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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 20. Juni 2008 um 9:04 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Heiner Flassbeck: Was jetzt gegen einen Abschwung zu tun ist
    Schaut man sich die Auftragseingänge der deutschen Industrie an, findet man heraus, dass der Aufschwung der Wirtschaft im Frühjahr 2005 begann; der von der Bundesbank berechnete (saisonbereinigte) Index lag damals bei 105. Und man findet ebenfalls, dass der Aufschwung im Frühjahr 2008, der Index liegt jetzt bei 130, zu Ende gegangen ist. Jedenfalls sinkt seit vier Monaten in Folge der Auftragseingang in der Industrie; das ist nicht nur das erste Mal so seit dem Frühjahr 2005, das war auch in der Vergangenheit immer ein untrügliches Zeichen für das Ende des Aufschwungs.

    Auch der Aufschwung am Arbeitsmarkt hat zum gleichen Zeitpunkt begonnen und ist genau zum gleichen Zeitpunkt zu Ende. Nun aber sinkt (die Zahl der Arbeitslosen) … zum ersten Mal seit März 2005 schon drei Monate in Folge nicht mehr; im Mai 2008 wurde exakt die gleiche Zahl wie für den März 2008 errechnet. Auch die Zahl der offenen Stellen, die im Aufschwung fast durchgängig gestiegen war, sinkt seit Herbst des vergangenen Jahres langsam, aber stetig.

    Das wird bitter werden für die glühenden Verfechter der Arbeitsmarktflexibilisierung, wenn sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass die alten Muster noch immer gelten: Ist Aufschwung, sinkt die Arbeitslosigkeit und die Zahl der offenen Stellen steigt; ist Abschwung, geht es genau umgekehrt. Hatten sie doch jahrelang darauf gesetzt, dass man den Arbeitsmarkt von der Konjunktur entkoppeln kann, indem man den Arbeitslosen die notwendigen Anreize gibt, sich um einen Arbeitsplatz zu bemühen, und die Arbeitgeber durch Senkung der Arbeitskosten entlastet.

    Hält die deutsche und europäische Politik nicht gegen den Abschwung mit Zinssenkungen und einer anregenden Finanzpolitik, wird die Diskussion um die „strukturellen Verhärtungen“ am deutschen Arbeitsmarkt rasch wieder aufflammen. Angesichts der Verbissenheit, mit der bei uns diese Debatten geführt werden, ist der Marsch in eine erneute mehrjährige Stagnation nahezu unausweichlich.
    Quelle: Rheinischer Merkur

  2. Der Ökonom Rudolf Hickel über eine steigende Inflationsrate in Deutschland, zaudernde Banker und desinteressierte Finanzpolitiker
    Hickel hat der Europäischen Zentralbank (EZB) fatale Fehler bei ihrer Analyse der aktuellen Inflationstendenzen im Euro-Raum vorgeworfen. In einem Interview mit der Berliner Wochenzeitung »Freitag« meinte Hickel, die EZB irre, wenn sie erkläre, die Geldwertstabilität sei deshalb bedroht, weil die Nachfrage weit über das gesamtwirtschaftliche Angebot hinausreiche. Vielmehr seien die erheblich gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreise für die derzeitigen Inflationsraten verantwortlich. Von daher, so Hickel, wäre es eine falsche Entscheidung, würde die EZB jetzt eine Erhöhung der Leitzinsen von 4,0 auf 4,25 oder 4,5 Prozent beschließen. Dies hätte durch die damit verbundene Verteuerung von Krediten erhebliche Folgen für die Gesamtwirtschaft im Euro-Raum.

