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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 16. August 2013 um 9:05 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/WL)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. DGB-Vorsitzender Michael Sommer: Für eine neue Ordnung der Arbeit!
  2. Colin Crouch: “Die deutsche Wahl entscheidet über Europas Sozialdemokratie”
  3. Neue Snowden-Enthüllung: NSA bricht tausendfach Rechte von US-Bürgern
  4. Joseph Stiglitz: The Wrong Lesson From Detroit’s Bankruptcy – Die falschen Lehren aus Detroits Bankrott
  5. Nach der Krise ist vor der Krise – Affären machen Portugals neuer Regierung zu schaffen
  6. Bafin-Bericht: Aufsicht rügt Deutsche Bank in Libor-Affäre
  7. Der Paritätische Gesamtverband: Was Sozialreformen wirklich kosten?
  8. Die Steuerkonzepte der Parteien
  9. Trade Unions in Spain
  10. Sozialer Abstieg – Großbritannien auf dem Weg zum Armenhaus der EU
  11. Demografie – Die Deutschen müssen sich an Armut gewöhnen
  12. Die Debatte – Die Alten leben auf Kosten der Jungen
  13. Steinbrück: Neue Energie – sicher, bezahlbar, umweltverträglich – 10 Maßnahmen für eine erfolgreiche Energiewende
  14. Missstände beim Staatskonzern: Ramsauers Chaos-Bahn
  15. Auslandseinsätze der Bundeswehr kosten bisher über 17 Milliarden Euro
  16. Aufstieg eines Schlitzohrs – Berlusconi und die Mafia
  17. Die SPD trainiert Harakiri
  18. Veranstaltungshinweis: Wie Europa retten?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. DGB-Vorsitzender Michael Sommer: Für eine neue Ordnung der Arbeit!
    Wir brauchen in Deutschland eine Neue Ordnung der Arbeit. Denn der deutsche Arbeitsmarkt ist nach drei Jahrzehnten neoliberaler Deregulierung tief gespalten. Inzwischen ist zwar die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze wieder gestiegen, aber auch Niedriglöhne und prekäre Beschäftigungsverhältnisse haben sich massiv ausgeweitet. Diese Entwicklung hat nicht nur in der Gegenwart dramatische Folgen: Aus Arbeitsarmut droht für viele Menschen Altersarmut zu werden. Und diese fortschreitende Spaltung des Arbeitsmarktes wirkt sich unmittelbar auf den Stellenwert und die Bedeutung der Arbeit in unserer Gesellschaft aus.
    Quelle: Gegenblende

    Anmerkung WL: Der DGB-Vorsitzende zählt nahezu alle Missstände und Skandale auf dem gegenwärtigen Arbeitsmarkt auf: den „zweitgrößten Niedriglohnsektor“, Leiharbeit als „Schlupfloch für Lohn- und Sozialdumping“, die „falschen“ Werkverträge, die Verdrängung von Teil- und Vollzeitbeschäftigung durch Minijobs, sachgrundlose Befristungen etc. Er polemisiert zu Recht gegen die Parole „sozial ist was Arbeit schafft“. Er sieht die Ursache für die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt abstrakt in der „neoliberalen Deregulierung“. An keiner Stelle wendet sich Michael Sommer gegen die Hartz-Gesetzgebung, das Kernelement für Lohndumping und die Zunahme prekärer Beschäftigung und gleichzeitig für die Schwächung der Arbeitnehmervertretungen und ihrer Gewerkschaften.
    Den mit Hartz IV vollzogenen Systemwechsel von einer Arbeitslosen-„Versicherung“ in einen Zwang jede Arbeit anzunehmen egal zu welchem Lohn und unter welchen Bedingungen (Abschaffung der Zumutbarkeitsregel) unter Androhung des Absturzes in die „Bedürftigkeit“ leugnet Sommer oder er will ihn nicht sehen.
    Im Gegenteil an verschiedenen Stellen seines Textes nimmt er Hartz IV geradezu als Referenzgröße (Niedriglöhne würden zu einer Rente unter Hartz IV-Niveau führen, der Arbeitsmarkt sei mit Hartz IV-Aufstockern geflutet). Ohne den Hartz-Mechanismus des Lohndumpings und den Zwang zur Annahme auch noch der miesesten Beschäftigungsverhältnisse zu durchbrechen, ohne die Armut und prekäre Beschäftigung per Gesetz zu revidieren, ist das Plädoyer Sommers für eine „Neue Ordnung der Arbeit“ bestenfalls ein hilfloser moralischer Appell, der allenfalls zu mühselig zu erkämpfenden kosmetischen Korrekturen führen kann.
    Wie weit sich der Dachverband der Gewerkschaften inzwischen mit dem Agenda-Kurs und mit dessen Verschärfung durch die Merkel-Regierung arrangiert hat, belegt Sommer mit seinem Fazit: „Wichtige Akteure in der Politik haben offensichtlich verstanden, worum es geht. Das legen zumindest die Programme der Parteien zur Bundestagswahl nahe. Aus Programmen müssen nach der Wahl „nur noch“ Gesetze werden.“
    Wo hat die CDU etwa mit ihrem Vorschlag einer „Lohnuntergrenze“ verstanden, worum es bei einem Mindestlohn geht? Wo hat Arbeitsministerin von der Leyen je einen Vorschlag zur Bekämpfung prekärer Beschäftigung gemacht? Folgen etwa SPD und Grüne nicht unerschütterlich dem Agenda-Kurs von Schröder und Fischer, wo wollen diese Parteien in ihren Wahlprogrammen ernsthaft den Hartz-Mechanismus durchbrechen?
    Statt gerade im Wahlkampf offensiv das Hartz IV-Bündnis von FDP, CDU/CSU, SPD und Grünen mit einem alternativen Arbeitsmarktkonzept zu konfrontieren, biedert sich der DGB-Vorsitzende an diese Einparteienkoalition in Sachen Hartz IV an.
    Was darüber hinaus für eine „Neue Ordnung der Arbeit“ überhaupt nicht angesprochen wird, ist die Tatsache, dass nur eine aktive Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik auf dem Arbeitsmarkt wieder Kräfteverhältnisse schaffen könnten, die Voraussetzung für einen Kampf der Gewerkschaften um „gute Arbeit“ wären.

