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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 3. Mai 2018 um 8:24 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Haushalt
  2. Kein deutscher Alleingang im Handelsstreit mit den USA
  3. Oettinger hat sich verrechnet
  4. Die beschämende Tragödie von Gaza
  5. Bis es kracht
  6. Drei Handwerksbranchen heben heute ihre Mindestlöhne an
  7. Wenn vom Stundenlohn 1,77 Euro bleiben
  8. Gut am Gute-Kita-Gesetz ist lediglich der Titel
  9. Betriebsprüfer bringen Fiskus 17,5 Milliarden Euro
  10. Altlasten des »Euromaidan«
  11. Italien, Frankreich und USA führen die Wada-Liste mit den meisten Dopingverstößen an
  12. Winziger Plastikmüll: Mikroplastik breitet sich auch an Land aus
  13. Zum Glück nur eine Amokfahrt!
  14. Kalte Wut, kämpf!
  15. Bedingt gesprächsbereit: die ausgesperrte Bundeswehr und das PR-Eigentor der re:publica-Macher

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Haushalt
    1. Investitionen: Die Null hat das Sagen
      Olaf Scholz ist, das kann man jetzt schon sagen, als Finanzminister ein Desaster. Er wird damit sehr erfolgreich sein
      Als Finanzminister Olaf Scholz heute seinen Haushaltsentwurf für 2018 vorgestellt und die Finanzplanung bis 2022 präsentiert hat, spielte er auf einer ganz eigenen rhetorischen Klaviatur, deren Spannbreite von knochentrocken floskelhaft bis hinauf zu sehr, sehr dröge reicht, gespickt mit seltenen Ansätzen eines lautlosen Schmunzelns. Es mag sein, dass Scholz denkt, so komme er dem Idealbild der Deutschen von einem Finanzminister nahe. Wahrscheinlich hat er damit sogar recht.
      Doch das war bloß die Präsentation. Der Inhalt dessen, was Scholz angekündigt hat, funktioniert leider sehr ähnlich: Die schwarze Null, die sich Scholz ans Bein gebunden hat, das Absinken des Schuldenstands auf unter 60 Prozent des BIP, das er stolz verkündete. Ökonomisch mag das sinnlos sein. Scholz rechnet damit, dass es politisch erfolgreich sein wird. Und wenn schon nicht für seine Partei, dann wenigstens für ihn selbst.
      Im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD hieß es noch, man wolle „investieren in die Zukunft“. Es stellt sich heraus, dass das nicht wörtlich gemeint war.
      Quelle: der Freitag
    2. Sinkende Investitionen: Scholz’ neuer Haushalt ist fast schon ein Skandal
      Wenn in einem Land wie Deutschland dauerhaft Steuerüberschüsse anfallen, andererseits aber die Schüler im internationalen Vergleich bei der Bildung abgehängt bleiben, wenn alte Menschen in Pflegeheimen weggesperrt werden, die Wartelisten für Fachärzte lang sind, Flughäfen und Bahnhöfe nicht fertig werden, Bedürftige auf Tafeln angewiesen und großflächige Funklöcher die Regel sind, dann regiert die große Koalition am Bürger vorbei. Mal ganz davon abgesehen, das sich so der riesige Handelsbilanzüberschuss nicht abbauen lässt.
      Quelle: Süddeutsche
    3. Steueraufkommen steigt auf 913 Milliarden Euro – Doch „Schwarze Null“ könnte Spielraum für Koalitionsprojekte schnell zerstören
      Dank guter Konjunktur sprudeln 2018 und in den kommenden Jahren die Steuern – sogar deutlich stärker als noch im November vom Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ prognostiziert. Deshalb können die von der großen Koalition geplanten prioritären Investitionen in Bildung, Kinderbetreuung, Wohnen und Infrastruktur nach gegenwärtigem Stand finanziert werden. Doch die Regierung hat keinen Plan für den Ernstfall, dass sich die Konjunktur spürbar eintrübt, etwa in Folge eines weltweiten Handelskonflikts. Dann ergäbe sich bei einem Festhalten an der „Schwarzen Null“ bis 2022 ein Kürzungsbedarf von bis zu 55 Milliarden Euro. Damit müssten die prioritären Maßnahmen weitgehend zurückgenommen werden oder Einsparungen an anderer Stelle erfolgen. Zu diesen Ergebnissen kommt die neue Steuerschätzung des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Eine sichere Basis für notwendige Investitionen sei in der gegenwärtigen Situation weitaus wichtiger als die unnötige Festlegung auf einen ausgeglichenen Haushalt, mahnen die Forscher.
      Quelle: Hans Böckler Stiftung
    4. Das Schaubild Scholz
      Hätte der frühere Finanzminister Wolfgang Schäuble eine Finanzplanung vorgelegt, in der die öffentlichen Investitionen sinken, wäre natürlich auch ein kurzer Aufschrei zu hören gewesen. Dieser hätte aber der sonderbaren Bewunderung nichts anhaben können, die Schäuble umgab, weil er doch die Schwarze Null verteidigte. Nun versucht Olaf Scholz seinem Vorgänger nachzueifern. Vermutlich, weil auch er bewundert werden möchte, denn vernünftig ist seine Haushaltspolitik ebenso wenig, wie die von Wolfgang Schäuble.
      Eine lange Nacht des Anschweigens und Orangenschälens brachte den Sozialdemokraten das Finanzministerium ein. Ein Erfolg, wie die Verhandlungsführer immer wieder betonten. Eine Gruppe junger Sozialdemokraten im Bundestag legte sogar ein neues Positionspapier vor, in dem sie eine Abkehr von der Schwarzen Null und im Gegenzug deutlich mehr öffentliche Investitionen forderten. Doch der Finanzminister denkt gar nicht daran, etwas zu verändern. Dafür hat er auch die Rückendeckung der neuen Parteivorsitzenden, Andrea Nahles, die es ablehnt, aus Profilierungsgründen das haushaltspolitische Prinzip der Schwarzen Null infrage zu stellen. (…)
      Ein haushaltspolitisches Prinzip ist die Schwarze Null aber mit Sicherheit nicht, sondern ein fataler Irrweg, der die Kosten in Gegenwart und Zukunft immer weiter in die Höhe treibt. Es ist ja nicht so, dass der gigantische Investitionsstau der letzten Jahre auch nur ein Stückweit kleiner geworden wäre. Im Gegenteil. Wer Schulen, Brücken und Krankenhäuser heute weiter verlottern lässt, muss morgen noch viel mehr Geld für deren Instandhaltung oder Erneuerung in die Hand nehmen oder den Menschen erklären, dass sie entweder auf Infrastruktur verzichten oder privat selbst finanzieren sollen. Möglicherweise arbeitet der Bund auf letzteres unter dem Schlagwort ÖPP weiter gezielt hin.
      Quelle: TauBlog

