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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 14. November 2016 um 8:35 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Trump
  2. Ein Beruf schafft sich ab
  3. Der Autobahnraub von Allianz und Co. und die Medien
  4. Allianz-Chefstratege empfiehlt höhere Steuern für Reiche
  5. CETA ist nicht alles: Was die EU Ecuador gerade aufzwingt
  6. Jeder Zehnte in Deutschland überschuldet – mittlere Generation oft finanziell in Not
  7. Privatisierung der Autobahnen – Versteckspiel auf dem Highway
  8. Haben Autobauer Behördenberichte beeinflusst?
  9. Zur Nachahmung empfohlen
  10. Internationaler Demokratiepreis an EU-Außenbeauftragte verliehen
  11. Deutschland rüstet auf
  12. FBI betrieb offenbar Kinderpornografie-Websites
  13. NSU
  14. Lancet: Lungenentzündungen bei Flüchtlingen durch von Schleusern verabreichtes Benzin
  15. Völlig schmerzfrei
  16. Das Vorletzte: Warum Hillary gewonnen hat
  17. Zu guter Letzt – Anja Kohl schafft es nicht, den Sinn von “Börse vor acht” zu erklären…

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Trump
    1. Trump und die Demokratie
      Die überschießende Moral des Kosmopolitismus spielt den Rechtspopulisten in die Hände. Zeit zum Umdenken.
      Gefragt, wen er, wäre er Amerikaner, am 8. November 2016 wählen würde, antwortete er ohne auch nur einen Wimperschlag zu zögern: „Trump. I am just horrified about him, but Hillary is the true danger“. Er, das ist nicht irgendwer, es ist Slavoj Žižek, der neomarxistische Philosoph der letzten Dekade. Ein Popstar im Internet. Wir können annehmen, dass Žižek am Morgen nach der Wahl von seiner eigenen kühnen Empfehlung nur entsetzt gewesen sein kann.
      Das Unsagbare ist geschehen: Donald Trump wurde am 8. November 2016 zum 45. Präsidenten der USA gewählt. Der New Yorker Milliardär, Bankrotteur, Chauvinist, Sexist, der Mann mit der Baseball-Mütze und den schlechten Manieren, eine Art großmäulige Ich-AG ist nun der wichtigste Politiker der (westlichen) Welt. Wird er die Welt so katastrophal verändern, wie dies sein Republikanischer Vorgänger George W. Bush einst tat? Was lässt sich aus der Kampagne, den Wahlen, Trumps politischem Programm über den Zustand der Demokratie in Amerika aussagen? Ist Trump ein amerikanisches Phänomen, oder halten die USA den Europäern nur wieder den Spiegel ihrer Zukunft vor, wie dies Alexis de Tocqueville in seiner berühmten Schrift „Über die Demokratie in Amerika“ geschrieben hat. Ist die Wahl Trumps die Revolte jener, die sich schon länger nicht mehr repräsentiert fühlen von der etablierten Politik, der „politischen Klasse“, den Medien, den öffentlichen Diskursen und einem Wirtschaftssystem, das fortwährend mehr Ungleichheit erzeugt? Breitet sich der Rechtspopulismus nun auch jenseits des Atlantiks aus?
      Quelle: IPG
    2. Trump’s election is a ‘global wake-up call’, Corbyn to say in speech
      Labour leader will tell regional conference that US election and Brexit vote reveal need to ‘take on corporate vested interests’
      Donald Trump’s election as US president is a “global wake-up call” to rid politics of the vested interests of billionaires, Jeremy Corbyn will tell Labour’s regional conference.
      The party’s leader – whose allies have drawn parallels between his own anti-establishment appeal and that of Trump, despite their clear differences – will say the anger tapped into by the Republican reveals a population that felt out of control of its own economic destiny.
      “Instead of offering real solutions or the resources to make them work, he offered only someone to blame – everyone, that is, apart from those who are actually responsible for a broken economy and a failed political system,” he will say at his speech to the Labour south-east regional conference on Saturday.
      Corbyn will accuse the Conservatives of playing on similar fears to Trump, rather than tackling root causes. “They have opened the door to Ukip and fanned the flames of fear,” he will say. “Nigel Farage blames immigrants, yet offers not a single proposal to put a penny more into the NHS.”
      Quelle: the guardian
    3. It was the Democrats’ embrace of neoliberalism that won it for Trump
      They will blame James Comey and the FBI. They will blame voter suppression and racism. They will blame Bernie or bust and misogyny. They will blame third parties and independent candidates. They will blame the corporate media for giving him the platform, social media for being a bullhorn, and WikiLeaks for airing the laundry.
      But this leaves out the force most responsible for creating the nightmare in which we now find ourselves wide awake: neoliberalism. That worldview – fully embodied by Hillary Clinton and her machine – is no match for Trump-style extremism. The decision to run one against the other is what sealed our fate. If we learn nothing else, can we please learn from that mistake?
      Here is what we need to understand: a hell of a lot of people are in pain. Under neoliberal policies of deregulation, privatisation, austerity and corporate trade, their living standards have declined precipitously. They have lost jobs. They have lost pensions. They have lost much of the safety net that used to make these losses less frightening. They see a future for their kids even worse than their precarious present.
      At the same time, they have witnessed the rise of the Davos class, a hyper-connected network of banking and tech billionaires, elected leaders who are awfully cosy with those interests, and Hollywood celebrities who make the whole thing seem unbearably glamorous. Success is a party to which they were not invited, and they know in their hearts that this rising wealth and power is somehow directly connected to their growing debts and powerlessness.
      For the people who saw security and status as their birthright – and that means white men most of all – these losses are unbearable.
      Quelle: Naomi Klein in the guardian
    4. Ein Präsident Trump kostet jeden Deutschen 34.662 Euro
      Eines der vielen Versprechen des Donald J. Trump lautet: „Wenn ich gewinne, wird es zehnmal so schlimm wie beim Brexit.“ Er dürfte sich da überschätzen, aber dramatisch werden die wirtschaftlichen Folgen allemal. Nicht nur für die Amerikaner, sondern auch für jeden einzelnen Deutschen geht es bei der Präsidentenwahl am heutigen Dienstag um sehr viel. Ganz genau: um 34.662 Euro und 50 Cent.
      Diese Summe könnte jeder Bundesbürger verlieren, sollte Trump die Abstimmung gewinnen, sein Harakiri-Programm durchziehen und – wie viele US-Präsidenten – auch eine zweite Amtszeit antreten. Denn was in den USA geschieht, der größten Volkswirtschaft der Welt mit dem Dollar als Leitwährung, hat globale Auswirkungen. Vor allem auf Deutschland, einen Staat, für den Amerika der wichtigste Handelspartner ist.
      Quelle: WELT

      Anmerkung Jens Berger: Der Artikel ist von letzter Woche aber so dämlich, dass wir ihn Ihnen nicht vorenthalten wollten. Ich wiederhole mich: Und da wundern sich die große Medienkonzerne, dass immer weniger Menschen ihre Zeitungen ernst nehmen?

