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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 31. März 2015 um 8:55 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Gegen Putins Propaganda hilft keine Gegenpropaganda
  2. Lauter schwarze Nullen – Deutschlands fatale Rolle in der europäischen Schuldenkrise
  3. Angela Merkels teurer Irrweg
  4. Griechenland
  5. Großinvestor Soros – Milliarden-Investition in der Ukraine
  6. Schumanns unbeantwortete Fragen
  7. Hartz IV
  8. Mindestlohn: „Gesetz ohne Arbeitszeiterfassung ist ein totes Gesetz“
  9. Riester – der Renditekiller
  10. Die GEW hat das Angebot eines Tarifvertrages für die angestellten Lehrkräfte zurückgewiesen
  11. T-Mobile Policy Violated Labor Law, Judge Rules
  12. Sturmgewehr G36 trifft schlecht
  13. Vor den Ostermärschen – Krieg der Friedensfreunde
  14. Parteispenden
  15. Privatisierung durch die Hintertür?
  16. Deplatzierte Selbstdarsteller
  17. Rezensionen: Trotz der verheerenden globalen Schräglage: Es gibt sie, die wissenschaftlich fundierten Ermunterer zum kosmopolitischen Widerstand
  18. Zu guter Letzt – Einzelhändler sagen Nein zu „Bild“

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Gegen Putins Propaganda hilft keine Gegenpropaganda
    Die russische Desinformationskampagne, die den Krieg in der Ukraine begleitet, hat Europa kalt erwischt. Nun überlegt die EU, was sie der Propaganda aus Moskau entgegensetzen kann. Die Antwort aber darf nicht Gegenpropaganda heißen. Ein Kommentar.
    Moderne Kriege werden nicht allein mit Waffen, sondern auch mit Worten geführt. Das ist keineswegs neu. Dennoch hat die russische Desinformationskampagne, die den Krieg in der Ukraine von Anfang an begleitete, Europa kalt erwischt. Lange hat es gedauert, bis die Europäische Union das Problem überhaupt erkannt hat. Jetzt, mehr als ein Jahr nach der Annexion der Krim, wird erst einmal ein Aktionsplan erarbeitet, um zu klären, wie sich die EU-Staaten der Desinformationskampagne entgegenstellen können.
    Die Initiative geht auf die Außenminister aus Dänemark, Estland, Großbritannien und Litauen zurück.
    Eine Antwort aus Europa auf diese Herausforderung ist überfällig. Kaum jemand hätte es für möglich gehalten, dass der Kreml mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder in die Werkzeugkiste der Propaganda greifen würde.
    Heute ist bekannt, dass es in Russland Agenturen gibt, deren Mitarbeiter nichts anderes tun, als in sozialen Netzwerken und auf Nachrichtenseiten die öffentliche Debatte im Sinne des Kremls zu beeinflussen. Das russische Staatsfernsehen macht vor, wie sich Fakten bis zur Unkenntlichkeit verbiegen lassen. Der Auslandssender RT wird vom Kreml in diesem „Informationskrieg“ als antieuropäische, antiwestliche Waffe eingesetzt, der Sender macht sich mehr oder weniger geschickt die Politik- und Medienverdrossenheit in Europa zunutze.
    Doch was lässt sich dem entgegensetzen? Die Antwort auf Propaganda darf nicht Gegenpropaganda sein. …
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Albrecht Müller: Es häufen sich die Fälle, dass in westlichen Medien wie hier vom Tagesspiegel beklagt wird, die Russen würden eine maßlose Propaganda zur Begleitung des Krieges in der Ukraine und der Annexion der Krim betreiben. Und außerdem wird beklagt, die Deutschen würden nicht begreifen, dass sie Opfer dieser Propaganda werden.
    Das ist die bekannte Methode „Haltet den Dieb“. Man wirft dem anderen vor, was man gerade selbst kräftig betreibt. Westliche Interessengruppen und Medien haben ein Feuerwerk der Propaganda gegen Russland entfaltet und es so schon weitgehend geschafft, Russland zum Verursacher der Ukraine Krise abzustempeln. Um die eingetretene Gegenaufklärung/Gegenpropaganda unwirksam zu machen, behauptet man nun, die Gegenseite, die Russen hätten das Bild mit Propaganda verfälscht, sie betrieben eine Desinformationskampagne.
    Der Tagesspiegel Artikel von Claudia von Salzen ist ein solcher Versuch. Von ähnlichem Charakter war ein Artikel des Historikers Gerd Koenen in der Zeit.
    Vielleicht ist es sinnvoll, die Propagandamaschinerie des Ostens und des Westens zu vergleichen, wenn wir schon auf diese Ebene der Auseinandersetzung zurückkehren wollen. Ein paar skizzenhafte Hinweise:
    Zu den „Putin-Verstehern“, also zur Propagandamaschinerie, vor der der Tagesspiegel warnt, gehören zum Beispiel: Frau Krone-Schmalz, Gast bei Talkshows, aber ohne eigene Talkshow; Scholl-Latour = tot; Die Anstalt des ZDF; Teile der NachDenkSeiten und gelegentlich Telepolis und noch ein paar andere, unter anderem die von Russland gesteuerten/finanzierten Sender wie RTDeutsch.
    Aber was ist das im Vergleich zu den Batterien von Kämpfern bei ARD, beim ZDF und den kommerziellen Sendern, bei der Süddeutschen Zeitung, bei der Bild-Zeitung, bei der Welt, bei der FAZ, bei der Zeit, beim Tagesspiegel und vor allem dpa mit seiner Breitenwirkung auf Regional- und Lokalzeitungen.
    Angesichts dieser Kräfteverhältnissen die Behauptung in die Welt zu setzen, die westliche Propaganda müsse erst anfangen, ist sehr mutig. Das kann man sich als Journalistin nur leisten, wenn man ganz sicher ist, in ein Feld der Propaganda eingebaut zu sein und von dieser aufgefangen zu werden.
    Was die russische Propaganda mit eigenen Mitteln wie RT Deutsch betrifft, sollte man vielleicht einmal zur Kenntnis nehmen, dass nahezu jeder weiß, dass diese Öffentlichkeitsarbeit von Russland bezahlt ist, und sie deshalb einordnen kann. Von vielen früheren und heutigen Propagandainstrumenten des Westens und der USA wissen wir das nicht. Man kann davon ausgehen, dass zum Beispiel die Mehrheit der Deutschen die Rolle des gerade von Normen Birnbaum in seiner Kolumne zitierten „Monat“ nicht kannte. Und die Mehrheit der Deutschen kennt auch nicht die Verflechtung einflussreicher Journalistinnen und Journalisten im ideologischen Netz des Westens.
    Es gibt in der westlichen Berichterstattung so viele Lücken, unabsichtliche und absichtlich herbeigeführte Lücken der Information, dass man sich zusätzliche Quellen der Information dringend wünschen muss. Wir bräuchten ein gutes und informatives RT Deutsch oder etwas ähnliches. Wir bräuchten auch ein gutes arabisches Medium in Europa und in Deutschland. – Die bisher erkennbare Stigmatisierung der russischen Medien bis hin zu Erwägungen zum Verbot, wie sie in dem Tagesspiegel Artikel erwähnt und – immerhin – zurückgewiesen werden, zeugt von der einseitigen Sicht unseres Informationsbedarfs. Und auch davon, dass die stigmatisierenden Stellen und Personen wie die Autorin des Tagesspiegel- Artikels sich eher als Teil des Propagandagewerbes denn als Informationsmittel verstehen.

