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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 12. März 2008 um 9:14 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Hessische und schleswig-holsteinische Vorschriften zur automatisierten Erfassung von Kfz-Kennzeichen nichtig
    Die Verfassungsbeschwerden mehrerer Kraftfahrzeughalter gegen polizeirechtliche Vorschriften in Hessen und Schleswig-Holstein, die zur automatisierten Erfassung der amtlichen Kfz-Kennzeichen ermächtigen, waren erfolgreich. Die beanstandeten Regelungen genügen nicht dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit, da sie weder den Anlass noch den Ermittlungszweck benennen, dem die Erhebung und der Abgleich der Daten dienen sollen. Darüber hinaus genügen die angegriffenen Vorschriften in ihrer unbestimmten Weite auch dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit nicht. Sie ermöglichen schwer wiegende Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen, ohne die für derart eingriffsintensive Maßnahmen grundrechtlich geforderten gesetzlichen Eingriffsschwellen hinreichend zu normieren.
    Quelle 1: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts
    Quelle 2: Die Entscheidung

    Anmerkung: Wir haben das Bundesverfassungsgericht in vielen Entscheidungen etwa zu den Studiengebühren oder im Hinblick auf das Sozialrecht kritisiert. Bei den bürgerlichen Freiheitsrechten, vor allem bei der informationellen Selbstbestimmung, zeigt jedoch das Gericht der Überwachungsmanie durch den Staat grenzen auf

  2. Alle Jahre wieder: Die Warnung vor dem Hartz IV-Milliarden-Defizit
    Fakten bleiben bei CDU/CSU-Hochrechnung der ersten Abrechnungsergebnisse ausgeblendet 2007 gaben BA und Bund 12,4 Milliarden Euro weniger für „Arbeitslosengeld“ aus als 2005.
    Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) [PDF – 88,2 KB]
  3. 3,2 Millionen Arbeitslose gelten nicht als arbeitslos
    Rund 3,2 Millionen Personen, die derzeit Arbeitslosengeld beziehen, tauchen in der Arbeitslosenstatistik nicht auf. Dies hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Klaus Brandner, jetzt auf eine kleine Anfrage der FDP mitgeteilt. Danach werden ein Viertel der Bezieher von Arbeitslosengeld I, nämlich 286.000 Personen, sowie mehr als die Hälfte aller Empfänger von Arbeitslosengeld II, das sind 2,86 Millionen, nicht als arbeitslos verzeichnet.

    Die FDP-Abgeordnete Claudia Winterstein, Berichterstatterin für den Haushalt Arbeit und Soziales im Bundestags-Haushaltsausschuss, moniert deshalb: “Die Arbeitslosenstatistik sagt nur die halbe Wahrheit.“ Die Regierung verweise stolz auf sinkende Arbeitslosenzahlen, sagte sie dieser Zeitung in Berlin. „Wer aber nur die statistische Arbeitslosigkeit betrachtet, schönt die Bilanz und betrügt sich selbst. 2007 gab es offiziell 3,77 Millionen Arbeitslose, aber 6,34 Millionen Leistungsbezieher.“ Von allen Arbeitslosen erhielten 82 Prozent Geld aus der Arbeitslosenversicherung.
    Quelle: FAZ

  4. Lebensversicherungen: Hohe Renditen, hohe Risiken
    Sie werben mit Renditen von zehn, zwölf, sogar 14 Prozent: Lebensversicherungen aus dem Ausland – etwa aus Großbritannien – bieten ihre Produkte auch auf dem deutschen Markt an. Die können durchaus interessant sein, man sollte jedoch die Risiken im Blick behalten.
    Quelle: wdr
  5. Die IG Metall will notfalls mit Streiks eine neue Altersteilzeit-Regelung durchsetzen
    Beschäftigte müssten auch künftig vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden können und zwar zu “akzeptablen Bedingungen”, fordert Jutta Blankau, Chefin der IG Metall Küste. Gleichzeitig soll so Platz für Jüngere geschaffen werden.

