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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 20. Dezember 2013 um 9:04 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Der Tag mit Brandt und Kennedy
  2. Reallöhne im dritten Quartal 2013 zum Vorjahres­quartal um 0,3 % gesunken
  3. Urban Priol: Tilt! – Tschüssikowski 2013
  4. Orwell 2.0
  5. Der Bundestag in Zeiten der GroKo
  6. Deutschlandfunk-Nachrichten zur Einkommensentwicklung irreführend
  7. Portugals Verfassungsgericht kippt Rentenkürzung
  8. Marktkonform statt rechtskonform: Merkels erneuerter Versuch zur neoliberalen Dressur Europas durch Wettbewerbspakte
  9. Ulrike Herrmann – Angela Merkel allein zu Haus
  10. Einigung über Bankenunion – Schäubles Wunschzettel
  11. Spanien will bankrotte Autobahnen retten
  12. „Hartz 4 Hilfe“ stellt falsche Tatsachenbehauptungen auf und verleumdet Mitarbeiter der MainArbeit
  13. GEW Hessen: Koalitionsvereinbarung ist Abzocke bei Beschäftigten und Sozialabbau. ‚Operation düstere Zukunft 2’
  14. Bereinigung des Steuerstreits: Die Welle deutscher Selbstanzeigen rollt
  15. Lobbyisten, Vorsitzmacher und andere Stiefelknechte im Internetausschuss
  16. Gefahr neuer Überschuldung durch Mischung von öffentlichen Zuschüssen und privatem Kapital
  17. Ihr seid nicht APO!

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Der Tag mit Brandt und Kennedy
    Horst Lison aus Hemmingen gab einst zwei Söhnen von Willy Brandt Nachhilfeunterricht. Bald verband ihn eine Freundschaft mit dem späteren Bundeskanzler, der am Mittwoch 100 Jahre alt geworden wäre. Ein Rückblick auf eine bewegte Zeit.
    Quelle: HAZ

    Anmerkung Albrecht Müller: Den Hinweis auf diesen interessanten Artikel verdanken wir einem Nachdenkseitenleser. Er schrieb am 18. Dezember an mich:
    … am Dienstag habe ich „Brandt aktuell“ gelesen. Gestern erschien beigefügter Artikel in der HAZ (Hannoversche Allgemeine Zeitung). Das Gespräch von Gunnar Merkens mit Horst Lison dürfte noch vor Erscheinen Deines Buches stattgefunden haben. Auch deshalb finde ich die Parallelen in der Sicht der Dinge gegen den Mainstream bemerkenswert.“
    Diese handschriftliche Botschaft des NachDenkSeiten-Lesers fand ich ausgesprochen bemerkenswert, zeigt sie doch, dass ganz normale Zeitgenossen verstanden haben, warum ich das Buch über die Treibjagd auf Brandt geschrieben habe. Mir geht es nicht um Krachmacherei oder um Polemik gegen einzelne Konkurrenten und Gegner von Willy Brandt. Ich wollte nur einige Fehleinschätzungen und Vorurteile aufspießen. Dass es auch andere gibt, die dieses Anliegen erkannt haben und fördern wollen, freut mich außerordentlich.