  2. Ein Beruf schafft sich ab
    Trump und die Folgen: Warum haben die Journalisten das nicht kommen sehen?
    Wenn es einen Verlierer gibt dieser verrückten Wahlen in Amerika, der nicht in Amerika lebt, sondern in London, Paris, Zürich, Berlin oder München, der die einschlägigen Cafés bevölkert, wo immer der gleiche Vintage-Geruch zu schmecken ist, wo junge Männer mit Bärten sitzen und so geschäftig in ihren iPhones wühlen, obwohl sie doch nichts zu tun haben, wo keine Bücher zu sehen sind, sondern bloss Laptops, wo diese Menschen, von denen ich rede (oft sind es eher Männer), ebenfalls sitzen, aber meistens ohne Bart, sondern im Anzug, aber sicher ohne Krawatte – wenn es Verlierer gibt, dann sind das jene Leute, die den gleichen Beruf haben wie ich: die internationale Gemeinschaft der Journalisten. Selten haben sie, die Deuter und Meinungsmacher der Welt, die Medien, eine solche Niederlage erlitten wie die Wahl von Donald J. Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, dem Mann, der sich von Beginn weg weigerte, die Medien zu fürchten.
    396 000 Dollar haben amerikanische Journalisten gemäss einer Studie des Center for Public Integrity, eines unabhängigen Thinktanks, in dieser Präsidentschaftswahl gespendet: Davon gingen 382 000 Dollar an Hillary Clinton, das entspricht 96 Prozent. Fast alle Zeitungen und News-Websites in Amerika haben sich für die demokratische Kandidatin ausgesprochen, fast alle Fernsehsender zogen nach, wenn auch nicht offiziell, selbst der konservative Sender Fox News war gespalten – und natürlich auch in Europa, wo die Medien noch mehr übereinstimmen bei fast jedem Thema, hätten alle Hillary bevorzugt.
    Quelle: Basler Zeitung
  3. Der Autobahnraub von Allianz und Co. und die Medien
    Es ist bemerkenswert, wie unterschiedlich die Einschätzungen der überregionalen Presse sein können. Der Spiegel schreibt aus Hamburg, fernab des Münchener Allianz-Hauptsitzes, von einer schleichenden Autobahnprivatisierung zum Nutzen der Versicherer. (…) Dagegen erwähnte in einem Artikel zum gleichen Thema jüngst die Süddeutsche Zeitung mit keinem Wart das oft artikulierte Interesse des größten europäischen Versicherungskonzern in ihrer direkten Nachbarschaft, und schrieb stattdessen: „Rein formal sind die nächsten Schritte klar, die zu tun sind, bis feststeht, ob Autobahnen mittelfristig privat betrieben – und womöglich Maut kassiert werden soll. Die Verfassung muss geändert werden. In Artikel 90 des Grundgesetzes soll das unveräußerliche Eigentum des Bundes an den Bundesautobahnen verankert werden. Dazu wird ein Gesetz zur Gründung der Infrastrukturgesellschaft nach privatem Recht beschlossen – und umgesetzt.“
    Aus der Beruhigungspille Festschreibung des öffentlichen Eigentums an den Autobahnen (nicht der Autobahngesellschaft), wird die angebliche Ursache für die Notwendigkeit einer Grundgesetzänderung gemacht. Die eigentliche Ursache, die Gründung einer laut Grundgesetz bisher nicht möglichen privatrechtlichen Infrastrukturgesellschaft des Bundes wird in absurder Weise (“Dazu”) im Nachsatz als notwendiges Mittel zur Garantie dieser öffentlichen Eigentümerschaft stilisiert.
    Doppelplusgut, würde George Orwell solche Sprachakrobatik wohl nennen.
    Quelle: Norbert Häring

