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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 15. August 2016 um 8:24 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Zehn Thesen zum Putschversuch
  2. Innere Sicherheit
  3. Not und Spiele
  4. Politik in den Händen von Oligarchen
  5. Why a Tax on Wall Street Trades is an Even Better Idea Than You Know
  6. Bundesregierung rechtfertigt Erneuerung von EU-Freihandelsvertrag mit Mexiko
  7. Die Angst der Mächtigen vor der Deutschen Bank
  8. Wie sozial ist unsere Marktwirtschaft? Eine transatlantische Perspektive auf eine Politik sozialer Gerechtigkeit
  9. Wutanfall wegen Wuchermieten
  10. Rechtspopulismus und „Terrorabwehr“ im progressiven Vakuum – die Erkenntnisresistenz geht weiter
  11. Westliche Demokratien sind bedroht
  12. Islamkritiker beziehen gemeinsam Stellung
  13. Migration
  14. Gesellschaftskritik: “Lauter kleine Narzissten, auf Wettbewerb getrimmt”
  15. Türkische Staatsanwaltschaft beantragt 5 Jahre Haft für HDP Politiker
  16. Schlüsselwort „Qualität“? – Des Westens neue Medienkrieg-Strategie gegen Moskau
  17. Rechts regiert in Ungarn
  18. Labour: 130.000 Neumitglieder dürfen nicht wählen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Zehn Thesen zum Putschversuch
    Die Türkei hat jetzt kein simples Erdogan-Bashing verdient, sondern genaues Hinschauen. Die Lage ist komplizierter, als viele uns glauben machen wollen.
    Die Türken schauen in diesen Tagen so intensiv wie selten auf die Berichterstattung des Auslands beziehungsweise auf das, was ihnen ihre Medien davon präsentieren. Sie wollen wissen, wie der Rest der Welt das Land nach dem Putschversuch sieht, und wir sollten ihnen – und vor allem uns – den Gefallen tun, nicht nur mit bequemem Erdogan-Bashing zu reagieren, sondern mit gewissenhaften Abwägungen und echter Neugier. Deshalb im Folgenden zehn Überlegungen zu diesem noch längst nicht aufgeklärten Putschversuch, seiner Vorgeschichte und seinen Folgen.
    Quelle: ZEIT

    dazu: Illiberale Demokratie oder Faschismus in der Türkei?
    Wohin steuert die Türkei nach dem Putschversuch und den harschen Reaktionen der AKP-Regierung? Auf der Suche nach einem demokratischen Ausweg.
    Medien und Politik neigen seit dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 zur Pathologisierung des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan als unzurechnungsfähigem „Diktator“. Es dominiert das Narrativ von einem gewählten Präsidenten, der als Demokrat startete und spätestens nach dem fehlgeschlagenen Putsch vollends zum Autokraten mit wahnhaften Zügen wurde. Aber ist diese Erzählung wirklich zutreffend? Wieviel Ressentiments bedienen auch Linke, wenn sie von einem neuen „Sultanat“ in der Türkei sprechen?
    Die Strafmaßnahmen der türkischen Regierung scheinen derartige Urteile zu belegen: die Massenverhaftungen, der Ausnahmezustand, die Gleichschaltung der Presse, die permanente gewaltförmige Mobilisierung der Straße, der anhaltende Krieg in den kurdischen Gebieten – überhaupt die autoritäre Tendenz, gesellschaftliche Widersprüche sofort und militärisch durch eine Quasi-Ausmerze lösen zu wollen ohne auch nur den Anschein einer vermittelnden Instanz.
    Mittlerweile können Verhaftete wieder wie in den schlimmsten Zeiten der Militärdiktatur bis zu 30 Tage ohne Rechtsbeistand inhaftiert bleiben. Die Berichte mehren sich, dass die Folter, die nie wirklich abgeschafft war, wieder verstärkt zum Einsatz kommt. Hinzu kommt die immer dominantere Rolle der Religion in der Sprache der aktuell herrschenden politischen Klasse. All das spricht für die Etablierung eines religiösen Führerstaates: ein klarer Verstoß gegen die Werte von Demokratie und Aufklärung. In den Augen der deutschen und allermeisten europäischen Medien zeigt sich hier erneut, dass diese Türkei nicht „reif für Europa“ ist – auch wenn die Regierungen mit ihr in der Flüchtlingsfrage aus Gründen der eigenen Demokratieräson paktieren. Soweit der allgemeine Tenor der Berichterstattung.
    Quelle: medico international

  2. Innere Sicherheit
    1. Der Wahlkampf hat begonnen
      De Maizières “Anti-Terror-Paket” soll mehr Sicherheit schaffen – aber vor allem soll es eines signalisieren: Er reagiert schnell und hat alles im Griff. Tatsächlich gehen die Maßnahmen fast ausnahmslos an der Sache vorbei. (…)
      Wie die Anschläge in Ansbach und Würzburg Mitte Juli gezeigt haben, ist auch Deutschland gegen terroristische Angriffe nicht immun. Die Politik muss darauf reagieren, was allerdings nicht ganz leicht ist. Sie muss zum einen den Bürgern – und Wählern – Sicherheit im Land signalisieren, zum anderen aktive Vorschläge zur Terrorbekämpfung machen. Sie muss auf Problembereiche aufmerksam machen wie die Radikalisierung im Internet, in Schulen und im Flüchtlingsheim. Sie muss zugleich aber auch der menschenwürdigen Behandlung von Flüchtlingen und deren Integration in Deutschland gerecht werden.
      Die Länder-Innenminister der CDU und CSU sowie Bundesinnenminister Thomas de Maizière haben Gesetzesverschärfungen angekündigt: Von einem Verbot der Vollverschleierung war zunächst die Rede, die doppelte Staatsbürgerschaft solle erschwert werden. Von diesen Forderungen der Innenminister distanzierte sich de Maizière bei seiner gestrigen Erklärung jedoch wieder. Straffällig gewordene Ausländer sollen schneller abgeschoben, Waffenkäufe im Internet strenger überwacht werden. Die Polizei soll mehr personelle und technische Unterstützung erhalten. Als eigenen Vorschlag führt Thomas de Maizière eine Einschränkung der ärztlichen Schweigepflicht an, sodass Ärzte schneller über potentielle Terroristen informieren können.Mit den Forderungen geht der Innenminister hauptsächlich einer der oben genannten Aufgaben nach. Er liefert schnelle Vorschläge, die zeigen sollen: Er kümmert sich aktiv um die Terrorabwehr, er hat alles im Griff.
      Quelle: Katapult
    2. Innere Sicherheit: Musterhaft auf dem Weg zu mehr Repression
      Wie der Fetisch Sicherheit von allen Parteien bedient wird
      Da können Erdogan und Putin noch etwas lernen. In Frankreich wurde ein Internetnutzer zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er in letzter Zeit besonders häufig gewaltverherrlichende islamistische Internetseiten aufgerufen haben soll (Zwei Jahre Haft für den Besuch von Dschihad-Webseiten). Als in der Türkei die islamistischen Behörden während der Geziproteste Twitter sperren ließen, war die Empörung auch hierzulande groß.
      Wenn nun in Frankreich bereits das Aufrufen inkriminierter Seiten zu Haftstrafen führt, beschämt der sogenannte Westen in der Tat die Autokraten am Bosporus und wo auch immer, da man diesen einmal wieder ein Stück voraus ist bei der Repression. Die Grundlage für die Verurteilung war übrigens ein erst kürzlich verabschiedetes Gesetz (Frankreich: Zwei Jahre Freiheitsstrafe für Besucher von Terror-Webseiten), das im Zuge des Ausnahmezustands ohne größere wahrnehmbare Proteste im In- und Ausland durch das Parlament gewinkt und schon kurz danach angewandt wurde.
      Die Zeiten, in denen Notstandsgesetze noch wie in den 1960er Jahren in der BRD als Schubladengesetze bezeichnet wurden, die erst in zukünftigen Zeiten einer prekären Sicherheit zur Anwendung kommen, sind also offensichtlich vorbei. (…)
      Doch auch in Deutschland überbieten sich in den letzten Tagen die Politiker wieder einmal in Vorschlägen für den Abbau der Demokratie. Die Stichworte sind nicht neu, sondern eigentlich so altbekannt und berechenbar, dass es doch erstaunlich ist, dass sie immer wieder präzise nach dem gleichen Muster ablaufen.
      Quelle: Telepolis