  2. Reallöhne im dritten Quartal 2013 zum Vorjahres­quartal um 0,3 % gesunken
    Die Reallöhne in Deutschland sind vom dritten Quartal 2012 bis zum dritten Quartal 2013 um durchschnittlich 0,3 % gesunken. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, erhöhten sich die Nominallöhne in diesem Zeitraum um 1,3 %, die Verbraucherpreise stiegen um 1,6 %.
    Der Nominallohnindex spiegelt die Veränderung der Bruttomonatsverdienste inklusive Sonderzahlungen der vollzeit-, teilzeit- und geringfügig beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wider. Der vergleichsweise geringe Anstieg der Nominallöhne im dritten Quartal 2013 zum Vorjahresquartal ist vor allem auf deutlich geringere Sonderzahlungen in Form von Einmalzahlungen im Dienstleistungsbereich – vor allem im Bereich der Banken und Versicherungen sowie in der öffentlichen Verwaltung – zurückzuführen. Der nominale Anstieg der Bruttomonatsverdienste mit Sonderzahlungen betrug im Dienstleistungsbereich nur 0,7 %. Abzüglich der Sonderzahlungen stiegen die regelmäßig gezahlten Bruttomonatsverdienste immerhin um 1,7 %. Im Produzierenden Gewerbe lagen die Wachstumsraten der Bruttomonatsverdienste mit (2,3 %) und ohne Sonderzahlungen (2,1 %) jeweils deutlich über der Wachstumsrate des Verbraucherpreisindex (1,6 %).
    Für das Jahr 2013 zeichnet sich nach den Ergebnissen der ersten drei Quartale 2013 ein geringer Reallohnverlust ab. Die Nominallöhne sind in diesem Zeitraum im Vergleich zu den ersten drei Quartalen 2012 um 1,4 % gestiegen, die Verbraucherpreise um 1,6 %.
    Ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer verdiente in Deutschland im dritten Quartal 2013 ohne Sonderzahlungen durchschnittlich 3 462 Euro brutto im Monat. Die höchsten Durchschnittsverdienste erhielten die Vollzeitbeschäftigten bei Banken und Versicherungen (4 576 Euro), in der Energieversorgung (4 510 Euro) sowie im Bereich Information und Kommunikation (4 501 Euro). Der niedrigste durchschnittliche Bruttomonatsverdienst wurde im Gastgewerbe (2 012 Euro) gezahlt.

    Quelle: Statistisches Bundesamt

    Anmerkung WL: Wie meinte doch der Sachverständigenrat in seiner jüngsten Konjunkturprognose: Die Belebung der Binnennachfrage schiebe das Wachstum im kommenden Jahr entscheidend an, während der Außenhandel es dämpfe. Die Wirtschaftsweisen müssten nur noch erklären, wie bei sinkenden Reallöhnen die Binnennachfrage angeschoben werden kann.

    Anmerkung Orlando Pascheit: Im Grunde könnte sich hinter dieser Meldung eine kleine Sensation verbergen, wenn man nur Genaueres wüsste. Der Rückgang der “deutlich geringeren Sonderzahlungen” besagt nichts anderes, als dass die Bonusauszahlungen geschrumpft wurden – “vor allem im Bereich der Banken und Versicherungen sowie in der öffentlichen Verwaltung.” Bei den Banken!? Man würde schon ganz gerne wissen, wie viel und in welcher Leistungsgruppe genau – z.B. um zu klären, ob dieser Rückgang der Boni nachfragewirksam ist oder nicht. Die Spitzenboni bei den Banken dürfen kaum in den Konsum gehen, während normale Bonuszahlungen bei vielen Angestellten eine feste Planungsgröße für notwendige Anschaffungen sind. Natürlich hat sich nichts daran geändert, dass die höchsten Durchschnittsverdienste immer noch im unproduktivsten Sektor unserer Volkswirtschaft erzielt werden – bei Banken und Versicherungen. (Liebe Bank- und Versicherungsangestellten, d.h. heißt selbstverständlich nicht, dass ihr nicht fleißig wart.)

    Ansonsten ist die Lage mies: Das Statistische Bundesamt prognostiziert auf das ganze Jahr gerechnet Reallohnverlust. Aber uns geht es ja gut. Mir sind Griechen, Portugiesen, Spanier ganz bestimmt nicht egal, aber um die Leistung unserer Politiker, unserer Unternehmen, unserer Gewerkschaften zu beurteilen, ist dieser armselige Vergleich unnötig. Geht es uns besser oder schlechter als im letzten Jahr, das ist die Frage. Und solange sich Schwarz/Gelb in der Vergangenheit und Schwarz/Rot jetzt um die Verteilungsfrage drückt, d.h. die oberen 10 Prozent der Bevölkerung sich einen immer größeren Anteil an Einkommen und Volksvermögen aneignen, sind solche üblen Vergleiche vollkommen unangemessen.

    Erschreckend der immer größer werdende Graben zwischen den Löhnen bei Dienstleistungen und Industrie. Das ewig wiederholte Drohmantra der Arbeitgeberverbände erweist gerade hier als Propaganda bzw. als Geschwafel. Der Friseur, die Krankenschwester, der Lehrer, der Müllwerker, der Postbote, die Reinigungskraft, das Verkaufspersonal usw. stehen nun ganz gewiss nicht im globalen Wettbewerb z.B. mit Arbeitnehmern in Peking oder Mumbai. Natürlich mag die im globalen Wettbewerb stehende Industrie auch von billigen Dienstleistungen profitieren, aber Reinigungspersonal oder Wachschutz dürften als Kostenfaktor wohl eine geringe Rolle spielen. Eher schon Forschung und Entwicklung, technische Dienste, Finanzierung, Rechts- und Steuerberatung, Werbung und Marktforschung – aber ob die im Niedriglohnbereich angesiedelt sind?

