary side. Here, from the IMF’sFiscal Monitor, is one measure of the overall fiscal stance for the euro area, the cyclically adjusted primary surplus (that is, what the budget balance ignoring interest payments would be if the economy weren’t so depressed): (…)
      That’s a big move toward austerity — 1937 big. And as I said, not at all offset by anything on the monetary side. And Europeans wonder why the economy is in trouble.
      Quelle: NewYorkTimes

      Anmerkung JB: Zum besseren Verständnis zum Fiskalmultiplikator sei hier noch einmal der Artikel „Der IWF-Chefökonom sorgt für Aufregung“ empfohlen.

    2. Rettungsmilliarden für Zypern: Reiche Banken, armer Staat
      Zypern verhandelt mit den Euro-Partnern über ein Milliarden-Rettungspaket – doch von der Hilfe könnten ausgerechnet Banken profitieren, die auf der Insel große Summen russischen Schwarzgelds verwalten. Laut einem internen Bericht des Bundesnachrichtendiensts BND, über den der SPIEGEL berichtete, lagern in Zyperns Banken 26 Milliarden Dollar russischer Eigentümer. Bei dem Geld soll es sich laut BND großenteils um Schwarzgeld handeln, das vor dem russischen Fiskus in Sicherheit gebracht wurde. Die Summe ist für zyprische Verhältnisse gewaltig – die gesamte Wirtschaftsleistung der Insel beträgt gerade einmal 17 Milliarden Euro. Ausgerechnet der Mini-Staat mit gerade mal 900.000 Einwohnern ist der größte ausländische Direkt-Investor in Russland. Die Erklärung dafür liegt in den Auslandskonten der Russen:  Angelockt von niedrigen Steuersätzen bringen sie ihr Geld nach Zypern und investieren es dann über in Zypern registrierte Kapitalgesellschaften zurück in der Heimat. SPD und Grüne hatten im Haushaltsausschuss des Bundestags bereits im Sommer die Bundesregierung aufgefordert, den niedrigen Körperschaftsteuersatz von zehn Prozent und die Geldwäschevorwürfe bei den Verhandlungen mit Zypern anzusprechen. Ob es am Ende eine EU-Taskforce gegen Geldwäsche auf Zypern geben wird, ist ungewiss. Noch unwahrscheinlicher ist die Erhöhung des Körperschaftsteuersatzes. Schon einmal flossen schließlich europäische Rettungsmilliarden in ein Steuerparadies. Irland bekam 2010 rund 85 Milliarden Euro aus dem EFSF. Aus Deutschland wurde damals die Forderung laut, den Körperschaftsteuersatz von 12,5 Prozent zu erhöhen. Doch die irische Regierung weigerte sich standhaft, ihren Standortvorteil aufzugeben – und kam damit durch. 
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung Orlando Pascheit: Da schafft es die EU locker, weiß Gott größere Volkswirtschaften als Zypern mit tief in die jeweilige Volkswirtschaft eingreifenden Sparauflagen zu bepflastern, versagt dabei aber vollkommen, kleinere innereuropäische Steueroasen wie Zypern oder Irland trocken zu legen. Viel ist die Rede von einem gemeinsamen Haus Europa, gar einer Fiskalunion, aber es besteht nicht der Wille – oder sollte es tatsächlich Unfähigkeit sein – den Unterbietungswettbewerb bei Steuersätzen auf Profite von Unternehmen zu unterbinden oder bestimmte Mindestnormen in  der Gestaltung des Konzernrechts oder der Transparenz von Eigentumsverhältnissen zu schaffen. Die Folgen dieser Unterlassung beschreibt Sven Giegold so: “Zyperns Geschäftsmodell der letzten Jahre war es, mit niedrigen Steuersätzen und großzügigen Geheimhaltungsregeln möglichst viel Steuersubstrat aus anderen Mitgliedstaaten anzulocken. Wie auch Irland konnte Zypern mit diesem Geschäftsmodell zu Lasten anderer Länder Europas zunächst einen Boom im eigenen Land auslösen, hat aber keine nachhaltige Wertschöpfung erzielt und steckt heute in tiefen Problemen. Ein Antrag Zyperns auf Mittel des Rettungsfonds würde bedeuten, dass ein Land Hilfe von genau jenen Staaten beantragt, die bislang Steuerausfälle durch die Standortpolitik Zyperns verkraften müssen. Damit gefährdet man auf wieder neue Art und Weise die Akzeptanz der Rettungsschirme für den Euro.”
      Ziemlich absurd wird es, wenn der deutsche und der britische Finanzminister auf dem G 20-Gipfel vorschlagen, steuersparende Gewinnverschiebungen von Unternehmen in Niedrigsteuerländer zu verbieten. Warum ist dies nicht innerhalb des europäischen Binnenmarktes, spätestens in der Eurozone, schon längst geschehen? ‘Transfer pricing’ ist nun wirklich nichts Neues. Es ist schon seit den 90er Jahren bekannt, dass multinationalen Unternehmen ihre anderswo entstandene Gewinne z.B.  in der irischen Steueroase konzentrieren. Berühmt ist das Beispiel der Arbeiter in der Coca-Cola-Essenzfabrik in Drogheda, die zwei Mill. Pfund Profit pro Kopf erwirtschaften. In Zypern –  auf  900.000 Einwohner kommen etwa 250.000 Kapitalgesellschaften – kommt hinzu, dass zypriotischer Holdings ihre Gewinne unbesteuert aus der EU heraus verlagern können.

