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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 15. Dezember 2016 um 8:41 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Abschiebungen nach Afghanistan: Weihnachtsgeschenk an Rechtsaußen
  2. “Die Syrer wollen ein Ende der Kämpfe”
  3. Armutsbericht
  4. Kabinett macht Autobahnen teurer
  5. Jobcenter gE: Ausgaben für SGB II-Eingliederungsleistungen bis November 2016 (Bund und Länder)
  6. Weiterbildung läuft deutlich systematischer, wenn es im Betrieb eine Arbeitnehmervertretung gibt
  7. „Das ist eine Verzweiflungstat“
  8. DGB legt Eckpunkte für gerechte Steuerpolitik vor
  9. Regierung für Sozialversicherung ausgezeichnet
  10. Informationslöcher gibt es auch ohne Hacker
  11. Nachhaltigkeit versus Profit: Die “Dakota Access Pipeline” und die BayernLB
  12. Stuttgart 21 wird krachend scheitern
  13. Saudi-Arabien: “Triumph der Barbarei”?
  14. Ausflug nach Absurdistan
  15. Donald Trump – Trojanisches Pferd der kommenden Finanz-Militärdiktatur
  16. US-Panzer auf dem Weg ins Baltikum
  17. Politik ohne Fakten: Das gefühlte Zeitalter
  18. Das Letzte: Fake News in den Qualitätsmedien

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Abschiebungen nach Afghanistan: Weihnachtsgeschenk an Rechtsaußen
    Die Abschiebungen nach Afghanistan, sie sind nicht nur ein klarer Rechtsbruch, sie sind blanker Zynismus. Ein vorweihnachtliches Wahlgeschenk an die Kritiker von rechtsaußen. Und auch an diejenigen, die sagen, unsere Sicherheit sei bedroht, weil eine kleine Minderheit dieser Flüchtlinge hier Straftaten begeht, für die nun alle büßen sollen. Was für eine irrwitzig, verkehrte Weltsicht.
    Die Wahrheit ist: Deutschland ist sicher, Afghanistan ist es ganz und gar nicht. Auch weil wir dort einen Krieg geführt haben, der nichts besser, aber vieles schlimmer gemacht hat. Auch deshalb trägt die Bundesregierung eine besondere Verantwortung für dieses Land und die Menschen, die daraus fliehen. Auch deshalb müssen die Abschiebungen nach Afghanistan gestoppt werden. Und zwar jetzt, sofort!
    Quelle: Georg Restle auf Tagesschau
  2. “Die Syrer wollen ein Ende der Kämpfe”
    Aus Sicht der Journalistin Karin Leukefeld ist die Eroberung der syrischen Stadt Aleppo eine gute Nachricht, da die Kämpfe dort jetzt zu Ende gehen. “Ob man für oder gegen die syrische Regierung ist, spielt für viele Menschen in Aleppo schon lange keine Rolle mehr.” […]
    Wie muss man sich die Teilung der Stadt vorstellen? Lebten im Gebiet der Regierung nur Menschen, die mit Assad einverstanden waren, und in den anderen Teilen der Stadt nur Leute, die den Präsidenten ablehnten?
    Nein, so war das nicht. In Aleppo und im Umland der Stadt lebten vor dem Krieg bis zu 3,5 Millionen Menschen. Aleppo ist die zweitgrößte Stadt Syriens. Vor dem Krieg war es die reichste Stadt des Landes, das Handels- und Finanzzentrum. Mit Beginn des Konflikts flohen viele Menschen aus den Gebieten, in die die bewaffneten Gruppen einmarschiert sind, in die anderen Gebiete der Stadt. Zum Schluss lebten in der Gegend, die von der syrischen Regierung kontrolliert wird, 1,5 Millionen Menschen. Viele von ihnen waren Vertriebene aus dem Ostteil, aber auch aus anderen Kampfzonen im Norden Syriens.
    Im Gebiet unter Kontrolle der Opposition und der bewaffneten Gruppen lebten bis zu 250.000 Menschen. Diese Zahl variierte immer wieder – unlängst sagte der UN-Sonderberichterstatter Staffan de Mistura, dass im Ostteil von Aleppo deutlich weniger Menschen gelebt hätten, als die UN immer angenommen hatten. Vermutlich unter 100.000.
    Ob man für oder gegen die Regierung ist, spielt für viele Menschen in Aleppo schon lange keine Rolle mehr. Sie wollen vor allem den Kämpfen entkommen. Insofern gibt es im Gebiet unter Kontrolle der Regierung durchaus Personen, die mit der Regierung nicht einverstanden sind, die aber noch viel weniger damit einverstanden sind, dass die Opposition sich von bewaffneten Gruppen unterstützen lässt. Man darf nicht vergessen, dass Menschen auf der Straße hingerichtet wurden, dass die Frauen sich tief verschleiern mussten. Umgekehrt sind viele Menschen im Ostteil der Stadt geblieben, obwohl sie mit den bewaffneten Gruppen nicht einverstanden waren. Sie hatten vielleicht eine Wohnung, die sie nicht aufgeben wollten, sie hatten kranke Angehörige, die sie pflegen mussten, sie hatten vielleicht auch keine Verwandten oder Bekannten im anderen Teil der Stadt, zu denen sie hätten gehen können.
    Quelle: n-tv

    dazu: Warum brennt der Nahe Osten? Karin Leukefeld im RT Deutsch-Gespräch
    Quelle: YouTube

    Anmerkung unseres Lesers C.G.: Ahnte Karin Leukefeld am 21.10. bereits die neue Palmyra-Front? An der Stelle 25 Min. 24 Sek. fragt der RT-Reporter Ali Özkök (Text transkribiert):
    “Die US-geführte Anti-IS-Koalition möchte dem IS einen Fluchtkorridor nach Syrien ermöglichen – was bedeutet das für die syrische Armee?”
    Antwort von Karin Leukefeld: “Ja, eine neue Front im Osten des Landes, man hat ja den sogenannten IS aus Palmyra zurückgetrieben und versucht ihn weiter zurückzutreiben Richtung irakischer Grenze. Wenn jetzt tatsächlich das gemacht werden sollte, dass man ihm (dem IS) einen Ausweg gibt, dann ist das natürlich ganz klar auch eine Offensive, um die syrische Armee, die an so vielen Fronten in den letzten Jahren hat kämpfen müssen […] und von 300.000 Soldaten sind mehr als ein Drittel bereits gefallen.”