    Bisher können Beschäftigte in allen Branchen ab dem 55. Lebensjahr in Altersteilzeit gehen: Entweder sie übernehmen einen Halbtagsjob – oder sie arbeiten drei Jahre voll weiter und die nächsten drei Jahre bis zur Rente gar nicht mehr. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) stockt ihren Lohn um 20 Prozent auf, wenn die Stelle neu besetzt wird. In der Metall- und Elektroindustrie sieht der Tarifvertrag vor, dass die Arbeitgeber zusätzlich zwölf Prozent drauflegen. Die Förderung der BA läuft Ende 2009 aus, zurzeit grübelt die Koalition, wie eine Nachfolgeregelung aussehen könnte. Ziel der IG Metall ist es nun, dass Beschäftigte künftig nicht schlechter dastehen als heute. Im Klartext: Leute in Altersteilzeit sollen auch künftig mindestens 82 Prozent ihres Lohns erhalten. “Selbst 82 Prozent sind kaum genug”, sagte Oliver Burkhard, IG-Metall-Chef in Nordrhein-Westfalen, der FR. “Den Konflikt müssen wir mit der Politik austragen, aber notfalls auch mit den Arbeitgebern führen.” Jetzt geht es also um die Frage, was die Arbeitgeber künftig zahlen und was die BA.
    Quelle: FR

  6. Ausgedünnte Europäische Verbraucherpolitik
    Rhetorisch und in Grundsatzpapieren klingt die EU-Verbraucherpolitik eigentlich ganz gut – in der Praxis wird sie dann regelmäßig zu einer dünnen Suppe Ein großes verbraucherpolitisches Defizit der EU-Wirtschaftspolitik stellen …die Deregulierungs-, Liberalisierungs- oder genauer: Kommerzialisierungsaktivitäten dar, was gemeinwirtschaftliche bzw. kollektivwirtschaftliche Leistungen anlangt. Die Kommerzialisierung von Post, Telekom, leitungsgebundener Energie und der Eisenbahn, hat insgesamt den Verbrauchern wenig gebracht und auch den dort Beschäftigten nichts genützt. Man sollte sich da von den heute niedrigen Festnetzgebühren nicht täuschen lassen, die hätte der Nationalstaat seiner staatlichen Telekom jeweils auch vorschreiben können, statt Einnahmen daraus zu ziehen.

    Genau in diesem Auseinanderklaffen von Rhetorik (dem Programmatischen) und der schließlich servierten dünnen Suppe liegt der Grund für nationale und übernationale Politikverdrossenheit. Ändern ließe sich daran schon dadurch was, wenn die Akteure in Brüssel die Karten offen auf den Tisch legen würden, man es also ausspräche, dass die Industrielobbies sich dort und da durchgesetzt, dies oder jenes verhindert haben, usw. Zumindest ist es glaubwürdiger, als dünne Suppen nur gut und schön zu reden.
    Quelle: Telepolis

  7. Die stille Renaissance von Keynes
    Wenige Dinge sind in der wirtschaftspolitischen Diskussion in Deutschland so sehr verpönt wie der Keynesianismus und seine Ideen. In der internationalen Makro-Ökonomie hat Keynes jedoch ein heimliches Comeback erlebt. Lesen Sie, was sich hinter dem Neo-Keynesianismus verbirgt – und warum er nichts mit Oskar Lafontaine und Co. zu tun hat.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung AM: Was soll man von einem Artikel halten, der im Vorspann eine reißerische Behauptung enthält (die Bemerkung zu Lafontaine), die dann im Text nicht einmal zu belegen versucht wird. Und was von einem Artikel, der gleich zu Beginn über die Wirtschaftspolitik der sechziger und siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts nur Klischees transportiert? Wenig.

  8. CDU drückt aufs Tempo
    Die Union will, dass die Sozialdemokraten ihre Position zur Bahnprivatisierung klären. Die SPD-Linke ist gegen den Verkauf – ebenso wie die Mehrheit der Bevölkerung.Die Union erhöht den Druck auf den Koalitionspartner SPD, um die umstrittene Bahn-Privatisierung zu forcieren. Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen forderte die Sozialdemokraten am Dienstag auf, ihre Position zu dem Vorhaben so schnell wie möglich zu klären. Wenn die SPD das nicht schaffe, stelle sich die Frage, was sie in der Koalition überhaupt noch hinbekomme. “Sollte die SPD an sich selbst scheitern, so hätten wir kein Problem, das im Wahlkampf zu thematisieren”, sagte Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich. Allerdings lehnt die Mehrheit der Bevölkerung, anders als die Union, den Einstieg privater Investoren in das bundeseigene Unternehmen ab.
    Quelle: taz

    Anmerkung AM: Das wäre ein tolles Wahlkampfthema für die SPD. Die überwiegende Mehrheit ist schließlich dafür, dass die Bahn uns allen gehört. Aber die SPD versteht das nicht und wird der Union auf den Leim gehen – wie Beck schon andeutete. Zum Hintergrund der Verfilzung der CDU mit den Begleitern des Börsengangs siehe hier. (Dort ungefähr in der Mitte des Textes bei „Teilprivatisierung der Bahn“.)

