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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 9. August 2013 um 8:59 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Orwell 2.0
  2. Nichts hat sich verbessert: Die Agenda 2010 ist eine große Illusion
  3. Die reichsten 10 Prozent haben mehr als doppelt so viel wie die restlichen 90 Prozent
  4. Wie die Progressiven eine Generation verlieren
  5. Gibt es einen dritten Weg abseits der ökonomischen Dogmen?
  6. Nach der Bundestagswahl: Union plant dichtes Netz von Mindestlöhnen
  7. Zwei-Klassen-Gesellschaften bei Arbeitsagenturen
  8. Armutsbericht: Verwässert, verschleiert, beschönigt
  9. Brutales Gesundheitssystem: Kassen bedrängen psychisch Kranke
  10. Experte prognostiziert Krankenkassen Billionenloch
  11. Regierungsflüge: Für Wirtschaftsvertreter zum Schnäppchenpreis
  12. Evo Morales Ayma: Brief aus der Luft
  13. Südafrikas Erbe – Das Apartheid-Regime und die Größe Mandelas
  14. Retro-Wahlkampf der CDU
  15. Sein letztes Gefecht
  16. Gefallen an Gefälligkeiten – wie Journalisten umgarnt werden
  17. Zu guter Letzt: Volker Pispers – Zum Ausgang der Bundestagswahl 2013

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Orwell 2.0
    1. Brüssel legitimiert Vorratsdatenspeicherung mit starker Nachfrage
      “Die EU-Kommission hat ein Papier zum “Nachweis der Erforderlichkeit der Vorratsdatenspeicherung” vorgelegt, demzufolge Ermittler in der EU jährlich über zwei Millionen Mal auf die von Providern gespeicherten Daten zu. Damit kämen durchschnittlich zwei Anforderungen auf jeden Polizeibeamten in der Gemeinschaft oder elf Abfragen auf je hundert verzeichnete Straftaten.” […] “Wie vor zwei Jahren im Bericht zur Evaluierung der Richtlinie kann Brüssel nach wie vor auf Basis der Eingaben aus 23 EU-Ländern keine belastbaren Zahlen präsentieren, inwieweit die Vorratsdatenspeicherung beim Aufklären von Straftaten hilft. “Wenige Jahre” nach Inkrafttreten der Bestimmungen sei noch nicht mit stichhaltigen statistischen Trends zu rechnen.”
      Quelle: Heise
    2. Mit einem scheinlegalen Trick durchsucht die NSA auch die Kommunikation von US-Bürgern
      Die NSA greift nicht nur Unmengen an Verbindungsdaten ab, sondern natürlich auch die Inhalte der E-Mail- und Textkommunikation von Amerikanern – ohne richterliche Genehmigung. Es wäre auch naiv gewesen, den Versicherungen der Geheimdienste zu glauben.
      Quelle: Telepolis
    3. Druck der US-Behörden: E-Mail-Dienst mit Snowden-Verbindung schließt unter Protest
      Ein verschlüsselter E-Mail-Dienst, den der NSA-Enthüller Edward Snowden genutzt haben soll, ist abrupt vom Netz gegangen. Der Firmenchef spricht von massivem Druck der Behörden – und verabschiedet sich mit einem beeindruckenden Statement. […]
      “Ich sehe mich gezwungen, eine schwierige Entscheidung zu fällen – entweder mitschuldig an Verbrechen gegen das amerikanische Volk zu werden oder zehn Jahre harte Arbeit aufzugeben und Lavabit zu schließen”, schreibt der Besitzer des E-Mail-Diensts, Ladar Levison, auf der Internetseite des Unternehmens. […]
      Es handele sich um einen seltenen und vielleicht sogar einzigartigen Fall, dass ein US-Unternehmen lieber seine Tätigkeit einstelle, als einer Bitte von US-Behörden zur Herausgabe von Informationen nachzugeben, sagte Kurt Opsahl, ein Anwalt der Bürgerrechtsgruppe Electronic Frontier Foundation in San Francisco. Ihm sei kein Fall bekannt, wo ein Anbieter sich entschlossen habe, unter diesen Umständen seinen Dienst einzustellen.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Anmerkung JB: Man kann vor dem Lavabit-Chef nur den Hut ziehen. Seine moralische Größe sollte ein Vorbild für die kommerziell „Großen“ der Branche sein. Egal ob sie nun Microsoft, Google, Facebook oder Apple heißen – sie haben allesamt ihre Kunden gegenüber der NSA verraten. Und das obwohl die „Großen“ der Branche sicher nicht damit rechnen mussten, dass die US-Behörden ihr Unternehmen schließen. Für den IT-Standort USA ist dies übrigens ebenfalls ein schwerer Schlag. Wer seine Mails über ein Unternehmen verschickt, auf das die US-Behörden Zugriff haben, muss damit rechnen, dass eine Kopie jeder Mail bei der NSA landet. Aber in welchem Land ist man sicher? Ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass deutsche Provider ihre Daten nicht weitergeben oder dass die NSA bzw. der BND nicht doch Zugang zu diesen Daten haben, ohne dass die Provider dies wissen. Und ein Provider aus Russland oder China ist natürlich auch keine Alternative. Dort liest zwar nicht die NSA mit, dafür aber die Geheimdienste dieser Länder. Daher kann der Rat für unsere Leser nur lauten: Verschlüsseln Sie Ihre Mails selbst! Nur Mails, die bereits auf dem Rechner des Absenders verschlüsselt wurden und erst auf dem Rechner des Empfängers entschlüsselt werden, sind sicher gegen Abhörversuche, solange man die technischen Regeln befolgt. Wie das geht, haben wir Ihnen neulich erklärt.