    Hickel setzte sich nachdrücklich dafür ein, dass auch die Finanzpolitik des Staates auf die jetzigen Preissteigerungen reagiere. Die Orientierung auf einen schuldenfreien Haushalt mit dem Ziel Neuverschuldung null, wie sie die Bundesregierung verfolge, sei in der gegebenen Lage »wirklich eine Katastrophe«. Auf dem Altar einer ökonomisch nicht begründbaren Nulllinie der Verschuldung werde geopfert, was eine aktive Finanzpolitik im Augenblick leisten könne und müsse. Hickel forderte deshalb nachdrücklich, das »Verschuldungstabu« zu durchbrechen und im Interesse kommender Generation ein staatliches Investitionsprogramm mit den Schwerpunkten Ökologie und Bildung aufzulegen. Schließlich habe der Staat in den vergangenen Monaten allein drei Milliarden Euro an den steigenden Benzinpreisen verdient.
    Quelle: Freitag 25

  3. Postbank-Studie: Gesetzliche Rente genießt höchstes Ansehen
    Gesetzliche Rente und Beamtenpension gelten den Bundesbürgern mehr denn je als ideale Form der Altersvorsorge. Das geht aus der Postbank-Studie “Altersvorsorge in Deutschland 2007/2008” hervor. Nach den vom Institut für Demoskopie Allensbach erhobenen Daten halten 71 Prozent der Berufstätigen und 76 Prozent der Nichtberufstätigen die gesetzliche Rente für die beste Form der Alterssicherung.
    Quelle: Ihre Vorsorge

    Anmerkung WL: Ein weiterer Beleg dafür, wie mit der Ruinierung der gesetzlichen Rente gegen die überwiegende Mehrheitsmeinung Politik gemacht wird. Und da wundert sich unser Bundespräsident über Politikverdrossenheit.

  4. Wen Armut in Deutschland wirklich bedroht
    Die massenhafte Angst der Deutschen vorm sozialen Abstieg ist unangebracht – vor allem Ausländer sind hierzulande die großen Verlierer, hat der Bonner Sozialforscher Miegel herausgefunden. Seine düstere Prognose: Ohne bessere Integration wird das Armutsproblem nie gelöst. Zur Stützung seiner These zieht Miegel die Bevölkerungsstatistik heran. Danach hat sich die ansässige, deutschstämmige Bevölkerung seit 1996 um 2,8 Millionen vermindert, die Zahl der Migranten ist dagegen um 3,5 Millionen gestiegen. “Die intensiv diskutierte Ausdünnung der Mittelschicht ist also nur zum Teil auf den Abstieg von Bevölkerungsgruppen zurückzuführen”, sagte Miegel. Wesentlich stärker falle ins Gewicht, dass in großer Zahl Menschen aus dem Ausland nach Deutschland gezogen seien, die in ihrer großen Mehrheit die Gruppe der Einkommensschwachen gestärkt hätten. “Im Vergleich zu anderen Staaten sind hierzulande die Hürden für Einwanderer eher gering”, sagt Miegel. “Zugleich ist es vergleichsweise leicht, an Transferleistungen zu kommen – mit dem Effekt, dass sich eher die weniger Leistungsfähigen in Richtung Deutschland orientieren.”
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung WL: Diese Ausländerhetze des „Sozialgelehrten“ Miegel gibt der Spiegel unkommentiert wieder. Wie abwieglerisch und gleichzeitig demagogisch Miegel argumentiert, lässt sich alleine dadurch belegen, dass die Armut in Deutschland vor allem ein Problem der neuen Länder ist. Dort gibt es jedoch kaum Ausländer und auch kaum Ausländerzuzug. Selbst wenn es richtig wäre, dass seit 1996 3,5 Millionen Ausländer hinzugekommen sind, und selbst wenn dies ein „Import von Armut“ gewesen wäre, dann müsste Miegel erklären, warum in Deutschland knapp 8 Millionen Menschen nur durch staatliche Leistungen ihre Existenz gesichert bekommen und warum laut DIW 5,5 Millionen aus der Mittelschicht abgestiegen sind. Miegel bedient sich bei seinen Angriffen auf den Sozialstaat immer der gleichen Masche: Er manipuliert mit der Bevölkerungsstatistik.

