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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 28. März 2013 um 9:01 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.

  1. Thomas Fricke: Krisenmanager an den Kosten beteiligen
  2. Schäuble: Arme Euro-Länder beneiden Deutschland
  3. Zypern
  4. Die Krise schwelt weiter
  5. Mario Draghi’s Economic Ideology Revealed?
  6. Doppelt Cash für Deutschbanker
  7. Bankenretter haben Millionen-Aufträge freihändig vergeben
  8. “Wege aus der Staatsverschuldung” aus aktueller linker sowie makroökonomischer Sichtweise
  9. Aus Plus wird Minus
  10. Schweizer Forscher widerlegen Klischee des zufriedenen Arbeitslosen
  11. Grüner Profit- die Biobranche zwischen Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus
  12. Demokratie in Krisenzeiten
  13. CDU bekommt die meisten Spenden
  14. Zuwanderung ist ein Gewinn für unser Land / Erste Kommentierte Zuwanderungs- und Integrationsstatistik für NRW
  15. Hoeneß, Maschmeyer und Co. – Was Sie von den Investments der Reichen lernen
  16. Buch “Machtmaschine”- Warum Horst Köhler zurücktrat
  17. Wir haben das Messer der EU im Nacken
  18. USA: Die Veteranen
  19. Weltsozialforum in Tunesien: Die Revolution kriegt Besuch
  20. Frank Schirrmacher, in: Eins zu Eins. Der Talk

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Thomas Fricke: Krisenmanager an den Kosten beteiligen
    Vor zwei Wochen war (vergleichsweise) Ruhe im Eurokrisen-Karton, da hat der Deutsche geruhsam vor sich hin gespart und sich darüber gefreut, sich gelegentlich ordentlich über die instabilen Südländer furchtbar aufregen zu dürfen. Jetzt zweifeln selbst die Deutschen an der Sicherheit ihrer Ersparnisse (sie sagen das zumindest)…
    Das trägt schon kriminelle Züge, wenn man – wie mit der Ankündigung, nun die Sparer zu schröpfeen – derart lernresistent die falsche Krise bekämpft: in einer Finanz- und Bankenkrise geht es darum, alles zu garantieren, was irgendwie zu wackeln beginnt. Weil sonst nach Kurzem alles wackelt. Das haben ein paar hundert Jahre Finanz- und Bankenkrisen nunmal schlicht und einfach immer wieder gezeigt. Da hilft es auch nicht, darauf hinzuweisen, dass die zyprische Regierung das vorgeschlagen hat. Da wäre es mal gut gewesen, eine offenbar völlig überforderte Regierung vor sich selbst zu schützen.
    Vielleicht sollte man einfach mal im besten Sinne des Anreizgedankens darüber nachdenken, einen Mechanismus zu finden, die Herrschaften von IWF, EZB und EU-Kommission, ebenso wie Frau Merkel und Herrn Schäuble an den Kosten der Kriseneskalation zu beteiligen – statt Sparer, die nichts dafür können…
    Quelle: WirtschaftsWunder
  2. Schäuble: Arme Euro-Länder beneiden Deutschland
    Wer die Rolle Deutschlands im Kampf gegen die Eurokrise kritisiert, ist nach Ansicht von Wolfgang Schäuble neidisch. Das sei zwar normal, aber nicht angemessen, findet der Finanzminister. Schließlich sei seine Politik „vernünftig“ – und Deutschland stehe zu seiner Verantwortung.
    „Ich glaube, wir haben immer klar gemacht: Wir stehen zu unserer Verantwortung“, sagte Schäuble. Die Hilfsmaßnahmen seien zudem in Deutschlands Interesse: „Wir profitieren ja auch davon durch große Absatzchancen, durch große Märkte. Das ist alles vernünftige, verantwortliche Politik.“
    Quelle: Focus

    Anmerkung unseres Lesers F.P.: Hier zeigt sich mal wieder in deutlichster Weise, woran man Ideologien erkennen kann: sie bügeln jedwede Kritik mit fadenscheinigen Argumenten ab, die rein gar nichts mit den Fakten zu tun haben, alles ex kathedra verkündet, und die neoliberale Kathedrale steht zur Zeit vor allem in Deutschland. Die muss man anbeten und damit selbstredend auch das Land, in dem sie steht, das tugendhafte, fleißige Deutschland. Ihr anderen Länder und Völker, nehmt euch daran ein Beispiel und tut Buße, so lange bis es weh tut und ihr nix mehr zum Beißen habt.
    Und wenn “wir” euch helfen, dann vor allem deshalb, um _unsere_ Absatzchancen auf den Märkten zu erhöhen, ihr seid nur die Deppen, die unsere Produkte kaufen sollen und sich dann als sündige Schuldner anschnauzen und sich von Deutschland belehren lassen dürfen. Wir sind uns schließlich unserer Verantwortung bewusst, wenn es um das Wirtschaften in einer Währungsunion geht.

