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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 21. April 2016 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. BKA-Gesetz
  2. Macht uns der Sozialstaat arm?
  3. „Unsere Betriebe konkurrieren täglich mit Kriminellen“
  4. Nachts für die DHL schuften, tagsüber im Vierbett-Zimmer hausen
  5. Richtig gerechnet! Das Steuerkonzept der GEW
  6. Fabian Fritzsche: Banken, Sparkassen und Schäuble – Die neue Koalition der EZB-Gegner
  7. Freihandel
  8. “Die NATO ist ein bisschen das Problem gewesen”
  9. Obama kommt nach Deutschland
  10. Überbordende Strafverfolgung – Solidarität mit Friedensaktivisten
  11. Grenzland
  12. Vertuschte Atomunfälle: Steuergelder für das Restrisiko
  13. Russland muss keine Entschädigung zahlen
  14. Ein unwürdiger Zirkus
  15. In den Knast für aufmüpfige Kollegen: Der Sitzredakteur
  16. US-Vorwahlen in New York: Das gibt Ärger
  17. Wie man die AfD bekämpfen sollte – und wie nicht
  18. Thilo Sarrazin darf wieder hetzen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. BKA-Gesetz
    1. Was sich beim BKA-Gesetz ändern muss
      Das Gesetz über die Befugnisse des Bundeskriminalamtes muss überarbeitet werden, weil es zum Teil gegen das Grundgesetz verstößt. Zu den notwendigen Änderungen machte das Bundesverfassungsgericht viele Vorgaben. Gleich zu Beginn stellte der Vizepräsident des Verfassungsgerichts Ferdinand Kirchhof klar: Mit diesem Urteil hatten die Richter viel Arbeit: “Der Senat musste 14 Paragraphen in insgesamt 49 Absätzen ausführlichsten Text und zahlreiche in ihm enthaltener Eingriffsverwertungs- und Übermittlungsbefugnisse auf ihre Übereinstimmung mit dem Grundgesetz durchforsten.”
      Und deswegen ist auch das Urteil ziemlich umfangreich. Genau geht der Senat auf jede einzelne Maßnahme ein, die dem BKA nach diesem neuen Gesetz von 2009 im vorbeugenden Kampf gegen den Terrorismus erlaubt wurde: Auf das Abhören außerhalb der Wohnung, auf das heimliche Filmen in der Wohnung, auf die Durchsuchung von Computern mit einem Trojaner, auf das Abhören von Telefonen, auf die Überwachung von Anwälten und so weiter.
      Quelle: Tagesschau

      Anmerkung unseres Lesers H.B.: Erst mal zehn Schritte vor und dann ein halber zurück sind immer noch 9 1/2 Schritte vor. Ein gutes Geschäft.

      dazu: Urteil ist wichtiges Korrektiv zum Schutz der Privatsphäre
      “Es ist gut, dass das oberste deutsche Gericht, wie schon in früheren Fällen, die Regierungswillkür in die Schranken gewiesen und die Bürgerrechte gegen staatliches Nachstellen verteidigt hat. Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit ist völlig zugunsten der vermeintlichen Sicherheit aus dem Lot geraten und berührt die Grundfesten unserer demokratischen Gesellschaft”, erklärt Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des heutigen Urteils des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerden gegen das “Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKA-Gesetz)”.
      Korte weiter: “Leider haben die Richter jedoch nicht den Mut gehabt, die Ermächtigung des Bundeskriminalamts zum unkontrollierbaren Einsatz von heimlichen Überwachungsmaßnahmen als im Grundsatz mit den Grundrechten unvereinbar zu erklären. Hier ist jetzt die politische und gesellschaftliche Debatte über die Frage, wie viel Freiheit wir noch aufgeben wollen, fällig.
      Quelle: Linksfraktion

    2. Verfassungsgericht erzwingt große Inventur der Sicherheitsgesetze
      Seit den Anschlägen vom 11. September sind ständig neue Gesetze erlassen worden. Nun räumt das Bundesverfassungsgericht auf: Mit dem Urteil zum BKA-Gesetz baut es den Schutz der Bürger aus. Es ist ein großes Urteil. Es schützt den Bürger vor zu viel Überwachung, es schützt ihn vor digitaler Inquisition, es schützt ihn vor Observationsexzessen. Es unterbindet dabei aber nicht die wirksame Terrorbekämpfung; das Urteil sorgt dafür, dass bei der Terrorbekämpfung rechtsstaatliche Regeln gelten. Das Urteil schützt den Rechtsstaat davor, dass die Sicherheitsgesetze ihn ersticken.
      Quelle: Heribert Prantl in der Süddeutschen

      Anmerkung André Tautenhahn: Nur leider schützt auch dieses Urteil den Bürger nicht davor, dass der Bundestag fortwährend verfassungswidrige oder in Teilen verfassungswidrige Gesetze beschließt. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Papier hat bei seinem Abschied 2010 auf genau diesen Missstand im Gesetzgebungsverfahren hingewiesen. Aber es sieht nicht danach aus, dass sich an dieser Praxis etwas ändern würde. Warum auch. Das BKA-Gesetz wurde z.B. 2008 beschlossen, 2016 vom Bundesverfassungsgericht in Teilen beanstandet und muss erst 2018 final korrigiert werden. Das lohnt sich doch.