  2. Lauter schwarze Nullen – Deutschlands fatale Rolle in der europäischen Schuldenkrise
    Wenn das Reichwerden oder Reichbleiben da-von abhinge, dass man versteht, was Geld ist und wie es in unseren Zeiten funktioniert, müssten die meisten Deutschen längst verarmt sein. In der Kommunikation über Wirtschaftsfragen im Allgemeinen und über Geld im Besonderen äußert sich hierzulande fast nur Unverstand. Besonders deutlich wird das, wenn Positionen zur Staatsverschuldung, zur Eurokrise und zur Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) bezogen werden. Die Flutung der Euro-Finanzwelt mit billigen Krediten, die Tatsache also, dass die EZB – beginnend bei den oberen Klassen – Geld unter die Leute bringen will, sieht man in Deutschland nicht als Verteidigung des Euros, sondern als Angriff auf dessen Stabilität. Man wittert Inflation, selbst wenn gleichzeitig die Preise sinken.
    Eine gängige Erklärung für diese verzerrte Wahrnehmung lautet “German Angst”. Wegen der Hyperinflation der frühen 1920er Jahre hätten die Deutschen eine tief sitzende, über Generationen vererbte Angst vor der Inflation. Deshalb hegten sie Misstrauen gegen alles, was die zahlungsfähige Nachfrage durch Schuldenmachen stärkt.
    Aber da heutzutage kaum noch Leute leben, die über die Hyperinflation berichten können, dürfte der Schatten der Vergangenheit keine ausreichende Erklärung für die Popularität der “schwarzen Null” hergeben.
    Einleuchtender ist eine aktuellere Erklärung: Die deutsche Wirtschaft ist dank ihrer Exportstärke relativ glimpflich aus der großen Finanzkrise herausgekommen, und ohne eine schwere Fiskalkrise wie in anderen Ländern. Daraus entsteht die Haltung: Uns geht es gut, und würden die anderen alles genauso machen wie wir, ginge es ihnen auch gut.
    Diese Haltung ist, mit dem gegenwärtigen wirtschaftlichen Erfolg im Rücken, verständlich. Aber sie verhindert die Frage, ob der deutsche Weg aus der Krise verallgemeinerbar ist, ob er also auch dann ein Ausweg wäre, wenn sich alle Länder die Deutschen zum Vorbild nähmen. Die Antwort ist mit großer Sicherheit: Nein. Doch dazu später.
    Wem es gut geht, der hat nicht viel Anlass, nachzudenken. Das deutsche Steuervolk hat sich ohne großes Murren die Kosten einer sehr, sehr teuren Bankensanierung aufladen lassen. Von den sich als Global Players aufspielenden Banken blieben etliche – darunter per EU-Ukas privatisierte Landesbanken – auf der Strecke; andere wurden wieder auf den Boden der nationalen Ökonomie zurückgeholt, allen voran die Deutsche Bank.
    Quelle: Le monde diplomatique

    Anmerkung JK: Ein exzellenter Beitrag, den sich alle Exportfetischisten hinter die Ohren schreiben sollten.

