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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 23. Mai 2016 um 8:31 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. How Far Is Europe Swinging to the Right?
  2. Wie die SPD den Bundestag bei CETA außen vor hält
  3. G-7-Treffen – Reformen nach deutschem Vorbild
  4. Ich bin mir sicher, dass es wieder einen Crash geben wird
  5. NATO-Russland-Rat soll erneut tagen
  6. Türkei
  7. Frankreich
  8. Abgabenexplosion in Griechenland: “Als Nächstes besteuern sie die Luft zum Atmen”
  9. Amerikanischer Mindestlohn – Obamas Lohn
  10. US capitalism in crisis while most Americans lose out
  11. Positivliste, Meistbegünstigtenklausel und vorläufige Anwendung
  12. Jens Spahn: Das Rentenniveau muss weiter sinken
  13. Krankenkassen sollen in Aktien investieren
  14. Deutschland ist Europameister bei der Luftverschmutzung
  15. Die Notdurft der Anderen
  16. Deutscher Waffenhandel
  17. Großbritannien
  18. Stagnation, Rechtspopulismus und die Krise der Eliten

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. How Far Is Europe Swinging to the Right?
    Amid a migrant crisis, sluggish economic growth and growing disillusionment with the European Union, right-wing parties — some longstanding, others newly formed — have been achieving electoral success in a growing number of European nations.

    Quelle: The Guardian
  2. Wie die SPD den Bundestag bei CETA außen vor hält
    Freitag der 13. (Mai) war ein passendes Datum für die zwei Veranstaltungen. Der Bundestag erklärte nicht nur die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern (darüber wurde in den Medien berichtet), er debattierte auch über zwei Anträge der LINKEN zu CETA. Und in Brüssel besprach der EU-Ministerrat das weitere Vorgehen bei CETA. Vor allem die Gabriel-Partei, die gern gegen dieses Abkommen mit Kanada wäre, aber nicht dagegen sein darf, übte sich in Obstruktion des Parlaments, Volksverdummung und schleichender Selbstvernichtung.
    Quelle: Norbert Häring
  3. G-7-Treffen – Reformen nach deutschem Vorbild
    Die Weltkonjunktur lahmt. Doch die sieben wichtigsten Industrienationen lehnen Wachstumsprogramme ab. Sie setzen auf Strukturreformen, wie es Deutschland verlangt.
    Die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben wichtigsten Industrieländer wollen die weltweite Wirtschaft vor allem mit Strukturreformen in Schwung bringen. Das teilte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach einem Treffen der G-7-Gruppe im japanischen Sendai mit. “Das Wichtigste sind Strukturreformen”, sagte Schäuble. Von großzügigen staatlichen Ausgabenprogrammen zur Belebung des schleppenden weltweiten Wachstums, über die in der Vergangenheit gestritten wurde und auf die Japan setzt, war bei dem zweitägigen G-7-Treffen keine Rede mehr.
    Schäuble sagte, bei staatlichen Ausgaben komme es nicht immer auf die Höhe an, sondern auf die Zusammensetzung. Es sei entscheidend, sie möglichst gezielt so vorzunehmen, dass sie das Wachstum nachhaltig förderten.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das Gegenteil ist wahr, wenn man anderen Nachrichtenagenturen Glauben schenkt. “Strukturreformen” alias radikaler Sozialabbau und brutale Lohnkürzungen will außer dem völlig verbohrten deutschen Finanzminister niemand, und anscheinend gab es sonst vor allem Warnungen vor einem Währungskrieg und noch mehr Abwertungen und sehr wenig Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Z. B. heißt es bei Reuters:

    U.S., Japan disagreement on yen moves overshadows G7 meeting
    […] G7 leaders called for a mix of monetary, fiscal and structural policies to boost demand but left it to each country to decide its own policy priorities – dashing Japan’s calls for more aggressive joint fiscal action.
    Germany has shown no signs of responding to calls from Japan and the United States to boost fiscal spending.
    Quelle: Reuters

    Die ZEIT fungiert einmal mehr als Verlautbarungsorgan der Regierung. Hier stimmt leider der Vorwurf der “Lügenpresse”. Warum tut eine Zeitung so etwas?

  4. Ich bin mir sicher, dass es wieder einen Crash geben wird
    Sahra Wagenknecht über den Abschied vom Ordoliberalismus unter Rot-Grün und philosophische Einwände von Homer Simpson
    In ihrem neuen Buch Reichtum ohne Gier untersucht Sahra Wagenknecht unter anderem, wie die Bundesrepublik den Weg weg vom Ordoliberalismus und hin zu einem spekulativen Finanzkapitalismus ging, der auf kurzfristige Profite ausgerichtet ist. Reinhard Jellen hat sie dazu befragt
    Quelle: Telepolis
  5. NATO-Russland-Rat soll erneut tagen
    Von normalen Beziehungen sind West und Ost in Europa weit entfernt. Nun will die NATO wieder mehr mit Moskau reden, heißt es in Brüssel. Es soll in Kürze eine weitere Tagung des NATO-Russland-Rates geben.
    Auf den Kontakt mit Moskau hat insbesondere die Bundesregierung stets gedrungen: “Wir befinden uns in einer Situation, in der wir das Gespräch mit Russland nicht abbrechen, sondern eher noch intensivieren sollten“, sagte Außenminister Steinmeier heute in Brüssel.
    Der deutsche Chefdiplomat hat dabei in erster Linie die Krisenherde Syrien und Libyen im Blick. Um bei der Lösung beider Konflikte Fortschritte zu erzielen, ist aus Steinmeiers Sicht eine Zusammenarbeit mit Russland unerlässlich. (…)
    Im April hatte erstmals nach fast zwei Jahren Auszeit der NATO-Russland-Rat wieder getagt. Ein Gremium, das einst geschaffen worden war, um ein vertieftes Gespräch mit Moskau zu ermöglichen. Doch das war aber infolge der Ukraine-Krise auf Eis gelegt worden. Nun ist ein weiteres Treffen noch vor dem NATO-Gipfel Anfang Juli geplant.
    Quelle: tagesschau.de

    Anmerkung Christian Reimann: Die Wiederaufnahme der Gespräche in diesem Rahmen ist zu begrüßen. U.a. der ehemalige NATO-General Kujat hatte dazu angeregt – bitte lesen Sie dazu erneut Harald Kujat: Putin braucht ein Angebot.

