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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 4. April 2013 um 8:05 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (RS/WL)

Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.

  1. Troika erwartet Wirtschaftseinbruch in Zypern
  2. Unkenntnis der Bundesregierung über Kapitalflucht aus Zypern ist ein Skandal
  3. Sven Giegold: Was Portugals Haushalt die Deutschen angeht
  4. Ulrike Herrmann: Die ungerührten Deutschen
  5. Unsere neue Reservearmee
  6. Wirkungsanalyse der »Riester«-Treppe
  7. Die Weltwirtschaft im Ungleichgewicht
  8. Matthias W. Birkwald – Beschäftigungszahlen Älterer sind trügerisch
  9. Die Ökonomie der Arbeitslosigkeit
  10. Christoph Butterwegge: Zehn Jahre Agenda 2010 – Auf dem Weg nach unten
  11. Neuzulassungen Auto-Nachfrage in Deutschland geht zurück
  12. Italien beschlagnahmt Mafia-Vermögen
  13. S 21: Bauernopfer
  14. „Früher hieß das, Wehrmachtstournee‘“
  15. Unis und Rüstungsforschung – Balanceakt zwischen Krieg und Frieden
  16. Klicken Sie OK, um die Bildung zu retten
  17. Die Parteien, das Gemeinwohl und der oberste Wert
  18. UN beschließen globales Waffenhandelsabkommen
  19. Die Volkswirtschaft ist eine Non-Profit Organisation
  20. Das Letzte: Auf sie mit Gebrüll

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Troika erwartet Wirtschaftseinbruch in Zypern
    Die Wirtschaftsleistung Zyperns wird nach Einschätzung seiner internationalen Gläubiger in diesem Jahr um fast acht Prozent schrumpfen. Das ergibt sich aus Zahlen in einer Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) zwischen beiden Seiten, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Demnach wird für das kommende Jahr ein Minus um etwa drei Prozent erwartet. In den Jahren 2015 und 2016 soll es wieder ein Wachstum von je ein Prozent geben.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Die Troika wusste also, was sie mit ihren Auflagen tat. Sie nimmt also den wirtschaftlichen Einbruch in Zypern ganz bewusst in Kauf. Wie soll aber wieder Wachstum entstehen, wenn der Bankensektor kollabiert und wenn der Bevölkerung Arbeit genommen und Einkommen gekürzt wird?

  2. Unkenntnis der Bundesregierung über Kapitalflucht aus Zypern ist ein Skandal
    “Das ist starker Tobak. Die Bundesregierung will mit Steuergeldern Zyperns Banken retten, kennt aber die Kapitalflucht nur aus der Zeitung”, kommentiert Sahra Wagenknecht die Antwort auf ihre schriftliche Einzelfrage an die Bundesregierung zur Kapitalflucht aus Zypern, wonach die Bundesregierung ihre Kenntnisse über Kapitalflucht aus Zypern nur aus den Medien beziehe. Die Erste stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE weiter:
    “Die Bundesregierung ist entweder fahrlässig im Umgang mit Steuergeldern oder unglaubwürdig. Vor den Verhandlungen mit Zypern wurden sogar Berichte des Bundesnachrichtendienstes (BND) bemüht, um russisches Schwarzgeld zu enttarnen. Jetzt, wo die brutalen Kürzungspakte gegen die kleinen Leute in Sack und Tüten sind und der Parteifreund von Kanzlerin Merkel, Präsident Nikos Anastasiades, beschuldigt wird, seinen Clan mit Insiderwissen versorgt zu haben, will die Bundesregierung von Geldwäsche nichts mehr wissen. Und dies, obwohl die Europäische Zentralbank und damit ein Akteur der Troika auf die Geldflüsse aus Zypern aufmerksam machte. Ich habe daher auch einen Brief an den Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, und den Präsidenten der Deutschen Bundesbank, Dr. Jens Weidmann, gerichtet, um Aufklärung über die Hintergründe der Kapitalflucht zu erlangen. Es ist kriminell, dass den kleinen Leuten und Zyperns Mittelstand Lohnkürzungen und acht Prozent Wirtschaftseinbruch diktiert werden, während die Finanzhaie ihr Geld aus dem Land schaffen. Wenn die Aufregung über russische Oligarchen ernst gemeint war, müssen auch die Oppositionsparteien die Bankenrettung auf Zypern ablehnen. Wer trotz Kapitalflucht – darunter in EU-Zielstaaten wie Malta und Großbritannien – vermeintliche Rettungspakete freigibt, veruntreut Steuergelder. DIE LINKE fordert ein sofortiges Einfrieren der Fluchtgelder. Banken aus nicht-kooperativen Zielstaaten muss ansonsten die Bank-Lizenz in der Euro-Zone entzogen werde
    Quelle: Sahra Wagenknecht
  3. Sven Giegold: Was Portugals Haushalt die Deutschen angeht
    Portugals Unternehmen flüchten in die Niederlande – denn dort locken erhebliche Steuervorteile. So treffen die Sparorgien in Lissabon die kleinen Leute. Europa braucht ein gerechteres Steuersystem…
    17 der 20 größten börsennotierten Unternehmen Portugals haben inzwischen die Flucht nach Holland angetreten, berichten portugiesische Medien. Dort locken Niedrigsteuern für internationale Firmenholdings. Das niederländische Recht ermöglicht es, Gewinne so lange über den Erdball zu verschieben, bis auch Konzerne wie Google und Starbucks keine oder kaum noch Steuern zahlen – schon gar nicht in den Ländern, in denen sie gewaltige Erträge einfahren. Das passt ins Bild, unterhielten doch Europas 50 größte Unternehmen 2010 alleine in den Niederlanden 853 Gesellschaften, gefolgt von Österreich (495), den Kaiman-Inseln (453), Belgien (395) und Luxemburg (360).
    Die Flucht der portugiesischen Unternehmen zeigt exemplarisch die unerträgliche Ungerechtigkeit, die in Europa waltet.
    Sparorgien und Steuererhöhungen treffen in Portugal regelmäßig diejenigen, denen der Staat habhaft werden kann: Angestellte mit niedrigen und mittleren Einkommen, Beamte, Rentner, Arbeitslose. Sie alle beugen sich dem unerbittlichen Hebel der Krise: Hilfsgelder von EU und IWF gegen Sparmaßnahmen und Sozialabbau. Sie verzichten auf Lohn, Gehalt und Rente, auf Sozialleistungen, Kinder- und Krankengeld. Das schadet natürlich auch allen auf die Binnenwirtschaft ausgerichteten Unternehmen. Großen Unternehmen und vermögenden Eliten bietet die EU dagegen grenzenlose Möglichkeiten, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Das biblische Ideal „Tragt die Lasten gemeinsam“ ist keine europäische Realität.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung JK: Anstatt etwa auf Zypern einzuprügeln sollte die Merkel-Regeirung lieber etwas dagegen unternehmen, dass transnationale Unternehmen ihre Gewinne aus den Krisenländern nicht weiter in europäische Steueroasen verschieben und es so den “kleinen” Leuten überlassen die Krisenfolgen alleine auszubaden. Womit wieder gezeigt ist, dass die merkelsche Krisenpolitik nur die Interessenlage ganz bestimmter Akteure bedient. Die der transnationalen Großkonzerne und die der internationalen Großanleger der Finanzindustrie.