  3. Angela Merkels teurer Irrweg
    Glaubt man 95 Prozent aller Kommentare zur Lage in Europa, dann gibt es ein paar tausend Dinge, die in diesem Europa gerade schiefgehen. Von der Korruption in Griechenland über die Bürokratie in Frankreich und die laxe Steuerdisziplin in Italien bis zur Unfähigkeit eines großen Landes, seinen Hauptstadtflugplatz zu bauen: Die Liste institutionellen Versagens scheint unendlich lang zu sein. Wer Europa retten will, muss Zeus, Herkules und Sisyphus zugleich sein.
    Das aber ist grandioser Unsinn! Es gibt einen einzigen Vorgang, mit dem man alle scheinbar unerklärlichen Phänomene ohne Weiteres erklären kann. Europa versucht, unter der geistigen Führung Berlins, seine Probleme exakt auf die gleiche Weise zu lösen wie Deutschland. Die deutsche Lösung hieß, man mag es so oft drehen und wenden, wie man will: Lohnsenkung.
    Die Logik der Lohnsenkung zwischen Ländern ist genau die gleiche wie zwischen Unternehmen. Ein Unternehmen allein kann damit seine Lage verbessern. Das ist das ganze Geheimnis der deutschen Agendapolitik vom Beginn des Jahrhunderts. Senken aber alle Firmen die Löhne zugleich, geht es schief. Senkt nur ein Unternehmen die Löhne, bleibt seine eigene Nachfrage intakt, denn die Nachfrage der eigenen Arbeitnehmer, deren Einkommen gesunken ist, spielt in der Regel keine entscheidende Rolle. Senken jedoch alle Unternehmen die Löhne, sinkt bei allen Unternehmen sofort die Nachfrage, weil ja alle Arbeitnehmer unmittelbar mit einer Einschränkung ihrer Ausgaben reagieren.
    Quelle: Heiner Flassbeck im Freitag
  4. Griechenland
    1. Auch die EZB hat Schuld an dem Desaster
      Trifft die Kritik der Blockupy-Aktivisten an der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht zu, wie viele Kommentatoren nach dem Aktionstag in Frankfurt zu bedenken gaben? Für »taz«-Chefredakteurin Ines Pohl beispielsweise ist der Fall klar. Für sie ist die EZB »das falsche Ziel. Denn sie hat in den vergangenen Jahren wenig falsch und viel richtig gemacht.« Und Jan Seidel aus dem ARD-Hauptstadtstudio assistiert: »Die EZB flutet gerade die Märkte mit Geld und senkt die Zinsen, damit sich unsere mehr oder weniger revolutionären Freunde in allen Teilen Europas billig finanzieren können und erst einmal nicht so dringend sparen müssen! Was – bitte – soll daran falsch sein?«
      Dabei ist bereits die Frage falsch gestellt, denn die eine Blockupy-Kritik gibt es nicht. So ist die EZB für das an der Organisation von Blockupy direkt beteiligte kommunistische »Ums Ganze«-Bündnis »ein wesentlicher Pfeiler des Politischen in der politischen Ökonomie des europäischen Kapitalismus«. Die Zentralbank stütze das Austeritätsregime, »und selbst wenn die EZB ihren Kurs irgendwann zugunsten der ärmeren EU-Länder ändern würde«, so der Demoaufruf der Gruppe, »wäre dies noch längst nicht das Ende des kapitalistischen Imperativs einer so endlosen wie irren Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Im Gegenteil. Die EZB wäre auch dann immer noch eine der wesentlichen Stützen kapitalistischer Staatspolitik in Europa, nur eben einer anderen, sozialdemokratischen, deren ›Erfolg‹ sich – mit den bekannten Kollateralschäden – ebenso auf dem Weltmarkt beweisen muss. Ein gutes Leben für alle ist nur zu haben, wenn dieser Pfeiler zerschlagen wird.«
      Ganz anders klingt die Kritik des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac oder der Linkspartei, die ebenfalls bei Blockupy vertreten sind. Sahra Wagenknecht (LINKE), die als Rednerin auf dem Frankfurter Römer auftrat, geißelte die Erpressung insbesondere Griechenlands durch die EZB. Und auch dieses weniger radikale Argument, das mehr auf eine veränderte Politik als auf eine Revolution abzielt, ist kaum von der Hand zu weisen. Zwar verkündete EZB-Chef Mario Draghi Anfang März ein milliardenschweres Aufkaufprogramm europäischer Staatsanleihen, jedoch mit dem Hinweis, Griechenland sei davon ausgenommen, solange es keine überprüfbaren Reformschritte unternehme. Was selbstverständlich auch als Warnung etwa an Spanien zu verstehen ist, wo der Widerstand in Form der linken Partei Podemos ebenfalls Chancen auf baldige Machtübernahme hat.
      Quelle: neues deutschland
    2. Was Roosevelt Europa raten würde
      Das kleine Griechenland ist zurzeit der große Katalysator in der politischen und konzeptionellen Schlacht zwischen neoliberaler Austeritätspolitik und humanorientierter Alternative. Die Gläubiger Griechenlands, die Troika von Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF und vor allem die deutsche Regierung bestehen auf der Fortsetzung ihrer gleichermaßen antisozialen wie ökonomisch sinnwidrigen Politik. Ihre Sparpolitik bewirkt im gesamten EU- und Euroraum eine hartnäckige Stagnation – das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone wuchs 2014 nur um 0,8 Prozent.
      In Griechenland wurde die Austeritätspolitik besonders rigoros durchgesetzt. Das Resultat ist desaströs: Erhöhung des griechischen Haushaltsdefizits von 107,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Vorkrisenjahr 2007 auf 174,7 Prozent 2014 und Anstieg der Arbeitslosenquote in diesem Zeitraum von 8,3 auf 26,3 Prozent. Mehr als 50 Prozent der Jugendlichen sind arbeitslos, rund drei Millionen Griechen haben keine Krankenversicherung. Das marktradikale Antikrisenkonzept der europäischen Machteliten hat das als ökonomisches Lebenselixier beschworene Wachstum eher abgewürgt als gefördert und schon gar nicht in ökologische Bahnen gelenkt. Vor allem hat es in millionenfache menschliche Katastrophen geführt.
      Diese Grundkonstellation ist nicht neu. Im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts hatten in den USA und Europa das realitätsferne Festhalten des Establishments an dem Dogma der Selbstheilungskräfte des Marktes und die Ablehnung jeder staatlichen Verantwortung für die Wohlfahrt der Bevölkerungsmehrheit in die bis dahin größte ökonomische und soziale Krise des Kapitalismus geführt, in die Weltwirtschaftskrise 1929/32.
      So wie gegenwärtig die herrschenden Kräfte in Europa unbelehrbar ihre Politik am Wohlwollen oder an der Missbilligung durch »die Märkte« orientieren, das heißt an den Interessen internationaler Finanzimperien und transnationaler Konzerne, verhielt sich zu Beginn der 1930er Jahre auch der republikanische Präsident Hoover.
      Quelle: neues deutschland
    3. Die Anstalt: Und plötzlich ist der Spaß vorbei
      In nur einem Jahr hat sich »Die Anstalt« im ZDF zum würdigen Nachfolger des »Scheibenwischers« früherer Jahre gemausert. Das zeigt besonders die Dienstagsausgabe zwischen Anteilnahme und Zynismus. Thema: Griechenland.
      Satire? Politische zumal? Und dann auch noch im Fernsehen? Mausetot, sagen da viele Zuschauer, besonders jene mit grauem Haar, die noch mit Dieter Hildebrand groß geworden sind, vielleicht gar Wolfgang Neuß nach dem Krieg oder davor Werner Finck, dem unerreichten Hitler-Widersteher, dessen feiner Sprachwitz bis heute den Verdacht nährt, politischer Humor bedürfe zwingend der Tyrannei als Gegnerin. Da mag es durchaus sein, dass die deutsche Satire ohne echte Schlachtfelder – ob heiße oder kalte – zurzeit bloß zum Heulen ist. Umso erstaunlicher, wenn darin echte Tränen fließen. Ergriffene Tränen, keine der Freude.
      Doch genauso könnte es am Dienstagabend kommen, wenn Claus von Wagner und Max Uthoff zur nächsten Ausgabe ihrer »Anstalt« bitten. Vor einem Jahr zur Rettung des Kabaretts am Bildschirm erschienen, traten die zwei Bayern aus dem Kernschatten vom »Scheibenwischer« oder der Ostberliner »Distel«, traten somit ins tiefe Loch, das die abtretende Garde ostwestkonfliktsozialisierter Komiker gerissen hatte und siehe da – zum Heulen ist es selten, was die beiden Nachwuchskräfte um die 40 seither abliefern. Außer diesmal.
      Denn ganz zum Schluss, als schon der Abspann einer Sendung droht, die sich fast ausnahmslos ums Thema Griechenland dreht, da gibt ein grauhaariger Mann am Tisch einer Kulissentaverne den Moderatoren einen Ouzo aus. Sekunden zuvor haben sich die zwei Komiker über die deutsche Weigerung gerechtfertigter Reparationszahlungen ausgelassen, da gibt ihnen jener Argyris Sfountouris, der als letzter Überlebender eines nie entschädigten Massakers der Wehrmacht im Dörfchen Distomo als Schwarzweißbild den Flachbildschirm im Rücken ziert, einen aus. Und kaum dass er sich vorstellt, tritt Schweigen ins Studio. Zuschaueraugen werden glasig. Der Spaß ist vorbei. Kabarett kann halt auch ohne Krieg bierernst sein
      Quelle: ND
    4. Spiegel strickt mit an der Dolchstoßlegende gegen die Regierung Tsipras
      “Griechenlands Finanzen: Reformblockade reißt neues Milliardenloch in den Haushalt“, titelt Spiegel online heute. Damit reiht sich das Boulevard-Magazin – ein Nachrichten-Magazin kann man den Spiegel und seine Online-Ausgabe seit langem nur noch sehr bedingt nennen – nahtlos ein in den Stoff, aus dem die neue Dolchstoßlegende für Griechenland gestrickt ist…Angehängt werden soll die miserable Verfassung des Staatshaushalts nicht etwa den “Reformen”, der Austeritätspolitik (Senkung der Staatsausgaben, Lohnkürzungen, Abbau von Arbeitnehmerrechten) also, und den für sie verantwortlichen PolitikerInnen, sondern, suggeriert der Spiegel mit seiner Überschrift, umgekehrt: die Weigerung der Regierung Tsipras, jene “Reformen” einfach so fortzusetzen, wie es die Vorgänger-Regierungen auf Geheiß der EU-Kommission, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) taten, wäre verantwortlich für neue Haushaltslöcher.
      Wie die offizielle Statistik jedoch zeigt ist das Wachstum der griechischen Volkswirtschaft unverändert negativ. Das kleine reale Plus im zweiten und dritten Quartal vergangenen Jahres haben wir frühzeitig als Ergebnis der Deflation entlarvt …. Nach den zuletzt ausgewiesenen, vorläufigen Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung war im vierten Quartal 2014 auch das reale Wachstum negativ. Die Deflation lag in dem zuletzt ausgewiesenen Monat Februar 2015 bei -2,2 bzw. -1,9 Prozent.
      Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
  5. Großinvestor Soros – Milliarden-Investition in der Ukraine
    Der bekannte amerikanische Großinvestor Soros plant offenbar eine Milliardeninvestition in der Ukraine. Allerdings braucht es dafür politische Unterstützung seitens der USA und der EU, bekräftige der Großinvestor.
    Voraussetzung für sein Engagement sei jedoch eine Unterstützung von den USA und der EU, sagte er der österreichischen Tageszeitung „Standard“ vom Montag.
    „Ich stehe bereit. Es gibt konkrete Investitionsideen, zum Beispiel in der Landwirtschaft oder bei Infrastrukturprojekten. Ich würde eine Milliarde Dollar hineinstecken. Dabei muss Gewinn entstehen.“
    Diese Erträge kämen dann seiner Stiftung zugute. „Aber privates Engagement braucht politische Führungsstärke. Der Westen, USA und EU gemeinsam, sollten sagen: Wir machen, was nötig ist, unterhalb der Schwelle eines militärischen Konflikts und immer im Rahmen des Minsker Abkommens“, sagte Soros.
    Der Investor gilt als Größe in der internationalen Finanzbranche. Er gründete seinen Ruhm Anfang der 1990er Jahre mit erfolgreichen Marktwetten gegen das Britische Pfund. Das Magazin „Forbes“ schätzt sein Vermögen auf 24 Milliarden Dollar.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung JK: Man sollte dabei nicht unerwähnt lassen, dass Soros über seine Stiftung »Open Society« den Umsturz in der Ukraine nach Kräften unterstützt hat.

