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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 28. November 2016 um 8:37 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Rente
  2. Programmbeschwerde zur Rentenberichterstattung von ARD-aktuell
  3. Allein die Sozialdemokratie kann Europa vor den Nationalisten retten
  4. TiSA
  5. Noch mehr „schöpferische Zerstörung“? Wieso sich die Neoklassik mit der Eurokrise so schwer tut
  6. Der ganz normale Irrsinn der Globalisierung
  7. Aufsicht kannte umstrittene Cum-Ex-Geschäfte schon 1992
  8. Lidl erhöht den Mindestlohn
  9. Bahn will gegen Projektpartner klagen
  10. Privatisierung der Autobahnen Verdi zeigt Schlupflöcher im Koalitionsvertrag
  11. Frau von Kreml-Sprecher verstört mit KZ-Outfit
  12. Washington Post Disgracefully Promotes a McCarthyite Blacklist From a New, Hidden, and Very Shady Group
  13. Kommt Edward Snowden nach Berlin?
  14. Israel in Flammen
  15. Alles voll – alles still?
  16. Syrien: Inszenierte Wirklichkeit auf Video
  17. Fidel Castro

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Rente
    1. Chef der Wirtschaftsweisen gibt zu: Seine Vorschläge zur Rente kommen ohne Fachwissen aus
      Der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Christoph M. Schmidt, war am 24.11. bei Maybrit Illner um über die Rente zu diskutieren. In einem Einspielfilm wurde (ab Min. 29) das österreichische Rentensystem vorgestellt, das eine sehr viel bessere Rente gewährt als das deutsche. Wie geht das?, war die Frage. Christoph Schmidt und die anderen Rentenkürzungsexperten hatten keine Ahnung.
      Es war eine Talkshow-Sternstunde, die Maybrit Illner da produzierte. Auf ihre Frage, warum in Österreich geht, was bei uns angeblich unmöglich ist und zum Zusammenbruch der Wirtschaft führen würde, sagte die SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer, die die Kürzungen im deutschen System im Großen und Ganzen verteidigte: „ Das kann ich jetzt auch ad hoc nicht nachvollziehen … (und) … es ist sehr schwer, solche Vergleiche abstrakt zu fassen.“ Deshalb wollte Illner von Paul Ziemiak von der Jungen Union wissen, warum wir ein System der gesetzlichen Rente (wie in Österreich) kaputt gemacht haben, wenn es vielleicht viel effizienter und einfacher wäre, als das, was wir jetzt haben. Er hatte keine Antwort: „Ich kann ihnen das jetzt nicht vorrechnen, warum …“
      Dann kam der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph M. Schmidt, dran, die hartnäckig wiederholte Frage zu beantworten. Der Sachverständigenrat für Wirtschaft hat unter seiner Ägide gerade erst wieder ein Jahresgutachten vorgelegt, nicht zum ersten Mal mit einem Kapitel zur Rente, in dem die vier arbeitgebernahen Weisen gegen ein gewerkschaftsnahes Minderheitsvotum für späteren Renteneintritt, geringere gesetzliche Rente und mehr kapitalgedeckte Rente eintreten. Er muss es also wissen, warum das in Österreich mit der gesetzlichen Rente so gut funktioniert. Oder?
      „Ich glaube, dass Frau Dreyer schon recht hatte, als sie sagte, wir müssten schon mehr wissen über das österreichische System als die Zahlen, die wir hier vorliegen haben.“
      Ganz recht, Herr Schmidt. Ein Sachverständigenrat, der jahrelang über dieses Thema scheinbar wissenschaftlich schreibt, sollte nicht nur, er MUSS sogar mehr wissen über dieses System. Tut er aber offenbar nicht.
      Quelle: Norbert Häring
    2. Von Riester zu Nahles: Altersarmut trotz Rente
      Das Thema Rente wird im bevorstehenden Bundestagswahlkampf eine weit größere Rolle spielen als in der Vergangenheit – nicht zuletzt wegen der wachsenden Angst vieler Menschen vor Altersarmut, die auch unter der Großen Koalition nicht abgenommen hat. Dagegen könnte eine solidarische Bürger- oder Erwerbstätigenversicherung dieses Kardinalproblem der Gesellschaft nicht nur lösen, sondern auch die politische Brücke zwischen SPD, Bündnisgrünen und Linkspartei für eine rot-rot-grüne Koalition nach der nächsten Bundestagswahl bilden – wenn denn die bisher nur an lockeren Gesprächsrunden beteiligten Parlamentarier der drei Fraktionen dies ernsthaft wollten.
      Schließlich gehört die Bürgerversicherung im Gesundheitsbereich schon länger zum Forderungskatalog aller drei Parteien – und das aus gutem Grund. Denn um die Renten zukunftssicher und armutsfest zu machen, reichen bloße Schönheitsreparaturen wie in der Vergangenheit immer wieder unternommen und auch aktuell von Arbeitsministerin Andrea Nahles geplant, keinesfalls aus.
      Vielmehr muss der Kreis der Beitragszahler endlich erweitert werden: Nicht bloß (Solo-)Selbstständige müssten in die Rentenversicherung einbezogen werden, sondern auch Beamte, Abgeordnete und Minister. Auch erwachsene Nichterwerbstätige könnten einer Mindestbeitragspflicht unterworfen werden. Für jene Personen, die den nach der Einkommenshöhe gestaffelten Beitrag nicht entrichten können, müsste der Staat einspringen.
      Allenthalben wird prognostiziert, dass zukünftig immer mehr Seniorinnen und Senioren relative Armut droht. Um dem zu begegnen, muss das Solidar- gegenüber dem Äquivalenzprinzip gestärkt werden. Dazu wäre eine starke An- bzw. gar die Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung notwendig, wie es SPD-Generalsekretärin Katarina Barley vorgeschlagen hat. Denn warum muss die Solidarität bei einem Monatseinkommen von 6200 Euro in West- und 5400 Euro in Ostdeutschland enden, wie das momentan der Fall ist? Wer mehr verdient, braucht für das über diesen Betrag hinausgehende Einkommen keine Rentenversicherungsbeiträge zu entrichten – ebenso wenig wie sein Arbeitgeber. Die Schweiz macht vor, dass es auch anders geht und Spitzenverdienern deshalb nicht zwingend unangemessen hohe Renten gezahlt werden müssen: Dort ist die staatliche Rentenzahlung gedeckelt, obwohl auf das ganze Erwerbseinkommen Rentenbeiträge fällig werden. Eine stark degressive Ausgestaltung der Leistungskurve entspräche viel eher dem bewährten Modus bei Dienst- und Sachleistungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung: Dort erhält der Abteilungsleiter trotz seines höheren Beitrages schließlich auch nicht mehr Grippetabletten als seine Sekretärin mit demselben Krankheitsbild.
      Quelle: Christoph Butterwegge in den Blättern
    3. Hoffmann fordert Rentenniveau von 50 Prozent
      Wenn das Rentenniveau wie geplant sinke, führe das zu einem Vertrauensverlust in die sozialen Sicherungssysteme, sagte DGB-Chef Hoffmann dem Tagesspiegel. Nichtstun treibe die Menschen in Richtung Rechtspopulismus. Zur Frage der Finanzierung meinte Hoffmann, man müsse mit dem Unfug aufhören, Frauen deutlich schlechter zu bezahlen als Männer und den Niedriglohnsektor in Deutschland trocken legen. – Bundesarbeitsministerin Nahles sieht in ihrem Konzept ein Mindest-Rentenniveau von 46 Prozent im Jahr 2045 vor.
      Quelle: Deutschlandfunk

