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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 25. Februar 2009 um 9:46 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/WL/AM)

Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Gefahr der Krisenwiederholung: Zurück zur guten alten Bank
  • Finanzkrise: Gierige Pleitebanker. Politik behindert Aufklärung
  • Von einer Krise zur anderen
  • Hedgefonds frieren Kundengelder ein
  • Jean Ziegler: Wirtschaftsdelikte wie Kriegsverbrechen verfolgen!
  • Bürger müssen Milliardenverluste tragen
  • Werner Rügemer: Bankrott wäre besser
  • Und es geht noch weiter abwärts
  • Kein Halten bei Finanzbetrug
  • Flexibility gives way to rigidity’s virtues
  • Finanzbranche zieht gegen Aufsicht vor Gericht
  • Kaiser’s-Kassiererin: Kündigung wegen 1,30 Euro wirksam
  • Arge darf kein Lohndumping fördern
  • Fein R.I.P. – Wie Missmanagement Schiesser in die Pleite trieb
  • DGB-Kampagne: „Rente muss zum Leben reichen“
  • Immer mehr Ärzte proben den Aufstand
  • Norbert Walter: Der verfolgte Schwarzseher
  • Bertelsmann Management-Index: Deutschland im Mittelfeld
  • „Andrea Ypsilanti tritt zurück!“
  • Die Räumung des Waldcamps im Kelsterbacher Wald mit allen (Kampf-)Mitteln
  • Lehrermangel in Niedersachsen: Problem-Ministerin vergrätzt Referendare

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Gefahr der Krisenwiederholung: Zurück zur guten alten Bank
    Der europäische Topökonom de Grauwe hat eine klare Meinung zu den Vorhaben, die die G20 planen: Sie drohten zu scheitern. Damit sich die Finanzkrise nicht wiederholt, fordert er viel radikalere Reformen. “Die Banken sollten so weit wie möglich daran gehindert werden, Risiken aufzunehmen, die über ihr traditionelles Kreditgeschäft hinausgehen”, sagte der Wirtschaftswissenschaftler von der belgischen Universität in Leuven. Er widersprach Kritikern der US-Notenbank, die den Ursprung der Krise in einer zu laxen Geldpolitik sehen. Zwar hätten die Leitzinsen eine Zeit lang zu niedrig gelegen. “Das fundamentale Problem ist aber die mangelnde Regulierung der Banken”, sagte Grauwe. “Selbst wenn die US-Notenbank Fed ihre Zinsen stärker angehoben hätte, wäre das Bankensystem früher oder später in Schwierigkeiten geraten.”
    Quelle: FTD
  2. Finanzkrise: Gierige Pleitebanker. Politik behindert Aufklärung
    Experten und Politikern zufolge wird die Bankenkrise nicht richtig aufgeklärt und Banker können sich aus der Verantwortung stehlen. Eine Sonderprüfung zu Milliarden-Verlusten bei der IKB etwa soll jetzt nach knapp einem Jahr ausgesetzt werden. “Man will am Ende vertuschen”, wirft der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler der Bank und der Bundesregierung vor.

    Schäffler, der für die FDP Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages ist, hält die Aussetzung der Sonderprüfung durch die neue IKB-Eigentümerin Lone Star für eine Absprache. “Ich glaube, das war ein Teil des Deals mit der Bundesregierung und das ist ein skandalöser Vorgang. Denn diese Sonderprüfung haben die Kleinaktionäre auf Druck in der Hauptversammlung durchgesetzt und nur auf Druck der Kleinaktionäre haben die Bundesregierung und die KfW am Ende dieser Sonderprüfung zugestimmt.” Das Finanzministerium bestreitet dagegen eine solche Absprache. Jetzt werde nicht aufgeklärt, inwieweit der Aufsichtsrat oder der Vorstand Verantwortung für Fehler im Unternehmen tragen, kritisiert Schäffler.
    Quelle: frontal 21

    Anmerkung AM: Dass ausgerechnet ein FDP Mitglied im Finanzausschuss die Vertuschung in Sachen IKB beklagt, ist schon erstaunlich. Schließlich hat seine Partei die Zustimmung zum Untersuchungsausschuss verweigert, den Linke und Grüne einsetzen wollten, aber ohne FDP nicht realisieren konnten.