  3. Urban Priol: Tilt! – Tschüssikowski 2013
    Was für ein Jahr! Und was für einer, der es durch den Pointen Häcksler dreht! Priol, der fränkische Kabarett-Anarcho, dreht und wendet die Ereignisse von 2013 – aus scheinbar Unzusammenhängendem knüpft Priol aberwitzige Fäden, die sich am Ende zu einer unglaublichen Logik verstricken.
    In seinem Jahresrückblick präsentiert Urban Priol brandaktuelles, pointiertes Polit-Entertainment der Spitzenliga und macht dabei vor keinem gesellschaftspolitischen Thema halt. Da bleibt nichts ausgespart, was Medien und Menschen im letzten Jahr bewegte.
    Mit seiner rasanten Highspeed-Vernetzung der Themen fordert Urban Priol höchste Aufmerksamkeit von seinem Publikum, um es im gleichen Atemzug perfekt zu unterhalten.
    Quelle: ZDF
  4. Orwell 2.0
    1. Expertenbericht zur NSA-Datensammlung: 308 Seiten und ein Präsident unter Zugzwang
      In ungewöhnlichen Zeiten sind es häufig Selbstverständlichkeiten, die den radikalsten Eindruck hinterlassen: “Amerikaner dürften niemals den Fehler machen, unseren Beamten komplett zu ‘trauen’.” So steht es auf Seite 114 des Expertenberichts zur digitalen Überwachung durch die amerikanischen Geheimdienste, den das Weiße Haus veröffentlicht hat. Der Satz ist nicht dahin geschrieben, es ist eine Erinnerung an den zentralen amerikanischen Wert der Freiheit. Und es ist ein lauter Widerspruch. Er widerspricht den Beteuerungen von NSA-Chef Keith Alexander, die von Edward Snowden enthüllten Programme zur digitalen Spionage und Überwachung seien maßvoll und zentral für den Schutz der Amerikaner vor weiteren Terroranschlägen. mit dieser Formulierung widersprechen die Experten auch den Beschwichtigungen von US-Präsidenten Barack Obama. Würden die Amerikaner die Geheimprogramme kennen, erklärte dieser im Sommer, so würden sie sagen: “Diese Leute halten sich ans Gesetz und tun das, von dem sie sagen, dass sie es tun.” Das fünfköpfige Gremium aus Juristen und ehemaligen Geheimdienst-Offiziellen, das Obama damals mit der Überprüfung der digitalen Überwachungspraktiken beauftragt hatte, hat sich die Geheimprogramme angesehen und kommt in seinem Bericht zu einem anderen Schluss: Die NSA muss in ihre Schranken gewiesen werden, Vertrauen alleine genügt nicht. Das 308 Seiten lange Papier enthält keine Abkehr von der digitalen Spionage. Man wolle “in keinster Weise die Geheimdienste entwaffnen”, erklärte Mitglied Michael Morell, ehemals CIA-Vizechef. Aber es ist eine Absage an die Leitlinie “Was technisch möglich ist, wird auch gemacht”, der die Geheimdienste bislang folgten. Die wichtigsten Punkte:…
      Quelle 1: SZ
      Quelle 2: Liberty and security in a changing world [PDF – 925 KB]