      Dazu: Norbert Blüm hält Nahles Rentenkonzept für nicht überzeugend
      Der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm hält das von Amtsnachfolgerin Andrea Nahles geforderte Mindest-Rentenniveau von mindestens 46 Prozent für unzureichend. Die Rente müsse höher sein als die Grundsicherung, sonst verliere das System seine Legitimität, sagte Blüm dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Nahles hatte gestern ihr langfristiges Rentenkonzept vorgestellt. Darin forderte sie unter anderem, dass das Niveau von heute rund 48 Prozent nicht unter 46 Prozent absinken dürfe.
      Quelle: n-tv

    4. Die Rente soll gesamtkonzeptionell verbessert werden. Aber welche Rente? Und der großen Koalition geht die Puste aus beim Anblick der wirklich großen Baustellen im Alterssicherungssystem
      Am Abend des 24. November 2016 haben die Spitzen der großen Koalition in Berlin über das für sie angesichts des anstehenden Wahlkampfs sicher mehr als leidige Renten-Thema gekreißt und herausgekommen ist – nicht wirklich überraschend – eine rentenpolitische Maus der Gemeinsamkeiten. Beim abendlichen Treffen wurden Maßnahmen vereinbart, die (noch) umgesetzt werden sollen in der laufenden Legislaturperiode und teilweise schon auf den gesetzgeberischen Weg gebracht worden sind: Zum einen der Ausbau der Betriebsrenten (Sozialpartnermodell und Steuerzuschuss für Geringverdiener, dazu liegt mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz bereits ein Entwurf vor). Es geht um die Stärkung der (hoch umstrittenen) Kapitaldeckung innerhalb des Alterssicherungssystems. Entsprechend soll es auch Anpassungen geben bei der Förderung der Riester-Rente. Hier ist vereinbart worden, im Rahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes die Grundzulage der Riester-Förderung anzuheben, also die Förderung aus Steuermitteln auszubauen sowie die Doppelverbeitragung bei betrieblichen Riester-Verträgen aufzuheben. Hinzu kommt eine geplante Privilegierung der privaten Altersvorsorge im Sinne der Gewährung von Freibeträgen, falls man auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen sein sollte. Und sonst? Vereinbart wurde eine Verlängerung der Zurechnungszeit bei Erwerbsminderungsrenten von heute 62 auf 65 Jahre. Und schlussendlich soll es eine Angleichung der Renten in Ost und West geben – in sieben Schritte bis 2025. Das war’s. Und das Rentenniveau? Und die Bekämpfung der Altersarmut?
      Durchaus konsequent sind dann solche Schlagzeilen: Arbeitgeber loben Rentenkompromiss: “Es ist bemerkenswert, wie die große Koalition dem Populismus trotzt und versucht, Ruhe in das komplizierte Thema Rente zu bringen”, wird Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander zitiert. Ausdrücklich begrüßte Gesamtmetall die Pläne zur Stärkung der Betriebsrenten. “Ein konstruktives, gründliches, aber zügiges Gesetzgebungsverfahren ist dabei unser Wunsch.”
      Und die Verbesserungen wenigstens für die Erwerbsminderungsrentner? Da muss man dann wieder genauer hinschauen: Sie sollen im Zeitraum zwischen 2018 und 2024 erfolgen. Die bestehenden Abschläge bleiben unverändert.
      Ein ähnliches Muster bei der Angleichung der Renten in Ost und West. Ministerin Nahles wollte diese ursprünglich in zwei Schritten und schneller erreichen, der nun gefundene Kompromiss aber zieht den Angleichungsprozess wie Kaugummi in die Länge. Die Angleichung soll 2025 erreicht sein und der Prozess dahin – in nunmehr sieben Einzelschritten – soll erst 2018 beginnen. Zeit kaufen, nennt man das dann wohl.
      Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
    5. Generation Y, rebelliert endlich gegen den Rentenirrsinn!
      Seit Jahren alimentiert die Politik die Alten. Aber für die Generation der heute 20- bis 40-Jährigen wird es düster aussehen. Dennoch glauben sie an die Rentenversicherung. Wacht endlich auf!
      Ein Freund präsentierte kürzlich seinen Rentenbescheid. Wenn er in Rente geht, um das Jahr 2047, erhält er monatlich 994,98 Euro. „Was soll ich jetzt machen, mich erschießen?“, fragte er. Was sollte man ihm antworten? Er arbeitet seit Jahren als festangestellter Werbetexter. Er hat eine weitgehend lückenlose Erwerbsbiografie. 994,98 Euro, das bedeutet Altersarmut.
      Und es gibt nicht das geringste Indiz dafür, dass sich an seiner Situation etwas verbessert. Denn jüngst profilierte sich die Bundesregierung schon wieder auf Kosten der Jungen: Bis 2025 bekommen die Rentner in Ostdeutschland sechs Prozent mehr.
      Darunter werden diejenigen leiden, die jetzt im Osten berufstätig sind, denn sie müssen wegen solcher Wohltaten für die jetzigen Rentner später mit Einschränkungen bei der eigenen Altersversorgung rechnen.
      Quelle: WELT

      Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das Aufhetzen von Jung gegen Alt geht unvermindert weiter. Dabei gebe ich der WELT sogar Recht, daß die Jungen protestieren und anders wählen müßten. Nur eben anders herum: wenn der beschriebene Werbetexter auf 1.000 Euro Rente zustrebt, dann muß er sich stattdessen vor allem für viel höhere Löhne und ein deutlich höheres Niveau bei der gesetzlichen Rente einsetzen. Die Gegner einer solchen besseren Politik stehen aber im Arbeitgeberlager und in den regierenden Parteien.