    Dazu: Bundesregierung will Autobahnen privatisieren
    Die Pläne der Bundesregierung, das Autobahnnetz zu privatisieren, werden konkreter. Verdienen sollen daran die Versicherungskonzerne. Bezahlen wird es am Ende womöglich der Autofahrer – per Maut.
    Wer in Deutschland mit seinem Auto auf Fernstraßen unterwegs ist, kann sich in der Regel auf zwei Dinge verlassen: Er muss keine Maut bezahlen. Und der Staat kümmert sich um den Zustand der Autobahnen. Beides könnte sich schon bald ändern. Denn die Bundesregierung will das gesamte Autobahnnetz privatisieren. Die Pläne dafür nehmen nach SPIEGEL-Informationen konkrete Formen an. (…)
    Im Haushaltsausschuss des Bundestags warb Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in dieser Woche für die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft, die Finanzierung, Bau und Betrieb der deutschen Autobahnen übernehmen soll. Schäuble will an dem Unternehmen private Investoren beteiligen. Die Privatisierungen der Telekom und der Post in den Neunzigerjahren hätten gezeigt, dass dieser Weg vorteilhaft wäre. Die Mehrheit der neuen Gesellschaft müsse aber beim Bund verbleiben.
    Schäubles Pläne können nur per Grundgesetzänderung realisiert werden. Einen entsprechenden Entwurf (“streng vertraulich, Stand: 19.10.2016”) hat die Bundesregierung erarbeitet. Er soll Artikel 90 des Grundgesetzes so ändern, dass der Bund künftig allein die Autobahnen verwaltet, nicht wie bisher gemeinsam mit den Ländern.
    Die Reform sieht die Option vor, bis zu 49,9 Prozent der Gesellschaft an private Investoren zu veräußern. Das käme der Banken- und Versicherungsbranche entgegen, die einen besseren Zugang zu Infrastrukturprojekten fordert. Wegen der niedrigen Zinsen auf Staatsanleihen suchen die Finanzinstitute wie Allianz, Axa und andere händeringend alternative, langfristige Anlageformen. Sie versprechen Milliardeninvestitionen in das Autobahnnetz und erwarten im Gegenzug stabile Renditen.
    Bezahlen sollen das am Ende auch die Nutzer der Infrastruktur. Die Autobahngesellschaft soll sich aus Einnahmen der Lkw-Maut finanzieren.Selbst die lange tot geglaubte Pkw-Maut könnte eine wichtige Rolle spielen. Fernstraßen müsse man irgendwann “stärker nutzerorientiert finanzieren”, sagte Schäuble im Frühjahr auf einer Tagung der Bauindustrie. In internen Runden wird jetzt konkret über die Einbeziehung der Straßengebühr diskutiert.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: “Am vergangenen Freitag (14.10.2016), um 18.32 Uhr, verschickte Sigmar Gabriel eine E-Mail an alle SPD-Mitglieder. Es sei gelungen, die Finanzen der Bundesländer zu sichern, verkündete der Wirtschaftsminister und Parteivorsitzende zufrieden. Und: “Wir konnten durchsetzen, dass die Privatisierung von Bundesstraßen und Autobahnen ausgeschlossen wird.
    Sicher, innerhalb eines Monats wechselte Sigmar Gabriel mehrfach seine Wäsche und damit ist bewiesen, dass er seine Meinung nicht häufiger, als seine Wäsche wechselt.
    Wenn die Berichterstattung von SPON stimmt, dann hat er die SPD-Mitglieder belogen.
    Ein Wirtschaftsminister, der die Unwahrheit sagt, ist untragbar – man könnte auch sagen: “Gabriel kopiert Trump”.

  4. Allianz-Chefstratege empfiehlt höhere Steuern für Reiche
    Seit der Finanzkrise fehlt vielen Menschen eine wirtschaftliche Perspektive. Der Chefstratege der Allianz, Mohamed El-Erian, warnt vor wachsendem Populismus und hat einen einfachen Vorschlag.
    Mohamed El-Erian, der Chefstratege des Finanzkonzerns Allianz, legt den europäischen Staaten nahe, die Steuern für reiche Bürger zu erhöhen, um dem Populismus den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Ich fordere nicht, die Steuern für die Reichen zu senken – ganz im Gegenteil, wir sollten sie erhöhen“, sagte El-Erian im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“.
    Quelle: WELT
  5. CETA ist nicht alles: Was die EU Ecuador gerade aufzwingt
    TTIP und CETA sind in aller Munde – in der Zwischenzeit schließt die EU einen Handelsvertrag mit Ecuador. Cecilia Chérrez macht deutlich: auch dieser Freihandelsvertrag bedient die Interessen der Konzerne und ecuadorianische AktivistInnen haben schon lange vor diesem Vertrag gewarnt.
    Die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens zwischen Ecuador und der Europäischen Union am 11. November 2016 schloss ein Kapitel des Andenstaates, der sich bislang den rigidesten neoliberalen Fesseln entzogen hatte. Paradox ist daran, dass dies unter einer Regierung geschieht, die aus den Aufständen gegen die Freihandelszone für die Amerikas (FTAA auf Englisch, ALCA auf Spanisch) und gegen den bilateralen Freihandelsvertrag mit der EU vor mehr als zehn Jahren hervorging. Die Kämpfe richteten sich gegen die transnationalen Konzerne und für die Verteidigung der „nationalen Souveränität” als Voraussetzung jeglicher Veränderung des politischen und ökonomischen Systems. (…)
    Der Weg, den die ecuadorianische Regierung verfolgte, um zu dieser Unterzeichnung zu kommen, ist voller Widersprüche. Die Verhandlungen wurden anfangs von Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien geführt, wobei die bolivianische Regierung aufgrund der bestehenden wirtschafts- und handelspolitischen Ungleichheiten einen Sonderweg durch besondere und ausgewogene Behandlung verfolgte. Im Jahr 2009 verließ die ecuadorianische Regierung die Verhandlungen mit dem Argument, gegen einen Freihandelsvertrag zu sein – um aber nach einiger Zeit die Verhandlungen wieder aufzunehmen.
    Das ließ Bolivien mit dem Wunsch nach handelspolitischen Präferenzen isoliert und erschwerte einen Prozess der subregionalen Integration innerhalb der Andengemeinschaft, bestehend aus Bolivien, Ecuador, Kolumbien und Peru. Ecuador wurde demgegenüber in den Schlepptau seiner zwei Nachbarn Kolumbien und Peru genommen, die beide eine lange neoliberale Geschichte haben und bereits Freihandelsverträge mit den USA abgeschlossen haben. Tatsächlich ist die Unterzeichnung des Vertrags durch den ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa am 11. November nicht mehr als eine Fortsetzung des bereits abgeschlossenen Vertrags zwischen der EU, Kolumbien und Peru.
    Ein weiterer Aspekt ist die Unvereinbarkeit dieses Vertrags mit der Verfassung Ecuadors von 2008. Denn diese ist bekannt für die Sicherung umfassender Rechte, inklusive ökologischer Rechte. Eine ganze Schar von FreihandelsunterstützerInnen hat sich daran gemacht, den Vertrag mit der Verfassung abzugleichen. Später wurde klar, dass hier Rechtsnormen angenommen wurden, die zwar klar gegen die Verfassung verstoßen, die aber den Weg zur Annahme des Freihandelsabkommens ebneten. So wurde durch die spezifischen Bestimmungen des Vertrags zum Beispiel die Privatisierung von Wasser ermöglicht, um europäischen InvestorInnen den Zugang zu Land und Wasser zu ermöglichen.
    Quelle: mosaik
  6. Jeder Zehnte in Deutschland überschuldet – mittlere Generation oft finanziell in Not
    Unbezahlte Rechnungen, stetig wachsende Schulden: Gerade in der mittleren und jungen Generation stecken viele in finanzieller Not. Und die Älteren geraten durch sinkendes Rentenniveau bei steigenden Mieten in Bedrängnis.
    Immer mehr Menschen in Deutschland kämpfen mit Schulden. Insgesamt stehen derzeit 235 Milliarden Euro aus, wie die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Donnerstag mitteilte. Rund jeder Zehnte steckt demnach finanziell in der Klemme.
    Betroffen sind hierzulande etwa 6,85 Millionen Menschen – 131.000 mehr als vor einem Jahr. Derzeit haben vor allem Jüngere und Bürger mit mittlerem Alter Probleme mit Überschuldung. Doch auch Ältere geraten zunehmend in finanzielle Probleme. (…)
    Bei den über 70-Jährigen ist der Zuwachs mit 16,4 Prozent oder 25.000 Fällen der stärkste in der aktuellen Schuldnerstatistik. Rund 174.000 Senioren in Deutschland werden als überschuldet eingestuft. Mit einer Quote von 1,3 Prozent ist der Anteil der Älteren im Vergleich zu anderen Altersgruppen zwar gering, doch Experten warnen vor einer deutlichen Zunahme der Altersarmut.
    “Der Trend ist eindeutig steigend”, sagt Professorin Ute Klammer, Expertin für Altersarmut von der Universität Duisburg-Essen. Grund sei ein sinkendes Rentenniveau bei gleichzeitig steigenden Mieten. Zudem seien viele Rentner überrascht, dass sie auf ihre Altersbezüge nun Steuern zahlen müssten. Höhere Scheidungsraten und veränderte Familiensituationen führten zudem oft zu Belastungen.
    Quelle: Focus Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Den Deutschen geht es also nicht gut, sondern immer schlechter. Und wieso kann Creditreform nicht selber den krassen Widerspruch in dem Satz sehen, “Trotz des robusten Arbeitsmarkts und einer guten wirtschaftlichen Lage vieler Menschen sei mit einem weiteren Anstieg der Überschuldungszahlen zu rechnen.”? Wenn die wirtschaftliche Lage der Menschen gut wäre, würde doch die Überschuldung nicht zunehmen. Die wirtschaftliche Lage der großen Masse ist schlecht und verschlechtert sich weiter.