  6. Türkei
    1. Erdoğans Werk und Merkels Beitrag
      Auf Betreiben von Staatschef Recep Tayyip Erdoğan hat das türkische Parlament die Immunität von einem Viertel seiner Abgeordneten aufgehoben. Mit dem Coup soll die prokurdische Oppositionspartei HDP ausgeschaltet und eine Präsidialdiktatur errichtet werden. –
      Der starke Mann am Bosporus hat sich durchgesetzt. Wieder einmal. Das Parlament in Ankara ist dem Ruf aus dem Saray, dem großen weißen Präsidentenpalast gefolgt, und hat sich selbst entmachtet. Mit den Stimmen der islamischen Regierungspartei AKP, der sozialdemokratischen CHP und der rechten MHP haben die Abgeordneten die Verfolgung ihrer Kolleginnen und Kollegen von der prokurdischen linken HDP möglich gemacht. Staatschef Erdoğan schimpft die prokurdische Partei den „parlamentarischen Arm der PKK“, der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans. Seine Ausgrenzungs- und Verfolgungspolitik wird nun von einer ganz großen Koalition im Parlament unterstützt. Und ebenso sein Wunsch, die laizistische Republik Türkei in eine islamische Präsidialdiktatur zu verwandeln.
      Präsident Erdoğan ist mit der „historischen Abstimmung“ zufrieden, gibt sich vor seinen Anhängern paternalistisch väterlich: „Mein Volk möchte im Parlament keine Abgeordneten sehen, die Verbrechen begangen haben.“ Das gelte vor allem für Parlamentarier, die eine „separatistische Terrororganisation unterstützen“, verklärt der Staatspräsident seinen kalten Staatsstreich als Anti-Terror-Maßnahme. Nun seien die Gerichte am Zug. Erdoğans Erlass an die Richter: „Nehmt sie und richtet über sie. Sie sollen den Preis, welchen auch immer, bezahlen.“
      Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die gescholtenen Parlamentarier der Demokratischen Partei der Völker verhaftet werden. Die HDP-Vorsitzenden Selahettin Demirtas und Figen Yüksedag fürchten zu Recht, dass das Gros ihrer Fraktion, 50 von 49 Abgeordneten, wegen „Terrorpropaganda“ angeklagt und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden. Mit der Schwächung der einzigen relevanten Opposition wird sich das Kräfteverhältnis im Parlament ändern, Erdoğan hat dann die notwendige Zweidrittelmehrheit für die gewünschte Verfassungsänderung.
      Quelle: Hintergrund
    2. EU-Türkei-Flüchtlingsdeal muss beendet werden
      Inhaftierungen, Abschiebungen, kein Zugang zum Asylverfahren: Der EU-Türkei-Deal hat an Europas Grenzen zu rechtlosen Zuständen geführt. PRO ASYL hat die fatalen Folgen des Deals in einem Bericht dokumentiert und fordert anlässlich der Reise der Bundeskanzlerin in die Türkei am 22. Mai die Aussetzung des EU-Türkei-Abkommens.
      Unsere Dokumentation zeigt: Die ersten Auswirkungen übersteigen unsere schlimmsten Befürchtungen. In die Türkei Zurückgeschobene werden inhaftiert. Die Möglichkeit, Asylanträge zu stellen, gibt es faktisch nicht. Die Inhaftierten werden gezwungen, ihre Zustimmung zur freiwilligen Ausreise zu erklären. Ansonsten droht ihnen monatelange Haft.
      Auf den griechischen Inseln sitzen Mitte Mai mehr als 8.300 Menschen fest – mehrere Tausend sind inhaftiert. Die Haftlager und provisorischen Unterkünfte sind völlig überfüllt, die hygienischen Verhältnisse katastrophal und die Essenversorgung absolut defizitär.
      Zu diesem Schluss kommt auch Human Rights Watch in einem aktuellen Bericht vom 19. Mai 2016. HRW beschreibt die Situation in den griechischen Hotspots als chaotisch und gefährlich, insbesondere für Frauen und Kinder. Bei Auseinandersetzungen in den Haftlagern zieht sich die Polizei immer häufiger zurück. Unter diesen chaotischen Verhältnissen ist die körperliche Integrität der Schutzsuchenden nicht mehr gewährleistet. Auch unsere Mitarbeitenden sprechen von einer Situation, die außer Kontrolle geraten sei.
      In dieser Situation, in der Flüchtlingen weder eine geregelte Basisversorgung gewährt noch ihre Sicherheit in den Lagern gewährleistet wird, kann es kein rechtsstaatliches Verfahren geben.
      Quelle: Pro Asyl
  7. Frankreich
    1. Frankreichs umkämpfte Arbeitsrechts-„Reform“, Teil 27
      Streix!, Demonstrationen!, Blockaden!: die Protestbewegung nimmt (endlich) auch „auf ökonomischer Ebene“ an Fahrt auf / Beeindruckender Zwischenstand vor allem in den Raffinerien und Treibstoffdepots / Platzbesetzerbewegung bringt sich bei den Blockaden mit ein / Demobeteiligung am Donnerstag hat sich gegenüber Dienstag wieder verdoppelt / Polizei-Demo am Mittwoch, den 18. Mai: Front National-Abgeordnete als Hätschelkinder / Kommende Termine: Abendprogramm vor dem Sitz des Arbeit„geber“verbands Merdef, pardon: MEDEF; Aktionstag am 26. Mai; frankreichweite Demo am 16. Juni 16 geplant
      Frankreichs derzeitige massive Sozialprotestbewegung gehorcht ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten. Diese mögen manchmal verwirrend oder schwer voraussagbar erscheinen, denn einige Besonderheiten charakterisieren diese Streik-, Sozialprotest- und Jugendbewegung im Vergleich zu früheren (1995, 2003, 2010). Dazu gehören: ihre außergewöhnliche Dauer bei gleichzeitig lange Zeit ausbleibender „Zuspitzung“; ihr gemischter Charakter, was die beteiligten sozialen Gruppen betrifft. (So spielten die Studierenden in der ersten Phase ab Ende Februar d.J. eine Schlüsselrolle und sind nun weitgehend von der Bildfläche des Sozialprotests verschwunden. Nicht völlig, nein, aber sie bilden nicht mehr den bestimmenden oder vorantreibenden Faktor.)
      Hinzu kommt offensichtlich auch die Unregelmäßigkeit ihrer Auf- und Abbewegungen. So schien die Situation zu Anfang der Woche von einem quantitativen Rückgang gekennzeichnet (vgl. unseren Teil 26), und die Bewegung schien gleichzeitig radikaler und minoritär zu werden. Und nun nimmt die Beteiligung plötzlich wieder sprunghaft zu (ohne das quantitative Niveau vom 31. März dieses Jahres, oder vom Herbst 2010 bei den Demonstrationen gegen die damalige und mittlerweile vor-vorletzte „Rentenreform“, zu erreichen).
      Am Dienstag dieser Woche, 17. Mai demonstrierten aus Anlass des sechsten gewerkschaftlichen „Aktionstag“ in Folge in Paris laut realistischen Schätzungen zwischen 10.000 und maximal 15.000 Menschen. Die Angaben des Verfassers beruhen auf der Verweildauer (25 Minuten) und der Breite (im Durchschnitt zwanzig Personen pro Reihe) an der Métro-Station Duroc. Doch am gestrigen Donnerstag, den 19. Mai bot sich zum siebten „Aktionstag“ bereits wieder ein anderes Mal. Die reale Zahl betreffend die Teilnehmer/innen/zahl in Paris dürfte bei plus / minus 25.000 Personen liegen – beruhend auf den Bemessungsgrundlagen Dauer des Vorbeiziehens (55 Minuten) und Breite (erneut rund zwanzig Personen pro Reihe, allerdings unregelmäßig) an der Seinebrücke in der Nähe der Métro-Station Quai de la Rapée.
      Quelle: LabourNet Germany
    2. Gewerkschaften gegen die Arbeitsmarkt»reformen«
      Seit über sieben Monaten dauert der politische Notstand in Frankreich an. Staatspräsident François Hollande hatte ihn nach den Pariser Attentaten verhängt und vom Parlament verlängern lassen. Theoretisch kann man nun ohne Kontakt zum Anwalt wochenlang von der Polizei weggesperrt werden, ist das Demonstrationsrecht eingeschränkt und Tausende Hausdurchsuchungen sind durchgeführt worden.
