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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 6. Juni 2016 um 8:34 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Torte aus Stiftungspulver
  2. Stuttgart 21 wird noch teurer und kommt noch später
  3. Frankreich-Streik: Kein Strom für Reiche
  4. Freihandel
  5. Währungsmanipulationen im US Visier
  6. Das Steuergeheimnis gerät ins Wanken
  7. Vom heimischen Sparen und den Schulden der Anderen
  8. Hartz IV
  9. Soziale Berufe machen oft unglücklich
  10. Bilderberger in Dresden 2016: Politpromis kommen
  11. NATO/Russland
  12. Die Millionen-Miete
  13. US asks Russia not to target Al-Qaeda branch in Syria – Russian FM Lavrov
  14. Verfassungsschutz im NSA-Ausschuss: Töten mit Handydaten geht gar nicht
  15. Wanka verteidigt Arzneitests an Dementen
  16. NSU
  17. Washington warnt China vor neuen Bauten im Südchinesischen Meer
  18. Warum schweigen die Lämmer? (1)

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Torte aus Stiftungspulver
    Wie eng kooperiert die Rosa-Luxemburg-Stiftung mit antilinken Gruppen?
    Krisensitzung im Karl-Liebknecht-Haus in Berlin-Mitte, Krisensitzung im ND-Gebäude am Franz-Mehring-Platz. Die Linkspartei und die ihr nahestehende Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) müssen dieser Tage darüber beraten, ob sie neben hehren politischen Willensbekundungen auch praktische Konsequenzen aus dem Angriff auf Sahra Wagenknecht ziehen. Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag war auf dem Linke-Parteitag in Magdeburg am vergangenen Wochenende von einer »Antifaschistischen Initiative« mit einer Schokoladentorte attackiert und politisch als »Menschenfeindin« in die Nähe der AfD gerückt worden. Die Angreifer kamen aus dem von der RLS geförderten »antideutschen« Milieu. Gruppen und Projekte, mit denen die Linke-nahe Stiftung kooperiert, haben die Attacke mit Häme begrüßt. (…)
    In etlichen älteren Ausgaben des Medienprojektes Straßen aus Zucker taucht im Impressum allerdings der Text auf: »Diese Ausgabe erscheint mit freundlicher Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung«. Als Pressevertreter dieses Magazins hatten sich die Angreifer in Magdeburg akkreditiert. Straßen aus Zucker ist nach eigenen Angaben »eine kostenlose antinationale Jugendzeitung«. Das Magazin erscheint etwa dreivierteljährlich und findet laut Redaktion in einer Auflage von mittlerweile 180.000 Exemplaren bundesweit Verbreitung. Die RLS erhält ihre Gelder zwar vom deutschen Staat, in diesem Fall nehmen es die antinationalen Hipster damit aber nicht so genau. (…)
    Der Tortenwerfer, der laut Straßen aus Zucker selbst nicht der – anonymen – Redaktion angehören soll, ist Medienberichten zufolge in der »AG No Tears for Krauts« aus Halle engagiert. Aktivisten der »AG« führen etwa zusammen mit »TOP B3rlin«, Mitherausgeber der Straßen aus Zucker, oder mit Sören Pünjer gemeinsame Veranstaltungen durch. Das Mitglied der Bahamas-Redaktion, Mutter aller antideutschen Postillen, lobt die »Jerusalemer Erklärung« von Vertretern der rechten Parteien FPÖ, Schwedendemokraten, Die Freiheit und Vlaams Belang, die – Pegida und Co. lassen grüßen – christlich-abendländische Traditionen gegen den Islam beschwören.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu erneut Mit freundlicher Unterstützung der Rosa Luxemburg Stiftung.

  2. Stuttgart 21 wird noch teurer und kommt noch später
    Die Bahn hat beim Bau von Stuttgart 21 neue Probleme: langwierige Planungsverfahren, verschärfter Umwelt- und Lärmschutz – und Ärger mit dem Brandschutz. Ein neues Papier zeigt die Mehrkosten.
    Das Bahn-Großprojekt Stuttgart 21 wird voraussichtlich später fertig und noch teurer als geplant. Das geht aus Unterlagen hervor, die dem Aufsichtsrat der Deutschen Bahn (DB) vom Vorstand zur Prüfung übergeben wurden. Weitere Risiken bei der Umsetzung des Projekts sowie neue gesetzliche Auflagen führen dazu, dass die Kosten erneut steigen und sich der Termin der Fertigstellung weiter verzögert.
    Wie es in den Unterlagen heißt, über die das Kontrollgremium am 15. Juni berät, ist eine Inbetriebnahme des Tiefbahnhofs in Stuttgart und des neuen Bahnknotens in der württembergischen Landeshauptstadt wie geplant im Jahr 2021 inzwischen unwahrscheinlich. Es muss von einer Verzögerung von weiteren zwei Jahren ausgegangen werden, weil die Bauarbeiten und Genehmigungsprozesse der Planung hinterherhinken.
    Ingesamt steigen die Kosten um 623 Millionen Euro. Damit befindet sich der Konzern zwar noch im Gesamtbudget, aber alle Reserven sind aufgebraucht. Das heißt, der vom Aufsichtsrat genehmigte und mit den Projektpartnern, darunter dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart, abgesprochene Finanzrahmen von 6,526 Milliarden Euro wird nicht gesprengt. Aber der finanzielle Puffer, der für weitere Unwägbarkeiten gebildet wurde, ist nun völlig aufgezehrt. Ein Bahn-Sprecher wollte zu den Vorgängen keine Stellung nehmen: “Wir äußern uns nicht zu Aufsichtsratsvorlagen.”
    Quelle: Die Welt

    Dazu: Verdacht der rechtwidrigen Einflussnahme auf Weiterbauentscheidung erhärtet
    Nach weiteren „Entschwärzungen“ der Kanzleramtsdokumente
    Das Aktionsbündnis gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 findet sich im Prozessergebnis um die Freigabe geschwärzter Vermerke voll bestätigt. Die weiteren nun einsehbaren Passagen des bisher geheim gehaltenen Dokuments zeigen, dass es in der Sache massive, wenn auch diplomatisch formulierte Forderungen gab, Verkehrs-Staatssekretär Odenwald solle seine begründete Forderung der ernsthaften Prüfung des Ausstiegs aus dem Projekt aufgeben. Obwohl es den Staatssekretären darum ging, bei Stuttgart 21 „vor dem Hintergrund der Entwicklung beim BER eine möglichst belastbare Finanzierung gewährleisten und Risiken soweit wie möglich ausschließen“ zu können, sollte sich das Verkehrsministerium die Meinung des Bahnvorstands zu eigen machen. Dieser votierte dann trotz der enormen Kostensteigerung für Weiterbau.
    Die jetzt offengelegten Textpassagen stellen weitere Mosaiksteine eines Ablaufs dar, an dessen Ende der Aufsichtsrat der DB am 5. März 2013 ein offenkundig unwirtschaftliches Projekt aus sachfremden politischen Motiven weiterbauen ließ.
    Schon der damalige Beschluss ignorierte die gesetzliche Verantwortung der Aufsichtsräte und stellte einen schwerwiegenden Rechtsverstoß dar.
    Unabhängig von der Strafwürdigkeit der damaligen manipulativen Eingriffe muss im Vorfeld des in nächster Zeit einzuräumenden weiteren Kostensprungs auf mindestens 10 Mrd. Euro erwartet werden, dass die Bundesregierung ihren Einfluss dann ausschließlich an der Wirtschaftlichkeit und am Gemeinwohl orientiert.
    Quelle: K21

    Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten haben sich mehrfach mit „Stuttgart 21“ beschäftigt und eine kritische Position bekundet – einige Beispiele:

    1. Nachtrag Nr.1 zu: „Was ist schlimmer – Stuttgart 21 oder die Zerlegung und Privatisierung der Bahn?“. Zunächst zu S21
    2. Kretschmann kann oder will die Chancen zum Ausstieg aus Stuttgart 21 nicht nutzen.
    3. Albrecht Müllers Rede auf der Großdemo gegen Stuttgart 21
    4. Strafanzeige gegen Pofalla wegen Druck auf Mitglieder des Aufsichtsrats zum Weiterbau von Stuttgart 21, obwohl auch die Bahn das Projekt für unwirtschaftlich hielt
  3. Frankreich-Streik: Kein Strom für Reiche
    Der Streik in Frankreich wird immer mehr zur Frage über Macht und Eigentumsverhältnisse, dass deutlichste Zeichen dafür liefern nun die Beschäftigten der französischen Stromkonzerne. Während ihre Bosse beim Streik den Armen den Strom abschalten wollten, drehten die Beschäftigten den Spieß um und schalteten der Industrie und der Regierung den Strom ab und der Bevölkerung an.
    Quelle: Die Freiheitsliebe
  4. Freihandel
    1. Noam Chomsky Blows the Lid Off the Latest Corporate Trade Deal (Video)
      Does free trade even exist? Chomsky breaks it down.
      Two weeks after Greenpeace released 280 pages on the TTIP trade agreement, Noam Chomsky spoke with Channel 4 about why he believes the new agreement has nothing to do with reducing tariffs, calling it “pretty extreme.”
      According to Greenpeace: “Whether you care about environmental issues, animal welfare, labor rights or internet privacy, you should be concerned about what is in these leaked documents. They underline the strong objections civil society and millions of people around the world have voiced: TTIP is about a huge transfer of power from people to big business.” (…)
      Chomsky points out that “the so-called free-trade agreements are not free-trade agreements. To a larger extend they’re not even trade agreements. These are investor rights agreements.” He continued:
      There’s a reason why they’re kept secret from the public and as soon as you look at them you see why. They’re not secret to the corporate lawyers and lobbyists who are writing the detailed regulation – of course in the interest of their constituents. The investors are given the right to sue governments for their potentially future profits They go to private trade adjudiction groups made of largely corporate representatives. They’re already going on with NAFTA and we can expect more of them. The major trading partners already have agreements that have reduced tariffs substantially with few exceptions—not many.
      Chomsky also noted that the phrase “climate change” does not appear once in these 280 pages.
      Quelle: Alternet
    2. Und der nächste Streich folgt sogleich: Freihandelsabkommen mit Mexiko
      Das Freihandelsabkommen CETA mit Kanada wollen EU-Kommission und Bundesregierung durchdrücken, an TTIP mit den USA bleiben sie dran – und nun das nächste: Schon im Juni sollen Gespräche über ein Freihandelsabkommen mit Mexiko beginnen.
      Die schon mit einem “Globalabkommen” 1997 beschlossenen Freihandels-Regelungen sollen überarbeitet – Zölle weiter gesenkt, Märkte weiter geöffnet und dereguliert werden. Auch mit Mexiko will man ein “ehrgeiziges” Abkommen schließen, eine Formulierung, die auch im Zuge der TTIP-Verhandlungen immer wieder gebraucht wurde. Die Kommission schreibt weiter:
      Seit dem Inkrafttreten des bestehenden Abkommens vor 15 Jahren hat sich das weltweite Handelsgefüge erheblich verändert. Heute ist es notwendig, die Zölle weiter zu senken und unseren Unternehmen mehr und bessere Möglichkeiten zur Erbringung von Dienstleistungen, zur Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen oder zu Investitionen zu bieten. Außerdem muss dem Zusammenhang zwischen Handel, nachhaltiger Entwicklung und Menschenrechten stärker Rechnung getragen werden.
      Wie die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen schreibt, setzt sie sich dafür ein, die umstrittenen Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren auch im Abkommen mit Mexiko zu verankern:
      Die Bundesregierung hat sich im Handelspolitischen Ausschuss des Rates aktiv dafür eingesetzt, dass im Rahmen des überarbeiteten Globalabkommens zwischen der Europäischen Union und Mexiko ein Investitionsgericht zur Beilegung von Investitionsschutzstreitigkeiten entsprechend dem EU-Vorschlag für TTIP etabliert werden soll. Dieses Anliegen findet sich auch im Entwurf der Verhandlungsleitlinien wieder.
      Quelle: annotazioni.de
  5. Währungsmanipulationen im US Visier
    Die Währung manipuliert anscheinend nur, wer am Devisenmarkt US-Dollar kauft. Deutschland hat mit dem Euro eine Tarnkappe gefunden, um diesem Vorwurf zu entgehen.
    Amerika sorgt sich um Währungsmanipulation. Arbeitsplatzverluste in der Industrie und wachsende Ungleichheit sind zwar keine neuen Phänomene. Neu ist nur, dass Ungleichheit zum unbestrittenen Nummer 1 Problem in der öffentlichen Diskussion avanciert ist. Und schließlich ist gerade auch Wahlkampf. Unabhängig von der politischen Gesinnung wird die Globalisierung heute gemeinhin als Übeltäter verdächtigt, wenn es um die Erklärung heimischer Übel geht. Ausländische Nationen scheinen sich dunkle Vorteile im internationalen Wettbewerb zu erschleichen. Speziell Währungsunterbewertung durch Manipulation am Devisenmarkt macht Freihandel zur Gefahr für US Industrie und Arbeitnehmerschaft. Das US Schatzamt soll da in Zukunft genauer aufpassen. Gut nur, dass Deutschland seine Währung nicht manipulieren kann. Der Euro ist ein ungemein effektiver Schutzmantel für den globalen Merkantilisten Nummer eins.
    Der jüngste Ende April vom US Schatzamt veröffentlichte halbjährliche „Bericht an den Kongress zur internationalen Wirtschafts- und Währungspolitik“ („Währungsbericht“) enthält eine vielleicht wichtige Neuerung, die in Zukunft bei einigen Handelspartner der USA für Konfliktstoff sorgen könnte. (s. hier). Das im Februar dieses Jahres in Kraft getretene „Handelsdurchsetzungs- und Handelsförderungsgesetz“ („Trade enforcement and Trade Facilitation Act“) verlangt vom Schatzamt „verstärkte bilaterale Engagements“ mit wichtigen Handelspartnern aufzunehmen, die sowohl hohe bilaterale Handelsüberschüsse und hohe multilaterale Leistungsbilanzüberschüsse erzielen und dabei auch nachhaltige einseitige Devisenmarktinterventionen durchführen. Wichtige Handelspartner sind Länder, die ein jährliches Handelsvolumen mit den USA von mindestens 55 Milliarden Dollar aufweisen.
    Quelle: Makroskop
  6. Das Steuergeheimnis gerät ins Wanken
    Seit den „Panama Papers“ sind die Briefkastenfirmen wieder stärker im Visier der Politik. Nun sollen Banken für die Steuerhinterziehung ihrer Kunden haftbar gemacht werden.
    Bund und Länder haben sich auf ein gemeinsames Konzept gegen Steuerhinterziehung über ausländische Briefkastenfirmen geeinigt. Ziel sei eine Verschärfung des Steuerrechts, wie die Länderfinanzminister am Freitag nach ihrer Jahrestagung im brandenburgischen Neuruppin mitteilten. Vorgesehen ist unter anderem, das steuerliche Bankgeheimnis zu kippen, damit der Fiskus Profiteuren von Briefkastenfirmen leichter auf die Spur kommen kann. Die Zustimmung der Länder ist notwendig, weil die Steuerverwaltung in ihren Händen liegt. In gut einem Jahr solle die Gesetzgebung dazu abgeschlossen sein, sagte der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Michael Meister.
    Der nationale Zehn-Punkte-Plan geht zurück auf Vorschläge von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er wurde auf Betreiben der Bundesländer an einigen Stellen verschärft und ergänzt. Die Maßnahmen flankieren die internationalen Bemühungen, mehr Licht in das Dickicht der Steueroasen zu bringen. Die Debatte hatte mit der Veröffentlichung der „Panama Papers“ über Hunderttausende Briefkastenfirmen in der Karibik Schwung bekommen.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung Christian Reimann: Und was ist mit inländischen Briefkastenfirmen? Mehr dazu u.a. hier:

    Video: Mia san Panama
    Steueroasen in Bayerns Wäldern?
    Tief im Wald, im Ebersberger Forst, steht ein Briefkasten. Der Landkreis hat ihn eingerichtet, als Adresse für Briefkastenfirmen, die damit Gewerbesteuer sparen können. Ein ganz legaler Steuertrick?
    Quelle: BR Mediathek Video

  7. Vom heimischen Sparen und den Schulden der Anderen
    Auch die Schweiz muss begreifen, dass es im internationalen Zusammenhang keine „Solidität“ gibt, die nicht auf die „Unsolidität“ anderer Länder hofft.
    Die Schweiz hat das Sparen des Staates bzw. solide Staatsfinanzen via Schuldenbremse als eines der ersten Länder zu einem ihrer Kernthemen gemacht. Doch wie kann das im internationalen Zusammenhang gehen? Unter welchen Umständen kann ein Staat jede Verantwortung für die Bilanz zwischen privatem Sparen und privatem Investitionsverhalten innerhalb seiner Gebietsgrenzen abgeben? Er kann das nur dann, wenn das Land insgesamt Überschüsse in der Leistungsbilanz erzielt, weil nicht alle Sektoren Nettosparer sein können, sondern immer einen Nettoschuldner brauchen, damit ihre Sparpläne realisiert werden können? Wieso aber sollten bei offenen Grenzen und internationaler Kooperation manche Länder permanent eine solche Spar-Lösung über Leistungsbilanzüberschüsse anstreben dürfen, wenn sie anderen Ländern genau dadurch diesen „Lösungsansatz“ verbauen?
    Betrachtet man die Finanzierungssalden (die Salden zwischen Einnahmen und Ausgaben des jeweiligen Sektors im Laufe eines Jahres) der wichtigsten Sektoren in der Schweiz (Abbildung 1), fällt neben der Stabilität der Nettosparsaldos der privaten Haushalte in Höhe von mehr als 10 Prozent des BIP, die außergewöhnliche Stabilität des staatlichen Saldos in der Schweiz auf.
    Quelle: Makroskop
  8. Hartz IV
    1. Kein Ende der Repression
      Laut BVerfG müssen Sozialgerichte Bundesgesetze vollständig »ausschöpfen«. Gebe es einen Grund, eine Sanktion aus rechtlichen Gründen aufzuheben, »kommt es auf die Verfassungsmäßigkeit nicht an«. Im behandelten Fall hatte der Kläger ein Jobangebot nicht angenommen. Darum kürzte das Jobcenter seine monatlichen Bezüge vom 1. Juli bis zum 30. September 2014 von 391 auf 273 Euro. Weil er danach einen »Aktivierungsgutschein« nicht bei einem Unternehmen eingelöst hatte, folgte von Oktober bis Dezember eine 60-Prozent-Sanktion. In dieser Zeit musste der Mann mit 156 Euro pro Monat auskommen. Die Gothaer Richter hätten, so das BVerfG, nicht abschließend geklärt, ob die Kürzungen in diesem Einzelfall wegen fehlerhafter Belehrung des Betroffenen schon gegen Bundesrecht verstießen. Dass dem Kläger laut Vorlage die Konsequenzen bewusst waren, reicht demnach nicht aus. (…)
      Jens Petermann, Sprecher des Sozialgerichts Gotha, erklärte am Freitag gegenüber jW, nach dem Bescheid aus Karlsruhe bleibe »weiterhin alles offen«. Allerdings hätten die Verfassungsrichter sogar betont, »dass Sanktionen gewichtige rechtliche Fragen aufwerfen«. Die Gothaer Kammer hatte in ihrer Vorlage unter anderem gerügt, Sanktionen zwängen Menschen dazu, teils weit unterhalb des Existenzminimums zu überleben. Besonders Vollsanktionen führten zu Wohnungsverlust, Hunger oder Diebstählen. Damit hebele diese Praxis die Grundrechte auf Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit aus. Zwar beinhalte das Sozialrecht die Option, Lebensmittelgutscheine zu gewähren. Deren maximaler Einlösewert betrage jedoch nur die Hälfte des mit Hartz IV gesetzlich festgelegten »physischen und soziokulturellen Minimums«. Darüber hinaus seien Gutscheine nur Kann-Leistungen, die Jobcenter nach Ermessen ablehnen könnten. Die Androhung von Sanktionen bei Ablehnung von Jobs unterlaufe ferner das Grundrecht auf freie Berufswahl, hieß es in der Stellungnahme aus Gotha.
      Petermann erläuterte, dass der Fall nun an das Sozialgericht der thüringischen Stadt zurückverwiesen werde. »Wir werden die Rechtsfolgenbelehrungen noch einmal genau unter die Lupe nehmen müssen«, sagte er. Stelle sich heraus, dass der Kläger rechtmäßig aufgeklärt worden war, könne der Fall, so Petermann, »theoretisch erneut nach Karlsruhe überwiesen werden – allerdings nur, wenn das Jobcenter den Sanktionsbescheid nicht nachträglich rückgängig macht«. Finde man allerdings Fehler, falle Karlsruhe aus. »Zumindest zeigt dieser Fall, was Sozialgerichte künftig beachten müssen«, so der Sprecher.
