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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 9. Januar 2009 um 9:23 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(MB/WL)

Heute unter anderem zu folgenden Themen:

  • DGB: Mit Mindestlöhnen gegen drohendes Lohndumping
  • Azubi-Gehälter 2008 real gesunken – Auszubildende bekommen im Schnitt 642 Euro brutto
  • Commerzbank wird teilverstaatlicht
  • Finanzbranche fordert rettende „Bad Bank“
  • Mit einem Mix aus gesetzlichen Vorgaben und Engagement staatlicher Banken könnte die aktuelle Kreditkrise überwunden werden
  • ver.di: Arbeitnehmerinteressen offensiv vertreten – für eine sozial gerechte Politik mobilisieren
  • Peter Ehrlich: Schuldenfrei in die Katastrophe
  • Deutsche Ausfuhren im November 2008: – 11,8% zum November 2007
  • Arbeitslosenversicherung – Gewerkschaften warnen vor Engpass
  • Antwort der Bundesregierung: Auswirkungen der von der privaten Versicherungswirtschaft angenommenen (höheren) Lebenserwartungen auf die Rendite von Riester-Renten
  • Pensionskassen mit Rekordverlusten
  • Hörgeräte im Bestechungssumpf
  • Eine Wachstumsstrategie für Deutschland
  • Das traute man bisher nur Herrn Ackermann zu
  • BayernLB – Pension unter Palmen
  • Lobbyismus
  • Studie: Krankenkassen könnten Milliarden einsparen
  • Hessische Verhältnisse
  • Obama warnt vor jahrelanger Krise
  • Sarkozys Pläne zur Justizreform
  • Studiengebühren-Stopp in Österreich
  • Zu guter letzt: Da schaut er, der Kauter

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. “Mit Mindestlöhnen gegen drohendes Lohndumping”.
    DGB “klartext” Nr. 1/2009 vom 8. Januar 2009

    Anmerkung AM: Unterstützenswert!! Angesichts der einbrechenden Auftragslage und des zu erwartenden noch größeren Drucks auf die Arbeitnehmer und ihre Löhne wäre es noch wichtiger, beim Mindestlohn weiter zu kommen.

    Ein Schutzschirm für die Schwächsten
    Der Abschwung trifft Leiharbeiter am härtesten. Beschäftigungspakte sind hier nicht möglich – aber die Politik kann auf andere Art helfen.

    Die jüngste Entwicklung der Leiharbeit lässt sich mit der Formel “Wie gewonnen, so zerronnen” beschreiben. Nach der steilen Karriere, ausgelöst durch Deregulierungen im Zuge der Hartz-Gesetze, droht dieser Beschäftigungsform nun ein ebenso jäher Absturz. Der Einbruch der Nachfrage im produzierenden Gewerbe trifft Leiharbeiter mit voller Wucht. Konjunkturellen Abschwüngen sind sie wesentlich ungeschützter ausgesetzt als die Kernbelegschaften. Schonungslos legt die aufziehende Arbeitsmarktkrise bloß, welche besonderen Risiken Leiharbeiter tragen.
    Quelle: Financial Times Deutschland

  2. Azubi-Gehälter 2008 real gesunken – Auszubildende bekommen im Schnitt 642 Euro brutto
    Der Anstieg der tariflichen Vergütung von Auszubildenden lag im vergangenen Jahr unterhalb der Inflationsrate. Wie das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) am 8. Januar bekannt gab, bekamen die Azubis 2008 durchschnittlich 2,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Preise sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im gleichen Zeitraum um 2,6 Prozent angestiegen.
    Quelle 1: ZWD
    Quelle 2: mindestlohn.de [PDF – 124 KB]
  3. Commerzbank wird teilverstaatlicht
    Der Donnerstag brachte dramatische Veränderungen für die Commerzbank. Gerüchte über weitere staatliche Milliarden-Hilfen ließen die Aktie auf ein Rekordtief stürzen. Dann wurde der Einstieg des Bundes gemeldet. (…)

    Der Bank fließen damit weitere zehn Milliarden Euro an Eigenkapital zu, um die Übernahme der Dresdner Bank aus den Händen der Allianz sowie daraus entstehende weitere Belastungen zu finanzieren. (…)