    3. Griechenland-Troika: Lernkurve null
      Das Sparpaket ist das Gegenteil davon, was der volkswirtschaftliche Verstand lehrt
      Selten hat sich ein europäischer Regierungschef so von seinen lieben Partnern in der Union vorführen lassen müssen. Griechenlands Kreditgeber haben Antonis Samaras eine drei Monate währende Farce von “Verhandlungen” über ein Sparpaket zugemutet, an deren Ende ziemlich das Gegenteil von dem stand, was Samaras wollte und volkswirtschaftlicher Verstand lehrt: noch weitgehendere Gehalts- und Pensionskürzungen, Steuererhöhungen und Steigerungen der alltäglichen Lebenskosten der Griechen zur Drosselung des Konsums, Abschreckung von Investitionen und Vertiefung der Rezession.
      Quelle: derstandard.at
    4. Merkels Europa – Bundeskanzlerin empört über »die Griechen«
      Bundeskanzlerin Angela Merkel war am Mittwoch empört. Und das ganz öffentlich. Sie sprach vor dem Europäischen Parlament in Brüssel über die Zukunft der EU. Zur gleichen Zeit war in Athen Generalstreik. Hunderttausende wehrten sich dort gegen die ihnen zugedachte Rolle als Armenmeute der Europäischen Union. Dafür fehlt Merkel jedes Verständnis. »Es ist nicht in Ordnung, daß ich jedes Mal einen Streik mache, wenn eine Privatisierung erfolgen soll; es ist nicht in Ordnung, daß ein Eisenbahnsystem über die Fahrkartenpreise nicht mal soviel einbringt, daß man davon die Beschäftigten bezahlen kann; es ist nicht in Ordnung, wenn man ein Steuersystem hat, aber keine Steuern zahlt.«
      Merkels Empörung ist echt. Sie richtet sich gegen »die Griechen«. Niemand weiß, warum. Denn »die Griechen« streiken gar nicht, wenn eine Privatisierung erfolgen soll. Es streiken vielmehr jene, die die Privatisierung bezahlen müssen. Und zwar mit nichts Geringerem als ihrer Existenzgrundlage. Millionäre, Unternehmer und Banker streiken nicht. Und daß ein »Eisenbahnsystem über die Fahrpreise nicht mal soviel einbringt, daß man davon die Beschäftigten bezahlen kann, das ist nur in Merkels Europa möglich.
      Quelle: junge Welt

      passend dazu: Not welcome anymore
      Nach dem turbulenten Empfang im Europaparlament in Brüssel droht Kanzlerin Merkel ein Spießrutenlauf in Lissabon. Vor ihrem Portugal-Besuch am 12. November protestieren 100 Intellektuelle und Künstler gegen ihre Politik. Merkel sei “Hauptförderin der neoliberalen Doktrin, die Europa ruiniert” – und deshalb nicht willkommen.
      Quelle: Lost in Europe