  2. Colin Crouch: “Die deutsche Wahl entscheidet über Europas Sozialdemokratie”
    … die SPD muss wie auch Labour in Großbritannien eingestehen, dass sie zu lange das neoliberale Wirtschaftssystem akzeptiert und die Gesellschaft nach dem Markt ausgerichtet hat. Im Ergebnis wuchs die Macht multinationaler Konzerne, insbesondere in der Finanzwelt. Jetzt muss die SPD ihre alte Stammwählerschaft zurückgewinnen und neue Wege finden, mit der Bevölkerung in Verbindung zu treten. Sie muss all die politischen Kräfte vereinen, die gegen die Auswüchse der neoliberalen Wirtschaft ankämpfen. Sozialdemokraten waren immer dann stark, wenn es ihr Hauptanliegen war, die Interessen derjenigen zu vertreten, für die der Markt selbst keine Sicherheit bot. Daraus gingen konkrete Konzepte hervor: Sozialversicherungen, ein öffentliches Gesundheitswesen, ein ausgebautes Bildungssystem, eine umfassende Pflege- und Daseinsvorsorge. Heute organisiert der Staat seine Aufgaben zunehmend über den Markt …
    Es geht darum, dass die Sozialdemokratie ihre Vision wiederentdeckt, dass man durch Regulierung, Steuern, die Bereitstellung öffentlicher Dienste, die Interessenvertretung der sozial Schwachen und eine starke Arbeitnehmervertretung den Kapitalismus und den Markt nutzt. Der Begriff der Sozialdemokratie ist nicht auf eine einzelne Partei beschränkt, sondern umfasst alle zivilen und politischen Kräfte, die sich für gezielte Marktkorrekturen einsetzen und Alternativen innerhalb der Marktwirtschaft aufzeigen. Erst dann kann der Kapitalismus eine größere Anzahl an menschlichen Anforderungen befriedigen als der Markt es alleine könnte. Was zudem jedem echten Liberalen gefallen sollte …
    Die europäischen Sozialdemokraten müssen deutlich machen, dass ein starker Wohlfahrtsstaat die richtige Grundlage für eine erfolgreiche Wirtschaft und damit auch eine bessere europäische Gesellschaft ist. Dafür braucht es den Erfolg auf nationaler Ebene. Deshalb hat der Ausgang der kommenden Wahl in Deutschland für die Sozialdemokratie in Europa eine Strahlkraft über die Landesgrenzen hinaus.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unseres Lesers J.J.: Als Akteur gegen die nach wie vor organisierte und geballte Macht des Neoliberalismus sieht Colin Crouch in Deutschland einzig Sozialdemokratie und Grüne, denn sie seien “zusammen eine politische Macht, die sich zwar der Marktwirtschaft verbunden fühlt, gleichzeitig jedoch die Unzulänglichkeiten des Marktes erkennt und sich kritisch mit ihm auseinandersetzt.” Angesprochen auf die Schwäche der SPD äußert er weiter: “In Deutschland ist die politische Linke gespalten, wobei Die Linke koalitionsunfähig bleibt.” Offenbar sitzt Herr Crouch hier genauso wie andere der einseitigen Medienberichterstattung auf. Inwiefern hat es etwas mit Koalitionsunfähigkeit zu tun, wenn eine linke Partei als conditio sine qua non für die Regierungsbildung mit Parteien links der Mitte aufstellt: 1. “Raus aus Afghanistan”, 2. “Hartz IV abwählen”, 3. “Mindestlohn gerade jetzt” und 4. “Gegen die Rente ab 67”?
    Diese Positionen finden in der Bevölkerung jeweils eine Mehrheit, freilich nicht in den deutschen Eliten, wie Erhebungen zeigen, und somit auch nicht im Medien-Mainstream. Das ist ja der Grund, weshalb gegen eine Linke Stimmung gemacht wird.
    Und was die “Verbundenheit” mit Marktwirtschaft anbelangt: innerhalb der Partei Die Linke gibt es viele Menschen, die von marktbezogenen Funktionsmechanismen wesentlich mehr Ahnung haben, als die rot-grünen Protagonisten, so z.B. Wagenknecht, Troost, Schlecht, Lafontaine… doch diese unterscheiden sich von jenen eben darin, dass sie den Markt als ein pragmatisches Instrument betrachten und ihn sich nicht als Gesellschaftsprinzip haben andrehen lassen (wie Schröder, Clement, Steinmeier und Co. es taten).
    Dass Herr Crouch zudem davon ausgeht, dass ein Erfolg der SPD bei der Bundestagswahl ein Ereignis mit Strahlkraft über Landesgrenzen hinaus wäre, ist auch nicht ganz nachzuvollziehen. Der Wahlsieg einer SPD, die ihre neoliberale Vergangenheit (im Kern: Agenda 2010) nicht aufgearbeitet hat und mit Steinbrück gerade einen Vertreter der Finanzmarktderegulierung zum Kanzler stellt, kann doch nicht als Signal einer Sozialdemokratie zählen, die sich zum Kampf gegen den Neoliberalismus rüstet.

