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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 27. Januar 2017 um 8:44 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. SPD: Doppel-Null-Nummer
  2. Arm und Reich gehen getrennte Wege. Zunehmende Einkommensungleichheit, ansteigendes Armutsrisiko und die besondere Rolle der zunehmenden Lohnungleichheit
  3. Politisches Tollhaus
  4. EU: Trilog-Schattengremiensitzungen ersetzen ordentliches Gesetzgebungsverfahren
  5. Im Rahmen des Gesetzes
  6. Rechtsextremismus: “Ein neues, weitläufiges Täterfeld”
  7. Atomwaffenverbot konsequent einfordern
  8. Das nächste Afghanistan
  9. USA wollen Sicherheitszonen in Syrien
  10. Trump ist Präsident – Die Rüstungs- und Finanzindustrie freuen sich
  11. Selbstgerechter Protest: Die Vertrumpung der Welt
  12. George Orwell “1984”: Dystopischer Roman wird zum aktuellen Bestseller
  13. Kraft hält nichts von Rot-Rot-Grün
  14. Das Allerletzte: Germany’s next Chancellor

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. SPD: Doppel-Null-Nummer
    Die SPD scheint ihre Kanzler-Kandidaten-Rochade für intelligent zu halten. Gestern dachte jeder Gabriel wollte es machen. Heute macht es aber Schulz. Wahrscheinlich wegen der großen inhaltlichen Unterschiede der beiden Kandidaten: Sigmar Gabriel war und ist für die asoziale Agenda 20/10, Gabriel war und ist für das CETA-Kapital-Begünstigungs-Abkommen, und er war und ist für die Sanktionen gegen Russland. Das ist bei Martin Schulz total anders: Der neue Kanzler-Kandidat war und ist für die asoziale Agenda 20/10, Schulz war und ist für das CETA-Kapital-Begünstigungs-Abkommen, und er war und ist für die Sanktionen gegen Russland. Ähnlich gravierend sind auch die Unterschiede der beiden in der Frage der Auslandseinsätze der Bundeswehr: Der eine war immer dafür, der andere war nie dagegen.
    Quelle: Rationalgalerie

    dazu: Sigmar Gabriels fataler transatlantischer Fehltritt
    Weil ich im November geschrieben hatte, Martin Schulz habe offenkundig sehr mächtige Unterstützer bei seinen hochfliegenden Berliner Plänen und Sigmar Gabriel sehr mächtige Gegner, drängen mich Leser, ich müsse jetzt aber auch zur damals vorausgesagten und nun eingetretenen Kanzlerkandidatur von Schulz etwas schreiben. Ich habe dafür noch einmal den chronologischen Ablauf in einer besonders wichtigen Frage anhand von Medienberichten rekonstruiert. Gabriels leitete danach seinen Niedergang Im Mai 2016 ein. […]
    Mit Gabriels „Freund“ (im Sinne von Parteifreund) Schulz hatte ich mich damals nicht näher befasst. Nur dass er ein verlässlicher Transatlantiker ist, erwähnte ich. Nun habe ich mal geschaut, was er so in letzter Zeit zu Putin, Russland und den Sanktionen von sich gab. Im März 2014 war er noch voll auf der Entspannungslinie seines Parteifreunds Gabriel und wollte das Ukraine-Krim-Problem mit Russland vor allem durch Gespräche lösen, nachzulesen etwa in einem Interview mit profil.at. Ein Jahr später war er schon voll auf Antirussenkurs eingeschwenkt und trommelte für Härte in den Sanktionsfrage und ganz im Sinne des Atlantic Council für äußerste Wachsamkeit an der Propagandafront:

    “Wir müssen uns dem Versuch Putins, die EU zu spalten und im Innern der EU Einfluss auszuüben, mit allen Mitteln entgegenstellen. Das geschlossene Auftreten der EU in der Sanktionsfrage ist in der Tat ein großer außenpolitischer Erfolg”,

    sagte er der Zeit. Bei dieser Linie blieb er. Kurz nach Gabriels Moskau-Reise, aber vor Erscheinen der Atlantic-Council-Studie, fuhr er seinem Parteifreund mit einem Interview mit dem Deutschlandfunk in die Parade, in dem er noch einmal betonte: „Wir müssen hart in unserer Gegenstrategie sein.“ […]
    Wenn es Martin Schulz an einem nicht fehlen ließ, dann an eindringlichen Appellen in der Sanktionsfrage einig zu sein. Er ist genau nach dem Geschmack des Atlantic Council und des Center for a New American Security. Ganz anders als Gabriel.
    Quelle: Norbert Häring