    Über den gesamten Vorgang IKB und die Vernetzung mit dem Bundesfinanzministerium haben wir seit Juli 2007 ausführlich berichtet. Sie finden in den NachDenkSeiten wie auch in den beiden kritischen Jahrbüchern viel Material dazu, z.B. “Das kritische Jahrbuch 2007” und “Das kritische Jahrbuch 2008”.

  3. Von einer Krise zur anderen
    Die Finanz- und Wirtschaftskrise trifft osteuropäische Länder besonders hart. Wie schlimm ist die Lage?
    Quelle: Tagesspiegel
  4. Hedgefonds frieren Kundengelder ein
    Massenhaft sitzen Investoren in Hedgefonds fest. Andrew Baker, Leiter des Branchenverbandes Alternative Investment Managers Association (AIMA), schätzt, dass bis zu 40 Prozent der etwa 1000 von London aus verwalteten Einzelfonds so genannte Sperren („Gates“) gegen den Abzug von Kundengeldern verhängt haben. Die Sperren seien ein Schutz für verbleibende Investoren, sagt ein Berater für Hedgefonds-Investments bei einer deutschen Privatbank, „damit nicht die verbleibenden Anleger auf den illiquidesten Werten sitzen bleiben“.
    Quelle: Wirtschaftswoche

    Anmerkung WL: „Den Hedgefonds-Managern die Schuld für die Bankenkrise zuzuschieben ist so, als wenn man die Passagiere für den Busunfall verantwortlich macht“, sagt einer der „Hedgies“. So haben sich die Mitläufer schon immer herausgeredet: die Schlimmen waren immer die anderen.

  5. Jean Ziegler: Wirtschaftsdelikte wie Kriegsverbrechen verfolgen!
    Die Katastrophenbanker haben nicht nur die westlichen Volkswirtschaften ruiniert. Woanders morden sie. Das ist keine Hypothese, sondern eine Tatsache”, sagte Ziegler.
    Wirtschaftsdelikte müssten wie Kriegsverbrechen verfolgt werden, forderte der UN-Berater. “Die Banker haben mehr Menschen auf dem Gewissen als mancher afrikanische Warlord.”
    Quelle: Linkszeitung
  6. Bürger müssen Milliardenverluste tragen
    Auch Hamburg wird nun – zusammen mit Schleswig-Holstein – von der Finanzkrise schwer getroffen und muss milliardenschwere Verluste durch Fehlspekulationen verdauen. Die Verluste scheinen nach den vorliegenden Indizien außerordentlich gravierend zu sein mit der Konsequenz, dass von Seiten des Bankenrettungsfonds SoFFin die Hilfe verweigert wurde. Es ist die Rede von einer Kapitalerhöhung der Landesbank HSH um 3 Milliarden sowie 10 Milliarden an Kreditbürgschaften für faule Wertpapiere.

    Damit muss jeder Hamburger, vom Säugling bis zum Greis, mit ca. 3000 Euro zugunsten der Rettung der HSH-Bank eintreten.

    Es scheint sich inzwischen herauszuschälen, dass die Funktion des “Bad Banking” durch die Hypo Real Estate, die IKB und viele Landesbanken übernommen worden war, die die Papiere insbesondere von der Deutschen Bank übernahmen. Steinbrücks Staatssekretär Jörg Asmussen, der für diesen Geschäftsbereich zuständig war, hatte im Jahr 2005 eine Empfehlung herausgegeben, in der er das Investment der Banken in die Papiere, die sich nun als “toxic waste” herausstellen, befürwortete. Entsprechend war auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgelegt worden, dass der Markt dieser Papiere zu fördern und von Regulierungen zu befreien sei.

    Das zuständige Ressort im Bundesfinanzministerium wird weiterhin von Asmussen betreut. Auch die Festlegung des Koalitionsvertrages wurde bisher nicht zurückgenommen.
    Quelle: meta-info

    Anmerkung WL: Man denke nur einmal um ein halbes Jahr zurück: Da lassen zwei arme Länder über Nacht einfach so mal 3 Milliarden Cash und 10 Milliarden Bürgschaften springen – ohne dass die Parlamente überhaupt vorher gefragt worden wären. Haben Ole van Beust oder Peter Harry Carstensen konkret erklären können, warum sie ihre Bürgerinnen und Bürger haften lassen wollen?