      Anmerkung Christian Reimann: Gibt es eigentlich auch “roten Nullen”? Es könnte der Eindruck entstehen, dass die SPD sich gerade mit Frau Nahles und Herrn Scholz – ohne weiteres könnte sicherlich zumindest auch Herr Maas dazu gezählt werden – “Nullen” in Partei- und Fraktionsspitze sowie in Bundesministerien leistet. Das Ergebnis dürfte u.a. sein: Keine (ökonomische) Vernunft und keine Erneuerung der SPD. Die Wählerschaft scheint das zu verstehen. Nach dem Schulz-Effekt fällt nun auch der erhoffte Effekt durch die neue Bundesvorsitzende Nahles keinesfalls positiv aus.

    5. Schwarze Null als Zeichen kultureller Identität
      Quelle: Stuttmann Karikaturen
  2. Kein deutscher Alleingang im Handelsstreit mit den USA
    „Ein deutscher Alleingang in der verlängerten Zitterpartie um Ausnahmen für die EU von den US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium ist sicher nicht hilfreich. Die Kritik am eigentlichen Problem, den enormen deutschen Handelsbilanzüberschüssen, ignoriert die Bundesregierung komplett. Stattdessen Zugeständnisse bei Industriezöllen anzudeuten, welche wiederum in erster Linie andere EU-Mitgliedstaaten treffen würden, ist uneuropäisch. Diese Politik des ‚Germany first‘ muss zugunsten eines in der EU abgestimmten Vorgehens aufgegeben werden“, erklärt Klaus Ernst, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die verlängerte Ausnahme der EU von US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium. Ernst weiter:
    „Auch ist ein kurzerhand aus dem Ärmel geschütteltes TTIP light keine nachhaltige Lösung. Dazu würde es im Übrigen eines Mandats der EU-Mitgliedsstaaten bedürfen. Bei Stahl gibt es eine weltweite Überproduktion. Um sie in den Griff zu bekommen, muss es zielführende Gespräche mit allen Beteiligten – insbesondere China – geben. Gleichzeitig sollte Deutschland seinen guten Willen zur Lösung des Handelskonflikts demonstrieren, indem es über eine weitere Stärkung der Binnennachfrage und der Investitionstätigkeit mehr Importe anreizt und dadurch die Exportüberschüsse abbaut. Selbst der Hauptgeschäftsführer des DIHK, Herr Dr. Wansleben, sagte heute im Deutschlandfunk, dass wir nicht die materiellen Möglichkeiten nutzen, die wir hätten. Der deutsche Handelsüberschuss geht damit auch zulasten Deutschlands: Außenhandelsüberschuss heißt letztendlich, dass man dem Ausland Geld leiht, damit es einem die eigenen Waren abkauft. Ob dies je zurückgezahlt wird, ist unsicher.“
    Quelle: Linksfraktion

