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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 10. Juni 2016 um 8:43 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. “Man scheut sich, intensiv hinzuschauen”
  2. Amnesty International sieht Rassismus bei deutschen Behörden
  3. Flüchtlinge
  4. Wohnungsnot: Macht euch unbeliebt!
  5. Für deutsche Gewerkschaften gilt: Französisch lernen!
  6. Kurzsichtige Unternehmer
  7. Schwenk bei Vermögensteuer: Union und Opposition kritisieren Gabriel
  8. Private Vorsorge gescheitert?: Kündigungswelle bei Riester-Verträgen
  9. Gesundheitspolitik: ein vermintes Gelände
  10. Verachtung fürs Volk
  11. „Tag der Bundeswehr“
  12. US-Drohnenkrieg: „Ohne Ramstein geht’s nicht“
  13. Wem nutzt eine NATO-Raketenabwehr?
  14. Das war die Grüne
  15. Scheidender Bundespräsident: Gauck geht. Gut.
  16. Zu guter Letzt: Danke für die Eilmeldung

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. “Man scheut sich, intensiv hinzuschauen”
    Im NSA-Untersuchungsausschuss werden heute Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen und sein Vorgänger Heinz Fromm als Zeugen erwartet. Die Linken-Politikerin Martina Renner hat Zweifel, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz genug gegen Spionage unternimmt. Es gebe viele Beispiele, wo man nicht in die Tiefe gehe, um die Abhörvorwürfe aufzuarbeiten, sagte sie im DLF.
    Als die Spionagevorwürfe gegen den amerikanischen Geheimdienst NSA aufkamen, betonte Bundesinnenminister Thomas de Maizière, es brauche einen 360-Grad-Blick bei der Spionageabwehr, also einen Rundumblick, der auch die Arbeit von Partnerstaaten im Blick habe. Die Linken-Obfrau im NSA-Untersuchungsausschuss, Martina Renner, kritisiert jedoch, dass man sich im Bundesamt für Verfassungsschutz immer noch scheue, intensiv hinzuschauen, wenn es um solche Vorwürfe gegen befreundete Staaten und Partner gehe. Darauf würden Zeugenaussagen hindeuten, sagte sie im DLF.
    Ein Beispiel sei auch die Spionagesoftware, die der Verfassungsschutz von der amerikanischen NSA bekommen habe. Hier überprüfe man nicht mit eigener technischer Kompetenz, ob es eine Hintertür gibt, mit der Daten an die USA “auslaufen” könnten. “Da ist man nicht sehr konsequent mit dem 360-Grad-Blick”, so Renner.
    Außerdem werde der Untersuchungsausschuss die beiden zur Weitergabe von Daten befragen, die Drohnen zur Zielerfassung nutzen können. Maaßen sei in dieser Hinsicht ein wichtiger Zeuge, weil er über die aktuelle Praxis im Umgang mit den Daten berichten könne, so Renner.
    Quelle: Deutschlandfunk

    dazu: Maaßen beklagt sich über NSA-Untersuchungsausschuss
    Der Bundestagsausschuss behindere die Arbeit seiner Behörde, sagt der Verfassungsschutz-Chef. Zudem zweifelt Maaßen an der Rolle Edward Snowdens.
    Quelle: Zeit Online

  2. Amnesty International sieht Rassismus bei deutschen Behörden
    Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft der Bundesrepublik vor, die Opfer rassistischer Gewalt im Stich zu lassen. “Es gibt deutliche Anzeichen von institutionellem Rassismus in den Strafverfolgungsbehörden”, sagte die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Selmin Çaliskan, am Donnerstag in Berlin. In einem Bericht mit dem Titel “Leben in Unsicherheit” analysiert Amnesty International zahlreiche Fälle, in denen Opfer fremdenfeindlicher Gewalt von deutschen Behörden nicht ernst genommen, Zeugen ignoriert oder Beweise nur unzureichend zulasten der Opfer gesichert wurden. Auch würden Flüchtlingsunterkünfte nicht ausreichend geschützt, so Çaliskan. “Der Staat ist nicht in der Lage, Menschen vernünftig vor rassistischen Angriffen zu schützen.”
    In Deutschland zeige sich ein steiler Anstieg von Hasskriminalität, sagte Marco Perolini, Hauptautor des Berichts über Rassismus in Deutschland. Ganze 980 Straftaten habe das Bundesinnenministerium im vergangenen Jahr der “politisch motivierten Kriminalität rechts” zugeordnet, 87 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit 1031 politisch motivierten Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte, so Perolini, habe sich die Zahl verfünfzehnfacht. Die Sensibilität der ermittelnden Beamten aber wachse nicht entsprechend mit. Es zeige sich staatliches “Versagen, rassistische Verbrechen zu verfolgen”.
