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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 5. Juli 2007 um 8:36 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

  1. Bundesverfassungsgericht: Urteil zu den Nebeneinkünften von Bundestagsabgeordneten
    • “Das Volk habe Anspruch darauf zu wissen, von wem und in welcher Größenordnung seine Vertreter Geld entgegennehmen”, heißt es im Urteil.
      Die Zeit stellt uns die Kläger in Karlsruhe noch einmal vor.
      Quelle: Die Zeit
    • Bundesverfassungsgericht lässt die neun Geheimniskrämer abblitzen
      Sieg für die Transparenz
      Alle Bundestagsabgeordneten müssen künftig ihre Nebeneinkünfte offenlegen, sobald diese 1000 Euro übersteigen. Neun Parlamentarier, die das verhindern wollten, scheiterten mit ihren Klagen in Karlsruhe. Bundestagsabgeordnete müssen künftig ihre Nebeneinkünfte offenlegen – so entschieden die Karlsruher Richter. Das Bundesverfassungsgericht wies die Klage von neun Bundestagsabgeordneten gegen die verschärfte Transparenzregelung im Abgeordnetengesetz zurück. Das freie Mandat der Abgeordneten sei nicht verletzt, entschied das Gericht. Demnach gehen von Nebentätigkeiten wie etwa in Aufsichtsräten “besondere Gefahren für die Unabhängigkeit” der Abgeordneten aus. Das Volk habe deshalb “Anspruch darauf” zu wissen, von wem und in welcher Größenordnung seine Vertreter Geld entgegennehmen, heißt es im Urteil. Das Interesse der Abgeordneten an einer Vertraulichkeit der Daten sei demgegenüber “nachrangig”.
      Quelle: Spiegel Online
    • Mögliche Interessenkonflikte von Bundestagsabgeordneten werden transparenter
      Sieben deutsche Nichtregierungsorganisationen haben die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes begrüßt, der Klage gegen das Abgeordnetengesetz und den damit verbundenen Verhaltensregeln nicht stattzugegeben. Sie sehen mit der Entscheidung die Hürden zur Fortentwicklung des Abgeordnetengesetzes beseitigt. Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass das neu gefasste Abgeordnetengesetz dem Grundgesetz entspricht.
      Quelle: LobbyControl
    • Der hässliche Parlamentarier
      Zwei Sichtweisen der Verfassungsrichter:
      Der moderne Abgeordnete hat nackt zu sein, weil er Mantel und Anzug ohnehin nur als Versteck seiner Beute missbrauchen würde.
      Oder: Einen Parlamentarier, wie man ihn gerne hätte, im Vollbewusstsein seines freien Mandats, das ihn besser als jedes Transparenzgebot vor den Versuchungen der Habgier und der Korruption bewahrt.
      Quelle: Berliner Zeitung
    • Volle Breitseite gegen Starjurist Merz
      Gerade den prominentesten Kläger, den Anwalt und Ex-Unions-Fraktionschef Friedrich Merz, nehmen sich die vier Richter, die das Urteil tragen, zur Brust. Er hatte in der mündlichen Verhandlung wortgewaltig die besondere politische Unabhängigkeit von Angehörigen der freien Berufe im Parlament betont. Verfassungsrichter Siegfried Broß trug aber in der Verkündung vor, dass die Unabhängigkeit der Abgeordneten doch durch die Diäten (7009 Euro im Monat) abgesichert sei. Dass die Volksvertreter auf Grund eines lukrativen Jobs sich jederzeit von ihrem Mandat verabschieden könnten, darauf hätten sie keinen Anspruch, meinte der Berichterstatter für dieses Verfahren im Senat.
      Quelle: Focus Online
  2. Nürnberger Arbeitsmarktforscher entkräften Klagen über Fachkräftemangel
    Eine repräsentative Untersuchung des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat ergeben, dass in Deutschland derzeit kein flächendeckender Fachkräftemangel herrscht. Mangel an Fachkräften könne “partiell” auftreten, sei jedoch gesamtwirtschaftlich “kein gravierendes Problem”, sagte die IAB-Wissenschaftlerin Anja Kettner zum Hamburger Magazin stern.
    Quelle: stern

    Dazu:

    Müntefering rüffelt Kabinettskollegin Schavan
    Annette Schavan will es ausländischen Fachleuten erleichtern, in Deutschland zu arbeiten. Der Arbeitsminister hält das “für ziemlichen Unsinn” und will mehr Ausbildung im Inland. Doch es gibt Hinweise, dass es den heiß diskutierten Fachkräftemangel gar nicht gibt.
    Quelle: Die Welt Online

  3. Atomkraftwerk Krümmel: Brand hat Reaktor beschädigt
    Fast eine Woche nach dem Feuer am Atomkraftwerk Krümmel östlich von Hamburg haben Mitarbeiter der Reaktorsicherheit festgestellt, dass es zu weit mehr Störungen gekommen ist als bisher angenommen. Auch das Reaktorgebäude wurde vom Brand beschädigt.
    Quelle: stern

    Anmerkung: Wie übliche hat der KKW-Betreiber, diesmal Vattenfall, bestritten, dass das Feuer bis zum Reaktor vorgedrungen ist.

  4. Bahnstreiks: Attac warnt vor Folgen einer Privatisierung
    Im Zusammenhang mit den derzeitigen Warnstreiks bei der Deutschen Bahn AG hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf die verheerenden Folgen für die Beschäftigten hingewiesen, sollte die Bahn privatisiert werden. “Die Privatisierung würde Arbeitsplätze zerstören, aus sicheren Stellen prekäre Beschäftigungsverhältnisse machen und zudem ein Verkehrssystem gefährden, das zugänglich für alle Menschen ist und einen Beitrag zum Klimaschutz leistet”, betonte Chris Methmann vom Attac-Koordinierungskreis.
    Selbstverständlich unterstütze Attac die Forderung der drei Eisenbahngewerkschaften Transnet, GDBA und GDL nach angemessenen Löhnen für die Bahnbeschäftigten. “Aber wer die Interessen der Arbeitnehmer bei der Bahn wirksam schützen möchte, muss auch Nein sagen zu jeglicher Privatisierung”, stellte der Globalisierungskritiker klar.
    Quelle: attac
  5. Neues aus dem Casino
    • USA: Der Staat will seinen Teil
      Bisher zahlen Finanzinvestoren in den USA kaum Steuern auf ihre Gewinne aus dem Handel mit Firmen. Das müsse sich jetzt ändern, fordern Politiker und Gewerkschaften.
      Quelle: Die Zeit
  6. Bertelsmann Monitor: Bevölkerung blickt skeptisch in die Zukunft des deutschen Gesundheitswesens
    Die große Mehrheit der Bevölkerung blickt skeptisch in die Zukunft des deutschen Gesundheitswesens. Dies zeigt der aktuelle Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung. So rechnen 62 Prozent der Befragten damit, dass sich der Umfang der Leistungen, die von den gesetzlichen Kassen bezahlt werden, in den nächsten fünf Jahren verringert. Im gleichen Zeitraum befürchten 71 Prozent eine schlechtere Qualität der medizinischen Leistungen und 89 Prozent erwarten steigende Krankenversicherungsbeiträge. Die meisten Versicherten (60 Prozent) haben darüber hinaus Bedenken, im Alter nicht ausreichend medizinisch versorgt zu sein, und 84 Prozent vermuten, dass Wartezeiten auf bestimmte Therapien oder Operationen zunehmen.
    Quelle: Bertelsmann-Stiftung

    Anmerkung Martin Betzwieser: Die geschilderten Befürchtungen sind berechtigt. Und an diesem Zustand arbeiten Bertelsmann-Stiftung sowie Konzern und angeschlossene Medien fleißig mit: Das „Reform“- Ziel weitergehende Privatisierung der Krankenversicherung bzw. private Zusatzversicherungen.

  7. Schäuble hält Rechtssystem für überholt: “Es passt nicht mehr zu den Bedrohungen”
    Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält angesichts wachsender terroristischer Gefahren das geltende Rechtssystem für überholt. “Die nationalen Rechtsordnungen und das internationale Recht passen nicht mehr zu den Bedrohungen”, sagte er gestern auf einer Sicherheitskonferenz in Berlin.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung: Wir befinden uns also im permanenten Kriegszustand und im Krieg sind halt fast alle Mittel recht. Schäuble legt die Axt an die zweihundertjährige Entwicklung des nationalen und des Völkerrechts.

