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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 2. Januar 2008 um 9:37 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern ein gutes, gesundes und zufriedenstellendes Neues Jahr!
Wir wünschten uns, dass wir Sie auch im Jahr 2008 begleiten dürfen.

  1. Tellerwäscher bleibt Tellerwäscher
    Das Versprechen von der Durchlässigkeit der Klassen und der sozialen Mobilität der Marktwirtschaft bleibt für die Meisten, die in der Falle der Armut stecken, nur ein leerer Traum
    Ähnlich wie in Deutschland und anderen Ländern wächst nicht nur die Kluft zwischen den Armen und Reichen, sondern erstarrt gleichzeitig auch die soziale Mobilität. Der Glaube an diese Mobilität, also dass es möglich ist, von ganz unten nach oben – vom Tellerwäscher zum Millionär – aufzusteigen und es keine systemimmanente Blockade wie etwa im Feudalismus gibt, hat in kapitalistischen Staaten dazu beigetragen, eine relative soziale Ruhe zu garantieren. Das Motto: Wer es nicht schafft, ist selber schuld. Schließlich ist angeblich jeder seines Glückes Schmied.
    Quelle: Telepolis
  2. Unternehmer klagen über zu hohe Lohnkosten in Deutschland. Einer volkswirtschaftlichen Analyse hält dieses Gejammer nicht stand
    In weiten Kreisen von Öffentlichkeit und Politik dominiert seit Jahrzehnten die von Arbeitgeberseite lancierte Auffassung, in Deutschland seien die Lohnkosten und die Gewinnsteuern zu hoch und die Kapitalrentabilität zu niedrig. Dies seien die Ursachen der hohen Arbeitslosigkeit. Diese Meinung ist die böse Mutter aller jüngeren »Reformen« der Sozialversicherungszweige, des Arbeitsrechts, der Arbeitsmarktpolitik und aller Gewinnsteuersenkungen. Denn sie alle haben das erklärte Ziel, die Arbeitskosten zu senken, die Beitragssätze zu begrenzen und die Gewinne zu steigern. Bei den Arbeitskosten je geleisteter Arbeitsstunde liegt die Bundesrepublik im europäischen Mittelfeld. Da das Land bei der Arbeitsproduktivität jedoch innerhalb der Weltspitze liegt, ist sein gesamtwirtschaftliches Lohnstückkostenniveau, das ist das Verhältnis von Lohn zur Produktivität, niedriger als das aller großen Industrienationen, wie USA, Japan, Großbritannien oder Frankreich.
    Über den gesamten Zeitraum von 1950 bis heute spielte sich in Westdeutschland ein geradezu verblüffender Gleichklang von Reallohn und Produktivität ein. Ab Mitte der 90er Jahre blieben allerdings die Reallöhne hinter der Produktivität zurück, mit der Folge stark steigender Gewinne. Diese Lohnzurückhaltung war größer als bei allen anderen großen Wirtschaftsnationen, in denen sich – trotzdem oder gerade deswegen – die Beschäftigung besser entwickelte.
    Quelle: junge Welt
  3. Wunschzettel der Arbeitgeber: Keine Mindestlöhne, mehr Atomkraft!
    Die vier größten deutschen Wirtschaftsorganisationen haben einen 17 Punkte umfassenden Forderungskatalog an die Bundesregierung für 2008 vorgelegt. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) sprechen sich einhellig gegen Mindestlöhne in Deutschland, für einen leichteren Zuzug hoch qualifizierter ausländischer Arbeitnehmer und für eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken aus.
    Quelle: BILD.de am Sonntag

    Anmerkung WL: Eigentlich das Übliche: Erbschaftssteuer-, Unternehmenssteuer und Sozialbeiträge senken, Bürokratieabbau, keine Mindestlöhne etc. Interessanter ist was fehlt: Keine Lockerung des Kündigungsschutzes, den braucht man wohl angesichts der Zunahme der Leiharbeit nicht mehr. Keine Lockerung des Flächentarifvertrags etwa durch betriebliche Bündnisse, da scheint der Lokomotivführerstreik in den Knochen zu stecken.