  2. Macht uns der Sozialstaat arm?
    Wie Heiner Flassbeck hier bereits feststellte (siehe sein Beitrag vom 18.3. 2016), ist „höchste Vorsicht geboten“, wenn die herrschende ökonomische Lehre und ihre Epigonen in den Medien sich Themen wie Ungleichheit oder Altersarmut widmen. Die Fakten lassen sich nicht länger aus der Welt diskutieren. Löhne und Vermögen (sofern überhaupt vorhanden) der unteren und mittleren Einkommensschichten wachsen seit über 20 Jahren deutlich geringer als die Wirtschaft insgesamt, während das obere Dezil der Deutschen immer reicher wird. Auch erklärt es sich von selbst, dass die in der Agenda 2010 angelegte schrittweise Absenkung des durchschnittlichen Renteniveaus auf 45 Prozent des Erwerbseinkommens Altersarmut produziert. Als Antwort auf diese Entwicklung fällt den meisten Ökonomen und Publizisten seit Jahren nur der Ausbau der privaten Vorsorge ein, aktuell mal wieder Karl Doemens in der Frankfurter Rundschau bzw. Berliner Zeitung (19.04. 2016). Bei solchen eigentlich zynischen Empfehlungen kommt mir immer ein Cartoon von F. K. Wächter in den Sinn, wo ein Passant einem Bettler mit dem Schild „Habe Hunger!“ zuruft: „Einfach mehr spachteln!“
    Quelle: flassbeck-economics
  3. „Unsere Betriebe konkurrieren täglich mit Kriminellen“
    Der Vertreter der Bauwirtschaft, Harald Schröer, spricht im Interview mit der FR über neue Geschäftsmodelle, mit denen der Mindestlohn zunehmend umgangen wird. […]
    Wenn man Ihnen zuhört, fragt man sich, wie tariftreue Baufirmen in Deutschland überhaupt noch an Aufträge kommen.
    Die tariftreuen Betriebe suchen Kunden, die bereit sind, auch entsprechende Preise zu zahlen. Solche Kunden gibt es. Bei öffentlichen Aufträgen haben es unsere Unternehmen aber oft schwer. Der Staat sollte an dieser Stelle eigentlich Vorbild sein. Doch nach unserem Eindruck hat die sparsame Verwendung von Haushaltsmitteln trotz der Tariftreue-Gesetze oft absoluten Vorrang vor der Einhaltung der tariflichen Mindestarbeitsbedingungen.
    Tatsächlich? Die Politik lobt Tariflöhne, und als Auftraggeber lässt der Staat Firmen abblitzen, die nach Tarif zahlen?
    Ja, da ist ein Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit, und dafür haben wir kein Verständnis. […]
    Im vergangenen Jahr haben die Behörden Bußgelder von zehn Million Euro verhängt, weil Baufirmen den Mindestlohn nicht gezahlt haben. Wirkt das abschreckend?
    Ich fürchte, nein. Es ist nämlich völlig unklar, ob die Bußgelder auch gezahlt werden. Darüber gibt es keine Daten. Obwohl die Politik die Regeln verbessert hat, ist es immer noch schwierig, im Ausland solche Bußgelder einzutreiben. Wir brauchen auch mehr Kontrollen. Zurzeit sind von den 6800 Planstellen bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit 600 nicht besetzt. Die zusätzlichen Planstellen, die Finanzminister Schäuble erfreulicherweise zugesagt hat, sollen erst ab 2017 in einem Sechsjahreszeitraum bis 2022 besetzt werden.
    Quelle: FR Online
  4. Nachts für die DHL schuften, tagsüber im Vierbett-Zimmer hausen
    Der stern enthüllte in der vergangenen Woche, dass ISS im Auftrag der Drogeriekette Rossmann tausende Menschen als Regaleinräumer beschäftigt. Sie klagen über schlechte Löhne und brutalen Druck bei der Arbeit. “Die Praktiken der Firma ISS zeigen, dass wir dringend die Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen brauchen”, sagt jetzt die SPD-Arbeitsmarktpolitikerin Katja Mast. Die Große Koalition streitet seit Monaten über einen Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), mit dem sie den Missbrauch von Leiharbeitern stoppen will. Zuletzt blockierte die CSU.
    Jetzt gerät nach Recherchen des stern neben Rossmann auch die Deutsche Post DHL Group ins Schlaglicht. Denn auch sie nutzt die Dienste der ISS-Gruppe. Nach Unterlagen, die dem stern vorliegen, beschäftigt sie Mitarbeiter von mehreren mit ISS verbundenen Unternehmen, darunter der ISP GmbH, an der Dirk Roßmann über einen Strohmann beteiligt ist. […]
    Als wolle die ISS-Gruppe den Arbeitern ernsthaft eine Perspektive verschaffen. Doch dem stern liegen Unterlagen vor, die Zweifel erlauben. Die Papiere betreffen einen Polen, den die ISS-Gruppe im dem DHL-Paketzentrum einsetzte. Er unterschrieb innerhalb eines Jahres nacheinander vier verschiedene Arbeitsverträge bei drei unterschiedlichen Unternehmen der ISS-Gruppe. Immer wieder legten die Firmenleute Aufhebungsvereinbarungen für die alten Verträge vor. Potentieller Vorteil für den Arbeitgeber: Die Probezeit beginnt immer neu. Nachteil für den Arbeitnehmer: Er ist stets mit einem Fuß auf der Straße. ISS bestreitet, dass die wechselnden Arbeitsverträge dazu da seien, die Arbeiter leichter kündigen zu können.
    Quelle: Stern