    Quelle: Süddeutsche

    dazu: Organisiertes Versagen
    Den Bericht »Leben in Unsicherheit – wie Deutschland die Opfer rassistischer Gewalt im Stich lässt« hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International am Donnerstag in Berlin vorgestellt. Das Titelfoto zeigt Feuerwehrleute vor einem schon weitgehend ausgebrannten Haus. Das Gebäude in Weissach war als Heim für Asylsuchende vorgesehen, als es im August 2015 in Flammen aufging. 1.031 Straftaten gegen Unterkünfte dieser Art verzeichneten die Behörden insgesamt im Jahr 2015. »Der Staat ist nicht in der Lage, Menschen vernünftig vor rassistischen Angriffen zu schützen«, sagte die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Selmin Caliskan, bei der Vorstellung des mehr als 80seitigen Berichts. Flüchtlingsunterkünfte würden nicht ausreichend gesichert. Der Staat komme somit seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen nicht nach. Auch gebe es deutliche Anzeichen für institutionellen Rassismus, vor allem bei der Polizei. Amnesty forderte die Bundesregierung auf, dies von unabhängigen Stellen untersuchen zu lassen. Die Innenministerkonferenz müsse sich auf ein bundesweites Konzept zum Schutz von Asylunterkünften verständigen.
    Quelle: junge Welt

  3. Flüchtlinge
    1. Fluchtursachen
      Die fünf führenden deutschen Institute für Friedens- und Konfliktforschung haben ihr Friedensgutachten 2016 vorgelegt. Darin heißt es: „Die großen, außerhalb Europas entstehenden Migrationsströme stammen vor allem aus Ländern, in die externe Mächte direkt oder indirekt militärisch interveniert haben. Forcierte Regimewechsel haben Staatszerfall befördert.“ Leider stützt die Regierung Merkel bis zum heutigen Tage diese Politik.
      Weiter heißt es: „Bei Klein- und Leichtwaffen ist nicht nur die unkontrollierte und illegale Weiterverbreitung besonders hoch, mit ihnen werden auch am häufigsten Menschenrechtsverbrechen begangen und humanitäres Völkerrecht verletzt. Wenn sie in laufende Gewaltkonflikte geliefert werden, tragen sie in der Regel zu deren Verlängerung und Eskalation bei.“ Auch hier trägt die Regierung Merkel ein erhebliches Maß an Mitverantwortung. Die Lieferung von Waffen in Spannungsgebiete und an Diktatoren (Saudi-Arabien, Türkei…) ist verantwortungslos und führt zum Tod vieler Menschen.
      Die Friedensforscher „prangern die Kumpanei der Industrieländer mit den raffgierigen Eliten autokratischer Länder an“ und fordern: „Wir brauchen nicht mehr freien Handel, sondern faire Handelsbeziehungen.“ Solange auch die Regierung Merkel eine Politik unterstützt, die die Agrarwirtschaft der Entwicklungsländer zerstört, zum Leerfischen ihrer Küstengewässer führt und eine einheimische Industrie gar nicht erst hochkommen lässt, trägt sie dazu bei, dass viele Menschen ihre Heimat verlassen und ein besseres Leben in Europa suchen.
      Noch immer gibt Deutschland weit mehr für Rüstung als für Krisenprävention und humanitäre Hilfe aus. Noch immer liegt die deutsche Entwicklungshilfe weit unter der Zielmarke von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Noch immer verhungern jedes Jahr rund 8,9 Millionen Menschen.
      Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook
    2. Diskussion um Geflüchtete zeigt Verrohung in der Politik
      Attac kritisiert scharf die erneute Zuspitzung der Diskussion um die Behandlung von Flüchtenden. “Wer Menschen eine Lebenssituation aufzwingen will, die schlimmer sein soll als die tödlichen Gefahren, vor denen sie aus ihren Heimatländern geflohen sind, zeigt nicht ‘europäische Werte’, sondern seine eigene moralische Verkommenheit”, sagte Werner Rätz vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. Werner Rätz bereitet auch die Welcome2Stay-Konferenz am kommenden Wochenende in Leipzig mit vor.
      Attac bezieht sich damit auf die Forderung des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz, Flüchtende im Mittelmeer unter Einsatz von Militär abzufangen und dann so zu internieren, dass sie eine Rückkehr in ihre Heimatländer vorziehen. Grundsätzlich solle unerlaubte Einreise den Asylanspruch dauerhaft verwirken. “Die offene Verachtung jeglichen Menschenrechts ist eine willkommene Vorlage für alle Rechtsradikalen und Rassisten, Menschen, die sie nicht für ‘deutsch’ halten, auch hier im Land tätlich anzugreifen”, sagte Thomas Eberhard-Köster, ebenfalls vom Attac-Koordinierungskreis und aktiv im Bündnis “Aufstehen gegen Rassismus”. “Wer so redet, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, den Tod von Menschen billigend in Kauf zu nehmen.”
      Quelle: attac
    3. Was Flüchtlinge für den Arbeitsmarkt bedeuten
      Die Bundesagentur für Arbeit rechnet bis Ende des Jahres mit bis zu 350.000 Flüchtlingen, die dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. So die Prognose von Detlef Scheele, Vorstandsmitglied bei der Bundesagentur für Arbeit, auf Anfrage von tagesschau.de. Der Arbeitsmarkt ist derzeit in guter Verfassung, vor allem in den Dienstleistungsbranchen dürften in den kommenden Monaten weiterhin neue Arbeitsplätze entstehen. Auch Scheele geht davon aus, dass 350.000 Flüchtlinge für den deutschen Arbeitsmarkt rein quantitativ kein Problem seien. Denn jährlich entstehen rund 700.000 Arbeitsplätze neu. Auch die Nachfrage der Betriebe nach Flüchtlingen sei hoch, sagt Paul Ebsen von der Bundesagentur im Gespräch mit tagesschau.de.