  3. Zypern
    1. Ein aufschlussreiches Interview mit dem zypriotischen Außenminister Kasoulides:
      Cypriot Foreign Minister Ioannis Kasoulides has admitted that Cyprus had not anticipated the Eurogroup’s demand that Nicosia impose a deposit tax and that Luxembourg was the only country to support the Cypriot position publicly.
      “We were alone,” Kasoulides told Skai TV’s New Folders program. “That’s not to say Greece did not stand by us, as it always does, but we recognize its difficult position, as we recognize the difficult position of our Mediterranean partners. They told us behind the scenes they supported us but only Luxembourg spoke up in our favor during the Eurogroup and in general,” he added.
      “France maintained silence. France’s problems might appear in the future and then it will need the help of its partners.”…
      “It’s clear that Germany wants to impose its views on the peoples of southern Europe, which need her at the moment. The toughest decision was that for Cyprus: it was a ruthless decision to wreck the country’s economic system, which will have huge and unpleasant consequences.”
      Kasoulides added that the German opposition Social Democrats (SPD) had played a part by adopting a tough line on Cyprus in the country’s Parliament.
      “They wanted to show the Germany taxpayers’ money would not be used to bailout Russian deposits, some of which they claimed was of dubious origin. This is where the game began.”
      Quelle: Ekathimerini
    2. Verdächtige Geldabflüsse
      Das Vertrauen in Zyperns Zentralbank schwindet. Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE will das Parlament das Vorgehen der Notenbank in der Krise scharf kontrollieren. Syllouris Demetris, Leiter eines parlamentarischen Kontrollkomitees, habe am Mittwoch einen Brief an Zentralbankchef Panicos Demetriades geschickt, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen. Demetris habe darin zwei Forderungen erhoben.
      Erstens forderte das Parlament die Notenbank auf, die Namen aller Kunden von Privatbanken zusammenzutragen, die vor Schließung der Banken große Summen Geld abgehoben haben. Denn es gibt Anzeichen, dass vor dem Beschluss des ersten Rettungspakets in den frühen Morgenstunden des 16. März große Mengen Kapital aus der Laiki Bank und der Bank of Cyprus abgeflossen sind.
      Zweitens forderte das Parlament eine Analyse der Wirtschaftsberatungsfirma Alvarez & Marsal an. Diese prüft im Auftrag der zyprischen Zentralbank den Zustand des heimischen Finanzsektors.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung WL: Hat eigentlich jemand etwas anderes erwartet, als das die betrügerischsten Anleger als erste ihre Schäfchen ins Trockene bringen.

  4. Die Krise schwelt weiter
    Gemeinsame Diagnose des Makro-Konsortiums IMK (Düsseldorf), OFCE (Paris) und WIFO (Wien)
    …Simulationen der mittelfristigen Entwicklung in Deutschland zeigen, dass sich die deutsche Wirtschaft weiterhin im Sog der europäischen Krise befindet. Dafür sind hauptsächlich zwei Faktoren bestimmend: Die deutschen Exporte in den Euroraum werden durch die synchrone Sparpolitik drastisch gedämpft. Außerdem wird die Fiskalpolitik auch in Deutschland restriktiv sein und Einkommen und Binnennachfrage dämpfen. Die durchschnittliche Wachstumsrate des BIP bis 2017 wird auf 1,3 % p.a. geschätzt. Szenarien einer expansiven Wirtschaftspolitik zeigen, dass mit einem Investitionsprogram die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Euroraums und der einzelnen Mitgliedsländer wesentlich günstiger verläuft als im Basisszenario.
    Der wirtschaftliche Schrumpfungsprozess in den Krisenländern und die gegenwärtige Stagnation in den übrigen Mitgliedsstaaten der Währungsunion müssen gestoppt und durch ein Wirtschaftswachstum ersetzt werden, das stark genug ist, die Kapazitätsauslastung zu erhöhen und die Arbeitslosigkeit zu senken. Der notwendige Entschuldungsprozess muss vorangetrieben und die Staatsfinanzen auf einen nachhaltigen Pfad gebracht werden. Gleichzeitig müssen die Leistungsbilanzungleichgewichte weiter abgebaut und der Finanzsektor stabilisiert werden. Die aktuelle wirtschaftspolitische Strategie, bestehend aus fiskalischer Austerität und einer gestörten Geldpolitik infolge von Länderrisiken, wird kaum in der Lage sein, nachhaltige Fortschritte in diesen vier Bereichen zu gewährleisten.
    Unerlässlich für die Krisenbewältigung ist es, die Geldpolitik in den Krisenländern wieder wirksam werden zu lassen in dem das Vertrauen in die Staatsanleihen der Krisenländer wiederhergestellt wird. Zudem ist eine fiskalpolitische Umkehr erforderlich. Die Politik der Konsolidierung muss so gestaltet werden, dass sie die gesamtwirtschaftliche Aktivität nicht beeinträchtigt.
    Das Makrokonsortium schlägt eine europäische Investitionsoffensive vor. Den Krisenländern sollte eine externe Finanzierung im Wert von 1 % des gegenwärtigen BIP über eine Periode von fünf Jahren verbindlich zugesagt werden. Damit sollen öffentliche Investitionen finanziert und/oder die private Investitionstätigkeit finanziell unterstützt werden. Mitgliedsstaaten mit Leistungsbilanzüberschüssen, und insbesondere Deutschland, sollten expansive fiskalpolitische Maßnahmen in Höhe von mindestens 1 % des BIP implementieren, um eine Rolle als Konjunkturlokomotive zu übernehmen.
    Quelle: IMK Report 80 vom März 2013 [PDF – 3.2MB]

    Anmerkung WL: Siehe die Kritik an der Konjunkturprognose des IMK.