  3. Armutsbericht
    1. Welche Kinderarmut soll es denn sein? Die Zahlen werden eingedampft, bis die Kinderarmut in homöopathischen Welten verschwindet
      Natürlich sind solche Zahlen und dann auch noch Kinder betreffend unangenehm: Insgesamt ist die Zahl der unter 15-Jährigen, die auf Hartz IV angewiesen sind, im vergangenen Jahr gestiegen. Etwa jedes siebte Kind in Deutschland ist von Hartz-IV-Leistungen abhängig, konnte man am 1. Juni 2016 in diesem Beitrag lesen: Ein Teil der armen Kinder im Blitzlicht der Medienberichterstattung, erneut die Abwertung von Geldleistungen und jenseits der Sonntagsreden sogar weitere Kürzungen ganz unten ante portas. 2015 waren im Schnitt 1,54 Millionen unter 15-Jährige betroffen. Das waren gut 30.000 Kinder und Jugendliche mehr als im Vorjahr. In Bremen und Berlin ist mit 31,5 Prozent fast jedes dritte Kind unter 15 Jahren von Hartz-IV-Leistungen abhängig (Ende 2015). Prozentual am wenigsten Betroffene gibt es in Bayern mit 6,5 Prozent.
      Man muss berücksichtigen, dass hier nur ein Teil der Kinder aufgeführt wird, die in einkommensarmen Verhältnissen leben (müssen), denn die Gruppe der Hartz IV-Empfänger ist nur eine Teilgruppe der von Einkommensarmut “gefährdeten” Menschen, wie das die Statistiker nennen. Zur Größenordnung: Fast drei Millionen Kinder leben am Rande des Existenzminimums, also in Familien, denen weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens zur Verfügung steht. Drei Millionen.
      Diese Zahl ist nicht irgendwie aus der Luft gegriffen, sondern sie basiert auf der international vereinbarten Regel, nach der jemand als von Einkommensarmut gefährdet ausgewiesen wird, wenn weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens vorhanden ist – ein relativer Armutsbegriff, wenn auch immer wieder gerne unter Beschuss der Dauer-Nörgler, so macht er dennoch Sinn, wenn man eine Teilhabeorientierung und keinen “veterinärmedizinischen” Armutsbegriff zugrundelegt. Wenn. (…)
      Würde man der EU-Definition folgen, dass Personen dann als “materiell depriviert” gelten, wenn sie in mindestens drei der neun genannten Bereichen Entbehrungen in Kauf nehmen müssen, dann hat man die “viel zu hohe” Quote von 19,7 Prozent bei den Kindern und Jugendlichen schon mal auf 11 Prozent reduziert. Aber immer noch zweistellig und zu hoch. Also nimmt man die nächste Untergruppe der Untergruppe, also die, bei denen mindestens vier von neun Bereiche betroffen sind von den Einschränkungen. Und nur scheinbar durch Zauberhand, in Wirklichkeit durch die enge Definition der zu erfüllenden Mangel-Bereiche rutscht die Quote ab auf sensationell niedrige 4,7 Prozent. Erledigt.
      Und viele Journalisten schreiben – wie am Anfang des Beitrags zitiert – das einfach ab, ohne zu prüfen, warum dieser Wert so viel niedriger ist als die offiziell ausgewiesene Armutsgefährdungsquote. So kann man natürlich auch Kinderarmut “bekämpfen”. Man rechnet sie einfach weg.
      Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
    2. Armutsquote auf Rekordhoch
      Doch nicht nur die Zahl an sich sorgt für Ärger bei den Sozialverbänden, sondern auch der Umgang des Ministeriums mit der Zahl: Denn erst auf Seite 543 kommt überhaupt das Kapitel “Armut”. Und die Armutsquote nach den Daten des Mikrozensus‘ des Statistischen Bundesamtes geht auch hier fast unter. “Das Ministerium wirft hier mit Nebelkerzen”, kritisiert daher der Vorsitzende des Pariätitischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider. “Die Bundesregierung versucht davon abzulenken, dass es hier einen Trend gibt, zu immer mehr Armut.” Zwar gilt die Armutsquote als umstritten, denn sie misst nur die relative Armut. “Die Zahl ist aber deshalb wichtig, weil sie zeigt, wie viele Leute am Wohlstandswachstum keinen Anteil haben”, begründet Schneider.
      Quelle: Tagesschau
    3. Regierung strich heikle Passagen aus Armutsbericht
      Ministerin Nahles hatte den Einfluss von Reichen auf die Politik untersuchen lassen. Manche Ergebnisse fehlen in der zweiten Fassung – an ihr hat auch das Kanzleramt mitgeschrieben.
      Die Bundesregierung hat ihren Armuts- und Reichtumsbericht in einigen entscheidenden Passagen deutlich entschärft. Klare Aussagen, ob Menschen mit mehr Geld einen stärkeren Einfluss auf politische Entscheidungen haben als Einkommensschwache, sind in der überarbeiteten Fassung des Berichts gestrichen. So fehlt zum Beispiel jetzt der Satz: “Die Wahrscheinlichkeit für eine Politikveränderung ist wesentlich höher, wenn diese Politikveränderung von einer großen Anzahl von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt wird.” Dies geht aus einem Vergleich der ersten, vom Bundesarbeitsministerium verfassten Version mit der zweiten Version der Regierungsanalyse hervor, bei dem das Kanzleramt und andere Ministerien mitschreiben konnten.
      Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte im März 2015 angekündigt, in dem Bericht erstmals den Einfluss von Eliten und Vermögenden auf politische Entscheidungen untersuchen zu lassen. Ihr Ministerium gab daher eine Studie bei dem Osnabrücker Politikwissenschaftler Armin Schäfer in Auftrag. Dessen Erkenntnisse flossen in den Bericht, den das Arbeitsministerium im Oktober vorlegte. So wurde in dieser ersten Fassung noch von einer “Krise der Repräsentation” gewarnt: “Personen mit geringerem Einkommen verzichten auf politische Partizipation, weil sie Erfahrungen machen, dass sich die Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen orientiert.” Diese Aussagen fehlen nun. Ebenso gestrichen wurde dieser Satz aus der Studie der Forscher: In Deutschland beteiligten sich Bürger “mit unterschiedlichem Einkommen nicht nur in sehr unterschiedlichem Maß an der Politik, sondern es besteht auch eine klare Schieflage in den politischen Entscheidungen zulasten der Armen”.
      In der neuen Fassung des Regierungsberichts wird nur erwähnt, dass dieser Studie zufolge “eine Politikänderung wahrscheinlicher ist, wenn diese den Einstellungen der Befragten mit höherem Einkommen mehrheitlich entsprach”. Die Untersuchung liefere aber “keine belastbaren Erkenntnisse über Wirkmechanismen”. Ebenfalls herausgenommen sind die Hinweise auf den “Einfluss von Interessensvertretungen und Lobbyarbeit”.
      Quelle: Süddeutsche
    4. Paradigmenwechsel nötig
      “Zum ersten Mal wird das Thema prekäre Arbeit in einem Armutsbericht der Regierung ausführlich behandelt”, sagt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach. Jetzt komme es darauf an, die richtigen Schlüsse zu ziehen “und danach zu handeln: Wir brauchen einen Paradigmenwechsel weg von ‘Sozial ist, was Arbeit schafft’ hin zu gesetzlichen Leitplanken für gute Arbeit.”
      Quelle: DGB
  4. Kabinett macht Autobahnen teurer
    „Sigmar Gabriels CETA-Tricksereien machen offenbar Schule: Im Rahmen eines komplexen Gesamtpakets zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen hat das Kabinett die Autobahnprivatisierung durch die Hintertür gebilligt. Der Bevölkerung wird indes vorgegaukelt, es werde weder eine Privatisierung von Straßen noch der Bundesfernstraßengesellschaft geben“, kommentiert Klaus Ernst, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, die heutige Kabinettsentscheidung zu den Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Ernst weiter:
    „Nutznießer des Autobahn-Deals sind die Konzerne, die angesichts der niedrigen Zinsen händeringend nach profitablen Anlagemöglichkeiten suchen. Diese haben sie nun dank Dobrindt, Schäuble und Gabriel gefunden: Laut einem Gutachten gibt es zahlreiche Möglichkeiten, das Verbot einer privaten Eigenkapitalbeteiligung an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochterunternehmen zu umgehen. Dazu gehören stille Beteiligungen, Mezzanine-Finanzierungen und Teilnetz-ÖPP-Vorhaben. Gleichzeitig sichert der Verzicht auf Staatsgarantien hohe Zinsen für die Privaten aufgrund einer geringeren Bonität. Diese Mehrkosten werden Steuerzahler und Autofahrer schultern müssen. Der Vorteil für Schäuble ist, dass die Kosten der Infrastrukturgesellschaft außerhalb des Haushalts verbucht werden. Wer Politik gegen den erklärten Willen der Bürger macht, braucht sich nicht zu wundern, wenn seine Glaubwürdigkeit flöten geht.“
    Quelle: Linksfraktion