  4. Aus dem Lot
    In Branchen wie dem Einzelhandel funktioniert das wichtigste Kampfinstrument der Gewerkschaften nicht mehr richtig. Der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gelingt es nur begrenzt, mit einem Arbeitskampf Druck auf Unternehmer auszuüben.
    Quelle: FR
  5. Rürup fordert staatliche Mindestrente
    Rürup begründete seinen Vorstoß mit den “Problemen”, die das derzeitige System der Grundsicherung im Alter aufwerfe. Weil diese Leistung nicht höher als die Sozialhilfe sei und mit anderen Einkünften verrechnet werde, gebe es für Geringverdiener keinerlei Anreize zur Eigenvorsorge: “Wenn jemand damit rechnet, im Alter auf die Grundsicherung angewiesen zu sein, ist es individuell durchaus rational, nicht privat vorzusorgen.”
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung J.R.: Und wenn nicht privat vorgesorgt würde, könnten Rürups Werbepartner, die privaten Rentenversicherer, ihre Umsätze und Renditen nicht mehr steigern

  6. Kinderarmut: Es reicht nicht
    Reiches Deutschland, arme Kinder: Jedes sechste Kind unter 15 Jahren in Deutschland lebt in Armut. Aber wie fühlt sich das an, arm sein? Arme Kinder leben im Monat von 208 Euro: Diese Summe ist pro Kind als Regelsatz in sogenannten Hartz-IV-Familien vorgesehen. Die Kosten für Schulmaterial zum Beispiel werden mit 1,76 Euro angesetzt, Spielzeug mit 86 Cent. Im Monat.
    Für Armut gibt es in Deutschland zwei Hauptursachen: Arbeitslosigkeit und viele Kinder. Betroffen sind Familien und Alleinerziehende, die den Spagat zwischen Arbeit und Kind nicht schaffen. “Das ist ganz schlimm, wenn du dir nichts leisten kannst und immer nur zugucken musst”, sagt der 14-jährige Mathias aus Opladen, der bei seiner Mutter lebt. Er spricht für viele. Auch wenn die Eltern eine Arbeit haben, reicht das Geld oft nicht mehr. Die Einkommen der ärmsten Deutschen sind seit 1992 um 13 Prozent gesunken.
    Die Einführung des von Ursula von der Leyen gefeierten “Elterngelds” bedeutet eine weitere Zumutung für arme Familien. Das neue Elterngeld aber wird nur zwölf Monate lang gezahlt. “Begünstigt werden hier nur doppelt erwerbstätige und beruflich erfolgreiche Paare”, sagt der Potsdamer Verwaltungswissenschaftler Stefan Fuchs. Einkommensschwache Familien profitieren eben nicht von den höheren Sätzen, die sich am Gehalt bemessen. “Nur neun Prozent der Antragsteller bekommen ein monatliches Elterngeld von über 1000 Euro und mehr”, sagt Fuchs.
    Quelle: stern
  7. Masse schlecht bei Kasse
    In Deutschland entwickeln sicht die Einkommen weiter zugunsten der ohnehin Reichen. WSI-Bericht bestätigt den allgemein gefühlten Trend
    Quelle: junge Welt
  8. Friedhelm Hengsbach über Gerechtigkeit: “Korrekturen reichen nicht”
    Es werden nur überfällige Korrekturen an der Agenda 2010 vollzogen und das lediglich unter der Überschrift: Wir revidieren nicht, sondern perfektionieren die Agenda.
    Die öffentliche Meinung und die Bundesregierung müssen darauf hinwirken, dass die Arbeitnehmer mit den Arbeitgebern auf gleicher Augenhöhe verhandeln. Das war in den vergangenen Jahren nicht mehr der Fall, unter anderem weil etliche konservative Politiker darauf gedrängt haben, die Tarifauseinandersetzungen auf die betriebliche Ebene zu verlagern. Und die Macht der Unternehmer ist dermaßen gewachsen, dass eine gerechte Verteilung der unternehmerischen Wertschöpfung nicht mehr möglich war.
    Quelle: FR
  9. Sinn: Der dümmste Spruch des Jahres
    Jeder muss von seiner Hände Arbeit leben können. Es darf nicht sein, dass Firmen ihre Geschäftsmodelle darauf aufbauen, dass der Staat den niedrigen Lohn, den sie zahlen, noch aufstockt. Firmen, die es nicht schaffen, einen auskömmlichen Lohn zu zahlen, brauchen wir nicht.” Das sind Sprüche aus den vergangenen Monaten, denen vermutlich zwei Drittel der Deutschen zustimmen. Aber es sind die dümmsten Sprüche des Jahres. Sie verwechseln Wunsch und Wirklichkeit.
    Quelle: SZ

    Statt einer Anmerkung: Die 1,9-Millionen-Saga
    Der Ökonom Hans-Werner Sinn warnt davor, dass Mindestlöhne fast zwei Millionen Jobs kosten könnten. Doch die Rechnung ist zweifelhaft.
    Quelle: Die Zeit