      Anmerkung Orlando Pascheit: Es mag schon sein, dass der Bericht eine Absage an die Realisierung des technisch Möglichen durch die Regierung formuliert. Allerdings bleibt diese Möglichkeit erhalten, denn ob Vorratsdatenspeicherung bei der Regierung oder durch ein Konsortium von Telefonanbietern erfolgt, ändert nichts an der Vorratsdatenspeicherung selbst, auf die in echten oder eingebildeten Ausnahmesituationen – man denke an die McCarthy-Ära – zurückgegriffen werden kann. Bemerkenswert ist die Aussage, dass das Programm zur Speicherung amerikanischer Telefondaten „für die Verhinderung von Terroranschlägen nicht wesentlich“ gewesen sei. Das sowohl in den USA als auch bei uns als Monstranz vorgetragene Antiterrorargument wird in diesem Expertenbericht verneint. Allerdings wird diese Aussage bei der Auslandsspionage eingeschränkt. Im Bericht heißt es, dass die Programme “eine wichtige Rolle in den Bemühungen unserer Nation spielen, Terroranschläge auf der ganzen Welt zu verhindern“. Was bei den vielen heiklen und nicht gerade friedlichen Aktivitäten der USA im Ausland zutreffen mag. Klar ist, dass Auslandsspionage keine amerikanischen Bürgerrechte verletzt.

    2. State of Deception – Why won’t the President rein in the intelligence community?
      On March 12, 2013, James R. Clapper appeared before the Senate Select Committee on Intelligence to discuss the threats facing America. Clapper, who is seventy-two, is a retired Air Force general and Barack Obama’s director of National Intelligence, in charge of overseeing the National Security Agency, the Central Intelligence Agency, and fourteen other U.S. spy agencies. Clapper is bald, with a gray goatee and rimless spectacles, and his affect is intimidatingly bureaucratic. The fifteen-member Intelligence Committee was created in the nineteen-seventies, after a series of investigations revealed that the N.S.A. and the C.I.A. had, for years, been illegally spying on Americans. The panel’s mission is to conduct “vigilant legislative oversight” of the intelligence community, but more often it treats senior intelligence officials like matinée idols. As the senators took turns at the microphone, greeting Clapper with anodyne statements and inquiries, he obligingly led them on a tour of the dangers posed by homegrown extremists, far-flung terrorist groups, and emerging nuclear powers.
      Quelle: The New Yorker
    3. Die dreckige Brühe des Datenschutzes: Voßhoff erfüllt die Kriterien nicht
      Die neue Bundesdatenschutzbeauftragte Voßhoff ist Unionspolitikerin – und soll die von der Union geführte Bundesregierung kontrollieren. Unabhängigkeit sieht anders aus. Warum sie geeignet sein soll, weiß niemand. In Zeiten der NSA-Affäre ist das für die Bürger und den Grundrechtsschutz ein Affront.
      Quelle: n-tv
  5. Der Bundestag in Zeiten der GroKo
    So sah gestern vormittag (18.12) die Rednerliste im Deutschen Bundestag aus:

    11 der folgenden 13 Redner kamen von der Großen Koalition, die Opposition durfte in anderthalb Stunden zweimal ans Mikrofon – und zwar für insgesamt 10 Minuten. Es ist nicht das erste Mal, dass die ungesunde Übermacht der Großen Koalition derart offen zu Tage tritt. abgeordnetenwatch.de hat eine Reihe von Fällen zusammengetragen die deutlich machen: In Zeiten der Großen Koalition sind wir alle gefragt, kritisch hinzugucken.
    Quelle: Abgeordnetenwatch

    dazu: Bundestag: Die Opposition der kurzen Momente
    Jetzt kann es also losgehen, das Regieren. Nachdem wir lange darauf warten mussten, ist es endlich so weit. Spannend ist es aber nicht. Der Korrespondent Thorsten Denkler von süddeutsche.de brachte das Dilemma auf den Punkt, als er twitterte: „Ab jetzt nur noch #groko-Redner in der ohnehin schon müden Debatte. Ich melde mich ab. #bundestag.“
    Die Redezeiten von Linken und Grünen haben aufgrund der Mehrheitsverhältnisse ein Maß erreicht, das keine Zeit mehr für intensive Debatten lässt. Die Opposition steht dumm da, und das immer nur ganz kurz, dann ist sie wieder verschwunden. Allerdings haben Grüne und Linkspartei auch einen schlechten Start hingelegt.
    Quelle: Der Spiegelfechter