    dazu: Binnenwirtschaft, Baby!
    Handelsbilanz Statt über Trump zu schimpfen, sollte Deutschland die Transformation seines ökonomischen Modells angehen
    Plötzlich und scheinbar unerwartet ist ein internationaler Handelskrieg entbrannt. Ein Urgestein der marktwirtschaftlichen Ordnung – die USA – wendet sich vordergründig vom internationalen Freihandel ab und stellt damit die Globalisierung zumindest teilweise in Frage. Andere Handelsmächte wie China ziehen nach oder waren bereits im Vorfeld tätig. Akteure wie US-Präsident Donald Trump stellen in der aktuellen Globalisierungsdebatte nationalstaatliche Interessen über die globalen Gewinne aus internationaler Arbeitsteilung: Es geht darum, Profite heimischer Unternehmen, aber auch Beschäftigung in den Heimatländern zu sichern. Die wettbewerbsorientierte Globalisierung scheint sich selbst auszubremsen.
    Auf die ausufernden, internationalen Wertschöpfungsketten und Ausbeutungsstrukturen, die hinter der sogenannten preislichen Wettbewerbsfähigkeit stecken, weisen sozial-ökologisch ausgerichtete Globalisierungsgegner schon seit langer Zeit hin. An diesen Missständen der Globalisierung werden jedoch auch neue Zölle und Handelshemmnisse nichts ändern. Darauf zielen diese Maßnahmen ja auch gar nicht. Die Globalisierungskritik kommt aus einer ganz anderen Ecke und hat mehr Macht als alle zivilgesellschaftlichen Organisationen. China und die USA kämpfen um die Leistungsbilanz.
    Damit folgt diese neue Globalisierungskritik einem Ökonomieverständnis, das sich in zentralen Teilen an einer klaren Größe orientiert. Die Leistungsbilanz ist eine umfassendere Rechnungslegung als die Handels- und Dienstleistungsbilanz. Auch Einkommen, die im Ausland realisiert werden, sind hier erfasst. Dazu kommen Transfers, die ohne Gegenleistung zwischen zwei Wirtschaftsräumen fließen. Tatsächlich gibt die Leistungsbilanzsituation einen wichtigen Anhaltspunkt für die Tragfähigkeit der internationalen Verflechtung einer Volkswirtschaft.
    Quelle: der Freitag

    dazu auch: Diskussionen um TTIP light: “Schiedsgerichte sind ein hochgefährliches Instrument”
    Sofern in Freihandelsabkommen Schiedsgerichte vereinbart würden, hätten Investoren die Möglichkeit öffentliche Regulierungen anzugreifen, sagte Peter Fuchs von der Organisation PowerShift im Dlf. Das könne für den Steuerzahler sehr teuer werden. […]
    Reimer: Sagen Sie noch mal: Warum sind diese Schiedsgerichte aus Umwelt- und Verbrauchersicht so problematisch aus Ihrer Sicht?
    Fuchs: Schiedsgerichte sind ein hochgefährliches Instrument, mit dem Investoren und ihre Anwaltskanzleien öffentliche Regulierungen im Sinne von Umwelt und Verbrauchern angreifen. Sie können diese Schiedsklagen außerhalb der Rechtssysteme Europas oder umgedreht außerhalb des US-Rechtssystems nutzen, indem sie bei einem internationalen Tribunal auf Entschädigung klagen, wenn bestimmte Regelungen, aber auch Gerichtsurteile oder Verwaltungshandeln den Investoren das Eigentum oder die Profiterwartungen schmälern.
    Reimer: Zum Beispiel schärfere Umweltgesetze?
    Fuchs: Genau. Aus Umwelt- und Verbrauchersicht können das Regulierungen eines Bergbaukonzerns sein, können das Regulierungen in der Chemie- oder Automobilproduktion sein. Und Investoren haben dann mit Hilfe von ISDS, diesen Schiedsgerichtssystemen oder auch Schiedstribunalen die Möglichkeit, das anzugreifen. Das kann für Steuerzahler sehr teuer werden, wenn Entschädigungen gezahlt werden, aber auch schon, wenn es gar nicht zu Urteilen kommt, ist das Instrument eine Waffe, mit der Druck gemacht wird auf Regierungen und Parlamente.
    Quelle: Deutschlandfunk

  3. Oettinger hat sich verrechnet
    Der Budgetentwurf für 2021ff stößt auf Widerstand. Doch diesmal sind es nicht nur die üblichen Verdächtigen, die protestieren. Haushaltskommissar Oettinger und Kommissionschef Juncker haben sich verrechnet. […]
    Trick Nummer eins: Querbeet kürzen, aber mehr für die Flüchtlingshilfe geben. Trick Nummer zwei: Geld soll es nur bei Rechtsstaatlichkeit geben. Beides lässt eine deutsche Handschrift erkennen. Denn es würde Deutschland die gewohnten Rückflüsse aus Brüssel sichern, die Länder in Osteuropa hingegen viele Milliarden kosten. Aber auch Frankreich müsste bluten – und alle sollen mehr zahlen! Wenn Oettinger (und Merkel) geglaubt haben sollten, damit kämen sie durch, so haben sie sich verrechnet. Schon wenige Stunden nach Vorstellung des Plans stand halb Europa auf den Barrikaden.
    Quelle: Lost in Europe