  2. Arm und Reich gehen getrennte Wege. Zunehmende Einkommensungleichheit, ansteigendes Armutsrisiko und die besondere Rolle der zunehmenden Lohnungleichheit
    Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte in Deutschland sind von 1991 bis 2014 real, also unter Berücksichtigung der Preisentwicklung, um zwölf Prozent gestiegen. Das hört sich gut an. Wie immer sollte man aber genauer hinschauen, vor allem, wenn mit Durchschnitten gearbeitet wird. Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gemacht und herausgekommen ist dieser Befund: Zum einen war der Anstieg der verfügbaren Haushaltseinkommen deutlich geringer als der Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts in diesem Zeitraum, das real um 22 Prozent zugelegt hat. »Die Entwicklung verlief jedoch je nach Einkommensgruppe sehr unterschiedlich: Während die mittleren Einkommen um mehr als acht Prozent stiegen, legten die höchsten Einkommen um bis zu 26 Prozent zu. Die unteren Einkommen gingen hingegen real zurück«, so Markus M. Grabka und Jan Goebel in ihrer Studie Realeinkommen sind von 1991 bis 2014 im Durchschnitt gestiegen – erste Anzeichen für wieder zunehmende Einkommensungleichheit. Die ärmsten zehn Prozent der Haushalte mussten in den untersuchten Jahren von 1991 bis 2014 einen Einkommensverlust von acht Prozent hinnehmen. Dabei ergaben sich auch erste Anzeichen für eine wieder steigende Einkommensungleichheit. Diese war zunächst zwischen 1991 und 2005 gestiegen und stagnierte in den Jahren 2005 bis 2013 auf diesem Niveau, berichtet das DIW über die Studienergebnisse.
    Erwerbstätigkeit schützt zwar nach wie vor am effektivsten gegen Einkommensarmut, allerdings sind auch immer mehr erwerbstätige Personen armutsgefährdet, so ein weiterer Befund aus der Studie. Menschen gelten dann als von Armut bedroht, wenn sie weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltsnettoeinkommens der Gesamtbevölkerung zur Verfügung haben. Im Jahr 2014 traf dies den in der Studie verwendeten SOEP-Daten zufolge auf 12,7 Millionen Menschen in Deutschland zu – knapp 16 Prozent der Bevölkerung. Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche: 20 Prozent von ihnen sind von Armut bedroht.
    Quelle 1: Aktuelle Sozialpolitik
    Quelle 2: DIW

    Anmerkung Christian Reimann: Und trotzdem wird insbesondere Bundeskanzlerin Merkel nicht müde zu betonen, dass es Deutschland so gut wie nie zuvor gehe.

    dazu: Kommentar zum DIW-Bericht: Ungleichheit ist nicht bloß ein „dummer Zufall”
    Die Ungleichheit in Deutschland nimmt zu, das Armutsrisiko auch. Die neuen Berechnungen des Instituts DIW bestätigen einen Trend, der seit langem zu beobachten ist.
    Gleichzeitig widerlegen sie konservative Kreise, die Kritiker beschwichtigen möchten mit dem Hinweis, die Ungleichheit nehme seit dem Jahr 2005 gar nicht mehr zu, sondern stagniere bloß auf hohem Niveau. (…)
    Wachsende Ungleichheit und Armut – insbesondere seit dem Jahr 1999 – sind kein dummer Zufall, kein unglücklicher „Trend“, gegen den sich die Politik erfolglos stemmt. Sie waren gewollt. Sozialkürzungen sollten die Staatskasse schonen. Mit Hartz IV sollte mehr Druck auf Arbeitslose ausgeübt werden. Mit der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes sollte ein Niedriglohnsektor aufgebaut und das Lohnniveau auf wettbewerbsfähiges Niveau gedrückt werden.
    Das ist gelungen. Das Ergebnis präsentiert das DIW: War Armut früher vor allem ein Problem von Arbeitslosen, so erfahren sie mittlerweile auch immer mehr Erwerbstätige. Damit hätte sich der früher so beliebte Spruch „Sozial ist, was Arbeit schafft“ auch erledigt.
    Quelle: Berliner Zeitung