  5. Die Existenznot der deutschen Lebensversicherer
    Das Finanzministerium warnt vor existenzbedrohenden Problemen bei zahlreichen Lebensversicherern. Dabei ist die Zinsflaute mindestens so gefährlich wie steigende Zinsen und steigende Inflation. (…)
    Der Grund für die Misere der Gesellschaften ist nicht ein Missmanagement der Kundengelder. Vielmehr bekommen die Anbieter wie jeder normale Sparer auch die andauernde Zinsflaute zu spüren. Die erwirtschafteten Renditen reichen kaum noch aus, um die Ansprüche der Kunden dauerhaft zu befriedigen.
    Sichere Bundesanleihen werfen kaum noch etwas ab. Am Donnerstag rutschte die Umlaufrendite, also der Durchschnittszins aller am Markt gehandelten deutschen Staatsanleihen, auf 1,13 Prozent. Das ist ein Drittel dessen, das die Versicherer ihren Kunden versprochen haben.
    Im Durchschnitt garantieren die Lebensversicherer ihren Kunden 3,3 Prozent, bei jedem vierten Vertrag sind sogar vier Prozent zugesagt. Bei Verträgen, die zwischen 1995 und dem Juni 2000 abgeschlossen wurden, lag der sogenannte Garantiezins bei vier Prozent.
    Doch selbst der reduzierte Garantiezins mutet angesichts der Mickerzinsen ambitioniert an. Die Umlaufrendite von 1,13 Prozent liegt deutlich unter jenen 1,75 Prozent, die für Policen seit diesem Jahr gelten.
    Quelle: WELT

    Anmerkung JB: Dieses Problem betrifft beileibe nicht nur die Lebensversicherungen, sondern auch die private Altersvorsorge bei der Riester- und Rüruprente und auch die privaten Krankenkassen, die allesamt das Kapital der Versicherten in niedrig verzinste Papiere investieren müssen. Die gesamte Privatisierung der Daseinsvorsorge gleicht einer tickenden Zeitbombe, die nur dann entschärft werden kann, wenn Europa schnell und konsequent die Krise durch Wachstumspolitik beendet.

  6. Siemens-Chef Löscher plant hartes Sparprogramm
    Mit einem unerwartet harten Sparprogramm will Siemens-Vorstandschef Peter Löscher Europas größten Elektrokonzern wieder profitabler machen: In den kommenden zwei Jahren sollen die Kosten des Konzerns um mindestens sechs Milliarden Euro drücken. Arbeitsplatzverluste in Deutschland plant das Unternehmen aber offenbar nicht.
    Im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr 2011/2012 hat der Konzern beim Ergebnis einen deutlichen Einbruch hinnehmen müssen. Der Gewinn beträgt 4,6 Milliarden Euro – ein Minus von 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Auch der Auftragseingang sackte 2012 um zehn Prozent ab.
    Der Umsatz dagegen stieg um sieben Prozent auf 78,3 Milliarden Euro. Damit konnte eine Betriebsrendite von 9,5 Prozent erzielt werden. 
    Doch das reicht Löscher nicht. Er will die operative Marge mit seinem Sparprogramm auf mindestens zwölf Prozent steigern. “Wir wissen, was zu tun ist und sorgen für eine konsequente Umsetzung der Maßnahmen”, sagte Löscher.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung JK: Früher soll es noch Unternehmen und Unternehmer gegeben haben, die so etwas wie gesellschaftliche Verantwortung und Verantwortung für ihre Mitarbeiter kannten. Diese Zeiten sind mit dem Shareholderirrsinn längst vorbei, es zählt nur die maximale Rendite um letztendlich die globale Geldelite noch reicher zu machen. Man muss sich einmal anschauen welche Situation hier als dramatisch eingestuft wird:  Der Gewinn beträgt 4,6 Milliarden Euro, der Umsatz stieg um sieben Prozent auf 78,3 Milliarden Euro, es ist das zweitbesten Ergebnis in der Geschichte des Unternehmens
    Das alles reicht aber nicht. Und so fragt man sich welche Strategie Löscher außer der gnadenlosen Renditemaximierung eigentlich verfolgt? Vor lauter Aufkaufen und wieder Verkaufen von Unternehmensbereichen weiß man inzwischen nicht mehr wofür Siemens überhaupt steht. Wie man die Belegschaft bei dieser ständigen Achterbahnfahrt motiviert ist auch fraglich, aber letztendlich auch egal solange nur die Dividende stimmt.