    Ein bisschen kritischer wenigstens der stern

  5. Ein paar Politiker gegen 750 Millionen Bürger
    Ist das Nein der Iren zum EU-Vertrag ein Desaster? Keineswegs, findet der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler. Im stern.de-Interview erläutert er, weshalb er gegen den Vertrag geklagt hat, weshalb dieser seiner Ansicht nach die Demokratie aushebelt, soziale Errungenschaften gefährdet – und ein Beleg für die Bürgerferne der Politiker ist.
    Quelle: stern

    Anmerkung WL: Man muss ja die politischen Auffassungen des Herrn Gauweiler nicht teilen, aber wo er recht hat, hat er recht. Ich teile seine juristische Positionen, etwa dass Europäisches Recht endgültig höherrangig eingestuft wird als nationales Recht und dass in den Mitgliedstaaten das Machtverhältnis von Regierung und kontrollierendem Parlament faktisch “gedreht” wird. Ich teile auch seine Meinung, dass Staat und Recht an den Wettbewerb verkauft werden. Vgl. z.B. Beschränkung der Onlineangebote der Rundfunkanstalten: Zensur durch den Markt oder Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes – Dienstleistungsfreiheit steht über nationalen Arbeitnehmerrechten.

  6. Glühbirnen ab 2009 verboten
    In Europa sind die Tage der Glühbirne gezählt: Die Europäische Kommission will sie im Frühjahr 2009 aus den Haushalten in ganz Europa verbannen, wie die “Rheinische Post” unter Berufung auf Kommissionskreise in Brüssel berichtet. Die Kommission wolle stattdessen effizientere Energiesparlampen vorschreiben, um C02 zu sparen. Noch 2008 würden neue Vorschriften für die Verwendung von Leuchtmitteln auf den Weg gebracht.
    Quelle: FR

    Anmerkung WL: Damit ich nicht missverstanden werde: Ich bin dafür, dass effizientere Energiesparlampen vorgeschrieben werden. Das bleibt aber, angesichts des geringen Anteils des „Lichts“ an der gesamten Energiebilanz reine Symbolik. Nun kann man der EU ausnahmsweise nicht vorwerfen, dass sie bei der Durchsetzung von Klimaschutz und Energieeffizienz auf dem falschen Weg wäre, aber warum sperrte sich gerade die Bundesregierung gegen die Kraft-Wärme-Koppelungs-Richtlinie der EU, warum gegen die CO 2-Richtlinie bei den Autos, warum bei der Reduzierung des Energieverbrauchs von Stand-by-Elektrogeräten?

    Wenn es wirklich ernst wird, Richtlinien der EU-Kommission für den Umweltschutz umzusetzen, siehe z.B.:

    Industrie schickt Brandbrief an Merkel
    Die Unternehmen aus energieintensiven Branchen bangen um ihre Zukunft. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, der dem Handelsblatt vorliegt, warnen sie vor den Plänen der EU-Kommission zur Versteigerung von Emissionsrechten. Selbst nach konservativen Schätzungen würde die Versteigerung “für die energieintensiven Industrien in Deutschland zu Kosten von mindestens sieben Milliarden Euro im Jahr führen”, heißt es in dem Brief. Die Versteigerung der Zertifikate würde eine Kostenlawine auslösen, “die die Belastungen aller bisherigen klimapolitischen Instrumente übersteigt”, schreiben die Verbände der energieintensiven Branchen Chemie, Stahl, Metalle, Papier, Zement und Glas. Die Unternehmen stehen für 700 000 Arbeitsplätze. Im Falle einer Versteigerung der Zertifikate ließ sich nach Überzeugung der Unternehmen ein großer Teil dieser Jobs in Deutschland nicht mehr halten.