      Gerade die deutsche Wirtschaft wartet auf neue Fachkräfte. Mit der Flüchtlingskrise – so war einmal die Hoffnung – könnten neue qualifizierte Arbeitnehmer gefunden werden. Aber werden die Flüchtlinge tatsächlich das Fachkräfte-Problem lösen? Kurzfristig nein, vermuten Experten. Aber mittelfristig könnten die Flüchtlinge einen Beitrag leisten, sagt Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
      Quelle: Tagesschau
    4. “Zuwanderer sind nicht krimineller als Deutsche”
      Die ersten flächendeckenden Zahlen zur Kriminalität von Zuwanderern zeigen nach Darstellung des Bundesinnenministeriums, dass die Gruppe nicht mehr Straftaten begeht als andere. Der jüngste Bericht des Bundeskriminalamts (BKA) zu dem Thema bestätige eine entsprechende Kernaussage einer früheren Erhebung vom Februar, sagte eine Ministeriumssprecherin. “Zuwanderer sind nicht krimineller als Deutsche.”
      Die aktuelle Aufstellung habe aber eine neue Qualität und Aussagekraft, weil erstmals Zahlen aus allen Bundesländern eingeflossen seien und nicht wie im Februar nur die von 13. Die Daten machten die Lage transparenter. “Es hilft, die Diskussion zu versachlichen”, sagte die Sprecherin. Ein direkter Vergleich der Zahlen aus dem Bericht mit früheren Zahlen ist laut BKA nicht möglich, da die Statistik in dieser Form erstmals erhoben wurde.
      Quelle: Zeit
  4. Wohnungsnot: Macht euch unbeliebt!
    Die Mietpreisbremse kam gut an und hat nichts genützt. Helfen würden unpopuläre Entscheidungen.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der Vorschlag, wieder (mehr) staatliche Sozialwohnungen zu bauen, kommt als letzter am Ende des Textes, nur ganz verschämt und indirekt formuliert, statt klar und deutlich. Und der allerwichtigste Hinweis fehlt komplett: daß Wohnungen dadurch “bezahlbar” werden, daß wieder vernünftige Löhne und Sozialleistungen gezahlt werden, mindestens 20% mehr als das jetzige Niveau. Aber auf diese beiden Lösungen, meiner Meinung nach die besten, kann eine konservative, “marktkonforme” Zeitung natürlich nicht kommen.

  5. Für deutsche Gewerkschaften gilt: Französisch lernen!
    Dass im westlichen Nachbarland Frankreich seit Monaten ein Abwehrkampf gegen einen Generalangriff auf die Arbeiterbewegung läuft, scheint für deutschen Gewerkschaften kein großes Thema zu sein. Von offiziellen Solidaritätserklärungen an die französischen Brudergewerkschaften und anderen Formen der Unterstützung ist an den Gewerkschaftsspitzen kaum die Rede. Dabei kann eigentlich jeder Betriebsrat und jeder Gewerkschafter hierzulande ein Lied davon singen, was mit der Agenda 2010 angerichtet wurde. Zudem geht es nicht nur um ein Nachholen der Hartz-Gesetze, sondern um schwerwiegende Angriffe auf die Rechte von Kernbelegschaften, die sich europaweit auswirken würden; und um den Versuch, mit Notstandsvollmachten die Gewerkschaften zu zähmen und die Demokratie außer Kraft zu setzen.
    An mangelnden Sprachkenntnissen dürfte es kaum liegen, dass sich viele Gewerkschafter schwertun, direkte Kontakte zu protestierenden und streikenden Kollegen westlich von Rhein und Saar zu knüpfen. Dabei sind viele Streikzentren etwa bei der Staatsbahn SNCF von Stuttgart, Saarbrücken, Frankfurt oder Köln nur wenige Autostunden entfernt. Ein Besuch stärkt nicht nur den Streikenden den Rücken, die in diesen Tagen ganz ohne gewerkschaftliche Streikgelder große Opfer bringen. Er zeigt auch, wie sonst gegeneinander konkurrierende Richtungsgewerkschaften an einem Strang ziehen können. Und er wirft erneut die Frage auf, warum die deutschen Gewerkschaftsvorstände seinerzeit so sang- und klanglos hinnahmen, was mit den Namen Riester und Hartz bezeichnet wird, den Namen zweier namhafter IG Metall- und SPD-Mitglieder, die durch das deutsche Mitbestimmungsmodell Karriere machten.
    Quelle: Neues Deutschland

    dazu: Die Deutschen lernen streiken, die Medien nicht
    Man braucht nur die Kommentare über die aktuelle Welle der Arbeitskämpfe in Frankreich in großen Teilen der deutschen Presse zu lesen, um zu erkennen, dass da viele nicht von der Wahrnehmung von Grundrechten ausgeben. Sie sehen Arbeitskämpfe als Störung bei einem Ziel, das wohl auch über den Grundrechten stehen soll – dem Recht, sich beim Profitmachen von nichts und niemand stören zu lassen, und dem, bei der Fußball-EM nicht auch noch von Menschen behelligt zu werden, die ihre Grundrechte wahrnehmen.