  7. Werkverträge: Rumänien wollte sie hinter sich lassen
    Ein Schlachtbetrieb arbeitet mit Subunternehmen. Diese gehen verdächtig schnell pleite. Ein besonderer Fall von Lohndumping. 2008 kam Geanina Scrimiciuc nach Oberbayern, um hier in einem Schlachtbetrieb zu arbeiten.  Zwischen 1.300 und 1.600 Euro zahlte der Schlachthof im Industriegebiet der 24.000-Einwohner-Stadt monatlich, abhängig von Arbeitsaufkommen, Überstunden und Nachtschichten. Am 29. Juni 2012 meldete das Dienstleistungsunternehmen Global Insolvenz an. Der Schlachtbetrieb stand trotzdem keine Sekunde still. Noch am selben Tag traten zwei neue Subunternehmen auf den Plan. In einer Versammlung wurden die Beschäftigten von der Insolvenz ihres Auftraggebers informiert. Ihnen wurde ein Aufhebungsvertrag vorgelegt sowie ein neuer Arbeitsvertrag der Nachfolgefirma CCF, den sie unterschreiben sollten. Einige bekamen deutsche Arbeitsverträge, wie vorher auch. Geanina Scrimiciuc aber sollte, wie alle rumänischen Angestellten, nun einen rumänischen Arbeitsvertrag bei einem in Rumänien ansässigen Betrieb namens Salamandra unterzeichnen. Den Großteil ihres Lohns – etwas weniger als zuvor, immer noch abhängig von der Anzahl der geschlachteten Tiere – hätte sie dann bar auf die Hand bekommen. Umgerechnet 173 Euro wären auf ein rumänisches Konto überwiesen worden. So hoch ist der rumänische Mindestlohn, der garantieren soll, dass sie in ihrem Heimatland zumindest auf dem Papier krankenversichert ist. Für rumänische Arbeitnehmer in Deutschland bedeutet das de facto, dass sie ohne deutsche Versicherungskarte in Deutschland gar nicht zum Arzt gehen. Sie weigerte sich zu unterschreiben, verlangte einen deutschen Arbeitsvertrag – und wurde zum 31. Juli gekündigt. “Der Chef hat zu mir gesagt: Geanina, mit rumänischem Arbeitsvertrag, oder es ist aus.” 
    Quelle: taz

    passend dazu: Ausbeutung outgesourct
    Edeka und Rewe gliedern in großem Stil Filialen an »Selbständige« aus. Tarifverträge und Mitbestimmung bleiben auf der Strecke
    Erst Lidl, dann Schlecker, jetzt Edeka und Rewe. Die beiden größten deutschen Lebensmittelkonzerne sehen sich massiver Kritik von ver.di ausgesetzt. Die Dienstleistungsgewerkschaft beklagt eine »von der Öffentlichkeit unbemerkte dramatische Entwicklung«, von der bereits 250000 Beschäftigte betroffen seien. Im Zentrum der Vorwürfe steht ein »ausbeuterisches Geschäftsmodell«, bei dem Supermärkte in großem Stil an »selbständige« Kaufleute ausgegliedert werden. In der Folge würden Tarife unterlaufen, Mitbestimmungsrechte ausgehebelt und Arbeitsbedingungen verschlechtert. In der am Mittwoch in Ingolstadt vorgestellten Studie »Schöne neues Handelswelt!?« sind an ausgewählten Beispielen die Zustände in derart »privatisierten« Geschäften dargestellt.
    Quelle: junge Welt

  8. Wagenknecht will UBS Banklizenz entziehen
    Exklusiv Die Mannheimer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Deutschland-Tochter der Schweizer. Für die Linken-Politikerin Anlass zu sagen: Es reicht. (…)
    Wagenknecht greift auch Weber direkt an. “Es kann kein Zufall sein, dass mit Axel Weber der ehemalige oberste deutsche Bankenaufseher nun an der Spitze einer Schweizer Großbank steht, die mit Beihilfe zur Steuerflucht das große Geld verdient. Die Ermittler sollten keine Angst vor hohen Tieren haben. Die Chefs der Schweizer Steuerhinterzieherbanken gehören auf die Fahndungsliste”, sagte sie der FTD.
    Quelle: FTD
  9. Schuldneratlas 2012 – Vielen Deutschen geht das Geld aus
     In Deutschland ist die Zahl der überschuldeten Menschen 2012 wieder merklich gestiegen. 6,6 Millionen Deutsche sind betroffen, also fast jeder zehnte erwachsene Bundesbürger. Das geht aus dem sogenannten “Schuldneratlas” der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervor.
    Quelle 1: SZ
    Quelle 2: Boniversum