    dazu: Versteckte Privatisierung möglich
    Das Bundeskabinett hat das umstrittene Gesetzespaket zur Autobahn verabschiedet. Indirekte Privatisierung durch ÖPPs wird damit einfacher
    Trotz Kritik auch aus der SPD hat das Bundeskabinett am Mittwoch das Gesetzespaket verabschiedet, das die Zuständigkeit für die Autobahnen neu regelt. Sie werden an eine neue Infrastrukturgesellschaft übertragen, die als privatrechtliche GmbH organisiert ist. Zwar wird im Grundgesetz festgeschrieben, dass diese in Staatseigentum bleibt; in einem Zusatzgesetz wurde zudem zusätzlich die Regelung aufgenommen, dass auch Tochtergesellschaften staatlich bleiben müssen.
    Kritiker fürchten aber, dass die neue Gesellschaft weitgehend ohne parlamentarische Kontrolle in großem Stil Öffentlich-private-Partnerschaften (ÖPPs) eingehen könnte, bei denen Privatfirmen Straßen bauen und die Maut kassieren. Dieses Modell, das laut Bundesrechnungshof im Schnitt 20 Prozent teurer ist, bleibt erlaubt, bestätigte das Verkehrsministerium.
    Die privatisierungskritische Initiative „Gemeingut in BürgerInnenhand“ sieht das Gesetz darum als „Weihnachtsgeschenk für Versicherungen und Banken“. Grünen-Finanzexperte Sven Kindler kritisierte, es ermögliche eine „versteckte Privatisierung“, die zulasten der Steuerzahler gehe und einen „nicht zu kontrollierenden Schattenhaushalt“ vorbereite.
    Auch aus der SPD hatte es zuvor die Forderung gegeben, ÖPPs bei Autobahnen gesetzliche auszuschließen und die Infrastrukturgesellschaft nicht als GmbH, sondern als Anstalt öffentlichen Rechts zu organisieren. Das würde dem Bundestag mehr Kontrolle geben und Transparenz ermöglichen.
    Ein Teil der Neuregelungen zur Autobahn braucht in Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit; Grüne und Linke könnten sie also verhindern. Allerdings wird das Gesetz nach den bisherigen Plänen gemeinsam mit der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen beschlossen. Weil diese vielen Bundesländern finanzielle Vorteile bringt, ist es denkbar, dass sie den Autobahn-Plänen zustimmen, obwohl sie inhaltliche Kritik daran haben.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Schäuble hat ganz gewitzt das Junktim zwischen der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen und der Autobahn-Privatisierung hergestellt; die Länder werden unter großem Druck stehen, wenn sie die Vereinbarungen “nur” wegen der Autobahnen ablehnen. Dass Schäuble nicht “zum Wohle des deutschen Volkes”, sondern der Finanzwirtschaft arbeitet, ist einmal mehr offensichtlich geworden.