  2. Nichts hat sich verbessert: Die Agenda 2010 ist eine große Illusion
    Zum zehnten Jahrestag wird die Agenda 2010 in höchsten Tönen gelobt. Dabei fällt die Bilanz der Reformen ernüchternd aus. Die Wurzeln des Aufschwungs liegen woanders. Ein Gastbeitrag von Gustav Horn, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung.
    Quelle: Focus
  3. Die reichsten 10 Prozent haben mehr als doppelt so viel wie die restlichen 90 Prozent
    Dass die Vermögen in Österreich krass ungleich verteilt sind, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Wie ungleich verteilt sie sind, weiß man aber erst seit kurzem definitiv. Erstmals wurden die Datensätze in einer Studie der Österreichischen Nationalbank erhoben, die diese im Auftrag der Europäischen Zentralbank durchführte. Das ist schon deshalb bemerkenswert, weil es bisher die interessierten Gruppen zu verhindern vermochten, überhaupt die Daten zu erheben. Das hatte dazu geführt, dass – anders als etwa in Deutschland oder den USA – überhaupt keine verlässlichen Zahlen existierten, wie viel Österreichs Reiche eigentlich auf der hohen Kante haben. Erst das große europäische Studienprogramm der Europäischen Zentralbank zwang die österreichischen Stellen, diese Daten zu erheben.
    Quelle: Robert Misik
  4. Wie die Progressiven eine Generation verlieren
    Die Bedeutung ökonomischer Bildung wird besonders von den Wirtschaftsverbänden beständig betont. Nicht ohne Grund – in den letzten Jahren ist das Bewusstsein für die Bedeutung von ökonomischen Prozessen in der Öffentlichkeit immer mehr in den Vordergrund gerückt worden. Konsequenterweise drängen die Schulreformer in den Kultusministerien mit Nachdruck auf die Implementierung von Wirtschaft in die Bildungspläne. Auf diesem Feld aber haben die Progressiven den Kampf um die Deutungshoheit praktisch bereits verloren – mit schwerwiegenden Folgen für die Zukunft.
    Quelle: Oeffinger Freidenker
  5. Gibt es einen dritten Weg abseits der ökonomischen Dogmen?
    Podiumsdiskussion

    • Patrick Bernau (FAZIT Wirtschaftsblog der FAZ)
    • Mark Dittli (Chefredakteur Finanzen und Wirtschaft, Wirtschaftsblog: Never Mind, Züricher Tagesanzeiger)
    • Dirk Elsner (Wirtschaftsblog- Blick Log)

    Moderator: Matthias Garscha
    Dauer (ca.): 150 Minuten
    Moderation: Wutze
    Quelle: Piratenpartei via Krähennest

    Anmerkung JB: Der Podcast ist für Personen, die sich für Wirtschaftspolitik und Volkswirtschaft interessieren, durchaus interessant zu hören. Vor allem die Argumentation von Mark Dittli weiß zu überzeugen, während der FAZ-Journalist Bernau argumentativ mit fliegenden Fahnen untergeht.