    Daher tauchten in den letzten Tagen immer wieder die Fragen auf, ob es die französischen Arbeiter tatsächlich darauf anlegen, ihren Streik fortzusetzen, wenn die Fußball-Europameisterschaft begonnen hat. Schon der Zusammenhang, der hier gezogen wird, ist völlig absurd. Warum sollen die Arbeiter auf die Ausübung eines Grundrechts verzichten, weil die EM beginnt? Hier wird schon deutlich, dass viele Kommentatoren den Streik eher als ein Gnadenerweis betrachten, den man wieder entziehen kann, wenn er zu oft gebraucht wird.
    “Kein Gerücht ist zu einfältig, um es in der deutschen Presse nicht französischen Gewerkschaften unterzuschieben”, kommentiert der Publizist Rudolph Walter die deutsche Medienreaktionen auf die Streiks und Proteste in Frankreich. Um was es in dem Konflikt geht, stellt Walter auch prägnant klar. “Die Streiks und die Protestbewegung von “Nuit Debout” gelten einer Arbeitsrecht-“Reform”, die drei Ziele verfolgt: “mehr arbeiten, weniger verdienen, leichter entlassen”.
    Quelle: Telepolis

    dazu auch: Notstand oder Hängepartie?
    Der französische Ministerpräsident Manuel Valls verdreht die Tatsachen: »Die CGT macht nicht die Gesetze.« Das wollen die Gewerkschaften auch nicht, sie wollen ein Gesetz verhindern, das die Regierung mithilfe von Notverordnungen durchsetzen will.
    Das Arbeitsgesetz stellt den bisher größten Angriff auf die Sozialordnung Frankreichs dar. Kündigungen werden erleichtert, Wochen-Arbeitszeiten flexibilisiert und die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften für eine Branche untergraben. Vor allem die Möglichkeit, künftig über Arbeitszeit und die Bezahlung von Überstunden auf Unternehmens- statt auf Branchenebene zu verhandeln, gilt für die Regierung Valls als »Herzstück« und ist bei aller angedeuteten Konzessionsbereitschaft »unverhandelbar«. In anderen Punkten (Sozialplanprämie, vorrübergehende Ausdehnung der Wochenarbeitszeit) hat man Zugeständnisse gemacht.
    Da die sieben Gewerkschaftsbünde bereits jetzt über keinen besonders hohen Organisationsgrad verfügen (in der Summe 20% im Öffentlichen Dienst und 9% im Privatsektor), verschiebt der Gesetzentwurf ihre Verhandlungsposition nachhaltig zugunsten der Unternehmen mit erpressbaren Belegschaften. Die Gewerkschaften versuchen seit drei Monaten gegen das Gesetz zu mobilisieren, doch ließ ihre Präsenz auf den Straßen zuletzt immer mehr nach.
    Die Arbeitslosigkeit sinkt seit zwei Monaten wieder und die Wachstumsprognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) wurden nach oben korrigiert. Es gibt keinen weiteren Mahnbrief aus Brüssel, die Fiskaldisziplin zu verschärfen. Die Mobilisierung der Gewerkschaftsbünde sank zuletzt, weil sie uneins sind und die CFDT meint, die Wucht der Reformen in Verhandlungen abgeschwächt zu haben. Aber ihre Verhandlungsmacht ist immer nur so groß, wie CGT, FO und andere Arbeitnehmerorganisationen kampfentschlossen agieren. Der Arbeitnehmerschaft fehlt allerdings auch eine Perspektive, wie der Abbau von Industriearbeitsplätzen, der sich mit der Großen Krise nach 2008 beschleunigt hat, wieder umgekehrt oder zumindest gestoppt werden kann.
    Quelle: SozialismusAktuell

  6. Kurzsichtige Unternehmer
    Werkverträge sind en vogue: Umfragen zufolge machen Unternehmen zunehmend Gebrauch von diesem Instrument. Wie problematisch das ist, haben Tim Obermeier und Stefan Sell für die Hans-Böckler-Stiftung dokumentiert. Die Sozialwissenschaftler von der Hochschule Koblenz haben sich in Fallstudien mit den Gründen und Konsequenzen dieser Entwicklung auseinandergesetzt. Ihrer Einschätzung zufolge nutzen Arbeitgeber Werkverträge zum Teil gezielt dazu, Tarifstandards zu unterminieren. Auf lange Sicht könnte sich das rächen: Die wahren betriebswirtschaftlichen Kosten werden oft unterschätzt.