  3. Politisches Tollhaus
    Es ist kaum zu glauben, aber leider wahr. Die Bundesregierung (CDU/CSU/SPD) hat mit Zustimmung der Grünen ein unglaubliches Gesetz verabschiedet, das den Steuerzahler am Ende Milliarden Euro kosten wird. Worum geht es? Um die Entsorgung des Atommülls in einem Endlager und um die Finanzierung der dadurch anfallenden Kosten. Es war allen Beteiligten in Politik und Wirtschaft klar, dass der ewig strahlende Atommüll irgendwann endgelagert werden muss. Und es war auch klar, dass die AKW-Betreiber E.on, RWE, EnBW und Vattenfall – die »Big 4« – dafür in ihren Bilanzen Vorsorge treffen müssen. Dies haben sie mit gewinnreduzierenden Aufwandsrückstellungen über Jahrzehnte gemacht. Damit aber auch gleichzeitig an den Staat jährlich weniger Gewinnsteuern überwiesen.
    Obwohl der Strom aus Atomkraftwerken für uns Verbraucher der teuerste Strom ist, wie gerade noch einmal das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung vorgerechnet hat, konnten die Stromriesen sämtliche überhöhten Kosten und darauf kräftig beaufschlagte Gewinne in den Strompreisen verrechnen und von uns Nachfragern bezahlen lassen. Die Konzerne hatten sogar bis 1998 keinen Wettbewerb zu fürchten. Sie waren als »natürliche« Monopolisten von der Politik anerkannt. Die herrschende Politik versagte hier leider bei einer notwendigen Kosten- und Gewinnkontrolle auf ganzer Linie.
    Jetzt erhalten die Energieriesen ein weiteres Milliardengeschenk von der Bundesregierung – ausgerechnet mit Zustimmung der Grünen, die ihre Gründung als Partei der Anti-AKW-Bewegung verdanken. Und dies vor dem Hintergrund eines vorhandenen Reinvermögens der »Big 4« in Höhe von 81,3 Milliarden Euro. Und das Politikversagen geht munter weiter. Nur die Linkspartei hat im Bundestag gegen das Gesetz gestimmt.
    Quelle: Heinz-J. Bontrup, Neues Deutschland
  4. EU: Trilog-Schattengremiensitzungen ersetzen ordentliches Gesetzgebungsverfahren
    Ehemaliger Parlamentspräsident und designierter SPD-Kanzlerkandidat Schulz verweigerte Ombudsfrau Informationen
    Theoretisch werden EU-Vorschriften im Europaparlament ausgearbeitet – mit Ausschusssitzungen und protokollierten Lesungen, in denen Parlamentarier ihren Kollegen und der Öffentlichkeit Vor- und Nachteile von Inhalten und Formulierungen erklären. Praktisch wurde dieses Gesetzgebungsverfahren durch ein informelles (in den EU-Verträgen nirgends erwähntes) “Trilog”-Verfahren ersetzt, in dem sich Vertreter des EU-Parlaments, des EU-Rates und der EU-Kommission nach der Ablehnung einer Vorschrift in der Ersten Plenumslesung, in “Hinterzimmern” treffen und auf Texte einigen. Den Zahlen des EU-Observers nach hat dieses informelle Verfahren (mit dem ursprünglich nur Pattsituationen zwischen Rat und Parlament aufgelöst werden sollten) das eigentlich vorgesehene einer Zweiten Lesung mit öffentlicher Debatte inzwischen so gründlich ersetzt, dass im letzten Jahr kein einziges Vorhaben das “ordentliche” Verfahren durchlief und alles in den Trilog überführt wurde.
    Quelle: Telepolis