  6. Schumanns unbeantwortete Fragen
    Der Journalist Harald Schumann hat mit seinem Film über die Troika wieder ein starkes Stück investigativen Journalismus abgelegt. Im Zuge der Recherchen haben EZB und EU-Kommission die Beantwortung seiner Fragen verweigert. Die EU-Kommission hatte ihm die Antworten sogar zweimal zugesagt und dann doch der Mut verlassen.
    Nachdem er im Film die Verweigerung der Antworten beklagte, habe ich Harald Schumann angerufen und nun seine Fragen als schriftliche Abgeordneten-Fragen eingereicht. Dabei habe ich mein Kontingent für elektronisch einreichbare Fragen überschritten und musste – heilige Bürokratia! – die Fragen persönlich einreichen, was ich mit Vergnügen gemacht habe.
    Hier dokumentiere ich die Fragen und bin nun gespannt auf die Antworten!
    Quelle: Sven Giegold
  7. Hartz IV
    1. Wenn Hartz IV zum Tode führt
      Ein Ehepaar, das in der vergangenen Woche tot in seiner Wohnung in Oberpframmern gefunden wurde, ist sehr wahrscheinlich Opfer seiner Armut geworden. Einen Bericht der Online-Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge berichtet Nachbarn, dass dem Paar der Strom abgestellt wurde, da sie ihre Stromrechnungen nicht mehr bezahlen konnten. Die Eheleute sind an den Folgen einer Vergiftung durch die Abgase eines Notstromaggregats gestorben, dass sie in ihrer Not in der Wohnung aufgestellt hatten. Beide waren auf Hartz IV-Leistungen angewiesen.
      Vermutlich wurden die Abgase des Notstromaggregats nicht aus der Wohnung geleitet, so dass sich zunehmend mehr giftiges Kohlenmonoxid in den Räumen ansammelt haben muss. Da das Gas geruchs- und geschmacklos, wird es häufig nicht bemerkt. Nicht selten sterben Menschen mit einer Kohlenmonoxidvergiftung im Schlaf. So könnte es auch im Fall der 53-jährige Frau und des 59-jährigen Mann aus Oberpframmern gewesen sein. Ihr Tod erschüttert die Menschen im Ort zu tiefst. Denn offenbar führten die prekären finanziellen Verhältnissen, in denen das Paar lebte, dazu, dass der Strom abgestellt und aus Verzweiflung das Notstromaggregat aufgestellt wurde.
      Die Kriminalpolizei Erding konnte die Gerüchte aber bisher nicht bestätigen. Eine Stromsperre wäre nicht Gegenstand der Ermittlungen. „Das fällt in den rein zivilrechtlichen Sektor, damit hat die Polizei nichts zu tun”, erläutert Pressesprecher Reinhold Buchner gegenüber der Zeitung.
      Quelle: gegen hartz