  5. Jobcenter gE: Ausgaben für SGB II-Eingliederungsleistungen bis November 2016 (Bund und Länder)
    Für “Leistungen zur Eingliederung nach dem SGB II” (EGL im EGT) im Haushaltsjahr 2016 wurden den 303 Jobcentern gE (“gemeinsame Einrichtungen” von Agenturen für Arbeit und Kommunen) insgesamt 2,919 Milliarden Euro zugewiesen, 221,6 Millionen Euro mehr als 2015.
    Quelle: BIAJ

    Anmerkung Christian Reimann: Und diese Mehrkosten obwohl die Arbeitslosenzahl zumindest angeblich so niedrig wie seit 25 Jahren nicht mehr ist.

  6. Weiterbildung läuft deutlich systematischer, wenn es im Betrieb eine Arbeitnehmervertretung gibt
    Europäische Betriebe tun mehr für die Weiterbildung ihrer Beschäftigten, wenn es eine Arbeitnehmervertretung gibt. Das zeigt eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie für 27 EU-Länder.
    Lebenslang zu lernen wird in einer hochtechnisierten Wirtschaft immer wichtiger. Nur so können sich Arbeitnehmer dauerhaft am Arbeitsmarkt behaupten, sagen Experten. Dr. Tobias Wiß von der Hertie School of Governance in Berlin hat untersucht, welche Rolle Arbeitnehmervertretungen in diesem Zusammenhang spielen. Der Sozialwissenschaftler weist in seiner Untersuchung nach, dass Betriebsräte und Interessenvertreter in anderen EU-Ländern für mehr betriebliche Weiterbildungsmöglichkeiten sorgen. Benachteiligte Beschäftigtengruppen profitieren besonders stark von diesem Engagement, wenn es Flächentarifverträge, durchsetzungsfähige Gewerkschaften und gesetzlich verbriefte Mitbestimmungsrechte gibt und wenn Arbeitnehmervertreter regelmäßig an Schulungen teilnehmen.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  7. „Das ist eine Verzweiflungstat“
    Der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel warnt: Die Niedrigsteuerpläne von Theresa May und Donald Trump seien gefährlich.
    taz: Herr Hickel, der künftige US-Präsident Donald Trump, Ungarns Premier Viktor Orbán, Großbritanniens Premierministerin Theresa May – sie alle wollen die Unternehmenssteuern in ihren Ländern drastisch senken. Was soll das?
    Rudolf Hickel: Hinter den Plänen der Regierungen steht ein primitiver Mythos, das Swift’sche Steuereinmaleins: Wenn die Unternehmenssteuern sinken, haben Unternehmen mehr Anreize für Investitionen. Das Bruttosozialprodukt – also die Steuerbemessungsgrundlage – und damit die Steuereinnahmen wachsen. So soll ein niedriger Steuersatz am Ende zu höheren Steuereinnahmen führen.
    Funktioniert dieser Mechanismus tatsächlich?
    Nein, und das ist auch durch die Geschichte belegt. Denn die Höhe des Steuersatzes ist für Investitionen durch Unternehmen nicht das allein entscheidende Kriterium. Die Infrastruktur, das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften, Netzwerkmöglichkeiten: Das sind die wirklich wichtigen Gründe für eine Standortentscheidung. Da kann eine niedrige Unternehmenssteuer sogar kontraproduktiv sein, wenn über geringere Staatseinnahmen eine marode Infrastruktur entsteht.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Allerdings wird hier postuliert, die jeweiligen Regierungen würden die Unternehmensbesteuerung aus ideologischen Gründen senken (Laffer-Kurve u.ä.). Zumindest denkbar ist doch auch blanke Korruption – denn wer zahlt die ganzen Parteispenden???