  5. Im Rahmen des Gesetzes
    Trotz Skandalen wie den »Panama Papers« blüht der Markt für Steuerdumpingmodelle mehr denn je. Mit dem Segen aus Berlin und Brüssel (…).
    In den Steueroasen sprudeln derweil die Geldflüsse. Zwischen 2013 und 2015 habe sich die Zahl der Steuerdeals zwischen EU-Mitgliedstaaten und Großkonzernen verdreifacht, berichtete die Organisation Eurodad am siebten Dezember in Brüssel. Sie sei von 547 auf 1.444 gestiegen. An der Spitze der Länder, die großen Unternehmen Steuervermeidungspraktiken anbieten, stehen der Untersuchung zufolge die Niederlande und Belgien. 17 beziehungsweise 16 verschiedene Gesetze könnten dort von multinationalen Konzernen zur Steuervermeidung missbraucht werden, heißt es in der Untersuchung. In Deutschland gebe es acht solcher Strukturen, der EU-Durchschnitt liege bei elf. Briefkastenfirmen etwa gehören nach wie vor zu beliebten Steuervermeidungspraktiken. Die Autoren der Studie schätzen, dass 80 bis 90 Prozent der Investitionen in den Niederlanden und Luxemburg über Briefkastenfirmen fließen. In Deutschland gab es 2015 der Untersuchung zufolge 25 solcher Absprachen. Gegen Filialen in der BRD geht Schäuble nicht vor. Obwohl das Finanzministerium Nordrhein-Westfalens ihn bereits um Hilfe gebeten hat. Nur durch Bundesgesetze könnte dem Steuerdumping Einhalt geboten werden. Mohnheim am Rhein »verdient« im Jahr 225 Millionen Euro an Gewerbesteuern. Großkonzerne wie Bayer und BASF gliedern Tochterunternehmen in die 40.000-Seelen-Gemeinde aus, um von dem »niedrigsten Gewerbesteuersatz in Nordrhein-Westfalen« zu profitieren (siehe jW vom 4. November 2016). Im Mai vergangenen Jahres berichtete die Welt über einen Holzverschlag im Eberswalder Forst vor den Türen Münchens. Dort hätten sieben Fondsgesellschaften ihre Briefkästen angebracht. Zwischen 2008 und 2011 habe die Gemeinde Ebersberg 15 Millionen Euro Gewerbesteuer eingenommen.
    Auch Großbanken stehen immer noch gerne bereit, wenn es um die Gründung von Offshoreunternehmen geht. Einer Studie der Grünen-Fraktion im EU-Parlament zufolge hat die Schweizer UBS zwischen April 2013 und April 2016 dabei geholfen, 13.285 Firmen zu gründen, um Steuern im Ausland zu sparen. Auf Platz zwei (11.347) folgt die Credit Suisse. Die Deutsche Bank räumte laut Studie immerhin ein, dass die »Offshoreanlage von Geldern und Vermögenswerten zur Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder zu anderen Finanzdelikten benutzt wurde und werden kann«. Alle anderen Geldhäuser hätten auf Anfrage darauf verwiesen, dass sie »alle gesetzlichen Vorschriften beachten«.
    Quelle: junge Welt
  6. Rechtsextremismus: “Ein neues, weitläufiges Täterfeld”
    Die Zahlen haben viele aufgeschreckt: Über 12.000 gewaltbereite Rechtsextremisten soll es laut Sicherheitskreisen in Deutschland geben. Bernd Wagner von der Aussteiger-Initiative “EXIT-Deutschland” findet das nicht überraschend. Aufgrund seiner Kontakte zu Personen aus dem “rechtsextremistischen Aktionsfeld” weiß Wagner, dass die Szene Zuwächse verzeichne:

    “Es datiert ja nicht erst seit heute, im Jahr 2017, sondern der Trend hält ja schon länger an.”

    Deutlich werde die Entwicklung an dem “drastischen Anstieg der Straftaten”. Allerdings würden nicht alle Straftaten, die als rechtsextrem eingestuft würden, von erkannten Rechtsextremisten ausgeübt. Vielmehr sei ein “neues, weitläufiges Täterfeld” entstanden, das aus einer ideologischen Motivation heraus handele:

    “Aber gleichwohl sind natürlich dort Alarmsignale verpackt, die auf eine ansteigende Militanz auch der organisierten Rechtsextremisten hinweisen.”

    Quelle: Deutschlandradio Kultur

  7. Atomwaffenverbot konsequent einfordern
    In einem offenen Brief fordert der Aachener Friedenspreis e.V. Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier auf, sich seitens der Bundesregierung bei den Vereinten Nationen auch für ein Atomwaffenverbot einzusetzen.
    “Es ist eine Schande, dass Deutschland Ende Oktober 2016 im Ersten Ausschuss der UN-Generalversammlung gegen die Aufnahme von Verhandlungen über ein weltweites Atomwaffenverbot gestimmt hat”, so Lea Heuser, Pressesprecherin des Vereins. Entgegen dem deutschen Votum hatte sich eine überwältigende Mehrheit für die Aushandlung eines solchen Abkommens ausgesprochen. 123 Staaten stimmten für die Resolution (darunter auch Nordkorea), insgesamt 38 Staaten (Russland, USA und die meisten NATO-Staaten) stimmten dagegen, 16 Staaten enthielten sich der Stimme (darunter die Atommächte China, Indien und Pakistan). Die deutsche Delegation votierte gegen den Antrag und folgte damit der Entscheidung der USA und der übrigen NATO-Staaten.
    Quelle: Aachener Friedenspreis
  8. Das nächste Afghanistan
    Bis zu 1.000 Bundeswehrsoldaten werden in Mali stationiert. Bundestag beschließt auch Verlängerung des Irak-Einsatzes
    Immer tiefer verstrickt sich die Bundeswehr in den Konflikt in Mali. Deutlich ausgeweitet wird der Einsatz, beschloss der Bundestag am Donnerstag mit 498 gegen 55 Stimmen bei drei Enthaltungen. Demnach werden ab Februar bis zu 1.000 deutsche Soldaten im Rahmen der UN-Truppe Minusma in Nordmali operieren – gut 50 Prozent mehr als bisher. Anlass ist, dass Deutschland ab März die sogenannte Rettungskette sicherstellen muss, den schnellstmöglichen Transport verwundeter Soldaten in Lazarette. Dazu werden vier Transport- und vier Kampfhubschrauber nach Mali verlegt. Innerhalb Deutschlands hat die Verlegung bereits begonnen; am heutigen Freitag werden die ersten Hubschrauber per Lufttransport vom Flughafen Leipzig/Halle in die malische Hauptstadt Bamako gebracht. Für die Bundeswehr wird Mali zum größten deutschen Auslandseinsatz überhaupt – noch vor demjenigen in Afghanistan, wo gegenwärtig rund 930 deutsche Soldaten stationiert sind.
    Quelle: junge Welt
  9. USA wollen Sicherheitszonen in Syrien
    Die neue US-Regierung erwägt sogenannte Sicherheitszonen für Flüchtlinge in Syrien. Das geht aus dem Entwurf eines Erlasses hervor, den Präsident Donald Trump in den kommenden Tagen unterzeichnen will. Demnach werden darin das Außen- und das Verteidigungsministerium angewiesen, binnen 90 Tagen entsprechende Pläne zu erstellen. Das Dokument spricht von der Schaffung “sicherer Gebiete in Syrien und der umliegenden Region”. Dort sollen vertriebene Syrer auf eine Rückkehr in ihre Heimat oder eine Umsiedlung in Drittländer warten. (…)
    Der Entwurf ist Teil einer Reihe von Anordnungen, die für einen besseren Schutz der US-Bürger vor Anschlägen ausländischer Extremisten sorgen sollen. Er enthält keine Angaben darüber, wie und wo genau solche Sicherheitszonen errichtet werden sollen.
    In Jordanien, der Türkei und anderen Nachbarländern Syriens wurden bereits Millionen Bürgerkriegsflüchtlinge aufgenommen. Die Türkei hatte Trumps Amtsvorgänger Barack Obama erfolglos dazu gedrängt, Flugverbotszonen an der syrischen Grenze zu schaffen. Obama hatte davor zurückgeschreckt, weil ein solcher Schritt eine deutliche Ausweitung des Militärengagements der USA in Syrien erfordert hätte. In diesem Falle ginge es unter anderem darum, Konfrontationen mit dem russischen Militär zu vermeiden, das den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad unterstützt.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung Christian Reimann: Das könnte auf eine erneute Intensivierung des Konflikts in Syrien hinauslaufen – ausgerechnet sogar zwischen den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates Russland und USA. Wollte der neue US-Präsident Trump nicht für gute Beziehungen mit Russland sorgen?

  10. Trump ist Präsident – Die Rüstungs- und Finanzindustrie freuen sich
    Seit wenigen Tagen ist Donald Trump nun Präsident der Vereinigten Staaten, in großen Teilen der Welt wird dies kritisch gesehen, große Teile der amerikanischen Industrie freuen sich, besonders in zwei Sektoren ist die Freude groß, in der Rüstungs- und der Finanzindustrie. Deren Aktienkurse stiegen seit der Wahl Trumps massiv an und auch die Besetzung seines Kabinets sind ein Sinnbild der Konzernnähe.
    Quelle: Die Freiheitsliebe