    Siehe dazu auch:

    Peter Bofinger: Lieber verblödet die Gesellschaft
    In fast allen anderen europäischen Ländern liegt der Mindestlohn zwischen sieben und acht Euro. Da würde er sich auch in Deutschland einpendeln. Dann könnte der Alleinstehende davon leben. Wer Kinder hat und den Mindestlohn verdient, kann nirgendwo seine Familie ernähren. Er oder sie brauchen Zuschüsse vom Staat, deshalb die negative Einkommenssteuer.
    Der Staat kann mit einem Dreisprung die Globalisierung fairer gestalten: Erstens durch allgemeinverbindliche Mindestlöhne. Zweitens mit einer Art negativer Einkommenssteuer, die vor allem für Erwerbstätige mit Kindern dafür sorgen muss, dass sie ihre Existenz sichern können. Und drittens mit hohen Bildungsinvestitionen, damit es künftig möglichst wenige Geringqualifizierte und viele Globalisierungsgewinner gibt.

    Die Bundesbank hat gerade erst berechnet, dass die Personalkosten an den gesamten Ausgaben der Unternehmen nur noch 16,5 Prozent ausmachen. Lägen die Löhne heute fünf Prozent höher, wäre das deutsche Exportprodukt gerade ein Prozent teurer. Da die Industrie recht locker die mehr als zehnprozentige Aufwertung des Euro zu verkraften scheint, kann ich mir nicht vorstellen, dass etwas höhere Löhne einen großen Effekt auf die Wettbewerbsfähigkeit gehabt hätten.
    Quelle: FR

  10. Jüngere Arbeitslose: Niederlande streichen Anspruch auf Sozialhilfe
    Junge Erwachsene im Alter bis zu 27 Jahren haben in den Niederlanden künftig grundsätzlich keinen Anspruch mehr auf Sozialhilfe. Dies hat die niederländische Mitte-links-Regierung jetzt beschlossen. Außerdem werden die Gemeinden des Landes verpflichtet, jüngeren Arbeitslosen künftig einen Arbeitsplatz, eine berufliche Ausbildung oder eine Kombination von beidem anzubieten. Wird dieses Angebot ausgeschlagen, erlischt der Anspruch auf Sozialhilfe. Die Regierung will erreichen, dass die Gemeinden die Gelder, die sie so in den Sozialhilfeetats einsparen können, in das erweiterte Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen stecken.
    Quelle: FAZ.Net
  11. Wie viel Staat braucht das Land?
    Privatisierung und Liberalisierung – diese Schlagworte standen einmal für mehr Wettbewerb bei Bahn und Post, bei Energieversorgern und Kommunalbetrieben. Doch nicht immer sind die Leistungen billiger und besser geworden. Bei vielen Politikern hat deshalb ein Umdenken begonnen.
    Quelle: SPIEGEL-ONLINE

    Anmerkung Roger Strassburg: In diesem mehr oder weniger kritischen Bericht findet man natürlich auch die typischen SPIEGEL Sticheleien, wie z.B., “…auch die jetzige Bundesregierung sträubt sich und baut neue Wettbewerbshürden wie den Mindestlohn auf”. Ja natürlich, der Mindestlohn ist nur eine Wettbewerbshürde. Aber was hat ein Unternehmen für eine Daseinsberechtigung, das nur deshalb wettbewerbsfähig ist, weil es von seinen Mitarbeitern verlangt, für einen Hungerlohn zu arbeiten? Das ist nichts Anderes, als eine Selbstbereicherung auf Kosten anderer.