      Anmerkung Christian Reimann: Kann es sein, dass Frankreich lediglich der erneute Beginn eines „menschlichen Versuchslabors“ für EU- und NATO-Staaten ist – bezüglich der aufgeladenen Rhetorik und der angewendeten Maßnahmen gegen den „Terror“?
      In diesem Zusammenhang sei an die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte erinnert:
      „So müssen die in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“ auch als Teil der Charta betrachtet werden:
      Artikel 2 Absatz 2 EMRK:
      „Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um

      1. jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
      2. jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
      3. einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“.

      Und weiter:
      „Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden …“.
      Die Erläuterungen sind offenbar nicht lediglich Regelungen für die Ausführungen des Gesetzes, sondern – und das ist unüblich – dem Gesetzestext gleichgestellt. So nachlesbar im Amtsblatt der Europäischen Union vom 14.12.2007.

    3. Bundeswehr in den Straßen?
      In der aktuellen Terrorhysterie hat Verteidigungsministerin von der Leyen mit ihrer Aussage, während eines für einen Anschlag gehaltenen Amoklaufs in München(1) wären Bundeswehreinheiten in Alarmbereitschaft versetzt worden, die mediale Aufmerksamkeit im Sommerloch erobert.
      Die Intervalle zwischen entsprechenden Vorstößen der Union, die Bundeswehr – zur Not auch mit Grundgesetzänderung – der Polizei als Ordnungsfaktor im Inland an die Seite zu stellen, werden kürzer.
      Neu ist dieser Diskurs allerdings nicht. Bereits 1993, im Kontext kurdischer Proteste gegen türkische Einrichtungen in Deutschland, forderte Wolfgang Schäuble, damaliger Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU, die Möglichkeiten des Inlandseinsatzes der Bundeswehr auszuweiten.(2) Seit dem werden die Graue Eminenz der Bundesregierung und weitere Mitglieder seiner Fraktion nicht müde, dieses Thema bei jeder für sie passenden Gelegenheit auf die Agenda zu setzen. So auch in der Debatte um die Silvesternacht 2015/16 in Köln.(3) Die Stoßrichtung variiert dabei der jeweiligen Situation entsprechend. Während 2006, 2007 und 2014 über den möglichen Abschuss von entführten Passagierflugzeugen debattiert wurde, sind aktuell Einsätze von Fußsoldaten zur Terrorabwehr in deutschen Großstädten gefragt.
      Diese sollen, so die Vorstellung der Verteidigungsministerin und höherer Bundeswehroffiziere, im Falle eines Terroranschlags mit ihren in Auslandseinsätzen erlernten Fähigkeiten der Polizei unter die Arme greifen. So gehören laut Generalleutnant Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis, die „Organisation von Checkpoints“ und der Umgang mit „Sprengstoffbedrohungen oder Objektschutz“ zu den ausgewiesenen Fähigkeiten der Feldjäger, auf die der Staat auch im Inland im Fall der Fälle nicht verzichten sollte.(4)
      Auch wenn eine Grundgesetzänderung zugunsten eines ausgeweiteten Inlandseinsatzes und damit die präventive Präsenz der Bundeswehr auf deutschen Straßen im Moment unwahrscheinlich erscheint, sollte die aktuelle Diskussion, auch in Anbetracht der Entwicklungen in den europäischen Nachbarländern, durchaus ernst genommen werden.
      Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
  3. Not und Spiele
    Die Vergabe der Olympischen Spiele an Brasilien wurde von vielen als Symbol für einen „linken“ wirtschaftlichen Aufstieg Brasiliens erachtet. Zum Zeitpunkt der Austragung der Olympiade aber ist das linke Modell von Wachstum mit Umverteilung am Ende. Was ist passiert?
    Brasilien 2009: Rio erhält den Zuschlag zur Austragung der Olympiade 2016. Lula – der charismatischste linke Präsident, den Brasilien je hatte – hält sichtlich bewegt eine Ansprache an sein Volk:

    „Brasilien ist aufgestiegen von einem Land zweiter Klasse in ein Land erster Klasse. Brasilien hat die Chance bekommen, die es im 20. Jahrhundert nicht bekam“.

    Und weiter:

    „Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr an der ökonomischen und sozialen Größe und an unserer Fähigkeit, ein kohärentes Regierungsprogramm zu präsentieren“.