      Quelle: junge Welt
    2. So viele sind es! Wirklich? Nicht nur bei den Arbeitslosen, auch bei der Zahl der Kinder in Hartz IV-Haushalten sollte man genauer hinschauen
      Es ist eine Binsenweisheit – mit Zahlen macht man Politik. Und in der Politik gibt es zum einen die Angst vor dem Effekt der großen Zahlen, wenn es um Bereiche geht, bei denen diese große Zahlen nicht für Erfolg stehen, sondern Probleme anzeigen. Man denke an dieser Stelle beispielsweise an die immer wieder hochkochende Debatte über die Frage, wie viele arme Menschen es denn unter uns gibt und ob deren Zahl zugenommen hat oder nicht. Zum anderen hat Politik aber immer auch die Möglichkeit, Einfluss auszuüben auf die Frage, welche Daten erhoben werden und wie man diese ausweist. Das kann verwendet werden, um ein bislang intransparentes Feld besser auszuleuchten und damit unser Wissen zu erweitern. Es kann aber auch genutzt werden, die Augen im wahrsten Sinne des Wortes zu verschließen vor der Realität nach dem Motto, was nicht gezählt wird, das gibt es auch nicht. Zumindest nicht in der Berichterstattung, die natürlich auf Zahlen angewiesen ist. Vgl. dazu nur als ein Beispiel den Blog-Beitrag über die seit langem geforderte, vom Bund bislang stets verweigerte Obachlosen-Statistik vom 29. Juli 2015: Die Zahl der Rindviecher geht, die der Übergewichtigen geht auch. Aber Obdachlose sollen nicht gehen. In der Statistik.
      Und wenn man schon nicht verhindern kann, dass überhaupt gewisse Zahlen ausgewiesen werden, dann kann man versuchen, den unangenehmen Effekt der großen Zahlen (der in der Sozialpolitik dominiert) abzuschwächen, in dem man entweder das, was man zählt, kleiner macht, durch Ausschluss eigentlich zu berücksichtigender Elemente. Oder man versucht, die Zahlen in mehrere Untergruppen kleinzuschreddern und ihre (Wieder-)Zusammenführung nicht vorsieht oder erschwert.
      Was abstrakt daherkommt, hat ganz handfeste Auswirkungen, die man (nicht nur) an der Zahl der Arbeitslosen illustrieren kann, sondern neuerdings leider auch bei der an sich so einfach und unschuldig erscheinenden Frage nach der Zahl der Kinder in Hartz IV-Haushalte.

      Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  9. Soziale Berufe machen oft unglücklich
    Für gleiche und gleichwertige Arbeit sollte auch das gleiche Gehalt bezahlt werden. Doch wer einen sozialen Beruf ausübt, verdient oft deutlich weniger – und ist damit unzufrieden, sagt eine Studie. (…)
    Für die Sozialberufe ermittelten die Forscher vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) und der Friedrich Schiller Universität Jena deutliche negative Abweichungen bei der Bezahlung, die bei Männern noch ausgeprägter waren als bei Frauen. Doch auch wenn die Gehaltseinbußen bei Männern höher ausfielen, sind Frauen aufgrund ihres hohen Anteils in Sozialberufen häufiger betroffen.
    “Nun könnte man annehmen, dass die Personen in Sozialberufen auf einen Teil ihres Einkommens verzichten, weil sie einen höheren Nutzen aus ihren Arbeitsinhalten ziehen”, sagte Bublitz. “Mit Befragungsdaten lässt sich dieser Zusammenhang empirisch aber nur schwer überprüfen.”
    In einem Laborexperiment mit Studenten zeigen die Forscher, dass die Teilnehmer als Gegenleistung für soziale Beiträge eine ähnliche Bezahlung wie für gleichwertige Arbeit erwarten. Das wurde ihnen in dem Experiment von den Personen in anderen Berufen aber nicht zugestanden, sodass durch Unzufriedenheit und Verärgerung der jeweiligen Berufsgruppe eine Abwärtsspirale entstand, durch die der soziale Beitrag insgesamt sank.
    Quelle: Die Welt

    Anmerkung unseres Lesers J.-H.S.: Man beachte die Überschrift: der soziale (!) Beruf (!) mache unglücklich, nicht die Bezahlung. Springer at it’s best (worst)!