    Dazu passt ein Strategiepapier, das im Rahmen einer Tagung der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) erarbeitet worden ist:

    Die Verfassung muss in wesentlichen Teilen überarbeitet werden
    Aktuelle Strategiepapiere aus dem Umfeld des Bundesverteidigungsministeriums erweitern die Forderung der deutschen Kanzlerin nach Inlandseinsätzen der Bundeswehr. Die Dokumente zielen auf die weitgehende Unterordnung des gesellschaftlichen Lebens unter Erfordernisse der deutschen Hegemonialpolitik. Wirtschaft und NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen) müssten sich stärker am globalen “Krisenmanagement” beteiligen, die Bevölkerung müsse “mehr Verantwortung” für den Schutz des Landes vor Gegenschlägen übernehmen, heißt es in einem Berliner “Rahmenkonzept für eine ressortübergreifende Sicherheitspolitik”. Das Papier ist in einem Seminar der Bundesakademie für Sicherheitspolitik von leitenden Mitarbeitern der deutschen Ministerialbürokratien erstellt worden und gibt Zielvorstellungen wieder, die aus einer selbst ernannten “strategic community” in die Beamtenapparate hineintransportiert werden. Die Bundesregierung werde “die Verfassung (…) in wesentlichen Teilen (…) überarbeiten müssen”, urteilt der Präsident der Bundesakademie über die rechtlichen Konsequenzen der Vorschläge seines Instituts.
    Quelle: German-Foreign-Policy

  8. Jeder zweite SPD-Wähler unterstützt Lafontaines Forderungen
    Die Linkspartei legt in der jüngsten Forsa-Umfrage des stern weiter zu und liegt nun bei 14 Prozent, vor Grünen und FDP. Besonders schmerzhaft für die SPD: 40 Prozent der Bürger halten Lafontaines politische Forderungen für richtig.
    Quelle: stern
  9. Potenzial für mehr Studenten gibt es nur in den bildungsferneren Schichten
    Ein höheres BAföG für Studenten und größere Freibeträge für die Eltern – diese zwei Maßnahmen legte Achim Meyer auf der Heyde den Mitgliedern des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwochvormittag zum wiederholten Male nahe. Der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerkes stellte in der Ausschusssitzung die Ergebnisse der 18. Sozialerhebung des Studentenwerkes vor. Dabei machte er deutlich, dass das Ziel der Bundesregierung und der Länder, die Zahl der Studenten in den kommenden Jahren anzuheben, nur zu erreichen ist, wenn Kinder ärmerer und schlecht gebildeter Eltern zum Studium motiviert werden können. 83 von 100 Akademikerkindern studierten derzeit, aber nur 23 von 100 aus Nicht-Akademikerfamilien. “Hier liegen die Potenziale, um die Studierendenzahlen zu erhöhen”, so Meyer auf der Heyde. Dazu müsse der Staat die Förderung anheben. Seit der letzten BAföG-Erhöhung im Jahr 2002 hätten mehr Arbeiterkinder ein Studium angefangen als vorher. Das Mittel “greift durchaus, reicht aber nicht”. In den 90er-Jahren sei der Anstieg deutlicher gewesen. Viele Studenten, die sich im Studentenwerk beraten ließen, hätten angegeben, nicht sicher zu sein, wie sie ihr Studium finanzieren können. “Das ist ein weiterer Indikator, dass in diesem Bereich Handlung geboten ist.” Die Politik solle vor allem die Mittelschicht beachten, sagte Meyer auf der Heyde. Hier gebe es viele Familien, deren Einkommen zu hoch für eine BAföG-Förderung des Kindes sei. Ihr Geld reiche aber nicht aus, um ihrem Nachwuchs ein Studium zu finanzieren.
    Quelle: heute im Bundestag Nr. 185 – Pressedienst des Deutschen Bundestages, Mi, 04. Juli 2007 (kann kostenlos abonniert werden)
  10. Mehr Geld für Unis nötig
    Der Rektor der Uni Wien, Georg Winckler forderte in seiner Funktion als Präsident der European University Association ein Anheben der Ausgaben für die Hochschulen auf zwei Prozent des BIP (derzeit in Europa bei durchschnittlich 1,2 Prozent) bis zum Jahr 2015. Winckler betonte den Vorsprung amerikanischer Unis im Rennen um Top-Wissenschafter gegenüber europäischen Unis. Auch Asien investiere stark in Bildung.
    Quelle: der Standard


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