    Bereits Ende des vergangenen Jahres hatte die Commerzbank aus dem knapp 500 Milliarden Euro schweren Rettungsfonds SoFFin 8,2 Milliarden Euro Eigenkapitalhilfe erhalten. Mit somit insgesamt 18,2 Milliarden Euro wolle sich das Geldinstitut gegen alle Risiken absichern, die durch die rund fünf Milliarden Euro teure Übernahme der Dresdner Bank drohen, hatte die “Financial Times Deutschland” vorab berichtet.
    Quelle: ARD

    Anmerkung WL: Man fragt sich als Steuerzahler, warum die Commerzbank die Dresdner von der Allianz „abkaufen“ will, dafür noch einen Preis an die Allianz bezahlen soll, und dafür erst noch einmal Milliarden an Kapital (als nicht nur Kreditbürgschaften) für die Dresdner vom Staat abverlangt. Sind die angeblich 1,45 Milliarden Euro, die die Allianz beisteuern soll, nicht viel zu niedrig?

    Ist der Bund oder irgendwer sonst bereit zu erläutern, welche Konsequenzen es hätte, wenn diese Kapitalhilfe nicht gewährt würde?

    Wenn der Bund schon mit 25 Prozent bei der Commerzbank werden soll, warum dann nur als „stille Einlage“, womit man in der Geschäftsführung nichts zu sagen hat?

    Siehe dazu auch die Pflichtveröffentlichung:
    Quelle: Commerzbank AG

  4. Finanzbranche fordert rettende “Bad Bank”
    Drastische Worte des Bankenverbands über die eigene Branche: Politik und Wirtschaft sollen eine so genannte Bad Bank gründen, die faule Wertpapiere der Geldhäuser übernimmt – sonst dürfte sich Deutschlands Finanzindustrie kaum erholen.

    Frankfurt am Main/Düsseldorf/Berlin – Die deutsche Finanzwirtschaft fordert Anpassungen beim Rettungsfonds für die Branche. Dringend nötig sei eine sogenannte Bad Bank, die faule Wertpapiere aus den Bankbilanzen übernehmen und bis zur Fälligkeit halten könnte, sagte der Vize-Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken, Hans-Joachim Massenberg.
    Quelle: SpiegelOnline

  5. Mit einem Mix aus gesetzlichen Vorgaben und Engagement staatlicher Banken könnte die aktuelle Kreditkrise überwunden werden
    Ein Lösungsansatz wäre ein stärkeres Engagement der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Sie könnte im Rahmen ihrer Möglichkeiten bei der Kreditvergabe an die Stelle der Geschäftsbanken treten. Die Refinanzierung könnte dabei über öffentliche Anleihen erfolgen, die derzeit nur drei Prozent Zinsen kosten.

    Die Geschäftsbanken könnten per Gesetz zu einer verbindlichen Mindestwachstumsrate des Kreditgeschäftes und zu einer Zinsobergrenze verpflichtet werden, die sich am EZB-Leitzins orientiert. Dabei kann nach Branchen und Verwendungszweck unterschieden werden. In diese Richtung geht beispielsweise die Absichtserklärung des französischen Präsidenten, der die Kreditpolitik der Banken von einem Arbeitsstab überwachen lässt.

    Auch die EZB selbst könnte direkt eingreifen und die Kreditversorgung derjenigen privaten Unternehmen sicherstellen, die von den Privatbanken nicht angemessen versorgt werden, entweder indem sie Schuldscheine der Unternehmen rediskontiert oder direkt Darlehen an sie vergibt – wie aktuell die US-Zentralbank.
    Quelle: junge Welt