    Und noch etwas: Wie üblich wird es jetzt wieder heißen, die Landesbanken seien die schlimmsten. Knapp 26 Prozent an der HSH hält der auch bei der HRE mit einer Sperrminorität beteiligte Finanzinvestor J.C. Flowers. Er war vor knapp drei Jahren bei der HSH eingestiegen, mit dem Ziel diese Bank an die Börse zu bringen. Es wäre interessant zu wissen, wie sich in dieser Zeit die Geschäftspolitik der HSH geändert hat.

    Dass Hypo Real Estate, die IKB und viele Landesbanken mit Unterstützung des Bundesfinanzministeriums als sog. Bad Banks fungierten, konnten Sie auf den NachDenkSeiten schon vielfach lesen.

    Siehe dazu auch:

    HRE von Anfang an eine »Bad Bank«
    Schon rot-grüne Bundesregierung wusste über hohe Risiken deutscher Banken Bescheid. Der Verkauf fauler Kredite trug maßgeblich zur Finanzkrise bei und wird seit langem von Staat und Regierung gedeckt.
    Quelle: Neues Deutschland

  7. Werner Rügemer: Bankrott wäre besser
    Die Kanzlei Freshfields schrieb die Gesetzesvorlage zur Hypo Real Estate. Ordentliche Enteignung und Insolvenz des maroden Finanzinstituts sollen verhindert werden
    Bei einer genauen Prüfung der Verbindlichkeiten der HRE würde sich somit herausstellen, dass sie eben keine »systemische« Bedeutung hat. Es geht um spekulative Interbankengeschäfte und um Kredite, die von anderen Banken ohne die übliche Prüfung und aus spekulativer Gier an die HRE vergeben wurden. Die Erfüllung dieser Verpflichtungen entspricht gerade nicht dem »Wohl der Allgemeinheit«. Ihre Abwicklung in einem Insolvenzverfahren hätte keine Auswirkungen auf die Realwirtschaft, sondern würde einen Beitrag zur Gesundung der Wirtschaft und insbesondere des Finanzsektors darstellen.
    Quelle: junge Welt
  8. Und es geht noch weiter abwärts
    “Das Wachstum der Vermögenswerte war eine Illusion, nicht aber das Wachstum der Schulden”, schreibt Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman in seinem jüngsten Gastkommentar für die “New York Times”. Es werde Jahre dauern, bis der Berg wieder abgetragen ist. Wer noch immer an einen raschen Umschwung wie zuletzt nach dem Terror des 11. September 2001 glaubt, sollte zwei aktuelle Befunde untersuchen, die im täglich gelieferten Zahlensalat zwischen allzu vielen Nullen leicht untergehen.

    Erstens: Amerikas Haushalte haben durch die Einbrüche an den Immobilien- und Finanzmärkten inzwischen rund 15 Billionen Dollar verloren: Konsumieren war gestern, Sparen ist das Gebot der Stunde. Damit fällt der bisherige Dynamo der Weltwirtschaft aus, vermutlich für lange Zeit.

    Zweitens: Finanzexperten taxieren den verbliebenen Abschreibungsbedarf im US-Bankensystem auf mindestens weitere zwei Billionen Dollar – eine Summe, die das Eigenkapital aller Institute bei weitem übersteigt. Zwar wird der Staat systemkritische Banken weiter vor dem Kollaps schützen, wie bereits bei Citigroup und Bank of America zu besichtigen. Beruhigend ist das freilich nur auf den ersten Blick. Die Rezession und insbesondere der einbrechende US-Jobmarkt mit seinen Rückkopplungen auf die Kreditportfolien der Banken fachen vielmehr Spekulationen um eine Verstaatlichung großer Institute an.

    Der Anteil der deutschen Exporte in die USA sank zwar von 2001 bis 2007 von 10,6 auf 7,6 Prozent. Dennoch ist die USA nach Frankreich der bedeutendste Absatzmarkt für hiesige Exporteure. 2007 gingen Waren im Wert von mehr als 73 Mrd. Euro über den Atlantik. Das Genick gebrochen hat der hiesigen Wirtschaft aber nicht allein die wegbrechende Nachfrage aus den USA. Es sind vielmehr die indirekten Auswirkungen: Wenn die Amerikaner weniger Konsumgüter nachfragen, zieht das auch China und kleinere asiatische Länder nach unten.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Typisch für das Handelsblatt allerdings, da wird die Ursache der Krise auf die „billigen Schulden“ verkürzt. Man tut so, als seien die „Schuldenmacher“, also die kleinen Kreditnehmer die Schuldigen. Zum Schuldenmachen gehören allerdings immer zwei: Einer, der die Kredite nimmt und ein anderer, der die (faulen) Kredite gibt und sie dann als Kettenbriefe verpackt mit Höchstrenditen auf den Finanzmarkt wirft.