  7. Privatisierung der Autobahnen – Versteckspiel auf dem Highway
    Der Bund will die Voraussetzungen für eine Autobahn-Privatisierung schaffen. Demokratische Kontrolle wird umgangen, besonders dreist täuscht Gabriel.
    „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes“ steht über dem „streng vertraulich“ gekennzeichneten Dokument aus dem Bundesinnenministerium, das der taz vorliegt. Es geht um die Privatisierung eines Kernbereichs der Infrastruktur: die Bundesautobahnen. Dazu muss die Zuständigkeit von den Ländern an den Bund übergehen, der eine Infrastrukturgesellschaft gründet. Grundgesetzänderung erforderlich.
    Seit die taz Ende 2014 erstmals über Sigmar Gabriels (SPD) Pläne berichtete, die Infrastruktur als Anlageprodukte für Versicherungskonzerne aufzustellen, verschleiern die beteiligten Ministerien dieses größte Privatisierungsvorhaben seit der Wiedervereinigung. Im Oktober hatten sich Bund und Länder bei einem Deal darauf geeinigt: Milliarden vom Bund gegen – die Infrastrukturgesellschaft.
    Das aktuelle Dokument zur Grundgesetzänderung ist auf den 19. Oktober datiert. Nur zwei Tage zuvor hatte das Verkehrsministerium, das wie das Wirtschaftsministerium beteiligt ist, einen Antrag der taz auf Einsicht in das Gutachten abgelehnt, das für diese Grundgesetzänderung in Auftrag gegeben wurde. Würde die Öffentlichkeit informiert, heißt es in der Ablehnung, gefährde dies den „Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses“ wie auch die „Effektivität des Verwaltungshandelns“. Die taz klagt nun.
    Quelle: taz
  8. Haben Autobauer Behördenberichte beeinflusst?
    Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat sich für einen Bericht zu überhöhten Abgaswerten nach dem VW-Skandal offenbar eng mit deutschen Autobauern abgestimmt.
    Das geht aus E-Mails hervor, deren Inhalt die Deutsche Presse-Agentur, “Spiegel Online” und “BR Recherche” einsehen konnten. In einer Notiz des KBA von Mitte Januar heißt es zum Beispiel, es werde mit den Herstellern “zuvor konkret besprochen”, was veröffentlicht werde. Zudem ist die Rede von einem “abgestimmten Vorschlag” für den Bericht der “Untersuchungskommission Volkswagen”.
    Im Zuge des VW-Dieselskandals um manipulierte Abgastests hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt im September 2015 die “Untersuchungskommission Volkswagen” eingesetzt. Außerdem ordnete er Abgas-Nachmessungen durch das KBA bei VW und anderen Herstellern an.
    Die Ergebnisse dieser Messungen finden sich in dem Bericht der Untersuchungskommission, der im April veröffentlicht wurde. Demnach bestanden bei 22 von 53 getesteten Dieselmodellen Zweifel, ob das Herunterregeln der Abgasreinigung bei niedrigeren Temperaturen wirklich mit dem Schutz von Motorbauteilen zu tun hat. Es wurde ein Rückruf von insgesamt 630.000 Fahrzeugen von Audi, Mercedes, Opel, Porsche und VW beschlossen, um die Technik zur Abgasreinigung zu ändern. Die Hersteller sprachen von einem “freiwilligen” Update und betonten, es gebe keine Hinweise auf unzulässige Software.
    Quelle: DW

    Dazu: Die Büttel der Autobauer
    Pikante E-Mails aus dem Kraftfahrtbundesamt zeigen die Kumpanei mit der Autoindustrie und sorgen für mächtig Wirbel.
    Grüne und Umweltschützer sprechen von einem Vertuschungspakt, vom Versagen staatlicher Kontrolle und von Kumpanei und der Untergrabung demokratischer Instanzen. Der Grund dafür sind E-Mails von Mitarbeitern des Kraftfahrtbundesamtes (KBA), aus denen eine enge Kooperation mit der Automobilindustrie bei der Aufarbeitung der Abgasaffäre hervorgeht. Der Präsident des Amtes, Ekhard Zinke, beendete ein Schreiben an seine Mitarbeiter „Mit industriefreundlichem Gruß“. Überdies werden womöglich noch immer brisante Informationen über den Spritverbrauch und CO2-Ausstoß von Pkw zurückgehalten.
    Rückblick: Nachdem Umweltschützer und Nicht-Regierungsorganisationen die Abgasmanipulationen bei Volkswagen aufgedeckt hatten, setzte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im Herbst 2015 die „Untersuchungskommission Volkswagen“ ein – das war die zentrale Instanz zur Aufklärung der systematischen Betrügereien bei der Abgasreinigung. Die Kommission war mit Experten des Ministeriums und des KBA besetzt. Hinzu kam die wissenschaftliche Begleitung durch den Münchner Professor Georg Wachtmeister.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