      In diesem Klima der Bedrohung, die insbesondere der migrantische Teil der Bevölkerung empfinden muss, in deren Nachbarschaft diese Durchsuchungen und vorübergehenden Festnahmen stattfinden, spielt sich auch der soziale Großkonflikt ab, der das Ende der in Deutschland so oft überschätzten französischen Kampfbereitschaft bedeuten könnte.
      Hollande und seine neoliberale Kabinettsmannschaft um Premierminister Valls hatten nach den großen Steuererleichterungen und einem nur halbherzigen Investitionsprogramm die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in Angriff genommen (Verlängerung des Arbeitstages, Verbilligung der Sozialpläne bei Entlassungen, Vorrang der Betriebsvereinbarung vor dem Tarifertrag usw. – siehe dazu ausführlicher hier). Nur ein Teil der Gewerkschaftsbünde begann mit der Mobilisierung auf der Straße. Die CFDT und andere verhandelten.
      Diese Spaltung stand der Mobilisierung in den Betrieben entgegen, auch wenn es die erneuerte Führung der CGT nicht wahrhaben wollte. Insbesondere die Raffinerie-Beschäftigten und der Sektor der Lebensmittelindustrie, deren Gewerkschaften dem Weltgewerkschaftsbund seit 2014 wieder angehören, aus dem die CGT 1995 ausgetreten ist, bestimmen seit dem letzten CGT-Kongress den radikalisierten Kurs der ehemals kommunistischen Gewerkschaft.
      Der Erfolg der Gewerkschaften hängt davon ab, dass sie tatsächlich einen Industriezweig lahmlegen (was im produzierenden Gewerbe kaum noch gelingt), und dass sie die Streiks bis zum 16. Juni aufrecht erhalten können, wenn das Gesetz endgültig verabschiedet werden soll.
      Quelle: Sozialismus aktuell
    3. Der Hype um »Nuit Debout«
      Die Leute der Bewegung »Nuit Debout« (»die Nacht über wach sein«) in Frankreich interessieren die Ränkespiele, wer in welcher Formation Präsidentschaftskandidat wird, nur noch am Rande. Diese Versammlungen, die nach dem erfolgreichsten Aktionstag gegen die neuen Arbeitsgesetze entstanden sind, gibt es in einigen Großstädten. Aber sie sind nicht das neue große Ding, das sich manche deutschen Presseorgane davon versprechen.
      Die ersten großen Demonstrationen hatten ein junges Gesicht. Die »Reform« der Arbeitsgesetze im Zeichen von »mehr arbeiten, weniger verdienen, leichter entlassen« provozierte besonders junge Franzosen, die ihre ohnehin nicht rosigen Startchancen für ein angemessenes Arbeitsleben weiter schwinden sahen. Mit einer Konzession bei den befristeten Arbeitsverträgen brachte Premierminister Manuel Valls auch noch die Unternehmer gegen die Gesetzesnovellierung auf, konnte zugleich aber die StudentInnen mit Stipendienzusagen nicht zurückgewinnen.
      Angesichts der Rekord-Wahlenthaltung bei den jüngeren Jahrgängen und ErstwählerInnen sind manche Kommentatoren geneigt, die französische Jugend als passiv, vergnügungssüchtig, unpolitisch zu bezeichnen. Die unendlichen Redebeiträge, facebook-Notizen und »Klagenmauern« zeigen ein anderes Bild. Ein Bild der vielen tausend Leiden am System: unbezahlte Überstunden im Altenheim, verweigerte tarifliche Leistungen, Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche ohne unbefristeten Arbeitsvertrag, fehlende Asbestsanierung in der Schule, selbstbezahltes Unterrichtsmaterial, jeden dreckigen Job machen zu müssen usw.
      Quelle: Sozialismus aktuell
  8. Abgabenexplosion in Griechenland: “Als Nächstes besteuern sie die Luft zum Atmen”
    Diesen Sonntag stimmt das griechische Parlament über drastische Steuererhöhungen ab. Bier, Hotels, Lebensmittel – fast alles soll spürbar teurer werden. Wie denken die Griechen darüber?
    Alexis Tsipras bleibt seinem Grundsatz treu: “Wenn etwas floriert, besteuere es.” Seine Regierung hat dem Parlament in dieser Woche ein Gesetz über Steuererhöhungen von 1,8 Milliarden Euro im Jahr vorgelegt. Das entspricht einem Prozent der Wirtschaftsleistung. In Deutschland wären das 30,3 Milliarden Euro. Es trifft jeden Griechen – vom Fünf-Sterne-Hotelier über Biertrinker und Internetnutzer bis hin zu Rauchern.
    Dabei sind erst vor Kurzem die Renten erneut gekürzt und die Einkommensteuer angehoben worden. Die Regierung in Athen hofft damit, die Euro-Finanzminister zu erweichen: Sie sollen in der kommenden Woche die nächste Kredittranche für Griechenland freigeben.
    Der Unmut unter den Griechen ist groß – verständlicherweise. Nur zu gut erinnern sie sich an Tsipras’ Versprechen, dieser Strategie ein Ende zu bereiten. Sie hat sich ja nicht nur als unpopulär erwiesen, sondern überdeutlich auch als erfolglos: Trotz stetiger Anhebungen lag etwa das Aufkommen aus der Mehrwertsteuer im vergangenen Jahr um 3,5 Milliarden Euro niedriger als noch 2009 – zum Teil, weil zu hohe Steuern die Nachfrage abschnüren. Und zum anderen Teil deshalb, weil viele Griechen nur eine Möglichkeit sehen, über die Runden zu kommen: den Fiskus zu betrügen, wo immer es geht.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  9. Amerikanischer Mindestlohn – Obamas Lohn
    Barack Obama will zum Ende seiner Amtszeit die Mindestlöhne erheblich anheben. Glaubt man dem Präsidenten, schieben die staatlichen Lohneingriffe die Wirtschaft an. Das ist bestenfalls naiv. Ein Kommentar.
    Seit in Venezuela die Regierung die Supermarktpreise bestimmt, herrscht dort der pure Mangel. Der staatliche Eingriff in die Märkte erzeugt echtes Elend. Dabei verfolgt die sozialistische Regierung nur beste Absichten. Sie will die Waren erschwinglich für arme Menschen halten. Das funktioniert aber nicht. Viele Deutsche wissen das. Sie haben erfahren, dass der Preis von Gütern unerheblich ist, wenn sie nicht verfügbar sind. Was eine Banane kostet, die es nicht gibt, ist schlicht gesagt Banane. Die ganze Welt, abgesehen von Nordkorea oder Kuba, sieht inzwischen angesichts solcher Beispiele ein, dass Kommandowirtschaft Mist ist.
    Die gleiche Welt freut sich aber über einen progressiven Präsidenten Barack Obama, wenn der in die Preisfindung des amerikanischen Arbeitsmarktes eingreift. Obama und seine politischen Freunde in den von starken demokratischen Mehrheiten geprägten Bundesstaaten setzen alles daran, die Mindestlöhne zum Teil drastisch zu erhöhen. Zudem hat das Weiße Haus gerade höhere Jahresgehälter angeordnet für Arbeitnehmer, deren Überstunden bisher nicht entlohnt werden müssen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die FAZ setzt also in aller Dreistigkeit die fehlgeschlagene Kommandowirtschaft Venezuelas mit den zaghaften Versuchen Obamas gleich, im Heimatland des Turbokapitalismus die Mindestlöhne einigermaßen existenzsichernd zu gestalten??? An vielen Orten in Kalifornien sind schon die genannten 40.000 USD des Restaurantbesitzers knapp, aber von den aktuell 10 Dollar Mindestlohn kann wirklich keiner leben. (Im Silicon Valley bspw. kosten 1-Zimmer-Wohnungen leicht 2.000 Dollar Miete pro Monat.) Also was will die FAZ? Natürlich lediglich den arbeitslosen schwarzen Jugendlichen helfen, denen ein höherer Mindestlohn schadet… und niemals den Arbeitgeberwunsch nach Sklavenarbeiten befördern. Selbstredend kommt auch das Wort “Nachfrage” im Artikel nicht vor.