    Brasilien 2016: Die Wirtschaft Brasiliens befindet sich im freien Fall: minus 3,8% Wachstum letztes Jahr. Der IWF hofft, dass es dieses Jahr „nur noch“ minus 3,3% werden. Die Stadt Rio hat kurz vor der Eröffnung der olympischen Spiele den „finanziellen Notstand“ ausgerufen. Der nationale Haushalt, selbst im Modus eines drastischen Sparprogramms, musste einspringen, damit die Stadt die Polizisten wieder bezahlen kann, die für die Sicherheit der Sportler und Touristen sorgen sollen, aber auch ihre Lehrer, Ärzte und Feuerwehrleute.
    Quelle: Makroskop

  4. Politik in den Händen von Oligarchen
    Robert B. Reich will den amerikanischen Kapitalismus vor den Oligarchen retten. Denn die ungleichen Einkommen zwischen Armen und Reichen führt er auf den politischen Einfluss von Konzernen und Banken zurück.
    Deutschland gehe den Weg der Vereinigten Staaten, warnt er in einem eigenen Vorwort seine deutschen Leser. Auch hierzulande würden die Einkommen stagnieren. Zwar seien sie seit Ende der 90er Jahre deutlich gestiegen, aber – so sein Hauptargument – die Ungleichheit wachse. Oben würden Einkommen und Vermögen schneller wachsen als unten. In diesem Befund unterscheide sich also Deutschland nicht von den USA.
    Der Politikprofessor, Jahrgang 1946, unterrichtet derzeit an der Berkeley University, war davor in Harvard und an der Brandeis University und früher Rhodes-Stipendiat in Oxford. Er ist also mit allen wissenschaftlichen Ehren ausgestattet – und ein ausgesprochener Linker, setzt er sich doch für ein bedingungsloses staatliches Grundeinkommen in den USA ein.
    Bereits vor 20 Jahren hat er für eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns plädiert. Damals war er erst wirtschaftspolitischer Berater, dann Arbeitsminister unter Bill Clinton, von 1993 bis 1997. In den Vorwahlen 2016 zum Präsidentenamt unterstützte er nicht dessen Ehefrau Hillary, sondern Bernie Sanders, den Linkspopulisten, der sich selbst als demokratischer Sozialist bezeichnet. (…)
    In den vergangenen 30 Jahren hätten wirtschaftliche Eliten politische Entscheidungen forciert, die sie begünstigten, den einfachen Arbeitnehmer jedoch Risiken aufbürdeten.
    So könnten sich amerikanische Konzerne der Insolvenz bedienen, um Verpflichtungen aus lästigen Tarifverträgen loszuwerden. Ehemaligen Studenten sei es jedoch nicht erlaubt, sich ihres Studienkredites durch eine Privatinsolvenz zu entledigen. Er beklagt also, dass Chancen und Risiken nicht nur sozial und wirtschaftlich, sondern in erster Linie politisch ungleich verteilt seien. Damit einher laufe die schwindende Macht der Gewerkschaften.
    Robert B. Reich geht von einem Idyll der 50er und 60er Jahre aus: Damals habe das Einkommen eines Lehrers oder eines Automechanikers gereicht, um eine vierköpfige Familie zu ernähren, für ein Haus und Auto. Das sei heute nicht mehr der Fall. Durch Globalisierung und technologischen Fortschritt hätten die meisten Arbeitnehmer an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  5. Why a Tax on Wall Street Trades is an Even Better Idea Than You Know
    One of Bernie Sanders’s most important proposals didn’t receive enough attention and should become a law even without a president Sanders. Hillary Clinton should adopt it for her campaign.
    It’s a tax on financial transactions.
    Putting a small tax on financial transactions would:

    1. reduce incentives for high speed trading, insider deal making and short term financial betting. Buying and selling stocks and bonds in order to beat others who are buying stocks and bonds is a giant zero sum game. It wastes countless resources, uses up the talents of some of the nation’s best and brightest and subjects financial markets to unnecessary risk.
    2. generate lots of revenue. Even a one tenth of 1% transaction tax would raise $185 billion over 10 years according to the non-partisan Tax Policy Center. It could thereby finance public investments that enlarge the economic pie rather than merely rearranging its slices. Investments like better schools and access to college.
    3. it’s fair. After all, Americans pay sales taxes on all sorts of goods and services, yet Wall Street traders pay no sales tax on the stocks and bonds they buy, which helps explain why the financial industry generates about 30% of America’s corporate profits, but pays only about 18% of corporate taxes.

    Quelle: Robert Reich

  6. Bundesregierung rechtfertigt Erneuerung von EU-Freihandelsvertrag mit Mexiko
    In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hat die Bundesregierung Stellung zum Freihandel mit Mexiko, dortigen Menschenrechten sowie zu bestehenden und möglichen Absprachen des neuen Globalabkommens zwischen Mexiko und der EU (MEUFTA) genommen. Das Abkommen ist bereits seit 15 Jahren in Kraft und soll nun modifiziert werden. Momentan befinden sich beide Parteien in Verhandlungen.
    Bezüglich der Frage nach dem Umgang mit den 60.000 Toten zwischen 2007 und 2012 sowie offiziell 27.659 Verschwundenen in dem lateinamerikanischen Land verweist die Bundesregierung auf die kritische Äußerung zur Menschenrechtslage von Außenminister Steinmeier bei seinem Mexiko-Besuch im Juni diesen Jahres. Des Weiteren seien Rechtsstaatlichkeit und Transparenz zentrale Themen in den bilateralen Beziehungen zu Mexiko, so die Bundesregierung. (…)
    Im geplanten neuen Globalabkommen sollen erneut private Schiedsgerichte etabliert werden. Details seien nicht vorgegeben und werden somit erst im Laufe der Verhandlungen konkretisiert werden, so die Bundesregierung. Bereits 2015 erklärten beide Verhandlungsseiten beim EU-Mexiko-Gipfel in Brüssel, dass die Abkommen TTIP (USA) und CETA (Kanada) als Vorbilder dienten. (…)
    Obwohl zahlreiche Studien belegen, dass eine Verschärfung der Handelsregelungen im Sinne von TTIP und CETA keine klare wirtschaftliche Verbesserung und selbst negative Folgen für die Menschenrechte in Mexiko mit sich ziehen kann, hat die Bundesregierung bisher keine Stellung zu möglichen menschenrechtlichen und sozialwirtschaftlichen Folgen genommen.
    Quelle: amerika21
  7. Die Angst der Mächtigen vor der Deutschen Bank
    Die Schwäche des größten deutschen Geldhauses ist beängstigend. In der Bundespolitik gehen Krisenszenarien um. Doch die gebeutelte Bank ist immer noch zu wichtig, um sie scheitern zu lassen.
    Normalerweise ist Wolfgang Schäuble kein sehr schweigsamer Mensch. Journalisten, die ihn nach politischen Entwicklungen fragen, bekommen meist eine Antwort – manchmal eine eher unbrauchbar philosophische, aber immerhin eine Antwort. Wer dem Bundesfinanzminister derzeit eine Äußerung zur schwierigen Lage der Deutschen Bank abringen will, erntet dagegen nur ein Schulterzucken, wie zuletzt bei seiner Reise zum G-20-Treffen in Chengdu. “Dazu sage ich nichts”, brummte er da.
    Angst ist oft kein guter Ratgeber. In der Hauptstadt aber geht sie derzeit um. Die Angst vor einer drohenden Schieflage der Deutschen Bank. “Auf jeder politischen Sommerparty in Berlin, bei der auch Wirtschaftsleute dabei sind, ist das ein Thema”, erzählt einer, der auf vielen dieser Festivitäten zu Gast ist. Die Angst sei förmlich mit den Händen zu greifen – obwohl oder vielleicht sogar weil kein Mensch außerhalb der größten deutschen Bank wirklich weiß, wie es um das Geldhaus steht. Und Nichtwissen verunsichert.
    Seit Jahren befindet sich der Branchenführer unter den deutschen Banken in einem Umbauprozess. Geschüttelt von teuren Prozessen, Wirren im Management und einem politischen Umfeld, das Europas Banken hart reguliert, suchen die Frankfurter nach einem Weg. Der Bank scheint der Kompass abhandengekommen zu sein, so sieht man es in Berlin. Die schlechten Quartalszahlen von Mitte dieser Woche bestätigen die Beobachter noch mal in dieser Ansicht.
    Quelle: Die Welt