    Für ihre Untersuchung haben Obermeier und Sell mit dem Bezirk Mitte der IG Metall kooperiert, der für Hessen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Thüringen zuständig ist. Gemeinsam mit Gewerkschaftsexperten wurden drei Automobilzulieferer und ein Maschinenbauer ausgewählt, die insgesamt 11.000 Menschen beschäftigen und auf regionaler Ebene jeweils eine wirtschaftliche Schlüsselstellung innehaben. Die Forscher haben Betriebsräte dieser Unternehmen und ihrer Dienstleister, Gewerkschaftsbevollmächtigte und einen Manager interviewt. Zusätzlich wurden die ausgewählten Betriebe inspiziert und Daten ausgewertet.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  7. Schwenk bei Vermögensteuer: Union und Opposition kritisieren Gabriel
    Sigmar Gabriel zeigt sich offen für die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Das Finanzministerium protestiert: Die Abgabe könne Arbeitsplätze gefährden. (…)
    Gabriel hatte sich am Mittwoch – im Gegensatz zu früheren Äußerungen – offen für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer gezeigt. Er habe nichts dagegen, dass Privatvermögen einer solchen Steuer unterworfen werde. Der linke Flügel der SPD fordert auch mit Blick auf den bevorstehenden Bundestagswahlkampf schon seit Längerem, Reiche mit einer solchen Abgabe zur Kasse zu bitten.
    Als Problem bezeichnete Gabriel, dass bislang keine Variante der Vermögensteuer existiere, in der man das Betriebsvermögen von Familienunternehmen freistelle. “Und das Betriebsvermögen wollen wir ja nicht schmälern.” Die steuerliche Belastung von Unternehmenswerten ist auch Kern der Erbschaftsteuerreform, um die Schwarz-Rot seit Monaten ringt. (…)
    Teilen der Opposition reicht der Vorschlag nicht aus. Die Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion, Sahra Wagenknecht, hielt Gabriel vor, es sei zu wenig, über eine Vermögensteuer nur laut nachzudenken. Die Linke fordere seit Jahren eine Vermögensteuer für Millionäre in Höhe von fünf Prozent. Die Anrechnung von Betriebsvermögen dabei auszuklammern, wäre eine “Spitzensteuer ohne Zugspitze”, sagte Wagenknecht der Zeitung “junge Welt”.
    Auch FDP-Chef Christian Lindner lehnt eine Wiedereinführung der Steuer ab. Statt heimische Leistungsträger ins Visier zu nehmen, solle sich die SPD besser dafür stark machen, dass globale Multis wie Google, Apple und Amazon einen fairen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten müssten, sagte Lindner den “Ruhr Nachrichten”.
    Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), sprach sich gegen die Wiedereinführung der Vermögensteuer aus. “Ökonomisch ist diese Steuer jedenfalls nicht sehr überzeugend”, sagte er der “Passauer Neue Presse”. Wer glaube, dass er mit der Vermögensteuer eine gefühlte Ungleichheit korrigieren könnte, verkenne, dass die Vermögenschichtung von der Einkommensschichtung unabhängig sei. “Auch Personen mit mittlerem oder wenigem Einkommen können Vermögen haben.”
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Christian Reimann: Eigentlich spiegelt der Artikel die Interessenlage recht gut wieder: Union, FDP und das passende Institut bilden auf jeden Fall die eine Seite, die zu erwarten war. Eigentlich könnte Herr Gabriel versuchen, eine Vermögenssteuer noch vor Ende dieser Legislaturperiode einzuführen. Vermutlich stünden die beiden bisherigen Oppositionsparteien diesbezüglichen Gesprächen aufgeschlossen gegenüber.

    dazu: Vermögensweltmeister
    Nach wie vor parken viele Wohlhabende ihr Geld in Steuerparadiesen – der Gesamtwert der Offshorevermögen wuchs der Studie zufolge im vergangenen Jahr um drei Prozent auf zehn Billionen Dollar. Von wegen Panama: Das beliebteste »Anlageland« ist weiterhin die Schweiz.
    Die Kehrseite der Medaille ist geringeres Wirtschaftswachstum. Wenn Geld nicht vergesellschaftet wird, fehlt es an Investitionen. Infrastruktur, Löhne, Gesundheit und Soziales bleiben schon seit Jahren auf der Strecke. Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hat die Ursache am 30. Mai im Handelsblatt benannt: »Die heutigen Märkte sind durch anhaltend hohe Monopolgewinne gekennzeichnet«. So habe sich etwa der Anteil der zehn größten Banken am Depositenmarkt für kurzfristige Kredite, in den letzten 30 Jahren von 20 auf 50 Prozent erhöht, so Stiglitz.
    Selbst die Finanzhaie »verdienen« langsamer dazu. Das globale private Finanzvermögen von Privatanlegern, angelegt in Bargeld, Aktien, Wertpapieren oder Fonds, ist 2015 um 5,2 Prozent auf insgesamt 168 Billionen US-Dollar gewachsen – deutlich langsamer als noch 2014. Da stieg es noch um 7,5 Prozent an.
    Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, erklärte am Mittwoch gegenüber jW: »Die erreichte Vermögenskonzentration ist eine Katastrophe für eine stabile Volkswirtschaft und für jede demokratische Gesellschaft.« Es sei vollkommen verantwortungslos, dass die anderen Parteien nicht den Mut hätten, sich mit den Reichen anzulegen, um die Interessen von 99 Prozent der Menschen zu vertreten. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte am Mittwoch die Vermögenssteuer zu Wahlkampfzwecken wiederentdeckt. Über eine solche »nur laut nachzudenken« sei zu wenig, so Wagenknecht. Die Linke fordere seit Jahren eine Vermögenssteuer für Millionäre in Höhe von fünf Prozent. Die Anrechnung von Betriebsvermögen dabei auszuklammern, wie von Gabriel angedacht, wäre eine »Spitzensteuer ohne Zugspitze«, so Wagenknecht.