  6. ver.di: Arbeitnehmerinteressen offensiv vertreten – für eine sozial gerechte Politik mobilisieren
    Redebausteine für Betriebs- und Personalversammlungen
    Quelle: ver.di [PDF – 80 KB]
  7. Peter Ehrlich: Schuldenfrei in die Katastrophe
    Stellen wir uns einmal vor, John Maynard Keynes hätte nie gelebt. Es hätte keinen New Deal in den USA der 30er-Jahre gegeben und nie ein staatliches Konjunkturprogramm. Stattdessen hießen die führenden Wirtschaftstheoretiker Steffen Kampeter, Günther Oettinger und Philipp Mißfelder. Die drei von der CDU würden dafür sorgen, dass nach 2007 und 2008 auch in den Jahren 2009 und 2010 kein gesamtstaatliches Defizit entstünde. Durch die Krise, würden sie argumentieren, müssen wir eben durch. Dafür hinterlassen wir aber den nächsten Generationen auch keine Schulden, die sie mühsam abtragen müssen. Tatsächlich würden kommende Generationen eine solche Politik später nicht loben, sondern verfluchen. Denn die Kinder würden in einem Land mit fünf oder sechs Millionen Arbeitslosen, kalten Wohnungen und Kohlsuppe statt McDonald’s aufwachsen. Übertrieben? Spielen wir doch einmal durch, was wäre, wenn es wie von Teilen der CDU gefordert ein absolutes Schuldenverbot für die öffentlichen Haushalte geben würde. 2009 dürften Bund und Länder nicht nur keine Konjunkturpakete auflegen. Sie wären sogar verpflichtet, nach jeder neuen Steuerschätzung die erwarteten Einnahmeausfälle durch Einsparungen zu kompensieren. Wo aber sollten sie in einem Jahr 25 Mrd. Euro kürzen?
    Quelle: Financial Times Deutschland

    Anmerkung WL: Nicht teilen kann ich die Meinung von Peter Ehrlich, dass die Bundesregierung mit ihrer Politik die Konjunktur „gewaltig“ unterstütze. Und nicht teilen kann ich sein Verständnis für die angebliche Generationengerechtigkeit. Hauke Fürstenwerth schrieb uns dazu: „Mit den umfangreichen staatlichen Rettungsmaßnahmen werden die Schulden auf den Steuerzahler abgewälzt. Der Staat hat das Geld nicht, er muss es am Kapitalmarkt bei den Gewinnern der Finanzspekulation gegen Zahlung von Zinsen aufnehmen. Zins und Tilgung für die Rettungspakete müssen aus Steuereinnahmen bedient werden. Diese Zahlungen werden von der gegenwärtigen Generation von Steuerzahlern an die gegenwärtige Generation der Kreditgeber getätigt. Die Zahlenden werden ihre Verpflichtungen an ihre Kinder weitergeben, genauso wie die Zahlungsempfänger ihre dadurch steigenden Guthaben an ihre Kinder vererben werden. Die durch die Staatsverschuldung verursachte Umverteilung von unten nach oben findet hier und heute, innerhalb der jetzigen Generation statt.

    Wird die Staatsverschuldung weiter gesteigert, so wird dieses Problem in verschärfter Form an die nächste Generation weitergegeben. Die Frage, wer für die Staatsschulden aufkommen muss, wird allein durch die aktuellen Steuergesetze beantwortet.

  8. Deutsche Ausfuhren im November 2008: – 11,8% zum November 2007
    Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand vorläufiger Ergebnisse mitteilt, wurden im November 2008 von Deutschland Waren im Wert von 77,1 Milliarden Euro ausgeführt und Waren im Wert von 67,4 Milliarden Euro eingeführt. Die deutschen Ausfuhren waren damit im November 2008 um 11,8% und die Einfuhren um 0,9% niedriger als im November 2007. Kalender- und saisonbereinigt nahmen die Ausfuhren gegenüber Oktober 2008 um 10,6% und die Einfuhren um 5,6% ab.

    Die Außenhandelsbilanz schloss im November 2008 mit einem Überschuss von 9,7 Milliarden Euro ab. Im November 2007 hatte der Saldo in der Außenhandelsbilanz 19,4 Milliarden Euro betragen. Kalender- und saisonbereinigt lag im November 2008 der Außenhandelsbilanzüberschuss bei 10,7 Milliarden Euro.
    Quelle: destatis

    Anmerkung WL: Glaubt man wirklich, dass man diese Einbrüche, durch eine „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit“ ausgleichen könnte? Gibt es wirklich noch eine Alternative zur Stärkung der Binnennachfrage um einen Absturz zu verhindern?