    Dazu auf den NachDenkSeiten: Die Deutsche Bank ist die gefährlichste Bank der Welt – warum wird dies von der Politik ignoriert?

  8. Wie sozial ist unsere Marktwirtschaft? Eine transatlantische Perspektive auf eine Politik sozialer Gerechtigkeit
    Unser System der „sozialen Marktwirtschaft“ gilt als soziale Alternative zum US-Kapitalismus. Betrachtet man lediglich Markteinkommen, so trügt dieses Bild angesichts ähnlich ungleich verteilter Einkommen gehörig, wie dieser Beitrag zeigt. Erst in einem zweiten Schritt wird durch den Staat hierzulande deutlich mehr zu einkommensschwächeren Haushalten umverteilt. Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch und kann man in einer solchen Situation überhaupt von „sozialer Gerechtigkeit“ sprechen?
    Das Soziale an der Marktwirtschaft kommt vom Staat, nicht vom Markt
    Deutschland und Österreich preisen sich gerne als Paradebeispiele einer „sozialen Marktwirtschaft.“ Aus diesem Begriff ergibt sich der Trugschluss, dass wir es hierzulande mit einer besonders sozialen Variante des Marktes zu tun hätten.
    Die Realität sieht allerdings anders aus: betrachtet man Markt-Einkommen vor Steuern und sozialer Umverteilung, so zeigen OECD-Statistiken, dass es mit der sozialen Marktwirtschaft auf dieser Seite des Atlantiks nicht weit her ist. So verdiente etwa ein Drittel der Bevölkerung in Österreich (32%) bzw. Deutschland (33%) 2013 weniger als die Hälfte des mittleren Einkommens. Damit lag dieser Wert, der oft als Armutsmaß verwendet wird, deutlich über den USA (28%) und auch über dem Durchschnitt der anderen OECD-Länder.
    Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at
  9. Wutanfall wegen Wuchermieten
    Immer mehr Mieter werden ausgequetscht. Einfach nur, weil es geht. Ich wünsche allen, die da mitmachen, Mundgeruch und Blähungen.
    Wenn ich mich mit Immobilien beschäftige, bekomme ich Wutanfälle. Das liegt daran, dass ich derzeit eine Mietwohnung in Berlin suche. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass man mich ausquetschen möchte. Einfach so, weil es geht. Der Immobilienmarkt in Großstädten ist nur noch für Investoren da, die sich eine goldene Penisverlängerung verdienen wollen. Im Namen des freien Marktes.
    Merkt irgendjemand, was sich da für ein Frust aufbaut? 35 Millionen Deutsche wohnen zur Miete und müssen sich das zynische Gequatsche von Boommärkten, besten Investitionschancen und renditestarken Objekten in bester Wohnlage anhören, während sie einen immer größeren Teil ihres stagnierenden Einkommens für eine schlichte Wohnung hinblättern müssen.
    Mir bleibt nichts weiter, als die verbale Mistgabel zu schwingen. Momentan ist das menschliche Grundbedürfnis nach einem netten Zuhause eine riesige Umverteilungsmaschine von unten nach oben. Wer Kohle hat, freut sich an seiner Traummarge. Dass man dazu Geringverdienern immer mehr Geld aus der Tasche ziehen muss, ist egal – der Markt gibt es her und der kennt keine Moral, nur Mechanismen.
    Falls Sie das lesen und sich gerade überlegen, in Berlin eine Wohnung zu kaufen, als Geldanlage, sichere Renditen dank steigender Mieten: Für Sie schmeißt jemand die alten Bewohner raus. Für Ihre Rendite werden Menschen an den Stadtrand gedrängt. Und hören Sie auf, von Niedrigzinsen zu reden.
    Quelle: taz
  10. Rechtspopulismus und „Terrorabwehr“ im progressiven Vakuum – die Erkenntnisresistenz geht weiter
    Es ist wirklich eine ungünstige Zeit dafür, dass konservatives Denken Europa fest im Griff hat. Und das hat es, sehr fest sogar, so fest, dass die meisten Menschen es nicht bemerken, sie wissen nämlich nicht mehr, wie ein progressives Pendant in ökonomischen, innen- und außenpolitischen Angelegenheiten aussähe. Zudem ist auf der dicken, verkrusteten Schicht von Überwachungs-, Konkurrenz- und Militarisierungsstaat eine glitzernde Schicht moderner Dienstleistungen, technischer Möglichkeiten und partieller Gleichberechtigungsentwicklungen aufgetragen. Frauen, Homosexuelle, ethnische Minderheiten… hier gab es tatsächlich deutlich progressive Entwicklungen, die jedoch zugleich die politische und gesellschaftliche Ausrichtung in Hinblick auf die identitätsfernen Themen, die klassischen Systemfragen, weitgehend verdeckt haben.
    Dem Neoliberalismus ist es gelungen, diese Doppelschichtung politischer Entwicklung und damit die progressive Illusion zu erzeugen. Die Konservativen wurden an die langfristige Macht gespült, indem er die Sozialdemokratie ihnen nacheifern und damit sich selbst aufgeben ließ. In ökonomischer Hinsicht und damit auf der zentralen Handlungsebene verlor sie jegliche ernsthafte Gestaltungsmacht, und nun steht sie da und weiß den Konservativen (und ihrem Denken) nichts entgegenzusetzen als – in der deutschen Variante – den Ruf nach mehr Kitas, gleichgeschlechtlicher Ehe und ein bißchen mehr Steuern für Reiche.
    Dabei müssen wir alle mitansehen, wie die tiefere Systemschicht – bei deren Veränderung die Sozialdemokratie Mittäter war, handele es sich nun um die neoliberale Ausgestaltung der EU-Verträge mit ihrem „Diktat der Märkte“ (Stichworte: Maastricht- und Lissabon-Vertrag, die die Fiskalpolitik und somit staatliche Gestaltung stark einschränken und die EU zu einem Wettbewerbsregime zementieren), die Umkrempelung der Sozialstaatlichkeit (hierzulande: Agenda 2010, Hartz-Reform), Finanzmarktderegulierung mit Krisengarantie, oder ein Krisenregime mit Verarmungs- und Demütigungsgarantie (Stichwort: Troika) – die glitzernde progressive Schicht der Gleichberechtigungserscheinungen allmählich absorbiert. Was wir mit dem europaweiten Aufkommen des Rechtspopulismus an reaktionärer Energieentladung erleben, kann man lesen als den erneuten Vormarsch der Idee der Ungleichwertigkeit, die – auf ökonomischer Ebene bislang von den Märkten bestimmt – nun ihren Übertrag auf die gesellschaftliche Ebene findet, wo sie schließlich wieder durch die „Volksgemeinschaft“ bestimmt wird, als die sich vornehmlich jene Menschen sehen wollen, die zu den „Modernisierungsverlierern“ im Neoliberalismus gehören, jene Menschen, die der Möglichkeit einer würdigen Identitätsbildung beraubt wurden.
    Quelle: Maskenfall
  11. Westliche Demokratien sind bedroht
    Die Türkei, Russland, Polen und Ungarn vollziehen derzeit einen dramatischen Übergang zur Autokratie. Doch auch im Westen sind die Demokratien in ernster Gefahr.
    In der Türkei ereignet sich derzeit ein dramatischer Übergang von einer – immerhin über lange Zeit leidlich funktionierenden – Demokratie zu einer Diktatur. Bis auf Weiteres wird sich diese Entwicklung dort nicht umkehren lassen. Blickt man zudem auf die Verhältnisse in Russland, Ungarn oder Polen, so scheint die Demokratie als Regierungsform gegenwärtig durchaus gefährdet zu sein. Daran heftet sich unmittelbar eine weitere Kernfrage, die uns westliche Insulaner inmitten einer immer turbulenteren politischen Umwelt mehr als bisher beschäftigen sollte. Sie lautet: Wie gefährdet sind die westlichen Kernländer der Demokratie?
    Es gibt eine aus der Geschichte bekannte Konstellation, die für eine Demokratie besonders gefährlich ist. Sie entsteht dann, wenn sich auf ihrem Boden extremistische Kräfte bilden, die sich einerseits gegenseitig bekämpfen, die am Ende aber auch die Demokratie selbst treffen wollen. Fast alle europäischen Demokratien in der Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg sahen sich einem solchen Zweifronten-Konflikt gegenüber.
    Das gleichzeitige Aufkommen starker kommunistischer und extrem nationalistischer Bewegungen erzeugte eine latente Bürgerkriegsatmosphäre und verengte den Handlungsspielraum der Demokraten. Zugleich brachte dies vor allem auf Seiten der politischen Rechten neue Gefahren mit sich: die Versuchung nämlich, aus der Konstellation Kapital zu schlagen und mit Extremisten zum Zwecke der eigenen Machterweiterung zu kollaborieren.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers H.K.: Herr Wirsching könnte es besser wissen, wenn er diesen Text auf Makroskop gelesen hätte.