    Quelle: junge Welt

  8. Private Vorsorge gescheitert?: Kündigungswelle bei Riester-Verträgen
    Die Nullzinsphase und anhaltende Negativschlagzeilen bringen das Geschäft mit Riester-Verträgen endgültig zum Erliegen. Im ersten Quartal sind erstmals mehr Policen gekündigt als abgeschlossen worden. Damit wächst der politische Druck für eine grundlegende Reform der privaten Vorsorge. „Es ist Zeit für eine kritische Revision“, sagte Grünen-Rentenexperte Markus Kurth dieser Zeitung: „Wir brauchen besser heute als morgen einen Neustart.“ Auch SPD-Fraktionsvize Carola Reimann gesteht: „Die Erwartungen haben sich nicht erfüllt.“
    Nach der aktuellen Statistik des Bundessozialministeriums ist die Zahl der Riester-Verträge in den ersten drei Monaten des Jahres um rund 1000 auf 16,481 Millionen zurückgegangen. Für jede fünfte Police werden zudem keine Beiträge mehr gezahlt. Bereits seit 2013 schrumpft die Zahl der klassischen Riester-Versicherungen. Bislang war der Einbruch jedoch stets durch Zuwächse beim Absatz von geförderten Investmentfonds und Wohn-Riester-Verträgen überkompensiert worden. Nun geht erstmals die Zahl der Menschen, die privat fürs Alter vorsorgen, insgesamt zurück.
    Quelle: Berliner Zeitung
  9. Gesundheitspolitik: ein vermintes Gelände
    Das Gesundheitswesen ist keine karitative Einrichtung, sondern eine Dienstleistungsbranche mit hohem Wachstumspotenzial. Aus guten Gründen wird sie über kollektive Verhandlungen auf verschiedenen Ebenen gesteuert. Doch Reformen werden so zur politischen Daueraufgabe.
    Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist schon lange keine Einrichtung für schutzbedürftige Lohnabhängige mehr, sondern die Steuerungszentrale eines Wirtschaftszweiges, in dem gegenwärtig 5,2 Millionen Beschäftigte über 11 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaften. Das unterscheidet die GKV und die Pflegeversicherung grundsätzlich von den anderen Säulen unseres Sozialversicherungssystems, die mit ihren Lohnersatzleistungen vor allem der Existenzsicherung dienen. Unser zu 80 Prozent aus Sozialabgaben und Steuern finanziertes Gesundheitswesen ist ein Jobmotor mit einem Zuwachs an Arbeitsplätzen von fast 30 Prozent seit dem Jahr 2000.
    Es ist daher nicht nur legitim, sondern notwendig, seine Strukturen und Institutionen unter ökonomischen Aspekten zu betrachten. Mutter Teresa und Albert Schweitzer sind keine geeigneten Leitbilder für Pflegekräfte und Ärzte, die mit ihrer hohen Qualifikation gutes Geld verdienen wollen und sollen. Daher geht die verbreitete Kritik, die Gesundheitspolitik betreibe eine Ökonomisierung des Gesundheitswesens, an der Sache vorbei. Richtig ist, dass im selbstreferenziellen Milieu von Politik und Medien eine ökonomistische Ideologie dominiert, die soziale Strukturen und Beziehungen auf Tauschverhältnisse reduziert und für das Gesundheitswesen marktwirtschaftliche Modelle propagiert ‒ ohne Rücksicht auf die Besonderheiten dieses die Existenz und das Wohlbefinden der Menschen unmittelbar berührenden Wirtschaftszweiges.
    Quelle: Makroskop
  10. Verachtung fürs Volk
    Angenommen, die Bevölkerung eines Landes erhält nach und nach Kenntnis über Geheimverhandlungen: Mit aller Macht und undemokratischen Tricks will die Regierung zusammen mit der Exekutive eines Wirtschaftsverbundes („Kommission“) international agierenden Konzernen das Recht verschaffen, gegen Regierungen zu klagen, wenn diese Gesetze zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger erlassen. Wie groß wäre die Glaubwürdigkeit dieser Regierung? Verdient sie das Vertrauen der Menschen?
    Quelle: Hinter den Schlagzeilen
  11. „Tag der Bundeswehr“
    Zwecks Rekrutierung von Jugendlichen führen die deutschen Streitkräfte am morgigen nationalen “Tag der Bundeswehr” offensive Kriegsoperationen vor. Im sächsischen Frankenberg etwa, wo Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Veranstaltung mit einer Rede eröffnen wird, will die Truppe den “Angriff eines verstärkten Panzergrenadierzuges mit Schützen- und Kampfpanzern” demonstrieren. Auch im niedersächsischen Munster sollen Besucher ein “einsatzähnliches Szenario” zu sehen bekommen, bei dem “alle modernen Gefechtsfahrzeuge” des Heeres “in Action” gezeigt werden. Während die deutschen Streitkräfte bei diesen Gelegenheiten an die Technikbegeisterung und Abenteuerlust ihres potentiellen Nachwuchses appellieren, verweisen sie an ihren Universitätsstandorten Hamburg und München auf die dort vermeintlich anzutreffenden “perfekten” Studienbedingungen. Zudem präsentiert sich die Truppe beim “Tag der Bundeswehr” als besonders familienfreundlicher “Arbeitgeber”: Integraler Bestandteil aller Veranstaltungen ist stets ein ausgefeiltes “Kinderprogramm”.