  3. Neue Snowden-Enthüllung: NSA bricht tausendfach Rechte von US-Bürgern
    Laut US-Präsident Barack Obama hält sich die NSA an das Gesetz – doch ein von der “Washington Post” veröffentlichter interner Bericht des Geheimdiensts zeigt: Die NSA hat in den vergangenen Jahren tausendfach Datenschutzrechte von US-Bürgern gebrochen und Berichte an die Kontrollgremien entschärft.
    Quelle: SPIEGEL Online

    dazu: NSA broke privacy rules thousands of times per year, audit finds

    NSA broke privacy rules thousands of times per year, audit finds

    The National Security Agency has broken privacy rules or overstepped its legal authority thousands of times each year since Congress granted the agency broad new powers in 2008, according to an internal audit and other top-secret documents.
    Quelle: Washington Post

  4. Joseph Stiglitz: The Wrong Lesson From Detroit’s Bankruptcy – Die falschen Lehren aus Detroits Bankrott
    Detroits Insolvenz macht deutlich, wie stark gespalten unsere Gesellschaft inzwischen ist, und wie viel getan werden muss, um die Wunden zu heilen. Außerdem ist sie eine ernste Warnung an alle, die in einer der heutigen Boomtowns leben: Es könnte auch Sie treffen.
    Quelle 1: New York Times
  5. Nach der Krise ist vor der Krise – Affären machen Portugals neuer Regierung zu schaffen
    Dem schuldengeplagten Portugal steht die nächste Politkrise ins Haus: Gerade einen Monat im Amt, ist die Regierung von Premier Coelho angeschlagen. Zwei Minister sollen in trübe Spekulationen verwickelt gewesen sein. Ein Kabinettsmitglied musste bereits seinen Hut nehmen. Nach dem Rücktritt des Finanzstaatssekretärs gerät jetzt seine Ex-Chefin, die ebenfalls neu ernannte und umstrittene Finanzministerin Maria Luís Albuquerque, erneut ins Kreuzfeuer der Kritik. Denn die behauptet nach wie vor bis vor kurzem nichts gewusst zu haben, von gefährlichen oder gar illegalen Spekulationsgeschäften der alten Regierung, die sie bei ihrem Amtsantritt hätte stoppen können und müssen. Auch der neue Außenminister Rui Machete sorgt für Schlagzeilen. Machete wurde schon vor Jahren vom amerikanischen Botschafter wegen seiner verschwenderischen und eher eigennützigen Geschäftsführung der ‘Luso-Amerikanischen Stiftung für Entwicklung’ heftig kritisiert. Dann saß er im Vorstand einer Bank, die mit Milliarden Steuergeldern vor dem Bankrott gerettet werden musste, und kaufte dort Vorzugsaktien, die er mit 150 Prozent Gewinn weiterveräußerte. Alles nichts Besonderes, ein Schelm, der Böses dabei denke, erklärte der Außenminister kurz angebunden dem portugiesischen Staatsrundfunk. – Die meisten Portugiesen jedoch sehen das anders. Sie haben, verkünden die Meinungsumfragen, das Vertrauen in die Ehrlichkeit ihrer Politiker verloren: ‘Die haben uns schon immer alle bestohlen und werden es weiter tun. Obendrein werden sie nicht bestraft’, fasst dieser Mann die Stimmung im Land zusammen.
    Quelle: Deutschlandradio

    Anmerkung Orlando Pascheit: Die Zinsen für portugiesische Staatsanleihen dürften bald wieder steigen.