  9. Arbeitslosenversicherung – Gewerkschaften warnen vor Engpass
    Pläne von Sozialminister Olaf Scholz, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung dauerhaft bei 2,8 Prozent zu belassen, stoßen beim Deutschen Gewerkschaftsbund auf Kritik. “Das verstärkt die hohen Risiken für die Arbeitslosenversicherung”, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der Frankfurter Rundschau. “Es ist völlig unklar, wie man den Beitragssatz in der jetzigen Konjunkturkrise auch nach 2010 festschreiben kann, ohne dass dies zu Leistungseinschnitten für Arbeitslose und bei der aktiven Förderung führt.” Scholz will den zu Jahresbeginn gesenkten Beitrag auch über die bisher vorgesehene Befristung (Juni 2010) hinaus auf 2,8 Prozent fixieren. Die Betriebe bräuchten eine gesetzliche “Garantie”, dass ihre Belastungen nicht erhöht würden. Buntenbach gab zu bedenken, die derzeitigen Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit würden bald “wie Schnee in der Sonne schmelzen”.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung Martin Betzwieser: Bislang habe die BA für 2009 Ausgaben von 300 Millionen Euro für Kurzarbeit eingeplant. “Das wird ganz sicher nicht reichen”, glaubt Weise. Wenn sich die Entwicklung auf diese Weise fortsetze, könne die BA eine Milliarde Euro dafür benötigen.

    Und was ist, so möchte man Scholz fragen, mit einer „gesetzlichen Garantie“, dass die Belastungen der Arbeitslosen nicht erhöht werden. Es ist in der Geschichte der Sozialdemokratie wohl noch nicht auf vorgekommen, dass ein (sozialdemokratischer) „Arbeitsminister“ Garantien zugunsten der Wirtschaft und auf zulasten des inzwischen ganz konkreten Risikos der Arbeitslosigkeit für Arbeitnehmer gesetzlich garantieren will. Das hatten noch nicht einmal die Union und die FDP gefordert. Und diese Forderung ist auch unsinnig, selbst wenn es der SPD gelingen sollte, die Defizite der Bundesagentur mit Steuergeldern auszugleichen. Scholz folgt blind dem Arbeitgeber-Mythos der angeblich zu hohen „Lohnnebenkosten“.

  10. Antwort der Bundesregierung: Auswirkungen der von der privaten Versicherungswirtschaft angenommenen (höheren) Lebenserwartungen auf die Rendite von Riester-Renten
    Die Annahme einer höheren Lebenserwartung führt in kapitalgedeckten Systemen unmittelbar zu höheren Prämien, weil mit ihnen ein Kapitalstock aufzubauen ist, aus dem die Rentenzahlungen über die gesamte Laufzeit hinweg finanziert werden müssen (…)

    Die Bundesregierung hält an ihrer in der Bundestagsdrucksache 16/10988 (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage, Bundestagsdrucksache 16/10740) getroffenen Aussage fest, dass bei Riester-Verträgen immer ein positives Sparergebnis sichergestellt ist, denn zu Beginn der Auszahlungsphase muss mindestens die Summe der Beiträge (Eigenbeiträge und Zulagen) zur Verfügung stehen. Bei geförderten Verträgen ist die Summe der Beiträge stets größer als die Summe der Eigenbeiträge (…)

    Das Sparergebnis im Sinne der Antwort auf die Frage 11 beruht auf der Gegenüberstellung von (nominalen) Beitragssummen. Eine Inflationsentwicklung ist nicht Bestandteil dieser Betrachtung (…)

    Die Besteuerung ist nicht Bestandteil dieser Betrachtung.
    Quelle: Deutscher Bundestag [PDF – 56 KB]

    Anmerkung WL: Diese (knappe) Antwort der Bundesregierung sollten Sie lesen. Sie ist nichts sagend und weicht allen Antworten auf die konkreten Fragen aus.