    Die EU-Kommission hatte im Januar ihren Entwurf einer Richtlinie für den Emissionshandel zwischen 2013 und 2020 vorgestellt. Der Entwurf sieht die schrittweise Einbeziehung energieintensiver Branchen in die Auktionierung der Emissionszertifikate vor. Bis Ende 2012 bekommen diese Unternehmen die für den Betrieb ihrer Anlagen erforderlichen Zertifikate kostenlos zugeteilt. In der Regel ist die Ausstattung großzügig bemessen. Nur wenn die Unternehmen mit den Zertifikaten nicht auskommen – etwa weil sie die Produktion steigern – müssen sie Zertifikate nachkaufen.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung: Wenn es beim Umweltschutz wirklich über Symbole hinausgeht, dann kommen sofort die Drohungen mit dem massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen. Wenn es um die Steigerung von Gewinnen geht, werden jedoch zur Kosteneinsparung schnell mal tausende von Arbeitsplätzen abgebaut.

  7. Augen zu und durch
    Einst kämpften sie als Politiker für grüne Ideen. Jetzt verkaufen Ex-Grüne wie Andrea Fischer, Matthias Berninger oder Marianne Tritz Schokoriegel, beraten Energiekonzerne, werben für Zigaretten – und verbitten sich Kritik. Wie frühere Vorzeigekräfte heute als Manager reüssieren.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Ein ziemlich ambivalenter Artikel. Einerseits werden die GrünenpolitikerInnen, die die Seite gewechselt haben (m.E. zu Recht) in die Pfanne gehauen. Andererseits schwingt stets der Unterton mit, würde sich die Partei der Grünen, wie ihre Renegaten, endlich der Wirtschaft vollends öffnen, dann würden sie endlich auf einen (für die Wirtschaft) richtigen Kurs kommen.

  8. Kabinett beschließt Verwaltungsvorschrift für Mitarbeit von Lobbyisten in Ministerien!
    Zwar stellen diese Verschärfungen gegenüber dem ersten Entwurf der Bundesregierung eine Verbesserung dar, doch es ist ärgerlich, dass diese undemokratische Praxis nicht vollständig beendet wird. Das Problem des privilegierten Zugangs für einzelne Interessengruppen wird durch die neue Vorschrift nicht ausgeräumt. Lobbyisten, die als externe Mitarbeiter in den Ministerien tätig sind, werden auch in Zukunft ihr Ohr und ihre Stimme näher an den Entscheidungsträgern haben, als dies anderen Interessen möglich ist. Davon profitieren, das zeigen die Fälle aus der Vergangenheit, in erster Linie große Unternehmen und Wirtschaftsverbände. Soziale Belange, Umwelt- und Verbraucherinteressen steht dieser direkte Zugang nicht offen. Sie bleiben buchstäblich vor der Tür. In Brüssel fand man es keineswegs normal, dass Lobbyisten als “externe Mitarbeiter” in der Kommission tätig waren. Der zuständige Kommissar Siim Kallas hat die Konsequenzen gezogen und angekündigt, diese Praxis zu verbieten. In Deutschland Deutschland drückt man sich noch um die einzig wirklich saubere Lösung.
    Quelle: Lobby Control
  9. Ein Parteitag muss den Richtungskampf beenden
    Rudolf Dreßler, langjähriges Mitglied in Vorstand und Präsidium der SPD, über neoliberale Sozialdemokraten, Identität durch Gerechtigkeit und die Wiederholung alter Fehler.

    Die SPD hat seit 1998, das damalige Wahlergebnis zugrunde gelegt und, mit den aktuellen Umfragewerten verglichen, zehn bis elf Millionen Wähler verloren. Im selben Zeitraum haben Hunderttausende Mitglieder die Partei verlassen, die SPD hat sechs Ministerpräsidenten und Tausende von Kommunalmandaten eingebüßt. Dieses Desaster allein Kurt Beck anzulasten, der erst zwei Jahre im Amt ist, ist doch lächerlich. Dass die Kritik an ihm auch noch aus den eigenen Reihen bestärkt wird, ist typisch für die SPD zurzeit. Man blendet die vergangenen zehn Jahre aus, also den Zeitraum, in dem die eigentlichen Gründe für die Krise liegen.