  6. Bafin-Bericht: Aufsicht rügt Deutsche Bank in Libor-Affäre
    Die Deutsche Bank hat die Ermittlung des Referenzzinses Libor zu wenig kontrolliert. Zu diesem Schluss komme die Finanzaufsicht Bafin in ihrem Abschlussbericht über die Verwicklung der Bank in die Manipulation von Interbanken-Zinssätzen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. “Die Verantwortlichkeiten einzelner Personen sollen nun noch genauer beleuchtet werden”, sagte der Insider. Der Vorstand habe aber nichts zu befürchten. “Die Abberufung eines Vorstands steht nicht zur Debatte.” Der heutige Co-Vorstandschef Anshu Jain hatte bis zum Frühjahr 2012 das Investmentbanking der Deutschen Bank geführt, in dem die Manipulationen geschahen. Bafin-Chefin Elke König hatte schon im Frühjahr erklärt, die deutschen Banken hätten offenbar das Potenzial unterschätzt, das in den Meldungen von Libor- und Euribor-Zinssätzen stecke. Die Deutsche Bank bekräftigte am Montag, nach ihren eigenen Untersuchungen sei “nach aktuellem Stand (…) kein amtierendes oder früheres Mitglied des Vorstands in irgendeine unangemessene Weise in die untersuchten Vorgänge um Referenzzinssätze verwickelt”. Eine “begrenzte Zahl von Mitarbeitern” habe auf Eigeninitiative entgegen der Standards der Bank gehandelt.
    Quelle: SZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist schon auffällig, wie sehr Bank und Bafin betonen, dass der Vorstand unschuldig sei. Es ist doch albern, nachweisen zu wollen, dass Anshu Jain den Libor-Betrug organisiert habe. Das funktioniert viel unspezifischer. Die Banken haben in der Hochphase der Spekulation einfach mit ihrem Bonus-Systen für ein Umfeld gesorgt, das geradewegs dazu einlud, die Spielregeln außer Acht zu lassen. Seltsam ist allerdings schon, dass der frühere Investmentbanking-Chef Jain sich anscheinen nicht darum kümmerte, was der bestverdienende Angestellte der Bank, Christian Bittar, so treibt. Sie erinnern sich: Bittar war der Händler, der 2008 Bonuszahlungen in Höhe von 80 Millionen Euro genehmigt wurden. – Die Bafin macht sich doch nur lächerlich, wenn sie meint, der clevere Jain hätte das Potenzial unterschätzt, das in den Meldungen von Libor- und Euribor-Zinssätzen stecke. Wenn die Bafin solch eine, jeden Laien irritierende Arbeit abliefert, dann “Gute Nacht” Aufsicht.

  7. Der Paritätische Gesamtverband: Was Sozialreformen wirklich kosten?
    Nach einer aktuellen Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes sind jährlich mindestens rund 35 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen notwendig, um drängende soziale Projekte umzusetzen. Der Verband fordert eine stärkere Besteuerung großer Vermögen und Einkommen, um die Finanzierung des Sozialstaats sicherzustellen.
    In der heute veröffentlichten Expertise beziffert der Verband den Mindestinvestitionsbedarf für insgesamt acht sozialpolitische Handlungsfelder von der Bildung bis zur Pflege. „Es geht hier um das absolut notwendige Minimum, nicht um einen Wünsch-Dir-Was-Katalog. Ausgewählt wurden ausschließlich Themen, bei denen parteiübergreifend unbestrittener Handlungsbedarf gesehen wird wie beispielsweise die Vermeidung von Altersarmut oder die wachsende Wohnungsnot. Ohne gezielte und deutliche Investitionen wird der Sozialstaat von heute in Zukunft nicht mehr funktionieren“, so Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes.
    Die drei größten Ausgabenblöcke stellen die Bereiche Armutsbekämpfung, Pflege und Teilhabe von Menschen mit Behinderung dar. Mit zusammen über 20 Mrd. Euro pro Jahr machen sie allein 58 Prozent der ermittelten Gesamtsumme von 35 Milliarden Euro jährlich aus. Für die gesamte nächste Legislaturperiode ergibt sich ein zusätzlicher Finanzbedarf von insgesamt 142 Mrd. Euro. Wichtige unbestrittene Herausforderungen wie der Ausbau der Kindertagesbetreuung oder die Förderung der Mobilität sind dabei auf Grund der unzureichenden Datenlage noch gar nicht berücksichtigt.
    Quelle: Der Paritätische Gesamtverband
  8. Die Steuerkonzepte der Parteien
    Was bedeuten die Vorschläge (für Reformen bei der Einkommensteuer) für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Wer würde entlastet und wer belastet? Welche zusätzlichen steuerlichen Reformen – z.B. die Abschaffung der Abgeltungssteuer für Kapitalerträge oder des Ehegattensplitting – sind bei den Parteien angedacht?
    Quelle: Arbeitnehmerkammer Bremen [PDF – 2.4 MB]

    Anmerkung WL: Jährliche Entlastungen bei der Einkommensteuer der unterschiedlichen Einkommensgruppen durch die „Reformen“ seit 1998:

    Und so sehen Be- und Entlastungen bei der Einkommensteuer bei den unterschiedlichen Konzepten der Parteien aus:

    Insgesamt ein sehr lesenswerter Vergleich.