    dazu: Der Weltmacht-Etat
    Die gestern vorgestellten Pläne von Haushaltskommissar Günther Oettinger für den nächsten EU-Etat legen den Keim für weitere Spaltungen in der Union. Oettinger will – entsprechend den Forderungen Berlins – mehr Geld für Militär, Rüstung und Grenzabschottung bereitstellen und deshalb in Bereichen kürzen, die für die globale Machtpolitik der EU wenig bedeuten: bei den Beihilfen für die Landwirtschaft und für strukturschwache Regionen. Ersteres ginge vor allem auf Kosten Frankreichs und einiger südlicher EU-Mitglieder; Letzteres träfe insbesondere die Länder Ost- und Südosteuropas hart. Ergänzend sieht Oettingers Konzeption erstmals vor, EU-Staaten bei politisch missliebigem Verhalten mit Mittelkürzungen zu bestrafen. Der Vorstoß richtet sich vor allem gegen antidemokratische Maßnahmen etwa in Polen und Ungarn, schafft damit aber einen Präzedenzfall, der prinzipiell auf andere missliebige Schritte weiterer EU-Staaten ausgedehnt werden kann. Die Nutzung von EU-Beihilfen zur Disziplinierung widerspenstiger Mitglieder entspricht einer Forderung Berlins.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu auch: Mehrjähriger Finanzrahmen der EU: Falsche Grundausrichtung
    Während an sozial sinnvollen Bereichen angeblich gespart werden muss, will die Kommission mithilfe von PESCO die Rüstungsunternehmen massiv fördern. Auch die Öl- und Gasindustrie wird aus Steuermitteln weiter subventioniert, etwa mit dem Topf CEF-Energy. Für Waffen und Klimakiller muss Deutschland seinen Anteil an den EU-Mitteln sicher nicht erhöhen“, erklärt Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, zum heute vorgestellten Finanzrahmen der EU (2021-2027). Hunko weiter:
    „DIE LINKE ist nicht grundsätzlich dagegen, dass die Bundesrepublik Deutschland höhere Beiträge zum Finanzrahmen der EU leistet. Es muss allerdings darum gehen, wie die EU-Mittel verwendet werden. Hier lässt sich im neuen Finanzrahmen der EU eine zunehmend bedrohliche Tendenz erkennen: Anstatt sozial sinnvolle Ausgaben auszuweiten, etwa die Kohäsionsmittel, will die Kommission bei den Mitgliedsländern mithilfe von ‚Konditionalitäten‘ weitere Sozialkürzungen und wirtschaftliche Strukturreformen erzwingen. Als Instrument der Förderung von politischen Entwicklungen sind sie nicht geeignet. Hinzu kommen steigende Ausgaben für Rüstung – damit entfernt sich die EU immer weiter von einer dringend notwendigen Angleichung der Lebensverhältnisse in der EU.“
    Quelle: Linksfraktion

  4. Die beschämende Tragödie von Gaza
    Die israelische Armee geht am Grenzzaun mit scharfer Munition gegen Demonstranten vor. Dabei könnte sie aus der Geschichte lernen, dass das der falsche Weg ist. Der Gastbeitrag.
    Am 30. März erschoss die israelische Armee am Zaun, der den Gazastreifen von Israel trennt, 17 Palästinenser mit scharfer Munition. Daraufhin postete Kobi Meidan, einer der führenden Journalisten in Israel, wenige Worte: „Heute schäme ich mich, Israeli zu sein.“
    Meidans Leben veränderte sich sofort. Die zahllosen Drohungen gegen ihn waren trivial im Vergleich zur Reaktion des Kommandanten des Armeeradios, Galei Tzahal, bei dem er arbeitet: Der forderte seine Entlassung. In der Woche darauf versuchten hunderte Israelis, Meidan klarzumachen, wie stolz er auf sein Land sein sollte.
    Viele Israelis haben jedoch aufgehört, stolz auf ihr Land zu sein. Sie haben sogar begonnen, sich zu schämen. Nicht nur wegen des sinnlosen Tötens an der Grenze zu Gaza, sondern auch wegen der Korruptionsskandale des Premierministers und seiner Vertrauten und wegen der Anstrengungen der Regierung, etwa 34.000 Asylsuchende zu deportieren.
    Die Verwendung von scharfer Munition gegen Demonstrierende ist verachtenswert. Der Staat Israel, der über modernste Ausrüstung verfügt, um mit Demonstrationen fertig zu werden, hätte andere Mittel gehabt, um auf die Proteste zu reagieren.
    Die massive Krise in Gaza ist kein Geheimnis. Die nahende humanitäre Tragödie ist eine unausweichliche Tatsache. Die Vorbereitungen für einen Marsch der Massen zur Grenze waren offen und klar. Israel erklärte im Voraus, es werde scharf schießen, und war sogar bereit, „den Preis dafür zu zahlen“. Die Entscheidung zielte auf Einschüchterung und Abschreckung, während sie die Einsatzkosten senkte, indem sie die Truppenstärke zur Sicherung des Zauns minimierte.
    Quelle: FR Online

    Anmerkung Albrecht Müller: Eine sehr mutige Intervention eines früheren Botschafters Israels.

  5. Bis es kracht
    Internationaler Aufruf prangert Kriegsvorbereitungen an. Während USA 2017 am meisten fürs Militär ausgaben, sank das russische Budget deutlich […]
    Anlässlich der neuen SIPRI-Zahlen wurde am Mittwoch ein internationaler Aufruf veröffentlicht. Unter dem Titel »Disarm! Don’t Arm!« (Abrüsten! Nicht aufrüsten!) warnen die Unterstützer darin vor der Gefahr einer Rüstungsspirale. Die Ausgaben seien auf dem höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg, heißt es. Das Zwei-Prozent-Ziel der NATO bedeute eine Erhöhung der Militäretats von mindestens 300 Milliarden Euro auf dann 800 Milliarden. Diese und weitere Entwicklungen seien ohne große Debatten politisch entschieden worden. Die Instrumentalisierung von »Sicherheit« im Sinne von Aufrüstungswettläufen sei fatal. Dagegen sollten finanzielle Mittel in soziale Bereiche wie Gesundheit und Bildung umgelenkt werden.
    Sevim Dagdelen, abrüstungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, warnte vor den Aufrüstungsplänen der Bundesregierung. »Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Maas müssen aufhören, Deutschland zur stärksten Militärmacht in Europa aufzurüsten«, sagte sie. Die geplante Verdopplung des Wehretats auf mehr als 70 Milliarden Euro pro Jahr würde Deutschland neben dem Spitzenplatz in der EU auch zur Nummer zwei der NATO hinter den USA machen. Dagegen brauche es Kooperation, auch und gerade mit Russland, so Dagdelen. Ein gelungenes Beispiel für Abrüstung liefern die SIPRI-Zahlen ebenfalls: Die Rüstungsausgaben in Russland sanken um 20 Prozent.
    Quelle: junge Welt