  10. US capitalism in crisis while most Americans lose out
    Crisis always brings opportunity. And right now, we are having a crisis of capitalism unlike anything experienced during the last four decades, if not longer. The evidence is everywhere – in rising inequality, in the division of fortunes between companies and workers, and in lethargic economic growth despite unprecedented infusions of monetary stimulus by the world’s governments (a huge $29tn in total since 2008). Eight years on from the financial crisis and great recession, the US, UK and many other countries are still experiencing the longest, slowest economic recoveries in memory.
    This has, of course, diametrically shifted the political climate, creating a paradigm of insiders versus outsiders. In the US, Donald Trump and Bernie Sanders are different sides of the same coin; in Britain, Jeremy Corbyn is an equally dramatic response to establishment politics. The challenges to the political and economic status quo are not going away anytime soon. A recent Harvard study shows that only 19% of American millennials call themselves capitalist, and only 30% support the system as a whole. Perhaps more shocking, the numbers are not much better among the over-30 set. A mere half of Americans believe in the system of capitalism as practised today in the US, which is quite something for a nation that brought us the “greed is good” culture.
    Quelle: Rana Foroohar im Guardian
  11. Positivliste, Meistbegünstigtenklausel und vorläufige Anwendung
    Die Werkzeuge der Freihandelsabkommen und ihre Auswirkungen
    Zu den wichtigsten Zielen von Freihandelsabkommen zählt der immer wieder erwähnte Abbau von Regulierungen und die dadurch mögliche Erleichterung des globalen Handels. Wer jedoch genauer hinschaut, entdeckt, dass keinesfalls auf Regulierungen verzichtet werden soll, welche kapitalkräftige Investoren begünstigen und kleine und mittlere Unternehmen sowie die Beschäftigten dieser Unternehmen, die Zivilgesellschaft und die kleineren Staaten eher benachteiligen. Man will durch die Freihandelsabkommen das höchste Liberalisierungs- und Investitionsschutzniveau erreichen. Wer diese Prioritäten kennt, kann auch die einzelnen Maßnahmen besser einordnen und ihre Folgen leichter nachvollziehen.
    Im Laufe der Verhandlungen um die inzwischen über 200 Freihandelsabkommen haben sich mehrere Werkzeuge als besonders effizient und durchschlagend herausgestellt, die inzwischen in allen Verhandlungen um Freihandelsverträge auftauchen und in der Praxis auch nicht mehr umgangen werden können. Besonders heimtückisch sind dabei Änderungen in der Systematik, welche eine Bewertung der Konsequenzen deutlich erschweren und in der öffentlichen Diskussion daher meist übersehen werden.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: Der bekannte Sumpf von TTIP + Co wird immer tiefer und ich bezweifle, dass Merkel und Gabriel die neoliberalen Machenschaften überblicken. Sollte das Handelsabkommen in Kraft treten, müsste das Ziel die Auflösung der EU sein, um aus dieser Knechtschaft der Konzerne überhaupt heraus zu kommen.