  4. Ulrike Herrmann: Die ungerührten Deutschen
    Es kommt auf die Deutschen an. Sie werden entscheiden, ob der Euro überlebt. Dies ist die ganz klare Botschaft, die sich aus den europäischen Arbeitslosenzahlen herauslesen lässt…
    Was noch schlimmer ist: Bisher bleiben die Deutschen völlig ungerührt. Ihnen reicht es, dass sie selbst nicht in der Krise stecken. Ansonsten fällt Regierung und Teilen der SPD nur ein, dass die Südländer eben auch eine “Agenda 2010” benötigen. Dieser Ratschlag ist aber nicht nur erschütternd selbstherrlich, sondern vor allem naiv: Die Südländer haben bereits Kürzungsprogramme hinter sich, gegen die die Agenda 2010 ein Witz war.
    Doch reines Sparen bringt eben nichts, was sich übrigens bereits bei der Agenda 2010 studieren ließ.
    Quelle: taz
  5. Unsere neue Reservearmee
    Immer mehr Menschen in der Eurozone sind arbeitslos. Rund 19 Mill. waren es im Februar – und damit fast 2 Mill. mehr als ein Jahr zuvor. Wäre das in den USA passiert, würden die Börsen absacken. Doch Euroland sind seine Arbeitslosen schnurz – dabei hat die die Jobkrise weitreichende Folgen, auch für Deutschland. Es ist schon traurige Routine: Monat für Monat melden die Statistiker neue Höchstzahlen vom Arbeitsmarkt. Und jedesmal vertröstet die EU-Kommission die Betroffenen damit, die Reformen würden wirken, ab 2014 werde es aufwärts gehen. Dabei sagt sie das schon seit 2 Jahren, alle Prognosen waren falsch. (…) Alles dreht sich um die Defizitzahlen und um die Spreads an den Anleihemärkten. Die Arbeitslosenrate hingegen ist (wie das Wachstum) nur eine abgeleitete Variable ohne wirtschaftspolitische Bedeutung. (…) Zum einen schwächen die Arbeitslosenheere die Gewerkschaften und helfen, die Löhne in Südeuropa weiter zu drücken. Von echter Sozialpartnerschaft kann in Zeiten der Depression keine Rede mehr sein. Zum anderen stellt die neue Reservearmee tausende und abertausende Arbeitskräfte für den (noch) prosperierenden Norden bereit. Wieder ist es vor allem Deutschland, das davon profitiert. (…) Berlin lockt die Reservisten nicht nur aktiv an, sondern bietet ihnen auch noch Deutschkurse, damit sie bleiben. So wird der Süden doppelt geschädigt: durch die Krise – und den Verlust ihrer besten Leute…
    Quelle: Lost in Europe

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Verlust jener qualifizierten Arbeitnehmer, die für die Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Krisenstaaten erforderlich wären, dort, Aufbau einer zusätzlichen Reservearmee an billigen Arbeitskräfte hier: Die “Kollateralschäden” der ökonomischen und sozialen Kahlschlagpolitik à la Berlin und Brüssel zeigen sich bereits heute innerhalb der europäischen Krisenstaaten mit aller Wucht und sind für die zukünftige Entwicklung sowohl hierzulande als auch in den übrigen Staaten der Eurozone eine gewaltige Hypothek.