  6. Deutschlandfunk-Nachrichten zur Einkommensentwicklung irreführend
    “Viele Bundesbürger werden in diesem Jahr voraussichtlich weniger Einkommen zur Verfügung haben als 2012. Das Statistische Bundesamt teilte in Wiesbaden mit, für 2013 rechne man mit einem Reallohnverlust. Denn die Verbraucherpreise stiegen im Schnitt deutlicher als die Einkommen. Danach lag die Inflationsrate in den ersten neun Monaten des Jahres bei 1,6 Prozent, die Löhne wuchsen aber nur um 1,4 Prozent”, berichtet der Deutschlandfunk heute in seinen Nachrichten über die Meldung des Statistischen Bundesamts zur Reallohnentwicklung, die wir auch bereits ausführlich aufgegriffen haben (kursive Hervorhebung, T.H.). Das aber ist irreführend. Es suggeriert, dass deutlich steigende Verbraucherpreise für den Reallohnverlust verantwortlich zeichen. Richtig aber ist, dass die Nominallohnentwicklung so schwach ausgefallen ist, dass trotz einer Inflationsrate, die weit unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer reale Einkommensverluste hinnehmen müssen. Das ist keineswegs eine Spitzfindigkeit oder Bagatelle…
    Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
  7. Portugals Verfassungsgericht kippt Rentenkürzung
    Nur rund sechs Monate vor dem Verlassen des Euro-Rettungsschirmes wirft das Verfassungsgericht des Krisenlandes einen der wichtigsten Punkte des drastischen Sparetats für 2014 über den Haufen. Die Richter des “Tribunal Constitucional” legten am Donnerstagabend in Lissabon ihr Veto gegen das geplante Gesetz zur Konvergenz zwischen den privaten und öffentlichen Rentensystemen ein. Die Maßnahme, mit der Portugal allein nächstes Jahr 710 Millionen Euro einsparen wollte, sei als verfassungswidrig zurückgewiesen worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Lusa. Zur selben Zeit protestierten Tausende in Lissabon vor dem Präsidentenpalast gegen die seit zweieinhalb Jahren anhaltenden Sanierungsmaßnahmen. Zur “Mahnwache” vor dem Präsidentenpalast hatte der Gewerkschafts-Dachverband CGTP aufgerufen.
    Quelle: SZ
  8. Marktkonform statt rechtskonform: Merkels erneuerter Versuch zur neoliberalen Dressur Europas durch Wettbewerbspakte
    „Troika für alle!“ – davor warnen unter anderen die AK und das grenzüberschreitende Bündnis „Europa geht anders“ bereits seit dem Frühjahr. Nachdem man in den geschlagenen Wahlkämpfen den Eindruck gewinnen konnte, die Krise und ihre Entfaltung in der Europäischen Union sei politisch kein relevantes Thema, ist das Verdrängte mit Beginn dieser Woche wiedergekehrt: Für den Beschluss von Wettbewerbspakten soll das Protokoll 14 der Europäischen Verträge abgeändert werden. Die Pläne von Angela Merkel sind wenig mehr als ein erneuerter Anlauf zur autokratischen Durchsetzung der neoliberalen Vertiefung der EU.
    Quelle: Blog Arbeit&Wirtschaft
  9. Ulrike Herrmann – Angela Merkel allein zu Haus
    Auch wenn es die Kanzlerin nicht wahr haben will: Eine europäische Agenda 2010 wird es ebensowenig geben wie einen „Wettbewerbspakt“.
    Die Stimmung in Europa wandelt sich. Kanzlerin Angela Merkel ist dort nicht mehr die Alleinherrscherin. Zwar haben die anderen Regierungen in der Eurozone geschwiegen, solange die deutschen Koalitionsverhandlungen liefen – aber jetzt wird deutlich, dass sich die Gewichte verschoben haben. […]