  9. Kein Halten bei Finanzbetrug
    Erst Madoff, jetzt Stanford – fast jede Woche fliegt in den USA ein neues Schneeballsystem auf. Den Betrügern gelingt es nicht mehr, an frisches Kapital zu kommen, um ihre Tricks zu vertuschen. In ihrer Panik tauchen viele einfach ab – und hinterlassen ein Trümmerfeld.

    Reihenweise fliegen Schwindler auf, weil ihre wackligen Geschäftsmodelle nur in guten Zeiten funktionieren. “Nur bei Ebbe lässt sich feststellen, wer nackt schwimmt”, witzelte Investorenlegende Warren Buffett kürzlich. Die Zahl der Finanzjongleure ohne Badehose alarmiert auch die Behörden. “Es herrscht absolute Ebbe an der Wall Street”, sagt John Coffee von der Columbia University in New York, “und die SEC fängt an, genauer als früher nach den Nackten zu suchen.”
    Quelle: FTD

  10. Flexibility gives way to rigidity’s virtues
    The economic paradigm developed during the boom years was based on the idea of flexibility. The economically successful countries were those that allowed flexibility in goods and labour markets. Rapid growth lay ahead of them if they permitted companies to hire and fire without restrictions; if wage contracts made it possible for companies to adjust wages up and down quickly to changing economic conditions.

    The opposite is true. Today, rigidities in wages, employment and social security allow countries to deal better with the great rigidity that the fixed levels of debt impose on households and companies. We should cherish these rigidities.

    Today it is becoming increasingly clear that flexibility may not be a quality at all, but a serious handicap. Let us analyse why that is.
    It follows that the most flexible economies will suffer most from this. In countries where companies can easily fire workers, or where they can cut their wages on a whim, these same workers will be hit harder by the debt deflation dynamics. They will have to sell their houses and their other assets more quickly, thereby threatening others (including banks) with bankruptcy.

    When economies are hit by debt deflation they need circuit breakers. You guessed it: rigidities in wages, prices and employment contracts are such circuit breakers. They slow down the debt deflation dynamics, allowing for a more orderly retreat. Workers do not immediately lose their jobs; their wages are not cut instantaneously, giving some respite in the orderly winding down of debt levels.

    Of course, these circuit breakers do not eliminate the debt deflation dynamics; they slow them down. There is one ultimate circuit breaker, however, that has the capacity to stop the dynamics. This is the social security system.
    Quelle: Financial Times

  11. Finanzbranche zieht gegen Aufsicht vor Gericht
    Die gesamte Finanzwirtschaft will juristisch gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorgehen. Nach Informationen des Handelsblatts soll gerichtlich geklärt werden, wer für etwaige Schadensersatzforderungen bei einem Fehlverhalten von BaFin-Mitarbeitern haften soll.

    Das Bundesfinanzministerium (BMF) als Fach- und Rechtsaufsicht der BaFin steht auf dem Standpunkt, dass Schadensersatzforderungen letztlich von der Finanzwirtschaft zu tragen seien, weil sie die BaFin vollständig finanziere.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Interessant sind weniger die Haftungsfrage, als die Information, dass die Finanzwirtschaft ihre Aufsicht selbst finanziert. Braucht man sich da noch über die laxe Aufsicht der vergangenen Jahre zu wundern. Merke: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!

  12. Kaiser’s-Kassiererin: Kündigung wegen 1,30 Euro wirksam
    Eine Supermarkt-Kassiererin ist auch in zweiter Instanz mit der Klage gegen ihre Entlassung gescheitert. Sie soll Pfandbons im Wert von 1,30 Euro unterschlagen haben. Das Landesarbeitsgericht Berlin gab dem Arbeitgeber Recht, der das Vertrauensverhältnis gestört sah.