  9. Trade Unions in Spain
    • Spain is a textbook example of the exploitation of mass anxiety in the face of unemployment for the purpose of a neoliberal restructuring of employment relations, including wage cuts, prolongation of working time, erosion of sectoral collective agreements, weakening of trade unions and deregulation of the labour market.
    • The consolidation of the Spanish trade unions that took place in the course of the employment boom (1994 – 2007) faces new challenges because of the crisis.
    • In the ongoing crisis the trade unions have no effective instruments to safeguard employment, incomes and workers’ rights and are being weakened as a result of labour market reforms (2010 and 2012) and social cuts.
    • Structural change and employment reductions will continue to occur in Spain for some time and key enterprises and sectors for trade unions, such as airlines, banks and savings banks are suffering a severe reduction in employment.
    • The crisis of democracy in Spain and the fragmentation of social protest have put the trade unions in an ambiguous position. On one hand, they are the central protest movement and social opposition to neoliberal policies; on the other hand, they are part of the political system and its institutions and are thus criticised by many civil society protest movements.

    Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung, Study [PDF – 500 KB]

    Anmerkung: Mit 2,5 Millionen Mitgliedern und elf Millionen Beschäftigten, die von gewerkschaftlich ausgehandelten Tarifverträgen profitieren, sind Spaniens Gewerkschaften weiterhin die wichtigsten sozialen Organisationen im Lande. Aber in der andauernden Krise hat sich Spanien zu einem Schulbeispiel für einen neoliberalen Umbau der Arbeitsbeziehungen entwickelt. Die Gewerkschaften bringt dies in eine zwiespältige Lage.
    Der Bericht “Trade Unions in Spain” setzt die Publikationsreihe zu europäischen Gewerkschaften fort, deren sämtliche Analysen Sie hier finden.

  10. Sozialer Abstieg – Großbritannien auf dem Weg zum Armenhaus der EU
    Die Löhne der Briten sind seit 2010 so stark gesunken wie kaum irgendwo in Europa. Gleichzeitig wächst die Zahl derer, die nur noch bezahlt werden, wenn überhaupt mal Arbeit da ist.
    Niedrig, niedriger, Großbritannien: Seit Mitte 2010 sind die Löhne im Vereinigten Königreich inflationsbereinigt im Durchschnitt um 5,5 Prozent gefallen – das ist einer der stärksten Rückgänge in ganz Europa. Aktuelle Zahlen der Bibliothek des britischen Unterhauses, des House of Commons, zeigen, dass nur die Arbeitnehmer in Portugal, Griechenland und den Niederlanden noch größere Lohneinbußen hinnehmen mussten. Zum Vergleich: In Deutschland stiegen die Löhne im selben Zeitraum um 2,7 Prozent. […]
    Die gesunkenen Löhne und die Unterbeschäftigung treffen die Briten angesichts der jüngsten Sparrunde der Regierung Cameron besonders heftig. Im April traten Kürzungen im Sozialsystem in Kraft, das Gesundheitssystem NHS wird grundlegend reformiert. Finanzminister Osborne bezeichnete das britische Sozialsystem zuletzt als “kaputt” und
    sagte, es müsse neu organisiert werden.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Bitter. Aber exakt dieselbe Politik – herbe Lohnkürzungen, Outsourcing, Leih- und Zeitarbeit, “Reformen” des Sozialstaats, Steuergeschenke an Reiche – findet die WELT doch großartig und völlig richtig, wenn sie in Deutschland passiert.

  11. Demografie – Die Deutschen müssen sich an Armut gewöhnen
    Die abnehmende Zahl der Bevölkerung sollte eines der Hauptthemen des Wahlkampfes sein, doch die Parteien fürchten sich davor. Sie wissen, was uns erwartet. Ehrlicher wäre es, die Wahrheit zu sagen. […]
    Ächtzende Sozialsysteme
    Deutschland ist auf diesem demografischen Entwicklungspfad so weit fortgeschritten, dass es kein Zurück mehr gibt. Es geht, ähnlich wie beim Klimawandel, nur noch um Schadensbegrenzung und Anpassung. Und um Wahrheiten, denn die Versorgungsstandards, an die wir uns alle in einer gefühlten Ewigkeit des Wachstums gewöhnt haben, werden sich nicht halten lassen.
    Es ist völlig klar, dass die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft nicht ausreichen wird, um die Sozialsysteme wie gewohnt zu finanzieren. Um zugleich in Familien, Bildung und Forschung und damit in die Zukunft zu investieren. Um die öffentliche Infrastruktur auch in den schrumpfenden ländlichen Regionen aufrecht zu erhalten und um gleichzeitig den Schuldenberg abzutragen, der sich zu Zeiten aufgetürmt hat, als das Wirtschaften einfacher war. Das Thema des demografischenWandels ist somit das Ende des “Immer Mehr von Allem”. Deshalb ist es so unbeliebt in Wahlkampfzeiten.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Daß in einer wachsenden Volkswirtschaft immer mehr Menschen in Armut leben müssen, ist wohl kaum die Wahrheit, sondern einfach eine dreiste Propagandabehauptung. Aber immerhin verspricht der Autor im Gegensatz zu Merkel & Co. nicht die “Sicherung des Wohlstands durch Lohnkürzungen” oder “Reichtum für alle durch Sozialabbau”, sondern nennt ehrlich das Ziel der Aktion – massenhafte Armut. (Das Bild paßt gut zum Thema.)