      Dazu die Meldung der SZ: Paar stirbt an Kohlenmonoxid-Vergiftung
      Der erste Verdacht hat sich bestätigt: Die zwei Menschen, die im oberbayerischen Oberpframmern tot in ihrer Wohnung aufgefunden wurden, sind an den Abgasen eines Notstromaggregats gestorben.
      Quelle: SZ

      Anmerkung JK: Interessant, dass in der Meldung der SZ mit keinem Wort erwähnt wurde, dass die Opfer Hartz-IV-Bezieher waren.

    2. Bundesagentur spart an Hilfen für Langzeitarbeitslose
      Die Job-Center der Bundesagentur für Arbeit (BA) verwenden immer mehr Finanzmittel, die eigentlich für Qualifizierungen und andere Fördermaßnahmen von Langzeitarbeitslosen vorgesehen sind, zur Deckung ihrer Verwaltungskosten.
      Von den 3,1 Milliarden Euro, die im “Eingliederungstitel” der BA bereitstanden, wurden im Jahr 2014 mehr als eine halbe Milliarde Euro oder fast 15 Prozent in die Verwaltungsbudgets der Job-Center umgeschichtet. Das geht aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor. “Das ist ein Negativrekord”, kritisierte Grünen-Politikerin Brigitte Pothmer.
      Tariflohnerhöhungen, steigende IT- und Heizkosten führten in den Job-Centern zu höheren Verwaltungskosten. Das dafür vorgesehene Budget wurde in den vergangenen Jahren jedoch eingefroren. Die Job-Center griffen deshalb zunehmend auf den Eingliederungstitel zurück. Das ist ihnen erlaubt, weil Verwaltungs- und Eingliederungstitel gegenseitig deckungsfähig sind.
      Quelle: Rheinische Post
  8. Mindestlohn: „Gesetz ohne Arbeitszeiterfassung ist ein totes Gesetz“
    Im Interview zieht DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell nach drei Monaten Mindestlohn eine Zwischenbilanz. Die Klagen der Unternehmen bezeichnet er als „Witz“, viele Firmen versuchen den Mindestlohn weiterhin zu umgehen.
    Herr Körzell, die Arbeitgeberverbände und Teile der Union verlangen Änderungen am Mindestlohngesetz, weil insbesondere Kleinbetriebe unter kleinteiligen Aufzeichnungspflichten zu ersticken drohten. Ist das Gesetz ein bürokratisches Monster?
    Körzell: Ich empfinde diese Klagen mit Verlaub als reichlich lächerlich. Der Vorwurf der bürokratischen Überforderung bezieht sich auf die Dokumentation der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit, die schon seit langem nach dem Arbeitszeitgesetz und dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz vorgeschrieben ist. Durch den Mindestlohn ist lediglich noch einmal die Notwendigkeit deutlich geworden, die Arbeitszeit festzuhalten. Man kann nun mal nicht einen Mindestlohn auf Stundenbasis zahlen, wenn keiner die Stunden zählt. So einfach ist das.
    Für kleine Betriebe nicht, sagen die Arbeitgeber. Die Kneipe um die Ecke zum Beispiel sei überfordert, wenn sie jede Minute Arbeit jedes Kellner und jeder Küchenhilfe aufzeichnen müsse.
    Körzell: Auf dem Bon wird jede servierte Cola mit Uhrzeit und Preis belegt. Und da soll es nicht möglich sein, die Arbeitszeit der Bedienung festzuhalten? Das ist doch ein Witz.
    Quelle: Mitteldeutsche Zeitung
  9. Riester – der Renditekiller
    Eine private Absicherung für jedermann sollte das Riester-Sparen sein. Jetzt wird über Alternativen nachgedacht – etwa das schwedische Modell einer kostengünstigen, obligatorischen…
    Mit der Riester-Förderung wollte der Staat den Menschen helfen, die Rentenlücke zu schließen. Doch die Riester-Anlagen lohnen sich für viele nicht. Was nun?
    Carola B. spart seit neun Jahren mit einem Riester-Fondssparplan. Ihre Rendite: Knapp 1,8 Prozent pro Jahr. Weil Carola B. über 50 Jahre alt ist, befinden sich in ihrem Riester-Depot vor allem Staatsanleihen, sie hat also vom Boom der Aktienmärkte in den vergangenen Jahren kaum profitiert. Hätte sie in der zurückliegenden Dekade ihr Geld in einen deutschen Aktienfonds angelegt, könnte sie im Schnitt auf eine Rendite von 6,8 Prozent pro Jahr zurückblicken – nach Kosten. Ein passives Investment in den Deutschen Aktienindex Dax hätte sogar mehr als neun Prozent pro Jahr abgeworfen. Und selbst mit Rentenfonds wären es 5,5 Prozent gewesen.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung JK: Langsam müsste es doch durchgedrungen sein, die Riester-Rente war und ist ein Programm ausschließlich zur Profitmaximierung der Finanzindustrie.