    Die fristlose Kündigung einer langjährigen Supermarkt-Kassiererin wegen der Unterschlagung von zwei Leergutbons im Wert von 1,30 Euro ist rechtens. Mit einem entsprechenden Urteil zog das Landesarbeitsgericht Berlin am Dienstag einen Schlussstrich unter den Fall der 50-jährigen Barbara E., deren Entlassung zu teils heftigen Protesten geführt hatte. Der DGB nannte das Urteil einen “schwarzen Tag für Arbeitnehmer” und eine “Abstrafung für eine Gewerkschafterin”.

    Die Kassiererin, von ihren Unterstützern “Emmely” gerufen, war seit 1977 in einer großen Supermarkt-Kette beschäftigt. Anfang 2008 hatte sie nach Auffassung des Gerichts zwei Leergutbons im Wert von 48 und 82 Cent aus dem Kassenbüro genommen und für sich selbst eingelöst. Es folgte die fristlose Kündigung. Barbara E. zog vor das Arbeitsgericht und verlor zunächst in erster, am Dienstag in zweiter Instanz.
    Quelle: stern

    Anmerkung WL: Man muss sich nur einmal diese schreiende Ungerechtigkeit vor Augen halten:
    Da wird eine Niedriglöhnerin ihrer beruflichen Existenz beraubt, weil sie einen Pfandbonus von 1,30 Euro (in Worten: ein Euro und 30 Cent) unterschlagen haben soll, und andere, die in krimineller Weise Milliarden veruntreut haben, bekommen dafür noch Millionen an Boni hinterhergeworfen. Kaum einer wurde fristlos entlassen, im Gegenteil, wenn sie überhaupt ihre Posten abgegeben haben, wurden ihnen noch Millionen an Abfindungen gezahlt. Kein Gericht hat sich damit beschäftigt, wie eine große Zahl von Bankern das Vertrauensverhältnis zu ihrem Arbeitgeber und vor allem zu ihren Kunden zerstört hat. Kaum ein Staatsanwalt hat strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Eine derartige Ungleichbehandlung zerstört das Vertrauen in den Rechtsstaat.

  13. Arge darf kein Lohndumping fördern
    Weigert sich ein Langzeitarbeitsloser, zu Dumpinglöhnen zu arbeiten, darf das Arbeitslosengeld II nicht gekürzt werden. Das entschied das Sozialgericht Dortmund jetzt im Fall einer Frau aus Bochum, die bei einem Textildiscounter für einen Stundenlohn von 4,50 Euro brutto beschäftigt werden sollte.

    Auf die Klage der Arbeitslosen hob das Sozialgericht Dortmund die Leistungskürzung wieder auf. Es entschied, dass ein Stundenlohn von 4,50 Euro bei einem untersten Tariflohn von 9,82 Euro unzumutbar sei.

    Solche Stundenlöhne seien sittenwidrig. Arbeitslosen derartige Stellen mit Hilfe von Sanktionen aufzuzwingen, hieße, Lohndumping zu unterstützen und das Lohngefüge weiter nach unten zu schrauben, urteilte das Gericht.
    Quelle: FR

  14. Fein R.I.P. – Wie Missmanagement Schiesser in die Pleite trieb
    Der Wäschehersteller Schiesser ist kein Opfer der Finanzkrise. Grausiges Missmanagement, so interne Unterlagen, trieb die Unterhosen-Ikone in die Pleite.
    Quelle: WiWo
  15. DGB-Kampagne: „Rente muss zum Leben reichen“
    Unter dem Motto „Rente muss zum Leben reichen“ hat der DGB seine Kampagne zur Stärkung der solidarischen Alterssicherung in Deutschland gestartet. Ziel ist es, die Ursachen der drohenden Altersarmut deutlich zu machen und die Politik dazu zu bewegen, die notwendigen Reformen rasch auf den Weg zu bringen.
    Quelle: Welt der Arbeit.de
  16. Immer mehr Ärzte proben den Aufstand
    Immer mehr Krankenversicherte im Südwesten melden Probleme mit Praxisärzten, die sie aus Protest gegen die Honorarreform nicht behandeln wollen. Bei der DAK sind in Baden-Württemberg 200 Fälle bekannt, bei der Techniker Krankenkasse 115 und beim Verband der Betriebskrankenkassen 76.