  12. Die Debatte – Die Alten leben auf Kosten der Jungen
    Vier Kontrahenten diskutieren die These: Die Alten leben auf Kosten der Jungen. Mit ihren Argumenten werden sie versuchen, das Publikum auf ihre Seite zu bringen. Wir stellen Ihnen die eloquenten Debattanten vor: Auf der Contra-Seite stehen Heiner Geißler und Kurt Beck, auf der Pro-Seite Katharina Nocun und Wolfgang Gründinger.
    Quelle: ZDF

    Anmerkung unseres Lesers S.K.: Was für eine seltsame ‘Debatte’. Da wird zunächst ein Thema zur Sendung gewählt, das eine schlichte Beleidigung der Vernunft des Menschen in der Gesellschaft ist, über welches aber anschliessend abgestimmt wird.
    Die Debatte an sich kommt dann zügig und im Grunde von allen Debattierenden zum eigentlichen Knackpunkt und Spaltpunkt der Gesellschaft, der Konflikt von Arm und Reich in all seinen gesellschaftsrelevanten Fazetten. Als Ergebnis stellt sich zwangsläufig heraus, dass die Alten nicht auf Kosten der Jungen leben (was auch sonst?) und macht die pseudo-contra Gruppe zum Sieger der Debatte, da sie gegen die Leitfrage der Debatte argumentierten, was aber de facto alle Teilnehmer getan haben.
    Die Sieger gehörten zufällig zur Gruppe der älteren. Entscheidender aber ist, dass sie zur Gruppe der verantwortlichen Politiker gehören, die damals, wenn nicht persönlich so doch durch Schweigen Ihrer Partei, die üblen Taten an den nun allseits bejammerten Zuständen ermöglichten.
    Unangenehm fiel zudem Herr Beck auf. Neben seinem sehr agressiven Stil gegenüber der ‘jungen Seite’, blieb doch nicht unbemerkt, dass er dem Zeitgeist der 2000er Jahre immer noch anhaftet, obwohl er sich kurz vorher in der Sendung als Don Quixote darstellte, der damals gegen einen Mainstream ankämpfte, gegen den es praktisch keine Chance gab. Ähnlich hat sich vor Wochen auch schon Herr Steinbrück geäußert: Es war damals der Zeitgeist und man musste dem neoliberalen Kurs folgen, weil man davon auch überzeugt wurde, heute hätte er manches anders gemacht (sinngemäß). Diese äußerst miese Argumentationsfigur ist schlicht nicht auszuhalten, wenn man weiss, dass damals nicht ganz unbedeutende Menschen genau vor diesen Gefahren warnten (ich verweise auf Lafontaine u.a.).

    dazu: „Wer trägt die Verantwortung?“
    ZDF-Moderator Theo Koll versucht ein neues Talk-Format. Es geht nur um die Sache. Dieser lobenswerte Ansatz stößt aber durchaus an seine Grenzen.
    Quelle: FAZ

  13. Steinbrück: Neue Energie – sicher, bezahlbar, umweltverträglich – 10 Maßnahmen für eine erfolgreiche Energiewende
    1. den Strompreis stabilisieren,
    2. die gesunkenen Strombörsenpreise an die Haushalte weitergeben,
    3. ein neues Strommarktdesign entwickeln und wirksam werden lassen,
    4. das Erneuerbare-Energien-Gesetz grundlegend reformieren,
    5. die Energie-Effizienz konsequent steigern,
    6. die notwendigen Investitionen in den Netzausbau sicherstellen,
    7. die systemnotwendigen Lösungen für die Stromspeicherung weiterentwickeln und ein Flexibilitäts- und Speichergesetz einführen,
    8. die Eigenverbrauchsregelung auf Erneuerbaren Energien und effiziente KWK konzentrieren,
    9. die Europäisierung der Energiewende vorantreiben,
    10. die Bürgerenergie und Bürgergenossenschaften fördern.

    Quelle: peer-steinbrück.de [PDF – 135 KB]

    Dazu: Steinbrück will Strompreise drosseln
    Wenige Wochen vor der Bundestagswahl will Peer Steinbrück mit dem Thema Strompreise punkten. Der SPD-Kanzlerkandidat will Versorgern genauer auf die Finger schauen – und den Verbrauchern Milliardenkosten ersparen.
    Quelle: SZ

    Anmerkung unseres Lesers P.S.: Anders als die Überschrift der Süddeutschen Zeitung suggeriert, nimmt das Steinbrück-Konzept keiner Interessengruppe so richtig etwas weg, aber es gibt auch niemand wirklich etwas. Das hat den Vorteil, dass es leicht umsetzbar und „machbar“ wäre. Den Verbraucher- und Sozialverbänden dürfte die Entlastung der Haushalte nicht weit genug gehen. Man könnte die Maßnahmen „systemkonform“ bezeichnen, da es am den gesetzlichen Grundlagen nicht grundsätzliche rüttelt. Damit könnte mit leichten Verschiebungen, etwas veränderten Weichenstellungen und der Ausnutzung gesetzlicher Spielräume relativ rasch der Strompreisanstieg etwas gebremst werden. Ein größerer Wurf soll erst später folgen, aber auch hier blieben – soweit die diesbezüglichen Vorschläge im Detail nachvollziehbar sind – die Grundlinien erhalten.