  10. Die GEW hat das Angebot eines Tarifvertrages für die angestellten Lehrkräfte zurückgewiesen
    Die Arbeitgeber wollen die Bezahlung der bundesweit 200.000 angestellten Lehrkräfte weiterhin diktieren. Mit 30 Euro Zulage im Monat für einzelne Lehrergruppen wollten sie uns zudem das Streikrecht abkaufen”, erklärte GEW-Verhandlungsführer Andreas Gehrke…”
    Quelle: Pressemitteilung der GEW vom 28.03.2015

    Siehe dazu weitere Informationen im Dossier von LabourNet

  11. T-Mobile Policy Violated Labor Law, Judge Rules
    A National Labor Relations Board judge ruled on Wednesday that the employment policies of the wireless carrier T-Mobile violated United States labor law by restricting workers’ ability to organize and other rights, setting a potentially important precedent for unions.
    Some of the policies in question prevented workers from communicating with one another about wages, from speaking to the news media about workplace conditions and from speaking with co-workers to marshal evidence against disciplinary charges.
    Over all, Administrative Law Judge Christine E. Dibble found that 11 of the 13 policies subject to the litigation were illegal.
    Quelle: New York Times

    Anmerkung aus LabourNet: T-Mobile gerichtlich verurteilt – die Liste von BRD-Unternehmen, die die Arbeitsgesetze der USA brechen, wird immer länger
    Volkswagen: Will keine Debatten im Betrieb, Gewerkschaft schon gar nicht. T-Mobile auch nicht. Andere sparen wir uns jetzt hier. BRD-Unternehmen als Vorhut der Antigewerkschaftlichen Politik der US-Südstaaten ist inzwischen fast schon üblich – Heuschrecken eben, wie der Genosse Müntefering bestimmt nicht sagen würde. Normal ist es ja heutezutage, dass BRD-Unternehmen etwa in Ländern wie der Türkei an vorderster Stelle demokratische Rechte mit Füßen treten. In den USA auch. Da regt sich selbst die konservativ-neoliberale New York Times auf. Der Artikel “T-Mobile Policy Violated Labor Law, Judge Rules” von Noam Scheiber am 19. März 2015 in der New York Times jedenfalls, sagt genau das: T-Mobile ist Gesetzesbrecher

  12. Sturmgewehr G36 trifft schlecht
    Ausgerechnet das Standardgewehr der Bundeswehr hat massive Mängel. Nicht alle der 176.000 Gewehre nutzt die Bundeswehr selbst – mehrere Tausend G36 gingen zuletzt an die Peschmerga für den Kampf gegen die IS-Miliz…
    „Das G36 hat offenbar ein Präzisionsproblem bei hohen Temperaturen, aber auch im heißgeschossenen Zustand“, erklärte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Montag…
    Die Bundeswehr hat seit 1996 vom Hersteller Heckler & Koch 176.000 G36 gekauft…
    Heckler & Koch erkenne „keine durch die Bundeswehr ermittelten Negativergebnisse zum Gewehr G36 an, die sich auf eine vermeintlich fehlende Tauglichkeit des Sturmgewehrs zum vorgesehenen Gebrauch beziehen“, hieß es weiter…
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Wie würden Sie sich gegenüber dem Hersteller eines Autos verhalten, das sich nicht richtig lenken lässt? Sie würden vermutlich das Auto zurückgeben und zumindest den Kaufpreis zurück verlangen. Autokonzerne rufen Millionen von Fahrzeugen zurück, wenn ein Fehler festgestellt wurde. Nicht so das Verteidigungsministerium: Man verschrottet die fehlerhaften Gewehre und kauft neue (womöglich bei derselben Waffenschmiede). Es ist ja nur das Geld des Steuerzahlers, das hier vergeudet wird.
    Dabei gäbe es jetzt die Chance Gewehre zu Pflugscharen zu schmelzen.
    Und warum hat das eigentlich seit fast 20 Jahren niemand beanstandet?
    Siehe dazu schon „Aufklärung nach Art des Hauses