  12. US-Management-Experte Peter Drucker: Jenseits des Kapitalismus
    Ich bin für den freien Markt. Obwohl er nicht allzu gut funktioniert, aber nichts funktioniert besser. Aber ich habe ernsthafte Vorbehalte über einen Kapitalismus als ein System, denn es vergöttert die Wirtschaft als wäre sie alles und das Ziel alles menschlichen Strebens. Das ist völlig eindimensional gedacht.
    Quelle: New Perspectives Quarterly [PDF – 116 KB]
  13. Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher: »Bürger sollten sich gegen die Gaspreise wehren«
    Amtliche Statistiken weisen nach, dass der Preis für den Gasbezug aus dem Ausland im Jahr 2007 sogar gesunken ist. Weil die Verbraucherpreise dennoch angehoben wurden, haben die Gasversorger ihren Gewinn um drei Milliarden Euro erhöht.
    Quelle: junge Welt
  14. Die Macht des Stromquartetts
    Die vier deutschen Stromkonzerne verfügen über eine enorme Marktmacht. Das unterfüttert eine aktuelle Studie im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen mit umfangreichen Zahlen: Danach haben Eon, RWE, EnBW und Vattenfall den deutschen Endkundenmarkt zu mehr als 80 Prozent in der Hand, wenn man all jene Stadtwerke und Regionalversorger mitzählt, an denen einer der vier Großen beteiligt ist. Die Konzerne haben inzwischen Einfluss auf 40 Prozent aller regionalen Stromversorger, das sind 282 Unternehmen.
    Haushalte mussten 2006 rund 50 Prozent mehr für ihren Strom bezahlen als im Jahr 2000 – wobei nur der geringere Teil der Mehrbelastung staatlich bedingt ist. Die Industriestrompreise sind seither sogar um 58 bis 77 Prozent gestiegen.
    Quelle: taz
  15. Gegner der Vorratsdatenspeicherung reichen Verfassungsbeschwerde ein
    Die Gegner der Massenspeicherung von Internet- und Telefonverbindungsdaten haben am 31.12.07 beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde gegen das von Neujahr an rechtskräftige Gesetz eingereicht. Das teilt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in Karlsruhe mit. Außerdem beantragen die Kritiker, die Datensammlung wegen “offensichtlicher Verfassungswidrigkeit” durch eine einstweilige Anordnung sofort auszusetzen. Für die Beschwerde lägen Vollmachten von rund 30.000 Bürgern vor, hieß es. Die Beschwerde wäre damit die größte in der Geschichte der Bundesrepublik.
    Quelle: heise online
  16. Überwachung wird weiter verschärft
    Bundespräsident unterzeichnete Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Kritik kam vom Datenschutzbeauftragten der Bundesregierung, Peter Schaar. Der sieht die gesetzlichen Hürden bei der Vorratsdatenspeicherung deutlich niedriger als oft behauptet. So dürften die erfaßten Daten auch bei minderschweren Straftaten verwendet werden, wenn diese mit Hilfe der Telekommunikation begangen worden seien, sagte er in einem AP-Interview. Zudem dürften Geheimdienste auch ohne Richtervorbehalt darauf zugreifen, während die IP-Adressen sogar Ordnungsämtern und Steuerfahndern offenstünden.
    Quelle: junge Welt
  17. Robert von Heusinger: Alle Banken verstaatlichen?!
    Banken dürfen einfach nicht pleite gehen, sonst bricht das System zusammen. Deshalb haben alle Banken, ob öffentlich oder privat eine Art Garantie des Staates. Diese Staatsgarantie bewahrt sie vor dem Untergang, der ja das ganze kapitalistische System mit sich risse.
    Weil Banken diese Garantie besitzen, handelt es sich bei ihnen um keine normalen Unternehmen. Deshalb werden sie ja schon recht kräftig reguliert. Doch die aktuelle Krise zeigt, sie sind viel zu lasch reguliert worden. Solange alles gut geht, beuten die Banken ihre Garantie aus und zocken, was das Zeug hält. Davon legen Eigenkapitalrenditen jenseits der 20 Prozent eindrücklich Zeugnis ab. Reale Renditen von sechs oder sieben Prozent sind die Norm, alles was darüber hinaus geht, kann nur mit enormen Risiko erkauft werden – auch das hat die Krise uns vor Augen geführt.
    Was also tun? Zulassen, dass die Banken die Allgemeinheit ausbeuten? Hohe Renditen für ihre Aktionäre erwirtschaften und unappetitliche Gehälter ihren Angestellten zahlen, und wenn’s eng wird die Öffentlichkeit haften lassen? Oder sollte man sie nicht besser verstaatlichen, oder so regulieren, dass sie implizit verstaatlicht sind, weil sie ja auch eine implizite Garantie des Staates besitzen?