  5. Mario Draghi’s Economic Ideology Revealed?
    ECB President Mario Draghi made a presentation to heads of state and government at last week’s European Council on the economic situation in the euro area. His intent was to show the real reasons for the crisis and the counter-measures needed. In this he succeeded – although not in the way he intended.
    Things are not as they seem, however. Draghi’s presentation contains a simple but fatal error – or should that be misrepresentation? As the note to the graphs indicates, the productivity measure is expressed in real terms. In other words it shows how much more output an average worker produced in 2012 compared with 2000. So far so good. However, the wage measure that he uses, compensation per employee, is expressed in nominal terms (even if, interestingly, this is not expressly indicated on the slides).
    In other words the productivity measure includes inflation, the wage measure does not.
    Quelle: Social Europe Journal
  6. Doppelt Cash für Deutschbanker
    Gerade erst einigte sich die EU auf eine Begrenzung der Bonuszahungen für Banker – da ist die Neuregelung schon wieder Makulatur. Statt Boni sollen die Bosse nun eben kräftig erhöhte Gehälter bekommen. Das jedenfalls empfahl am Freitag die externe Vergütungskommission der Deutschen Bank. Laut EU-Beschluss dürfen die Boni künftig nicht mehr höher als das Grundgehalt sein. Denn die übermäßigen Erfolgsprämien gelten als Anreiz für allzu riskante Deals – und damit als ein Mitauslöser der Finanzkrise. Kürzlich erst war bekannt geworden, dass ein wegen mutmaßlicher Zinsmanipulationen entlassener Händler der Deutschen Bank 2008 einen Bonus von 80 Millionen Euro kassiert haben soll. Ausnahmen von den Boni-Regeln sind in der EU allerdings auch künftig möglich. Wenn die Aktionäre zustimmen, dürfen die Prämien auch doppelt so hoch ausfallen. Das genau empfiehlt nun die Vergütungskommission des Branchenprimus den Aktionären der Deutschen Bank. In ihrem Abschlussbericht heißt es überdies mit Verweis auf die neuen EU-Vorgaben, “dass die Bank die Grundgehaltsniveaus für Führungskräfte erhöhen muss, um ihre Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich mit Banken zu erhalten, die nicht von diesen Einschränkungen betroffen sind”.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Es stand zu befürchten, dass nach der Begrenzung der Boni die Erhöhung der Grundgehälter einen Ausweg bieten würde, Einkommensverluste der Banker abzuwenden. Die Vergütungskommission der Deutschen Bank bezieht sich dabei nicht nur auf die Vorstandsmitglieder, sondern auch auf andere Führungskräfte. Das Bild der von den Nöten der realen Welt abgehobenen Finanzwelt wird von einer Erhebung der Nachrichtenagentur Reuters bestätigt: Trotz Massenentlassungen und öffentlicher Bescheidenheits-Bekundungen haben die 35 größten Banken der Welt im Jahr 2012 so viel Geld wie noch nie an ihre Mitarbeiter ausgeschüttet: 275 Milliarden Euro. Im Schnitt verdiente jeder der 3,25 Millionen Banker im vergangenen Jahr 87.400 Euro. Bei zwei Dritteln der 35 untersuchten Großbanken legte die Bezahlung pro Mitarbeiter im vergangenen Jahr zu, wie die Reuters-Daten zeigen. Bei vielen Instituten stieg die Vergütung stärker als der Gewinn. Einige Häuser schütten sogar mehr Geld an ihre Mitarbeiter aus, obwohl der Gewinn zurückging oder die Bank rote Zahlen schrieb.
    Die Deutsche Bank, bei der die Pro-Kopf-Bezahlung im vergangenen Jahr trotz eines Gewinn-Einbruchs um sechs Prozent zulegte, verweist darauf, dass in den Zahlen auch Boni enthalten seien, die das Institut bereits 2009 zugesagt habe – das würde man gerne etwas genauer wissen. Wer bei der Empfehlung der Vergütungskommission auf ihre Unabhängigkeit verweisen möchte, verkennt das Wesentliche, nämlich die Zugehörigkeit ihrer Mitglieder zum herrschenden plutokratischen Milieu. Der Vorsitzende der Vergütungskommission ist Jürgen Hambrecht, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der BASF. Die weiteren Mitglieder des Gremiums sind: Michael Dobson, CEO von Schroders (ehemals Mitglied des Vorstands der Deutschen Bank), Morris W. Offit, Chairman von Offit Capital und Mitglied des Aufsichtsrats von AIG, Michael Otto, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Otto Group, und Theo Waigel, ehemaliger Bundesfinanzminister. Der Expolitiker Waigel gehört natürlich nicht zur plutokratischen Elite. Aber mit dem Sieg des Neoliberalismus als gesellschaftliche Formkraft, d.h. des einzelwirtschaftliche Nutzenmaximierers über das gesamtwirtschaftliche Interesse bzw. des Ineinssetzens des Strebens nach privatem Nutzen und dem Gemeinwohl, werden die Akteure in den Systemen Politik und Wissenschaft, ob sie wollen oder nicht, immer mehr von einer plutokratisch geprägten Wirtschaftselite dominiert. Es geht dabei nicht einfach um das Primat der Ökonomie, sondern einer bestimmten Form von Ökonomie, um die Vulgarisierung und zugleich der Erhebung der “unsichtbaren Hand” am Markt zum universalen Leitprinzip, das nicht nur den Nutzen des Einzelnen, sondern auch das Allgemeinwohl sichert. Wie die Zusammensetzung der Vergütungskommission zeigt, lassen sich dabei Realökonomie und Finanzökonomie nicht mehr auseinander dividieren. Die großen Vermögen wurzeln durchaus in der Realwirtschaft, sollen aber durch die Finanzwirtschaft bewahrt bzw. vermehrt werden. Es ist durchaus im Interesse der 1426 Milliardäre der jüngsten alle Rekorde brechenden Forbes-Liste (Gesamtvermögen aller Superreichen 5,4 Billionen Dollar) ihre Agenten in der Finanzindustrie bei der Stange zu halten. – Aber auch innerhalb der Firmen vermischen sich Finanz- und Realkapital. So haben im Januar die 1000 größten Industrie- und Dienstleistungsfirmen Europas nach Berechnungen der Ratingagentur Standard & Poor’s bei Barreserven und kurzfristig veräußerbaren Wertpapieren erstmals die Eine-Billion-Euro-Marke übersprungen – und sie wissen nicht, wohin mit dem Geld. Investitionen in Realkapital sind entgegen der Lehrbuchmeinung (Gewinne = Investitionen) nicht in Sicht. – Kaum zu verstehen – oder auch nur zu gut – dass europäischen Regierungen gerade in diesen Krisenzeiten nichts davon abschöpfen.