  13. Vor den Ostermärschen – Krieg der Friedensfreunde
    Kurz vor den Ostermärschen erreicht der Streit in der Friedensbewegung einen neuen Höhepunkt. Es ist ein offener Machtkampf.
    Ausgangspunkt war unter anderem ein taz-Interview von Mitte März, in dem der langjährige Friedensaktivist Monty Schädel gefordert hatte, die „Friedenswinter“-Kampagne umgehend zu beenden und nicht wie geplant bis zum Mai fortzuführen. In dem Interview hatte Schädel der Mahnwachenbewegung vorgehalten, nicht klar genug gegen rechte und nach rechts offene Positionen vorzugehen. Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), deren politischer Geschäftsführer Schädel ist, gehört zu den großen und wichtigen Friedensorganisationen in Deutschland….
    Auf einer Mahnwache hatte Jebsen schließlich Schädel attackiert, ihn als „Querfrontler“ und „Feind“ bezeichnet und behauptet, Schädel sei „gekauft von der Nato“. In der Rede hatte Jebsen auch gesagt, Rechtsradikale seien „das kleinste Problem in diesem Land“.
    Der Dachverband der deutschen Friedensgruppen, die Kooperation für den Frieden, distanzierte sich daraufhin von Jebsen und erklärte ihre Solidarität mit Monty Schädel…
    Bei der Auseinandersetzung geht es nicht allein um die Frage, wie anfällig die Bewegung für rechtspopulistische Parolen ist. Eine maßgebliche Rolle spielt vor dem Hintergrund der Ukrainekrise auch die Frage, wie russlandhörig, -freundlich oder -kritisch die verschiedenen Friedensbewegten sich geben.
    Quelle: Martin Kaul in der taz
  14. Parteispenden
    1. CDU – Verschleierte Spenden auch aus Hessen
      Mehr als zwei Millionen Euro Parteispenden sind im Wahljahr 2013 verschleiert worden, berichtet abgeordnetenwatch.de. Ein Großteil der bisher nicht deklarierten Spenden kam aus Hessen.
      Auch größere Parteispenden würden legal verschleiert, indem die Beträge gestückelt und auf mehrere Spender verteilt würden. Einzelne Teilspenden müssten bloß unterhalb der Veröffentlichungsgrenze von 50.000 Euro liegen. Nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de flossen auf diese Weise im Jahr 2013 insgesamt mehr als zwei Millionen Euro an die Parteien.
      Knapp eine halbe Million Euro kam dabei aus dem Umfeld der in Frankfurt ansässigen Deutschen Vermögensberatung AG und ging an die CDU, wie die Organisation am Sonntag mitteilte. abgeordnetenwatch.de beruft sich dabei auf zuvor veröffentlichte Rechenschaftsberichte der Parteien.
      Über den Mutterkonzern, mehrere Tochterfirmen und den 2014 verstorbenen Firmengründer Reinfried Pohl aus Marburg seien im Wahljahr 2013 insgesamt 493.000 Euro an die Christdemokraten geflossen. Eine Spende von 110.000 Euro an die CDU schreibt abgeordnetenwatch.de der Kronbergerin Ann Kathrin Linsenhoff zu.
      Quelle: hr
    2. Unternehmen und Privatpersonen verschleierten im Wahljahr 2013 zwei Mio. Euro Parteispenden
      Unternehmen, Lobbyverbände und wohlhabende Privatpersonen haben nach abgeordnetenwatch.de-Recherchen im Wahljahr 2013 mehr als zwei Millionen Euro an Parteispenden verschleiert. Die Zuwendungen wurden in mehrere Teilzahlungen gestückelt, die unterhalb der Veröffentlichungsgrenze liegen. Allein die CDU erhielt 1,5 Millionen Euro an bislang unbekannten Großspenden – ein Drittel davon aus dem Umfeld eines einzigen Konzerns, der enge Beziehungen zur Union unterhält.
      Quelle: abgeordnetenwatch.de
    3. Rechenschaftsberichte: Wer finanzierte den Wahlkampf 2013?
      Achtzehn Monate nach der Bundestagswahl liegen endlich die Rechenschaftsberichte der Parteien vor. Sie geben zumindest etwas mehr Auskunft darüber, welche Unternehmen, Verbände und Einzelpersonen den letzten Bundestagswahlkampf mit Spenden unterstützten. Wie schon in den vergangenen Jahren erhielten wieder die Unionsparteien die meisten Spenden. Doch es bleiben viele Fragen offen, denn selbst nach der Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte ist ein Großteil der Einnahmequellen der Parteien undurchsichtig.
      In Wahljahren fließen traditionell mehr Spenden als in anderen Jahren. Einige Großspenden aus 2013 wurden bereits bekannt, da Spenden über 50.000 Euro zeitnah veröffentlicht werden müssen. Nach der Bundestagswahl sorgten etwa die Spenden der BMW-Eigentümerfamilie Quandt/Klatten für große Empörung. In den heute veröffentlichten Rechenschaftsberichten werden mehr als 18 Monate nach der Bundestagswahl nun auch Spenden über 10.000 Euro öffentlich. Doch auch damit ist die Herkunft von 66 Prozent der Spendensumme von Unternehmen und Verbänden für das Jahr 2013 unbekannt. Die Spenden bleiben intransparent, weil sie jeweils unter der Veröffentlichtungsschwelle von 10.000 Euro liegen.
      Den Bürgerinnen und Bürgern werden so weiterhin wichtige Informationen über die Herkunft der Parteispenden vorenthalten. Vor allem in Wahljahren ist es für Wählerinnen und Wähler wichtig zu wissen, wer die Parteien mit welchen Summen finanziert und ob hohen Spenden möglicherweise politische Taten folgen. Eine intransparente Wahlkampffinanzierung ist einer Demokratie unwürdig. Bundesregierung und Bundestag müssen dringend die Transparenzregeln für die Parteienfinanzierung verschärfen. Wir fordern, dass Spenden ab 2.000 Euro in den Rechenschaftsberichten angezeigt werden. Ab 10.000 Euro sollten sie sofort veröffentlicht werden.
      Quelle: LobbyControl

      Anmerkung JK: Langsam kann man sich nicht mehr des Eindrucks erwehren, dass die „marktkonforme“ Demokratie nur noch eine große Inszenierung ist. Mit allerdings inzwischen nur noch drittklassigen Schmierendarstellern.