  12. Islamkritiker beziehen gemeinsam Stellung
    In einer gemeinsamen Erklärung fordern bekannte Islamkritiker einen politischen Kurswechsel der deutschen Regierung. Nicht nur der islamistische Terrorismus, sondern auch die dahinterstehende Ideologie des politischen Islam müsse entschieden bekämpft werden. (…)
    Die Antwort ist der Säkularismus
    Erst wenn in Deutschland die Gesetze und Regeln konsequent auf Basis des Säkularismus aufgestellt sind, wird es eine Hoffnung für die Lösung der heutigen Konflikte geben. Nur so werden unsere Kinder ohne Hass und Brutalität in einer menschlicheren und friedlicheren Gesellschaft zusammen aufwachsen können. Nur so lassen sich Fanatismus und Radikalisierung verhindern.
    Dafür ist die Erfüllung der folgenden Bedingungen erforderlich:

    • Eine vollständige Trennung von Religion und Staat
    • Kein Einfluss von religiösen Partikularinteressen auf das Bildungssystem, das Gesundheitswesen, die Medien und die wissenschaftliche Forschung
    • Die Abschaffung der religiösen Gesetze im Familien-, Zivil- und Strafrecht
    • Ein Ende der Diskriminierung von LGBTIs, weltanschaulichen Minderheiten, Frauen, Freidenkern, Ex-Muslimen und anderen
    • Die Freiheit der Weltanschauungen sowie die Freiheit, Religionen kritisieren zu dürfen
    • Die Gleichstellung aller Menschen vor dem Gesetz

    Sollte der deutsche Staat seine Politik ändern und diese Bedingungen erfüllen, wird nicht nur die reaktionäre islamische Bewegung, sondern auch das fremdenfeindliche Lager in der Gesellschaft zurückgedrängt. Denn die rassistischen Kräfte in Europa konnten sich nur durch den Missbrauch der vielen unbeantworteten Probleme als Sprachrohr der Unzufriedenen verkaufen.
    Quelle: Humanistischer Pressedienst

    Anmerkung Christian Reimann: Sehr interessant. Das sollte jedoch nicht auf den Islam beschränkt bleiben, sondern für alle Religionen gelten.
    Übrigens: Programmatisch war zumindest die SPD bezüglich dieser Thematik schon mal weiter. Im Heidelberger Programm (1925) ist u.a. zu lesen: „Die öffentlichen Einrichtungen für Erziehung, Schulung, Bildung und Forschung sind weltlich. Jede öffentlich-rechtliche Einflußnahme von Kirche, Rehgions- und Weltanschauungsgemeinschaften auf diese Einrichtungen ist zu bekämpfen. Trennung von Staat und Kirche, Trennung von Schule und Kirche, weltliche Volks-, Berufs- und Hochschulen. Keine Aufwendung aus öffentlichen Mitteln für kirchliche und religiöse Zwecke.“