    Schon der Name „Wettbewerbspakt“ verrät, warum der Merkel-Kurs Wahnsinn wäre: Staaten können nicht gegeneinander konkurrieren. Sie sind keine Firmen. Merkel stellt sich vor, dass alle Staaten ihre „Arbeitsmärkte flexibilisieren“, also ihre Löhne drücken. Jedes Euroland sollte zur Exportnation werden und – wie Deutschland – Überschüsse im Außenhandel erwirtschaften. Doch dieser Plan scheitert an der schieren Logik: Es ist nicht möglich, dass alle Länder exportieren. Es muss auch Importeure geben.
    Quelle: taz
  10. Einigung über Bankenunion – Schäubles Wunschzettel
    Finanzminister der EU einigen sich auf Regeln für die Abwicklung von Pleite-Geldhäusern. Die Europäische Zentralbank äußert sich kritisch.
    Was lange währt, wird endlich deutsch. Nach monatelangen Beratungen haben sich die EU-Finanzminister am Donnerstag auf den zweiten Pfeiler der Bankenunion geeinigt. Die neuen Regeln für die Abwicklung von Pleite-Banken folgen bis ins Detail den Vorgaben von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
    Schäuble hatte in Kungelrunden Frankreich und den französischen Binnenmarktkommissar Michel Barnier mit harten Bedingungen konfrontiert. Die Sparkassen sollten ausgenommen werden, es solle keine direkten Kapitalspritzen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM geben, der Abwicklungsfonds solle nach deutschem Modell funktionieren. Genau so kam es. Barnier moserte noch über „zu komplizierte“ Regeln für den Notfall. Doch Schäuble setzte sich durch. Er verstehe, dass ihn einige seiner Kollegen mittlerweile nicht mehr sehen könnten, räumte er hinterher ein.
    Quelle: taz
  11. Spanien will bankrotte Autobahnen retten
    Nach dem Einbruch des Baubooms häufen sich in Spanien nicht nur menschenleere «Geisterflughäfen», sondern auch nahezu ungenutzte Mautstrecken. Neun von 32 Autobahnen sind inzwischen insolvent, einige von ihnen befinden sich im Umkreis von Madrid. Die betroffenen Verbindungen waren ab Mitte der 1990er Jahre, damals noch unter dem konservativen Ministerpräsidenten José Maria Aznar, inmitten eines wild wuchernden spanischen Immobilienbooms gebaut worden. Die Betreibergesellschaften, die in der Regel von grossen spanischen Baufirmen wie Ferrovial oder ACS kontrolliert werden, hatten damals vom Staat die Konzession für die Mautstrecken übernommen. Bald jedoch stellte sich heraus, dass das tatsächliche Verkehrsaufkommen weit hinter den vollmundig präsentierten Prognosen zurückblieb. Vor allem seit Beginn der Krise im Jahr 2008 weichen immer mehr Autofahrer auf kostenfreie Strecken aus, die teilweise parallel zu den Mautverbindungen verlaufen. Inzwischen ist der Verkehr auf den Mautstrecken teilweise um zirka 40% eingebrochen.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: So ganz verstehe ich nicht, warum der Staat für die Kosten des Baus als auch für Grund und Boden der Autobahnen aufkommen soll. Wenn das unternehmerische Risiko der Betreiber nicht aufgeht, da die Mauteinnahmen ausbleiben, so what? Wenn man dann noch liest, dass parallel zu den gebührenpflichtigen Autobahnen Gratisautobahnen gebaut wurden, auf denen die Fahrer außerhalb der Stoßzeiten genauso schnell vorankommen, wird einem der ganze Irrsinn des spanischen Baubooms vor Augen geführt.