    Anmerkung J.K: “Die Praktiken der Firma ISS zeigen, dass wir dringend die Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen brauchen”, sagt jetzt die SPD-Arbeitsmarktpolitikerin Katja Mast. Ach ja, und wer hat den Arbeitsmarkt dereguliert und Leiharbeit und prekäre Beschäftigung ausgeweitet? Ein gewisser Gerhard Schröder prahlte einst damit: “Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt.” Sämtliche SPD-Politiker und Politikerinnen scheinen sich nur noch in einem Paralleluniversum zu bewegen.

    Lesen Sie dazu noch einmal: Ziel der Einführung von Hartz I-IV etc. ist der Aufbau des größten Niedriglohnsektors in der EU
    Quelle: NachDenkSeiten

  5. Richtig gerechnet! Das Steuerkonzept der GEW
    Die öffentlichen Haushalte in Deutschland stehen seit Jahren unter einem hohen Konsolidierungsdruck – mit erheblichen negativen Folgen: Die Lohn- und Gehaltsentwicklung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst bleibt hinter der Einkommensentwicklung im privaten Sektor zurück, und in vielen Bereichen kommt der Staat seinen Aufgaben nicht im erforderlichen Umfang nach. Begründet wird dieser haushaltspolitische Sparkurs häufig mit Sachzwängen: Die öffentliche Hand habe in der jüngeren Vergangenheit über ihre Verhältnisse gelebt, und nun müsse – nicht zuletzt angesichts der Schuldenbremse – der Gürtel enger geschnallt werden. Tatsächlich wird einer nüchternen haushaltspolitischen Analyse mit so einer Argumentation ausgewichen: Denn die staatliche Haushaltspolitik ist in den vergangenen20 Jahren alles andere als ausgabefreudig gewesen, und die öffentliche Hand hat sehr zurückhaltend agiert. Deutschland hat allen anderslautenden Behauptungen zum Trotz einen vergleichsweise kleinen Staatssektor, was aus gesamtwirtschaftlicher und gesamtgesellschaftlicher Perspektive durchaus zu hinterfragen ist. So ist in Deutschland unter anderem der Bildungsbereich strukturell unterfinanziert.

    Quelle: GEW [PDF]
  6. Fabian Fritzsche: Banken, Sparkassen und Schäuble – Die neue Koalition der EZB-Gegner
    Was sich bereits seit längerem andeutete, ist nun zu Tage getreten. In Deutschland hat sich eine Koalition der EZB-Gegner herausgebildet, die ganz offen die EZB-Politik kritisieren und eine Abkehr fordern. Das wäre an sich noch kein Thema, wenn diese Kritik von Journalisten oder Ökonomen käme, aber hier haben sich der Bundesverband deutscher Banken, der Sparkassenverband und der Finanzminister verbündet.
    Als in früheren Zeiten ein deutscher Finanzminister die Geldpolitik der Bundesbank kritisierte, wurde das noch einhellig als Angriff auf die Unabhängigkeit scharf verurteilt. Aber das gilt offenbar nur bei Kritik an restriktiver nicht an expansiver Geldpolitik. Interessanterweise wird der EZB von linker Seite vorgeworfen, ihre Geldpolitik nütze vorwiegend den Banken, also denen, die nun die EZB ihrerseits kritisieren. Alleine das kann als Hinweis auf Inkonsistenzen in der Kritik gewertet werden.
    Quelle: WirtschaftsWunder
  7. Freihandel
    1. Gefahren gehen über TTIP hinaus
      In Europa stützen sich TTIP-Befürworter und -Kritiker auf Spekulationen. Anders in Nordamerika: Dort sind nach Abschluss des Nafta-Abkommens konkrete Erfahrungen mit den Auswirkungen von Freihandelsvereinbarungen gesammelt worden. Und die sind alles andere als nachahmenswert. […]
      „Wir möchten alle Europäer warnen, denen die Gesundheit der Bevölkerung, die Zukunft öffentlicher Dienstleistungen, der Schutz der Natur und das Selbstbestimmungsrecht der Menschen am Herzen liegt“, sagte die Vorsitzende der kanadischen Bürgerrechtsbewegung Council of Canadians, Maude Barlow, bei einem Treffen mit deutschen Ceta- und TTIen, die Firmen gegen gewinnmindernde staatliche Bestimmungen und Gesetze anstrengen können.
      Auf Basis des Nafta-Abkommens wurden bisher 80 solcher Investitionsschutzklagen in die Wege geleitet, 37 davon allein gegen Kanada. In sieben Fällen erstritten US-Firmen dabei umgerechnet 135 Millionen Euro Schadensersatz durch den kanadischen Staat. In weiteren Verfahren geht esP-Gegnern am Montag in Berlin. Im Zentrum der Kritik stehen auch in Nordamerika Klag um Forderungen über insgesamt vier Milliarden Euro gegen Kanada.
      Quelle: FR Online

      Anmerkung André Tautenhahn: Dank der europäischen Verhandlungskünste gibt es ja jetzt keine Schiedsgerichte mehr, sondern Handelsgerichtshöfe. Das hat SPD-Chef Sigmar Gabriel in der letzten Woche übrigens als „exzellente Messlatte“ bezeichnet. Dabei betreiben Handelsgerichtshöfe genau das, was auch Schiedsgerichte tun. Eine Paralleljustiz.