    Quelle: Zeit-Blog “Herdentrieb”
  18. «Der Dollar muss weiter sinken»
    Die US-Wirtschaft fällt nächstes Jahr mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit in eine Rezession, sagt Martin Feldstein, Harvard-Professor und Präsident des National Bureau of Economic Research, dem wichtigsten privaten Instituts für Wirtschaftsforschung in den USA.
    Der Dollar hat sich gegenüber den Hauptwährungen in den letzten sechs Monaten abgeschwächt. Trotzdem sitzen wir noch auf einem Handelsbilanzdefizit, das zwar kleiner geworden ist, aber doch fünf Prozent des Bruttoinlandprodukts beträgt. Meine Definition einer schwachen Währung ist ein Wechselkurs, der zu einem Handelsbilanzüberschuss führt. Darum muss der Dollar weiter fallen, damit die US-Wirtschaft konkurrenzfähiger wird. Sonst werden wir weiterhin hohe Handelsbilanzdefizite haben.
    Quelle: NZZ
  19. Rüstungsexporte: Stetig aufwärts
    Die beiden großen christlichen Kirchen werfen der Bundesregierung den Bruch von EU-Standards zur Ausfuhr von Kriegswaffen vor. Mit der Genehmigung umfangreicher Lieferungen von Militärgütern in Spannungsgebiete und in Länder, in denen die Menschenrechte verletzt werden, verstoße Berlin gegen einen EU- Verhaltenskodex aus dem Jahr 1998, erklären Vertreter der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) anlässlich der Vorstellung ihres diesjährigen Rüstungsexportberichts. Der GKKE zufolge haben die Ausfuhrgenehmigungen für deutsche Rüstungsexporte im Jahr 2006 den Rekordwert von rund 7,7 Milliarden Euro und damit die Spitzenposition in ganz Europa erreicht. “Ungeachtet aller Schwankungen auf dem Weltrüstungsmarkt entwickelt sich der deutsche Rüstungsexport stetig aufwärts”, resümiert die GKKE. Die Lieferung deutscher Militärgüter an Armutsstaaten hat sich in den vergangenen vier Jahren sogar vervierfacht. Berlin bemüht sich weiter um weltweite Aufrüstung. Erst vor wenigen Wochen hat das Bundesverteidigungsministerium in einer “Erklärung zu nationalen wehrtechnischen Kernfähigkeiten” zugesagt, die Ausfuhr deutscher Kriegswaffen in Zukunft noch intensiver als bisher zu fördern.
    Quelle: German-Foreign-Policy.com
  20. Im Strudel der Gefängnisindustrie
    Die Vereinigten Staaten von Amerika sind Weltmeister. Zumindest was den Strafvollzug angeht. Von den 288 Millionen Bürgern der USA befinden sich in diesem Augenblick 2.2 Millionen Menschen im Gefängnis. Das ist unangefochten Weltspitze. Da können Schurkenregime wie Iran oder Nordkorea nur vor Neid erblassen: In den USA kommen auf 100.000 Bürger 737 Strafgefangene (Stand: Ende 2005). Putins Russland ist mit 607 Strafgefangenen auf Hunderttausend Zweiter. Die Bronzemedaille geht an Kuba mit 487 Gefängnisinsassen. Bescheiden nehmen sich da geradezu die 98 Strafgefangenen aus, die in Deutschland im Jahre 2004 auf je Hunderttausend Einwohner kamen.
    In den USA befindet sich ein großer Teil der Gefängnisse bereits vollständig in der Hand privater Security-Konzerne.
    In Deutschland hat im expandierenden privaten Gefängnisgeschäft die britische Sicherheitsfirma Serco die Nase vorn. Im hessischen Hünfeld steht bereits ein privat von Serco betriebenes Gefängnis. Die deutsche Verfassung erweist sich noch als Investitionshemmnis. Das Grundgesetz legt nämlich fest, dass nur der Staat als Gewaltmonopolist Menschen ihrer Freiheit berauben darf. Das hat man schlau umgangen. Um die tägliche Hege und Pflege der Gefangenen kümmern sich private Dienstleister. Disziplinieren dürfen die Gefangenen jedoch nur staatliche Beamte.
    Mit ähnlicher Rechtskonstruktion werden Privatknäste in Burg (Sachsen-Anhalt), Offenburg und im niedersächsischen Bremervörde gebaut. In Waldeck bei Rostock hat ein privates Konsortium bereits 1996 ein komplettes Gefängnis gebaut, das vom Land Mecklenburg-Vorpommern geleast wird, und dem Land in dreißig Jahren ganz gehören soll. Zu Löhnen, wie sie sonst nur noch in China gezahlt werden, produzieren die Insassen nützliche Waren des täglichen Lebens, und machen damit der deutschen Möbelindustrie Konkurrenz.
    Quelle: Telepolis
  21. EU-Reformvertrag? Diktaturverfassung!
    Karl Albrecht Schachtschneider, emerierter Professor für öffentliches Recht an der Universität Erlangen-Nürnberg, nennt den “Reformvertrag” beispielsweise eine Diktaturverfassung:

    Genau genommen schafft der neue Artikel 33 Absatz 6 des Verfassungsvertrages über die EU eine Diktaturverfassung. Er ermächtigt den europäischen Rat, die Staats- und Regierungschefs mit dem Präsidenten der Kommission, dem Präsidenten des Rates die gesamten Regelungen eines bestimmten Teils, die gesamten innenpolitischen Regelungen, die Wirtschaftsverfassung, die Sozialverfassung, die Währungsverfassung, aber auch die Verbraucherregelungen, die Umweltregelungen und den gesamten Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Das ist das Polizeirecht und das Strafrecht und viele andere Bereiche mehr. Praktisch die gesamten Politikbereiche außer der Außenpolitik ganz oder zum Teil zu ändern. Nur durch Beschluss. Das Europäische Parlament wird dabei nur angehört, die Mitgliedsstaaten müssen nach ihren Verfassungen zustimmen, aber das bedeutet nur, dass die Regierungschefs zustimmen müssen. Nach der Regelung ist es völlig klar, dass die nationalen Parlamente an diesem Verfahren nicht beteiligt werden.

    Quelle: Mein Parteibuch Blog

  22. Van Rossum: Kritik an der Tagesschau: Diese Suppe soll die Welt sein?
    Nach seinem bösen Buch über das neoliberale Palaver in der Talkshow “Sabine Christiansen” (2004) hat er sich diesmal die Tagesschau vorgenommen, den Quoten-Stolz der ARD schlechthin. Und wie: die Tagesschau ist laut van Rossum schlicht eine Desinformationssendung. Eine “Objektivitätsinszenierung”, die sich jeden Tag wieder selbst herstellt als ihre eigene Verlängerung und die “die Welt unbegreiflich macht”. Und so poltert van Rossum los, kritisiert die “Simulation demokratischer Öffentlichkeit” und “irre Sprachregelungen” im “Premiumbereich der Affirmation”. Er liefert eine Reportage aus der Tagesschau-Zentrale, gibt den Sound der Konferenzen wieder. Er macht sich über die Tagesthemen-Kommentare lustig (“dümmlich”, “trostlos”, “pompös”). Und er nimmt eine Ausgabe der Nachrichtensendung (6. Dezember 2006) im Detail auseinander, verfolgt bestimmte Themen aber auch über eine längere Phase. Etwa den Konflikt um Irans Atomprogramm: Wer den in der Tagesschau verfolge, habe “auch nach sieben Jahren Berichterstattung keine Chance zu begreifen, was es denn mit diesem Atomprogramm auf sich hat. Da wird ständig nur wiederholt, dass die unter Verdacht stehen”, sagt der Autor. “Das ist hochideologisch und hochproblematisch.” Ähnlich sei es mit dem Irak-Desaster. Das komme eigentlich nur vor “als Angelegenheit der USA, als Problem, das die Amerikaner mit dem Irak haben”. Immer wieder würden Bilder von Attentaten gezeigt und von Menschen, die grimassierend in den Straßen protestieren. “Das Material wird vertont vom Korrespondenten, der in Kairo sitzt. So kann man nicht begreiflich machen, was im Irak läuft.
    Quelle: FR
  23. Buchhinweis: Frank Überall: Der Klüngel in der politischen Kultur Kölns
    Der „Kölner Klüngel“ ist bislang noch nicht grundlegend wissenschaftlich aufgearbeitet worden. Der Kölner Journalist und Politologe Dr. des. Frank Überall hat sich daran gewagt und seine Dissertation zu dem Thema geschrieben. Diese spannende, gut zu lesende Darstellung erscheint soeben im Bouvier Verlag als Sachbuch und ist ab 7. Dezember 2007 im Handel.
    Die Arbeit von Frank Überall beleuchtet neben dem Klüngel auch die aktuelle Gemeindeordnung in NRW, die Frage von Privatisierungen öffentlicher Unternehmen und die aktuelle Korruptionsforschung. Für die lokale Berichterstattung in Köln dürften auch die zahlreichen Fall-Diskussionen interessant sein. Neben zahlreichen Intensiv-Interviews mit prominenten Kölnern – u.a. Konstantin Neven DuMont, Wilfried Pastors (Bild), den Partei- und Fraktionsvorsitzenden sowie Verbandsvertretern – hat Überall auch eine repräsentative Umfrage in Kölns Stadtrat durchgeführt.
    Quelle: kluengel.net


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