  6. Wirkungsanalyse der »Riester«-Treppe
    Zum 1. Juli 2013 werden die Renten um 0,25% im Westen und 3,29% im Osten erhöht. Die diesjährige Anpassung berücksichtigt zudem die letzte Stufe der sog. Riester-Treppe in der Rentenanpassungsformel. Diese hat die Entwicklung der Renten zwischen 2003 und 2013 um 5,08 Prozentpunkte von der Lohnentwicklung abgekoppelt und ist damit technisch gesehen bislang der Hauptverursacher der Rentenniveausenkung. Ginge es, wie bei ihrer Einführung unter Rot-Grün Anfang des Jahrhunderts behauptet, tatsächlichen darum, die getätigten Aufwendungen der Arbeitnehmer für die private Altersvorsorge bei der Rentenanpassung mindernd zu berücksichtigen, dürften die Wirkungen der »Riester«-Treppe allerdings statt mit rund fünf Prozentpunkten nur mit maximal einem Prozentpunkt zu Buche schlagen. In der Rentenanpassungsformel bildet die »Riester«-Treppe ein willkürlich gesetztes Element, das seine Begründung alleine in politisch vorgegebenen Verteilungszielen findet (Rentenniveausenkung zwecks Beitragssatzdeckelung).

    Quelle 1: Portal Sozialpolitik
    Quelle 2: Die Anpassung der Renten in den Jahren 2003 bis 2013 [PDF – 943 KB]

  7. Die Weltwirtschaft im Ungleichgewicht
    Vor zwei Jahren erschien im Auftrag der „Friedrich-Ebert-Stiftung“, Berlin, die
    fundierte Studie von Jan Priewe, die sowohl zur Theorie als auch zur Empirie/Statistik der „Ungleichgewichte in den volkswirtschaftlichen Leistungsbilanzsalden“im globalen wie europäischen Maßstab grundlegende Aussagen vermittelte. Die statistischen Daten (oder Grafiken) dieser Studie reichten meist bis einschließlich 2009 oder 2010 und umfassten daher auch die Herausbildung der gegenwärtigen internationalen Finanzmarktkrise in der EWU bzw. deren Tendenz…
    „Aus der Sicht der Defizitländer“ (im Leistungsbilanzsaldo) „ging die Außenverschuldung jahrelang gut, führte zu kräftigem Wirtschaftswachstum, bis im Zuge der Finanzkrise das Verschuldungssystem kippte. Die Risiken der Außenverschuldung schlagen nun auf die Gläubiger zurück. Jedoch wurden diese Risiken seitens der Gläubiger erst wahrgenommen, als die Probleme unübersehbar waren.“
    Weil „es in Europa und insbesondere in der Euro-Zone weitgehend unstrittig ist, dass die Leistungsungleichgewichte eine zentrale Ursache der Finanzkrise des Eurosystems darstellen…“…Er stützt sich auf eine Erklärung der EZB aus dem Jahre 2010, wonach es heißt: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt stellen globale Ungleichgewichte nach wie vor ein
    wesentliches Risiko für die Stabilität der Gesamtwirtschaft und des Finanzsystems dar.“

    Quelle: Alle Grafiken aus „Die Weltwirtschaft im Ungleichgewicht“ von Jan Priewe, in Friedrich-Ebert-Stiftung WISO Diskurs 2011 [PDF – 573 KB]

    Siehe die Zusammenfassung und Auswertung dieser Studie durch Karl Mai [PDF – 69.5 KB]

    Anmerkung WL: Die Ursachen für die Euro-Krise sind also schon seit Jahren bekannt. Die „Rettungspolitik“ hat mir ihren „Rettungsschirmen“ jedoch nur die Symptome behandelt und die wirklichen Ursachen ausgeklammert oder bis heute nicht wahr haben wollen.

  8. Matthias W. Birkwald – Beschäftigungszahlen Älterer sind trügerisch
    Die schönen Meldungen über den Rekordstand älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstellen den Blick auf die garstige Wirklichkeit der Rente erst ab 67: Um die drastischen Kürzungen durch die Rente erst ab 67 zu vermeiden, müssen die Menschen heute noch mit 64 und 65 einen Job haben. Hier sind die Beschäftigtenzahlen aber nur halb so hoch. Nach wie vor spricht alles dafür, die Rente erst ab 67 so schnell wie möglich zurückzunehmen…
    Die 1,484 Millionen Beschäftigten Ende September 2012 entsprechen einer Beschäftigungsquote bei den 60 bis unter 65-Jährgen von 30,3 Prozent. Das ist gerade mal ein Prozentpunkt mehr als die 29,2 Prozent im Juni 2012. In der wirklich rentenpolitisch relevanten Gruppe der 64-Jährigen war die Quote im Juni 2012 mit 14,2 Prozent nicht einmal halb so hoch. Die Zahlen der FAZ sind also irreführend.
    Quelle: Linksfraktion