    dazu: Steuersenkungswettbewerb in der EU schadet
    Wer die Entwicklung der Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union schon länger verfolgt, wird von den jüngsten Steuersenkungsplänen einiger Mitgliedsländer nicht überrascht sein. So hat Luxemburg bereits beschlossen, den Körperschaftsteuersatz ab 2017 um gleich 10 Prozentpunkte auf 19% zu verringern. Großbritanniens Premierministerin Theresa May hat in Aussicht gestellt, die erwarteten negativen ökonomischen Effekte des geplanten Austiegs aus der EU abzufedern. Sie will den Körperschaftsteuersatz von derzeit 20% deutlich senken. Ungarn ließ kürzlich mit der Ankündigung aufhorchen, Kapitalgesellschaften künftig nur mehr mit 9% statt mit bisher gut 20% zu besteuern. Und auch in Österreich wird gerade über die Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25% auf 20% diskutiert.
    Der Wettbewerb um die Ansiedelung von Unternehmen und Investitionen, aber auch um die Unternehmensgewinne mithilfe der regulären Körperschaftsteuersätze war in den letzten Jahren etwas in den Hintergrund getreten. Seit Beginn der 1980er Jahre waren die Körperschaftsteuersätze in der EU Zug um Zug massiv gesenkt worden. Allein zwischen 1995 und 2007 ging der EU-Durchschnitt von 35% auf gut 24% zurück. Die Finanz- und Wirtschaftskrise verordnete diesem Steuersatzsenkungswettbewerb eine Pause: Die meisten EU-Länder konnten weitere Steuersatzsenkungen budgetär nicht verkraften. Diese waren deshalb in den ersten Jahren nach Ausbruch der Krise eher die Ausnahme. Noch seltener waren allerdings Steuersatzerhöhungen zur Budgetkonsolidierung: Solche gab es selbst in den sogenannten Schuldenkrisenländern, wenn überhaupt, nur sehr zaghaft und meist temporär. Seit 2010 stagniert daher der EU-durchschnittliche Körperschaftsteuersatz bei etwa 23%.
    Quelle: Wirtschaftsdienst

  8. DGB legt Eckpunkte für gerechte Steuerpolitik vor
    Gerecht besteuern, in die Zukunft investieren – unter diesem Motto hat der Deutsche Gewerkschaftsbund seine steuerpolitischen Eckpunkte zur Bundestagswahl 2017 vorgelegt. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte am Mittwoch in Berlin: „Für viele Ungerechtigkeiten hierzulande wird die Steuerpolitik verantwortlich gemacht. Genau hier setzen wir mit unseren Eckpunkten für einen gerechteren Steuertarif an. Untere und mittlere Einkommen müssen entlastet und von der unverhältnismäßig ansteigenden Steuerprogression befreit werden. Der DGB-Reformvorschlag entlastet damit weit mehr als neunzig Prozent der Steuerpflichtigen um eine Summe von insgesamt rund 15,7 Milliarden Euro. Spitzenverdiener werden mit etwa 10,5 Milliarden Euro verstärkt herangezogen. Durch eine stärkere Besteuerung von Superreichen und Vermögenden ist die Gegenversicherung gesichert. Den ungerechten Kinderfreibetrag wollen wir zu Gunsten einer Kindergelderhöhung um 15 Euro je Kind und Monat abschaffen. Ebenfalls bedarf es einer höheren und gerechter ausgestalteten Entfernungspauschale für Berufspendler.
    Quelle: DGB
  9. Regierung für Sozialversicherung ausgezeichnet
    Auf der International Social Security Konferenz vor kurzem in Panama wurde China für ausgezeichnete Leistung bei der Sozialabsicherung geehrt. Statistiken zufolge sind in China mittlerweile mehr als 870 Millionen Menschen in der Altersversicherung erfasst. Mehr als 1,3 Milliarden Menschen sind krankenversichert – das entspricht beinahe der Gesamtbevölkerung. Tang Jisong, Direktor des Verwaltungszentrums für die Sozialversicherung meinte, dank Chinas Bemühungen sei das Ausmaß von sozial abgesicherten Menschen weltweit um elf Prozentpunkte gestiegen. Die Proportion mache zurzeit 61 Prozent aus.
    „Hinsichtlich des Ausmaßes der Sozialabsicherung ist ein Ausbau in drei Aspekten verwirklicht worden. Nämlich, von Stadt zu Land, von staatseigenen Betrieben zu Unternehmen aller Art, und von Beschäftigten zu Nichtbeschäftigten. Die Grenzen von verschiedenen Eigentumsformen, Beschäftigungsformen und Werktätigen sind aufgebrochen. Die Durchführbarkeit und Fairness des Sozialabsicherungssystems sind erhöht worden. So umfasst das chinesische Sozialversicherungssystem mittlerweile die meisten Leute weltweit.”
    Quelle: CRI online

    Anmerkung Christian Reimann: Ohne auf die Details eingehen zu wollen, kann generell festgestellt werden: Offenbar wird in China der Sozialstaat weiter ausgebaut, während er in Deutschland immer weiter abgebaut wird.