  12. Jens Spahn: Das Rentenniveau muss weiter sinken
    Staatliche Rente, private Vorsorge, betriebliche Alterssicherung: Das Rentenniveau auf dem heutigen Stand zu halten wäre ziemlich teuer, sagt CDU-Politiker Jens Spahn.
    Das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn hat davor gewarnt, das Rentenniveau auf dem heutigen Stand zu halten. „Das wäre ziemlich teuer und hilft denen kaum, die es wirklich brauchen“, sagte Spahn dem Tagesspiegel – und erteilte damit entsprechenden Forderungen der SPD eine Absage. Er wundere sich, so der Finanzstaatssekretär, „dass eine Partei, die für die Arbeiter da sein will, nur über höhere Renten redet und nicht über die Beschäftigten, die das mit ihren Beiträgen teuer bezahlen müssten“.
    Über viele Jahre habe sich „ein Grundkonsens herausgebildet über die Notwendigkeit, die Rente für eine älter werdende Gesellschaft fit zu machen“, sagte Spahn. „Den sollten wir nicht kurzfristiger Schlagzeilen wegen über Bord werfen. Gerade als Volksparteien sollten wir ein gemeinsames Interesse daran haben, den Menschen nicht Dinge zu versprechen, die man gegen die Mathematik nicht halten kann.“
    Gleichwohl machte sich der CDU-Politiker für Reformen bei der Rente stark. „Wer sich mit Mitte 50 kaputt gearbeitet hat, etwa auf dem Bau, der kriegt beschämend wenig“, sagte Spahn. „Gezielte Nachbesserungen bei der Erwerbsunfähigkeit – da wäre ich sofort dabei.“
    Scharfe Kritik übte Spahn an der Äußerung von CSU-Chef Horst Seehofer, dass die Riester-Rente gescheitert sei. Diese Wortwahl sei “falsch und fatal”, sagte der CDU-Politiker. Schließlich hätten die 16 Millionen Riester-Sparer “etwas richtig gemacht: Sie verzichten heute und sparen für später.” Allerdings sei es ein Fehler gewesen, die Riesterrente nicht verpflichtend gemacht zu haben.
    Quelle: Der Tagesspiegel