    Anmerkung unseres Leser J.Sch.: Es gibt noch einen wichtigeren Grund, warum die Zahl älterer Beschäftigter überhaupt relativ stark zugenommen hat.
    Das hat schlicht und ergreifend damit zu tun, dass die Jahrgänge des nach dem Zweiten Weltkrieg eintretenden Geburtenausfalls 2007 noch in dem Alter 60-65 lagen. Bis 2012 rückten relativ starke Jahrgänge nach. Dadurch ist natürlich die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten gestiegen, aber der Anteil guter Jobs unter dieser Altersgruppe weiterhin sehr gering geblieben.

    Und unser Leser G.K. merkt an: In unseren Medien wird zumeist der Eindruck erweckt, bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung handele es sich um sichere und gut entlohnte Arbeitsplätze. Im Gegensatz zu den Nachkriegsjahrzehnten (bis etwa Ende der 90er Jahre) ist dies heute jedoch nicht mehr durchgängig der Fall. Denn unter der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung werden auch die seit der Jahrtausendwende drastisch ausgeweitete Leiharbeit und die ebenfalls massiv ausgeweitete sowie häufig schlecht entlohnte Teilzeitarbeit ausgewiesen.

  9. Die Ökonomie der Arbeitslosigkeit
    Welche Bedeutung für die Arbeitslosigkeit haben die eingebrochene Gesamtnachfrage und damit zyklische Faktoren und welche Bedeutung haben strukturelle Faktoren, wie Behinderungen auf den Produkt- und Arbeitsmärkten, die die Schaffung neuer Stellen und den Zugang von Jugendlichen und Arbeitslosen erschweren?
    Die IWF-Autoren, darunter Chefökonom Olivier Blanchard, stellen einerseits die wichtigsten Erkenntnisse aus der umfassenden Fachliteratur zur Arbeitslosigkeit zusammen, anderseits fassen sie die Politik des Fonds zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zusammen und begründen diese.

    • Die Ursache für den dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit ist klar die eingebrochene Nachfrage…
    • Daraus folgt auch, dass das grösste Gewicht auf einer Politik bleiben muss, die wieder für Nachfrage sorgt…
    • die Möglichkeiten einer die Nachfrage stimulierenden Politik (sind) für die Krisenländer der Eurozone besonders eingeschränkt: Von der Fiskalpolitik (Nachfrage über das staatliche Budget) ist angesichts der hohen Verschuldung nicht mehr viel möglich…
    • Ein weiterer Anstieg der Staatsausgaben würde die Gefahr eines Staatsbankrotts erhöhen, weitere Sparmaßnahmen verschlimmern umgekehrt aber die Lage, weil auch die anderen Treiber einer möglichen Nachfrage auf die Sparbremse treten: der Finanzsektor, die Unternehmen und die privaten Haushalte. Nötig ist daher ein glaubwürdiger mittelfristiger Sparplan ohne zu starke Bremsmaßnahmen im Augenblick. Eine echte Linderung kann nur von einer Auslandsnachfrage kommen bzw. durch die Geldpolitik – womit die Europäische Zentralbank angesprochen ist. Die IWF-Ökonomen fordern insbesondere eine höhere Inflation in den nördlichen Ländern…Keine Frage, dieser Ratschlag des Fonds stößt im Norden nicht auf Begeisterung…
    • Je länger allerdings die Krise und mit ihr die Arbeitslosigkeit anhält, desto mehr besteht die Gefahr, dass die ursprünglich konjunkturelle zu einer strukturellen Arbeitslosigkeit wird…
    • Mindestlöhne (wenn sie nicht zu hoch angesetzt sind) haben nur einen geringen Effekt auf die Arbeitslosigkeit. Der vom IWF genannte Grund: In einigen Fällen ist die Marktmacht der Unternehmen gegenüber den Beschäftigten so hoch, dass sie zu tiefe Löhne im Verhältnis zu deren Leistungsfähigkeit zahlen…
    • Unter den aktuellen Umständen verschlechtert sich also durch sinkende Löhne die wirtschaftliche Lage…

    Die … Ausführungen führen zu keinem allgemeingültigen Rezept gegen Arbeitlosigkeit, das zeitlos und unabhängig von den konkreten Umständen gültig ist. Und genau das ist die wichtigste Lehre der Ökonomie der Arbeitslosigkeit.
    Quelle: Tages-Anzeiger Blog