    dazu: Trumps Wirtschaftsberater erhält Millionen von Goldman Sachs
    Der oberste Wirtschaftsexperte des US-Präsidenten wird zum Abschied von seinem alten Arbeitgeber großzügig entlohnt. Cohn erhält von Goldman Sachs 285 Millionen Dollar.
    Bisher war Gary Cohn Vize-Chef von Goldman Sachs, künftig wird er den US-Präsidenten als oberster Wirtschaftsexperte beraten. Sein Abgang bei der Investmentbank wird großzügig vergütet: Laut einem Bericht der New York Times erhält Cohn eine Sofortzahlung von 65 Millionen Dollar und ein Aktienpaket im Wert von 220 Millionen Dollar. Die Abfindung bestärkt in den USA die Diskussion um eine mögliche Korrumpiertheit der neuen US-Regierung und die Nähe von Donald Trump zur Finanzindustrie. Cohn war knapp 26 Jahre für Goldman Sachs tätig. Er arbeitete sich vom Rohstoffhändler zum Vizepräsidenten hoch. Unter dem Vorstandsvorsitzenden Lloyd Blankfein war er lange für das Tagesgeschäft der Bank zuständig. Cohns weltweite Kontakte zu Kunden der Bank – Unternehmen, Investmentfonds, Regierungsmitglieder – dürften ihm auch künftig nutzen, wenn er als Trumps oberster Wirtschaftsberater den National Economic Council im Weißen Haus leiten wird.
    Quelle: ZEIT Online

  11. Selbstgerechter Protest: Die Vertrumpung der Welt
    Jetzt empören sich jene Eliten über Trump, die ihn doch selbst ermöglicht haben. Das nervt. Sie sollten sich lieber fragen: Was, wenn er Erfolg hat?
    Nicht nur die Wirtschaft kennt Globalisierung. Auch die Empörung globalisiert sich. Schwule, Frauen, Journalisten, Städter, Professoren aller Länder – vereint gegen Trump! Jetzt machen alle mit beim Blacklivesmatteroccupywomensmarch. Aber wo war der Protest, als das Fundament für Trumps Erfolg gelegt wurde? Die liberale Gesellschaft hat in der Vergangenheit bitter versagt. Und auf die wichtigste Frage der Zukunft hat sie keine Antwort: Was, wenn Trump Erfolg hat?
    Beim Women’s March in Washington haben sich Madonna und all die Frauen mit den rosa Mützen ihre Wut aus dem Leib geschrien. Aber als die Früchte der Globalisierung unfair verteilt wurden, als die Arbeiter ihre Jobs verloren und die Familien ihre Häuser, wie laut war da der Protest?
    Selbstgerechtigkeit ist es, wenn die Ungerechtigkeit erst dann zum Anliegen wird, wenn man sich selbst betroffen wähnt.
    Die Bürgersfrauen, die Journalisten, die Schwulen, die Professoren, die Künstler, die jetzt gegen Trump protestieren – sie waren in der Vergangenheit die Profiteure eines Systems, das sich um Rechte gekümmert hat, und dabei Gerechtigkeit völlig außer Acht ließ.
    Donald Trump, der Milliardär im Gewand des Volkstribuns, ist die Antwort. Er ist der Beweis für ein trauriges Gesetz: In seiner Krise gebiert der Kapitalismus den Faschismus, und die Demokratie ist dagegen nicht nur machtlos, sie bereitet den Weg. Dieser Mann hat sich nicht an die Macht geputscht. Er wurde demokratisch gewählt. Die Vertrumpung der Welt ist die Tragödie unserer Gegenwart. Denn wir lernen nicht. Das Missverständnis geht weiter, die Spaltung wird tiefer.
    Spott ist eine schwache Waffe gegen die Wirklichkeit. Trump hat gesagt, er werde “Straßen, Brücken, Tunnel, Flughäfen, Schulen und Krankenhäuser” erneuern und Millionen von Arbeitsplätzen schaffen: “Ich werde der größte Jobproduzent sein, den Gott jemals schuf.” Und die Liberalen haben gelacht: Gottes Hand im Arbeitsmarkt? Das Lachen sollte ihnen ebenso im Hals stecken bleiben wie ihre Empörung.
    Quelle: Jakob Augstein auf Spiegel Online
  12. George Orwell “1984”: Dystopischer Roman wird zum aktuellen Bestseller
    George Orwells Roman “1984” ist ein absoluter Klassiker. Dank Donald Trumps Beraterin verkauft sich die Dystopie derzeit wieder so gut wie kein anderes Buch bei Amazon.
    Quelle: Focus Online

    Anmerkung unserer Leserin A.B.: Dass es vielleicht noch ganz andere gegenwartsbezogene Gründe gibt, die dazu motivieren, dieses Buch (erneut) zu lesen – z.B. Misstrauen gegenüber der Mainstream-Berichterstattung, auf diese Idee scheint man bei Focus nicht zu kommen. Bemerkenswert auch, dass sich der Focus das angesichts des eigenen permanenten “Doppelsprechs” überhaupt traut.