    dazu: Steigende Militärausgaben erhöhen Konfliktpotenzial
    Die Rüstungsausgaben sind weltweit so stark gestiegen, wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr. Zu diesem Schluss kommen die Forscher des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI. Und sie warnen: Die Suche nach friedlichen Lösungen in Konfliktregionen werde dadurch untergraben.
    Deutschland rangiert laut SIPRI auf Platz 9 mit 36,8 Milliarden Euro Umsatz. Die Bundesregierung steigerte somit gegenüber dem Vorjahr ihre Ausgaben um 3,5 Prozent. Das sei nach wie vor viel zu viel, sagt der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow von der SPD.
    “Ich finde der Rüstungswettlauf, der Konflikt mit Russland und all das, was man jetzt an Geld mehr reinpumpt, eigentlich die Sicherheit gefährdet. Also wir reden sonst viel über Sicherheitslagen, Terrorismus usw., aber ich glaube die größte Bedrohung, Sicherheitsbedrohung ist genau dieser Rüstungswettlauf und natürlich auch die angespannte Situation.”
    Kritik an deutschen Militärausgaben
    Dass Deutschland seine Militärausgaben von derzeit 1,2 Prozent auf 2 des Bruttoinlandsprodukts erhöhen soll, wie von der NATO empfohlen und von den USA gefordert, sieht Bülow kritisch.
    Quelle: Deutschlandfunk

    dazu auch: Die Militärachse Berlin-Paris
    Berlin treibt die deutsch-französische Militärkooperation mit einer intensiveren Zusammenarbeit im Lufttransport voran. Neben ehrgeizigen Rüstungsprojekten haben die Verteidigungsministerien Deutschlands und Frankreichs in der vergangenen Woche eine Vereinbarung getroffen, die den Betrieb einer gemeinsamen Lufttransportstaffel im französischen Évreux sowie die Ausbildung des dafür nötigen Personals regelt. Die Staffel wird für den taktischen Lufttransport beider Länder zur Verfügung stehen und den Großtransporter A400M ergänzen, der gleichfalls von den Streitkräften Deutschlands und Frankreichs gemeinsam beschafft wird. Die bisherige Kooperation etwa im Rahmen der Deutsch-Französischen Brigade wird von Experten als unzureichend eingestuft, da die divergierenden strategischen Ziele beider Staaten ihre Nutzung bislang erschweren. Präsident Emmanuel Macron, unter dessen Amtsführung die Zusammenarbeit nun ausgeweitet und verbessert werden soll, erhält für seine “Vision von einem neuen Europa” in der kommenden Woche den Aachener Karlspreis.
    Quelle: German Foreign Policy