    Ergänzung WL: Die Union, bei der die Privatisierungspläne gleichfalls höchst umstritten sind, treibt die SPD vor sich her. Eine clevere Strategie: aller Ärger kann auf die SPD abgeladen werden und wenn die Vorschläge der SPD den Unionsspitzen (die für eine Privatisierung sind) nicht weit genug geht, kann die Union sie diese Vorschläge scheitern lassen und auch daran wäre dann die SPD schuld. Die SPD als Minenspürhund der Union.

  9. Neue milliardenschwere Geldspritzen
    Die großen Notenbanken greifen den wegen der Finanzkrise angeschlagenen Banken erneut mit milliardenschweren Geldspritzen unter die Arme. Allein die amerikanische Notenbank Fed stellt bis zu 200 Milliarden Dollar zusätzlich zur Verfügung, wie sie am Dienstag in Washington mitteilte. Die Europäische Zentralbank (EZB) bietet weitere 15 Milliarden Dollar an.
    Quelle: FR
  10. Bundesbankpräsident als Oberfalke
    Wegen des Besorgniserregenden Preisanstieges sähe er keinen Spielraum für Zinssenkungen. Die Wirtschaft im Währungsgebiet arbeite nahe der Kapazitätsgrenze, und auch hier zu Lande bestehe kein Anlass für Pessimismus. Die deutsche Konjunktur sei “ausgesprochen gut” ins Jahr 2008 gestartet und erweise sich “gegenwärtig widerstandsfähig genug, um Gegenwind einer schwächeren Weltwirtschaft ohne nachhaltige Blessuren zu überstehen”. Einziger “Wermutstropfen” sei der Teuerungsdruck. Weber rechnet für dieses Jahr mit einem durchschnittlichen Preisanstieg in der Bundesrepublik von 2,5 Prozent.
    Quelle: FR

    Anmerkung: Wenn der Bundespräsident bei 1,4 bis 1,7 Prozent prognostiziertem Wachstum von einer „ausgesprochen guten“ deutschen Konjunktur redet, dann muss man entweder an seinem wirtschaftspolitischen Sachverstand zweifeln oder aber er nimmt bewusst weiter eine hohe Arbeitslosigkeit in Kauf. Der „Teuerungsdruck“ entstand schließlich nicht durch eine überhitzte Nachfrage, sondern durch die Mehrwertsteuererhöhung und durch Oligopolpreiserhöhungen auf dem Energiesektor. Jetzt schon wieder an Bremsmaßnahmen zu denken, ist sachlich nicht zu begreifen. Das hat zuallererst mit der herrschenden Ideologie zu tun. Das geld- und finanzpolitische Denken wird immer noch von einer Gruppe bestimmt, die man die deutschen Chicago Boys nennen muss. Wie 2001 besteht die Gefahr, dass die Bundesbank die nächste Rezession einleitet.

  11. Bestnoten aus Amerika
    Der Standort Deutschland ist für US-Unternehmen so attraktiv wie lange nicht mehr. Die meisten amerikanischen Firmen rechnen hierzulande mit einem weiteren Umsatzplus – und wollen investieren. Auch gegenüber den Niedriglohnländern in Osteuropa holt Deutschland in der Gunst der Amerikaner auf. Deutschland und Osteuropa bei zukünftigen Investitionen in der Gunst der US-Unternehmen mit jeweils 83 Prozent gleichauf. Das gestiegene Vertrauen in den Standort zeigt sich auch beim Thema Verlagerungen. Für viele der in Deutschland tätigen US-Unternehmen sind Outsourcing und Offshoring inzwischen kaum noch ein Thema. Nur 16 Prozent sehen die Lohnkosten als Standortnachteil.
    Quelle: manager-magazin
  12. Müllermilch = Genmilch
    Müllermilch darf von der Umweltorganisation Greenpeace weiterhin Genmilch genannt werden, entschied der Bundesgerichtshof
    Quelle: FR
  13. BILD: Renten-Experten schlagen Alarm. Die heutigen Ruheständler beuten die jüngeren Generationen aus!
    Der US-Forscher Laurence Kotlikoff: „Jede Generation, die älter wird, versucht, die nächste auszubeuten.“
    Die Senioren hätten eine starke Lobby und achteten genau darauf, dass es ihnen nicht schlechter geht. „Darunter leiden alle anderen“, so Kotlikoff in der „Welt“.
    Quelle: Bild.de