    Anmerkung Christian Reimann: Herr Spahn, der scheinbar noch nie als „normaler“ Arbeitnehmer tätig war, erdreist sich, für die Interessen der Arbeiter zu sein. Sein Einsatz für die private Riester-Rente offenbart jedoch: Entweder ist er schlicht beratungsresistent (dann handelt er wohl böswillig gegenüber der Arbeitnehmerschaft) oder – was durchaus vermutet werden darf – er handelt lediglich aus eigenem Interesse an der privaten Rentenvorsorge heraus. Hat Herr Spahn Kontakte zu dieser Branche? Oder hat er sich die USA als Vorbild auserkoren?

    Dazu: USA: Zahl der Über-65-Jährigen, die noch arbeiten, auf Rekordhöhe
    Mit der Verrentung sind dementsprechend immer weniger zufrieden, 12 Prozent wollen/können sich nicht zur Ruhe setzen
    In Deutschland wird diskutiert, das Renteneintrittsalter, vielleicht flexibel, weiter hinauszuschieben, um das bestehende Rentensystem zu sichern. In das zahlen freilich nur zwangsweise die Angestellten ein. Voraussehbar ist, sollte sich nichts grundsätzlich politisch ändern, was nicht zu erwarten ist, dass immer mehr Menschen immer länger arbeiten müssen, um nicht in Armut zu rutschen oder sich überhaupt übers Wasser zu halten.
    Quelle: Telepolis

  13. Krankenkassen sollen in Aktien investieren
    Die Niedrigzinsen machen nicht nur den Versicherern, sondern auch den Krankenkassen zu schaffen. Nun gibt es einen Ausweg aus dem Anlagenotstand: Ein Gesetz soll den Kassen Aktiengeschäfte erlauben – aber nur begrenzt.
    Künftig sollen gesetzliche Krankenkassen einen Teil ihrer Finanzrücklagen in Aktien investieren dürfen, um für langfristige Anlagen bessere Renditen zu erzielen. Das Bundesgesundheitsministerium bestätigte am Freitag einen entsprechenden Gesetzesentwurf, über den die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” berichtet hatte. (…)
    Allerdings soll das Aktienengagement auf zehn Prozent des Anlagebetrags begrenzt werden. Das wären laut Bundesversicherungsamt knapp fünf Milliarden Euro. Zudem sollen die Krankenkassen nur Aktien in Euro kaufen dürfen, bevorzugt über Indexfonds (ETFs). Das Management müsse passiv und indexorientiert sein, heißt es nämlich.
    Bisher ließ Berlin riskante und potenziell lukrativere Anlagen wie Aktien in den Altersrückstellungen nicht zu. Dennoch hat manche AOK mit Billigung der Landesaufsicht in Aktien investiert, schreibt die “FAZ”. Eine Gesetzesänderung würde solche Engagements endlich legalisieren. Seit Ende des vergangenen Jahrzehnts sind die Krankenkassen verpflichtet, für ihre betriebliche Altersversorgung eigene Rücklagen zu bilden.
    Quelle: boerse.ARD.de

    Anmerkung Jens Berger: Die Politik will also noch mehr systemrelevante Zockerbuden, die im Falle eines Crashs vom Steuerzahler gerettet werden müssen?