  13. Migration
    1. Gefangen im Bürokratendschungel
      Der Albaner Hysen Gjoka hat aufgegeben. Seine Hoffnungen in Deutschland haben sich nicht erfüllt. Er will so schnell wie möglich zurück. Aber die deutschen Behörden haben seinen Pass bei der Einreise eingezogen – und verloren. Kein Einzelfall, wie unsere Recherchen zeigen.
      Hysen Gjoka sitzt an seinem kleinen Schreibtisch und plant seine Flucht. Doch irgendetwas läuft hier verkehrt. Denn er überlegt nicht, wie er am besten nach Deutschland kommt, sondern wie er ohne Pass zurück kann – in seine Heimat, nach Tirana in Albanien. Flucht anders herum. “Über Italien könnte es funktionieren, dann übersetzen nach Albanien”, meint er. Es ist bizarr: Ein Albaner versucht, irgendwie Deutschland zu verlassen, möglichst bald. Seit fast zwei Monaten wartet er auf seinen Pass, den er bei seiner Einreise bei der Bundespolizei abgeben musste. Das ist für jeden Asylsuchenden gesetzlich vorgeschrieben.
      Vor zwei Monaten hatte er seinem Sachbearbeiter im Ausländeramt Düsseldorf mitgeteilt, dass er gerne nach Hause möchte. Seitdem wird er alle 14 Tage vorgeladen, nur um die Info zu bekommen, dass sein Pass immer noch nicht auffindbar sei. Jedes Mal bekommt er ein neues Dokument: “Aufenthalt für zwei weitere Wochen geduldet.” Alle 14 Tage trifft er vor der Behörde viele Landsleute, die das gleiche Problem haben. Sie wollen nach Hause, können aber nicht. “Inzwischen kennen wir uns schon; der Frust ist bei uns allen sehr groß”, sagt Hysen.
      Quelle: tagesschau.de

      Anmerkung unseres Lesers H.B.: Ist’s Wahnsinn auch, so hat es doch Methode.

      Ergänzende Anmerkung Christian Reimann: Was ist bloß mit den deutschen Behörden los? Mal wird offenbar geschreddert, mal – wie in diesem konkreten Fall – sind Dokumente nicht auffindbar. Und das sind vermutlich lediglich die bekannt gewordenen Fälle.

    2. Merkel lädt Konzernchefs ins Kanzleramt
      Arbeit gilt neben dem Spracherwerb als einer der wichtigsten Faktoren bei der Integration von Flüchtlingen. Vor allem bei mittelständischen Unternehmen kommen viele Neuankömmlinge in Lohn und Brot. Von den Dax-Konzernen wünscht sich die Kanzlerin in dieser Frage mehr Engagement und bittet zum Gespräch.
      Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die wichtigsten deutschen Konzernchefs zu einem Flüchtlingsgipfel eingeladen. Bei dem Treffen am 14. September im Kanzleramt solle es um die bessere Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt gehen, berichtete die “Bild”-Zeitung. Merkel wolle die Unternehmen dazu bringen, mehr Lehrstellen und Jobs für Migranten anzubieten. Außerdem sollten Konzerne wie Siemens, Evonik, Opel, RWE und VW darüber berichten, was sie bislang erreicht haben.
      Siemens-Personalchefin Janina Kugel hatte erst kürzlich mitgeteilt, der Elektrokonzern habe 100 Praktikumsstellen geschaffen und 66 Flüchtlinge zur Vorbereitung auf eine mögliche Ausbildung in Förderklassen eingestellt. Für ungelernte Flüchtlinge gebe es jedoch kaum Möglichkeiten in ihrem Unternehmen. Nach Ausbildung und Qualifikation ergäben sich langfristig Impulse, “aber unser Fachkräfteproblem werden die Flüchtlinge auch nicht von einem Tag auf den anderen lösen”.
      Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte die Chefs der deutschen Top-Konzerne bereits aufgefordert, mehr Flüchtlinge einzustellen. Es sei der Eindruck entstanden, dass das Engagement der großen Firmen hinter dem des Mittelstands zurückbleibe, schrieb Gabriel Mitte Juli an die Vorstände der im Dax gelisteten 30 Konzerne.
      Quelle: n-tv

      Anmerkung Christian Reimann: Kann es sein, dass Flüchtlinge lediglich als „billige Arbeitskräfte“ für die deutsche Wirtschaft dienen sollen? In Verbindung mit den Ausnahmen beim Mindestlohn klingen „Praktikumsstellen“ und „Vorbereitung auf eine mögliche Ausbildung“ nicht nach einer fairen und gut bezahlten Arbeit, sondern könnten bei vielen Arbeitnehmern den zusätzlichen – z.B. neben Zeitarbeitern und Werkverträgen – Eindruck einer „Billigkraft“ erwecken.

    3. Minister Gröhes Flüchtlingsplan macht Ärger
      Das Kabinett will für die Gesundheitsversorgung der Asylbewerber den Gesundheitsfonds anzapfen. Sozialpolitiker sind dagegen: Dafür solle der Finanzminister zahlen.
      Gesundheitspolitiker der Koalition äußern fraktionsübergreifend Kritik an den Plänen der Bundesregierung, Beitragsgelder der gesetzlichen Krankenversicherung für die Gesundheitsversorgung von Asylbewerbern zu verwenden. Sie reagieren damit auf einen Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), dem das Kabinett in der vorigen Woche zugestimmt hat. Demnach sollen die Krankenkassen nächstes Jahr 1,5 Milliarden Euro zusätzlich aus der Reserve des Gesundheitsfonds bekommen, um daraus Zusatzkosten auch für die Asylbewerber zu bezahlen. Diese wird aus Beitragsgeldern finanziert. Zuvor hatte es aus dem Ministerium geheißen, für die Flüchtlinge gebe es eine Milliarde Euro zusätzlich.
      Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union Georg Nüßlein (CSU) kritisierte, die Gesundheitskosten der Flüchtlinge müssten vom Bund aus Steuergeldern finanziert werden und nicht aus Beitragsgelder der Versicherten. „Über das Thema müssen wir noch einmal reden“, sagte Nüßlein dieser Zeitung. Sein Kollege aus der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach, hatte sich ähnlich geäußert. Man dürfe den Gesundheitsfonds nicht plündern, hatte er in der „Süddeutschen Zeitung“ gewarnt.
      Quelle: Frankfurter Allgemeine

      Anmerkung unseres Lesers S.N.: Es ist schon merkwürdig – solange es um die paritätische Finanzierung oder den Leistungskatalog der GKV geht, heißt es stets, dass die Versicherten Verschlechterungen hinzunehmen hätten, weil alles andere die Lohnnebenkosten erhöhe. Wenn der Finanzminister aber per Haushaltsbegleitgesetz seinen Bundeszuschuss sachgrundlos senkt (allein 2013-2015 insgesamt 8,5 Mrd. €) oder aber die GKV-Beiträge für ALG I/ALG II-Empfänger einseitig zu niedrig ansetzt, spielen die “Lohnnebenkosten” nie eine Rolle. Der “reguläre” Bundeszuschuss von 14 Mrd. € deckt schon heute nicht die “versicherungsfremden Leistungen” der GKV, die sich laut GKV-Spitzenverband auf ca. 34 Mrd. € belaufen.