  7. Bankenretter haben Millionen-Aufträge freihändig vergeben
    Berater haben während der Finanzkrise Millionen-Einnahmen verzeichnet. Allerdings wurden ihre Aufträge von der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung nicht öffentlich ausgeschrieben. Grüne fordern nun Aufklärung.
    Die finanziellen Hilfen für die deutschen Banken während der Finanzkrise hat Anwälten und Unternehmensberatern Einnahmen in Millionenhöhe beschert. Dadurch gerät die für die Auftragsvergabe zuständige Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) nun in Erklärungsnot. Nach einem Bericht des Handelsblatts (Mittwochausgabe) aus Kreisen der FMSA wurden nahezu alle Beratungsleistungen, die sich von Oktober 2008 bis heute auf mehr als 100 Millionen Euro summieren, nicht öffentlich ausgeschrieben. „Rund 90 Prozent“ der Verfahren seien „wegen Eilbedürftigkeit und aus Geheimhaltungsgründen“ freihändig vergeben worden, heißt es dazu bei der FMSA.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Es war vorherzusehen, dass die Bankenrettung ein Millionengeschäft für die Beraterbranche werden würde. Vermutlich verdienen die gleichen Berater, die den Banken ihre faulen „Finanzprodukte“ durch die Gesetzeslücken geschleust haben, nun wieder daran die Banken zu retten.

    Dazu passt: Politikberatung: Branche auf Treibsand
    Dass Politiker das Wissen von Experten benötigen, um Entscheidungen zu treffen, liegt auf der Hand: Zu komplex und vielseitig sind die Probleme, die es zu lösen gilt. Wenn die Legislative aber nicht unabhängig, sondern von Interessengruppen beraten wird, kann das zum Problem werden. Lobbyismus sei eine latente Gefahr für den Rechtsstaat. Davor warnt zum Beispiel der frühere Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier. Beispiele dafür kennen wir genügend: aus Berlin etwa, wo Verbands-Vertreter als Berater in Bundesministerien an Gesetzestexten mitwirkten, oder aus Brüssel, wo Lobbypapiere großer Technologie-Firmen offenbar wörtlich ihren Weg in den Entwurf zur neuen Datenschutzverordnung der EU gefunden haben – wie die Webseite lobbyplag.eu zutage brachte. – Der Journalist und Politikwissenschaftler Thomas Leif kritisiert das System der Politikberatung in Deutschland. Er fordert eine Inventur der Branche, die er als “Branche auf Treibsand“ bezeichnet. In seinem Vortrag “Mythos Politikberatung – Zwischen Schattenmanagement und Lobbyarbeit”, erklärt er, worin für ihn die Probleme der nichtakademischen Politikberatung bestehen und macht konkrete Vorschläge, wie das System seriöser und effizienter werden könnte.
    Quelle: Deutschlandradio [Audio – mp3]

  8. “Wege aus der Staatsverschuldung” aus aktueller linker sowie makroökonomischer Sichtweise
    Der Hallenser Ökonom Karl Mai wirft einen Blick auf die Kritik linker Wirtschaftswissenschaftler an den bisherigen „gesamteuropäischen Problemlösungen“ und auf deren Lösungsansätze.
    Quelle: Schattenblick

    Anmerkung WL: Für wirtschaftstheoretische interessierte interessant.