  9. Zur Nachahmung empfohlen
    Beschäftigte des Krankenhauses Spremberg sind zugleich Miteigentümer. Ein bundesweit einmaliges Modell, das Mitarbeiter/innen und Kranken nutzt
    Schwester Carolin strahlt Ruhe und Besonnenheit bei ihrer Arbeit aus – nicht die schlechtesten Eigenschaften für eine Pflegefachkraft in der intensivmedizinischen Abteilung. Dass sie nur selten in den branchentypischen Stress verfällt, hängt mit den Besonderheiten ihres Arbeitsplatzes zusammen: Das Krankenhaus Spremberg in der brandenburgischen Lausitz setzt auf eine überdurchschnittliche Personalausstattung. “Die Besetzung mit Pflegekräften wie auch mit Ärzten und Ärztinnen ist bei uns sehr gut”, sagt der Betriebsratsvorsitzende Matthias Warmo, der selbst mit 40 Prozent seiner Arbeitszeit als Pfleger auf der Intensivstation arbeitet. Zusätzlich entlaste ein flexibler Austausch beim Personal zwischen Intensivstation, Notaufnahme und Anästhesie, erklärt er. “Gibt es in einem Bereich mehr zu tun als sonst, dann springen die Kolleginnen und Kollegen der Abteilung ein, auf der es gerade ruhiger ist.” (…)
    Das Krankenhaus mit der fast 150-jährigen Geschichte ist aber nicht nur besser mit Personal ausgestattet als viele andere Kliniken. Es hat vor allen Dingen eine bundesweit einzigartige Eigentümerstruktur: Die gemeinnützig-private Einrichtung gehört zu 49 Prozent der Stadt Spremberg und zu 51 Prozent dem Förderverein Krankenhaus Spremberg e.V.. Dessen rund 280 Mitglieder wiederum sind in der Mehrzahl Beschäftigte des Krankenhauses.
    Diese Konstruktion sichert den Mitarbeiter/innen Einfluss auf alle wichtigen Belange ihres Betriebes und Einblick in wesentliche Fragen. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sind nicht starr getrennt, denn der Betriebsratsvorsitzende Matthias Warmo ist auch stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Fördervereins. Und Schwester Carolin und viele ihrer Kolleg/innen sind für eine einmalige Aufnahmegebühr von 255 Euro sowie den kleinen monatlichen Beitrag von 2,50 Euro Vereinsmitglieder, die an allen wichtigen Entscheidungen mitwirken.
    Quelle: ver.di publik
  10. Internationaler Demokratiepreis an EU-Außenbeauftragte verliehen
    Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini ist mit dem Internationalen Demokratiepreis Bonn ausgezeichnet worden. Eine “wichtige Botschaft zur richtigen Zeit”, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in der Laudatio.
    Seit Jahren verteidige Federica Mogherini unermüdlich die europäischen Werte von Frieden, Demokratie und Menschenrechten, führte Schulz weiter aus. Außerdem habe sie die Europäische Union näher zusammengebracht.
    Der Italienerin sei es gelungen, die EU in einem Politikfeld näher zu versammeln, “in dem es bisher mehr Trennendes als Gemeinsames gab”. Dies sei umso wichtiger in einer Zeit, in der sich Europa “nicht mehr hinter dem großen Bruder USA verstecken” könne, betonte der EU-Parlamentspräsident.
    Quelle: DW

    Anmerkung Christian Reimann: Wenn Herr Schulz für die EU-Außenbeauftragte lobende Worte gefunden hat, scheint ihm das nicht schwer gefallen zu sein.
    Aber dennoch: Kann es sein, dass Frau Mogherini diesen Preis ebenso berechtigt erhalten hat wie seinerzeit die EU den Friedensnobelpreis? Ist die EU – aber auch deren Vertreterin Frau Mogherini – tatsächlich so friedlich und demokratisch? Schließlich ist die EU bzw. deren Mitgliedstaaten an etlichen Kriegen in der Welt beteiligt und Volksentscheide wurden wiederholt bis offenbar das passende Ergebnis erreicht worden ist.

    Dazu: Attac verleiht Federica Mogherini “Goldenen Panzer für Aufrüstung und Abschottung”
    Aus Protest gegen die Militarisierung und unmenschliche Flüchtlingspolitik der EU haben Attac-Aktive und Friedensbewegte am Freitagabend EU-Kommissarin Federica Mogherini in Bonn einen “Goldenen Panzer für Aufrüstung und Abschottung” überreicht. Mit der Aktion, die störten sie die offizielle Verleihung des Internationalen Demokratiepreises Bonn an Mogherini, den sie für ihren angeblich “unermüdlichen Einsatz für Demokratie und Menschenrechte in Krisengebieten” bekam.
    “Einen Demokratiepreis an eine EU-Kommissarin zu verleihen, die an der Kriegsfähigkeit der Europäiscnen Union arbeitet und den Tod von tausenden Flüchtlingen an den Grenzen der Festung Europa mit zu verantworten hat, ist ein ganz schlechter Karnevalsscherz”, sagte Stephan Kettner von der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe Aktion. Als Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union sei Federica Mogherini maßgeblich mitverantwortlich für die Aufrüstung der EU und die militärische Sicherung der EU-Außengrenzen gegen Flüchtende.
    Quelle: attac