  6. Nach der Bundestagswahl: Union plant dichtes Netz von Mindestlöhnen
    Die CDU/CSU will nach der Bundestagswahl ein dichtes Netz von Mindestlöhnen knüpfen. Neben der Festsetzung einer bundesweiten Lohnuntergrenze, die für alle Arbeitsverhältnisse gilt, soll nach dem Willen des einflussreichen Arbeitnehmerflügels die Einführung neuer branchenbezogener Mindestlöhne forciert werden. „Wir wollen das Netz der Branchenmindestlöhne ausbauen“, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Arbeitnehmergruppe im Bundestag, Peter Weiß, am Mittwoch in Berlin. „Mit Branchenmindestlöhnen fahren die meisten Arbeitnehmer besser als mit dem allgemeinen Mindestlohn.“ Derzeit sind in Deutschland rund ein Dutzend solcher Branchenmindestlöhne in Kraft. Zum 1. August hatte die Regierung einen Mindestlohn von 10 Euro je Stunde für Gerüstbauer eingeführt. Gewerkschaft und Arbeitgeber verhandeln bereits über eine Anhebung zum 1. März 2014. Die Spanne aller derzeit geltenden Branchenmindestlöhne reicht von 7,50 Euro für Wachleute im Osten bis 13,70 Euro für Bauarbeiter im Westen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die Union (oder doch nur der Arbeitnehmerflügel?) will also nach der Bundestagswahl einen (flächendeckenden?) Flickenteppich von regional und nach Branchen unterschiedlichen Mindestlöhnen schaffen – angeblich. Warum keinen gesetzlichen Mindestlohn für alle – wenn 8,50 Euro zu rot-grün sind, müssten doch wenigstens 6 Euro pro Stunde für alle Konsens sein können, oder nicht? Was ist mit Merkel, eine in der Partei CDU nicht ganz unwichtige Person, die dem gesetzlichen Mindestlohn eine strikte Absage erteilt hat? Ist es wohl Zufall, dass dieser Plan kurz vor der Bundestagswahl bekannt wird, um den Mythos von der sozialdemokratisierten Union zu stützen? Hätte die CDU/CSU nicht inzwischen 8 geschlagene Regierungsjahre Zeit gehabt, diesen auf die Zukunft bezogenen Plan schon längst umzusetzen – der von SPD und Grünen dominierte Bundesrat dürfte doch kaum Einwände haben, sofern er überhaupt zuständig ist? Kurz: wer soll das ernsthaft glauben und nicht unter “Wahlpropaganda” verbuchen?

  7. Zwei-Klassen-Gesellschaften bei Arbeitsagenturen
    Es hat sich herausgestellt, dass Telefonate von mehr als 4.000 Beschäftigten der Agentur für Arbeit auf Anordnung der Zentrale in Nürnberg seit Jahren systematisch überwacht wurden. plusminus hat nachgefragt.
    Telefon und Computer sind die wichtigsten Geräte für die Vermittler der Agentur für Arbeit. In der Abteilung Arbeitgeberservice (AGS) werden die freien Stellen gemeldet und registriert. Für die Unternehmen wurde eine eigene Telefon-Hotline eingerichtet. Jetzt stellt sich heraus: Alle Telefonate der bundesweit mehr als 4.000 Beschäftigten in diesem Bereich werden auf Anordnung der Zentrale in Nürnberg seit Jahren systematisch überwacht.
    Eine Arbeitsvermittlerin berichtet von dem großen Druck, dem sie bei ihrer Arbeit ausgesetzt ist. Aus Angst vor Repressalien will sie nicht erkannt werden. Gegenüber Plusminus sagt sie: „Ich fühle mich total kontrolliert. Mein Vorgesetzter kann während meiner gesamten Arbeitszeit auf seinem Computer genau verfolgen, wie lange ich mit wem telefoniere.“ Die Mitarbeiterin der Agentur hat laut eigener Darstellung „zufällig“ von der Kontrolle erfahren. Nachdem sie sich eine Weile von der Hotline abgemeldet hatte, weil sie schwierige und kostspielige Förderanträge bearbeiten musste, wurde sie von ihrem Teamleiter per Email ermahnt, sich wieder in die Hotline einzuloggen. Die Vermittlerin: „So habe ich überhaupt von der Überwachung erfahren.“ Schriftlich habe sie nichts erhalten.
    Quelle: Das Erste plusminus