  9. Aus Plus wird Minus
    Tarifabschluß für Angestellte im öffentlichen Dienst soll in kaum einem Bundesland auf Beamte übertragen werden. Mancherorts drohen sogar Nullrunden.
    …Besonders von Ungleichbehandlung betroffen sind die höher Bediensteten an Rhein und Ruhr. Am Montag hatte NRW-Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD) bekanntgegeben, Beamten und Versorgungsempfängern der obersten Besoldungsgruppen für das laufende und kommende Jahr keinen Cent mehr zu bewilligen. Lediglich bis zur Besoldungsgruppe A 10 soll es keine Abstriche geben. Nur die Bediensteten, die danach oder geringer vergütet werden, erhalten das für 2013 und 2014 vor knapp zwei Wochen in Potsdam zwischen den Gewerkschaften und der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) ausgehandelte Gehaltsplus von 5,6 Prozent in vollem Umfang. Für Mehrverdiener mit einem Grundgehalt ab 3000 Euro ist der Zuschlag geringer. So werden etwa Lehrer mit einem Prozent pro Jahr mehr abgespeist. Studienräte, Richter oder auch Minister – welch eine Geste – gehen komplett leer aus. Verkauft wird das Ganze unter dem Label »soziale Staffelung«. Die Abstufung folge dem »Leitgedanken, daß stärkere Schultern mehr tragen können als schwache«, meinte dazu Kraft, und ihr Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SDP) freute sich über »eine Lösung, die niemandem etwas nimmt«. Das ist glatt gelogen…
    Quelle: junge Welt
  10. Schweizer Forscher widerlegen Klischee des zufriedenen Arbeitslosen
    Arbeitslosigkeit ist keine Gewöhnungssache. Auch nach längerer Zeit arrangieren sich Betroffene nicht mit ihrer Situation, sondern erleben sie als zunehmend belastend. Das belegen Wissenschaftler der Universität Lausanne. Sie empfehlen daher eine konsequent aktivierende Arbeitsmarktpolitik statt Sanktionen…
    Weder Dauer noch Häufigkeit mindern den Leidensdruck der Arbeitslosen, so die Forscher. Im Gegenteil verschlechtere sich das Wohlbefinden, je länger die Arbeitslosigkeit andauere. Langzeitarbeitslose hätten eine deutlich geringere Lebenszufriedenheit als Kurzzeitarbeitslose. Personen mit einer mehr als ein Jahr andauernden Arbeitslosigkeit wiesen die geringste Lebenszufriedenheit auf.
    Darüber hinaus mache es keinen Unterschied, ob die Arbeitslosen in einer Region mit hoher oder niedriger allgemeiner Arbeitslosigkeit leben oder zu einer wirtschaftlichen Rezessions- oder Aufschwungphase. Arbeitslosigkeit belastet also nicht weniger, wenn viele Menschen davon betroffen sind. Von einem komfortablen Einrichten oder einer gewollten Arbeitslosigkeit könne also nicht gesprochen werden, so die Wissenschaftler, deren Ergebnisse auf Auswertungen des deutschen Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) aus den Jahren 1984 bis 2009 und dem Schweizer Haushalts-Panel (SHP) der Jahre 2000 bis 2009 beruhen.
    Die Forscher schlussfolgern daher, dass Kürzungen von Arbeitslosengeld und „Hartz IV“-Leistungen Arbeitslose kaum in Arbeit bringen. Sie machten „ein schwieriges Leben nur elender“. Den Hysterese-Effekt erklären sie folglich nicht mit einer sinkenden Arbeitsbereitschaft der (Langzeit-)Arbeitslosen. Stattdessen seien die länger zurückliegende Arbeitserfahrung und ein geringeres Selbstbewusstsein gemeinsam mit Arbeitgebervorbehalten Hintergrund von Schwierigkeiten bei der Jobsuche.
    Sinnvolle Arbeitsmarktpolitik solle sich daher weniger auf Sanktionen und mehr auf eine Steigerung der Arbeitskräftenachfrage und effektive Qualifizierung und Unterstützung von (Langzeit-)Arbeitslosen bei der Arbeitssuche konzentrieren.