  12. „Hartz 4 Hilfe“ stellt falsche Tatsachenbehauptungen auf und verleumdet Mitarbeiter der MainArbeit
    In einer von „Sozialberater“ Roman Thilenius gezeichneten Pressemitteilung, die über das Internet verbreitet wurde, behauptet dieser, das Jobcenter MainArbeit habe gegen einen Kunden und seine Familie eine Leistungskürzung in Höhe von 350 Prozent als Sanktion für Pflichtverletzungen des Kunden verhängt. Dadurch würde die Familie mit Kindern in eine existenzbedrohliche Situation gebracht. Zudem wird einer namentlich nicht genannten Mitarbeiterin des Jobcenters vorgeworfen, absichtlich rechtswidrige Bescheide zu erlassen und die betroffenen Leistungsbezieher mit Drohungen von der Einschaltung eines Anwalts abzuhalten.
    Diese Darstellung ist falsch. Richtig ist vielmehr das Folgende:
    Quelle: MainArbeit [PDF – 94 KB]
  13. GEW Hessen: Koalitionsvereinbarung ist Abzocke bei Beschäftigten und Sozialabbau. ‚Operation düstere Zukunft 2’
    Als „Abzocke bei den Beschäftigten des Landes“ bezeichnete der GEW-Landesvorsitzende Jochen Nagel die soeben bekannt gewordenen Pläne der schwarz-grünen Koalitionäre, den Beschäftigten des Landes die Rückkehr in die TdL vorzuenthalten sowie die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten auf bundesweitem Rekordniveau zu belassen. […]
    „Wer Lehrkräfte zu den Melkkühen seiner Schuldenbremsenpolitik macht, wird sich auf unseren entschiedenen Widerstand gegen seine Sozialabbaupolitik einstellen müssen“, so Jochen Nagel weiter. „Es wird Zeit, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auch für Deutschland noch einmal die GEW-Position bestätigt, dass auch Beamtinnen und Beamte Menschen sind, denen das Streikrecht zusteht.“
    Quelle: GEW Hessen
  14. Bereinigung des Steuerstreits: Die Welle deutscher Selbstanzeigen rollt
    Über die deutschen Finanzämter ist in den vergangenen Monaten eine Welle von Selbstanzeigen geschwappt. Dies zeigen Daten aus den Bundesländern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen, die deutschlandweit die meisten Selbstanzeigen verzeichnen. Nachdem das deutsch-schweizerische Steuerabkommen am 12. Dezember 2012 endgültig am Widerstand des deutschen Bundesrates gescheitert war, erhöhte sich die Zahl der Deklarationen sukzessive (vgl. Grafik). Seit Anfang 2013 haben sich allein in den genannten Bundesländern rund 12 800 Personen angezeigt; deutschlandweit dürften es über 20 000 gewesen sein. Am meisten Prominenz erlangte dabei der Fall des FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeness. Weil seine Selbstanzeige als mangelhaft eingestuft wurde, wird er sich allerdings vor Gericht verantworten müssen.
    Ausschlaggebend für den starken Anstieg der Selbstanzeigen war nicht nur das Scheitern des Steuerabkommens, auf dessen Zustandekommen Menschen wie Hoeness gesetzt hatten. Zentral war auch, dass die Schweizer Banken in der Folge viel Druck auf deutsche Kunden ausübten, ihre steuerliche Situation zu bereinigen. Das Vorgehen war offensichtlich wirkungsvoll. Bei der Grossbank UBS etwa spricht man von einem «grossen Interesse» an Selbstanzeigen. Die Kunden hätten noch bis Ende 2014 Zeit, um einen schriftlichen Nachweis eines Steuerberaters oder Finanzamtes zu erbringen, dass sie mit dem Fiskus im Reinen seien; sonst werde die Kundenbeziehung gekündigt. Weiter ist man bei Julius Bär. Wie ein Sprecher erklärte, müssen bis Ende 2013 praktisch alle deutschen Kunden eine Selbstanzeige zumindest eingeleitet haben. Das bedeutet, dass das Problem unversteuerter Gelder bald gelöst sein wird.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Leider kann Matthias Benz nicht über seinen Schatten als Schweizer Staatsbürger springen und muss tendenziös werden. Die SPD-geführten Länder hätten mutwillig auf Vorteile des Steuerabkommens verzichtet. Durch diese wäre mehr Geld an den deutschen Fiskus geflossen – ohne dass die deutschen Finanzämter nun viele Selbstanzeigen bearbeiten müssten. Nun ja, das sind recht durchsichtige Schweizer Schätzungen. Langfristig wird der von der EU, und endlich auch von Deutschland, angestrebte, automatische Informationsaustausch sicherlich mehr bringen. Ganz witzig ist die sonderbare Heiligsprechung der Schweizer Banken: “Ausschlaggebend für den starken Anstieg der Selbstanzeigen war nicht nur das Scheitern des Steuerabkommens, auf dessen Zustandekommen Menschen wie Hoeness gesetzt hatten. Zentral war auch, dass die Schweizer Banken in der Folge viel Druck auf deutsche Kunden ausübten, ihre steuerliche Situation zu bereinigen.” Allerdings räumt Benz etwas später ein, dass neben dem Steuerabkommen leider auch die Strafbefreiung für Schweizer Banken und deren Mitarbeiter nicht zustande kam. Der Druck der Schweizer Banken auf deutsche Steuerhinterzieher dürfte wohl auch mit den Razzien in den Filialen der UBS in Deutschland zu tun haben. Denn nicht nur Steuersünder, sondern auch Bankmitarbeiter wie auch die Banken selbst können schnell in das Visier der Ermittler geraten. In den USA laufen zurzeit 14 Strafverfahren gegen Schweizer Banken, die nicht zuletzt auf Erkenntnissen beruhen, welche über Selbstanzeigen von US-Bürgern gewonnen wurden.