    Dabei handelt es sich um ganz unterschiedliche Erfahrungen der Patienten: Einmal sollen sie nur gegen Vorkasse behandelt werden, einmal werden ihnen Leistungen gänzlich verweigert, weil das Budget der Ärzte schon ausgeschöpft sei. Dann werden sie auf die Warteliste gesetzt. Betroffen sind vor allem die Fachgruppen der Magen-Darm-Spezialisten und der Hautärzte, die wegen aus ihrer Sicht zu niedriger Vergütung von Magenspiegelungen beziehungsweise Hautkrebsfrüherkennungs-Untersuchungen rebellieren.
    Quelle: Stuttgarter Zeitung

    Anmerkung WL: Leider habe ich bisher keine Veröffentlichung der Honorarsätze und über die Einbußen gefunden, damit man mehr Klarheit gewinnt über die tatsächlichen Einkommensverluste der Ärzte. Irgendwo müssen doch die zusätzlichen 2,75 Milliarden Euro oder die Erhöhung der Honorare um 10 % gelandet sein.

  17. Norbert Walter: Der verfolgte Schwarzseher
    Es kommt noch schlimmer: Um 5 Prozent werde die deutsche Wirtschaft dieses Jahr schrumpfen, hat Norbert Walter gerade verkündet. Ein noch größeres Minus sei nicht auszuschließen, falls die Konjunktur nicht spätestens vom Sommer an wieder anziehe. Walters rabenschwarze Prognose lässt viele erschauern.

    Schon im Dezember hatte der Chefvolkswirt der Deutschen Bank Aufsehen erregt, als er „minus 4 Prozent“ voraussagte. Die Meldung in der „Bild“-Zeitung schlug ein wie eine Bombe. Danach habe man versucht, ihn zum Schweigen zu bringen, berichtet ein sichtlich entnervter Walter im Gespräch. Finanzminister Peer Steinbrück habe persönlich zum Telefon gegriffen und beim Deutsche-Bank-Chef Ackermann interveniert. Doch ein Norbert Walter lässt sich den Mund nicht verbieten, sagt Walter und schaut gequält.

    Lautete früher sein Credo „Mehr Markt“, so fordert er nun entschiedene staatliche Eingriffe. Hoffnung setzt er auf einen globalen Rettungsplan unter Anleitung von Barack Obama. Jetzt sei nicht die Zeit für ordnungspolitische Bedenkenträgerei. „Wenn es brennt, muss die Feuerwehr löschen, da kann man nicht über die richtige Organisation sprechen.“ Alles, was die Nachfrage stärke, sei richtig. „Die Abwrackprämie ist gut, wir könnten sie noch auf viel mehr Güter bis hin zu Haushaltsgeräten und Küchenmöbeln ausdehnen“, sagt er.

    Noch im Herbst 2008 hat allerdings auch Norbert Walter die Lage weit weniger dramatisch eingeschätzt. Damals sah er – wie die meisten Institute – eine Rezession in Deutschland „nicht als das Hauptszenario“. Und weiter: „Konjunkturprogramme sind falsch. Das ist alles verbranntes Geld.“
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Leser D.R.: Es darf doch nicht sein, dass dem neoliberalen Chefvolkswirt Walter der “Verfolgtenkranz” von der “Zeitung für Deutschland” geflochten wird, nur weil er durch nichts bewiesene Untergangsszenarien als unumstößliche wissenschaftliche Gewissheiten prognostiziert!

    Von der jetzigen finanzökonomischen Krise hatte Herr Walter vor einem halben Jahr noch nichts, aber rein gar nichts gewusst! Wozu taugt eigentlich dessen jetziges Horrorszenario? Finanzwissenschaftlich zu gar nichts. Wenn sich aber Herr Walter aufgrund seiner Katastrophenvision so durch das Volk und die Leitung der Deutschen Bank bedroht fühlen muss, dass er für um sein Leben bangt, ja dann bleibt ihm eigentlich nur noch die Emigration. Wer fühlte sich hier nicht an den Prof. Sinnschen Wahnsinnsvergleich: Bankiers = Juden = Verfolgte wie im “Dritten Reich” erinnert? Gewiss, Herr Walter ist ein ehrenwerter Mann, der sich gegen diese Laudatio der “Zeitung für Deutschland” nicht wehren kann, nicht wahr?! Aber wir, Sie, die NDS… und ich können das.