  10. Christoph Butterwegge: Zehn Jahre Agenda 2010 – Auf dem Weg nach unten
    Hartz IV brachte die Armut in die Mitte der Gesellschaft und vertiefte die Spaltung zwischen Arm und Reich. Die Agenda 2010 hat letztlich nur gezeigt, wie schnell es für Menschen abwärts gehen kann – auch wenn sie zum Jubiläum wochenlang gefeiert wurde.
    Quelle: SZ
  11. Neuzulassungen Auto-Nachfrage in Deutschland geht zurück
    Der deutsche Automarkt schwächelt: Im März verringerte sich die Zahl der Neuzulassungen um 17,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Besonders betroffen unter den Herstellern ist Volkswagen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Nicht ein oder zwei Prozent weniger, sondern satte 17%. Komisch, wo es doch “Deutschland so gut wie nie” geht. Ein mehr als zweistelliger Rückgang ist eine Katastrophenmeldung sondergleichen für die Automobilindustrie (und über den darbenden Binnenmarkt in Deutschland und im Rest der EU), aber selbst ein solches Desaster wird von interessierten Lobbykreisen noch schöngeredet (“der wirtschaftliche Ausblick für Deutschland ist derzeit weiterhin robust”). Umso schlimmer, daß die Wirklichkeit sich nicht an die bizarren Theorien hält…

  12. Italien beschlagnahmt Mafia-Vermögen
    Der italienischen Anti-Mafia-Behörde ist ein großer Schlag gegen die organisierte Kriminalität gelungen. Sie beschlagnahmte am frühen Mittwochmorgen in Italien Güter im Wert von mehr als 1,3 Milliarden Euro. Es war die bisher größte Aktion dieser Art, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Im Fokus der Ermittler stand der Unternehmer Vito Nacastri, Chef des größten italienischen Unternehmens für Wind- und Solarenergie.
    Der 57 Jahre alte Nicastri soll dem engen Kreis um den obersten Boss der Cosa Nostra, Matteo Messina Denaro, angehören und unter anderem als Strohmann fungiert haben.
    Quelle: manager magazin
  13. S 21: Bauernopfer
    Die Staatsanwaltschaft Stuttgart, das sagen diesmal sogar ihre Kritiker, habe saubere Ermittlungsarbeit geleistet. Die Akten, heißt es, füllten gleich mehrere Schrankwände, wenn man sie ausdrucken würde. Zweieinhalb Jahre hat sich Deutschlands fünftgrößte Anklagebehörde immerhin Zeit gelassen, um den Einsatz der Wasserwerfer während des Schwarzen Donnerstags im Stuttgarter Schlossgarten aufzuklären…
    Die Staatsanwaltschaft Stuttgart, das sagen auch diesmal wieder ihre Kritiker, habe – bei aller Akribie in der Recherche – die Aktenlage nach ihrem politischen Gusto bewertet. Es ist der alte Vorwurf, der seit dem völlig missglückten Polizeieinsatz vom 30. September 2010, dem größten und folgenreichsten in Stuttgarts Geschichte, immer wieder erhoben wurde: Gegen Demonstranten gehe die Staatsanwaltschaft stets unnachgiebig und mit aller juristischen Härte vor, gegen Polizisten dagegen übe sie Nachsicht…
    Nicht nur dem pensionierten Richter Dieter Reicherter, der zu den prominentesten Kritikern jener Behörde zählt, der er dereinst als Staatsanwalt selber angehört hat, “erschließt sich der Ablauf der Ermittlungen deshalb nicht”. Reicherter, der am Schwarzen Donnerstag zufällig im Schlossgarten war und, auf einer Wiese abseits des Geschehens stehend, von Wasserwerferstrahlen durchnässt wurde, hat – genau wie Frank-Ulrich Mann auch und andere Opferanwälte mehr – an zwei anderen Punkten noch viel mehr Kritik anzubringen als nur am Ablauf der Ermittlungen.
    Ihnen geht es um die rechtliche Bewertung der Tatvorwürfe gegen die Polizeibeamten als lediglich fahrlässige Körperverletzung im Amt zum einen, zum anderen darum, dass “nur Beamte niedriger und mittlerer Rangordnung zur Rechenschaft gezogen werden sollen” (Mann). Für den Freiburger Anwalt gäbe die Aktenlage nämlich “auch etwas anderes her”, denn es werde darin “offensichtlich”, dass dem Polizeiführer, also dem damaligen Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf, “Versäumnisse vorzuwerfen sind, die letztlich auch zu den Verletzungen der Bürger führten”.
    In diese Kerbe hauen übrigens nicht nur kritische Juristen, sondern vor allem auch Polizisten.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung

    Siehe dazu auch: Mappus im Park?
    Nach Kontext vorliegenden Informationen hat der frühere baden-württembergische Ministerpräsident den Stuttgarter Schlossgarten aufgesucht, um sich vor Ort ein Bild zu machen über den Polizeieinsatz, bei dem es mehr als 400 Verletzte gegeben hat.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung

  14. „Früher hieß das, Wehrmachtstournee‘“
    Wo, bitte, geht’s denn hier zur Front?, fragen immer mehr Stars und Sternchen der Unterhaltungsindustrie .
    Wenn die NATO ihre Bombenteppiche über die Welt ausbreitet, bietet nicht nur der Schauspieler Til Schweiger seine Dienste als „Schutzengel“ für die kämpfende Truppe an. Auch viele Prominente aus dem Musik- und Showbusiness haben entdeckt, dass die Teilnahme am Propagandafeldzug für den „ethischen“ Imperialismus durchaus lukrativ sein kann. „Give Peace a Chance“ war einmal – heute stehen sie Schlange für einen Transall-Flug nach Kabul oder Kunduz.
    Sogar Punkbands finden „Antifa heißt Luftangriff“, engagieren sich an der Heimatfront für den guten Zweck der völkerrechtswidrigen Angriffskriege des Westens und freuen sich, wenn endlich einmal „zurückgeballert“ wird. „Ein gut geführter Krieg ist wie eine große Symphonie“, sagte Hitlers General Friedrich von Boetticher. Heute ist der „Vater aller Dinge“ wieder so tief in die „Eingeweide der Gesellschaft“ (Paul Virilio) vorgedrungen, dass das Stakkato einer M16 als virtuose Darbietung goutiert wird.
    Fette Beats wummern aus einer Halle im Camp Marmal bei Mazar-i Sharif am Fuße des Hindukusch. „Den Alltag in Afghanistan vergessen. Einfach mal abschalten!“, heißt das Motto des Megaevents mit dem Technomusiker
    und -produzenten Paul Kalkbrenner. Vor seinem DJ-Pult raven mehr als tausend Soldaten in Kampfanzügen und mit Knicklichtern in ihren Händen.
    Quelle: Hintergrund
  15. Unis und Rüstungsforschung – Balanceakt zwischen Krieg und Frieden
    Das Dilemma ist die unsichtbare Grenze zur Rüstungsforschung. Genaues über die Lage im Grenzgebiet weiß kaum jemand, aber das Unwohlsein ist in den Universitäten spürbar. Das liegt an der Ausgangslage: Während auf der einen Seite die Universitäten um Drittmittel für die Forschung buhlen, boomt auf der anderen Seite die deutsche Rüstungsindustrie. Deutschland ist drittgrößter Exporteur von Rüstungsgütern, laufend entwickeln deutsche Unternehmen neue Kriegstechnologie – auch mithilfe von Ergebnissen aus deutschen Hochschulen. Hinzu kommt die Bundeswehr, die in eine technologiegetriebene Armee umgebaut wird. Sie soll die Kriege der Zukunft mit autonomen Drohnen und Kampfrobotern führen statt mit Soldaten.
    An immer mehr deutschen Universitäten bilden sich deshalb Initiativen, die in den Statuten der Hochschulen “Zivil- oder Friedensklauseln” verankern wollen. Diese Klauseln verpflichten die Wissenschaft, auf jede Art von Rüstungsforschung zu verzichten…
    Zwölf deutsche Universitäten haben sich mit Zivilklauseln der friedlichen Forschung verpflichtet, fast monatlich kommt derzeit eine dazu. Im November verabschiedete der Senat der TU Darmstadt eine entsprechende Klausel, im Februar folgte der Senat der Universität Göttingen, vor kurzem die Universität Frankfurt. Als Nächstes wird der Senat der Universität Kassel über die Zivilklausel entscheiden müssen, dort sprachen sich 72 Prozent der Studenten für die Einführung eines Friedensbekenntnisses aus…
    Vor fast 30 Jahren gelobten Wissenschaftler in der “Darmstädter Verweigerungsformel”, sich in keiner Weise an einer Entwicklung militärischer Güter zu beteiligen. Im Jahr 1986 hisste die Universität Bremen als erste Hochschule Deutschlands die weiße Flagge und führte die Zivilklausel ein. Erst mit den Studentenprotesten 2009 bekam das Thema eine neue Dynamik.
    Quelle: SZ
  16. Klicken Sie OK, um die Bildung zu retten
    E-Learning soll das Bildungssystem retten. Ob technischer Fortschritt tatsächlich gesellschaftliche Probleme lösen kann, ist allerdings fraglich.
    Für Sozialkompetenz und Charakterbildung gibt es keine Lobby.
    Für E-Learning dagegen schon: Die offiziell gemeinnützige Bertelsmann-Stiftung hat mehrere Projekte initiiert, die nach eigenen Angaben “Qualität und Akzeptanz von E-Learning in Deutschland fördern” sollen. Wie praktisch, dass die Bertelsmann-Tochter Arvato Systems gleich die passenden Lösungen anbietet. Am Hype um technische Lösungen für Probleme im Bildungssystem lässt sich offenbar ganz gut verdienen.
    E-Learning, MOOCs, Moodle, oder BWL-Apps sind natürlich nicht deshalb alle schlecht. Sie sind aber dann schädlich, wenn sie suggerieren, die ganze Bildung zu verbessern – und nicht nur den Teilbereich der Wissensvermittlung, für den sie entworfen wurden. Und wenn sie von der Frage ablenken, was Bildung leisten soll.
    Quelle: zubedit
  17. Die Parteien, das Gemeinwohl und der oberste Wert
    Das Gemeinwohl wird dabei als etwas verstanden, das mit der Marktfreiheit zu tun hat, aber durchaus von dieser verschieden ist. Gleichzeitig existiert im Bewusstsein der Öffentlichkeit ein klares Rangverhältnis zwischen Marktfreiheit und Gemeinwohl: Gemeinnutz geht vor Eigennutz…
    Das entspricht jedenfalls bis vor kurzem dem klassischen Verfassungsverständnis. Dass im Zeitraum der letzten zehn Jahre eine gewaltige juristische Umwälzung eingetreten ist, die die schönsten Vorstellungen von einem gerechten Ausgleich zunichte zu machen droht, wird bisher kaum bemerkt. Allenthalben macht sich ein dumpfes Unbehagen breit, weil „… der, dem die Wirtschaft dienen soll, … zu ihrem Diener“ geworden ist und Menschen und Dinge einem zum Selbstzweck degenerierten Profitstreben geopfert werden. Mit der „Kolonialisierung der Lebenswelt durch die Wirtschaft“ zerbröckelt die staatsbürgerliche Solidarität und das Gleichgewicht der gesellschaftlichen Teilsysteme gerät aus den Fugen…