    Anmerkung: Nachdem die BILD-Zeitung ihre Kampagne gegen eine Linksregierung in Hessen erfolgreich beendet hat, kehrt das Boulevardblatt zu seiner Dauerkampagne gegen die gesetzliche Rente und für Steuersenkungen zurück. Natürlich auch wieder mit dem Running-Gag der privaten Vorsorge Miegel der voller stolz verkündet: „Die Politik hat in den letzten Jahren mit Reformen reagiert, die Kaufkraft der Rentner sinkt zügig.“ Auch wir können uns angesichts solcher Dauerlügen nur wiederholen: Lesen Sie in unserem Kritischen Jahrbuch 2007 die Kapitel „Wir haben kein demographisches Problem – uns fehlen Arbeitsplätze“ und „Wie die gesetzliche Rente ruiniert wird – zulasten von uns allen“.

    Statt eines neuerlichen Kommentars, lassen wir einen Leser zu Wort kommen:

    Das Bruttosozialprodukt wächst ständig. Die Großen machen jährlich Milliarden Gewinne:
    Allianz 8 Milliarden Euro Gewinn, Nokia 7,2 Milliarden Euro Gewinn, Siemens 6,5 Milliarden Euro Gewinn, Shell 6,7 Milliarden Euro Gewinn, die Banken kassieren täglich 1 Milliarde Euro Zinsen, also 365 Milliarden Euro im Jahr. Die Deutsche Bank, für die Sie nach Wikipedia von 1997 bis 2006 beratend tätig waren, Herr Professor Dr. Miegel, machte 2007 trotz Finanzkrise einen Rekordgewinn: 6,5 Milliarden Euro, 7% Gewinnsteigerung gegenüber dem Vorjahr, usw. usw. Die Volkswirtschaft insgesamt wächst nur die Arbeitseinkommen und Renten schrumpfen. Wenn das Volkseinkommen (Bruttosozialprodukt) gerecht verteilt würde, wäre genug für alle da.

    „Die Höhe der Rente ist keine Frage der Biologie („Wie alt ist die Bevölkerung?”) sondern erstens der Ökonomie („Wie groß ist der erwirtschaftete Reichtum?”) und zweitens der Politik („Wie bzw. auf wen wird dieser Reichtum verteilt?”). Der kontinuierlich steigende Wohlstand muss gerecht auf die Klassen, Schichten und Altersgruppen verteilt werden, damit für alle genug da ist, nicht zwischen Alt und Jung, sondern zwischen Arm und Reich. Wegen des demographischen Wandels müssen keine Beiträge steigen oder die Renten gekürzt werden. Es gibt genug Möglichkeiten, die Rentenkassen zu füllen.

  14. Drehtüreffekt:
    • Grünen-Politikerin wird Chef-Lobbyistin der Zigarettenindustrie
      Keiner kämpft vehementer gegen das Rauchen als die Grünen – nun wird die Ex-Bundestagsabgeordnete Marianne Tritz Geschäftsführerin des Verbandes der Zigarettenindustrie. Sie soll das Image der Tabakfirmen aufpolieren.
      Quelle: Spiegel-online

      Anmerkung: Rezzo Schlauch beim Atomkraftwerkbetreiber EnBW, der Gesundheitspolitiker Matthias Berninger beim Süßwarenhersteller Mars…politische Bestechlichkeit ist eben auch bei den Grünen nur eine Frage der Höhe des Geldes.