    Herr Walter und seine Zunft tragen die Hauptverantwortung für das jetzige/zukünftige durch die Rezession bewirkte Massenelend, und zwar ein weltweites! Wie drückt sich nun die persönliche Verantwortungsübernahme des “Chefvolkswirtes” aus? Durch nichts, durch gar nichts! Wer die neoliberale Gesellschafts-/Wirtschaftsdoktrin zum Gesetz seines beruflichen Handelns gemacht hat, sollte jetzt Farbe bekennen und sich in den Ruhestand verabschieden, wobei der Prozess wegen ideologischer Beihilfe zur Vernichtung von Volksvermögen noch ausstünde.

    Sehe ich das alles ganz falsch? Bin ich zu “dünnhäutig“(Neusprech)?

    Siehe dazu auch:

    Von Chefvolkswirten und SED-Funktionären
    Dampfplauderer mit Hang zum Horrorszenario: Noch bis vor kurzem erklärte Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Walter den Tanz ums goldene Derivate-Kalb als rational. Er erinnert ein wenig an jene SED-Funktionäre, die vor 1989 die DDR betrieben haben, aber nach der Wende wortreich erklärten, warum der Sozialismus scheitern musste.
    Quelle: SZ

    Anmerkung AM: Das sind diese typischen Spielernaturen, denen wir den ganzen Schlammassel verdanken. Walter war übrigens immer schon auch Zulieferer von Gabor Steingart (vom SPIEGEL).

  18. Bertelsmann Management-Index: Deutschland im Mittelfeld
    Für die Herausforderungen durch die Globalisierung ist Deutschland unter allen westlichen Industriestaaten vergleichsweise gut aufgestellt. Allerdings weist das öko­nomische und politische Leistungsniveau gerade im Vergleich zu den skandinavischen Staaten erhebliche Defizite auf. Dies ist das Ergebnis einer internationalen Vergleichsstudie über die Zu­kunftsfähigkeit in allen 30 OECD-Staaten der Bertelsmann Stiftung (Sustainable Governance Indicators – SGI).

    Die von einem weltweiten Netzwerk renommierter Wissenschaftler durchgeführte Untersuchung analysiert anhand von 149 Indikatoren den Reformbedarf und die Reformfähigkeit der jeweiligen Staaten in Politikfeldern, die für die Frage der Nachhaltigkeit einer Gesellschaft einen zentralen Stellenwert besitzen. Für Deutschland benennt die Studie deutliche Defizite. Insbesondere bei den Themen Arbeitsmarkt, Bildung, Integration und Wirtschaft.

    Besonders hervorgehoben werden dabei eine wenig nachhaltige Gesundheitsreform, die Mängel in der Kleinkinderbetreuung, die hohe Arbeitslosigkeit, geringe Bildungschancen von Menschen mit Migrationshintergrund sowie ein kompliziertes und undurchsichtiges Steuersystem. Vorreiter ist Deutschland dagegen bei der Umweltpolitik sowie in der Forschung und Entwicklung, obwohl die Experten hier noch weiteres Steigerungspotenzial ausmachen. An der Spitze der Vergleichserhe­bung stehen die skandinavischen Staaten, während Deutschland bei den meisten Indikatoren im oberen Drittel rangiert.

    Als einen entscheiden Faktor bei der Bewältigung der Herausforderungen durch die Globalisierung machten die Forscher in der Vergleichsstudie allerdings nicht wirtschaftliche oder soziale Gege­benheiten aus, sondern “die Kunst des Regierens”: Staaten mit einer hohen Demokratiequalität und einer wirksamen Einbeziehung gesellschaftlicher Akteure erzielen demnach eindeutig nach­haltigere Politikergebnisse. Die Länder der Spitzengruppe zeichnen sich zudem durch hervorra­gende Management-Leistungen ihrer Regierungen aus.
    Quelle: Bertelsmann Stiftung

    Anmerkung WL: Die Bertelsmann-„Wissenschaftler“ scheinen wenigstens einen Teil ihrer bisherigen „Reform“-Indikatoren ausgewechselt zu haben. Plötzlich stehen nicht mehr Entstaatlichung, Privatisierung, Steuer- oder Abgabensenkungen im Vordergrund.
    Dennoch scheinen sie von der Entwicklung überrollt worden zu sein.