    Ergänzende Anmerkung WL: Von einem Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger, wie es früher einmal die SPD-Bundestagsfraktion vorgeschlagen hat [PDF – 50 KB], ist allerdings im Steinbrück-Konzept nicht mehr die Rede. Die Frage ist auch, ob es gelingen kann, dass die gesunkenen Preise an der Strompreisbörse beim Verbraucher auch ankommen.
    Siehe dazu auch nochmals „Alle reden von der sozialen Gestaltung der Energiewende, doch keiner tut was dafür“.

  14. Missstände beim Staatskonzern: Ramsauers Chaos-Bahn
    Auch in Mainz war Ramsauer zur Stelle, jenem Bahnhof, der aktuell im Zentrum des öffentlichen Interesses steht, weil dort personalbedingt kaum noch ein Zug halten darf. Der CSU-Minister erklärte den Fall kurzerhand zur Chefsache, sprach vor Ort mit Betroffenen und anschließend mit Bahn-Chef Rüdiger Grube über Wege, wie die Misere beseitigt werden könnte.
    Über seinen Anteil an ihr spricht indes bislang kaum jemand. Auch ein Auftritt im Bundestags-Verkehrsausschuss bleibt dem Minister vorerst erspart, obwohl ihn der im SPD-Wahlkampfteam für Verkehr zuständige Fraktionsvize Florian Pronold dazu aufgefordert hatte. Doch selbst gusseiserne Ramsauer-Gegner hatten sich von dem Termin wenig versprochen. “Die Verantwortlichkeiten sind klar geregelt”, sagt die Bahn-Expertin der Grünen, Valerie Wilms. Die Versäumnisse lägen allein beim Vorstand der Bahn, denn die Personalplanung unterliege eindeutig dem Tagesgeschäft.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung JK: Wieder wunderbare Hetze, man beachte jetzt ist die Bahn natürlich ein Staatskonzern bei dem der Einfluss der Politik maßgebend ist. Was natürlich nicht falsch ist, aber für das Chaos im Mainzer Stellwerk ist eben eine Politik verantwortlich die dem neoliberalem Dogma der Privatisierung und des Börsenganges hinter hergelaufen ist und diesem eine langfristige Entwicklungsplanung des Bahnverkehrs geopfert hat. Und ist nicht der neoliberale Spiegel einer lautesten Schreihälse wenn es um Privat vor Staat geht?

  15. Auslandseinsätze der Bundeswehr kosten bisher über 17 Milliarden Euro
    Die Auslandseinsätze der Bundeswehr haben seit 1992 mehr als 17 Milliarden Euro gekostet. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/14491) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/14408) mitteilte, beliefen sich die sogenannten einsatzbedingten Zusatzausgaben zwischen 1992 und Ende Juni 2013 auf insgesamt 17.052,5 Milliarden Euro. Nicht enthalten in dieser Summe sind die Personalkosten, wohl aber die gezahlten Auslandsverwendungszuschläge.
    Die Linke-Fraktion hatte nach den Kosten für die Auslandseinsätze der Bundeswehr seit 1990 gefragt und insgesamt 44 Fälle aufgelistet, darunter auch zivile Hilfseinsätze. Die Regierung konnte im Nachhinein bestimmte Ausgaben und Ausgabenplanungen nicht mehr ermitteln. Das Zahlenmaterial bezieht sich daher auf die Jahre ab 1992.
    Wie aus der Auflistung des Verteidigungsministeriums weiter hervorgeht, summieren sich die einsatzbedingten Zusatzausgaben allein für den ISAF-Einsatz in Afghanistan seit 2002 auf rund 7,6 Milliarden Euro. Der Einsatz im Kosovo (KFOR) schlägt demnach seit 1999 bis heute mit knapp 3,3 Milliarden Euro zu Buche. Einschließlich der sogenannten Befähigung für die Einsätze KFOR, SFOR und EUFOR sind es rund 5,1 Milliarden Euro an einsatzbedingten Zusatzausgaben.
    Derzeit sind rund 6.200 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Auslandseinsatz, darunter etwa 4.300 in Afghanistan und rund 700 im Kosovo.
    Quelle: Deutscher Bundestag
  16. Aufstieg eines Schlitzohrs – Berlusconi und die Mafia
    Silvio Berlusconi hat bekanntlich nicht wenig Ärger mit der Justiz: Ermittlungsverfahren und Prozesse wegen Korruption, Steuerbetrug, Kontakte zur Mafia, Sex mit Minderjährigen laufen zum Teil noch. Bisher aber konnte Berlusconi, der viermal Ministerpräsident Italiens war, immer noch rechtzeitig seinen Kopf aus der Schlinge ziehen. Er erließ Gesetze, die eine Verurteilung verhinderten, oder seine Anwälte verschleppten die Verfahren, bis sie verjährten. Aureliana Sorrento beleuchtet die Tricks und Mechanismen, die Berlusconi zur Macht verholfen haben – und ist dabei auf viele Verbindungen zur Mafia gestoßen.
    Quelle: WDR 5 [MP3]

    Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist schon eine seltsame Koinzidenz. Sowohl Al Capone wie auch Berlusconi konnten erst über Steuerbetrug zur Rechenschaft gezogen werden. Natürlich war Berlusconi viel geschickter und kein Killer – hatte er gar nicht nötig. Dennoch steht an der Wiege von Berlusconis Reichtum und Macht, zwar nicht justiziabel nachweisbar, das Verbrechen, die Mafia.
    Die Gerichtsprozesse des Cavaliere (aus dem Handelsblatt vom 30.07.2013)
    In zahlreichen anderen Verfahren gelang es dem heute 76-jährigen Politiker und Medienunternehmer immer wieder, den Fängen der Justiz zu entkommen. Er wurde entweder freigesprochen oder die gegen ihn gefällten Urteile wurden später wieder aufgehoben beziehungsweise wegen Verjährung nicht rechtskräftig.
    1994
    Bestechung von Finanzbeamten: Verurteilung 1997 in erster Instanz zu 33 Monaten Gefängnis. Freispruch im Berufungsverfahren im Jahr 2000, zum Teil wegen Verjährung, bestätigt ein Jahr später durch das Revisionsgericht.
    1995
    Bilanzfälschung: Angeklagt, mit Hilfe schwarzer Kassen den Fußballer Gianluigi Lentini für seien Klub AC Mailand eingekauft zu haben, profitiert Berlusconi 2002 dank eines von seiner Partei im Parlament verabschiedeten Gesetzes erneut von der Verjährungsregelung.

    Steuerbetrug beim Kauf einer Luxusvilla in Macherio bei Mailand: verjährt.

    Bilanzfälschung beim Erwerb der Filmgesellschaft Medusa. Berlusconi wird 1997 in erster Instanz zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt. Freispruch im Berufungsverfahren im Jahr 2000, ein Jahr später in der Revision bestätigt.

    Illegale Finanzierung der Sozialistischen Partei (PSI) über die Tarnfirma All Iberian. 1998 Verurteilung zu 28 Monaten Haft. Freispruch im Berufungsverfahren ein Jahr später, im Jahr 2000 Bestätigung durch das Revisionsgericht.
    1996
    Anklage wegen Bilanzfälschung im Zusammenhang mit der Affäre All Iberian. Freispruch 2005.
    1998
    Richterbestechung, um den Erzrivalen Carlo de Benedetti am Kauf des halbstaatlichen Lebensmittelunternehmens SME zu hindern. Der Kassationsgerichtshof spricht Berlusconi 2007 in letzter Instanz frei.
    2012
    Steuerbetrug rund um Berlusconis Medienimperium Mediaset. Verurteilung zu vier Jahren Gefängnis und fünf Jahren Amtsverbot. Wegen einer allgemeinen Amnestie wird die Haftstrafe aber sofort auf ein Jahr verkürzt.
    März 2013
    Beihilfe zur Veröffentlichung vertraulicher Informationen zu einem Finanzskandal im Jahr 2005. Verurteilung in erster Instanz zu einem Jahr Haft.

  17. Die SPD trainiert Harakiri
    Die SPD ist auf einen neuen Tiefpunkt ihres desolaten Bundestagswahlkampfes hinab gesunken. Wenige Wochen vor der Wahl gehen die Flügel der Partei dazu über, sich gegenseitig zu attackieren. Ihr müder Wahlkampf gegen die schwarz-gelbe Koalition schlägt um in einen heftigen innerparteilichen Machtkampf, den die SPD in aller Öffentlichkeit austrägt. Er nimmt für die 23-Prozent-Partei selbstzerstörerische Züge an.
    Quelle: Post von Horn
  18. Veranstaltungshinweis: Wie Europa retten?
    Der Euro, die Demokratie und die soziale Gerechtigkeit

    Podiumsdiskussion

    • Dr. Heiner Flassbeck, Ökonom und Publizist, Universität Hamburg;
    • Prof. Dr. Rudolf Hickel, Wirtschaftswissenschaftler, Bremen;
    • Prof. Dr. Fritz W. Scharpf, Emeritus Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, Köln;
    • Dr. Hans-Jürgen Urban, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der IG Metall, Frankfurt;
    • Moderation: Ulrike Herrmann, taz, Berlin

    Montag, 19. August, 19:30 Uhr
    In Köln, Riphansaal in der „Brücke“, Kœlnischer Kunstverein
    Hahnenstraße 6
    D-50667 Köln, Nähe Neumarkt


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