  13. Kraft hält nichts von Rot-Rot-Grün
    Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat sich gegen ein rot-rot-grünes Bündnis nach der Bundestagswahl am 24. September gestellt. »Ich kann mir nicht vorstellen, gemeinsam mit einer anderen Partei zu regieren, die keine klare Position zu Europa und NATO hat«, sagte Kraft den Dortmunder »Ruhr Nachrichten«. Die LINKE sei schon auf Landesebene in NRW »weder regierungswillig noch regierungsfähig«, im Bund kämen noch die potenziellen Streitthemen Europa und Außenpolitik hinzu, so Kraft.
    Trotz der schwachen SPD-Umfragewerte hält Kraft einen Bundestagswahlsieg über die Union mit Martin Schulz für möglich. »Die SPD hat das Ziel als Gewinner aus der Bundestagswahl zu gehen«, sagte die Ministerpräsidentin im Deutschlandfunk.
    Dass dies kein »unrealistisches Ziel« sei, zeigten auch neueste Umfragen, in denen der designierte SPD-Kanzlerkandidat Schulz bei den persönlichen Werten gleichauf mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) liegt.
    Quelle: Neues Deutschland

    Anmerkung Christian Reimann: Offenbar verlässt sich diese SPD-Spitze mehr und mehr auf Umfragen. Ob so die demnächst anstehenden Wahlen gewonnen werden können, ist jedoch zu bezweifeln. Wäre es nicht besser, die SPD würde endlich mal ihre Inhalte ändern anstatt – gestützt auf fragwürdige Ergebnisse der Demoskopie – zum wiederholten Male das Personal zu wechseln? Kann ernsthaft ein “glaubwürdiger Neuanfang” ohne Änderungen der Inhalte vollzogen werden? Das derzeitige Spitzenpersonal scheint das jedenfalls zu glauben oder ist es lediglich “gute Miene zum bösen Spiel”?

    dazu: „Der SPD nicht auf den Leim gehen” – Linke sieht kein Zeichen für Rot-Rot-Grün
    Martin Schulz will Angela Merkel im Kanzleramt ablösen. Steigt damit die Chance für Rot-Rot-Grün nach der Bundestagswahl? Die Linke ist da äußerst skeptisch. “Schulz unterscheidet sich von Gabriel wohl nur im körperlichen Volumen, aber nicht in der politischen Positionierung” sagt der LINKE-Abgeordnete Dr. Alexander Neu. Ein Interview.
    Quelle: Sputnik-News

    dazu auch: SPD im Aufwind dank Schulz
    Die Ernennung von Martin Schulz zum SPD-Kanzlerkandidaten macht sich im DeutschlandTrend des ARD-Morgenmagazins bereits bemerkbar. Die Sozialdemokraten legten bei der Sonntagsfrage um drei Prozentpunkte zu, die Union hingegen verlor zwei Prozentpunkte.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung André Tautenhahn: SPD im Aufwind ist wohl eher Wunschdenken, wenn man einerseits an die Fehlertoleranzen denkt und andererseits an das Wahlergebnis der SPD bei der letzten Bundestagswahl. Damals landete die Partei mit Steinbrück bei kläglichen 25,7 Prozent. Trotzdem versucht das ARD-Wahlstudio Spannung zu erzeugen und einen Trend herbeizuschreiben, nachdem man bereits in einer Blitzumfrage feststellte, dass Merkel und Schulz gleichauf lägen, was aber bedeutungslos ist, wenn die SPD in der Wählergunst weit abgeschlagen bleibt.

  14. Das Allerletzte: Germany’s next Chancellor
    Wie der neue amerikanische Präsident Deutschland regiert. Und nebenbei die gesamte Finanzwelt hochgehen lässt.
    Quelle: FAZ


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