  2. Programmbeschwerde zur Rentenberichterstattung von ARD-aktuell
    Sehr geehrte Damen und Herren,
    die Behauptung, es gebe ein demografisch bedingtes Rentenproblem, das nur mittels Beitragserhöhungen oder Leistungsabsenkungen zu lösen sei, ist eine Lüge. Sie kann sich nur dank tatkräftiger Mitwirkung der Staats- und der korporierten Massenmedien am Leben halten, ihr wichtigster Verbreiter ist ARD-aktuell. Ständige Wiederholung macht sie zwar nicht faktisch wahr, aber sie blockiert einen breiten gesellschaftlichen Diskurs: darüber, dass das gegenwärtige Rentenproblem gewollt ist und über lange Jahre absichtlich herbeigeführt wurde.
    Unsere Programmbeschwerde richtet sich konkret gegen den jüngsten ARD-aktuell-Beitrag zur Stabilsierung des Lügengebäudes. Wieder einmal berichtet die Redaktion unvollständig, einseitig und desinformativ über das Problem der Rente, ganz im Sinne der Bertelmannstiftung und der kommerziellen Versicherungs-Lobby. Unterschlagen werden, wie gewohnt, gegenläufige Informationen, die für eine umfassende Darstellung erforderlich wären und dem Publikum ein angemessenes Verständnis der komplexen Problematik erst ermöglichen würden.
    Quelle: Ständige Publikumskonferenz der öff.-rechtl. Medien

    Anmerkung Albrecht Müller: Die ARD, vor allem ARD aktuell besteht wohl aus einer Versammlung von auf Täuschung spezialisierten Journalisten. Oder sie verstehen nicht, worüber sie berichten und kommentieren. Das kann bei diesem Thema sogar zutreffen.

  3. Allein die Sozialdemokratie kann Europa vor den Nationalisten retten
    Keine regierungsfähige Partei bietet den revoltierenden Wählern eine Alternative an. Nur die Sozialdemokratie klingt manchmal so, als hätte sie verstanden. (…)
    Mit dem Blick auf die „Neue Mitte“ nahmen sie den Kampf gegen deren antisoziale Logik gar nicht erst auf, sondern setzen sich lieber an die Spitze des Zuges. Bill Clinton, Tony Blair, Gerhard Schröder und alle ihre Nachahmer wurden selbst zu Wegbereitern eines zügellosen Neoliberalismus. Erinnert sei da nur an das Laisser-faire für Investmentbanken, die Einführung des Arbeitszwangs für Arbeitslose ohne Lohnuntergrenze oder das Adelsprivileg für Deutschlands Superreiche durch Befreiung der Konzernerben von der Erbschaftssteuer. Am Ende führte all das geradewegs in die soziale Spaltung – und den Niedergang der Sozialdemokratie.
    Und das ist eine Tragödie. Denn wer, wenn nicht Sozialdemokraten, könnten aus ihrer Geschichte heraus glaubwürdig den Kampf für ein soziales und solidarisches Europa führen? Nur sie können so verhindern, dass Europa erneut in den Abgrund des Nationalismus stürzt. Und entweder im Guten oder im Schlechten, die deutsche SPD wird dabei eine führende Rolle einnehmen.
    Manchmal klingt Sigmar Gabriel auch so, als habe er das verstanden, wenn er statt der von Angela Merkel propagierten marktkonformen Demokratie „demokratiekonforme Märkte“ fordert. Oder wenn er verspricht, die SPD müsse „deutlich machen, dass ein für alle Mal Schluss ist mit der Herrschaft des Neoliberalismus“ und die Schulen „die Kathedralen unseres Landes sein sollten, nicht die Bürotürme der Banken“. (…)
    Sanders scheiterte nicht an den Wählern, sondern am Widerstand des Partei-Establishments. Hoffentlich machen die SPD und ihre Schwesterparteien in Europa nicht den gleichen Fehler.
    Quelle: Harald Schumann im Tagesspiegel

    Anmerkung Christian Reimann: Kann es sein, dass Harald Schumann zu optimistisch schreibt – vor allem mit Blick auf die deutsche SPD? Mal abgesehen davon, dass ein deutscher Corbyn oder Sanders fehlt: Kann wirklich die Sozialdemokratie allein Europa – oder zumindest Deutschland – vor den Nationalisten retten? Braucht sie nicht wenigstens ein oder zwei Koalitionspartner?