    Die Marktfreiheit ist innereuropäisch nicht nur als durchsetzbares Recht effektiv vorrangig. Sie ist gesetzlich bindend auch zum Maß aller Dinge avanciert. Das war vor rund zehn Jahren noch anders…
    Heute jedoch rangiert die Markteffizienz vor allem anderen, so auch vor Gleichheitspolitiken und sozialer Solidarität. Immer dann, wenn in irgendeiner Form ein grenzüberschreitender Bezugspunkt gegeben ist, kommt ein nationaler Standard nur noch dann zum Zuge, wenn unzweideutig klar ist, dass dieser wirklich notwendig ist, nicht auch auf eine andere Weise erreicht werden kann und außerdem das mildeste Mittel darstellt.
    …alle hier genannten, zwingenden Gründe des Allgemeininteresses bleiben in der Verhältnismäßigkeitsprüfung gegenüber den als durchsetzbaren Rechten ausgestalteten Grundfreiheiten (wie z.B. Wettbewerbs-, Handels-, Kapitalverkehrs-, Dienstleistungsfreiheiten etc.) in der Regel auf der Strecke. Sie sind in grenzüberschreitenden Bezügen nur noch zulässig, wenn sie die Marktfreiheit nicht allzu sehr beeinträchtigen, sind also alles andere als zwingend.
    Der Befund lautet also, dass die innereuropäische Rechtsordnung die Marktfreiheit höher wertet als das Gemeinwohl. Daran sind alle Europäer und auch die Parteien gebunden…
    Das jetzt geltende Recht raubt den Parteien die Möglichkeit, selbst zu definieren, was unter Gemeinwohl zu verstehen und wie das Verhältnis zur Marktfreiheit zu bestimmen sei. Die Parteien sind rechtlich an die Marktfreiheit gekettet und können ihre Parteiprogramme nur innerhalb entsprechend enger Grenzen verfolgen.
    Quelle: Institut für Deutsches und Internationales Parteienrecht, MIP 2013 Heft 19 S. 20-29
  18. UN beschließen globales Waffenhandelsabkommen
    Zum ersten Mal in der Geschichte soll es weltweite Standards für den Handel mit konventionellen Waffen geben. Dazu hat die UN-Vollversammlung einen Kontrollvertrag mit großer Mehrheit gebilligt – dagegen votierten nur Iran, Nordkorea und Syrien. Amnesty International spricht von einem “historischen Moment”.
    Quelle: SZ
  19. Die Volkswirtschaft ist eine Non-Profit Organisation
    Wird die Zukunft nun düster oder rosig? Wie passt es zusammen, dass Deutschland einerseits permanent über seine Verhältnisse lebt, andererseits aber ein wettbewerbsfähiger Gigant ist? Dass es sich einerseits auf Kosten zukünftiger Generationen verschuldet, andererseits aber regelmäßig Exportweltmeister oder Vize wird? Die kognitive Dissonanz, sich zugleich eine rosige und düstere Zukunft auszumalen, scheint die eifrigen Verbreiter dieser Botschaften nicht weiter zu stören. Vielleicht deshalb, weil die Botschaften isoliert so einleuchtend wirken: Erstens, wer mehr ausgibt als einnimmt, kommt eben in die Bredouille. Zweitens, Deutschland wirtschaftet gut, die da unten schlecht. Doch heißt gut wirtschaften nicht mehr einnehmen als ausgeben und hat nicht auch Deutschland mehr ausgegeben als eingenommen? Wo kommen sonst die Schulden her und wie kann man beim Schuldenmachen wettbewerbsfähig sein? Diesen Widersprüchen auf den Zahn zu fühlen ist das Ziel dieses Artikels…
    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Staat nur ein Teil der Volkswirtschaft ist. Ob die Volkswirtschaft verschuldet ist oder nicht, hat viel weitreichendere Konsequenzen als die Frage, ob der Staat verschuldet ist, denn eine kapitalistische Volkswirtschaft ist immer mehr als nur der Staat. Im Jahr 2011 standen den Verbindlichkeiten von Ausländern gegenüber Deutschland in der Höhe von 5.700 Mrd. Euro Forderungen von Deutschen gegenüber dem Ausland in der Höhe von 6.600 Euro gegenüber. Deutschlands Saldo gegenüber dem Ausland ist also deutlich positiv. Die Verschuldung der öffentlichen Hand ist sozusagen ein lokales Problem zwischen dem Staat und den Privaten, aber kein Problem der gesamten Volkswirtschaft. Jegliche Hysterie in Bezug auf die Staatsschuld ist in Volkswirtschaften mit stabiler Leistungsbilanz völlig unangebracht, weil die künftigen Generationen in ihrer Bilanz nicht nur die Schulden verbuchen, sondern auch die Forderungen. Ohne die enormen Steuersenkungen der letzten Jahre wäre der Staatshaushalt gar kein Thema und entsprechend leicht ist das Problem mittels stärkerer Besteuerung im Bereich der Vermögen und hohen Einkommen zu beheben. Volkswirtschaftliche Schulden und Überschüsse entstehen im Außenhandel, wenn eine Volkswirtschaft mehr verbraucht als sie produziert und umgekehrt. Auf den ersten Blick ist erfreulich, dass Deutschland als Volkswirtschaft mehr Forderungen als Schulden hält und damit ökonomisch sehr stabil scheint. Eigentlich ein Hinweis auf eine eindeutig rosige Zukunft. Das Problem ist nur, dass Forderungen keine Profite sind sondern Kredite die platzen können. So hat etwa die Finanzkrise einen nicht geringen Teil der deutschen Forderungen gegenüber dem Ausland – vor allem US-amerikanischen Banken – einfach verpuffen lassen. Darüber hinaus kann eine aggressive Außenhandelspolitik dazu führen, dass die Handelspartner und damit die eigenen Absatzmärkte kollabieren, was im Moment in der Eurokrise zu beobachten ist. Insofern sind die steigenden deutschen Leistungsbilanzüberschüsse wiederum eine Quelle der Instabilität für Deutschland und eine existenzielle Bedrohung für viele europäische Partner. Deutschland ist sozusagen zu wettbewerbsfähig.
    Quelle: blog acht