  6. Drei Handwerksbranchen heben heute ihre Mindestlöhne an
    Vom heutigen Tag an gelten im Maler- und Lackiererhandwerk (ca. 115.000 Beschäftigte) höhere Mindestlöhne. Ungelernte ArbeitnehmerInnen erhalten jetzt bundesweit 10,60 Euro, statt zuvor 10,35 Euro, das entspricht einem Plus von 2,4 Prozent. Für Gesellen in Westdeutschland (inkl. Berlin) steigt die untere Entgeltgrenze nur um magere 1,5 Prozent und zwar von 13,10 auf 13,30 Euro. Davon sind Gesellen im Osten noch deutlich entfernt. Sie erhalten ab heute mindestens 12,40 Euro. Immerhin ist das gegenüber dem bisherigen Stundenlohn vom 11,85 Euro eine Anhebung um 4,6 Prozent, was eine Annäherung an die Westlöhne bedeutet. Die endgültige Entgeltgleichheit ist allerdings erst für den Mai 2020 zwischen den Tarifpartnern verabredet.
    Seit August 2013 hat das Gerüstbauerhandwerk, das etwa 21.000 ArbeitnehmerInnen beschäftigt, eine eigene Lohnuntergrenze. Gestartet ist man damals mit 9,50 Euro (siehe 17.07.2013). Heute steigt der bundesweit einheitliche Mindestlohn von 11,00 auf 11,35 Euro, ein Plus von knapp 3,2 Prozent. Die Allgemeinverbindlicherklärung durch die Bundesregierung steht allerdings noch aus. Erst durch sie wird er auch für Beschäftigte in nicht tarifgebundenen Betrieben und für Beschäftigte, die aus dem Ausland entsendet werden, verpflichtend.
    Im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk steht ebenfalls ein höherer Mindestlohn ins Haus. Der beschränkt sich allerdings auf die neuen Bundesländer. Während es im Westen (inkl. Berlin) bei 11,40 Euro bleibt, schließen die Beschäftigten der neuen Bundesländer mit einem Plus von 20 Cent pro Stunde endlich zu ihren KollegInnen im Westen auf, sodass die Entgeltgleichheit nun auch hier vollzogen ist. Die ersten allgemeinverbindlichen Lohnuntergrenzen wurden im Herbst 2013 eingeführt. Sie lagen damals schon bei vergleichsweise hohen 10,13 in Ostdeutschland und 11,00 Euro pro Stunde im Westen (siehe 18.09.2013).
    Zum Leben genug – auch im Alter? (…)
    Nach Berechnungen des Politikwissenschaftlers Florian Blank hätten Vollzeitbeschäftigte bereits im Jahr 2015 einen Stundenlohn von mehr als 11,42 Euro erhalten müssen, um nach langen 45 Beitragsjahren eine Rente zu erzielen, die oberhalb der staatlich sichergestellten Grundsicherung im Alter liegt. Für eine Rente oberhalb der Armutsgefährdungsschwelle wären sogar mehr als 14,40 Euro nötig gewesen.
    Quelle: miese Jobs
  7. Wenn vom Stundenlohn 1,77 Euro bleiben
    Hartz IV soll reformiert werden. Nur wie? Im Kern geht es um mehr als nur die Versorgung von Langzeitarbeitslosen. Zehn Zahlen, die das System erklären
    Hartz IV – für die einen steht der Begriff synonym für den Aufschwung am deutschen Arbeitsmarkt, für die anderen ist es der Inbegriff für die Prekarisierung von Teilen der Beschäftigten in Deutschland. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will das System reformieren, am besten sogar komplett abschaffen. Die Diskussion um Hartz IV ist (wieder einmal) in vollem Gange. Oft genug wird sie aber verkürzt und faktenarm diskutiert. Wir erläutern das System anhand von zehn Zahlen.
    Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland geht kontinuierlich zurück – aktuell sind 2,38 Millionen Menschen als arbeitslos registriert. Die Arbeitslosenquote liegt mit 5,3 Prozent auf einem Rekordtief. Manch einer träumt da schon von Vollbeschäftigung. Aber: Fast jeder zehnte Haushalt erhält immer noch ganz oder teilweise Leistungen aus Hartz IV. Rund sechs Millionen Deutsche sind in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit als Hilfebedürftige erfasst und beziehen Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Darunter fallen Arbeitslosengeld oder Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II, also auch unterstützende Leistungen wie Wohngeld oder gesonderte Kinderzuschläge (zusätzlich zum Kindergeld), die an Geringverdiener gezahlt werden. “Damit waren 7,8 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter hilfebedürftig”, schlüsselt die Bundesagentur für Arbeit in ihren neuesten Statistiken auf, “und 9,6 Prozent aller Haushalte”.
    Quelle: Zeit Online
  8. Gut am Gute-Kita-Gesetz ist lediglich der Titel
    „Das Gute-Kita-Gesetz von Franziska Giffey scheint nicht mehr als eine Worthülse zu sein. Klar ist schon jetzt: Die 3,5 Milliarden Euro, die die Bundesregierung in dieser Wahlperiode zur Verfügung stellen will, reichen nicht einmal, um den bundesweiten Mangel an Kita-Plätzen zu beheben. Einen Ausbau der Qualität oder gar einen Einstieg in die Gebührenfreiheit wird es so nicht geben“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, die Ankündigung des Familienministeriums, zeitnah mit dem Gesetzesvorhaben in die Ressortabstimmung zu gehen. Müller weiter:
    „Als die Ministerin ihr Vorhaben vergangene Woche im Ausschuss vorstellte, konnte sie weder Nachfragen zu ihrem Gesetz beantworten noch dazu, wie sie das Fachkräfteproblem in den Griff bekommen will. Es ist daher zu befürchten, dass von dem Vorschlag für ein Gute-Kita-Gesetz nicht mehr bleibt als eine gute Überschrift. Wir fordern daher von der Ministerin, ein echtes Kita-Qualität-Gesetz vorzulegen. Dieses Gesetz muss eine echte finanzielle Beteiligung des Bundes und klare Standards für die Qualität in den Kindertageseinrichtungen festschreiben.“
    Quelle: Linksfraktion
  9. Betriebsprüfer bringen Fiskus 17,5 Milliarden Euro
    Die 13.651 Betriebsprüfer in Deutschland haben dem Fiskus im vergangenen Jahr zusätzliche Steuereinnahmen von 17,5 Milliarden Euro eingebracht. Das geht aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor. “Die Schätzung, wonach durch einen Betriebsprüfer im bundesweiten Durchschnitt ein steuerliches Mehrergebnis zwischen einer und 1,5 Millionen Euro erzielt wird, wird durch die vorliegenden Daten bestätigt”, schreibt das Ministerium.
    Quelle: RP Online
  10. Altlasten des »Euromaidan«
    In der Ukraine treibt die Neonazitruppe »C 14« ihr Unwesen – und wird möglicherweise vom Geheimdienst SBU unterstützt (…)
    Woher der Name »C 14« kommt, ist nicht klar; ukrainische Antifaschisten bringen die 14 in Verbindung mit dem »Manifest der 14 Worte«, das aus der »White Supremacy«-Bewegung kommt. Das C – beziehungsweise S, wenn man es kyrillisch liest – wird jedoch dadurch nicht erklärt. Auf Englisch gelesen könnte die Gruppe »Combat 14« heißen – abgewandelt von »Combat 18«, dem bewaffneten Arm der »Blood and Honour«-Bewegung. Die Ziffern beziehen sich auf den ersten und achten Buchstaben des lateinischen Alphabets und damit auf die Initialen Adolf Hitlers. (…)