  10. Bilderberger in Dresden 2016: Politpromis kommen
    Dresdens Polizeichef erfuhr erst aus der Presse, dass er nicht die „Airbus-Group“ schützen soll, sondern die Top-Elite der Westmachthaber, Oligarchen, Medienführer, Politprominenz wie Merkel und Steinmeyer. Erst die LINKE im Bundestag brachte mit einer Anfrage Merkel ins schwitzen, die das Bilderberger-Treffen zugeben musste bzw. ein Regierungssprecher. Was Merkel nicht sagte: Drahtzieher Henry Kissinger wird sicher versuchen, TTIP im wichtigsten EU-Land durchzudrücken. Was früher undenkbar war: Die Bilderberger geben auf ihrer Website offiziell zu: The 2016 Bilderberg Meeting will take place from 9-12 June in Dresden, Germany. Noch vor ein paar Jahren gaben sie nicht einmal ihre Existenz zu. (…)
    Aus einer Kleinen Anfrage der Linkspartei in Sachen „Bilderberg“ an die Bundesregierung (die Abgeordneten Axel Troost, Klaus Ernst und André Hahn wollten auch von der Bundesregierung wissen, welche Mitglieder der Bundesregierung seit dem Bestehen des Elitezirkels, also seit 1954, an den Konferenzen teilgenommen haben) ergab sich folgendes von der Bundesregierung: Der „Lenkungsausschuss“ (das Politbüro) der Bilderberg-Gruppe, will in diesem Jahr die politische Führungsspitze Deutschlands zum Machtelite-Treffen einladen.
    Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort auf die Webseite von Bilderberg (die es seit 2010 gibt) und merkt an, dass an der Bilderberg-Konferenz zwar regelmäßig Mitglieder der Bundesregierung teilnehmen, eine Erfassung entsprechender Daten aber nicht erfolge. Auch Fragen etwa danach, welche Bedeutung die Bundesregierung den Bilderberg-Konferenzen im Hinblick auf einen Einfluss auf supranationale Organisationen und die Poltitkgestaltung beimisst, werden nur mit wenig Substanz beantwortet. So heißt es etwa:
    Auf den Bilderberg-Konferenzen findet ein informeller Gedankenaustausch über aktuelle politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen statt. Austausch und Dialog, insbesondere in internationalen Formaten, sind der Bundesregierung grundsätzlich wichtig, auch ohne dass hierbei konkrete Ergebnisse erzielt werden müssen.
    Quelle: Jasminrevolution

    Dazu: Allgemeinverfügung zur Absicherung der Bilderberg-Konferenz vom 8. bis 12. Juni
    Die Landeshauptstadt Dresden hat zur Absicherung der 64. Bilderberg-Konferenz vom 8. bis 12. Juni 2016 eine Allgemeinverfügung erlassen. Diese steht im Dresdner Amtsblatt vom 2. Juni 2016 auf der Seite 20 mit dem dazugehörigen Plan.
    Quelle: Dresden

  11. NATO/Russland
    1. Der Westen schafft eine neue militärische Front
      Die Nato rücke immer dichter an die europäischen Grenzen Russlands. Dadurch breche sie Vereinbarungen mit Moskau und schaffe eine neue militärische Front wie zu Zeiten des Kalten Krieges, warnt der Hamburger Friedensforscher Reinhard Mutz.
      Das Dementi klingt so dürftig, dass es schon Mitleid verdient. Nein, das neue amerikanische Raketenabwehrsystem in Rumänien, so Nato-Generalsekretär Stoltenberg, bedrohe nicht die Sicherheit Russlands. Dazu stehe die Anlage viel zu dicht an seiner Grenze.
      Was für ein Argument! Sicherheitspolitiker wissen, wie allergisch Großmächte reagieren, wenn ihnen ungeliebte Rivalen ihre neueste Waffentechnologie direkt vor die Haustür stellen. Eine der gefährlichsten Zuspitzungen des Kalten Krieges, die Kuba-Krise von 1962, hat genau so angefangen.
      Noch unbehaglicher wird es, wenn auch das Bedienungspersonal, also Soldaten, immer näher an die eigenen Landesgrenzen heranrücken. Alle drei Präsidenten der Russischen Föderation – Jelzin, Medwedew, Putin – haben die Nato-Osterweiterung zur größten Herausforderung der russischen Sicherheitsanliegen erklärt. Und darin folgte ihnen stets die Mehrheit der Bevölkerung.
      Quelle: Deutschlandradio Kultur
    2. Die Militarisierung der EU
      Will Berlin tatsächlich eine deutsche Euroarmee in Konkurrenz zur NATO aufbauen, wie aus jüngst durchgesickerten Strategiepapieren gefolgert wird? (…)
      So meldete der Brüsseler Korrespondent von Spiegel-Online am 30. Mai einen verteidigungspolitischen Vorstoß der konservativen Fraktion im Europaparlament (“Europäische Volkspartei”), der für eine Ausweitung der “militärische Zusammenarbeit unter den EU-Mitgliedern” plädierte – inklusive Hauptquartier und EU-Kampftruppen. Dies dürfte die Debatte um einen “Brexit” in Großbritannien zusätzlich anfachen, schlussfolgerte der Spiegel. (…)
      Was es hiermit auf sich hat, konnte wenige Wochen zuvor in der Financial Times (FT) nachgelesen werden. Die Europarlamentarier plapperten einfach einige Kernaussagen eines deutschen Strategiepapiers nach, das kurz nach dem Euro-Referendum in Großbritannien publiziert werden sollte – und das in einem Rohentwurf der FT zugespielt wurde.
      Das Weißpapier aus dem Berliner Regierungsbezirk sei die wichtigste Strategiebestimmung “der letzten Jahre”, die von Brexit-Befürwortern im derzeitigen Wahlkampf durchaus als Munition verwendet werden könne, kommentierte die FT. Jan Techau, ehemaliger Mitarbeiter des US-Thinktanks Carnegie Europe, erklärte, dass es das “erste Mal ist, dass ein deutsches Verteidigungspapier wichtig ist.”
      Deutschland sei “bereit und entschlossen” als eine treibende geopolitische Kraft aufzutreten und dabei “Verantwortung und Führung zu übernehmen,” zitierte die Londoner Zeitung aus dem Papier. Das europäische Militär und dessen Verteidigungsindustrie seien “ernsthaft fragmentiert”, weshalb es notwendig sei, diese “gemeinsam zu planen, auszubauen … und einzusetzen”.
      Hierdurch solle “Europas Handlungsfähigkeit verbessert” werden – wobei Deutschlands “eigene technologische Souveränität” unangetastet bleiben müsse. Auf europäischer Ebene sollten “alle durch die EU-Verträge gegebenen Möglichkeiten genutzt” werden, um eine tiefe militärische Kooperation zwischen “willigen” EU-Staaten zu ermöglichen sowie ein permanentes europäisches “zivil-militärisches Hauptquartier” und einen “Rat der europäischen Verteidigungsminister” einzurichten.
      Quelle: Telepolis
    3. Schreiben für den Krieg: NATO veranstaltet “kreativen” Nachwuchs-Wettbewerb
      Die NATO sucht: Unter 28, Student, oder mit jüngst abgeschlossenem Studium, jung, dynamisch, aus einem NATO-Mitgliedsland stammend und voller Tatendrang für künftige Konflikte.
      Auf wen dieses Profil passt, der kann an einem NATO-Wettbewerb teilnehmen unter dem Titel: „Young Voices on the Warsaw Summit“ (Junge Stimmen auf dem Warschau-Gipfel).
      Die fünf Gewinner erhalten eine Einladung nach Berlin und die Möglichkeit, ihre Ideen vor einem Fachpublikum zu präsentieren.
      Der Inhalt sollte die aktuellen Themen der NATO widerspiegeln, welche als: „the most pressing issues“ (die dringendsten Themen), beschrieben werden. Es gibt vier Themenbereiche, aus denen die Teilnehmer wählen können:

      1.Vorbereitungen für NATO 2026: „Die heutigen Entscheidungsträger sind voreingenommen durch die derzeitigen Gefahren und könnten hierdurch die Risiken, Feinde, Waffen, Taktiken oder andere Herausforderungen verfehlen, die der Allianz in den nächsten 10 Jahren drohen.“ Die zu beantwortende Frage: „Was könnte die NATO in 2026 bedrohen? Welches Szenario adressiert die NATO derzeit nur unzureichend? Was kann realistischer Weise an Vorbereitungen getroffen werden?“

      2.NATOs größter Fehler und die Lehre aus den Lektionen: „Was kann als größter Fehler der NATO innerhalb der letzten 25 Jahre angesehen werden? Welche Lehren sollten gezogen werden und wie können ähnliche Fehler in der Zukunft vermieden werden?“

      3.Verteidigungsplanung: Durch die freiwillige Teilnahme am NATO-Verteidigungsplanungsprozess (kurz: NDPP genannt), können NATO-Alliierte ihre nationalen Verteidigungspläne und Leistungsfähigkeit an die der NATO anpassen. Dies ist im Besonderen im Bezug auf die Wirtschaftskrise innerhalb Europas notwendig. Zu beantwortende Frage: „Wie können NATO-Mitglieder dazu angehalten werden, sich mehr am NATO-Verteidungsplanungsprozess zu beteiligen?

      4.Ansteigende Solidarität im Bezug auf eine unterschiedliche Risikowahrnehmung: Hier wird auf die Einigkeit der NATO-Mitglieder abgezielt. Die NATO-Mitglieder im Osten sehen sich mit anderen Risiken konfrontiert als die Mitglieder des Südens. Während sich der Süden durch eine wachsende Instabilität Nord-Afrikas bedroht fühlt, sorgt sich der Osten um die Bedrohung durch Russland. „Polen und die baltischen Statten“, so heißt es auf der Webseite, „plädieren für NATO-Stützpunkte innerhalb ihrer Länder, um die Kollektivverteidigung im Hinblick auf ein wiederauflebendes Russland“ zu stärken.

      Fragen an den NATO-Nachwuchs von morgen lauten:

      „Wie kann die NATO Einigkeit und einen Konsens angesichts der unterschiedlichen Bedrohungen erzielen? Welche praktischen Schritte können unternommen werden, um Empathie und Solidarität der Mitglieder zu erreichen?“

      Quelle: RT Deutsch

  12. Die Millionen-Miete
    Die Bundeswehr soll Drohnen bekommen, die auch bewaffnet werden können. Das Verteidigungsministerium hat sich entschieden, ein israelisches Modell zu leasen, obwohl der Kauf amerikanischer Systeme offenbar billiger gewesen wäre.
    Als Ursula von der Leyen diese Woche auf der Internationalen Luftfahrtausstellung in Berlin-Schönefeld zu Besuch ist, da macht sie bei ihrem Rundgang einen weiten Bogen um die Stände mit bewaffneten Drohnen. Bilder von der Verteidigungsministerin mit derlei martialischem Kriegsgerät wollen ihre PR-Berater tunlichst vermeiden.
    Dass solche ferngelenkten unbemannten Flugzeuge, die mit Raketen und Bomben bewaffnet werden können, demnächst dennoch im Arsenal der Bundeswehr auftauchen werden, ist beschlossene Sache. Eine eigene europäische Kampfdrohne soll in den nächsten Jahren entwickelt werden – höchstwahrscheinlich vom Airbus-Konzern. (…)
    Doch weil das noch mindestens bis 2025 dauern wird, soll eine Zwischenlösung her. Im Januar hatte von der Leyen verkündet, wie die aussehen soll. Beim israelischen Hersteller IAI wolle man vier bis sechs Maschinen des Typs “Heron TP” leasen, also auf Zeit mieten. Und das zu einem stattlichen Preis: 580 Millionen Euro wird die Bundesrepublik für eine Handvoll “Heron TP” bezahlen. Wohlgemerkt: nicht, um sie zu kaufen, sondern nur, um sie zu leasen. (…)
    Gemeint ist damit etwa Mitbewerber General Atomics aus den USA. Das Unternehmen hatte den Deutschen eine vergleichbare Zahl von Kampfdrohnen des Typs Predator für gerade mal 400 Millionen Euro zum Kauf angeboten. Und Großbritannien hat erst kürzlich einen Vertrag über den Kauf von 16 Predator-Maschinen für umgerechnet knapp 540 Millionen Euro abgeschlossen. Das alles gibt Lindner zu denken: “Ich möchte vom Bundesministerium für Verteidigung wissen: Ist die Entscheidung die getroffen wurde, tatsächlich die wirtschaftlichste?”
    Im vertraulichen Gespräch räumen selbst deutsche Spitzenmilitärs ein, die günstigere US-Drohne sei in einigen Bereichen schon etwas leistungsfähiger als das israelische Pendant. Der Predator kann mehr Waffenlast tragen, ist schneller und kann länger in der Luft bleiben – womöglich Gründe, warum neben den Briten auch Spanien, Frankreich, Italien, und die Niederlande in den USA gekauft haben.
    Quelle: tagesschau.de
  13. US asks Russia not to target Al-Qaeda branch in Syria – Russian FM Lavrov
    Washington has asked Moscow not to conduct airstrikes against al-Nusra Front, which is Al-Qaeda’s branch in Syria, for fear that members of the “moderate opposition” could also be hit, Russian Foreign Minister Sergey Lavrov has reported.
    “They [the US] are telling us not to hit it [al-Nusra Front], because there are also ‘normal’ opposition groups [on those territories],” Lavrov said in an interview with local Russian media that was published on the Russian Foreign Ministry’s website.
    The minister also stressed that “such opposition groups should leave terrorist positions,” adding that “we have long agreed on that.” Russia first set a deadline for the “moderate” opposition to leave territories occupied by al-Nusra Front extremists, but then agreed to give them more time to withdraw.
    In the interview, Lavrov said that Russia believes that taking specific and more effective measures to fight the Islamic State (IS, former ISIS/ISIL) and al-Nusra Front terrorist groups should be the top priority for Russia and the US if the Syrian crisis is to be resolved.
    Quelle: RT
  14. Verfassungsschutz im NSA-Ausschuss: Töten mit Handydaten geht gar nicht
    Leitende Mitarbeiter des Staatsschutzes und des Innenministeriums versicherten im Bundestag, dass an die USA weitergegebene Handydaten ihrer Ansicht nach “nicht ortungsfähig” seien. Ein Rätsel bleibt, wieso es obendrein einen Erlass brauchte.
    Die Ansage von Ex-NSA-Chef Michael Hayden, dass die USA mit Metadaten töteten, erschließt sich deutschen Insidern nicht. Über Ortungsmöglichkeiten mache er sich “natürlich Gedanken” bei der Weitergabe von Handynummern an die NSA, erklärte der als “Henrik Isselburg” eingeführte Leiter des Referats “Operative Auswertung” beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) am Donnerstag im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Er gehe aber davon aus, dass Mobilfunknummern allein dafür nicht ausreichten. (…)
    Hinweise von Parlamentariern, dass Handynutzer per Triangulation lokalisierbar seien und die Mobilfunknummer dafür grundlegend sei, konnten Isselburg nicht von seiner Meinung abbringen. Auch die Ausführungen eines Ex-Drohnenpiloten im Ausschuss, wonach Metadaten die Voraussetzung für Angriffe bildeten, seien nicht verifizierbar gewesen. Sollte der Bundestag dazu aber ein Gutachten in Auftrag geben, werde das BfV die Ergebnisse gern zur Kenntnis nehmen.
    Quelle: heise online