  4. TiSA
    1. Datenschützer Caspar warnt vor Tisa-Abkommen
      Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar warnt davor, dass das derzeit verhandelte Dienstleistungsabkommen Tisa Datenschutzbestimmungen aushebeln könnte.
      “Im Grunde ist hier vieles ein Frontalangriff auf das, was wir öffentlich in mehr als drei Jahren diskutiert haben”, vergleicht Caspar Tisa-Inhalte mit der Verabschiedung der europäischen Datenschutzgrundverordnung wie auch die Diskussion über den sogenannten Privacy-Shield. Letztere Vereinbarung sieht ein Mindestmaß an Datenschutz für EU-Bürger beim Datenaustausch mit den USA vor und war bereits von Datenschützern als zu wenig weitgehend kritisiert worden. (…)
      Dem Hamburger Datenschutzbeauftragten zufolge droht bei Umsetzung der Freihandelsregelungen ein Rückschritt. Bereits errungene Bestimmungen würden durch intransparente Verhandlungen wieder zurückgedreht. Die EU-Mitgliedstaaten seien gut beraten, die bisher bekannten Bedingungen von Tisa nicht zu akzeptieren. Beispielsweise geht aus den vorliegenden Dokumenten hervor, dass jeder Staat zwar eigene Datenschutzbestimmungen haben könne, diese aber keine Handelshemmnisse oder “nicht zu rechtfertigende Diskriminierung” gegenüber anderen Staaten darstellen dürften. Das eröffne einen Wettlauf um die niedrigsten Standards.
      Ausländische Provider gegenüber nationalen Anbietern nicht zu diskriminieren, sei nicht das Problem, sagt Caspar. In der Praxis ergebe sich umgekehrt die Schwierigkeit, gerade bei US-Anbietern durchzusetzen, dass sie die gleichen Standards wie nationale Anbieter einhalten. Sollten aber in Datenschutzbelangen geringere Standards als die der EU zur Anwendung kommen, würden die Rechte von EU-Bürgern ausgehöhlt werden.
      So sei der Vorschlag, wonach Vertragstaaten die Diensteanbieter nicht von der Übermittlung von Daten in Drittstaaten abhalten dürften, wenn dies im Verlauf des Dienstes geschehe, weder mit EU-Datenschutzrecht noch mit der europäischen Grundrechtecharta vereinbar.
      Quelle: Spiegel Online
    2. Aktivisten machen Front gegen TiSA
      TTIP, CETA und jetzt TiSA: Die Kritik an internationalen Handelsabkommen reißt nicht ab. Greenpeace und netzpolitik.org befürchten, dass mit dem geplanten Trade in Services Agreement über den Austausch von Dienstleistungen europäische Datenschutz- und Verbraucherrechte gefährdet werden. Sie haben Einblick in vertrauliche Dokumente bekommen.
      Die Abkürzung TiSA steht für Trade in Service Agreement. Das Abkommen zur Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen wird seit drei Jahren von 23 Parteien verhandelt, darunter die EU und die USA. TiSA ist bei Kritikern ebenso umstritten wie die Handelsabkommen TTIP und CETA. Die Umweltorganisation Greenpeace sieht Standards im Datenschutz massiv gefährdet. Nicht zum ersten Mal wurden Greenpeace Textseiten aus einer der nicht öffentlichen Verhandlungsrunden zugespielt. Was den gesamten Verhandlungsprozess angeht, spricht Alexander Dix, der viele Jahre lang Datenschutzbeauftragter in Brandenburg und Berlin war, von einer unvorstellbaren Geheimniskrämerei:
      “Hier geht es im Prinzip erst mal um ein Handelsabkommen. Aber ich befürchte, dass das, was Europa sich gerade in einem sehr langsamen und mühsamen Prozess erarbeitet hat, und worauf man sich verständigt hat, das Menschenrecht auf Datenschutz, dass das hier wirtschaftlichen Interessen geopfert wird.”
      Quelle: Deutschlandfunk
  5. Noch mehr „schöpferische Zerstörung“? Wieso sich die Neoklassik mit der Eurokrise so schwer tut
    Nach sechs Jahren mit weitgehender Stagnation in der Eurozone und schwachem Wachstum in den USA kann man nicht mehr von einem „temporären Schock“ reden. Es geht offensichtlich um tieferliegende Probleme.
    Neoklassische Grundlagen: Der langfristige Wachstumspfad
    In einer der üblichen Vorlesung zum Master in Volkswirtschaftslehre bekommt man Wachstumsmodelle erklärt. Hier versucht man zu erklären, wie schnell oder langsam sich eine Volkswirtschaft über lange Zeiträume entwickeln wird.
    Langfristiges Wachstum hängt in der einfachen Variante von dem realen Kapitalstock (Maschinen etc.) und der Menge der eingesetzten Arbeit ab. In weiterführenden Modellen gibt es dann auch technologischen Fortschritt, der die Arbeitsproduktivität oder die Produktivität des eingesetzten Kapitals pro Einheit erhöht. Typischerweise braucht man dafür guten Wettbewerb und flexible Arbeitsmärkte.
    Aus verschiedenen Annahmen kann man mathematisch einen langfristigen Wachstumspfad herleiten, also beispielsweise einen Pfad, auf dem die Wirtschaft um 3% jährlich wächst. Der langfristige Wachstumspfad hängt im Prinzip von angebotsseitigen Strukturen ab: Eine (mathematisch formulierte) Produktionsfunktion benutzt die Faktoren Arbeit und Kapital, um in irgendeiner Weise Güter und Dienstleistungen herzustellen.
    Die produzierten Güter werden entweder konsumiert oder wieder investiert. Wenn vermehrt konsumiert wird, muss im gleichen Jahr weniger investiert werden und anders herum. Auf Makroskop hatten wir jedoch öfters darauf hingewiesen, dass höherer Konsum mehr Investitionen schaffen kann, weil Firmen positiv auf die Nachfrage reagieren. Innerhalb des einfachen neoklassischen Modells ist dies allerdings nicht möglich, da die zentrale Rolle der Geldschöpfung, nämlich die zusätzliche Nachfrage in einer wachsenden Wirtschaft zu ermöglichen, ignoriert wird. Unterauslastung der Produktion oder wachsende Lagerbestände, die aufgrund von fehlender Nachfrage entstehen könnten, kommen in den grundlegenden Modellen erst einmal nicht vor. Statt dessen nimmt man im Sinne des Gesetzes von Say an, dass sich das Angebot seine Nachfrage selbst schafft (dazu mehr auf Makroskop hier und hier).
    Quelle: Makroskop
  6. Der ganz normale Irrsinn der Globalisierung
    In einer Reportage schildert die ZEIT die konkreten Folgen der Globalisierung. Traurige Pointe: Der Irrsinn wird uns als Erfolgsgeschichte verkauft.
    Was macht ein gutes, gesundes Leben aus? Mit treusorgenden Eltern fängt es an, Geschwister und Spielkameraden gegen die Langweile, später eine erfüllende Arbeit, Kollegen, ein Dach über dem Kopf, gutes Essen, soziale Sicherheit und Rhythmus, Tag und Nacht, Ostern und Weihnachten, Dinge, an denen man sich festhalten kann. Und was von alledem interessiert die Ökonomen?
    Ein steigendes BIP pro Kopf, eine tiefe Arbeitslosenquote und natürlich – Wettbewerbsfähigkeit. Wo käme man ohne sie hin?
    Nach all diesen Kriterien sind die Philippinen top. Das BIP pro Kopf ist in den letzten fünf Jahren um fast 25% gestiegen, während die Arbeitslosenquote auf 5,4 Prozent gesunken ist. Und all das verdanken die Philippinen einen grandiosen Sieg im globalen Wettbewerb um Standorte für Callcenter, oder Business-Process-Outsourcing, wie man das heute nennt. „In den letzten zehn Jahren“, so lesen wir in der ZEIT, „wuchs diese Branche 20 bis 30% pro Jahr. Heute beschäftigt sie 1,3 Millionen Menschen.“ Ja, das sind so die Geschichten, die Wirtschaftsjournalisten von den Segnungen der Globalisierung träumen lassen. Doch die „ZEIT“ [1] hat genauer hingeschaut:
    Um 1 Uhr in der Nacht wacht Agnes Ting (26) in ihrem Einzimmerapartment in einem Außenbezirk von Manila auf. Ihre zwei Kinder leben bei den Großeltern. Um 3 Uhr fängt ihre Schicht beim US-Buchhändler „Barnes and Noble“ an. In New York ist es jetzt 14 Uhr. Ting läuft durch die Tischreihen zu ihrer etwa einen Meter breiten Box. Bildschirm, Computermaus, Headset. Über ihr eine Kamera, die sie und Kollegen überwacht. Kollegen? Wäre dem Reporter ein Gespräch oder auch nur ein Gruß aufgefallen, hätte er es vermutlich erwähnt. Ein Bild zeigt Agnes einsam an einem Kaffeeautomaten. Noch nicht einmal mit einem Kunden am Telefon darf sie lange plaudern, sonst würde sie von der Kontrollstelle „markiert“, wie das hier heißt. Für Angestellte, die sich keine Zweitwohnung in der Stadt leisten können oder wollen, gibt es Schlafräume. Schwache Neonfunzlen, doppelstöckige Pritschen, so weit das Auge im Halbdunkel reicht. Das Halbdunkel wird genützt. Engen Körperkontakt gibt es sonst nur in den überfüllten Bussen. Ting verdient pro Monat rund 600 Dollar, das Durchschnittsgehalt der Angestellten in den Callcentern schwankt zwischen 250 und 700 Dollar.
    Quelle: Makroskop
  7. Aufsicht kannte umstrittene Cum-Ex-Geschäfte schon 1992
    Seit einem Vierteljahrhundert wissen Behörden, dass Banken und Investoren mit geschickten Aktiengeschäften den Fiskus schröpfen. Das zeigt nach SPIEGEL-Informationen ein jetzt entdecktes Papier.
    Die heftig umstrittenen sogenannten Cum-Ex-Geschäfte, die den deutschen Fiskus mehr als zehn Milliarden Euro gekostet haben sollen, gab es schon weit länger als bislang angenommen. Nach SPIEGEL-Informationen geht dies aus einem Bericht der Landeszentralbank in Hessen aus dem September 1992 hervor. Die Landeszentralbanken waren damals Hauptverwaltungen der Bundesbank – und somit Teil der Aufsicht. (…)
    Dieser Bericht befasst sich mit verschiedenen Spielarten von Aktiengeschäften, die steuerliche Vorteile bezwecken und rund um den Tag stattfinden, an dem Konzerne ihre Dividende an Aktionäre ausschütten. In dem Bericht heißt es, “die bewusste Produktion von Steuerbescheinigungen” ziele darauf ab, “Erstattungsansprüche für Steuern zu erlangen, die überhaupt nicht gezahlt wurden”. Im Folgenden wird jene Praxis beschrieben, die heute als Cum-Ex-Geschäft bekannt ist und Steuerbescheinigungen “aus dem Nichts produziert”, wie es in dem Bericht heißt.
    Quelle: Spiegel Online
  8. Lidl erhöht den Mindestlohn
    Aufs nächste Frühjahr können sich viele Lidl-Mitarbeiter jetzt schon freuen: für rund 20.000 von ihnen wird es mehr Geld geben, also für jeden vierten Lidl-Beschäftigten in Deutschland. Profitieren werden vor allem die Mitarbeiter am unteren Ende der Einkommensskala. Für sie wird der Lidl-interne Mindestlohn vom 1. März an von bisher 11,50 Euro auf 12 Euro angehoben. Der Abstand zum gesetzlichen Mindestlohn wird dabei noch einmal größer.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: Was waren noch die Forderungen der Gewerkschaften? 10,50€/Stunde mindestens und was hatten die Arbeitgeber erwidert? Unfinanzierbar – Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor gehen verloren. Muss erst ein Discounter klar stellen, dass alles nicht stimmt?
    Man könnte fast denken, die Gewerkschaften sind mit Maulwürfen der Arbeitgeber durchsetzt.