    »C 14« ist dabei nicht die einzige militante Naziorganisation, die gegenwärtig die Ukraine unsicher macht. Seit einigen Monaten macht eine »Nationale Gefolgschaft« (nacionalna druzhyna) durch öffentliche Pöbeleien und Angriffe auf Menschen, die in der Öffentlichkeit Alkohol trinken, von sich reden. Hinter dieser Truppe steht nach Recherchen ukrainischer Medien das Neonazibataillon »Asow«, das im Sommer 2017 eine zivile Frontorganisation namens »Nationales Korps« gegründet hat, deren Jugendabteilung die »Gefolgschaft« zu sein scheint. Hauptfinanzier des Bataillons ist der ukrainische Innenminister Arsen Awakow, der sich damit ein zweites politisches Standbein als nationalistischer Warlord verschafft hat – eine Absicherung für den Fall, dass seine geschäftlichen Konflikte mit Präsident Petro Poroschenko eines Tages dazu führen sollten, dass dieser ihn vor die Kabinettstür setzt. Bei den Aktionen der »Gefolgschaft« fällt auf, dass die Awakow unterstehende Polizei auch dann wegschaut, wenn die Schläger mitten in Kiew Jugendliche nur dafür verprügeln, dass sie auf der Straße abhängen und dabei Bier trinken. Um den »Rechten Sektor« ist es dagegen still geworden, seitdem dessen Hauptsponsor Igor Kolomojskij politisch und finanziell entmachtet wurde.
    Quelle: junge Welt
  11. Italien, Frankreich und USA führen die Wada-Liste mit den meisten Dopingverstößen an
    Russland, das des systematischen Dopings verdächtigt wird, kommt erst zusammen mit Indien auf Platz 6 […]
    Natürlich, so muss man fast sagen, kam im Vorlauf zur Fußballweltmeisterschaft in Russland auch unter Verdacht. WADA-Sonderermittler Richard McLaren äußert 2017 die Überzeugung, dass es für den russischen Fußball ein eigenes System der Vertuschung von Dopingtests gegeben habe. Dabei kam jedoch nicht viel heraus. Der Russische Fußballverband warnte unlängst die Spieler, “exotischen Tee” zu trinken oder Sisha-Pfeifen zu rauchen, um nicht in Verdacht zu geraten. […]
    Russland steht keineswegs an erster Stelle. Italien darf für sich die meisten Sportler mit Dopingverstößen verbuchen. In Italien waren es 2016 147 Sportler, in deutlichen Abstand kommt Frankreich an zweiter Stelle mit 86 Sportlern. Die USA liegen mit 76 Sportlern auf dem dritten Platz, gefolgt von Australien und Belgien. Russland und Indien befinden sich auf dem sechsten Platz mit jeweils 66 Sportlern.
    Quelle: Telepolis
  12. Winziger Plastikmüll: Mikroplastik breitet sich auch an Land aus
    Mikroplastik galt lange vor allem als Bedrohung für die Meere. Nun warnen Ökologen aber auch vor negativen Folgen für Binnengewässer und Landlebensräume.
    Mal sind es scharfkantige Bruchstücke im Miniaturformat, mal Kügelchen oder feine Fasern. Die winzigen Kunststoffteilchen, die Christian Laforsch von der Universität Bayreuth und seine Kollegen aus Seen, Flusswasser oder Kompostproben fischen, wirken auf den ersten Blick nicht sonderlich spektakulär. Doch dieses so genannte Mikroplastik, das aus Partikeln von weniger als fünf Millimetern Größe besteht, wird für viele Ökosysteme der Erde wohl zu einer schleichenden Gefahr.
    Für die Ozeane befürchten Experten das schon länger. Allmählich werden nun aber auch Risiken für Landlebensräume und Binnengewässer deutlich. »Dort hat man allerdings erst vor Kurzem angefangen, das Problem zu untersuchen«, sagt Christian Laforsch. Er und seine Kollegen haben dabei Pionierarbeit geleistet. Im Auftrag der Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben sie zum Beispiel untersucht, wie stark verschiedene Gewässer im Süden und Westen Deutschlands mit diesen Partikeln belastet sind. Vor allem im Einzugsgebiet von Rhein und Donau waren sie zwischen 2014 und 2017 unterwegs, um in 22 kleineren und größeren Flüssen mit unterschiedlichen Einzugsgebieten nach Mikroplastik zu fahnden.
    Zum Einsatz kam dabei ein eigens entwickeltes Schleppnetz, das neben einem Boot hergezogen wird. Dabei fischt es nicht nur die Kunststoffteilchen aus dem Fluss, sondern misst auch gleichzeitig die untersuchte Wassermenge. So lässt sich nach der Analyse die Konzentration des Mikroplastiks im jeweiligen Gewässer bestimmen. Im Labor haben die Forscher die gesammelten Partikel dann vermessen und mit Hilfe der so genannten FTIR-Spektroskopie chemisch untersucht.
    Quelle: Spektrum
  13. Zum Glück nur eine Amokfahrt!
    Der Anschlag von Toronto war ein terroristischer Akt, der nur aus Kulanz so nicht bezeichnet wurde
    Für einen Augenblick hielten wir vergangene Woche mal wieder die Luft an. Nachdem eine Person mit einem Lieferwagen in eine Menschenmenge raste, schauten wir wie gebannt auf die Ereignisse, die sich auf der anderen Seite des Atlantiks zutrugen. Doch zum Glück gab es Entwarnung. Obgleich zehn Tote und 15 Verletzte zu notieren waren, wurde schnell deutlich: So schlimm wie gedacht, war die ganze Angelegenheit gar nicht – denn es war kein Terroranschlag. Gottlob handelte es sich bloß um eine Amokfahrt! Sicher, auch der ist tragisch. Aber halt eine Nummer unbedeutender als die Tat eines fanatisch Gläubigen.
    Die Einteilung in Amoklauf oder »terroristischer Anschlag« ist eines der großen Themen, wenn jemand durch Gewaltausübung Menschen verletzt oder tötet. Man geht der Frage nach, in welcher Liga ein solcher Akt einzuordnen ist. Wer – wie vor anderthalb Jahren auf dem Berliner Weihnachtsmarkt – in eine Menschenmenge rast, Muslim ist und Asylsuchender, der hat demnach einen Terroranschlag verübt. Dasselbe kürzlich in Toronto, ausgeführt von jemanden ohne diese Kennzahlen seiner Herkunft, führt allerdings dazu, dass man von einer Amoktat spricht. Schießen Männer unter den Rufen eines mächtigen Gottes gezielt in eine Menschenmenge, wie seinerzeit in Paris, so ist das Terror. Schießt einer aus dem Hotelzimmer eines Hotels in Las Vegas gezielt in eine (noch viel größere) Menschenmenge, attestiert man ihm psychische Probleme.
    Quelle: Heppenheimer Hiob
  14. Kalte Wut, kämpf!
    Interview Dietmar Dath hat hundert Seiten über 200 Jahre Karl Marx geschrieben, und zwar so, dass es nicht reicht
    Selbst Kurt Beck lobt Marx, sozialdemokratische B-Promis erzählen, wie sie zu Marx gekommen sind. Heuchelei oder tatsächlicher Glaube der Sozialdemokratie, in seiner Tradition zu stehen?
    Mit Ausnahme von Fußball gibt es auf der Welt nichts, was ich weniger kenne und was mich weniger interessiert als dieses idiotische Zeug der traditionsreichen Partei der Kriegskredite, der Ebert-Noske-Schweinereien, des Radikalenerlasses, des NATO-Doppelbeschlusses, der Hartz-IV-Gesetze, des Jugoslawienkrieges und was man sonst noch alles bestimmt nicht bei Marx findet.
    Quelle: der Freitag