    Anmerkung Christian Reimann: Wohl zurecht weist unser Leser H.B. auf den „Zeit“-Artikel Eine Telefonnummer reicht, um Menschen zu töten hin, in dem u.a. zu lesen ist:
    „Bryant ist Kronzeuge für den Satz, den der damalige US-Geheimdienstchef Michael Hayden mal gesagt hat: “We kill people based on metadata.” Metadaten, die Daten, die digitale Kommunikation hinterlässt, sind nicht harmlos. Auch die nicht, die deutsche Geheimdienste sammeln und in die USA schicken.
    Um eine Rakete auf ein Haus abzuschießen, sei es für die USA eine ausreichende Rechtfertigung, wenn sich ein gesuchtes Mobiltelefon in dem Haus befinde, sagte er. Und beschrieb, dass die Drohnen ein System namens Gilgamesh an Bord haben, das wie ein Mobilfunkmast arbeitet und genutzt wird, um Telefone am Boden zu finden und zu lokalisieren.“
    Da kann der Eindruck entstehen, dass die hiesigen leitenden Mitarbeiter des Staatsschutzes und des Innenministeriums ihre Arbeit bzw. Aufgaben nicht genau kennen.

  15. Wanka verteidigt Arzneitests an Dementen
    Die Forschungsministerin Johanna Wanka hält Arzneistudien für unverzichtbar. Pharmafirmen sehen jedoch keine Notwendigkeit, die Medikamententests zu erweitern.
    Trotz massiver Kritik aus den Koalitionsfraktionen, den Kirchen und von Behindertenverbänden hält Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) an dem Vorhaben der Regierung fest, die Möglichkeiten für Arzneimitteltests an Demenzkranken auszuweiten. Wanka sagte der Frankfurter Rundschau, es müsse dafür gesorgt werden, dass für schwere Krankheiten wie die Demenz wirksame und sichere Arzneimittel entwickelt werden könnten.
    In den Bundestagsfraktionen von Union und SPD wachsen hingegen die Zweifel, ob die Pläne der Regierung ethisch vertretbar und überhaupt notwendig sind. Derzeit laufen in der großen Koalition darüber intensive Gespräche, die möglicherweise dazu führen, dass das Vorhaben gestoppt wird. Kritiker der Neuregelung bekommen unterdessen überraschend Unterstützung von der Pharmaindustrie. Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller erklärte, die bisherigen gesetzlichen Möglichkeiten für klinische Tests reichten aus.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: Die NS-Zeit dürfte Wanka (CDU) nicht persönlich erlebt haben, aber der Umgang dieses Regimes mit Demenzkranken sollte ihr bekannt sein. Es stellt sich bei mir die Frage, ob Wanka erste Anzeichen von politischer Demenz zeigt, denn anderes kann ihre Forderungen nicht bewertet werden.

  16. NSU
    1. NSU-Skandal: SPD fordert personelle Konsequenzen beim Verfassungsschutz
      Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, hat beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) personelle Konsequenzen aus der jüngsten Affäre um den gestorbenen Neonazi-V-Mann „Corelli“ gefordert. In dem Amt waren zuletzt plötzlich ein Handy und Sim-Karten aufgetaucht, die „Corelli“ zugeordnet werden. Dem vom Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) 2014 beauftragten Sonderermittler Jerzy Montag waren die Asservate vorenthalten worden – angeblich weil sie das Amt damals selbst noch nicht entdeckt hatte.
      „Es handelt sich bei diesen Pannen nicht um Naturkatastrophen, sondern um Fehler, die verschiedene Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz bis hin zur Hausspitze gemacht haben“, sagte Lischka dieser Zeitung. „Insofern sind personelle Konsequenzen bis hin zur Hausspitze erforderlich.“ Der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, André Hahn (Linke), erklärte: „Das ist ein unerträgliches Maß an Schlamperei.“
      Auch den Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen könne man „nicht frei sprechen“. In dem Amt wird nach Ansicht Hahns „völlig unprofessionell gearbeitet“. Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses hatten sich am Donnerstag ähnlich kritisch geäußert. CDU-Obmann Armin Schuster hatte Maaßen in Schutz genommen. „Die Sicherheitsbehörden werden durch gute Präsidenten geführt“, sagte er.
      Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger

      Anmerkung Christian Reimann: Die Forderung nach „personellen Konsequenzen“ erscheint angebracht. Das alleine reicht jedoch nicht, wenn sich mit anderem Personal die zugrunde liegende geistige Haltung nicht auch ändert.