  9. Bahn will gegen Projektpartner klagen
    Die Bahn will noch in diesem Jahr Klage gegen ihre S21-Projektpartner einreichen. Ziel ist es, dass sich Land, Stadt, die Region Stuttgart und der Flughafen an den Mehrkosten von zwei Milliarden Euro beteiligen.
    Der Bahnvorstand sagte dem SWR, man werde formal am kommenden Dienstag über die Klage entscheiden. Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bekräftigte am Freitag erneut, dass das Land nicht bereit ist, sich an Mehrkosten für das Bahnprojekt zu beteiligen. Hermann sagte dem SWR, das Land leiste seinen auf 930 Millionen Euro begrenzten Kostenbeitrag freiwillig. Wenn die Bahn gegen die S21-Finanzierungsverträge klagen sollte, bleibe abzuwarten, wie Juristen das beurteilten.
    Am Donnerstag hatte Hermann aber auch betont, dass eine Klage die Zusammenarbeit mit der Bahn generell und bei Stuttgart 21 nicht stören dürfe. Diesbezüglich zeigte sich der Minister zuversichtlich.
    Quelle: SWR

    Dazu: Milliardenloch bei S 21 kommt vor Gericht
    Aktionsbündnis kommentiert Klage der Bahn gegen ihre Projektpartner
    Die Ankündigung der Deutschen Bahn AG, ihre Projektpartner bei Stuttgart 21 anteilig noch dieses Jahr wegen Mehrkosten von zwei Milliarden Euro zu verklagen, zeigt nach Auffassung des Aktionsbündnisses die „weggefallene Geschäftsgrundlage“ des Projekts. Bündnissprecher Eisenhart von Loeper verweist auf den „tiefen Riss, der das Projekt durchzieht, die Grundlage erschüttert und laut Bundesrechnungshof mit nicht finanzierten weiteren drei Milliarden Euro ins Bodenlose reicht“. Die Projektpartner Stadt und Land stünden jetzt in der „peinlichen Lage“, erklären zu müssen, warum sie sich an dem Projekt noch beteiligen, obwohl ein nicht finanziertes Projekt nicht gefördert werden dürfe.
    Sicher sei die für die Überschreitung der Kostenobergrenze von 4,5 Milliarden Euro gültige „Sprechklausel“ des Finanzierungsvertrags keine „Zahlklausel“. Das Gericht werde aber auch entscheiden müssen, ob aus der Weiterbeteiligung der Projektpartner am Projekt eine Nachschusspflicht abzuleiten sei (sprichwörtlich „mitgegangen, mitgehangen“).
    Der Bahn-Aufsichtsrat hatte schon im März 2013 den damals durch politischen Druck bewirkten Weiterbau-Beschluss zu S 21 an die Bedingung gekoppelt, die von Bahnchef Rüdiger Grube bescheinigte Unwirtschaftlichkeit dieses Projekts mit einer Klage gegen die Projektpartner wett zu machen, wenn die Verhandlungen scheitern sollten.Die Landeshauptstadt Stuttgart habe, so von Loeper, bis zuletzt fälschlich so getan, als könne sie nicht verklagt werden. Allerdings habe sich auch die Bahn darin getäuscht, mit der neuen Landesregierung wegen einer Kostenbeteiligung leichtes Spiel zu haben.
    Quelle: K21

  10. Privatisierung der Autobahnen Verdi zeigt Schlupflöcher im Koalitionsvertrag
    Die schwarz-rote Koalition muss bei der geplanten Gründung einer Fernstraßengesellschaft des Bundes weiterhin mit Widerstand von Seiten der Gewerkschaften und der Länder rechnen. Das machten am Freitag der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske und der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in Berlin deutlich.
    Sie beklagten, dass entgegen der Darstellung der Regierung eine Teilprivatisierung von Autobahnen keineswegs vom Tisch sei: Über die Gründung von Tochterfirmen oder Regional-Ablegern könnte die neue Firma in Zukunft sehr wohl private Investoren wie Banken oder Versicherungen mit an Bord holen. Das ergebe sich aus den Textentwürfen für die bevorstehenden Gesetzesänderungen, die ihnen gerade zugegangen seien. (…)
    Bsirkse und Hermann warfen der Regierung am Freitag vor, ihre Pläne im Hauruck-Verfahren und ohne ausreichende Beteiligung der Öffentlichkeit umsetzen zu wollen: Länder und Gewerkschaften hätten die einschlägigen Gesetzentwürfe erst am Donnerstag erhalten – mit der Aufforderung, ihre Stellungnahmen bis zum kommenden Montag abzugeben und über den ganzen Vorgang Stillschweigen zu bewahren.
    Hermann warnte davor, dass die neue Fernstraßengesellschaft des Bundes „eine neue Großbehörde à la Eisenbahn-Bundesamt“ werden könne – „nur Potenz 10“. Bsirske forderte, dass bei der Gründung der neuen Firma auch die Interessen der Beschäftigten berücksichtigt werden müssten, die in das neue Bundesunternehmen wechseln. Insgesamt seien in der Fernstraßenverwaltung in Deutschland rund 30.000 Menschen beschäftigt, sagte der Verdi-Chef.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung Christian Reimann: Offenbar sind die grünen Herren Bsirske und Hermann nicht grundsätzlich gegen das geplante Vorhaben der schwarz-roten Bundesregierung. Die Bedingungen müssen nur stimmen. Eine echte Ablehnung des Projekts sieht jedenfalls anders aus.