  14. Verfahren der EU-Kommission: Deutschland ist Europameister bei der Luftverschmutzung
    – Die Grenzwerte für Stickstoffdioxid werden bundesweit überschreiten.
    – Die EU-Kommission betreibt deshalb zwei Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung,
    Das ist ein nicht gerade erfreulicher Titel: Deutschland ist Europameister bei der Luftverschmutzung. Das geht aus der Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor, die dieser Zeitung vorliegt. Derzeit betreibt die EU-Kommission zwei Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung. Hinzu kommt, dass bei Feinstaub und bei Stickoxid die Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) teils in großem Stil überschritten werden.
    Stickstoffdioxid (NO2) hat es im Zuge des Volkswagen-Abgasskandals in den vergangenen Monaten zu trauriger Berühmtheit geschafft. Der gasförmige Stoff entsteht bei Verbrennungsvorgängen in Dieselmotoren. Abgasreinigungssysteme können ihn unschädlich machen. Doch bei zahlreichen Modellen des Wolfsburger Konzerns sorgt der Bordcomputer illegalerweise dafür, dass die Katalysatoren nur auf dem Prüfstand und nicht im Normalbetrieb auf der Straße funktionieren. Andere Hersteller arbeiten mit anderen Tricks, die sich in einer juristischen Grauzone bewegen. Das Ergebnis ist das Gleiche: NO2 wird in rauen Mengen in die Luft geblasen. Laut Umweltministerium wird der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel an 29 Prozent aller bundesweiten Luftschadstoff-Messstellen überschritten. Die 40 Mikrogramm entsprechen auch der WHO-Empfehlung.
    Quelle: Berliner Zeitung
  15. Die Notdurft der Anderen
    Wir leben im totalen Markt. Alles ist Kundschaft und Anbieter. Dass es so ist, sieht man an den alltäglichen Kleinigkeiten. Wenn man zum Beispiel aus Scheiße noch Gold macht, dann hat man selbst die Notdurft marktkonformiert.
    Kaum dass ich aus der Redaktion des »neuen deutschland« heraus war, Richtung Ostbahnhof lief, ärgerte ich mich. Vielleicht hätte ich doch noch aufs Klo gehen sollen. Jetzt war es zu spät, der Berlin-Trip ging weiter, uns schwebte der Kurfürstendamm vor. Kaum am Bahnhof Zoo angelangt musste ich aber endgültig austreten. Es gibt Dinge, die sind nicht verhandelbar. Sanifair stand schon bereit und ich zog den Bon meines morgendlichen Sanifair-Besuches am Alexanderplatz aus dem Geldbeutel, sodass ich statt eines Euro nur fünfzig Cent für das Entleeren der Blase blechen musste. Doch es funktionierte nicht. Der Angestellte des Klobetreibers, ein trolliger Berliner, klärte mich auf: »Det jeht bei uns nich, Meister.« Am Bahnhof Zoo sind wohl die Sanifair-Scheine von anderen stillen Örtchen nicht kompatibel. »Da können se sich wat oben für koofen, aber nu müssen se nen Euro hier rinnwerfen«, riet er mir und zeigte auf den Einwurfschlitz. »Großartig«, antwortete ich, »oben kaufe ich mir was zum Trinken und dann muss ich wieder pinkeln.« Der Berliner grinste und scherzte, dass »dat der ewige Kreislauf« sei.
    Quelle: Neues Deutschland
  16. Deutscher Waffenhandel
    1. Gegen die Aushöhlung der Meinungs- und Pressefreiheit – Solidarität mit Jürgen Grässlin!
      Sie haben das Buch „Netzwerk des Todes. Die kriminellen Verflechtungen von Waffenindustrie und Behörden“ verfasst und darin auszugsweise in Zitaten und partiellen Auszügen aus Dokumenten auf mögliche Straftaten von Vertretern des Waffenproduzenten und -exporteurs Heckler & Koch (H&K) in Zusammenarbeit mit dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und dem Bundesausfuhramt (Bafa) hingewiesen.
      Gegen die drei AutorInnen ermittelt gegenwärtig die Staatsanwaltschaft München wegen des Verdachts verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen gemäß Paragraf 353d Strafgesetzbuch – gemeint ist die verbotene Veröffentlichung amtlicher Schriftstücke. Der Straftatbestand sieht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vor. Geprüft wird, ob noch andere Straftatbestände in Betracht kommen.
      Nach Auffassung des BundessprecherInnenkreises der DFG-VK ist dies der ebenso durchsichtige wie üble Versuch, Jürgen Grässlin und seine MitstreiterInnen für ihre Veröffentlichungen über mögliche kriminelle Machenschaften von H&K-Beschäftigen sowie über die Unterstützung dieser Machenschaften durch ranghohe Ministerialbeamte abzustrafen und zu diskriminieren.
      Quelle: DFG-VK
    2. Waffen für Saudis – Hersteller macht Druck
      Heckler & Koch würde gerne Bauteile für G36-Gewehre nach Saudi-Arabien liefern, bekommt aber seit 2013 keine Genehmigung mehr dafür. Nach Informationen von NDR, WDR und “SZ” erhöht das schwäbische Rüstungsunternehmen nun den Druck auf die Bundesregierung.
      Der Konflikt um Waffenexporte nach Saudi-Arabien verschärft sich. Weil die Bundesregierung seit 2013 keine Ausfuhr von Bauteilen mehr genehmigt hatte, erhob das Rüstungsunternehmen Heckler & Koch zunächst Untätigkeitsklage – um eine Entscheidung zu erzwingen. Nach Informationen von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung” hat das Unternehmen die Klage vor dem Verwaltungsgericht in Frankfurt am Main geändert und will nun die Bundesregierung zu einer Ausfuhrgenehmigung verpflichten lassen.
      Die schwäbische Rüstungsschmiede Heckler & Koch will so erreichen, dass Bauteile für das G36-Gewehr ausgeführt werden dürfen. Seit 2008 baut Saudi-Arabien die Waffe in Lizenzfertigung. Im Juni soll es nun zu einer mündlichen Verhandlung kommen.
      Quelle: tagesschau.de
    3. Rheinmetall ist Zulieferer für Munitionsfabrik in Saudi-Arabien
      Bombengeschäfte mit den Saudis: Die deutsche Firma Rheinmetall macht umstrittene Deals mit Saudi-Arabien – obwohl das Königreich Krieg im Jemen führt.
      Der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern hilft dem Militär des Königreichs Saudi-Arabien bei der Produktion von Munition. Wie der stern in seiner am Donnerstag erscheinenden Ausgabe berichtet, hat Rheinmetall erstmals eingeräumt, bei einer neuen Fabrik der Military Industries Corporation nahe Riad über eine südafrikanische Tochter “als Zulieferer eingebunden” zu sein.
      Das neu errichtete Werk war Ende März im Beisein des südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma eröffnet worden. Laut einer offiziellen Erklärung von Zuma ist die südafrikanische Rheinmetall-Tochter Rheinmetall Denel Munition auch Betreiber der Fertigungsstätte. Rheinmetall bestritt das gegenüber dem stern. Betreiber sei allein die Military Industries Corporation. Sie ist dem saudi-arabischen Verteidigungsminister unterstellt.
      Quelle: stern
  17. Großbritannien
    1. Antisemitismus in der Labour Party?
      „Ausfälle gegen Juden“, berichtet die Londoner Welt-Korrespondentin Stefanie Bolzen, „sind in der britischen Labour-Partei fast zur Normalität geworden“. In der FAZ fragt Raphael Gross besorgt: „Was ist nur mit der Labour Party los…?“ Und er will wissen: „Warum spielen Teile der Linken den Holocaust herunter?“ Die NZZ spricht in ihrer Schlagzeile kurzerhand – und in jeder Hinsicht unangemessen – von „Corbyns Schmuddelecke“. Der Tenor dieser und anderer Beiträge in deutschsprachigen Medien ist eindeutig: Die britische Labour Party hat ein „Antisemitismus-Problem“.
      In Großbritannien ist die Berichterstattung über das Thema naturgemäß umfangreicher und dichter als hierzulande. Aber auch auf der Insel ist man sich einig in der Einschätzung. Selbst Medien, die Labour grundsätzlich wohlgesonnen sind, machen aus ihrer Empörung keinen Hehl. Der New Statesman sprach sogar von einem „Hitlergate“.
      Was genau ist passiert? Glaubt man dem Daily Telegraph, dann wurden inzwischen um die 50 Labour-Mitglieder wegen antisemitischer Äußerungen suspendiert, also ihre Mitgliedschaft ausgesetzt. Sollten sich die Vorwürfe gegen sie bestätigen, droht ihnen der Parteiausschluss.
      Unter enormen Druck geraten, hat die Partei einen internen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der eine (Einzelfall-) Prüfung vornehmen und vermutlich auch verbindliche Regeln für den Umgang mit Israel beziehungsweise Israel-Kritik formulieren soll. Was die in Rede stehenden Verdachtsfälle angeht, dürfte das wahrscheinlichste Ergebnis so aussehen: Einige der Betroffenen werden aus der Partei ausgeschlossen, andere freigesprochen.
      Quelle: Augen Auf! Und Durch…
    2. Magier des Realismus
      Jeremy Corbyn hatte eigentlich keine Chance und nutzte sie. Die Labour-Basis ist begeistert, der Rest des Landes weniger
      Ein so unvorhersehbares Ereignis wie die Wahl Jeremy Corbyns zum Vorsitzenden der Labour-Partei hat es in der Geschichte der modernen britischen Politik kaum je gegeben. Nach der Niederlage gegen David Camerons Tories bei den Parlamentswahlen im Mai 2015, die verheerender ausfiel, als alle Umfragen es befürchten ließen, trat der gemäßigte, unauffällige Labour-Chef Ed Miliband zurück, und sogleich begann unter den ehrgeizigeren Abgeordneten der Partei das Gerangel um seinen Posten. Jeremy Corbyn, ein radfahrender Abstinenzler und Vegetarier, jenseits seines Wahlkreises Islington North in London so gut wie unbekannt, zählte nicht zu den Wettstreitern.
      Er hatte nicht nur kein Interesse am Parteivorsitz: In seinen 32 Jahren als Parlamentarier hatte er nie Ambitionen auf ein hohes Amt an den Tag gelegt, weder in der Regierung noch in der Opposition. Als New Labour regierte, also zwischen 1997 und 2010, stimmte er in unerschütterlicher sozialistischer Prinzipientreue 428 Mal gegen seine eigene Parteiführung – so oft wie kein anderer Abgeordneter. (…)
      Doch so isoliert Corbyn unter den Labour-Abgeordneten dastehen mag: Ihn zu stürzen wird nicht leicht sein, denn die Basis stützt ihn, er hat viele insbesondere junge Anhänger. Labour ist heute doppelt gespalten: nicht nur zwischen ideologischen Lagern innerhalb der Partei, sondern auch zwischen der Führung und der Basis (den „Corbynistas“) auf der einen und der großen Mehrheit der Parlamentarier und alteingesessenen Funktionäre auf der anderen Seite.
      Quelle: der Freitag