  11. Deutschland rüstet auf
    Innere Sicherheit, Bundeswehr und Entwicklungshilfe: Dank florierender Konjunktur und guter Steuereinnahmen werden etliche Posten im kommenden Haushalt massiv ausgeweitet. Und doch steht unter dem Strich die schwarze Null. Dennoch ist die Opposition unzufrieden.
    Die Koalition rüstet im Wahljahr bei der inneren Sicherheit auf. Der Bundestags-Haushaltsausschuss bewilligte weitere 4300 Stellen bei den Sicherheitsbehörden bis 2020. Als Antwort auf terroristische Bedrohungen werden außerdem die Geheimdienste gestärkt. Einen zweiten Schwerpunkt setzten Union und SPD in den Schlussberatungen über den Bundeshaushalt 2017 bei der Vor-Ort-Hilfe für Flüchtlinge. So bekommt das Auswärtige Amt rund 630 Millionen Euro mehr, mit denen es unter anderem humanitäre Hilfe in den Nachbarländern Syriens finanzieren kann. Wegen der guten Finanzlage sattelten die Abgeordneten auch bei etlichen anderen Ausgabeposten drauf. Die schwarze Null im Haushalt steht dennoch.
    In der sogenannten Bereinigungssitzung legt der Ausschuss jeweils im Herbst letzte Hand an den Etat-Entwurf der Regierung. Für 2017 sind nun Ausgaben des Bundes von 329,1 Milliarden Euro vorgesehen – das sind 400 Millionen Euro mehr als die Regierung im Sommer vorgeschlagen hatte und 3,8 Prozent mehr als in diesem Jahr. Möglich machen den Zuwachs die dank der guten Konjunktur stetig wachsenden Steuereinnahmen und die niedrigen Zinsen auf den Schuldenberg des Bundes. Finanzminister Wolfgang Schäuble kann deshalb bereits seit 2014 auf neue Kredite verzichten.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung Christian Reimann: Wie selbstverständlich hat der ehemalige Bundesinnenminister und derzeitige Bundesfinanzminister Geld für die „Innere Sicherheit“ und die Bundeswehr.
    Wenn es aber um die finanziellen Belange von armen Menschen hierzulande geht – beispielsweise die erwerbslose Personen, die auf ALG II angewiesen sind – dann ist seine Kasse plötzlich verschlossen bzw. sie öffnet sich lediglich für Minimalbeträge.
    Dass eine Gesellschaft auch friedlicher zusammenlebt, wenn die soziale Gerechtigkeit hergestellt ist, kann Herr Schäuble wohl nicht mehr erlernen.