    Quelle: German Foreign Policy
  12. US-Drohnenkrieg: „Ohne Ramstein geht’s nicht“
    Der US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz steht ab dem heutigen Donnerstag im Mittelpunkt mehrtägiger Proteste, zu denen Vertreter der Friedensbewegung aus Deutschland und den USA aufgerufen haben. An der Kampagne „Stopp Ramstein“ beteiligen sich auch ein Dutzend lokale Initiativen.
    Neben einem Protestcamp und zahlreichen Informationsveranstaltungen ist für Samstag eine Demonstration in Form einer zwölf Kilometer langen Menschenkette geplant, zu der die Veranstalter rund fünftausend Menschen erwarten. Die Auftaktkundgebung wird Oskar Lafontaine von der Linkspartei mit einer Rede einleiten.
    Ramstein stehe, so die Organisatoren der Proteste, „für die Politik von Interventionen und Krieg, von Überwachung und Militarismus“. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Rolle des Stützpunkts bei den Kampfdrohnen-Einsätzen der USA, denen auch viele Zivilisten zum Opfer fallen.
    „Von Ramstein gehen durch die weltweiten Drohneneinsätze tagtäglich Tod, Leid, Terror und Verderben aus. Drohnenkrieg ist Serienmord“, heißt es im Appell der Planungskonferenz der Protestkampagne. „Großes Ziel“ sei es, den Stützpunkt dichtzumachen: „Wir fordern die Bundesregierung auf, den Truppenstationierungsvertrag zu kündigen.“
    Mit über vierzigtausend Mitarbeitern ist der Stützpunkt der größte US-Militärflugplatz außerhalb der USA. Seit 2011 dient Ramstein als koordinative Schnittstelle für Drohneneinsätze gegen mutmaßliche Terroristen in Afrika und Ländern wie Pakistan und dem Jemen.
    Die Einbindung des Luftwaffenstützpunktes in das US-Drohnenprogramm wird jedoch seit Jahren von der Bundesregierung geleugnet – trotz umfangreicher Belege. Dabei bedient sich Berlin auch gerne der Formel, wonach von Ramstein aus „ferngesteuerte Luftfahrzeuge weder geflogen noch befehligt“ würden. Das allerdings behauptet auch niemand.
    Quelle: Hintergrund
  13. Wem nutzt eine NATO-Raketenabwehr?
    Die Begründung für die neuen Abwehrstationen überzeugt nicht.
    Am 12. Mai 2016 wurde im rumänischen Deveselu feierlich eine neue NATO-Raketenabwehrstation eingeweiht, nur wenige Tage später erfolgte der erste Spatenstich für den Bau einer weiteren Station im polnischen Redzikowo, die ab 2018 einsatzfähig sein soll. Beide Abwehrstationen gehören zum europäischen Teil des NATO-Raketenabwehrprogramms „European Phased Adaptive Approach“ (EPAA). Das EPAA soll die USA und ihre europäischen Alliierten und Partner gegen feindliche Kurz- und Mittelstreckenraketen schützen. 2009 öffentlich von US-Präsident Barack Obama als Weiterentwicklung des „NATO Active Layered Theatre Ballistic Missile Defence“ (ALTBMD) zur Diskussion gestellt, wurde das Programm beim NATO-Gipfel in Lissabon im Jahr 2010 in das „New Strategic Concept“ integriert. Seither wird die Abwehr von ballistischen Bedrohungen als Kernelement der kollektiven Sicherheitsaufgaben der Allianz genannt. Die Gesamtkosten (einschließlich ALTBMD) werden bislang auf mehr als drei Milliarden Euro geschätzt, den Löwenanteil davon finanzieren die USA. (…)
    Alle Verantwortlichen auf NATO-Seite werden seit Beginn der Planungen im Jahr 2010 nicht müde, zu betonen, dass EPAA sich nicht gegen Russland richte und auch keine Gefahr für dessen Fähigkeit zu einem nuklearen Vergeltungsschlag darstelle. Generell sei EPAA gegen kein spezifisches Land gerichtet, sondern gegen bestimmte Bedrohungsszenarien allgemein. Schließlich verfügen derzeit etwa 30 Staaten über eine Raketentechnologie, die eine potenzielle Bedrohung für die USA und Europa darstellen könnte. Allerdings sind etliche dieser 30 Staaten NATO-Partner oder -Verbündete. Wenn man darüber hinaus all jene Staaten abzieht, die faktisch auf absehbare Zeit keine Bedrohung darstellen, weil sie zur Zeit weder über die Mittel noch über die Infrastruktur für einen erfolgreichen Raketenabschuss verfügen oder schlicht keine feindlichen Ambitionen haben, bleiben als potenzielle Aggressoren nur der Iran, Syrien, Russland, Terroristen und mit Einschränkungen Nordkorea übrig. (…)
    Richtet sich das EPAA also doch gegen Russland, wie nicht nur von russischer Seite, sondern etwa auch von der Opposition im Deutschen Bundestag geargwöhnt? Es wäre in der Tat ein Muskelspiel mit symbolträchtigen Standorten in Polen und Rumänien und eine demonstrative Rückenstärkung der östlichen NATO-Alliierten, die genau das den letzten Monaten vehement eingefordert haben. Zwar war es um das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen bei Beginn der EPAA-Planungen noch wesentlich besser bestellt, weshalb die Auswahl der Aegis-ashore-Standorte auch nicht als unmittelbare Reaktion auf die russische Annexion der Krim missverstanden werden darf. Aber in der Tat erfüllen die beiden Basen auch den Zweck einer Rückversicherung der östlichen NATO-Partner. Das Russland sich provoziert fühlt, wird in dieser politischen Gemengelage kaum jemanden überraschen. Insofern muss konstatiert werden, dass die NATO (die Angebote Russlands zur Zusammenarbeit bei der Raketenabwehr ausgeschlagen hatte), eine weitere Verschlechterung der Beziehungen billigend in Kauf nimmt.