    Anmerkung Orlando Pascheit: Die Analyse ist wieder einmal unterirdisch. Das fängt schon mit der Einleitung an: “Doch nicht nur Staaten können die Kontrolle über ihre Ausgaben verlieren. Auch für Privatpersonen können Schulden zum Problem werden.” Wenn schon vergleichen, dann bitte richtig. Die Bild der Privatinsolvenzen sähe ganz anders aus, wenn die Staaten sich nicht nur auf die Bankenrettung konzentriert hätten. Gut, das ist auf dem Mist der wirtschaftsliberalen Seite der SZ gewachsen. Aber die Analyse in Schuldneratlas ist nicht viel besser:  “Am  stärksten  zugelegt  haben  bei  den Hauptursachen der Überschuldung derzeit unangemessenes  Konsumverhalten  (Veränderung  2011/12:  +  31 Prozent),  Scheidung/Trennung  (+  29  Prozent)  und Krankheit  (+  19  Prozent).  Vorwiegend  ökonomische Auslöser  wie  Arbeitslosigkeit  (-  15  Prozent)  und  gescheiterte  Selbstständigkeit  (-  20  Prozent)  haben  zumindest  vorläufig  an  Bedeutung  verloren,  was  zum Großteil  auf  die  noch  relativ  stabile  Konjunkturentwicklung in Deutschland zurückzuführen sein dürfte.” Unangemessenes Konsumverhalten? Weswegen?  “Nach Jahren des Rückgangs sind jetzt bei steigenden Einkommen und vergleichsweise positiven ökonomischen Rahmenbedingungen – etwa am Arbeitsmarkt – mehr ostdeutsche Verbraucher dabei, entgangenen Konsum nachzuholen und auf diese Weise in nachhaltige Zahlungsstörungen zu geraten.”  Man würde schon ganz gerne wissen auf welchen Fakten diese Aussage beruht. Noch haben wir über das vergangene Jahrzehnt gerechnet Verluste bei realen Löhnen. Nun sind 2011 die Reallöhne 2011 um 1 Prozent gestiegen und fallen 2012 wohl ähnlich aus. Das soll dann die Haupterklärung sein.

  10. Eine statistische Verzerrung: Die Geburtenraten in Europa sind relativ stabil
    Stark sinkende Geburtenraten in Deutschland waren noch vor wenigen Jahren in aller Munde. Wissenschaftler des Vienna Instituts of Demography konnten jetzt allerdings zeigen, dass die Schwankungen der Geburtenzahlen weit geringer sind, als öffentlich diskutiert. Die jährlichen Geburtenziffern wurden lediglich durch verschiedene Faktoren verzerrt.
    Quelle 1: Deutschlandradio (Text)
    Quelle 2: Deutschlandradio (Audio-Podcast, mp3)
  11. Bundestag drückte sich um Rentenbeiträge
    Der Bundestag verstößt gegen die eigenen Gesetze und beschäftigt eine Scheinselbständige, urteilt das Sozialgericht Berlin. Für die Richter ist das „in hohem Maß unverständlich“: Statt den Fehler einzuräumen, biss sich die Bundestagsverwaltung lieber an einem teuren Rechtsstreit fest.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung MB: Das ist einfach nur peinlich und skandalös. In jeder Personalabteilung ist bekannt, dass bei Einbindung in einen betrieblichen Ablauf keine selbstständige Tätigkeit vorliegt. Indizien wie Dienstkleidung, eigener Telefon- und/oder E-Mail-Anschluss oder Visitenkarten sprechen ganz eindeutig für eine abhängige Beschäftigung. Die angebliche grundsätzliche Bedeutung, mit der von der Bundestagsverwaltung ein Gerichtsverfahren betrieben wurde, ist der Gipfel; dazu gibt es bereits ein einschlägiges Urteil des Bundessozialgerichts von 2003 (!!!).