  12. FBI betrieb offenbar Kinderpornografie-Websites
    Wie arstechnica berichtet, hat das FBI letztes Jahr für etwa zwei Wochen offenbar 23 mit TOR versteckte Server mit Kinderpornographie betrieben, um Interessenten mit Malware in die Falle zu locken. Dies folge aus einem veröffentlichten Dokument, das andernfalls kaum Sinn ergebe. Bei der Aktion sollen 1.000 IP-Adressen mitgeschnitten worden sein, 200 Verdächtige seien identifiziert worden. Dem FBI zufolge habe es sich um eine einmalige Aktion gehandelt.
    Die ehemals beim britischen GCHQ beschäftigte Sicherheitsexpertin Sarah Jamie Lewis schätzt, dass das FBI zu einem bestimmten Zeitpunkt sogar rund die Hälfte der im Darknet verborgenen Kinderpornographie-Seiten betrieben hat. Lewis kommentierte, dass sie sich Gründe vorstellen könne, warum auch das GCHQ entsprechende Websites betreibe.
    Das Betreiben kinderpornographischer Websites durch Geheimdienste ist u.a. deshalb problematisch, weil die hierdurch inszenierte Kriminalität von gewissen Politikern gerne als Vorwand für die Kontrolle des Internets präsentiert wird. So hatte die heutige Cyberwarrioress Ursula von der Leyen einst mit der Bedrohung durch Kinderpornographie in Deutschland die Einführung von Netzsperren verkauft, obwohl diese von allen Experten als unbrauchbar bewertet wurden.
    Ausgerechnet Demagogin “Zensursula” warnte diese Woche in einer ZDF-Talkshow vor lügenden Populisten.
    Quelle: Telepolis
  13. NSU
    1. V-Mann-Akten geschreddert – Marx will Verjährung verhindern
      Am 11. November 2011 werden beim Bundesverfassungsschutz V-Mann-Akten zum sechs Tage zuvor aufgeflogenen “Nationalsozialistischen Untergrund” geschreddert. Ein Skandal, doch der verantwortliche Referatsleiter bleibt unbehelligt. Fünf Jahre später würde der Fall nun verjähren. Die Thüringer NSU-Ausschuss-Vorsitzende Marx will das verhindern und droht sogar mit einer Klage wegen Strafvereitelung gegen die zuständige Staatsanwaltschaft.
      Die Vorsitzende des Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses, Dorothea Marx, will im Skandal um das Schreddern von NSU-Akten beim Bundesamt für Verfassungsschutz eine Verjährung verhindern. Die SPD-Politikerin sagte am Freitag MDR AKTUELL, sie habe Strafanzeige gegen den Verantwortlichen gestellt. Die Staatsanwaltschaft Köln habe es aber mit einer hanebüchenen Begründung abgelehnt, die Ermittlungen wieder aufzunehmen. Dagegen habe sie nun Beschwerde eingelegt. (…)
      Marx sprach von einem unerträglichen Vorgang. Der Referatsleiter “Lingen” habe sich selbst bezichtigt, die Akten vernichtet zu haben, um die Behörde vor Nachfragen zu schützen. Das sei ganz klar eine unzulässige Aktenvernichtung. Dass das jetzt ungeahndet bleiben solle, sei ein Offenbarungseid für den Rechtsstaat.
      Marx verwies auch darauf, dass es im Bundesverfassungsschutz intern ein Disziplinarverfahren gegen “Lingen” gegeben hat. “Das ist eine Sache, die ich der Staatsanwaltschaft jetzt auch noch einmal schriftlich vorgeworfen habe: Da muss sie sich erkundigen, was da überhaupt passiert ist. Denn wenn Herr ‘Lingen’ schon disziplinarrechtlich belangt worden sein sollte, dann ist es natürlich vollkommen absurd, dass man sagt: ‘Er hat nichts Schlimmes gemacht und das war alles in Ordnung.'”
      Quelle: MDR
    2. NSU-Anschlag von 2001: War der Bombenleger in der Kölner Probsteigasse ein V-Mann?
      Untersuchungsausschuss des Bundestages befragt Verfassungsschützer
      Der NSU-Ausschuss des Bundestages (PUA) hat das nächste Fass wieder aufgemacht, auf das die Bundesanwaltschaft bereits einen Deckel gesetzt hatte: der Bombenanschlag in der Probsteigasse in Köln von Januar 2001 in einem Lebensmittelladen, der von einer iranischen Familie betrieben wurde.
      Wie bei allen anderen NSU-Verbrechen sollen auch für dieses allein Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos verantwortlich gewesen sein. Deren Komplizin Beate Zschäpe stützt die Version. Die Abgeordneten des PUA sind nicht überzeugt. Eine Reihe von Fragen konnten zwei Verantwortliche des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes (LfV) nicht überzeugend beantworten. Im Fokus steht ein V-Mann des LfV in der rechtsextremen Szene Kölns. Er sieht dem Phantombild des Bombenlegers verblüffend ähnlich. Der Mann selber und auch die Bundesanwaltschaft bestreiten eine Täterschaft. (…)
      Nach dem Auffliegen des NSU-Trios im November 2011 wurde der Anschlag nun offiziell Böhnhardt und Mundlos zugeschrieben. Allerdings kam es gleichzeitig zu einem behördeninternen Vorgang, der nicht zu der offiziellen Uwe-Uwe-zwei-Täter-Theorie passt und der bis heute in den Bundestagsausschuss hinein Wellen schlägt.
      Quelle: Telepolis
  14. Lancet: Lungenentzündungen bei Flüchtlingen durch von Schleusern verabreichtes Benzin
    Menschen auf der Flucht sind zahlreichen Gefahren ausgesetzt. Die Schleuser verabreichen den Menschen auf der Bootsüberfahrt teilweise Benzinmischungen, um sie ruhigzustellen. Wissenschaftler des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM), der Städtischen Klinikum München GmbH und des Jamaica Hospitals New York berichten in Lancet über lebensbedrohliche Lungenentzündungen, die wahrscheinlich durch das Trinken von Benzin während der Bootsflucht über das Mittelmeer verursacht wurden. Die Veröffentlichung soll Ärzte, die Flüchtlinge behandeln, für diese Erkrankung sensibilisieren, da diese gefährliche Ähnlichkeit mit bakteriellen Lungenentzündungen aufweist.
    2015 sind mehr als eine Million Menschen vor Krieg und Vertreibung nach Europa geflüchtet. Auf der gefährlichen Reise über das Mittelmeer sterben jede Woche zahlreiche Flüchtlinge. Die Migration verändert auch den medizinischen Alltag. Neben der mangelhaften medizinischen Versorgung in den meisten Ländern Afrikas und eingeschleppten Erkrankungen birgt die Flucht selbst lebensgefährliche Risiken: Die Schleusung und die Überfahrt von Libyen durch das Mittelmeer nach Griechenland oder Italien erfolgen oft unter entsetzlichen Bedingungen.
    Während das hohe Risiko bekannt ist, das die Überfahrt in Schlauchbooten mit sich bringt, wurde eine zusätzliche Gesundheitsgefahr für die Flüchtenden bisher nicht wahrgenommen: das Trinken von Benzin. Die Schleuser verabreichen den Menschen auf der Bootsüberfahrt teilweise Benzinmischungen, um sie ruhigzustellen. Das gesundheitliche Risiko ist hoch: Benzin besteht aus aromatischen Kohlenwasserstoffen und kann schwerste Entzündungen der Lunge und andere Vergiftungen verursachen.
    Quelle: journal MED
  15. Völlig schmerzfrei
    Stundenlang rangen die Grünen auf ihrem Parteitag um Vermögensteuer und Ehegattensplitting. Das Ergebnis tut niemandem weh. Werden die Grünen zu brav?
    Die Grünen haben sich auf das Ziel einer “Superreichensteuer” geeinigt. Ab welcher Vermögensgrenze jemand als superreich gilt, wurde nicht näher definiert. Außerdem wollen die Grünen das umstrittene Ehegattensplitting abschaffen, allerdings nur für künftige Ehen. (…)
    Voraussetzung sei, dass Arbeitsplätze und die “Innovationskraft von Unternehmen” erhalten werden. Die Erbschaftsteuer solle nur angefasst werden, wenn das Bundesverfassungsgericht den Kompromiss der Großen Koalition durchfallen lasse. (…)
    Die Vermögensteuer wurde Ende 1996 in Deutschland ausgesetzt. Damals spülte sie etwa 4,6 Milliarden Euro jährlich in die Staatskassen. Nun können die Grünen mit dem Bekenntnis in den Wahlkampf ziehen, dass sie sehr vermögende Deutsche irgendwie stärker zur Kasse bitten wollen.
    Das ist eine pragmatische, aber kaum polarisierende Lösung. Wen die Steuererhöhungen genau treffen sollen, ist unklar. Der Beschluss lässt viele Optionen offen, sollte es zu Koalitionsgesprächen im Bund kommen. (…)
    Doch der einzige Beschluss, der gesellschaftlich Benachteiligte klar adressierte, kam nicht vom Bundesvorstand, sondern aus Nordrhein-Westfalen: Die Grünen wollen Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger, die Auflagen nicht erfüllen, abschaffen. “Stattdessen setzen wir auf Motivation, Anerkennung und Beratung auf Augenhöhe”, heißt es in dem Antrag. Insbesondere gehe es um Sanktionen für Menschen unter 25 Jahren und um Kosten der Unterkunft und Heizung.
    Quelle: Spiegel Online