    Quelle: O-Ton
  11. Grüner Profit- die Biobranche zwischen Alternativrevolte und Dumpingkapitalismus
    Wer bio kauft, kauft bewusst – und hat dabei selbstverständlich die Umwelt und Lebensbedingungen der Tiere genau im Blick. Doch wie steht es mit den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten?
    Quelle: WDR 5
  12. Demokratie in Krisenzeiten
    Die Parlamente und die Bevölkerung werden aus den Willensbildungsprozessen also weitgehend ausgeschlossen. Die Beschlüsse des Finanzpakts Ende Januar 2012 (Einführung der Schuldenbremse, Festlegung des Schuldenabbaus, Automatismus von Sanktionen, ein Strukturanpassungsprogramm, das sich vor allem gegen die sozialen Rechte der Lohnabhängigen wendet) wurden im Rahmen eines zwischenstaatlichen Vertrags außerhalb des EU-Gesetzesrahmens und entsprechender Verfahren vereinbart. Damit kommen Vertragsverhandlungen, Beschlüsse und die Umsetzung in hohem Maße außerhalb des Rahmens von demokratischen Verfahren und öffentlich kontrollierten Verantwortlichkeiten zustande. Das Krisenmanagement steht eng unter der Kontrolle von Vertretern der Vermögensbesitzer, die ihre Maßnahmen in einer Serie von notstandsstaatlichen Operationen verfolgen. Der formelle, demokratisch-parlamentarische Staat wird also nicht verdrängt oder ersetzt, wie das der Fall ist bei Ausnahmestaatsformen, sondern eher ergänzt durch eine Art parallel wirkendes Notstandsregime.
    Auch in bürgerlichen Kreisen stößt dies mittlerweile offensichtlich auf Unbehagen. „Auf europäischer Ebene verabschieden Ad-hoc-Gremien und undurchsichtige Institutionen, die morgen schon verschwunden sein können, Milliardensummen in Nachtsitzungen. In Italien und Griechenland amtieren zu diesem Zweck berufene Expertenkabinette mit fraglicher politischer Legitimität. Wahlen oder Referenden werden nirgends so gern gesehen, denn Demokratie braucht Zeit, und die ist Geld, und das ist nie genug.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.3.2012) Solche notstandsstaatlichen Praktiken, die die Demokratie unterlaufen, sind aber mit einem Kontext verbunden, der durch weitere demokratiefeindliche Dynamiken gekennzeichnet ist.
    Quelle: Gegenblende
  13. CDU bekommt die meisten Spenden
    Die CDU hat auch 2011 mit insgesamt 21,8 Millionen Euro die meisten Spenden unter allen Parteien erhalten. 14,55 Millionen Euro stammten dabei von Bürgern (“natürlichen Personen”), weitere 7,27 Millionen Euro von Vereinigungen oder Firmen (“juristischen Personen”). Dies meldete der Bundestagspressedienst am Dienstag unter Berufung auf die jetzt dem Parlament vorgelegten Rechenschaftsberichte der Parteien für das Jahr 2011.
    Die SPD bekam knapp 9,61 Millionen Euro Spenden von Bürgern, weitere 2,5 Millionen stammten von Vereinigungen und Firmen. Bei den Grünen waren es fast 3,99 Millionen Euro von Einzelpersonen, weitere gut 860 000 Euro von Vereinigungen und Firmen. Die FDP weist in ihrem Bericht Spenden “natürlicher Personen” in Höhe von mehr als 4,87 Millionen Euro auf sowie knapp 1,74 Millionen Euro von “juristischen Personen”. Die Linke verzeichnete fast 1,91 Millionen Euro Spenden von Einzelpersonen sowie gut 29 000 Euro von Vereinigungen und Firmen. Die CSU verbuchte fast 3,59 Millionen Euro an Spenden “natürlicher Personen” sowie gut 2,28 Millionen Euro an Spenden “juristischer Personen”.
    Quelle: stern.de