      Anmerkung Christian Reimann: Ein Äquivalent zum Briten Jeremy Corbyn – oder auch Bernie Sanders aus den USA – ist in der deutschen Sozialdemokratie nicht wahrzunehmen.

  18. Stagnation, Rechtspopulismus und die Krise der Eliten
    Der weltweit renommierte “Financial Times”-Wirtschaftskommentator Martin Wolf sieht Wutbürger und Rechtspopulisten als Resultat des Endes des sozialpartnerschaftlichen Nachkriegskonsenses
    “Wiener Zeitung”: Gibt gibt es einen Zusammenhang zwischen Rechtspopulismus und der ansteigenden sozialen Ungleichheit?
    Martin Wolf: Ja, den gibt es. In Europa gab es in den vergangenen Jahrhunderten ein Ringen darum, eine stabile Form der demokratischen Politik für industrialisierte Gesellschaften zu schaffen. In der gesamten zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sahen wir das “Demokratische Zeitalter”, wie es der französische Politiker Alexis de Tocqueville genannt hat, vor unseren Augen entstehen. Und das umfasste den Wandel von absoluten Monarchien zu Staaten, in denen ein größerer Teil der Menschen Teilhabe am politischen Prozess hat. Diese Entwicklung war eine Folge von Industrialisierung und Urbanisierung, denn die Bewohner der Städte waren ein wichtiger Teil des politischen Lebens, wie es die Bauern zuvor nie gewesen waren. Aber das war ein sehr schmerzhafter Prozess, begleitet von Kriegen, massiven sozialen Verwerfungen, dem Aufstieg der Kommunisten und Nazis. Eine halbwegs befriedigende Antwort war dann mit den verschiedenen Varianten von Sozialdemokratie und der Nachkriegssynthese gefunden. Ökonomisch war das sehr erfolgreich. Das erste Mal seit dem Beginn der Industrialisierung wurden die Früchte des Wachstums ziemlich breit verteilt. Einerseits durch steigende Löhne und andererseits durch den Wohlfahrtsstaat. Der Deal lautete: soziale Sicherheit gegen hohe Steuern. Aber es war – wie sich heute zeigt – ein fragiler Deal.
    Quelle: Wiener Zeitung.at


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