  15. Privatisierung durch die Hintertür?
    Die Universität zu Köln will mit der Einführung eines “Executive Master of Business Administration” (EMBA) eine eigene Business School gründen. Der Studiengang richtet sich an Berufstätige und soll 46.000 Euro kosten. Studierende fürchten eine schleichende Privatisierung der Hochschule…
    Die WiSo-Fakultät an der Kölner Uni wäre nicht die erste, die Weiterbildungsangebote für Berufstätige anbietet. Den EMBA-Abschluss kann man zum Beispiel auch an der RWTH Aachen erlangen, an der Mannheim Business School oder an der Frankfurt School of Business. Und in Köln bietet die Cologne Business School berufsbegleitende Studiengänge an….
    Quelle: Jennifer Rieger in Campus und Karriere im DLF

    Anmerkung WL: Es müsste genauer heißen Einführung des Bezahlstudiums durch die Hintertür. Funktionell privatisiert sind die Hochschulen mit dem Leitbildwechsel zur „unternehmerischen Hochschule“ schon längst. Sie werden über den Wettbewerb um die Einwerbung von Drittmittel in der Forschung und durch den Wettbewerb um Studierende über die Zuteilung von Mitteln aus dem Hochschulpakt gesteuert.
    Und sie werden von Managementstrukturen vergleichbar einem privaten Wirtschaftskonzern mit einer starken (oftmals autokratischen) Hochschulleitung und einem Aufsichtsrat (Hochschulrat) gelenkt.

  16. Deplatzierte Selbstdarsteller
    Nach dem Flugzeugabsturz in den französischen Alpen reisten Politiker an den Unglücksort. Die Berechtigung derartiger PR-Stunts muss jedem vernünftig denkenden Menschen fragwürdig erscheinen.
    11.36 Uhr war es, als am Dienstag die ersten Meldungen über den Flugzeugabsturz in den französischen Alpen über die Ticker der Nachrichtenagenturen liefen. Noch am Nachmittag flogen der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier und sein Kabinettskollege, Verkehrsminister Alexander Dobrindt, nach Marseille. Von dort reisten sie an den Unglücksort weiter, um sich im Lagezentrum über den Stand der Dinge informieren zu lassen.
    Tatsächlich muss die Berechtigung derartiger Reisen jedem vernünftig denkenden Menschen fragwürdig erscheinen: Glaubten Merkel, Hollande und Rajoy allen Ernstes, sie könnten durch ihre Anwesenheit irgendetwas zu den Bergungsarbeiten oder zur Aufklärung der Unglücksursache beitragen? Wohl kaum. Eher dürfte es so sein, dass der Besuch der Politiker vor Ort Kräfte gebunden hat – und damit störte.
    Doch angemessene Beileidsbekundungen, an deren Aufrichtigkeit zu zweifeln kein Grund besteht, sind etwas anderes als politischer Katastrophentourismus. Handelt es sich bei Ersteren um eine Selbstverständlichkeit, offenbart sich in Letzterem ein seltsames, geradezu vordemokratisches Staatsverständnis: als müssten Staats- und Regierungschefs bei Bergungsarbeiten eine Führungsrolle demonstrieren wie mittelalterliche Fürsten, die an der Spitze ihrer Heere ins Feld zogen.
    Quelle: Basler Zeitung

    Anmerkung JK: Eine derartige kritische Reflektion zur politischen Instrumentalisierung dieses tragischen Unglückes ist den deutschen „Qualitätsmedien“ inzwischen fremd. Stattdessen wurde ein kaum mehr zu ertragender Medienrummel um den Absturz des Germanwings Airbus und den schrecklichen Tod von 150 Menschen inszeniert. Jede noch so kleine Nebensächlichkeit wurde aufgeblasen und breitgetreten, mit Informationsvermittlung und Aufklärung hatte das alles nichts mehr zu tun. Ein weiterer Beleg für das inzwischen katastrophale Niveau der deutschen „Qualitätsmedien“.

  17. Rezensionen: Trotz der verheerenden globalen Schräglage: Es gibt sie, die wissenschaftlich fundierten Ermunterer zum kosmopolitischen Widerstand
    Jean Ziegler, Thilo Bode, Naomi Klein – drei weltbewegende Autoren befassen sich in ihren neuen Büchern mit den unheilen Strukturen des kapitalistischen Wachstumswahns.
    Quelle: Marianne Bäumler in Der Blog der Republik
  18. Zu guter Letzt – Einzelhändler sagen Nein zu „Bild“
    Vor drei Wochen haben wir hier ein Interview mit Winfried Buck veröffentlicht, der in seinem Hamburger Kiosk seit fünf Jahren keine „Bild“-Zeitung mehr verkauft. Inzwischen gibt es noch mehr Verkaufsstellen, die sich dazu entschlossen haben, „Bild“ aus dem Sortiment zu nehmen.
    Quelle: BILDblog

    Anmerkung JK: Ein Beispiel, dass angesichts der rassistischen Hetzkampagne der BILD gegen Griechenland in den vergangenen Wochen, Schule machen sollte. Man darf nicht vergessen, die Springer-Medien sind nach wie vor die wichtigsten Propagandainstrumente der herrschenden Elite.


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