    Anmerkung WL: Von den insgesamt 48,3 Millionen Euro Spenden bekamen CDU und CSU mit über 27 Millionen Euro weit mehr als die Hälfte nimmt man noch die FDP als Regierungspartei hinzu bekam das Regierungslager mit über 34 Millionen über 70 Prozent der Spenden.

  14. Zuwanderung ist ein Gewinn für unser Land / Erste Kommentierte Zuwanderungs- und Integrationsstatistik für NRW
    Zuwanderung stabilisiert die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen. Dies ist ein Ergebnis der ersten Kommentierten Zuwanderungs- und Integrationsstatistik für das Land NRW, die Integrationsminister Guntram Schneider vorgelegt hat. „Ohne Zuwanderung hätte NRW nur noch 14 Millionen Einwohner. Und ganz aktuell stellen wir fest, dass die seit dem Jahr 2000 zu uns gekommenen Zuwanderinnen und Zuwanderer nicht nur jünger sind als unser Bevölkerungsdurchschnitt, sondern auch besser ausgebildet…
    Nach Jahren geringer Zuwanderung gab es in letzter Zeit wieder einen deutlichen Wanderungsgewinn: Bei den Ausländerinnen und Ausländern lag er im Jahr 2011 bei 56.442 Personen, nach einem Tiefstand im Jahr 2008 mit nur 30 Personen. Bei den Deutschen ist die Wanderungsbilanz dagegen seit Jahren negativ, das heißt, es ziehen mehr Deutsche ins Ausland als aus dem Ausland zuwandern: Nach minus 12.777 im Jahr 2008 lag die Wanderungsbilanz der Deutschen im Jahr 2011 bei minus 3.867. Die insgesamt positive Bilanz resultiert also aus der Zuwanderung von Ausländern.
    Die seit dem Jahr 2000 Zugewanderten bringen ein hohes Qualifikationsniveau mit: 40,2 Prozent haben die Fach- oder Hochschulreife. Damit schneiden sie besser ab als die Menschen ohne Zuwanderungshintergrund in NRW – bei ihnen beträgt dieser Anteil 38,0 Prozent…
    Viele Menschen mit Migrationshintergrund sind als Selbstständige tätig, insgesamt sind es in NRW 149.000 Zuwanderinnen und Zuwanderer. Mit 8,9 Prozent liegt die Selbstständigenquote der Zugewanderten nur wenig hinter der der Einheimischen (10,2 Prozent). Bei den seit 2000 aus Polen Zugewanderten beträgt die Quote sogar 28,1 Prozent.
    Insgesamt sind in NRW 1,7 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund erwerbstätig. Am höchsten ist die Erwerbstätigenquote der Migrantinnen und Migranten im ländlichen Raum… Niedrige Erwerbstätigenquoten finden sich beispielsweise in den Städten des Ruhrgebietes (Mülheim an der Ruhr mit 49,0 Prozent, Gelsenkirchen mit 49,5 Prozent und Recklinghausen mit 50,0 Prozent)…
    Insgesamt haben mehr als 4,1 Millionen der rund 18 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner in NRW einen Migrationshintergrund. Die größten Gruppen sind die türkeistämmigen Menschen und die Aussiedlerinnen und Aussiedler und ihre Nachkommen. Im Jahr 2011 lebten insgesamt 630.000 Personen in Nordrhein-Westfalen, die zwischen den Jahren 2000 und 2011 zugezogen sind. Das sind rund 3,5 Prozent der Bevölkerung. Rund die Hälfte (318.000) davon kam aus einem ost- bzw. ostmitteleuropäischen Land. Davon stammt der größten Teil aus der ehemaligen Sowjetunion (166.000). 79.000 Personen stammen aus Polen, 41.000 aus dem ehemaligen Jugoslawien und weitere 31.000 aus einem anderen Land Ost- und Ostmitteleuropas.
    Quelle: Landesregierung NRW

    Anmerkung WL: Die Statistik widerlegt manche Vorurteile.

  15. Hoeneß, Maschmeyer und Co. – Was Sie von den Investments der Reichen lernen
    Obwohl sie sich teure Anlageberater leisten können, verlieren auch Millionäre wie Uli Hoeneß bei ihren Investments oft viel Geld. Welche Anlagen der Reichen sich lohnen und wovon Sie lieber die Finger lassen sollten.
    Quelle: Wirtschaftswoche

    Anmerkung WL: Für manchen vielleicht ganz interessant, wo Maschmeyer und Co. Überall eingestiegen sind.