  11. Pensionskassen mit Rekordverlusten
    Die Finanzkrise hat bei den Schweizer Pensionskassen 2008 für herbe Verluste gesorgt. 70 bis 90 Milliarden Franken an Vorsorgegeldern dürften durch den Börsen-Crash verloren gegangen sein. Der Pensionskassenberater Graziano Lusenti geht davon aus, dass rund 80% der 2700 Schweizer Vorsorgewerke im vergangenen Jahr Verluste von zwischen –10% und –20% erlitten haben. Es gebe aber einige «Ausreisser» mit einer noch schlechteren Entwicklung. Derzeit dürfte sich rund die Hälfte der Pensionskassen in Unterdeckung befinden. Dies bedeutet, dass die Pensionsverpflichtungen nicht zu 100% durch Vermögenswerte gedeckt sind. Es ist davon auszugehen, dass bei einigen Vorsorgeeinrichtungen sogar eine «erhebliche» Unterdeckung – also ein Deckungsgrad von 90% oder weniger – besteht.
    Quelle: Neue Zürcher Zeitung
  12. Hörgeräte im Bestechungssumpf
    Gibst du mir Geld, gebe ich dir Patienten – nach diesem Motto schanzen sich Ärzte und Hörgerätehersteller Kunden zu. Der Schaden geht in die Millionen.
    Quelle: Financial Times Deutschland

    Anmerkung Martin Betzwieser: Dieses Problem gibt es auch im Bereich Orthopädie; letztes Jahr wurde darüber berichtet. Und warum sollte es in anderen Bereichen nicht anders sein…

  13. Eine Wachstumsstrategie für Deutschland
    Angesichts von Finanzmarktkrise und Rezession braucht Deutschland mehr denn je eine kluge Wachstumsstrategie. Um die Wirtschaft nachhaltig wieder in Fahrt zu bringen, müssen nicht nur die Binnennachfrage, sondern auch die Angebotskapazitäten gestärkt werden. Dazu dient am besten ein Programm, wie es im Zukunftsprojekt der Friedrich-Ebert-Stiftung entwickelt wurde:

    Es verbindet Investitionen in Infrastruktur, Energieeinsparung sowie die Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen mit einem breiten Qualifizierungsprogramm, das sich vor allem auf die bisher vom Bildungssystem benachteiligten Gruppen unserer Gesellschaft konzentriert.
    Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung [PDF – 120 KB]

    Anmerkung: Wir teilen zwar nicht die Auffassung der Autoren, dass die Finanzkrise allein ursächlich für die Rezession ist. Ein Konjunkturabschwung war schon lange vorher erkennbar. Auch sind wir nicht der Meinung, dass die „Politik die Gefahr erkannt“ habe und der „Schutzschirm für Arbeitsplätze“ ein Erfolg versprechendes und ausreichendes Konzept war. Diese Annahme hat sich schon damit widerlegt, dass die Bundesregierung nun schon selbst nachzubessern versucht. Aber: Für Interessierte ein anregender Diskussionsbeitrag.

  14. Das traute man bisher nur Herrn Ackermann zu
    Ohne den Abgeordneten Thomas Böwer wüsste man nicht, dass die Landesbank HSH Nordbank Steueroasen fördert. Nun zahlt sie auch noch Dividenden an unbekannte Teilhaber. Dabei steht sie unter dem staatlichen Bankenschirm
    Quelle: taz
  15. BayernLB – Pension unter Palmen
    Gehalt wie in der freien Wirtschaft, Privilegien wie Beamte: Die Landesbank sicherte ihre Manager so gut ab, dass sie nun noch Jahre Geld bekommen – für nichts.
    Quelle: Süddeutsche
  16. Energielobby
    Andreas Renner (CDU) ist zum neuen EU-Cheflobbyisten des deutsch-französischen Energiekonzerns EnBW ernannt worden. Der frühere baden-württembergische Sozialminister war bei dem Energieversorger zuletzt Bereichsleiter für die Geschäftssparte erneuerbare Energien. Vom 1. März an soll er in Brüssel den europäischen Gesetzgebungsprozess beobachten und an EnBW-Chef Hans-Peter Villis berichten, heißt es.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung
  17. Lobbyisten in Bundesministerien
    Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen, Bundestagsabgeordneter:

    Im Oktober 2006 habe ich nachgefragt, was ist mit externen Mitarbeitern bei der Bundesregierung. Damals hat man mir gesagt: Erstens, es gibt keine. Zweitens, wenn es welche geben sollte, werden die von der Bundesregierung bezahlt. Beides ist nachgewiesenermaßen falsch. Dann hat man zugegeben zunächst 30, dann 100 Mitarbeiter bei der Bundesregierung. Jetzt sind wir bei aufsummiert ungefähr 300. Hier wird das Parlament nur auf Raten informiert und zunächst falsch. Das ist ein ziemlicher Skandal. Und wir müssen dieses Thema jetzt endgültig aufarbeiten.