  10. Informationslöcher gibt es auch ohne Hacker
    In der deutschen Politik wächst die Sorge vor einer gezielten Beeinflussung der Bundestagswahl im kommenden Jahr durch Hacker, vor allem aus Russland. Hintergrund ist unter anderem der US-Geheimdienst CIA, der russische Hacker bezichtigt, in den US-Wahlkampf eingegriffen zu haben, und zwar zugunsten von Donald Trump. Der Kreml weist die Vorwürfe naturgemäß zurück – sie seien “unbegründet, unprofessionell und amateurhaft”, hieß es.
    Daniel Domscheit-Berg, Informatiker und ehemaliger Sprecher von “Wikileaks”, sagte dazu im Deutschlandradio Kultur, es sei inzwischen normal, dass die Staaten sich untereinander beständig digital angriffen. Seiner Ansicht nach wird die Komplexität eines solchen Angriffes oft überschätzt. Hacker suchten meist nach dem schwächsten Glied in der Kette – und das könne beispielsweise der private Computer des Mitarbeiters einer Kampagne oder eines Politikers sein.
    Ob nun aber russische Hacker für die Angriffe in den USA verantwortlich sind – darüber mag Domscheit-Berg nicht spekulieren. Es sei immer noch die Frage, woher die Erkenntnisse der CIA kämen, betonte er: “Es wird etwas in die Welt gestellt, ohne dass es Fakten gibt dafür.” Grundsätzlich bedarf es seiner Meinung nach gar keiner Hacker, um brisante Informationen zu lancieren. So sei zum Beispiel der NSA-Untersuchungssauschuss für lange Zeit im Zentrum einer gesellschaftlichen Debatte gewesen – und es sei in einem solchen Fall nur eine Frage der Zeit, bis dann Material an die Öffentlichkeit komme.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  11. Nachhaltigkeit versus Profit: Die “Dakota Access Pipeline” und die BayernLB
    Der Organisation Food and Water Watch zufolge beteiligt sich auch die Bayern LB mit 120 Millionen US-Dollar an der Dakota Access Pipeline. Zu einer konkreten Summe wollte die BayernLB jedoch nicht Stellung beziehen. Auf Nachfrage teilt sie mit:
    “Die BayernLB beobachtet sehr aufmerksam die laufenden Diskussionen über den Verlauf der Route der Dakota Access Pipeline und unterstützt als Teil des Konsortiums ‘zur Finanzierung der Pipeline’ im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen einvernehmlichen Ausgang der Gespräche zwischen den beteiligten Parteien. Den Verlauf der Prüfungen und Gespräche wird die BayernLB laufend verfolgen und die Ergebnisse sorgfältig analysieren.”
    BayernLB hat “Prinzipien zur Nachhaltigkeit.” […]
    Was nachhaltig oder nicht so nachhaltig ist – entscheidet die Bank selbst. Bankenexpertin Regine Richter meint, dass diese Kriterien häufig nicht gut genug überprüft werden. Orientierung bieten auch die Äquator-Prinzipien. Ein Regelwerk, mit dem sich der Banken-Sektor dazu verpflichtet, bei Großprojekten Umwelt-und Sozialstandards einzuhalten. Jedoch sind all das Selbstverpflichtungen, die keinerlei Sanktionen nach sich ziehen, wenn eine Bank mit ihren Investitionsprojekten die Nachhaltigkeits-Kriterien nicht erfüllt. Für Banken wiegt vor allem eines schwer: die eigene Reputation, den guten Ruf zu verlieren.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  12. Stuttgart 21 wird krachend scheitern
    Die große Linie im Kleinen aufzuspüren, ist das Bestreben des S-21-Widerständlers Volker Lösch. Was Politikverdrossenheit, rechte Demagogen und den Stuttgarter Tiefbahnhof verbindet, zeigt der Regisseur in seiner Rede zur 350. Montagsdemo auf. Hier in gekürzter Version.
    Alles, was auf 350 Montagsdemos kritisiert und vorausgesehen wurde, ist so eingetreten. Deshalb wird auch die vielleicht am häufigsten geäußerte Voraussage Wirklichkeit werden: Stuttgart 21 wird scheitern, es wird so krachend scheitern, dass nichts außer ein paar grotesker Anekdoten davon übrig bleiben wird.
    Dass wir gegen ein Projekt protestieren, welches fast niemand mehr haben will, hat wohl mit der Zeit zu tun, in der wir leben – einer mutlosen, visionsfreien und angstbesetzten Zeit. Diese Zeit schreibt gerade viele Geschichten – und davon soll mein Exkurs handeln: von einer großen und einer kleinen Geschichte der politischen Destruktion.
    Die kleine Erzählung kennen wir alle: In Stuttgart betreibt eine Gruppe von Bahnmanagern, Politikern und Lobbyisten gegen jede Vernunft ein Bau- und Immobilienprojekt und nennt es dann “Tiefbahnhof” – die Entfaltung der destruktiven Kräfte dieses Vorhabens spüren alle, die hier leben.
    Die große Erzählung ist die des bundespolitischen “Weiter-so”. Sie beschreibt ein ganz ähnliches, vernunftfreies Vorgehen: alle relevanten Fakten ignorierend, wird eine grundfalsche Politik betrieben, und damit unsere Demokratie aufs Spiel gesetzt. Und da alles mit allem zusammenhängt, lohnt es sich, diese Geschichten genauer zu betrachten.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  13. Saudi-Arabien: “Triumph der Barbarei”?
    Der Krieg des KSA im Jemen: Aushungern der Bevölkerung, akut unterernährte Kinder und das Erstarken von Dschihadisten in der Region. Wie sieht es mit der Verantwortung des Westens aus?
    Zu welchen Konsequenzen sind westliche Länder gegenüber Saudi-Arabien bereit? Sanktionen? Wie es mit dem politischen Willen bestellt, ernsthaft Druck auf das Königreich auszuüben? Die Beweislage für eine mörderische Politik des Landes ist erdrückend. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Krieg, den das Land im Jemen führt, Folgen hat, die nicht nur die Region betreffen, ist groß.
    Ungefähr 2,2 Millionen Kinder im Jemen sind unterernährt und benötigen dringende Hilfe, informierte Unicef Anfang dieser Woche. Mindestens 462.000 Kinder leiden unter “schwerer akuter Mangelernährung”. Probleme mit Armut, Hunger und der medizinischen Versorgung gab es im Jemen schon vor der militärischen Intervention Saudi-Arabiens und der Koalition, aber seither hat sich die Lage deutlich verschlimmert.
    Quelle: Telepolis
  14. Ausflug nach Absurdistan
    Noch immer existiert das US-Gefangenenlager Guantanamo. 59 Häftlinge sind dort eingesperrt. Stefan Niemann verbrachte mehrere Tage im Lager und erfuhr, warum die Häftlinge Harry Potter lesen, wie Anwälte dort arbeiten und welche Rolle Donald Trump vor Ort spielt. […]
    Das Pentagon hatte unsere Anfrage recht rasch genehmigt, mehrmals im Jahr dürfen Reporter nach Guantanamo. Die Botschaft: “Wir haben nichts zu verbergen.” Dennoch gelten strikte Regeln für Dreharbeiten im Gefangenenlager. Wir werden pausenlos von Presse-Offizieren begleitet, dürfen nur bestimmte Teile des Lagers betreten, nur ausgewählte Soldaten interviewen. Das Wachpersonal ist so zu filmen, dass es nicht erkennbar ist. Für Außendrehs gilt: keine Bilder der Küste, der Kontrollposten und Radaranlagen, keine Nahaufnahmen von Toren, Türen, Schlössern. Interviews mit Gefangenen – völlig undenkbar. Nur durch eine einseitig verspiegelte Glasscheibe dürfen wir die Männer für ein paar Minuten filmen, aber nicht ihre Gesichter zeigen. Nach jedem Drehtag überprüft das Militär im Medienzentrum alle unsere Fernsehbilder und Fotos. Das sei keine Zensur, sondern diene der Sicherheit der Operation. Beanstandete Aufnahmen müssen gelöscht werden.
    Quelle: Tagesschau
  15. Donald Trump – Trojanisches Pferd der kommenden Finanz-Militärdiktatur
    Mit Forderungen wie “Dry the swamp!” (“Legt den Sumpf trocken!”) präsentierte sich Donald Trump im US-Wahlkampf als entschlossener Gegner des US-Establishments. Millionen am System zweifelnde Amerikaner glaubten ihm und setzten darauf, dass er als Präsident der korrupten Elite des Landes endlich die Stirn bieten werde.
    Mittlerweile dürfte den Informierteren unter ihnen klar geworden sein, dass sie nicht nur einem Irrtum aufgesessen, sondern ganz bewusst hinters Licht geführt worden sind: Trump erweist sich seit seiner Wahl als trojanisches Pferd, das den Sumpf nicht etwa trockenlegen, sondern ihm ganz im Gegenteil zu noch größerer Macht verhelfen will.
    Und nicht nur das: Wer im Wahlkampf glaubte, mit Hillary Clinton entscheide man sich für die Fortsetzung der US-Kriegspolitik, mit Trump dagegen für ihr Ende, der reibt sich spätestens seit zwei Wochen ungläubig die Augen: Das Kabinett des 45. US-Präsidenten gleicht mit seinen Ex-Generälen und Wirtschaftsbossen eher einer Mischung aus südamerikanischer Militärjunta und der Führungsetage eines Wirtschaftskonzerns als den Kabinetten früherer Präsidenten.
    Ein solch offener Betrug am Wähler ist in den USA allerdings nichts Neues, und das hat seinen Grund: Spätestens seit dem Dezember 1913 wird die Richtung der US-Politik nämlich nicht vom Weißen Haus in Washington, sondern von der Wall Street und ihrer wichtigsten Organisation, der US-Zentralbank Federal Reserve, vorgegeben. Beide haben andere Vorstellungen von der Zukunft des Landes als der arbeitende Bürger.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung JK: Dies zeigt, weshalb die Kritik an Trump aus der Perspektive der Identitätspolitk schlicht und ergreifend beschränkt ist. Das Gefährliche an Trump ist nicht sein vorgeblicher Sexismus, sondern dass er dem reaktionären und autoritären Zweig der US-Oligarchie an die Macht verhilft.