    Anmerkung WL: Unsere Kanzlerin redet ja ständig von der „Staatsschuldenkrise“, insbesondere bei den südeuropäischen Staaten. Sie fordert von diesen Ländern, dass sie sparen, sparen und nochmals sparen. Sie selbst hat in ihrer bisherigen Amtszeit die Staatsschulden von zwei Billionen Euro um 500 Milliarden vergrößert. Angela Merkel steht damit für so viele neue Schulden, wie alle Bundeskanzler in mehr als vier Jahrzehnten Bundesrepublik zusammen.
    Heinrich Heine hat dieses heuchlerische Verhalten in seinem Versepos „Deutschland. Ein Wintermärchen“ auf den Punkt gebracht:

    Sie sang das alte Entsagungslied,
    Das Eiapopeia vom Himmel,
    Womit man einlullt, wenn es greint,
    Das Volk, den großen Lümmel.

    Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
    Ich kenn auch die Herren Verfasser;
    Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
    Und predigten öffentlich Wasser.

  20. Das Letzte: Auf sie mit Gebrüll
    Das Bild vom hässlichen Deutschen, der dem übrigen Europa sein Wirtschaftsmodell aufzwingt: In vielen Nachbarländern droht die Wut der Straße zur offiziellen Politik mit antideutschen Zügen zu werden. Die ständig geschürten Vorurteile gefährden das Fundament der EU.
    Quelle: SZ

    Anmerkung RS: Ach, die armen Deutschen, dieses ewig missverstandene Volk, das es immer gut meint mit anderen, diese Insel der Fleißigen und Aufrichtigen in einem Meer von Faulheit, Neid und Niedertracht! Die Deutschen haben die Südländer eben nicht dazu gezwungen, ihre Länder nicht zu reformieren, und jetzt beklagen sie, dass sie in einer Depression sind. Das haben sie jetzt davon, dass sie nicht dem deutschen Beispiel gefolgt sind und ihre Bevölkerungen durch Niedriglöhne zugunsten ihrer Exportindustrien verarmt haben!
    Und das von Belgien, wie unverschämt, den Deutschen Lohndumping vorzuwerfen! Stimmt doch gar nicht! (Gerhard Schröder 2005 in Davos: „Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt. […] Wir haben einen funktionierenden Niedriglohnsektor aufgebaut, und wir haben bei der Unterstützungszahlung Anreize dafür, Arbeit aufzunehmen, sehr stark in den Vordergrund gestellt.“).
    Und dann wirft man den Deutschen vor, sie würden ihr Wirtschaftsmodell anderen Ländern aufzwingen! Ach, was! So etwas würden die Deutschen nie tun! (Volker Kauder: „Jetzt wird in Europa Deutsch gesprochen“. Diverse Medien, „Merkel setzt sich durch“, „Merkel bleibt hart“, „Berlin verliert die Geduld mit Griechenland“, usw.)
    Alles antideutsche Vorurteile! (In Deutschland: „Pleitegriechen“, „faule Südländer“, „sie wollen nur unser Geld“, „sie machen Party und erwarten, dass wir zahlen“, usw.).
    Vielleicht wäre es an der Zeit, die Deutschen würden aufhören, sich wegen ihrer Unbeliebtheit zu bedauern, und stattdessen darüber nachdenken, ob das vielleicht doch seine Gründe hat. Wie die Geschichte zeigt, liegt es nicht immer an den anderen.


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