    • BaFin: Ex-Aufseher zur Deutschen Bank
      Der Ex-Finanzaufseher der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Helmut Bauer, wechselt zum Branchenprimus Deutsche Bank. Die Konkurrenz ist empört.
      Quelle: manager-magazin
  15. Ivan Nagel: Wahlrecht und Wählerbetrug
    Nur aus den Antworten der SPD-, Grünen- und Linken-Wähler bekäme man endlich Aufschluss darüber, welcher “Wahlbetrug” den Betrogenen lieber bzw. weniger unlieb ist. Gerade diese Frage wird aber verhindert: erstens durch eine beispiellose Hetze der Rechts-Boulevardblätter; zweitens durch eine Verdummungskampagne der Rechts-Mitte-Politiker, die genau wissen (und es eben deshalb nicht sagen), dass es nicht um Becks oder Ypsilantis Wortbruch geht, sondern um Kochs letzte Chance, die verlorenen Wahlen (die CDU büßte 12 Prozent ihrer Stimmen ein) doch noch zu gewinnen.
    Quelle: FR
  16. Metzger bleibt – Seeheimer Kreis jubelt
    Die umstrittene hessische SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger behält ihr Mandat. Das teilte Landeschefin Andrea Ypsilanti am Dienstag nach einer Sitzung der SPD-Landtagsfraktion in Wiesbaden mit. Metzger selbst, die wegen ihrer Ablehnung einer von der Linken tolerierten rot-grünen Minderheitsregierung unter Druck geraten war, erklärte, sie stehe zu ihrer Position. Ihr Mandat behalte sie, weil sie nicht gewählt worden sei, damit sie bei den ersten auftretenden Problemen weglaufe. Schwere Anschuldigungen gegen die eigenen Genossen erhebt zugleich Metzgers Schwiegervater Günther Metzger, früher SPD-Oberbürgermeister in Darmstadt.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung: Man ist immer wieder erstaunt, über die Scheinheiligkeit in den Medien. Der massive Druck von Schröder und Fischer sogar bei der Frage über Krieg und Frieden beim Kriegseinsatz für Afghanistan im Jahre 2001 ausübten, wo den Abgeordneten eine Gewissensentscheidung abgesprochen wurde oder etwa beim Balkaneinsatz, wo der damalige Generalsekretär Franz Müntefering mit offener Einschüchterung auf die Nein-Sager einwirkte, wurde damals von der Presse als mutige Taten gefeiert wurden, und jetzt, wo es um die Abwahl Kochs in Hessen geht, wird eine Abgeordnete, die ein ziemlich weit her geholte Begründung für ihre Entscheidung lieferte, zu Deutschland mutigste und „ehrlichsten Politikerin“ erklärt. Ihr Schwiegervater habe sie beraten erklärte Dagmar Metzger vor Journalisten. Dazu muss man wissen dass Günther Metzger ehemaliger Bundestagsabgeordneter und Darmstädter OB in den 70er Jahren den sog. Metzger-Kreis, einen Vorläufer des Seeheimer Kreises rechter Sozialdemokraten gründete. Die Gewissensentscheidung von Dagmar Metzger in allen Ehren, aber man kann sich vorstellen, welchen Druck da die rechten Seilschaften über ihren Schwiegervater auf sie ausgeübt haben mögen.

  17. Wie die Linkspartei will auch die Katholische Kirche ein anderes Land: eine Moraldiktatur
    Der Vatikan redet … explizit von „sozialen Sünden“ – und das ist eben doch neu. Und brandgefährlich. Hier wird nicht das Individuum verantwortlich gemacht für seine Sünden, sondern das Gemeinwesen. Dementsprechend wäre die Lösung nicht die individuelle Umkehr, sondern eine soziale Revolution.
    Der Linkspartei wird gern unterstellt, sie wolle „eine andere Republik“. Dem Vatikan braucht man das nicht zu unterstellen. Es ist so. Eine Republik, in der die Jagd nach dem Profit verboten ist, wäre keine Marktwirtschaft. Eine Republik, in der „exzessiver Reichtum“ verboten ist, wäre nicht kapitalistisch.
    Quelle: Die Welt

    Anmerkung: Wenn es um den Kapitalismus geht, dann hört der Spaß mit der Religion auf. Lafontaine wird in den nächsten Talk-shows noch öfters mal Papst Benedikt zitieren.