  14. Gesellschaftskritik: “Lauter kleine Narzissten, auf Wettbewerb getrimmt”
    Wer sich früher im Job anpasste und anstrengte, stieg auf. Heute sind wir freier in unseren Entscheidungen – aber die Sicherheit ist weg. Ökonom Oliver Nachtwey warnt vor gefährlichen Konsequenzen. (…)
    In den Fünfzigern waren 90 Prozent aller Arbeitsverhältnisse sogenannte Normalarbeitsverhältnisse – wobei es den Begriff damals gar nicht gab, weil man ohnehin davon ausging, dass alle Jobs unbefristet sind. Heute hingegen sind ein Drittel unsichere Jobs: Menschen hängen in Werkverträgen fest, sind befristet angestellt, verdingen sich als Leiharbeiter oder als Selbstständige. Wir leben in einer prekären Vollerwerbsgesellschaft, wie es der Jenaer Soziologe Klaus Dörre genannt hat. Außerdem sinkt die Lohnquote, das heißt der Anteil der Arbeitnehmer am gesamten Wohlstand hat abgenommen. Unsere Wirtschaft wächst zwar seit 50 Jahren beständig. Aber die Einkommen der Arbeitnehmer entwickeln sich nicht mehr entlang dieses Produktivitätszuwachses. (…)
    SPIEGEL ONLINE: Wie kam es zu dieser Entwicklung?
    Nachtwey: Es gibt nicht den einen historischen Umschlagspunkt. Aber einige zentrale Einschnitte, die die soziale Moderne beendeten. 1971 kündigte Nixon die Goldbindung des Dollar auf, die flexiblen Wechselkurse produzierten neue Instabilitäten, und es begann der globale Aufschwung der Finanzmärkte. Damals wurden in Deutschland Arbeitsmarktkrisen noch mit keynesianischen Programmen bekämpft. Diese Programme fruchteten aber in der Folge immer weniger. (…)
    Nachtwey: Bis in die Achtziger stieg die Arbeitslosigkeit, aber zumindest der sozialstaatliche Grundkonsens hielt noch, bis sich, auch durch die zunehmende Skepsis gegenüber dem Keynesianismus, der Neoliberalismus als Idee mehr und mehr durchsetzte. Unter Helmut Kohl wurde in den Achtzigern das Streikrecht eingeschränkt, die Kampffähigkeit der Gewerkschaften nahm ab, in diesen Jahren sank auch zum ersten Mal die Lohnquote. Zuletzt wurde durch die Agenda 2010 der Druck auf alle Menschen erhöht, ein Beschäftigungsverhältnis anzunehmen. Mehr Leute akzeptieren heute Jobs, die sie vor 30 Jahren mit ihren Qualifikationen nicht angenommen hätten.
    Quelle: Spiegel Online
  15. Türkische Staatsanwaltschaft beantragt 5 Jahre Haft für HDP Politiker
    Die Bundesregierung muss die deutschen Sonderbeziehungen zur Türkei einfrieren. Das heißt konkret: Die Zusammenarbeit mit dem Militär, der Polizei, der Justiz und dem Geheimdienst müssen beendet werden. Die EU-Beitrittsverhandlungen und der schmutzige Flüchtlings-Deal müssen aufgekündigt werden. Journalistinnen und Journalisten der linken Zeitung Evrensel wurden festgenommen, die Büros der HDP in Istanbul von Polizeieinheiten gestürmt und verwüstet. Der Krieg von (Spezial-) Polizeieinheiten und der Armee gegen die Zivilbevölkerung in den kurdischen Gebieten geht unvermindert weiter. Das Militär, die Polizei, die Justiz, das Bildungssystem, die Wirtschaft, viele Einrichtungen und Menschen sind in der Türkei einer beispielslosen Repressionswelle unterworfen. Die Zahl der Festgenommenen oder Entlassenden erreicht bald 100.000 Menschen. Diese Türkei ist inzwischen ein autoritäres Regime – das darf die Bundesregierung nicht weiter unterstützen. Der “Dialog” à la Frank-Walter Steinmeier und die “Freundschaft” à la Angela Merkel mit Erdogan sind endgültig gescheitert. Was muss denn noch passieren, bevor diese Bundesregierung endlich ihr Verhalten gegenüber der türkischen Regierung und dem Despoten Erdogan ändert?
    DIE LINKE ist solidarisch mit den in der Türkei Verfolgten, darunter sind nicht wenige politische Kooperationspartnerinnen und -partner der LINKEN. DIE LINKE unterstützt weiterhin intensiv die HDP, ihren Ko-Vorsitzenden Selahattin Demirtas, den stellvertretenden HDP-Vorsitzenden Sirri Süreyya Önder und viele weitere Oppositionelle in der Türkei, bei ihrer wichtigen politischen Arbeit.
    Quelle: Die Linke.

    Anmerkung Christian Reimann: Was bereits vor dem Putschversuch vermutet worden ist, wird nun bittere Realität: Das Erdogan-Regime rechnet auch mit der HDP ab und lässt durch die vermutlich nicht unabhängige Staatsanwaltschaft Haftstrafen beantragen.