  12. Zeichentrickfilm über Preisstabilität für den Gebrauch in Schulen
    Unterrichten Sie junge Teenager im Fach Wirtschaft? Dann könnte das Informationspaket über Preisstabilität für Sie von Interesse sein. Es besteht aus einem achtminütigen Zeichentrickfilm, einem Informationsheft für Schüler, in dem das Thema verständlich aufbereitet wird, und einem ausführlicheren Lehrerheft. Das Informationspaket wurde von der Europäischen Zentralbank in Zusammenarbeit mit den nationalen Zentralbanken des Eurogebiets erstellt.
    Quelle: Europäische Zentralbank

    Anmerkung einer jungen Leserin: Das mussten wir uns an unserer Schule heute im Unterricht Wirtschaft und Recht in der 9. Klasse Gymnasium anschauen. Darüber habe ich mich richtig geärgert, da hier nur dargestellt wird, was für die Wirtschaft gut ist. Was für die Menschen gut wäre, wird nicht besprochen.

  13. Arztbesuch: Lukrative Patienten
    Wie viel Geld hat der Patient, der auf dem Behandlungsstuhl sitzt? Lohnt es sich, ihm teure IGeL-Leistungen zu verkaufen? plusminus ist auf Software gestoßen, die den Ärzten diese Fragen beantwortet.
    Quelle: WDR plusminus
  14. Die Grenzen der China AG
    Chinas regierenden Kommunisten ist das gelungen, woran die anderen realsozialistischen Länder allesamt bitter gescheitert sind: der Aufbau eines profitablen Staatssektors, der betriebswirtschaftlichen Regeln folgt, trotzdem vom Staat kontrolliert wird. Und Chinas Staatssektor ist gewaltig: Er macht auch heute noch mehr als 40 Prozent der Wirtschaftsleistung aus und hat damit ganz wesentlich zum ökonomischen Aufstieg der Volksrepublik beigetragen. Dabei ist das Konzept an und für sich nicht wirklich spektakulär: Der Staat stellt über seine ebenfalls verstaatlichten Banken seinen Unternehmen billiges Kapital zur Verfügung. Zugleich schützt er sie vor Konkurrenz aus dem Ausland. Schlüsselindustrien wie Energie, Stahl, Verkehrswesen und Telekommunikation bleiben komplett in Staatshand. Effizienzsteigerung und rasantes Wirtschaftswachstum tun ihr Übriges. Doch immer mehr zeichnet sich ab: Dieses Modell stößt an seine Grenzen – oder hat sie sogar schon längst durchstoßen. Die gezielte Begünstigung der staatlichen Unternehmen hat zugleich dazu geführt, dass sie dem Privatsektor die Geschäfte abwürgen und viele Firmen damit vom Markt drängen. Allein im ersten Halbjahr 2009 gaben die Staatsbanken fast 50 Prozent mehr Geld aus als im gesamten Jahr 2008. Aber nur 15 Prozent davon floss an den Privatsektor. “Das hat die Staatsunternehmen noch mehr aufgebläht und mächtiger gemacht”, sagt t Yuan Gangming, Ökonom an der Akademie der Sozialwissenschaften in Peking. China-Kenner Richard McGregor geht mit seiner Kritik noch weiter. Die Gewinne aus Chinas Wirtschaftsboom seien auf Kosten der Bevölkerung gegangen: “Die gut gefüllte Kriegskasse des Staates dient auch zur Selbstbereicherung der Parteispitze.” Tatsächlich haben Korruption und Selbstbereicherung in den vergangenen Jahren ein Ausmaß angenommen, das vor zehn Jahren noch kaum einer für möglich gehalten hat. Es ist denn auch kein Zufall, dass die wohlhabendsten 70 Delegierten des Volkskongresses mittlerweile über Vermögen von insgesamt 90 Milliarden Dollar verfügen. Nicht nur sie: Wie der jüngste Bericht der New York Times über das Familienvermögen von Premier Wen Jiabao zeigt: Selbst die höchste Partei- und damit Staatsspitze wirtschaftet kräftig mit. Die zwei Dutzend Mitglieder des Politbüros sind unter den 500 reichsten Chinesen gelistet.