    Dazu eine Anmerkung von J.A.: Man fragt sich schon, „was soll das“? Und wer soll das ernst nehmen??? Nur ein paar Beispiele:

    • Island (!!!) steht im internationalen Vergleichsindex bei mit 7,4 von 10 möglichen was-auch-immer-Punkten auf Rang 5 (!!!) – und steckt mitten im Staatsbankrott. Die „Reformfähigkeit“ im Sinne Bertelsmanns dürfte erheblich gelitten haben.
    • Dito Irland: steht mit 7,0 auf Rang 7 (!!) und ebenfalls kurz vor dem Staatsbankrott
    • Österreich: 6,5 Punkte, Rang 10, akut bedroht durch die Wirtschaftskrise in Osteuropa
    • Die USA und die Schweiz, ebenfalls 6,5 Punkte, Rang 12 und 13: mitten in der Rezession, vom Staatsbankrott bedroht.
    • Deutschland hat 6,3 Punkte, hinter allen anderen genannten Ländern. Dieses Land ist trotz miserabler Wirtschaftspolitik immer noch eines der wettbewerbsfähigsten und jedenfalls weit weniger verschuldet.
    • Großbritannien mit 6,1 Punkten immerhin direkt hinter Deutschland.

    Darüber schreibt der Spiegel:

    Großbritannien: Land voller Angst
    Kaum ein Land erlebt durch die Wirtschaftskrise einen so brutalen Absturz wie das Vereinigte Königreich. Im einstigen wirtschaftlichen Musterland macht sich tiefe Verunsicherung breit.
    Quelle: SPIEGEL
     
    Anmerkung J.A.: Wie viele Belege braucht der SPIEGEL noch, bis er erkennt, dass die „anscheinend richtige“ „Reform“-Politik vollkommen falsch war und sie zur offensichtlichen Ursache der wirtschaftlichen Katastrophe erklären kann? Immerhin wird hier Blair nicht zum Sozialdemokraten verklärt, sondern sein Politikansatz präzise beschrieben.

  19. „Andrea Ypsilanti tritt zurück!“
    „Andrea Ypsilanti tritt zurück!“ – Wie gerne hätte ich diese Schlagzeile gelesen! So viele Tritte, so viele davon unter die Gürtellinie, hat Frau Ypsilanti einstecken müssen. Meine Wut darüber schwoll täglich an und ist noch lange nicht verebbt. Natürlich ist es sehr ehrenwert, dass Andrea Ypsilanti nicht Gleiches mit Gleichem vergilt und nun ihrerseits zum Tritt ausholt. Und klug ist es vielleicht auch, so kann sie eventuell noch eine andere Karriere machen. Das halten Sie für ausgeschlossen? Kann sein. Ich setze aber durchaus Hoffnung darauf, dass Andrea Ypsilantis Partei, die sich ja dem Gender Mainstreaming verschrieben hat, die Parteipolitik des letzten Jahres in Hessen unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten aufarbeiten wird.
    Quelle: Fembio
  20. Als wäre nichts geschehen … die Räumung des Waldcamps im Kelsterbacher Wald mit allen (Kampf-)Mitteln
    In den Morgenstunden des 18.2.2009 räumten über 100 Polizeibeamte, mit Unterstützung eines vermummten Sondereinsatzkommandos/SEK das Waldcamp im Kelsterbacher Wald. Gegen 37 der FlughafenausbaugegnerInnen stellte die FRAPORT Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch.

    Die FRAPORT hatte sich tags zuvor, im 24-Stunden-Service, einen Räumungstitel besorgt, die Polizei hatte Wochen zuvor alle Waldcamp-BewohnerInnen identifiziert und aufgelistet. So konnte die FRAPORT die Räumung gegen namentlich aufgeführte BewohnerInnen erwirken.

    Auch der Sicherheitsdienst der FRAPORT war gut vorbereitet und bewies geheimdienstliches Potenzial im rechtsfreien Raum.
    Quelle: wolfwetzel

  21. Lehrermangel in Niedersachsen: Problem-Ministerin vergrätzt Referendare
    Niedersachsens Ministerpräsident Wulff hat ein Problem: Dem Land fehlen mindestens 1500 Lehrer. Und Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann steht massiv in der Kritik. Jetzt will sie Referendare schneller zum Examen treiben, früher einsetzen – und schlechter bezahlen.
    Quelle: SPIEGEL


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