  11. Frau von Kreml-Sprecher verstört mit KZ-Outfit
    Es sei eine Hommage an ihren Lieblingsfilm gewesen: Die russische Eiskunsttänzerin Tatjana Nawka hat mit einem Auftritt für Aufregung gesorgt. Auf dem Eis trug sie gestreifte KZ-Kluft samt Davidstern.
    Die russische Eiskunsttänzerin Tatjana Nawka, 41, zugleich Frau von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, sorgt kostümiert als KZ-Gefangene für Streit. Ihre Eistanznummer in gestreifter KZ-Kluft mit gelbem Davidstern wurde am Samstag in der Show „Ice Age“ im Ersten Kanal des russischen Fernsehens ausgestrahlt.
    Als der Clip sich im Internet verbreitete, warfen ihr viele entrüstete Nutzer Dummheit oder Zynismus vor. Vor allem russische Zuschauer lobten sie dagegen. Nawka selbst stellte Bilder des Auftritts auf Instagram und schrieb: „Das ist eine meiner Lieblingsnummern. Nach Motiven aus einem meiner Lieblingsfilme, ,Das Leben ist schön‘. Die Tragikomödie des italienischen Regisseurs Roberto Benigni von 1997 erzählt vom Überlebenskampf eines Häftlings in einem Nazi-Konzentrationslager. Die israelische Zeitung „Jerusalem Post“ nannte Nawkas Auftritt verstörend.
    Quelle: Welt

    Anmerkung unseres Lesers S.: In eigentlich dem ziemlich gleichen Wortlaut findet man diese Geschichte auf n-tv, bild und anderen Medienportalen. Es ist wirklich unglaublich, wie man hier versucht die Realität durch infantile Art und Weise zu verdrehen und Russland in einem bösen Licht dastehen zu lassen. Schaut man in die Kommentare, oder ist des Russischen mächtig zeigt sich, dass Nawka nicht nur ihren Lieblingstitel nachspielt sondern im PS auch klar sagt: “Unsere Kinder sollten von dieser schrecklichen Zeit wissen und sich erinnern, die sie, schenke es Gott, niemals selbst erfahren werden.” Es ist in der Tat verstörend was die Jerusalem Post daran verstörend findet und mit welcher Dreistigkeit Informationen einfach weggelassen werden. Ich sehe einfach kein Land mehr…

  12. Washington Post Disgracefully Promotes a McCarthyite Blacklist From a New, Hidden, and Very Shady Group
    The Washington Post on Thursday night promoted the claims of a new, shadowy organization that smears dozens of U.S. news sites that are critical of U.S. foreign policy as being “routine peddlers of Russian propaganda.” The article by reporter Craig Timberg – headlined “Russian propaganda effort helped spread ‘fake news’ during election, experts say” – cites a report by a new, anonymous website calling itself “PropOrNot,” which claims that millions of Americans have been deceived this year in a massive Russian “misinformation campaign.”
    The group’s list of Russian disinformation outlets includes WikiLeaks and the Drudge Report, as well as Clinton-critical left-wing websites such as Truthout, Black Agenda Report, Truthdig and Naked Capitalism, as well as libertarian venues such as Antiwar.com and the Ron Paul Institute.
    This Post report was one of the most widely circulated political news articles on social media over the last 48 hours, with dozens, perhaps hundreds, of U.S. journalists and pundits with large platforms hailing it as an earth-shattering exposé. It was the most-read piece on the entire Post website after it was published on Friday.
    Quelle: The Intercept

    Dazu: Washington Post Promotes Shadowy Website That Accuses 200 Publications of Being Russian Propaganda Plants
    A shady website that claims “Russia is Manipulating US Opinion Through Online Propaganda” has compiled a blacklist of websites its anonymous authors accuse of pushing fake news and Russian propaganda. The blacklist includes over 200 outlets, from the right-wing Drudge Report and Russian government-funded Russia Today, to Wikileaks and an array of marginal conspiracy and far-right sites. The blacklist also includes some of the flagship publications of the progressive left, including Truthdig, Counterpunch, Truthout, Naked Capitalism, and the Black Agenda Report, a leftist African-American opinion hub that is critical of the liberal black political establishment.
    Called PropOrNot, the blacklisting organization was described by the Washington Post’s Craig Timberg as “a nonpartisan collection of researchers with foreign policy, military and technology backgrounds.”
    Quelle: The Smirking Chimp

    Anmerkung Albrecht Müller: Der Kalte Krieg mit neuen Formen der Unterstellungen, Verdächtigungen und – nebenbei – dem Versuch die Konkurrenz zu beschädigen. Es wird zusehends widerlicher.

  13. Kommt Edward Snowden nach Berlin?
    Die Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD verhindern, dass darüber abgestimmt wird, ob man den Whistleblower Edward Snowden im Untersuchungsausschuss befragt. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
    Wäre es nach Grünen und Linken gegangen, hätte der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages am Donnerstag erneut über einen Antrag abgestimmt, der bereits seit mehr als zwei Jahren in der Diskussion ist – einen Antrag, den ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von Montag hätte möglich machen können. Aber alles kam anders, der Ausschuss vertagte die Entscheidung. (…)
    Die Regierungsfraktionen wollen Snowden auf keinen Fall persönlich in Berlin sehen. Die Opposition (Linke und Grüne) könnte sich das sehr wohl vorstellen. Das sei doch gar nicht notwendig, meinen Bundesregierung, CDU/CSU und SPD. Ihr Vorschlag: Eine Video-Schalte oder eine Reise zu Snowden in sein russisches Exil. Wenn man so verfahren würde, hätte das aus ihrer Sicht einen entscheidenden Vorteil: So könnte man möglichen außen- und sicherheitspolitischen Problemen mit den USA aus dem Weg gehen. Es wird nämlich befürchtet, Snowden könnte nach seiner Befragung in Deutschland um Asyl bitten. Und was wäre dann?
    Quelle: DW