    Quelle: Freitag

  10. Glaubwürdigkeit in Auflösung
    Niemand hat die Absicht, eine rot-rote Koalition zu errichten: Die SPD-Führung beteuert dies seit Monaten. Doch durch das Treffen von SPD- und Links-Abgeordneten über “Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit” erhält das schwarz-gelbe Lager nun neuen Aufwind. Die ohnehin beschädigte Glaubwürdigkeit der SPD befindet sich vollends in Auflösung.
    Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger

    Anmerkung WL: Wir weisen auf diesen Beitrag nur hin, weil er typisch ist für die Paranoia, die sich in Deutschland verbreitet. Da treffen sich drei wirklich nicht gerade einflussreiche SPD-Bundestagsabgeordnete (Niels Annen, Christine Lambrecht, Frank Schwabe) mit fünf Angehörigen der Partei Die Linke, und wegen dieser Nichtigkeit werden in bürgerlichen Blättern in Anspielung auf das Walter-Ulbricht-Zitat „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“ antikommunistische Klischees aus dem Kalten Krieg ausgegraben. Vielleicht sollte die SPD beantragen, dass im alten Reichstag neben den Damen- und Herrenklos noch zusätzliche Toiletten für die Abgeordneten der Linken eingerichtet werden, damit bloß kein SPD-Politiker in die Verlegenheit gerät, neben einem Parlamentarier der Linken seine Notdurft zu verrichten. Es könnten ja an diesem stillen Örtchen geheime Koalitionsabsprachen getroffen werden.

    Angesichts der Tatsache, dass selbst nichtigste Anlässe benutzt werden, um der SPD die Glaubwürdigkeitsfrage zu stellen, müsste doch endlich mal jemand aus der Parteiführung begreifen, welches lächerliche Spiel mit den Sozialdemokraten getrieben wird. Wann steht endlich ein Mitglied der SPD-Führung bei solchen schwachsinnigen Kampagnen auf und fragt schlicht und einfach: Seid Ihr eigentlich noch ganz bei Trost? Aber nein, „weite Teile der SPD-Fraktion“ sind bestürzt: „Für unsere Glaubwürdigkeit ist das fatal“, meint etwa die SPD-Abgeordnete Lale Akgün. Fatal ist eigentlich nur, wie man so naiv sein kann, sich auf Attacken dieses niedrigsten Niveaus überhaupt einzulassen.

  11. Peter Ehrlich: Bildung kostet
    Wenn die Politiker es mit der Bildung ernst meinen, müssen sie im Herbst konkrete Ziele beschließen.
    Derzeit liegen die Bildungsausgaben nach deutscher Berechnungsmethode bei 6,4 Prozent des BIP (OECD-Berechnungen zeigen niedrigere Anteile), die Zielmarke könnte sieben Prozent sein. Das klingt harmlos, aber wir reden hier von einer Lücke in einer Größenordnung von 20 Mrd. Euro. Klare Vorgaben, das zeigt das Drei-Prozent-Ziel bei Forschung und Entwicklung, entfalten ihre eigene Dynamik.