    Anmerkung JK: Mit der Agenda 2010 sollte das Arbeitsamt als Arbeitsagentur ähnlich einem kapitalistischen Unternehmen organisiert werden, an sich schon eine irre Idee, da die Arbeitsagentur ja weder Güter noch Dienstleistungen an solvente Kunden zu verkaufen hat, sondern im Gegenteil ihren »Kunden« Unterstützungsleistungen gewährt. Wie nun zu sehen ist scheint das brutale Repressionssystem, das man mit den Hartz IV Gesetzen installiert hat nicht nur auf diejenigen angewendet zu werden, die unglücklicherweise unter die Kuratel der Arbeitsagentur fallen, sondern auch auf die Mitarbeiter selbst.
    Es dürfte hinlänglich bekannt sein, dass bei der Ausarbeitung der Agenda 2010 und der Hartz IV Gesetze die sogenannten Beratungsunternehmen McKinsey und Roland Berger wesentlich beteiligt waren. In der Tat, derartig repressive Systeme können nur den kranken Phantasien sogenannter Unternehmensberater entspringen, in welchen arbeitenden Menschen offenbar grundsätzlich zu misstrauen ist. Dabei dürfte selbst in der freien Wirtschaft ein vergleichbares paranoides Kontrollsystem nicht oft zufinden sein.

    Passend dazu: Neue Studie: “Hartz IV wirkt wie ein Stigma”
    Keine Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger, dafür mehr Jobs in Pflege, Erziehung und Bildung: Wissenschaftler aus Jena fordern ein Umdenken in der Arbeitsmarktpolitik.
    Quelle 1: MDR
    Quelle 2: Campus-Verlag [PDF – 40 KB]

  8. Armutsbericht: Verwässert, verschleiert, beschönigt
    Am 6. März veröffentlichte die Bundesregierung ihren 4. Armuts- und Reichtumsbericht. Im Vorfeld war bekannt geworden, dass entscheidende Aussagen des Berichts beschönigt wurden. Dies hatte DGB-Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach scharf kritisiert: Es sei “einer Bundesregierung unwürdig, die Armutsprobleme kleinzureden, damit sie in ihr Weltbild passen” …
    So ist nicht nachvollziehbar, dass die Koalition die Niedriglohn- und Armutsrisikoquote als offene Probleme aus dem Berichtsentwurf gestrichen hat, obwohl gerade die Entwicklung von Armutslöhnen charakteristisch ist für die Entkopplung der Arbeitslosenzahlen von den Armutszahlen.
    Ein wirkliches Armutszeugnis ist, dass die Koalition den Ansatz einer Lohnuntergrenze gestrichen hat und offenbar auch keinen Wert mehr darauf legt, privaten Reichtum über die Einkommenssteuer hinaus zur Finanzierung des Staates heranzuziehen. Alles in allem zeigt der Bericht, dass die Politik der Bundesregierung die Spaltung der Gesellschaft vorantreibt …
    Es ist einer Bundesregierung unwürdig, die Armutsprobleme kleinzureden und die Wirklichkeit so zu verbiegen, damit sie in ihr Weltbild passt. An den Fakten, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht und Millionen Menschen für Hungerlöhne arbeiten müssen, kommen Union und FDP nicht vorbei. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich den ungeschminkten Problemen zu stellen und sie endlich zu lösen.
    Quelle: DGB
  9. Brutales Gesundheitssystem: Kassen bedrängen psychisch Kranke
    Es ist die hässliche Seite des deutschen Gesundheitssystems: Eine Kasse verweigert einer schwer depressiven Frau Krankengeld und Versicherungsschutz, weil sie nicht rechtzeitig zum Arzt konnte. Solche Fälle häufen sich, sagen Experten.
    Quelle: SPIEGEL Online
  10. Experte prognostiziert Krankenkassen Billionenloch
    Deutschlands gesetzlicher Krankenversicherung fehlen ohne neue Geldquellen nach Berechnung des Kieler Ökonomen Thomas Drabinski bis zum Jahr 2060 rund 1128 Milliarden Euro. Geben solle es fortan mehr Eigenvorsorge, Zuschläge für Kinderlose sowie höhere Steuerzuschüsse.
    Quelle: WirtschaftsWoche

    Anmerkung JW: Na, wenn das mal kein wunderbares Demografie-Voodoo mit Prognose über 50 Jahre hinweg ist! Und was kommt dabei dann „raus“? Nun, erstens geistert die Meldung bundesweit durch unglaublich viele Medien. Und zweitens bekommen wir es endlich einmal gesagt (denn wir wussten es ja noch nicht): Mehr privat! – ohne geht es einfach nicht (mehr)!