  16. US-Panzer auf dem Weg ins Baltikum
    Die Amerikaner kommen. In Fort Carson (Colorado) hat sich die 3. Panzerbrigade der 4. US Infanteriedivision mit mehr als 2000 Panzern und Lastwagen auf dem Weg gemacht.
    Bis Weihnachten soll das Gerät in texanischen Häfen auf Frachter verladen und nach Deutschland verlegt werden. Es ist die größte Truppenverlegungsoperation der US Army nach Deutschland seit 1990. Von Bremerhaven aus wird die Ausrüstung wieder auf Züge verfrachtet und über Schleswig-Holstein nach Osteuropa gebracht. Transporte sollen ab Januar auch über Kiel und Lübeck erfolgen.
    Stena hat deshalb bereits ein zusätzliches Schiff ab Januar auf der Route Travemünde-Liepaya im Angebot. Die Verlegung ist Teil der Operation Resolve, mit der die baltischen Staaten unterstützt und ein deutliches Signal in Richtung Moskau gesetzt werden soll. Die Verlegung ist laut US-Kommando EuCom auf neun Monate begrenzt. Weihnachten 2017 sollen die mehr als 4000 Soldaten wieder in Colorado sein.
    Quelle: Kieler Nachrichten
  17. Politik ohne Fakten: Das gefühlte Zeitalter
    “Postfaktisch” wurde zum Wort des Jahres gewählt, weil es einen “tiefgreifenden Wandel” beschreibe. Diese Begründung ist bereits postfaktisch: Tatsächlich wurde schon immer mit gefühlten Wahrheiten Politik gemacht.
    Nichts an dem Wort “postfaktisch” ist schlauer als das morgendliche Kopfschütteln und “Alles Trottel”-Murmeln, wenn im Radio die Nachrichten kommen. Das Wort des Jahres mag das Wortnachschubbedürfnis derer stillen, die gerne “exorbitant” statt “doll” sagen, aber so viele sind das ja auch wieder nicht. Für etwas anderes ist das Wort “postfaktisch” nicht gut. Es ist sogar schädlich, weil sich in ihm die selbstmitleidige Hybris derer spiegelt, die glauben, es gäbe eine tapfere Minderheit von Wahrheitskriegern, die mit nichts als der ehrenvollen Waffe der nackten Wahrheit kämpfen. Oder auch die naive Nostalgie derer, die denken, es hätte mal eine Zeit gegeben, in der mit bloßen Händen geschürfte Fakten das Fundament der Gesellschaft gebildet hätten.
    Quelle: Margarete Stokowski auf Spiegel Online
  18. Das Letzte: Fake News in den Qualitätsmedien
    1. Russland kann in Nahost keine funktionierende Staatenordnung schaffen
      Quelle: Süddeutsche