    2. Kein Boden für TTIP-Kritiker
      Auch Großbritannien verhandelt mit den USA über das TTIP-Freihandelsabkommen – Protest dagegen formiert sich allerdings nur wenig. Die Regierung will den Freihandel und in der Bevölkerung ist eine ähnliche Empörung wie in Deutschland nicht spürbar. Nur der befürchtete Ausverkauf des Gesundheitssystems bringt Leute auf die Straße.
      Quelle: Deutschlandfunk
    3. TTIP
      Selbst die Republikaner glauben nicht mehr uneingeschränkt an Freihandel, sagt die US-Globalisierungskritikerin Lori Wallach. Sie bezweifelt, dass TTIP Realität wird.
      ZEIT ONLINE: Frau Wallach, wenn Barack Obama in dieser Woche nach Hannover kommt, werden auch Sie dort gegen TTIP protestieren. Was ist Ihre Botschaft an den Präsidenten?
      Lori Wallach: Die deutsch-amerikanische Freundschaft ist eine gute Sache. Lasst sie uns nicht durch einen Freihandelsvertrag untergraben, der schädlich wäre für die Mehrheit der Deutschen und US-Amerikaner.
      ZEIT ONLINE: Wie meinen Sie das?
      Wallach: Wir hätten ein gutes Abkommen haben können, vorteilhaft für die Bevölkerung in beiden Ländern. Aber der Verhandlungsprozess wurde von den großen Unternehmen gekapert. Von den 500 offiziellen handelspolitischen Beratern, die auf US-Seite an den Verhandlungen teilnehmen, vertreten nur etwa 30 die Interessen der Gewerkschaften, der Umweltschützer, der kleinen Bauern oder der Verbraucher. Alle anderen kommen aus der Großindustrie. Das bedeutet: Die TTIP-Agenda ist darauf ausgerichtet, Ziele der großen Firmen durchzusetzen – und zwar jene Ziele, die die Unternehmen im normalen innenpolitischen, demokratischen Prozess nicht erreichen konnten. In Europa ist es das Gleiche.
      Quelle: Zeit Online
  8. “Die NATO ist ein bisschen das Problem gewesen”
    Der SPD-Europaabgeordnete Knut Fleckenstein hat die Wiederaufnahme des NATO-Russland-Rats als “sehr kluge Entscheidung” begrüßt. Solche Dialogforen seien gerade dann wichtig, wenn die Beziehungen nicht gut seien, sagte Fleckenstein im Deutschlandfunk. Das habe das Militärbündnis nicht bedacht, als es die Sitzungen im Juni 2014 aussetzte. Die NATO sei “in diesem Fall ein bisschen das Problem gewesen”, weil sie den Dialog abgebrochen habe. Fleckenstein betonte: “Es ist ja nicht besser geworden dadurch, dass man nicht miteinander geredet hat.” Besonders bei der Umsetzung des Minsk-Abkommens sei bei Weitem nicht das erreicht worden, was man vereinbart habe.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung André Tautenhahn: “Die NATO ist ein bisschen das Problem gewesen”. Das klingt ja ein bisschen wie Kindergeburtstag, nur leider geht es hier nicht um Spielzeug, sondern um die Frage Krieg oder Frieden.

    dazu: Treffen des NATO-Russland-Rats: Misstrauen gegen Russland im Baltikum
    Die osteuropäischen Länder eint der Wunsch nach einer stärkeren Militärpräsenz. Denn trotz der Bereitschaft Moskaus zum NATO-Russland-Treffen lässt sich auf russischer Seite keinerlei Wille zum Dialog oder zur Kooperation ausmachen.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unseres Lesers A.L.: In Frau Adler´s Berichten ist immer ihr Bestreben deutlich, Russland “Aggressivität” anzulasten.

    dazu auch: Noch weit entfernt von Normalität
    “Russische Kampfjets überfliegen ein amerikanisches Marine-Schiff in der Ostsee. Diese Bilder gab die US-Regierung frei, um zu zeigen, wie gefährlich und provozierend nahe diese Scheinattacke der Russen war. Genau solche Zwischenfälle will die NATO zukünftig verhindern …” (transskribiert aus dem Video der ARD).
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers C.G.: Dass sich dieses US-Kriegsschiff “USS Donald Cook” offenbar ausgestattet mit atomwaffenfähigen Raketen mit 2.500 Kilometern Reichweite, aber nur 70 Kilometer von der russischen Marinebasis bei Kaliningrad entfernt befand (andere Quellen sprechen von 70 Seemeilen welche knapp 130 km entsprechen), wurde im Bericht der ARD jedoch nicht erwähnt. Dass die russischen Jets den Angaben nach unbewaffnet gewesen seien, fand ebenfalls keine Erwähnung. Das wären jedoch die entscheidenden Details gewesen für den Zuschauer, um sich ein neutrales Bild machen zu können.
    Die russischen Jets haben sich nicht etwa vor der Küste der USA befunden und dort mit ihren Flugkünsten provoziert, sondern ein US-Zerstörer hat sich 70 km vor der russischen Marinebasis in der Ostsee befunden. Wer ist also hier der Provokateur? Hat sich Russland ausgedehnt oder hat sich die NATO seit 1999 um 12 Staaten nach Osten erweitert? Haben wir nicht lange genug Kalten Krieg erlebt, soll jetzt ein heißer Krieg daraus werden? Wir vergessen zu oft, dass wir Europäer mittendrin sitzen im Spannungsfeld und dass im Falle eines Angriffs mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden muss, dass Ramstein (von wo aus u.a. die Drohnenkriege gesteuert werden) wohl eines der ersten Angriffsziele sein würde.