    Quelle: IPG
  14. Das war die Grüne
    […] Denn wir wissen doch alle: Es gibt neben Jutta Ditfurth für Jutta Ditfurth niemanden mehr, den sie zutrauen würde, die Wahrheit so metaphysisch erfasst zu haben, als dass er würdig wäre, auch nur als Fußnote in ihr Werk einzugehen. Ihre Bücher zeigen auf, dass Fundimentalismus (das Wort steht absichtlich so da) zwar grundsätzlich notwendig ist, wenn die Realpolitik zum Beispiel mal wieder Menschenrechte als Tand abtut, dass er aber als Entwurf eines entspannten Lebens völlig überzogen ist. Überzogen bis zu einer Pendanterie, die als Frau Ditfurth um die Ecke kommt.
    Nun wissen wir also von ihr, Jens Berger ist ein nicht besonders kluger Autor und die NachDenkSeiten sind NachHetzSeiten. So postete sie es bei Facebook. Die Website hatte sich kritisch mit dem Tortenwerfer auseinandergesetzt und letztlich nach dem Sinn sich selbst links stehender Gruppierungen gefragt, die glauben sie könnten von Storch mit Wagenknecht gleichsetzen. Letztlich ist eine Torte immer nur eine Torte und einer, der Torten in Gesichter stürzt, immer bloß einer, der Torten in Gesichter stürzt. Weder ist das sonderlich kriminell noch sonderlich revolutionär. Der Streit, wie man eine solche Aktion moralisch einzuordnen hat, ist keine besonders ethische Herausforderung. Sie ist schlicht infantil; Kinder machen halt gelegentlich Unfug. Als diesen muss man ihn sehen und man sollte sich dann fragen, ob man als Erwachsener vielleicht einen Fehler gemacht hat. Nicht weniger hat Jens Berger getan. […]
    Jedenfalls wirkt die Frau so, als sei sie kontinuierlich eingeschnappt, weil sie die Deutungshoheit verloren hat. Falls sie sie je hatte. Keiner fragt mehr nach, ihre Radikalismen haben die linke Alternative zu einer Sozialdemokratie, die sich verloren hat, nie erreicht. Bei den Grünen zeugt nichts mehr von ihrem Erbe. Die eigene kleine Partei, die sie regional leitet, ist ein kommunaler Rohrkrepierer. Nicht mal das doch nicht zu unterschätzende linke Spektrum innerhalb Frankfurts kann sich aufrappeln, diese Fraktion zu unterstützen. Die jungen Leute fragen schon, wer diese Jutta Ditfurth denn ist.
    Quelle: ad sinistram
  15. Scheidender Bundespräsident: Gauck geht. Gut.
    Joachim Gauck kann derzeit seine eigenen Nachrufe lesen. So weihevoll ist der Ton, in dem über den Präsidenten gesprochen wird. Aber Gauck ist nicht tot. Er will nur nach einer Amtszeit abtreten. Das ist alles.
    Man darf sich also nüchtern mit der Bilanz dieser Präsidentschaft befassen. Es heißt, Gauck habe dem Amt seine Würde zurückgegeben. Ja, aber dieser Präsident hat vor allem deshalb so hell gestrahlt, weil sein Vorgänger ein so trübes Licht war. Gaucks Abschied ist weniger ein Verlust als eine Chance.
    Joachim Gauck war das Gegenteil von Christian Wulff. Dem einen war der Präsidentenanzug ein paar Nummern zu groß. Dem anderen wurde er an den Schultern bald zu eng. Im ZDF erinnerte Gauck sich selbst einmal an die Grenzen seines Amtes: “Ich bin auch keine Ersatzregierung”, sagt er: “Wenn es bei der Regierung schiefgeht, kann die Bevölkerung nicht vom Bundespräsidenten erwarten, dass er es dann richtet.” Auf die Idee wäre außer ihm auch niemand gekommen.
    Quelle: Jakob Augstein auf Spiegel Online
  16. Zu guter Letzt: Danke für die Eilmeldung

    Danke für die Eilmeldung

    Quelle: Extra 3 via Facebook


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