    Dazu: Snowden-Anwalt übt Kritik an NSA-Untersuchungsausschuss
    Sein Mandant müsse endlich angehört werden, fordert der deutsche Anwalt des US-Whistleblowers, Wolfgang Kaleck. Dem Vorsitzenden des NSA-Untersuchungsausschusses im Bundestag wirft der Jurist eine Hinhaltetaktik vor.
    Schon lange dringen Oppositionspolitiker darauf, den US-Whistleblower Edward Snowden in Deutschland über Schnüffeleien der US-Geheimdienste zu befragen. Nun legt der deutsche Snowden-Anwalt, Wolfgang Kaleck, nach.
    Dem Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” sagte Kaleck, sein Mandant habe ein uneigennütziges Interesse, in Deutschland auszusagen. Der 33-Jährige, der nach seiner Flucht aus den USA in Russland Asyl erhalten hatte, müsse aber vom Zugriff deutscher und ausländischer Strafverfolgungsbehörden verschont bleiben, forderte der Anwalt, der auch als auch Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) tätig ist. (…)
    Kaleck widersprach der Ansicht, die Bundesregierung müsse Snowden an die USA ausliefern, weil es dort einen Haftbefehl gegen ihn gibt. “Ein Verstoß gegen den ‘Espionage Act’ der USA ist ein klassisches politisches Delikt, das keine Auslieferung erlaubt”, sagte der Rechtsanwalt.
    Quelle: DW

    Anmerkung Christian Reimann: Der Wunsch, Snowden persönlich in Deutschland anzuhören, ist älter als zwei Jahre und verständlich. Auch mag Snowden-Anwalt, Herr Kalek, mit seiner Einschätzung zum ‘Espionage Act’ der USA recht haben.
    Im Prinzip hat sich die Situation – auch juristisch – seit der Flucht von Snowden nicht verändert und so gibt es auch wichtige Vorschriften, die zum Abraten von einer Einreise des Whistleblowers nach Deutschland geeignet sein können. Dazu ein Zitat aus einem Interview der „SZ“ mit dem Historiker Foschepoth:
    „Der NSA-Whistleblower Edward Snowden hat unter anderem in Deutschland um Asyl gebeten. Manche Politiker wollen ihn gerne als Zeugen vorladen. Wäre Snowden gut beraten, in die Bundesrepublik zu kommen?
    Auf keinen Fall. Aufgrund des Zusatzvertrags zum Truppenstatut und einer weiteren geheimen Vereinbarung von 1955 hat die Bundesregierung den alliierten Mächten sogar den Eingriff in das System der Strafverfolgung gestattet. Wenn eine relevante Information im Rahmen eines Strafverfahrens an die Öffentlichkeit gelangen könnte, heißt es in Artikel 38, “so holt das Gericht oder die Behörde vorher die schriftliche Einwilligung der zuständigen Behörde dazu ein, dass das Amtsgeheimnis oder die Information preisgegeben werden darf”. Gemäß der geheimen Vereinbarung wurde sogar der Strafverfolgungszwang der westdeutschen Polizei bei Personen aufgehoben, die für den amerikanischen Geheimdienst von Interesse waren. Stattdessen musste die Polizei den Verfassungsschutz und dieser umgehend den amerikanischen Geheimdienst informieren. Dann hatten die Amerikaner mindestens 21 Tage lang Zeit, die betreffende Person zu verhören und gegebenenfalls außer Landes zu schaffen. Was nicht selten geschah.“.

  14. Israel in Flammen
    Wie die Brände den Hass in der israelischen Gesellschaft aufs Neue entfachen
    Für knapp eine Woche standen große Teile Israels in Flammen. Die Frage, ob die über 200 Brände natürlichen Ursprungs sind oder vorsätzlich gelegt wurden, spaltet die israelische Gesellschaft und bringt unbarmherzig deren schändliche Fratze des tief verwurzelten Rassismus ans Tageslicht.
    Seit Dienstag wüten in Israel und Palästina heftige Waldbrände. Von über 200 Feuern wurde im Zentrum und Norden des Landes, in der Jerusalem-Region, der Mittelmeerküste von Tel Aviv-Jaffa entlang bis nach Haifa, sowie in einigen Teilen des Westjordanlands berichtet. Anders als bei den großen Feuern 2010, bei denen 44 Menschen ums Leben kamen, gibt es aktuell glücklicherweise keine Todesopfer zu beklagen. Mehrere Hundert Menschen wurden jedoch mit Verletzungen, vor allem Rauchvergiftungen, in ärztliche Behandlung gegeben. Nach Zahlen israelischer Behörden brannten insgesamt rund 130 Quadratkilometer Wald- und Buschflächen.
    Am heftigsten von den Flammen betroffen ist die Haifa-Region, in der auch ich zurzeit lebe, die Wälder der Carmel Mountains im Süden der Stadt standen tagelang in Flammen. 75.000 Menschen – rund ein Viertel der Bevölkerung – aus elf Stadtvierteln mussten hier evakuiert werden, was die größte Massenevakuierung in der Geschichte Israels darstellt, wie Haifas Bürgermeister Yona Yahav berichtet. Über 600 Häuser wurden durch das Feuer beschädigt, über ein Drittel davon komplett zerstört. 132 Menschen wurden allein in Haifa verletzt, darunter viele Kinder.
    Quelle: JusticeNow!

    Anmerkung Albrecht Müller: Ein sehr informativer Artikel.