  9. Obama kommt nach Deutschland
    Ob Kanzlerin Merkel die US-Drohnenmorde via Ramstein, NSA-Überwachung oder die Schließung von Guantanamo ansprechen wird, will die Bundesregierung nicht verraten. Ob diese Themen im deutsch-amerikanischen Verhältnis mittlerweile ignoriert werden, weiß das Auswärtiges Amt nicht. Selbst zu Forderungen an die USA zu den Drohnenangriffen via Ramstein und der NSA-Überwachung will bzw. kann man sich nicht äußern…
    Ausschnitt aus der BPK vom 20. April 2016
    Quelle: Jung und naiv via Youtube
  10. Überbordende Strafverfolgung – Solidarität mit Friedensaktivisten
    Über Meinungs- und Kunstfreiheit wird dieser Tage lebhaft diskutiert und öffentlichkeitswirksam für diese Grundrechte gestritten. Die Staatsanwaltschaft Koblenz jedoch verfolgt einen Friedensaktivisten wegen eines Flugblattes in maßlosem Engagement, obwohl ein Oberstaatsanwalt derselben Behörde bereits einmal einen Anfangsverdacht verneint hatte. Es geht um die nukleare Teilhabe Deutschlands und die Aufrüstung der in Büchel stationierten Atomwaffen. Hermann Theisen fordert in unterschiedlichen Flugblättern Soldaten und Zivilbeschäftigte auf, die Öffentlichkeit über die Hintergründe der geplanten Neustationierung von zielgenaueren Atombomben zu informieren, die er als völkerrechts- und grundgesetzwidrig erachtet. Die öffentlichen Aktionen sollen selbstverständlich zu öffentlichen Diskussionen führen. Die Adressaten sind aufgefordert, sowohl über die mögliche Rechtswidrigkeit staatlichen Handelns und ihre Beteiligung daran nachzudenken, wie auch über die möglichen Konsequenzen einer öffentlichen Information.
    Quelle: Grundrechtekomitee
  11. Grenzland
    Mit Unterstützung für die Grenzsicherung Ägyptens, für den Aufbau einer Küstenwache in Libyen und für weitere Abschottungsmaßnahmen treiben Berlin und die EU die Installation eines hochmilitarisierten Grenzregimes zur Flüchtlingsabwehr in sämtlichen Küstenstaaten Nordafrikas voran. Am Montag hat die EU sich von einem libyschen “Regierungschef”, dem die maßgeblichen Kräfte im Land die Anerkennung verweigern, um Hilfe beim Aufbau einer Küstenwache bitten lassen. Ziel ist es, das Ablegen von Flüchtlingen nach Europa zu verhindern. Schon am Vortag hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Ägypten Unterstützung bei der Abschottung der Grenze zu Libyen zugesagt. Der Bau einer Sperranlage an der tunesisch-libyschen Grenze ist von Beamten der Bundespolizei mit Aktivitäten im tunesischen Innenministerium begleitet worden. Algerien wiederum sichert seine Grenzen mit Elektronik aus deutscher Produktion. In Marokko hat Wirtschaftsminister Gabriel gestern Gespräche beendet, die ebenfalls die Flüchtlingsabwehr zum Thema hatten. Die Militarisierung der nordafrikanischen Grenzen soll es ermöglichen, die Flüchtlingsabwehr vorzuverlagern, um den EU-Binnenmarkt grenzkontrollfrei und damit auf globaler Ebene durchsetzungsfähig zu halten.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu: Lagerland
    Die Abschottung der EU durch die Hochrüstung der Grenzen unter anderem in Nordafrika geht mit der Errichtung eines Systems “konzentrischer Kreise” von Lagern einher. Dies schreiben Berliner Regierungsberater in einer aktuellen Analyse über die deutsch-europäische Flüchtlingsabwehr. Die “EU-Flüchtlingspolitik” werde in Zukunft wohl vom “Zusammenspiel von Grenzbefestigungen, Lagern und Kontingenten” geprägt, heißt es in dem Papier, das die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) soeben veröffentlicht hat. So werde seit einiger Zeit die EU-Grenzagentur Frontex massiv ausgebaut; die EU-Kommission fordere den verstärkten Einsatz von Drohnen und Satellitensuchsystemen zur Abschottung der Grenzen; Kontingentlösungen hebelten das individuelle Recht auf Asyl de facto aus. Vor allem aber sei die EU dabei, ein System von Lagern zu errichten, das sich von den EU-Wohlstandszentren in “konzentrischen Kreisen” bis nach Nordafrika und Syrien erstrecke. Lager könnten grundsätzlich “leicht zu Haftanstalten” umgestaltet werden, warnt die SWP – mit Verweis auf die Haft-“Hotspots” in Griechenland, welche die EU zuletzt in direkten Konflikt mit Hilfsorganisationen, mit der UNO und mit dem Papst gebracht haben. Haftlager für Flüchtlinge existieren zudem in Libyen und in der Türkei, wo sie mit EU-Mitteln errichtet wurden.
    Quelle: German Foreign Policy