    Wer sich wirklich für die Bildungsrepublik Deutschland entscheiden will, muss für ein solches Ziel schmerzhafte Entscheidungen treffen. Eine müsste wahrscheinlich sein, zugunsten der Bildung auf Steuersenkungen vor 2015 zu verzichten. Denn beides wird kaum möglich sein, wenn Bund und Länder tatsächlich die stärkere Begrenzung der Neuverschuldung in der Verfassung festschreiben, die in der Föderalismuskommission II diskutiert wird. Eine andere Möglichkeit wäre die Wiedereinführung einer Vermögensteuer, wie sie die SPD in ihrem Wahlprogramm für 2009 ziemlich sicher fordern wird. Die Vermögensteuer ist eine Ländersteuer, käme also beim richtigen Adressaten an. Geben wird es sie nur, wenn auch Unionspolitiker sie verlangen.
    Quelle: FTD

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Die Fensterreden von Köhler, Merkel und Co. gehen völlig an den Realitäten vorbei. Wer die ökonomisch völlig unsinnige, verfassungsmäßige Festschreibung von Verschuldungsgrenzen fordert, gleichzeitig jedoch die generelle Senkung von Steuern und Abgaben verlangt, verdient jenes Etikett, welches sonst gerade aus dieser Ecke so gerne der Linkspartei verpasst wird: Populismus. Wer darüber hinaus noch Studiengebühren rechtfertigt, zeigt, dass das Gerede von der “Bildungsrepublik Deutschland” nur hohles Geschwätz ist.

  12. Bertelsmann und DER SPIEGEL
    Der Spiegel wird von Bertelsmann dominiert, und zwar über die Bertelsmann-Tochter Gruner+Jahr mit einer Sperrminorität von 25,5 Prozent.
    Dabei gehört es zur Bertelsmann-Firmenpolitik, die Größe und die Beteiligungen des Konzerns vor der Öffentlichkeit zu verheimlichen. In den Medien ist immer nur von Einzelunternehmen die Rede, z. B. von RTL oder einzelnen Sendern, Zeitschriften, Verlagen. Das alle jeweils zu Bertelsmann gehören, wird – außer bei dem bekannten Buchclub – nicht ersichtlich. Es ist doch allerhand, dass die Eigentumsverhältnisse an Deutschlands größtem sog. Nachrichtenmagazin und (Immer-noch-)Leitmedium nicht offen zu Tage liegen und allgemein bekannt sind!
    Quelle: indymedia

    Dazu ein aktuelles Beispiel, wie der Spiegel Partei für die Verlegerinteressen ergreift:

    PR-Film mit Nachwirkungen
    Was haben ARD und ZDF im Internet verloren? Sehr viel, befand eine SWR-Reportage, und verteidigte die Online-Expansion der Öffentlich-Rechtlichen – mit unlauteren Mitteln, wie Kritiker monierten. Jetzt befasst sich der zuständige Rundfunkrat mit dem umstrittenen Film.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung WL: Man kann die eitle Selbstdarstellung von Thomas Leif in diesem Film kritisieren, ja man kann sogar die Tendenz des Beitrags „Quoten, Klicks und Kohle“ kritisieren, aber warum sollen sich die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender nicht wehren dürfen, wenn ihnen die privaten Verleger im Namen des Wettbewerbs eine Zensur auferlegen wollen. Dass sich damit gleich der Rundfunkrat befassen und sogar mit Gutachten gearbeitet werden muss, belegt einmal mehr den mächtigen Einfluss der Verleger-Lobby auch innerhalb der Gremien des öffentlichen Rundfunks. Wenn in ARD und ZDF „Werbesendungen“ etwa für die private Rente ausgestrahlt werden, regt sich niemand darüber auf.

  13. Kriegsziel erreicht
    New York Times: Nach 36 Jahren kehren westliche Ölkonzerne in den Irak zurück. Parteien im US-Kongreß einigen sich auf weitere Finanzierung des Feldzuges.
    Quelle1: junge Welt
    Quelle 2: New York Times
  14. Berlusconi macht es sich recht
    Jetzt wird abgeurteilt, aber pronto! Mit einem neuen Sicherheitspaket will Silvio Berlusconi die italienische Justiz endlich effizienter machen. Gleichzeitig werden die Richter von lästigen Altfällen befreit. Das hilft vor allem einem: dem Premier selbst.
    Quelle: Spiegel Online


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