    Dazu: So links wie nötig
    Die Grünen streiten auf ihrem Parteitag stundenlang über eine Vermögenssteuer, die bewusst nicht mehr als eine Worthülle ist. Was ist da los? (…)
    Es ist heiß in der für 860 Delegierte viel zu kleinen Messehalle, stundenlang geht es in der Steuerdebatte hin und her. Gleich fünf Anträge haben Grüne zu dem strittigen Punkt eingebracht: Die Grüne Jugend fordert eine konkret ausgestaltete Vermögenssteuer für Vermögen ab einer Million Euro; eine Gruppe von Grünen will die eine Million nur als Empfehlung verstanden sehen; die später siegreiche Kompromissvariante der Fraktionsspitze begnügt sich mit dem Ausdruck “für Superreiche”; andere wollen sich noch nicht auf ein Besteuerungsinstrument festlegen und erst nach der Wahl sorgfältig zwischen Vermögens- und Erbschaftssteuer abwägen. Die baden-württembergischen Grünen wollen das V-Wort wiederum auf keinen Fall im Parteiprogramm sehen.
    Kompromisse hatten im Vorfeld keine Chance. Auf die Frage, warum sich nicht wenigstens die grundsätzlichen Gegner und Befürworter der Vermögenssteuer zusammenrauften und statt zweier gleich fünf Varianten zur Abstimmung stehen, zuckt ein leicht genervter Bundesgeschäftsführer Michael Kellner am Morgen die Schultern. Wie die Stimmung bei den Treffen der Parteiflügel am Freitagabend gewesen sei, wird er gefragt. “Die Antwort auf diese Frage könnte Sie verunsichern”, lautet seine ironische Bemerkung. (…)
    Die neue grüne Vermögenssteuer ist also erst mal nur eine Hülle, die es noch mit Inhalt zu füllen gilt. Neuer Streit ist damit absehbar, spätestens auf dem eigentlichen Programmparteitag der Grünen im Frühjahr. Angesichts dieser Tatsache fragen sich manche in Münster, warum man über ein solches Nichtinstrument stundenlang streiten musste.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: Die Oberflächlichkeit nimmt auch bei den Grünen zu, denn “Forderungen” nach einer Vermögenssteuer stehen nur in der Überschrift, denn die Grünen wollen “unbequem und fortschrittlich” für den eiligen Leser erscheinen. Es wird bewusst keine Grenze bei der Vermögenssteuer genannt, denn welche Partei möchte mit der “Trump-Lüge” vor einer Wahl gleichgesetzt werden? Kretschmann will keine Vermögenssteuer und er ist das Leitbild dieser Partei bei den nächsten Wahlen.

  16. Das Vorletzte: Warum Hillary gewonnen hat
    Ein Leser der NachDenkSeiten berichtet von der wahrsagenden Fähigkeit eines Professors der Universität Regensburg und ihres Vorlesungsverzeichnisses:

    Liebes NDS-Team, sehr verehrter Herr Müller,
    hier mal was Erheiterndes zum Thema US-Wahlkampf: im Vorlesungsverzeichnis der Uni Regensburg [1] ist auf S. 59 folgendes zu finden:

    „Hillary v.*The Donald*: Die US-Präsidentschaftswahlen 2016

    Die Vorlesung analysiert Verlauf und Folgen des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2015/16.

    18.10.2016 1) Prof. Dr. Stephan Bierling: Das US-Wahlsystem und die Vorwahlen 2015/16, Teil 1
    25.10.2016 2) Prof. Dr. Stephan Bierling: Das US-Wahlsystem und die Vorwahlen 2015/16 Teil 2
    08.11.2016 3) 19.30 Uhr Akademische Wahlparty mit Podiumsdiskussion: One on one: CG Jennifer Gavito (angefr.), Dr.
    Gerlinde Groitl (Einführung und Moderation), Prof. Dr. Volker Depkat, Prof. Dr. Stephan Bierling, Grußwort Prof. Dr. Udo
    Hebel, Präsident der Universität Regensburg, Audimax
    *15.11.2016 4) Prof. Dr. Stephan Bierling: Warum Hillary gewonnen hat* (von mir gefettet, AM)
    22.11.2016 5) Dr. Gerlinde Groitl: Obamas Außenpolitik – eine Bilanz
    ….

    Aus den PDF-Informationen des Vorlesungsverzeichnisses [1] geht hervor, dass es am 21.10.2016 erstellt wurde.

    Man war sich also schon Ende Oktober sicher, daß Hillary Clinton die Wahl gewinnen würde.
    Steile These, würde ich sagen – und zeugt von der Blindheit und Arroganz unserer Gelehrten gegenüber den Realitäten (des “kleinen Mannes”) in den USA.

    Allein schon die herablassende Bezeichnung D. Trumps als “The Donald” in einem Vorlesungsverzeichnis des Akademischen Betriebes (sic), zeugt von dieser Überheblichkeit unserer “Eliten”.

    Auch “schön”, wie ein in der Wolle gefärbter Transatlantiker wie Prof. Bierling [2] seine Zöglinge auf Kurs getrimmt haben will:

    [1] Literatur: *Obligatorisch* ist die Lektüre der*New York Times, der Washington Post, von Politico und/oder des Economist.*

    Also die Sprachrohre all unserer neoliberalen Hardliner und NATO-Krieger!

    Ich hoffe, Sie konnten auch ein wenig über die Wahrsager-Qualitäten eines – vom Steuerzahler alimentierten – Professors schmunzeln.

    Anmerkung Albrecht Müller: Das können wir und vermutlich unsere Leserinnen und Leser auch. Danke vielmals.

  17. Zu guter Letzt – Anja Kohl schafft es nicht, den Sinn von “Börse vor acht” zu erklären…
    … und dazu bedarf es nicht einmal eines Journalisten, sondern des Musikers und Entertainers Götz Alsmann in der Sendung “Zimmer Frei

    Anmerkungen Albrecht Müller: Erstens: Es ist interessant, wie Anja Kohl versucht, die Börsensendung durch ständige Wiederholung zu einer Wirtschaftssendung um zu deklarieren. Offensichtlich merkt sie selbst, wie frag- und kritikwürdig die oft von ihr moderierte Sendung ist.
    Zweitens: Ich verweise auf unser Videogespräch vom 11. November 2016 zum Denkfehler „Steigende Aktienkurse sind gut“ und die Empfehlung für eine Ersatzlösung der ARD: „Hunde vor acht“.
    Drittens: Leser der NachDenkSeiten haben bemängelt, wir hätten in diesem Gespräch nicht auf die Geldschöpfung der Banken hingewiesen. Das ist richtig. Aber das war nicht das Thema des Gesprächs.

    Ergänzende Anmerkung Jens Berger: Das komplexe Thema „Geldschöpfung“ hatte ich vor drei Jahren mal in einem Infovideo zu erklären versucht.


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