      Anmerkung unserer Leserin B.W.: Wie gut die USA und ihre Verbündeten darin sind, sehen wir im Irak bzw. Afghanistan. Das ist mal Meinungsmache pur.

      Anmerkung JK: Fällt so ein Kommentar schon unter “Fake News”? Aber halt, er steht in der SZ als “Qualitätszeitung”, wie wir durch Sonja Mikich ja nun wissen ist das damit die reine Wahrheit.

    2. Freihandel: So schüren Gegner Ängste
      • Linke und rechte politische Gruppen schüren Ängste gegen den Freihandel.
      • Sie verbreiten dabei auch falsche Argumente.
      • Dadurch ist der Prozess der politischen Meinungsbildung in Gefahr.

      Mit Protesten gegen Freihandelsabkommen feiern Parteien wie die AfD Wahlerfolge, bringen linke Gruppen Zehntausende Menschen auf die Straße. Einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge handeln die politischen Akteure der unterschiedlichen Richtungen nicht aus Überzeugung – sie schüren Ängste, um Menschen für ihre Zwecke zu mobilisieren. Viele der vorgebrachten Argumente gegen den Freihandel sind nicht stichhaltig.
      Quelle: plusminus

      Anmerkung unseres Lesers J.S.: Ich möchte Ihnen die heutige Folge (14.12.2016) von “Plusminus” auf ARD als Meinungsmache des Monats vorschlagen. Hier wurde in schamloser Weise Stimmung gemacht gegen TTIP-Kritiker. Diese seien einer “postfaktischen PR-Kampagne” von skrupellosen Polit-Marketingunternehmen wie Campact oder dem Deutschen Naturschutzring (!) zum Opfer gefallen. Dazu werden – völlig unkritisch – Autoren der Bertelsmann-Stiftung oder des Instituts der Deutschen Wirtschaft als “neutrale Experten” präsentiert, die erklären, die Deutschen müssten keine Angst vor TTIP haben, da es ja zu mehr Stabilität und Wachstum führe. TTIP-Kritiker werden einseitig als “Rechts- und Linksextreme” gebrandmarkt, kurz: es wird kein noch so dummes elitäres Klischee ausgelassen. Ein neuer geistiger Tiefpunkt für die ARD…

      Anmerkung JK: In der Tat absolut unglaublich was sich die ARD hier leistet. Wenn man ein Beispiel für “postfaktische” Berichterstattung sucht, hier ist es. Aber das kann ja nicht sein, da ein “Qualitätsmedium” berichtet und die berichten nur die Wahrheit, sagt Sonja Mikich. Man sollte jeden Satz von Mikichs Kommentar dagegen halten.
      “Skepsis ist gesund: Wer will, dass ich was glaube und warum. Hat diese Nachricht einen Absender? Kann ich eine Richtigstellung fordern? Echte Journalisten, on- und offline, sind rechenschaftspflichtig.” Na, dann sind wir auf die Stellungnahme der ARD gespannt.

    3. Das Mediennetzwerk der Fünf-Sterne-Bewegung
      Nicht nur im abgelaufenen Wahlkampf um das Amt des US-Präsidenten kamen gefälschte Nachrichten zum Einsatz. Auch Beppe Grillo, Anführer der Fünf-Sterne-Bewegung, ist Teil eines ominösen Mediennetzwerkes, das teilweise sogar Kreml-Propaganda nach Italien liefert.
      Quelle: BR

      Anmerkung JK: Wenn das mit den “Fake News”, die vermeintliche neue Meinungs-Bazooka der “Qualitätsmedien” nicht nach hinten losgeht. Hier ein Beispiel von der Webpage des BR. Hier soll die Fünf-Sterne-Bewegung und deren Gründer, Beppe Grillo, madig gemacht werden, der, zufällig, ein scharfer Kritiker des deutschen Austeritätsdiktates über Europa ist. Der Vorwurf angeblich als Sprachrohr für Kreml-Propaganda zu fungieren, steht natürlich ganz vorne. Als Quelle wird auf das US-Amerikanische Online-Magazin BuzzFeed verwiesen, das mit zweifelhaften Analysen zur Verbreitung von “Fake News” auf sich aufmerksam macht. Einzige weitere Quelle ein Journalist Namens Alberto Nardelli. Wie kann man nur auf die Idee kommen andere zu bezichtigen sie verbreiteten “Fake News” bzw. gar “Kreml-Propaganda” und solche zusammengeschusterte Artikel publizieren? Der beste Witz, dieses Glanzstück journalistischer Arbeit wird von einer ARD-Seite (ARD.de-Spezial: Fake News) verlinkt, die angeblich über “Fake News” aufklären will. Der deutsche “Qualitätsjournalismus” ist nicht mehr zu retten.


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