  12. Vertuschte Atomunfälle: Steuergelder für das Restrisiko
    Im März 2016 wurde bekannt, dass es im französischen Fessenheim bereits vor zwei Jahren einen vertuschten, schwerwiegenden Atomunfall gab. Trotzdem regt sich auch 30 Jahre nach dem Super-GAU von Tschernobyl und fünf Jahre nach Beginn der Atomkatastrophe in Fukushima derzeit kaum Widerstand gegen die internationale Atomstaatspolitik. Eine Analyse von GWR-Mitherausgeberin Cécile Lecomte. (GWR-Red.) Fünf Jahre nach Fukushima scheint das Thema Atomkraft die Massen nicht mehr zu bewegen. Die Kundgebungen und Demos zum Jahrestag der Katastrophe haben lediglich ein paar Tausend Menschen auf die Straße gebracht. Viele Menschen begnügen sich mit der Illusion eines deutschen Atomausstiegs, die PolitikerInnen glänzen mit NIMBY-Mentalität (1), indem sie gegen störanfällige AKW auf der anderen Seite der Grenze in Belgien und Frankreich schimpfen – ohne dabei die eigene Verantwortung beim Namen zu nennen.
    Mit der Förderung der Atomkraft unter dem Deckmantel der “Forschung”, mit unbefristet weiter laufenden Atomanlagen wie der Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau und der Brennelementefabrik Lingen, mit der Versorgung von Atomanlagen dienenden Atomtransporten trägt Deutschland zum weltweiten Bau und Betrieb von Atomanlagen bei. Die “heimischen” AKW sind darüber hinaus nicht weniger gefährlich!
    Quelle: Graswurzelrevolution
  13. Russland muss keine Entschädigung zahlen
    Russland muss die ehemaligen Aktionäre des zerschlagenen Erdölkonzerns Yukos nicht mit 50 Milliarden Dollar entschädigen. Das urteilte ein Zivilgericht in Den Haag. […]
    Die Richter erklärten damit einen Spruch des Internationalen Schiedsgerichts in Den Haag von 2014 für ungültig. Nach Ansicht der Richter war das Schiedsgericht damals nicht befugt, in der Sache zu urteilen. Es hatte sich auf den Vertrag über die Energiecharta von 1994 berufen, den Russland aber nicht ratifiziert habe.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung André Tautenhahn: Die Meldung schaffte es natürlich nicht in die Hauptnachrichten, obwohl die vor zwei Jahren groß vom 50-Milliarden-Dollar-Urteil gegen Russland berichteten und Russland unterstellten, das Recht gebrochen zu haben. Dabei hat das Schiedsgericht nach Auffassung des ordentlichen Bezirksgerichts das Recht falsch angewendet.

  14. Ein unwürdiger Zirkus
    Es war ein unwürdiges Spektakel mit großem Unterhaltungswert. Die 367 brasilianischen Abgeordneten, die am Sonntag für das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff stimmten, gaben dafür die abwegigsten Gründe an. Lautstark widmeten sie ihr Votum ihrer Frau, ihren Kindern und Enkeln oder dem brasilianischen Kaffee – und immer wieder Gott. Kaum ein Parlamentarier ging auf den eigentlichen Grund des Impeachments ein. Nämlich, dass Rousseff vor ihrer Wiederwahl 2014 das wahre Ausmaß des Staatsdefizits verschleiert haben soll. Das ist die formelle Anklage gegen die Präsidentin. Eine persönliche Verwicklung in den Mega-Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras, der ihre Regierung in eine tiefe Krise gestürzt hat, konnte man Rousseff bisher nicht nachweisen. Dagegen sind gegen mehr als die Hälfte der Abgeordneten Korruptionsverfahren anhängig – an erster Stelle gegen Parlamentspräsident Eduardo Cunha. Auch deshalb erschien die Abstimmung als unwürdiger Zirkus.
    Quelle: Deutschlandfunk

    dazu: After Vote to Remove Brazil’s President, Key Opposition Figure Holds Meetings in Washington
    The U.S. spent years vehemently denying that it had any role in the 1964 military coup that removed Brazil’s elected left-wing government, a coup that resulted in 20 years of a brutal, pro-U.S., right-wing military dictatorship. But secret documents and recordings emerged proving that the U.S. actively helped plot that coup, and the country’s 2014 Truth Commission report documented that the U.S. and U.K. aggressively supported the dictatorship and even “trained Brazilian interrogators in torture techniques.”
    Quelle: The Intercept