  15. Alles voll – alles still?
    Über 2,8 Millionen Studierende im Wintersemester 2016/17
    Und schon wieder ein Rekord. Im laufenden Wintersemester studieren mehr als 2,8 Millionen Menschen an Deutschlands Hochschulen – so viele wie noch nie. Opposition, Rektoren und Verbände verlangen ein Umsteuern in der Finanzierung und ein Ende der Flickschusterei. Studierende halten still, Bildungsministerin Wanka auch.
    Moin Moin, Grüß Gott, Hereinspaziert. Und ewig grüßt der Uniportier. Gäbe so einen, käme der aus dem Händeschütteln gar nicht mehr raus. Bei zwei Millionen achthundertsechstausend und dreiundsechzig Gästen macht der Arm irgendwann schlapp. Die Mammutzahl ist keine Erfindung, sie ist echt und taufrisch. Präsentiert hat sie am Freitag das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Demnach tummeln sich derzeit nach ersten, noch vorläufigen Ergebnissen über 2,806 Millionen Studentinnen und Studenten an Deutschlands Hochschulen. So viele wie noch nie.
    Hatten die Wiesbadener Datensammler im Vorjahr noch knapp unter 2,8 Millionen Eingeschriebene gezählt, sind es zum laufenden Wintersemester bundesweit 48.300 oder 1,8 Prozent mehr. Bis auf Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt mit Rückgängen zwischen 0,8 und 2,1 Prozent haben sämtliche anderen Länder zugelegt. Die größten Sprünge machten Schleswig-Holstein mit 4,9 Prozent, Niedersachsen mit 3,2 Prozent und Hamburg mit 2,8 Prozent. Danach folgt Nordrhein-Westfalen (NRW), wobei sich das Plus von 2,6 Prozent im größten deutschen Bundesland mit den bei weitem meisten Hochschulen auf schlappe 20.000 Studierende mehr summiert.
    Quelle: Studis Online
  16. Syrien: Inszenierte Wirklichkeit auf Video
    Syrischer Heimatschutz (“Weiße Helme”) entschuldigt sich für “Mannequin Challenge”-Aufnahmen
    Was ist Wahrheit, was ist Lüge? Was ist Wirklichkeit und was Propaganda? Im Krieg ist es oft alles andere als einfach herauszufinden, welche Nachrichten, welche Bilder und welche Filmaufnahmen der Realität entsprechen.
    CNN veröffentlichte nun eine “Entschuldigung” des Syrischen Heimatschutzes, dessen Mitglieder in den Medien auch bekannt als Weißhelme oder White Helmets sind.
    Dabei geht es um Folgendes: Der Syrische Heimatschutz, der immer wieder Fotos und Filmaufnahmen von seinen Einsätzen veröffentlicht, auf denen die Rettung von Menschen aus Trümmern zu sehen ist, hat ein Video veröffentlicht, das eine inszenierte Wirklichkeit zeigt. In dem Video von knapp einer Minute Laufzeit ist zu sehen, wie ein Mann, der in Trümmern liegt, von Weißhelmen herausgezogen wird. Augenscheinlich hat der Mann starke Schmerzen, er schreit.
    Doch das Video sollte angeblich nur Teil eines Internettrends sein – der Mannequin Challenge. Bei der Mannequin Challenge geht es darum, dass Menschen in ihren Bewegungen für ein Video “einfrieren”, also dastehen wie eine Puppe bzw. ein Mannequin.
    In einer Pressemitteilung des Syrischen Heimatschutzes heißt es nun laut CNN, dass das Video und weitere damit verbundene Aufnahmen von den Revolutionskräften Syriens (Revolutionary Forces of Syria) stammten und zusammen mit Freiwilligen des Syrischen Heimatschutzes aufgenommen worden seien. Man habe beabsichtigt, “den Horror von Syrien” mit der Welt “da draußen” zu verbinden bzw. für diese sichtbar zu machen. Dies sei getan worden indem man sich des Trends des Mannequin Challenge bedient habe. “Das war ein Fehler [bzw.: Fehleinschätzung], und wir entschuldigen uns im Namen der Freiwilligen dafür.”
    Quelle: Telepolis
  17. Fidel Castro
    1. Trauer nach Tod von Fidel Castro, Trump provoziert
      Nach dem Tod des kubanischen Revolutionsführers Fidel Castro haben sich Persönlichkeiten aus aller Welt vor allem betroffen geäußert. Kontrovers hingegen war die Reaktion des designierten US-Präsidenten Donald Trump, der Castros Vermächtnis mit “Erschießungskommandos, Diebstahl, unvorstellbaren Leiden, Armut und der Leugnung grundlegender Menschenrechte” beschrieb. Zugleich bedankte sich Trump bei ehemaligen Mitgliedern der Brigade 2506, die im April 1961 bei einem Invasionsversuch in Kuba scheiterten. In einer ersten Reaktion hatte Trump lediglich den kurzen Satz “Fidel Castro ist tot!” getwittert.
      In Kuba selbst rief das Statement Trumps teils heftige Reaktionen hervor. “Señor Trump, sie kennen Fidel Castro nicht, sie wissen nichts von der Geschichte Kubas, wie ihre absurden und verletzenden Worte belegen”, schrieb etwa der Blogger Julio Alejandro Gómez Pereda. Der Kommentar Trumps machte zugleich deutlich, wie schwierig das Verhältnis zwischen Washington und Havanna nach der vorsichtigen Annäherung unter Barack Obama werden wird.
      Quelle: Amerika 21
    2. Trauer in Afrika und Asien um Fidel Castro
      Die Bekundungen der Trauer um den verstorbenen kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro, die aus afrikanischen und asiatischen Ländern an Kuba übermittelt worden sind, nehmen vielfach Bezug auf die Rolle der karibischen Insel in den antikolonialen Befreiungskämpfen der 60er- bis 70er-Jahre des vorangegangenen Jahrhunderts.
      Der Präsident von Algerien, Abdelaziz Bouteflika, verkündete noch am Samstag eine acht Tage andauernde Staatstrauer für das Land. Gleichzeitig sandte er ein Kondolenzschreiben an den amtierenden Präsidenten von Kuba und Bruder des Verstorbenen, Raúl Castro, mit der Beteuerung des “großen Verlustes” für das algerische Volk. Bouteflika erinnert in dem Schreiben an Kubas “Solidarität und Unterstützung für unser Land, das nach einem verheerenden Kolonialkrieg zerstört war”. Fidel Castro sei stets ein “authentischer Verteidiger von Frieden, Respekt und nationaler Souveränität” gewesen, so der algerische Präsident. Neue Quellen dokumentieren zudem militärische Hilfe für das nach seiner 1962 Frankreich abgerungenen Unabhängigkeit bedrängte nordafrikanische Land.
      Quelle: Amerika 21
    3. Die zwei Gesichter des Fidel
      Fidel Castro hätte ein Christus der Menschheitsgeschichte werden können. Er war dahin unterwegs – doch wählte er schließlich die Unfreiheit.
      Einst war er der Schild seines Volkes. Später nutzte er selbst das Volk als Schutzschild. Mehr als dass er dem Land diente, erschuf er ein Land, das seinen ideologischen Vorgaben diente und seinen ausgeprägten geopolitischen Ambitionen. Er unterdrückte, wann immer möglich, alle kreativen Ideen der Individuen, die Dynamik einer pluralistischen Gesellschaft. In der modernen Dichotomie zwischen Gleichheit und Freiheit, zwischen sozialen und bürgerlichen Rechten entschied er sich ohne einen Hauch des Zweifels stets für das Erstere.
      Als Kuba international längst schlicht als ein kommunistischer Staat mehr angesehen wurde, bewahrte er eine gewisse Autonomie. Er war nie einfach eine Marionette Moskaus. Innenpolitisch allerdings verankerte er alle Pflöcke des Stalinismus: Einheitspartei, null Pressefreiheit, Verstaatlichung der Produktionsmittel.
      Rafael Alcides, der größte lebende kubanische Dichter, sagte mir Anfang des Jahres: „Fidel hätte ein Christus der Menschheitsgeschichte werden können, er war dahin unterwegs. Die Menschen liebten ihn, sie dankten Fidel. Es ist zum Heulen.“
      Die Utopie verkehrte sich in Perversion. Das Land, das uns Fidel Castro hinterlässt, ist zutiefst reaktionär, verwurzelt in dem unsinnigen Glauben, dass man nicht alles haben kann, dass man nicht einmal darauf hoffen kann, alles zu erreichen, sondern dass man auf eine Reihe von elementaren Dingen – die bürgerlichen und politischen Rechte, zum Beispiel – eben verzichten müsse, um andere zu erhalten, etwa das Bildungssystem und die Gesundheitsversorgung, auch wenn diese immer prekärer werden. Die eigentliche Ironie besteht darin, dass Kuba, jahrzehntelang daran gewöhnt, den Befehlen und Wünschen eines obersten Führers zu folgen, nicht nur immer noch nicht hat, was es nie hatte, sondern auch noch zu verlieren droht, was es nicht verlieren sollte.
      Quelle: taz


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