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist schon irritierend, wie ausufernd die hiesigen Medien den US-Wahlkampf verfolgten und im Gefolge der US-Berichterstattung jeden ‘Pups’ als wahlentscheidend hochstilisierten – während der Generationenwechsel der chinesischen Führungsspitze kaum interessiert. Dass China keine Demokratie, kein Rechtsstaat ist, wissen wir allmählich. Und dennoch konzentrieren sich viele Journalisten allzu gerne nur auf dieses Thema. Dass wir bzw. unsere Regierungen allenfalls rhetorisch reagieren und eher als Bittsteller des westlichen Kapitals in China vorstellig werden, wird schon weniger thematisiert. Das Kapital tätigt ja mit und in diesem Land glänzende Geschäfte. Ob und wie sich diese Geschäfte auf Löhne, Arbeitnehmerrechte und Umwelt, nicht nur in China, auswirken, interessiert am Rande. Andererseits wäre es auch ganz nützlich, einmal die Leistungen der chinesischen Führung unter Hu Jintao und Wen Jiabao unter die Lupe zu nehmen und anhand diverser Kriterien die Entwicklung des Lebensstandards zu untersuchen. Immerhin hat China eine nachholende Industrialisierung zu Wege gebracht, von der andere Entwicklungsländer wie z.B. Indien nur träumen können. – Ja über Korruption kann man auch reden, auch über den deutlichen Zusammenhang von Einparteienherrschaft und Korruption. Selbst Hu Jintao sah sich in seiner Rede vor dem 18. Parteikongress dazu gezwungen. Nicht nur dass er von moralischem Versagen und fehlender Disziplin, die zu Korruption führten, sprach und sich für den Kampf gegen persönliche Bereicherung einsetzte, er forderte ausdrücklich von den Funktionären und deren Familienmitgliedern und Mitarbeitern Mäßigung. Nur, wenn zwei Dutzend Mitglieder des Politbüros – das wären dann fast alle – zu den 500 reichsten Chinesen gehören und viele Mitglieder des neuen Politbüros aus den Reihen der Prinzlinge (Kinder hoher KP-Funktionäre) kommen, besteht wenig Hoffnung auf Änderung. Ob Korruption die entscheidende Wachstumsbremse in China sein wird, ist angesichts der riesigen Probleme des chinesischen Transformationsprozesses, der immer noch nicht abgeschlossen ist, zu bezweifeln. Und machen wir uns nichts vor, Korruption ist ein weltweites Phänomen, wenn auch nicht in der offenen Form wie in vielen Entwicklungsländern. Die Ungleichheit der Vermögen und Einkommen hat global zugelegt und Korruption – hierzulande würde man vielleicht von Netzwerkfähigkeit sprechen – spielt dabei immer eine Rolle. Oder glauben Sie, dass die Deregulierung der Finanzmärkte oder die Absenkung der Steuersätze für die Superreiche, die über 80 Prozent des weltweiten Einkommens verfügen, durch reine Überzeugungsarbeit von statten ging [PDF – 425 KB]?