  15. In den Knast für aufmüpfige Kollegen: Der Sitzredakteur
    Anlässlich der Böhmermann-Affäre wird ein aus der Kaiserzeit stammender Gesetzesparagraf beklagt. Doch welche Satire landete eigentlich damals vor dem Kadi? Und wie reagierten Satirezeitschriften wie “Der Wahre Jacob” auf drohende Strafverfolgung? Auf den ersten Blick schien das 1874 erlassene Reichspressegesetz die Freiheit der Presse im Deutschen Kaiserreich zu garantieren. Doch zugleich gab es dem Staat einige Repressions-Instrumente zur Hand. Es schrieb etwa die Ablieferung eines polizeilichen Pflichtexemplars jeder Zeitung zur Nachzensur vor, erlaubte nichtrichterliche Beschlagnahmungen durch die Polizei. Daneben bot auch das Strafrecht mit Gummiparagrafen wie “Majestätsbeleidigung” oder “Grober Unfug” weitreichende Möglichkeiten, eine kritische oder gar satirische Presse zu schikanieren.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung

    In der Gesamtausgabe von Kontext lesen Sie diese Woche unter anderem:

    • Im Land der Frauen: Was wäre, wenn die Frauen im Land die Macht übernehmen würden? Wenn etwa Theresia Bauer (Grüne) und Gisela Meister-Scheufelen (CDU) die Koalitionsverhandlungen führten? Eine Fiktion mit realen Fakten zu den AkteurInnen.
    • Der Papst ist der Größte: Bodo Ramelow ist eine Lichtgestalt der deutschen Linken. Der Ministerpräsident ist Fan von Papst Franziskus, hat eine Pressefusion an der Backe und den AfD-Scharfmacher Björn Höcke im Parlament. Als Chef der rot-rot-grünen Koalition in Thüringen hat er einige Erfahrung mit ideologischer Geschmeidigkeit. Klingt schon fast süddeutsch.
    • Fröhlich Pfeffer sprühen: Die Polizei hält den privaten Einsatz von Pfefferspray für wenig sinnvoll und warnt davor. Selber macht sie allerdings gerne Gebrauch davon.
    • Der Kostendeckel wackelt: Grün-Schwarz hat ein Problem: Stuttgart 21. Während Kretschmann & Co. auf dem Kostendeckel sitzen, will die CDU ihn offenbar lupfen. Der Kabinettsbeschluss aus grün-roten Zeiten, nicht mehr als 931 Millionen Euro für den Tiefbahnhof zu zahlen, soll nicht im neuen Koalitionsvertrag stehen.
    • Schwarze Geisterfahrer: Das Chaos in der CDU treibt die Koalitionsgespräche an den Rand des Scheiterns. Manchen erscheint der Vorsitzende Thomas Strobl bereits als Geisterfahrer. Und die Grünen fragen sich, wer bei den Schwarzen eigentlich das Sagen hat?
    • Nackte Tatsachen: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will sexistische Werbung verbieten. Prompt empören sich CDU und FDP. Wie meist, wenn’s um nackte Tatsachen geht, wird aufgestachelt aneinander vorbei diskutiert. Denn es geht weder um das Verbot von Nacktheit, noch um die Einführung einer Geschmackspolizei.
  16. US-Vorwahlen in New York: Das gibt Ärger
    Clinton kann es noch: Für Hillary Clinton ist es in diesem Jahr wieder nicht so einfach. Bernie Sanders hängt wie eine Klette an ihr. Viele Demokraten meckern über sie und ihre alte Garde. Da tat es der Ex-Außenministerin sichtlich gut, mal ein starkes Signal zu setzen: In New York schlägt mich niemand. Sanders hatte keine Chance und wird sich jetzt fragen müssen, welchen Wahlkampf er von nun an zu führen gedenkt. Trotzig und aggressiv? Das könnte Clinton beschädigen, ohne dass es ihm selbst weiterhilft im Rennen um die Kandidatur. Leise und auf Inhalte fokussiert? Kann er machen, aber auch das wird ihn nicht voranbringen. Also aufhören? Das würde Millionen seiner Anhänger schwer enttäuschen, sie wollen ihn weiter kämpfen sehen.
    Das wird noch Ärger geben: New York gilt als vorbildlich demokratischer Staat. Die Vorwahlen offenbarten ein anderes Bild: Der Wahlgang war von ernsten Problemen getrübt, der vielen New Yorkern den Spaß verdarb, Ergebnisse verzerrte und die Wahlbeteiligung drückte, trotz des sommerlichen Wetters.
    Das begann mit den Regeln: Nur registrierte Parteigänger durften teilnehmen, keine Unabhängigen – doch die Registrierfrist war schon am 25. März verstrichen. Fast drei Millionen Wähler blieben so draußen. Zudem stellte sich heraus, dass das Wahlamt in Brooklyn insgesamt 126.000 Demokraten aus den Karteien gestrichen hatte – was viele erst herausfanden, als sie wählen wollten. Insgesamt vermeldete das Justizministerium des Bundesstaats so viele Beschwerden wie seit Jahren nicht mehr – ein schlechtes Omen für die Wahl im Herbst.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung JK: Da scheint die Welt für die neoliberalen “Qualitätsjournalisten” des Spiegel ja wieder in Ordnung. Die Lieblingskandidatin der US-Oligarchie und der Wall Street liegt, auch wenn es einige Merkwürdigkeiten gab, bei den Vorwahlen in New York vorne. Begeistert wird festgestellt, “Clinton kann es noch” und “New York lässt sich nicht veräppeln”, wobei die Frage ist, wo etwa Bernie Sanders versucht haben soll die Menschen zu veräppeln? Sanders Position ist völlig klar, gegen den Neoliberalismus und die unverschämte Selbstbereicherung des obersten 1%. Wenn jemand die Menschen veräppelt, ist es Clinton, die für sechsstellige Tantiemen Vorträge für die Finanzindustrie hält und ihr New Yorker Wahlkampfbüro in einem Gebäude einquartiert hat, dessen Hauptmieter die Banker von Morgan Stanley sind. Wobei die Frage ist, weshalb gerade deutsche “Qualitätsjournalisten” Clinton so favorisieren? Aus europäischer Perspektive wäre ein Präsident Sanders sicher angenehmer. Clinton wird die aggressive US-Außenpolitik mit dem Kriegskurs gegen Russland und der weltweiten Anheizung von Bürgerkriegen im Interesse des militärisch-industriellen Komplexes fortsetzen, wenn nicht sogar forcieren.