    Dass der Staat für die Erledigung von Gesetzes- und Kontrollaufgaben hundertfach auf externe Mitarbeiter zurückgreift, die von Privatunternehmen weiterbezahlt werden, hält der Bundesrechnungshof für mehr als bedenklich.

    Zitat aus dem Bericht:

    Diese Abhängigkeit lässt befürchten, dass Interessenkonflikte oder zumindest in der Außenwahrnehmung der ‘böse Schein’ fehlender Neutralität entstehen.

    Quelle: WDR-monitor

    Anmerkung: Für NDS-Leser nicht neu, aber trotzdem immer wieder lesenswert

  18. Studie: Krankenkassen könnten Milliarden einsparen
    Die gesetzlichen Krankenkassen haben einer Studie zufolge Einsparpotenziale in Milliardenhöhe. Bei den größten Ausgabenposten – der ambulanten und stationären Versorgung und den Arzneimitteln – könnten die Kassen jährlich 5,6 bis 9,8 Milliarden Euro einsparen, heißt es in einer Studie, die Forscher des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und der Universität Duisburg-Essen im Auftrag der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erarbeiteten und am Donnerstag vorstellten. Dazu müssten sich die Ausgaben bundesweit an den Bundesländern mit besonders wirkungsvollem Mitteleinsatz ausrichten, so die Gesundheitsökonomen.
    Quelle 1: Tagesspiegel
    Quelle 2: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft

    Anmerkung Martin Betzwieser: Im Tagesspiegel natürlich kaum ein Wort darüber, wer oder was die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ist. Zur Erinnerung:

    Finanziert wird ihre Arbeit durch die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie. Die INSM verfügt über einen Jahresetat von rund 8,32 Mio. Euro jährlich, nach Abzug von Steuern. Wissenschaftlich begleitet wird die INSM vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW).

    Quelle 3: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft

  19. Keine Kontrolle kirchlicher Rechtsakte durch staatliche Gerichte
    Innerkirchliche Personalentscheidungen können von staatlichen Gerichten nicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag (8. Januar) veröffentlichten Grundsatzbeschluss entschieden. Die “Unabhängigkeit der kirchlichen Gewalt” würde geschmälert, wenn der Staat seinen Gerichten das Recht einräumen würde, innerkirchliche Rechtsakte auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu prüfen, hieß es zur Begründung.
    (AZ: 2 BvR 717/08 – Beschluss vom 9. Dezember 2008)
    Quelle: NGO Online

    Anmerkung Martin Betzwieser: Die Kirche als arbeitsrechtsfreier Raum

    Siehe kritisch auch der Marburger Bund:

    Die Schlussfolgerungen der heute vorgelegten Studie sind Gesundheitspolitik auf Stammtischniveau, ohne die Konsequenzen zu bedenken“, sagte der Vorsitzende des MB, Rudolf Henke.
    Quelle: Deutsches Ärzteblatt