  16. Buch “Machtmaschine”- Warum Horst Köhler zurücktrat
    Alle rätselten jahrelang: Warum trat Horst Köhler im Mai 2010 vom Amt des Bundespräsidenten zurück? Eine Antwort versucht das neue Buch des ARD-Journalisten Adamek. Sie lautet: wegen Angela Merkel…
    Buchautor Adamek resümiert im Gespräch mit stern.de: “Der Umgang Merkels mit Köhler entsprang einer taktischen, nicht von Respekt vor dem höchsten Amt im Staat getragenen Haltung, die man eigentlich von einer Kanzlerin erwarten muss.” Sie habe einen schwachen Präsidenten gewollt, was Köhler nicht war. Sie habe dann Christian Wulff als Nachfolger bevorzugt, weil er sich bereits mit den Worten empfohlen hatte, er sei “kein Alphatier” und wolle nicht Kanzler werden. Da sei sie sicher gewesen, dass von einem Präsidenten Wulff keine Gefahr ausgehen würde.
    Quelle: stern.de
  17. Wir haben das Messer der EU im Nacken
    Namibische Politiker haben Vorbehalte gegen von Europäischer Union forciertes Handelsabkommen EPA.
    … Die Art, wie dieses Abkommen Namibia aufgezwungen werden soll, halte ich für sehr unfair. Wenn man Partnerschaft will, muß man die Ansichten beider Partner berücksichtigen, beide müssen Vorteile haben, EPA ist aber ein schädliches Abkommen. Es zerstört Strukturen, die Namibia geschaffen hat, um Arbeitslosigkeit und Armut zu bekämpfen, insbesondere Kleinunternehmen. Wenn die Europäer Demokratie und Fortschritt in Afrika wollen, können sie uns nicht ein Programm aufzwingen, das unser Land in Schwierigkeiten bringt. Ich sehe EPA als Konzept, das uns Afrikaner am Fortschritt hindern soll und uns zurückwirft. Ich appelliere an die Europäer, dies ernsthaft zu überdenken. Wir exportieren Fleisch, Fisch und Weintrauben nach Europa, aber jetzt haben wir das Messer im Nacken: Entweder ihr unterzeichnet 2014 oder wir stoppen die Importe. Was soll das?
    Quelle: junge Welt
  18. USA: Die Veteranen
    Außer einem “Dankeschön” hat Amerika seinen Kriegsversehrten nicht viel zu bieten. VeteranInnen werden in den Flughäfen der USA weiterhin als Erste in der Maschine gehen – oder humpeln, wenn sie eine oder mehrere Extremitäten im “Krieg gegen den Terror” gelassen haben. Doch jenseits dieser Privilegien, sind die eine Million jungen US-AmerikanerInnen, die seit 2003 im Irak gekämpft haben und von denen viele zwei, drei und vier Mal zum Einsatz in dem Kriegsgebiet waren, mit sich und ihren Kriegstraumata allein. – Wie schwer die Last der VeteranInnen ist, kristallisiert sich erst ganz allmählich heraus. Relativ offensichtlich ist, dass 33.183 US-SoldatInnen mit schweren Kriegsverletzungen aus dem Irak zurückkamen. Doch hinzu kommen mindestens 200.000 Irak-VeteranInnen, die schon jetzt nachweislich am Posttraumatischen Stresssyndrom (PTSD) leiden. Die Dunkelziffer dieses Schädeltraumas dürfte nach Ansicht von ExpertInnen ein Vielfaches höher sein, denn die Krankheit bricht oft erst nach jahrelanger Latenz aus. Zunehmend drückt sich die Not der VeteranInnen in Selbstmorden aus.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Lassen wir einmal außen vor, wie töricht der Irak-Krieg war, wie einfach es wohl gewesen wäre, mit dieser Kriegsmacht im Rücken das Regime im Irak zum Rückzug zu bewegen und die unvermeidlichen Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, und lassen wir einmal außen vor, wie viele irakische Opfer bis auf den heutigen Tag zu beklagen sind. Was sagt uns der Zustand der US-Soldaten? Der Mensch ist nicht für den Krieg geschaffen. Wenn es ihn nicht Leib und Leben kostet, so wird doch die Seele verwundet, ja unheilbar verkrüppelt. Die obigen Zahlen sind offizielle Zahlen. Viele Soldaten melden sich gar nicht. Soldaten sind ja keine Weicheier. In obigem Artikel ist von PTSD die Rede, dabei steht eher die Nichtverarbeitung des Unheils im Vordergrund, die sie selbst mit ihren Waffen angerichtet haben. Diffuse Schuldgefühle bis hin zu nicht mehr zu verdrängenden Bildern von Leichen, dem Geruch verbrannten Fleisches usw. Nicht zur Sprache kommen Gefechts-Stress-Reaktionen (GSR), die in der eigenen Todesangst wurzeln. Aus den israelischen Kriegen wissen wir, dass eine hohe Zahl an Soldaten ausgefallen sind, da sie diese Todesangst emotional nicht bewältigen konnten. Doch damit nicht genug, führt dieses Verhalten zu einer Selbstverurteilung als Feigling und damit zu einem radikalen Verlust an Selbstwert. In einer Zusammenfassung des Trauma-Informations-Zentrums Heißt es: “Veteranen, die in der männlichen Rolle des Soldaten zusammengebrochen sind, sowie Veteranen, die PTBS-Symptome entwickeln, die ihre Fähigkeit einschränken, die Rolle des Familienoberhaupts einzunehmen, tendieren dazu, sehr sensibel auf alle Themen zu reagieren, die ihre Männlichkeit in Frage stellen könnten.”
    Familien leiden darunter, zerbrechen und manche Veteranen integrieren sich nie wieder in die Gesellschaft. Siehe zum Beispiel den hohen Anteil an obdachlosen Vietnam- und Irakveteranen. – Ich möchte mir jetzt nicht auch noch antun, die deutschen Zahlen zum deutschen Kriegseinsatz in Afghanistan zu recherchieren. Traumata und Traumatafolgen dürften auch hier nicht zu vernachlässigen sein. Umso bestürzender, wie leichtfertig unsere Regierungen diese jungen Soldaten in diesen sinnlosen, nicht zugewinnenden Krieg geschickt haben. Leider haben die “staatstragenden” Parteien mit der Aufhebung der Wehrpflicht, genauso wie in den USA, dafür gesorgt, dass dieser Einsatzbefehl wie auch die kommenden sich nicht mehr den kritischen Fragen quer durch alle Bevölkerungsschichten stellen müssen. Ob die Eltern, Geschwister, Eheleute in den USA sich genauso diesem unreflektierten Patriotismus vor dem Irakeinsatz hingegeben hätten, wenn sie gewusst hätten, dass alle ihre Kinder, ihre Geschwister und ihre Eheleute drauf gehen könnten – tot, verkrüppelt oder mit unheilbaren Traumata zurückkämen. Dass es jeden treffen könnte, und nicht nur diejenigen, die für diesen “Job” bezahlt werden.

  19. Weltsozialforum in Tunesien: Die Revolution kriegt Besuch
    Das Weltsozialforum findet erstmalig in einem arabischen Land statt.
    Viele glaubten, es sei zu früh. Nun gibt es einen Deal: Keine Kritik am tunesischen Regime.
    Quelle: taz
  20. Frank Schirrmacher, in: Eins zu Eins. Der Talk
    Wer z.B. über Ostern einmal die Gelegenheit nutzen will, in die Gedankenwelt von Frank Schirrmacher einsteigen will – ohne gleich das ganze Buch zu lesen, der kann das in dieser Radiosendung machen ( = knappe Stunde)
    Quelle: BR


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