  17. Wie man die AfD bekämpfen sollte – und wie nicht
    Seit 2014 wurde ich von diversen Institutionen und Organisationen zu Vorträgen und Diskussionen über die AfD eingeladen (Volkshochschulen, Gliederungen der LINKEN, IG Metall, VVN/BdA, Linke Buchmesse u.a.). In den Diskussionen bei diesen Anlässen kam immer wieder die Frage auf, wie man sich wirksam mit dieser Partei auseinandersetzen solle. Die Frage erscheint nach den großen Erfolgen der Partei bei den Landtagswahlen vom 13. März 2016 in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg noch dringlicher. Es ist zu begrüßen, wenn die AfD nun ernster genommen wird. Wenn man wie beispielsweise die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer versucht, die AfD durch Boykottandrohung aus öffentlichen Diskussionen herauszuhalten, wird man dieser Partei nur weitere Munition verschaffen. Denn dann kann sie sich als Opfer der Etablierten präsentieren. Leider scheint die dilettantische Vermeidungspolitik jetzt z.T. einer aufgeregten Ausgrenzungspolitik zu weichen, die ebenso ungewollt der AfD nützen kann. Deswegen habe ich als Zwischenergebnis vieler Diskussionen mit Personen aus unterschiedlichen Ebenen der Politik, Gedanken zum Umgang mit der AfD zusammengefasst; sie sollen als Orientierung für das Vorgehen gegenüber der AfD und als Anregungen zu weiteren Debatten dienen.
    Quelle: Sozialistische Linke

    Anmerkung unseres Lesers M.S.: Der Text ist lang aber inhaltlich sehr gut. Der wichtigste Hinweis ist für mich, dass man nicht zu viel Energie darauf verwenden sollte, die Programmpunkte der AfD anzugreifen. Dadurch lenkt man den Fokus auf die AfD und mach indirekt doch Werbung für sie. Besser ist es, das eigene Konzept zu vermitteln. Interessant fand ich auch, dass Rechtspopulisten, wie die AfD, vor allem in den Ländern stark sind, in denen die Sozialdemokraten neoliberal geworden sind. Dann können die Rechtspopulisten über einen Wohlstandschauvinismus punkten. […]

    dazu: Darf’s noch ein wenig rechter sein?
    Der Programmentwurf der Rechtspopulisten sorgt auch in der Partei für Streit. Vielen ist er nicht rechts genug. Hunderte Änderungsanträge liegen vor.
    Quelle: taz

  18. Thilo Sarrazin darf wieder hetzen
    Thilo Sarrazins neues Buch »Wunschdenken« wirkt wie das aufgewärmte Best-of früherer Pamphlete – kulturalistische Ideologie inklusive
    Ex-Politiker Thilo Sarrazin (SPD) wettert in einem neuen Buch über Geflüchtete, Europa und den Euro. Als PR-Partner hat er dafür die »Bild« gewonnen. Das Blatt hilft ihm, kulturalistische Denkweisen zu verbreiten.
    Thilo Sarrazin und die »Bild« bilden eine Symbiose: Wo immer der frühere SPD-Finanzsenator aus Berlin ein neues Projekt bewerben will, ist das Springer-Blatt zur Stelle. Wie schon vor sechs Jahren bei »Deutschland schafft sich ab«, ließ es sich die Boulevard-Gazette auch nun wieder nicht nehmen, Sarrazins neuestes Werk »Wunschdenken. Europa, Währung, Bildung, Einwanderung – warum Politik häufig scheitert« in Teilen als Vorabdruck zu veröffentlichen. Für beide Seiten eine Win-win-Situation: Während sich der rechte Buchautor mit SPD-Parteibuch über millionenfach gedruckte Aufmerksamkeit für sein neues Pamphlet freuen darf, bekommt die »Bild« die kalkulierte Scharfmacherschlagzeile frei Haus geliefert. Man beachte: Jenes Blatt, dessen Chefredaktion sich im vergangenen Jahr als publizistische Speerspitze der »Refugees Welcome«-Bewegung inszenierte.
    Quelle: Neues Deutschland


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