    Dazu auch: Erfolgreich und ungeliebt – Machtwechsel in China
    Heute beginnt in China eine gewaltige Umtauschaktion. Fast die gesamte politische Führung wird ausgewechselt, also politisches Nippes entsorgt. In China passiert das hinter den verschlossenen Türen eines Parteitags und wahrscheinlich werden allen vorher die Handys abgenommen. Es darf ja nichts unzensiert nach außen dringen. Hysterischer als ohnehin schon versucht die kommunistische Führung, alle Informationen zu zensieren.
    Quelle: hr2 Der Tag – Podcast

  15. Fünf Menschen sterben pro Tag an Europas Aussengrenzen
    Mindestens 2000 Menschen hätten im vergangenen Jahr an den EU-Aussengrenzen den Tod gefunden, gab das Netzwerk Migreurop in Paris bekannt. Nach Angaben von Migreurop kamen in den vergangenen 20 Jahren an den europäischen Aussengrenzen mindestens 16’250 Migranten ums Leben – durch Ertrinken, Ersticken, Hunger, Kälte oder Suizid. Fast 13’000 davon verschwanden im Meer an den Südgrenzen der EU, davon wiederum etwa 6000 im Golf von Sizilien, 2500 bei Gibraltar und fast 3000 im Umfeld der Kanarischen Inseln. Die Grenze zwischen Polen und der Ukraine sei eine weitere, besonders tödliche Zone für Flüchtlinge. Die Zählung stützt sich auf eine Liste, die von einer in Amsterdam ansässigen Vereinigung auf der Basis von Zeitungsartikeln und Mitarbeitern vor Ort erstellt wurde. Nach Angaben von Migreurop sind nur die Opfer gezählt, deren Leichen gefunden wurde oder über deren Tod später Überlebende etwa von Schiffsunglücken berichteten. Boote mit Flüchtlingen, die untergehen und bei denen keine Überlebenden gerettet werden, wurden entsprechend nicht eingerechnet. – Das Netzwerk prangert die restriktive Einwanderungspolitik der EU an und sprach von einem «Krieg gegen Migranten». Die Verstärkung der Grenzkontrollen habe an den Flüchtlingsströmen nichts geändert, nur würden die Menschen nun grössere Risiken eingehen. Harsche Kritik übte Migreurop auch am Verhalten der Militärs der Nato während des Libyen-Einsatzes; trotz massiver Präsenz im Mittelmeer sei in Seenot geratenen Flüchtlingen nicht geholfen worden.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Eine zugegeben platte Frage, aber dennoch: Hätten 20.000 Migranten mehr die EU arm gemacht?

  16. Drohnenkriege
    Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin.“, schrieb 1936 hoffnungsvoll der amerikanische Dichter Carl Sandburg. Heute scheint sein Gedanke passender denn je, aber nicht, weil sich die Menschheit dem Pazifismus zugewandt hätte. Vielmehr werden Kriege zunehmend aus der Ferne geführt, wobei Drohnen – unbemannte Luftfahrzeuge – das Töten übernehmen.
    Unter Präsident Barack Obama ist die Zahl der von den USA durchgeführten Drohnenangriffe steil angestiegen; allein in Pakistan wurden mehr als 300 derartige Angriffe gemeldet. Im März 2011 schulte die US-Luftwaffe erstmals mehr Piloten für Drohnen als für jeden anderen Zweck.
    Dies wirft ernste ethische Fragen auf. Ohne dass Militärangehörige dabei ihr Leben riskieren, vereinfachen Drohnen das Töten und die Rechtfertigung von Kriegsaktivitäten gegenüber der Öffentlichkeit im eigenen Lande. Zudem steht die Zurückhaltung eines Menschen, zu töten, in einer Umkehrrelation zur Distanz zwischen Angreifer und Ziel. Im Falle eines Piloten, der per Joysticks aus Nevada Drohnen über dem Jemen steuert, ist die Schwelle, den Abzug zu betätigen, gefährlich niedrig. Töten wird so zu etwas, das einfach zum Job dazu gehört, und anschließend geht man dann kegeln oder genießt einen geruhsamen Abend zu Hause.
    Quelle: Project Syndicate
  17. Promille am Steuer – vorzugsweise steuerbefreit
    In den letzten Wochen konnte man wieder mehrfach hören und lesen, dass der Posten des mächtigsten Mannes der Welt zur Wahl stehe. Gemeint war freilich die durch Legislaturende theoretisch vakant gewordene Stelle im Oval Office. Der mächtigste Mann der Welt, so würde Hans Jürgen Krysmanski an dieser Stelle einhaken, ist nicht mehr als der primus inter pares unter den politischen Verteilungseliten. Solche, die vom mächtigsten Mann der Welt schreiben oder berichten, so würde er nachlegen, täten dies in Ausübung ihrer Funktion als Funktions- und Wissenseliten, die “für den Erhalt des Gesamtsystems unerlässlich sind”. Anders könnte er auch sagen, dass es sich um eine Art Vorsitz des einen Prozent (Politik) handle, hochgepusht durch die zehn Prozent (Medien), die beide im Dienste stehen für die 0,1 (Konzern- und Finanzeliten) und vor allem die 0,01 Prozent (Superreichen).
    Quelle: ad sinistram
  18. Zu guter Letzt: Tagesthemen – CSU-Style
    Endlich haben die Anrufe von CSU-Sprechern bei Journalisten ein Ende: extra 3 zeigt die Tagesthemen, wie die CSU sie sich wünschen würde. Von Johannes Büchs und Marike Schmidt-Glenewinkel.
    Quelle: extra3


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