  20. Klaus Staeck: Gewissensbisse
    Dass gerade die Landtagswahl in Hessen den Auftakt zum diesjährigen Abstimmungsmarathon bildet, erinnert aber unweigerlich daran, wie nach bestem Wissen und Gewissen einiger weniger selbstverständliche demokratische Spielregeln und innerparteiliche Entscheidungsprozesse ausgehebelt worden sind. Vom behaupteten Wortbruch der Frau Ypsilanti, aber auch genauso vom Verhalten der SPD-Abweichler profitiert am 18. Januar der wortbrucherfahrene Herr Koch. Das Prinzip Demokratie und Solidarität ist ebenso auf der Strecke geblieben wie die Glaubwürdigkeit der Volksvertreter und der Medien. Man kann den Strategiewechsel von Frau Ypsilanti nach der Wahl im Frühjahr für falsch oder verwerflich halten. Dass sie ihn aber der Parteibasis und ihren Fraktionskollegen im Machtrausch aufgezwungen hätte, lässt sich nun wirklich nicht behaupten. Mehrere Monate warb sie für den Weg der SPD zurück zur Regierungsverantwortung und fand dafür in eigenen Reihen schließlich die erforderliche Rückendeckung. Auch drei der späteren Verweigerer signalisierten der Landesvorsitzenden lange Zeit ihre Unterstützung, beteiligten sich sogar aktiv an der Ausarbeitung des Koalitionsvertrages. Bis sie urplötzlich das reine Gewissen für sich und die Medien entdeckten. Auf einmal wogen die Stimmen der klaren Mehrheiten nichts mehr, die Stimmen und Stimmungen der Minderheit alles. Liberale wie konservative Blätter stilisierten die “fantastischen Vier” unisono zu Helden, die sich dem “Kollektivzwang” mutig widersetzt und eine Lanze für die Meinungsfreiheit gebrochen hätten. Die Minderheitsmeinung war auf einmal wichtiger als die Mehrheitsmeinung, und niemand wunderte sich über die Verdrehung der Fakten und Begriffe.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung WL: Nach dem ARD Deutschlandtrend droht der Linken ein Scheitern an der 5%-Klausel, sie hatte allerdings auch bei der letzten Wahl auch nur 5,1%.

  21. VdK-Chef Walter Ofer verlässt nach 25 Jahren die SPD
    Walter Ofer, der Kreisvorsitzende des Sozialverbands VdK, der in Frankfurt am Main 12.500 Mitglieder hat, tritt in die Partei DIE LINKE ein. “Hier finde ich mich mit meinen Vorstellungen einer sozialen Gesellschaft wieder“, begründet Ofer seinen Schritt. Die SPD, in der er 25 Jahre lang Mitglied war, habe sich schon lange von ihren ursprünglichen Werten verabschiedet. In Zeiten wie diesen, wo Minijobs und Niedriglohnarbeit herhalten müssten, um die Arbeitslosen- zahlen zu senken, wo das Rentenalter auf 67 erhöht werde und Renten weiter gekürzt würden sei es zwingend nötig, gegenzuhalten.
    Quelle: Linkszeitung
  22. »Die Medien biegen sich alles zurecht, wie sie es brauchen«
    Ein Gespräch mit Ursula Schumm-Garling, Soziologieprofessorin und Mitglied des Beirates der Partei Die Linke in Hessen

    In Hessen hat sich die Partei erst vor etwa anderthalb Jahren gegründet und setzt sich aus sehr verschiedenen Strömungen zusammen. Es wäre geradezu unverständlich, wenn es keine Konflikte gäbe. Pit Metz beschreibt im Interview in der Frankfurter Rundschau, er habe sich persönlich nicht geachtet gefühlt, seine politischen Optionen habe er nicht durchsetzen können – seinen Austritt kann ich insofern nachvollziehen. Den Zeitpunkt, direkt vor der Wahl, finde ich allerdings unglücklich. Merkwürdig ist weiterhin, wie die Presse auf diesen Konflikt eingeht: Pit Metz kommt aus der DKP und ist bekennender Kommunist. Nun müsste die Frankfurter Rundschau ja eigentlich schreiben: Aus der Partei Die Linke treten jetzt die Kommunisten aus – das tut sie aber nicht! Die Medien biegen sich alles so zurecht, wie sie es brauchen, um negativ über Die Linke vor der Wahl zu berichten. In Nordhessen sind zwar Mitglieder ausgetreten, aber zugleich auch viele eingetreten. Der Zeitpunkt, mit Pauken und Trompeten vor der Wahl auszutreten, zeigt, dass es keine politische Richtungsentscheidung ist. Ein politisch denkender Mensch würde eine solche Auseinandersetzung nach der Wahl führen. Es geht wohl um persönliche Belange, Karriereinteressen oder ähnliches.