  16. Schlüsselwort „Qualität“? – Des Westens neue Medienkrieg-Strategie gegen Moskau
    Ein Think-Tank aus Washington und ein sogenanntes unabhängiges Institut aus London haben Empfehlungen für ein Update im Informationskrieg gegen Russland ausgearbeitet und in einem gemeinsamen Leitfaden veröffentlicht. Staatliche Zugriffe auf die Medien sind das Kernelement des „neuen“ Maßnahmenkatalogs.
    Russlands Ziel sei nicht der Sieg „im Krieg um das Bewusstsein der Europäer“, sondern „der Angriff auf die Demokratie und die europäischen Werte“, betonen die Experten vom Washingtoner Zentrum für Europäische Politikstudien CEPA und ihre Kollegen vom Londoner „Legatum Institute“. Angesichts dessen benötigten die kleineren Staaten Europas Unterstützung, wie die Verfasser des Leitfadens betonen.
    Die benötigte Hilfe lässt derweil nicht lange auf sich warten und kommt von den Autoren der Empfehlungen selbst: Ein Konzept für den Umgang mit Russland in einem Informationskrieg. Darin wird angemahnt:
    Staatliche Regulierungsbehörden müssten dafür sorgen, dass in Europa der „Qualitätsjournalismus“* gedeiht, raten die Experten. Das schaffen die kleinen Europäer in Russlands Nähe nicht allein, also müsse ein einheitliches Organ geschaffen werden, welches die Regierungen dieser Länder beraten und entsprechende Standards für lokale Medien ausarbeiten könne.
    Ferner sollten staatliche oder staatsnahe Informationsagenturen entstehen. Diese würden den Informationsfluss zwischen den Medien und den staatlichen Strukturen sicherstellen, damit der Staat dabei helfen könne, „Russlands Propaganda bloßzustellen“, heißt es weiter. In die gleiche Kerbe muss nach Ansicht der Analysten eine internationale Organisation, vergleichbar mit „Transparency International“, schlagen: Sie würde Russlands Propaganda entlarven und „gute“ russische Medien durch westliche Sponsoren unterstützen.
    Quelle: Sputnik
  17. Rechts regiert in Ungarn
    Armut und wachsende Ungleichheit. Enttäuschte Hoffnungen. Schamlose Bereicherung und Korruption der Machtelite. Das alles kommt so bekannt vor. Was in Ungarn seit Jahren zu beobachten ist, stellt in der Europäischen Union keine Ausnahme dar. Und auch die Magyaren reagieren überwiegend mit Resignation und einer ganzen Menge Ressentiments. Nicht nur die faschistische Hasspropaganda in sozialen Medien versucht die Stimmung in ihrem Sinn anzuheizen; die autoritäre Orbán-Regierung weiß die Ressentiments emotional aufzuladen, zu kanalisieren und für sich zu nutzen.
    Seit Wochen prangt in den Metrostationen in Budapest neben Konzernwerbung ein großflächiger Aufruf: »Népszavazás 2016 a kényszerbetelepités ellen. Üzenjük Brüsszelnek, hogy ök is megértsék!« (Volksabstimmung 2016 gegen die Zwangsansiedlung. Lasst uns ein Signal an Brüssel senden, damit sogar die dort es verstehen!). Mit »Zwangsansiedlung« ist die von der EU beschlossene Aufnahme von 2300 Flüchtlingen gemeint. Bei der suggestiven Fragestellung der geplanten Abstimmung (»Wollen Sie, dass die Europäische Union auch ohne Zustimmung des Parlaments die Ansiedlung nichtungarischer Staatsbürger in Ungarn vorschreibt?«) ist eine breite Mehrheit für das Referendum sicher. Damit nutzt die rechte Orbán-Regierung die Fremdenfeindlichkeit in Teilen der Bevölkerung ebenso, wie sie sie radikalisiert. Die Enttäuschung über die EU wird umgemünzt in Stimmungsmache gegen die Ignoranten in Brüssel. Und damit lenkt sie von Armut und Ungleichheit ebenso ab wie von der Repression seitens der Regierung und der Korruptheit des Personals.
    Quelle: Ossietzky
  18. Labour: 130.000 Neumitglieder dürfen nicht wählen
    In der britischen Labour-Partei hat der linker Flügel um den Vorsitzenden Jeremy Corbyn eine juristische Niederlage erlitten. Drei Richter eines Berufungsgerichts entschieden am Freitag, dass 130.000 neue Labour-Mitglieder, die der Partei in den sechs Monaten bis zum 12. Juli beitraten, nicht an der Wahl des Labour-Chefs teilnehmen dürfen. Am Montag hatte ein Gericht zugunsten der neuen Mitglieder entschieden, bei denen es sich größtenteils um Corbyn-Unterstützer handelt.
    Ein Sprecher der Corbyn-Kampagne bezeichnete die Gerichtsentscheidung als »falsch« – aus rechtlicher und aus demokratischer Sicht. Für den Kampf gegen die regierenden Konservativen werde eine »große, geschlossene Partei« mit innerparteilicher Demokratie benötigt. Bei der Wahl des Parteivorsitzenden, deren Ergebnis am 24. September bekannt gegeben werden soll, gilt Corbyn als Favorit gegenüber dem wenig bekannten Labour-Abgeordneten Owen Smith. Bei einer Vertrauensabstimmung in der Parlamentsfraktion hatten Ende Juni drei Viertel der Labour-Abgeordneten gegen Corbyn gestimmt. Hinter der Auseinandersetzung stehen Differenzen um den politischen Kurs der Partei. An der Parteibasis genießt Corbyn große Zustimmung. Er war im September 2015 bei einer Urwahl mit großer Mehrheit zum Vorsitzenden gewählt worden.
    Quelle: neues deutschland

    Anmerkung Christian Reimann: Was die 130.000 Neumitglieder von dieser Entscheidung halten, kann nur vermutet werden. Für die meisten dürfte sie jedoch ein „Schlag ins Gesicht“ sein, da sie wohl Corbyn unterstützen wollen.

    Dazu: Labour members will not take leadership vote challenge to supreme court
    Five new Labour members who took the party to court over their right to vote in the leadership election will not take their fight to the supreme court after losing the case in the court of appeal.
    Labour’s national executive committee (NEC) ruled in July that only members with six months’ continuous membership could vote in the contest between Jeremy Corbyn and Owen Smith.
    A crowdfunded legal case was brought against Labour by Christine Evangelou, the Rev Edward Leir, Hannah Fordham, Chris Granger and FM, a teenage member, in an attempt to argue that the ruling was a breach of their contract with the party.
    Although the high court ruled in favour of the members, Labour brought the case to the court of appeal, which overturned the decision and ruled that the NEC “has the power to set the criteria for members to be eligible to vote in the leadership election in the way that it did”.
    Court of appeal judges also ordered the five to pay legal costs and refused the right to appeal to the supreme court, meaning that they would have to ask the supreme court if it would hear the case. The decision means that about 130,000 members who joined less than six months ago will not be able to vote in the election.
    Quelle: the guardian


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