  15. Lobbyisten, Vorsitzmacher und andere Stiefelknechte im Internetausschuss
    Das Neuland Internet hat eine neue politische Heimat: Nach langen Jahren des Darbens in ungeliebten Unterausschüssen des Bundestages und teilweise qualvollen Verhandlungen in einer Enquete-Kommission gibt es in der neuen Legislaturperiode zwar keinen Internetminister, bei dem alle Zuständigkeiten gebündelt wären. Was aber kommen wird, ist ein Hauptausschuss für das Internet und die digitale Agenda. In diesem Gremium werden Gesetzesvorhaben zur Digitalisierung von Fachpolitikern und Experten für die beteiligten Ministerien vorbereitet und besprochen. Wie der zentrale Ausschuss konkret unter den Zuständigkeiten der Ministerien für Verkehr (Breitbandausbau), Justiz (Verbraucherschutz), Inneres (Sicherheit) und Wirtschaft funktionieren wird, muss sich erst noch zeigen. Aber das Posten- und Einflussgeschacher hat schon begonnen.
    Quelle: Blog „Stützen der Gesellschaft“
  16. Gefahr neuer Überschuldung durch Mischung von öffentlichen Zuschüssen und privatem Kapital
    Angesichts der knappen Haushaltsmittel setzen sowohl die deutsche Bundesregierung als auch die Europäische Union (EU) verstärkt auf die Mobilisierung von Privatkapital zur Finanzierung von Entwicklungsvorhaben. Dazu werden auf unterschiedliche Weise geringe öffentliche Zuschüsse mit deutlich höheren Krediten zu Marktkonditionen aufgestockt („gehebelt“). Durch diese Mischung (englisch: Blending) ergeben sich Chancen vornehmlich für die Finanzierung größerer Infrastrukturprojekte. Zu befürchten ist jedoch eine Vernachlässigung entwicklungspolitischer Grundsätze, eine wachsende Orientierung an den Interessen der Außenwirtschaftspolitik und die Verschlechterung der Schuldensituation wegen des höheren Kreditanteils in der Entwicklungsfinanzierung. Folglich sind bereits ex-ante, also schon während der Planungs- und Verhandlungsphase, die möglichen Auswirkungen eines Projektes einschließlich seiner finanziellen, betrieblichen, zivilen, sozialen, kulturellen und ökologischen Folgen sorgfältig zu untersuchen.
    Quelle: erlassjahr.de
  17. Ihr seid nicht APO!
    Das Handelsblatt wartet mit einer neuen Kolumne auf. »Die außerparlamentarische Opposition« heißt sie. Darin sollen FDP, Alternative für Deutschland und die Piraten zu Wort kommen. Oliver Stock, der Chefredakteur sieht das so: »Die Deutschen haben mehrheitlich bürgerlich gewählt, doch im Parlament sitzt eine linke Mehrheit. Sieben Millionen Wählerstimmen sind nicht im Bundestag vertreten. Denen wollen wir eine Plattform bieten.« Kann er ja machen. So wie er auch glauben darf, es gäbe eine linke Mehrheit im Bundestag. Aber eine APO im ursprünglichen Sinne des Kürzels ist das nicht.
    Und sie wird auch nicht ursprünglicher, nur weil die »überparteiliche« Bildzeitung mit aufspringt, zum »Teil der Bewegung« wird und Diekmann obendrein verkündet: »Wir sind APO!« Er schaue jetzt der Regierung außerparlamentarisch auf die Finger, weil das Parlament zu schwach, seine Opposition zu klein und zu links ist. Na dann…
    Das ist ein ganz übler Witz, dass sich diese teils reaktionären und teils marktradikalen Bürgerlichen ausgerechnet unter dem Label APO sammeln, um so eine Art Gegenöffentlichkeit zu etablieren. Eine Gegenöffentlichkeit, die jedoch auf Idealen beruht, die in Merkels marktkonformer Demokratie ganz selbstverständlich sind. Ein inhaltliches Gegengewicht zur GroKo ist sie jedenfalls kaum.
    Quelle: Neues Deutschland


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