    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung WL: Nach dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend kommt die CDU in der Wählerstimmung auf 42,0% das sind 5,2% mehr als bei der Wahl im letzten Jahr, aber immer noch 7% weniger als bei der Wahl zuvor. Die SPD kommt danach auf 24,0% das sind fast 13% weniger als bei der letzten Wahl. Interessent ist, dass Koch mit 48% für einen Amtsinhaber ziemlich schlecht abschneidet und der völlig unbekannt Schäfer-Gümpel mit 36% überraschend stark. 68 Prozent meinen die hessische SPD sei nicht mehr glaubwürdig. Aber 67 % meinen dass wirklich überzeugende Alternativen nicht zur Wahl stünden.

  23. Obama warnt vor jahrelanger Krise
    Der künftige US-Präsident hat ein dramatisches Bild vom Zustand der amerikanischen Wirtschaft gezeichnet. Mit seiner Brandrede verfolgt Obama sein Nahziel: Der Kongress soll die Milliarden für sein Konjunkturpaket freigeben – sonst sehe es düster aus.
    Quelle: FTD
  24. Sarkozys Pläne zur Justizreform
    Nach Meinung des französischen Präsidenten Sarkozy sollen in Frankreich die Ermittlungsverfahren, die zu einer Anklage führen, nicht mehr von einem unabhängigen Untersuchungsrichter geführt, sondern der Staatsanwaltschaft unterstellt werden.

    Aus der Sicht der beiden Richtergewerkschaften, die von einem schwerwiegenden Abbau der Bürgerrechte reden, bedeutet die Abschaffung der Untersuchungsrichter eine verstärkte Einflussnahme der politischen Exekutive. Denn die Anklagekammer ist direkt dem Justizministerium unterstellt. Aus Kreisen der parlamentarischen Opposition wird die Befürchtung laut, gerade im Falle von Ermittlungen bei politischen Affären oder Skandalen könne dieser Verlust der Unabhängigkeit des Untersuchungsverfahrens schwerwiegende Folgen für die Demokratie haben.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung WL: Berlusconisierung Frankreichs.

  25. Studiengebühren-Stopp in Österreich
    “Rolle rückwärts” heißt es derzeit in der Bildungspolitik unseres Nachbarlandes Österreich: Seit 2000 wurden an den Unis und zum Teil an den Fachhochschulen flächendeckend Studiengebühren erhoben. Damit ist es nun vorbei: Ab dem kommenden Sommersemester darf an den Unis wieder gebührenfrei studiert werden. Und auch die Fachhochschulen verzichten nach und nach auf Studiengebühren. Jüngstes Beispiel: die Fachhochschule Vorarlberg in Dornbirn.
    Quelle: DLF
  26. Ende des Mäzenatentums
    Die Privat-Universität Witten/Herdecke hat gerade noch einmal die Kurve bekommen. Zum Jahresende drohte wieder mal die Insolvenz. Dieses Mal war es der nordrhein-westfälische Innovationsminister Andreas Pinkwart, FDP, der die zugesagten 4,5 Millionen Euro Landesmittel für 2008 nicht auszahlen wollte und aus 2007 drei Millionen Euro Zuschüsse zurückforderte. Die Hochschule habe keinen Wirtschaftsplan vorlegen können, der eine langfristige Perspektive erkennen lasse, hieß es aus dem Ministerium. Der Präsident der Uni, der Wirtschaftsphilosoph Birger Priddat und einer seiner Stellvertreter, der 34-jährige Maxim Nohroudi traten zurück, übrig blieb als Präsidiumsmitglied Tom Kirschbaum. Studierende und Beschäftigte protestierten, die Gewerkschaften forderten die Verstaatlichung. Am 23. Dezember kamen dann drei mögliche Sponsoren mit Vertretern des Wissenschaftsministeriums und der Hochschule zusammen. Die Darmstädter Software AG Stiftung sicherte die Verlängerung ihrer Bürgschaft über drei Millionen Euro bis Ende Februar zu, die Heidelberger SRH Holding und der Gemeinnützige Verein zur Entwicklung von Gemeinschaftskrankenhäusern Herdecke erklärten sich bereit, in Witten/Herdecke einzusteigen, nachdem mit Hilfe eines Wirtschaftsprüfers eine Perspektive erarbeitet wurde.
    Quelle: Freitag
  27. Zu guter letzt:

    Da schaut er, der Kauter
    Quelle: weissgarnix


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