    Anmerkung unserer Leserin S.R.: Die Beantwortung dieser Frage des “Freitag” über das Verhältnis der SPD zu Karl Marx an seinem 200. Geburtstag durch den Autor und Journalisten Dietmar Dath ist in kurzer Form das Beste, was ich dazu gelesen habe: prägnant und schlüssig auf den Punkt gebracht.

    Es ist der wahre Hohn, wenn Kurt Beck, Malu Dreyer, Andrea Nahles (die auch die Festrede hält) & Co., der ganze SPD-Bundesvorstand, Karl Marx feiern wollen und ausgerechnet noch TV-Moderator Günther Jauch einen führenden Part auf der Veranstaltung übernimmt. Das Sahnehäubchen dabei ist dann noch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der die Festrede zur Karl-Marx-Ausstellung hält. Mehr höchstpotenzierte Satire kann nicht sein.

  15. Bedingt gesprächsbereit: die ausgesperrte Bundeswehr und das PR-Eigentor der re:publica-Macher
    Mainstreamiger, politischer und internationaler” wollte die dreitägige Berliner Digital-Sause re:publica werden. So ist es bei Heise zu lesen. Die “eine oder andere Filterblase” solle zum Platzen gebracht werden. Für Aufmerksamkeit sorgte dann aber, dass die Veranstalter der Bundeswehr einen Stand auf dem Kongressgelände verwehrten, weil sich die Besucherinnen und Besucher von Uniformierten gestört fühlen könnten. Ganz schön paradox. Ein Kommentar. […]
    Im Ernst: Dass die Veranstalter eine solche Angst vor Uniformen und Unterwanderung durch die Bundeswehr haben und gleichzeitig betonen, wie weltoffen und Out-of-the-Box-denkend sie doch sind, das passt natürlich so ganz und gar nicht zusammen. Vom Bundeswirtschafts- und -bildungsministerium lässt man sich gerne fördern. Auch von Daimler wird mal Kohle genommen. Aber ein Stand der „Parlaments-Armee“ ist dann ein Zuviel an Zumutung? Beckedahl begründete die Ablehnung der Bundeswehr damit, dass deren Angehörige ja – huch! – Uniformen tragen würden: „Wir akzeptieren keine Uniform, weil es viele Besucherinnen und Besucher gibt, die sich dabei unwohl fühlen. Ausnahmen sind natürlich die Polizei, etc.“ Nach dieser Logik müsste dann auch beispielsweise ein Infostand der Bahn abgelehnt werden, sollten deren Mitarbeiter in Zugbegleiter-Uniform auflaufen. Das Digitalvolk scheint aus sehr empfindlichen Seelchen zu bestehen.
    Mit ihrem Verhalten und ihren Rechtfertigungen entlarven die re:publica-Macher das Motto ihrer Veranstaltung als Lippenbekenntnis: Filterblasen lässt man in diesen Kreisen nur platzen, wenn man dabei schön unter sich bleibt. Plopp!
    Quelle: Meedia


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