  11. Regierungsflüge: Für Wirtschaftsvertreter zum Schnäppchenpreis
    Die Kosten für die Flugbereitschaft der Bundesregierung sind enorm gestiegen. Das liegt unter anderem daran, dass verbilligte Tickets an Vertreter der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden.
    Quelle: plusminus (ARD)
  12. Evo Morales Ayma: Brief aus der Luft
    Am 2. Juli wurde dem Präsidentenflugzeug des Plurinationalen Staates Bolivien untersagt, auf seinem Heimflug den französischen, spanischen, italienischen und portugiesischen Luftraum zu überfliegen. Der Präsident und seine Delegation wurden vierzehn Stunden im Flughafen von Wien festgehalten. Dieser Anschlag auf eine regierungsoffizielle Delegation, begangen von Staaten, die wir für demokratisch und gesetzestreu gehalten haben, stellt eines der außergewöhnlichsten Vorkommnisse in der Geschichte des internationalen Rechts dar …
    Bis zu diesem 2. Juli schien es verständlich, dass ein Land durch Nachrichtendienste sein Territorium und seine Bevölkerung beschützt. Die Vereinigten Staaten jedoch haben auf eine für die moderne Demokratie und zivilisierte Gesellschaften unvorstellbare Weise gehandelt. Sie haben alle Grundsätze des gegenseitigen Vertrauens und der internationalen Abkommen gebrochen und einen Teil des europäischen Kontinents behandelt wie ihre Kolonien, deren Regierungen zulassen, dass ihre Staatsbürger ausspioniert und über die Staatsgrenzen verfolgt werden. Das ist eine schwere Verletzung der Menschenrechte, der größten Errungenschaften der Französischen Revolution.
    Quelle: Le Monde diplomatique
  13. Südafrikas Erbe – Das Apartheid-Regime und die Größe Mandelas
    Sein Name steht weltweit für Widerstand, Befreiung und die Universalität der Menschenrechte. Dem hartnäckigen und gewitzten Kämpfer Nelson Mandela, der am 19. Juli 95 Jahre alt wurde, ist die Vorstellung, man werde ihn einst am Fuße einer Statue betrauern, ein Graus. Vorwärtsgehen, hat er stets verlangt, und weiter für das große Ziel der Emanzipation eintreten.
    Nelson Mandela ist eine emblematische Figur des 20. Jahrhunderts. Er wollte nie ein Heiliger sein, wurde aber während und nach seiner jahrzehntelangen Haft zu einem lebenden Mythos. In ihm hat der aus den Zufällen der Geschichte entstandene Staat Südafrika seine einigende Idee gefunden. Und weil die südafrikanische Gesellschaft sich vor der Zeit, die auf diesen Mythos folgen wird, fürchtet, hält sie an ihm fest, solange es irgend geht.
    Die Apartheid, gegen die Mandela unbeirrt gekämpft hat, war keine gewöhnliche Form der Kolonialherrschaft und der Rassenunterdrückung. Sie hat viele ungewöhnliche und furchtlose Frauen und Männer hervorgebracht, die unter unvorstellbaren Opfern das Ende des Regimes erzwangen. Das Besondere an Nelson Mandela war, dass er an jedem Scheideweg, zuweilen unter dem Druck der Umstände, oft aber ganz bewusst, eine unerwartete Entscheidung traf. Er war stets wachsam, er brach immer wieder auf, und seine ebenso unerwartete wie wunderbare Rückkehr trug jedes Mal dazu bei, seinen Mythos zu verstärken.
    Quelle: Le Monde diplomatique

    Hinweis: An diesem Freitag erscheint die Augustausgabe von Le Monde diplomatique als Beilage in der taz und danach im Kiosk u.a. mit folgenden weiteren Themen:

    • Neal Ascherson, Es ist Wahlkampf und Mutti lächelt,
    • David Price erinnert an eine Zeit, als sich die Amerikaner noch gegen die Lauschangriffe ihrer Regierung wehrten,
    • Alain Gresh schildert die Anti-Muslimbrüder -Kampagne in Ägypten,
    • Charlotte Wiedemann porträtiert Malis Hauptstadt Bamako.
  14. Retro-Wahlkampf der CDU
    Hätten wir nicht den Euro und wäre die Parteifarbe heute nicht Orange, dann könnten die CDU-Wahlplakate, die jetzt auf mehr als 8.000 Großflächen geklebt werden, auch aus der Zeit stimmen, als Kurt Georg Kiesinger oder Helmut Kohl noch Kanzler waren. Sie sind noch weniger modern als die Partei heute ist – nämlich gar nicht. Retro-Wahlkampf aus dem Adenauer-Haus …
    … sie passen hevorragend zum Einschläferungswahlkampf der CDU, auch asymmetrische Demobilisierung genannt. Aufregen kann sich darüber keiner, auch kein SPD-Sympathisant. Es fehlt nur noch Konrad Adenauers Slogan von 1957: “Keine Experimente”. Aber das kann ja noch kommen, wenn Angela Merkel in den letzten drei Wochen plakatiert wird.
    Quelle: Sprengsatz
  15. Sein letztes Gefecht
    Wie der Linkenchef Gregor Gysi doch noch einmal Geschichte machen könnte.
    Das Verhältnis zwischen Demografie und Demoskopie wird noch zu wenig beachtet. Zum Beispiel kann eine Partei, die sich schon überlebt hat, noch sehr lange weiterexistieren, obwohl die meisten ihrer Wähler und Mitglieder recht alt sind und daher ihre Gewohnheiten nicht mehr gern ändern. Die Rede ist von der Linken und Anführer Gregor Gysi. Es geht darum, was sie mit der Zeit anfangen, die ihnen der demografische Jetlag schenkt. […]
    Auch die zweite Funktion der Linken ist obsolet. Die SPD ist wieder durch und durch sozialdemokratisch, ein linkes Korrektiv braucht sie wahrhaftig nicht, zumal derzeit ja die Grünen weiter links sind als die SPD und sich die CDU sozialdemokratischer gibt als die Schröder-SPD.
    Die Überflüssigkeit der Linken wird angesichts dieses Allparteienlinksrucks besonders deutlich, wenn man sich die Bedingungen anschaut, die sie für eine Koalition mit SPD und Grünen stellen: keine Kampfeinsätze der Bundeswehr. Als ob Angela Merkel, geschweige denn die SPD sich in absehbarer Zeit auch nur in die Nähe eines solchen bewegen würden! Oder: Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Ja, mehr Abzug als Abzug geht nun mal nicht.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung JK: Bernd Ulrich ist Ressortleiter einer der immer noch renommiertesten Publikationen in Deutschland und sein Artikel enthält quasi alle Versatzstücke der Meinungsmanipulation der Mainstreampresse: Wir haben einen politischen Linksruck in Deutschland, die CDU ist sozialdemokratisiert, Lafontaine und Gysi sind natürlich Demagogen, Linke = linksextrem = rechtsextrem, die Linke ist europafeindlich, usw.
    Ulrich gibt dabei mit seinem Beitrag ungewollt einen Einblick in die mentale Verfasstheit seinesgleichen. Natürlich braucht man aus der Perspektive eines Angehörigen der oberen Mittelschicht, der sich den herrschenden Eliten nahe und verpflichtet fühlt, keine Partei, die sich für die Belange der Millionen Leiharbeiter, Niedriglöhner, Minijobber, Arbeitslosen und dem Hartz IV Repressionssystem Ausgelieferten einsetzt.
    Eigentlich gibt es seit der Einheit in Deutschland eine strukturelle Mehrheit links der Mitte. Doch ist eine rot-rot-grüne Koalition sicher der absolute Alptraum der herrschenden Eliten. Diese gilt es mit allen publizistischen Mittel zu verhindern. Damit wird auch transparent weshalb Ulrich da sitzt, wo er sitzt.

  16. Gefallen an Gefälligkeiten – wie Journalisten umgarnt werden
    Luxuriöse Pressereisen, Testautos oder Kooperationen mit Verlagen – die Liste mit Gefälligkeiten, mit denen Unternehmen und Wirtschaftsverbände Journalisten umgarnen, ist lang. Dies birgt Gefahren für Interessenkonflikte, die zu einseitiger Berichterstattung führen können. Eine neue Studie, die das Netzwerk Rercherche in Kooperation mit Transparency Deutschland, der Otto-Brenner-Stiftung und der TU Dortmund herausgegeben hat, beleuchtet das Zusammenspiel von Journalismus und Unternehmen. Das Ergebnis: Die Grenze zwischen PR und Journalismus wird immer unklarer. Dies gefährdet eine unabhängige Berichterstattung.
    Quelle 1: LobbyControl
    Quelle 2 (die Studie als PDF): netzwerk recherche e.V. [2 MB]
  17. Zu guter Letzt: Volker Pispers – Zum Ausgang der Bundestagswahl 2013
    Quelle: Volker Pispers via YouTube

    Passend dazu: WDR 2 Kabarett: Volker Pispers – Sommerloch (06.08.2013)
    Quelle: WDR


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