  18. Verlegung des Hauptquartiers der US-Landstreitkräfte in Europa nach Wiesbaden
    Auseinandersetzungen um die Verlegung des Hauptquartiers der US-Landstreitkräfte in Europa nach Wiesbaden (Bundesland Hessen) begleiten die Verhandlungen über die Bildung einer neuen hessischen Landesregierung. Die US Army will im Rahmen ihrer Kriegsvorbereitungen die bisherige Militärleitzentrale in Heidelberg auflösen. Das neue Hauptquartier in der hessischen Landeshauptstadt wird künftig eine von nur wenigen, aber schlagkräftigen US-“Joint Main Operating Bases” sein. Der Standort Wiesbaden spielte bereits während des Irak-Kriegs eine wichtige Rolle. Dort waren unter anderem Einheiten des Heeresgeheimdienstes stationiert, die für Folter an irakischen Gefangenen (Abu Ghraib) verantwortlich sind. Wiesbaden wird nun als Zentrale des Heeresgeheimdienstes ausgebaut. Wie es heißt, spielt das neue US-Hauptquartier bei den Verhandlungen über die künftige Landesregierung in Hessen bislang keine Rolle. Als möglich gilt dort die Wahl einer rot-grünen Minderheitskoalition mit Hilfe der Partei “Die Linke”, deren hessischer Landesverband die US-Militärpläne stets abgelehnt hat.
    Quelle: German-Foreign-Policy

    Anmerkung: Vielleicht einer der Hintergründe für die so massiv geführte Pressekampagne gegen die Linke in Hessen und gegen eine mögliche Tolerierung von Ypsilanti.

  19. Krieg und Lügen
    Amerikanische Studie: Keine Verbindungen zwischen Saddam Hussein und al-Qaida; neue Schätzungen: Der militärische Einsatz im Irak kostet derzeit 12 Milliarden Dollar im Monat Mehr als 600.000 irakische Dokumente, also alles, was man an relevanten Papieren seit der Invasion 2003 in die Hände bekommen hat, hat man akkurat durchgekämmt – und keinen Beweis dafür bekommen, dass Saddam Husseins Regierung irgendwelche operative Verbindungen zum al-Qaida-Netzwerk hatte. Dies ist kein Ergebnis der Recherche von besonders sorgfältig arbeitenden Enthüllungsjournalisten, die ein etwas exzentrisches Timing pflegen, sondern Resultat einer Studie, die vom Pentagon finanziert wurde.

    Der mit fehlerhaften ideologischen Annahmen unternommene und mit falschen Behauptungen legitimierte militärische Einsatz im Irak kostet die USA laut neueren Berechnungen des Wirtschaftswissenschaftlers Stieglitz in diesem Jahr 12 Milliarden Dollar im Monat, womit dreimal soviel Geld verbrannt werde wie in den Anfangsjahren.
    Quelle: Telepolis

  20. Eine Ich-AG namens Student
    Als Unternehmer in eigener Sache investieren sie in Bildung, um später, auf dem Arbeitsmarkt, Kapital daraus zu schlagen. Hier ist der Ursprung der Studiengebühren in Deutschland zu finden: in einer Welt der Wertäquivalenzen und Verrechenbarkeiten. Die Höhe der Studiengebühren wurde dabei völlig willkürlich festgesetzt. Jene 500 Euro, die in den meisten Gebühren-Bundesländern erhoben werden, haben – wie bereits gezeigt – keine fiskalische Begründung. Es handelt sich um einen mehr als symbolischen Kostenbeitrag, wie auch die heute an den Universitäten praktizierte Bewertungsökonomie als hypersymbolisch zu verstehen ist.

    Der Kundenaspekt allein hätte noch nicht die existenzielle Tragweite für die Studierenden, wie sie durch die Kombination von Gebühren mit neuen Studienordnungen entsteht. Durch das Bachelor-Master-System wurde das Studium stark verschult. Die starren jährlichen Leistungsvorgaben reduzieren mögliche Lebensweisen auf eine einzige Norm: Pauken ohne Freiraum und ohne Experimentiermöglichkeit. Studiengebühren sind vor allem eine wirkungsvolle Disziplinarmaßnahme.
    Quelle: taz

  21. Entdemokratisierung der Hochschule
    Unis opfern Studierende und Chancengleichheit für einen Wettbewerb um Exzellenz, Forschung und Autonomie. Was bleibt, sind überfüllte Hörsäle und Massenabfertigung.
    Quelle: taz
  22. Kurzfassung Memorandum 2008: Neuverteilung von Einkommen, Arbeit und Macht
    Alternativen zur Bedienung der Oberschicht. Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik hat in der vergangenen Woche die Kurzfassung des MEMORANDUM 2008 an Unterstützerinnen und Unterstützer versandt. Wer sich für die Unterstützung der MEMORANDUM-Kurzfassung interessiert, kann sie – unter Angabe der Briefanschrift – über [email protected] anfordern.

Suizid-Klarer Kurs

Bild: © Klaus Hansen, Bergisch Gladbach


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