    2. Die Story vom Messie beim Verfassungsschutz
      Wie die Aufklärung über die Verbrechen des NSU und die »Unfähigkeit« der Sicherheitsbehörden gesteuert wird
      Solide Arbeit, Verfassungsschutz! Fast wäre der NSU-Skandal aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein entschwunden. Dass dann die Kanzlerin, die vollständige öffentliche Aufklärung versprochen hat, als Lügnerin dastehen würde, scheint man allerorten locker hinnehmen zu können.
      Das mit dem NSU bereut der Verfassungsschutz gewiss sehr. Warum? Vor allem deshalb, weil der Geheimdienst seit Auffliegen der rechtsextremistischen Terrorgruppierung im November 2011 pausenlos mit Anfragen vor allem aus Parlamenten sowie Recherchen der Medien gepeinigt wird. Dabei hat man doch ganz andere Ziele: Islamismus-Abwehr, Cyber-Abwehr, mehr Zusammenarbeit mit den Diensten in der NATO und der EU.
      Anfang des kommenden Jahres wird das Oberlandesgericht in München sein Urteil über die als Täter oder Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrundes Angeklagten sprechen. Der NSU wird dann mit einiger Sicherheit auf eine Person zusammengeschmolzen sein: Beate Zschäpe. Die Öffentlichkeit wird einen Haken hinter den Skandal machen. Erledigt. Die Geheimdienste gehen, dank neuer Kompetenzen und Möglichkeiten, gestärkt aus dem von ihnen wesentlich zu verantwortenden Unheil hervor. Wie aber sichert man bis dahin, dass all jene, die den NSU-Skandal im Interesse der Demokratie und des Rechtsstaates wirklich aufklären wollen, nicht noch mehr Nahrung erhalten? Wie verhindert man, dass die Verquickung von Verfassungsschutzspitzeln mit dem NSU-Umfeld nicht noch deutlicher wird?
      Quelle: neues deutschland
  17. Washington warnt China vor neuen Bauten im Südchinesischen Meer
    Der Ton der amerikanischen Regierung im Streit um chinesische Aktivitäten im Südchinesischen Meer wird schärfer. Verteidigungsminister Ashton Carter droht mit Konsequenzen, falls China auf den Riffen dort weiterbauen sollte.
    Im Streit um die chinesischen Aktivitäten im Südchinesischen Meer wird der Ton der amerikanischen Regierung schärfer. Washington werde weitere Landaufschüttungen und Bauten auf umstrittenen Riffen nicht hinnehmen, sagte Verteidigungsminister Ashton Carter am Samstag in Singapur, bei der der größten Sicherheitskonferenz Asiens, dem Shangri-La-Dialog.
    „Ich hoffe, dass eine solche Entwicklung unterbleibt“, sagte Carter. „Dies würde dazu führen, dass die Vereinigten Staaten und andere Staaten in der Region handeln.“ Carter nannte die chinesischen Aktivitäten Provokationen, die die Stabilität der Region gefährdeten.
    Sechs Staaten, darunter Vietnam und die Philippinen, streiten in dem rohstoffreichen Seegebiet mit China um Gebiete. China beansprucht 80 Prozent, teils bis vor die Küsten der Nachbarstaaten.
    Die China-Expertin des Instituts für Strategische Studien (IISS), Bonnie Carter, sagte dem Sender „Voice of America“, die Vereinigten Staaten könnten etwa ihr Verteidigungsbündnis mit den Philippinen neu auslegen. Dann könnten sie China warnen, dass sie ihrem Partner beistehen – wo immer er angegriffen werde.
    Der chinesische Admiral Sun Jianguo wollte sich an diesem Sonntag zu dem heiklen Thema äußern.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Dazu: Shangri-La-Dialog: Experten weisen Carters Äußerungen über „Selbstisolierung” Chinas zurück
    Professor Jin Yongnan von der chinesischen Universität der Landesverteidigung sagte, China liefere nicht nur öffentliche Güter für die Staaten in der Region, sondern trage auch aktiv zur Förderung des Wirtschaftswachstum und der Weiterentwicklung der Region bei. Carters These über eine „Selbstisolierung” sei daher unhaltbar.
    Guan Youfei vom Chinesischen Militärkomitee erklärte, China beteilige sich aktiv an der regionalen und internationalen Sicherheitskooperation, darunter fielen die Entsendung chinesischer Blauhelme für UN-Friedensmissionen, Nothilfe bei Katastrophen und die Erfüllung von Eskortierungsaufgaben. All dies zeige, dass Carters Vorhersage einer sogenannten „Selbstisolierung” Chinas nicht den Tatsachen entspreche. China hoffe, dass die USA in der Region Asien-Pazifik eine konstruktive Rolle spielten, so Guan weiter.
    Quelle: CRI online

    Und: Leslie Fong kritisiert US-Politik im Südchinesischen Meer
    Der ehemalige Chefredakteur der singapurischen Zeitung „The Straits Times”, Leslie Fong, hat die US-amerikanische Politik im Südchinesischen Meer kritisiert. (…)
    Die US-Regierung habe bislang kein konkretes Beispiel von einem Fall vorgelegt, in dem China die Navigationsfreiheit anderer Staaten gestört habe, so der Artikel weiter. Die USA verfügten über eine mächtige Militärstreitkraft, tolerierten jedoch keine Ambitionen anderer Staaten, die ihre hegemoniale Stellung herausforderten. Dies sei eine Drohung der USA an die ganze Welt.
    Die USA würden ihre eigenen Fehler nach wie vor nicht anerkennen. Stattdessen hielten sie ihre Macht für einen allgemeingültigen Grundsatz. Es sei zum Beispiel nachgewiesen worden, dass der von den USA entfesselte Irak-Krieg grundlos begonnen worden sei. Die US-Regierung habe sich dennoch bislang nicht dafür entschuldigt.
    Die USA wollten nur das Aufstreben Chinas verhindern, schrieb Fong in seinem Artikel weiter. Er forderte die USA schließlich auf, die sogenannten „edlen Grundsätze und internationale Regeln” nicht weiter als Vorwand zur Aufrechterhaltung einer US-Hegemonie zu missbrauchen.
    Quelle: CRI online

  18. Warum schweigen die Lämmer? (1)
    Die Hauptverantwortung einer Regierung in einer “Demokratie” ist, die Minorität der besitzenden Klasse gegen die Majorität der Nicht-Besitzenden zu schützen. Eine repräsentative Demokratie repräsentiert NICHT den Willen des Volkes. Die bewusste und intelligente Manipulation der Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Solche Sätze hören wir nicht sehr häufig. Aber dank der Aachener Friedenstage waren sie zu hören. “Warum schweigen die Lämmer? – Demokratie und Neoliberalismus – Strategien der Erzeugung von Duldung und Lethargie” – das ist der Titel eines außergewöhnlichen, eineinhalbstündigen Vortrags von Prof. Rainer Mausfeld, einem Psychologen und Kognitionsforscher an der Universität Kiel, gehalten am 22. April 2016 im Rahmen der 17. Aachener Friedenstage – veranstaltet vom Euregioprojekt Frieden in Kooperation mit dem Bundesverband Arbeiterfotografie. Es ist nach dem Vortrag über “Demokratie, Psychologie und Empörungsmanagement” der zweite Vortrag in der Reihe “Warum schweigen die Lämmer?” In einem ersten Bericht geben wir die Inhalte der ersten Hälfte des Vortrags wieder.
    Quelle: Neue Rheinische Zeitung

    Anmerkung Christian Reimann: Teil 2 des Vortrags von Prof. Rainer Mausfeld ist hier.


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