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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 15. Mai 2018 um 8:24 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Israel
  2. Deutschland sollte Autobahnen bauen
  3. Why Macron Is Not The New Left
  4. Dramatischer Fachkräftemangel
  5. Geheimdienste werfen Russland Unterstützung von Separatisten vor
  6. Die Wahnsinnsidee von der Mikrofinanz
  7. Auf die Qualität der Arbeit kommt es an
  8. Jugendämter vor dem Kollaps
  9. Deutschland erhöht Verteidigungsausgaben leicht
  10. Das nächste unschuldige Volk wird geopfert
  11. Ein Rüstungsfonds für die Weltmacht Europa
  12. Weder Krieg noch Frieden
  13. Gescheiterte Globalisierung – Ungleichheit, Geld und die Renaissance des Staates
  14. Ein neomarxistisches Pamphlet
  15. Dengler: Fremde Wasser

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Israel
    1. Der Umzug der US-Botschaft als “Wegstation zum Frieden” und über 50 Tote
      Proteste von 40.000 Palästinensern und ein hartes Vorgehen der IDF, das mit Terrorakten der Hamas begründet wird
      Die heutigen Feierlichkeiten in Jerusalem hatten etwas Entrücktes. Das war an den geladenen Gästen abzulesen, unter denen sich die “kontroversen Prediger” (CNN) John Hagee und Robert Jeffress befanden, die mit seltsamen Aussagen aufgefallen sind: “Ebola ist die Rache Gottes, weil Obama versucht, Jerusalem zu teilen” (Hagee) oder dass Religionen wie der Islam, das Judentum, der Hinduismus und das Mormonentum “in die Hölle führen” (Jeffress). Beide Priester haben ein gewisses Standing bei den Wählern Trumps und beim Präsidenten selbst. Ihre Ansichten sind sehr speziell.
      Auch dass der Schwiegersohn eines Präsidenten als dessen politischer Vertreter vor Ort ist wie früher bei Königlichen üblich, ist Anfang des 21. Jahrhunderts für eine moderne Demokratie speziell. Der Mann von Ivanka Trump hat eine große Aufgabe: Jared Kushner ist zuständig für den großen Friedensplan zwischen Israel und den Palästinensern.
      Die größte Entrückung steckt nach Stand der Dinge in der Arbeitshypothese Kushners, der den Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem als eine Station auf dem Weg zum Frieden im Nahen Osten darstellt. Am selben Tag wird von über 50 Toten bei Protesten berichtet.
      Quelle: Telepolis
    2. Life by the Sword Has Paid Off
      Iran has been publicly humiliated, the Palestinians are crushed, and on Monday they will be stomped on with pomp and circumstance as the American Embassy opens in Jerusalem. These are days of great victory for Netanyahu.
      These are days of great victory for Prime Minister Benjamin Netanyahu, for the right wing and for nationalistic Israel. These are days of victory for their path, the path of force, and of their faith, the faith in the chosen people who can do anything they please.
      Iran has been publicly humiliated, the Palestinians are crushed, and on Monday they will be stomped on with pomp and circumstance as the American Embassy opens in Jerusalem. Gaza is besieged, and Israel is rejoicing. On Sunday, Jerusalem Day, innocent people might be killed in Gaza and Jerusalem.
      On May 14, the day of the embassy move, innocents will certainly be killed in Gaza and the West Bank; the day after, Nakba Day, many more will be killed.
      The Israeli victory, a brief biography: piles of bodies of Palestinians, whom the world has stopped caring about, a siege on Gaza which also doesn’t interest anyone, Iranian bases bombed without response, Iran under sanctions and an American Embassy in Jerusalem, a gift to the occupier and a slap in the face of the occupied. There is good reason for the joyous cries of victory in Israel.
      Quelle: Haaretz
    3. U.S. Media Whitewashes Gaza Massacre
      As Israel killed more than 50 Palestinians in cold blood protesting the American embassy move on Monday, U.S. corporate media failed to accurately report what happened in Gaza, once again meekly protecting the government line, argues Joe Lauria.
      Quelle: Consortiumnews

      dazu: When Is a Massacre Not a Massacre?
      On the day the Israeli Defence Force massacred dozens of unarmed Palestinians in Gaza and maimed over 400 more, our media has carefully avoided the use of the word massacre. Here is a Google search of News I did five minutes ago on the word “massacre”. […]
      The Western media far prefers the word “clashes” to “massacre”. Because those terrible Palestinians insist upon demonstrating against the continuing theft of all their land and resources, and keep attacking innocent Israeli bullets with their heads and bodies. If you look through the Google search of News this time for “clashes”, you discover that the western and Israeli media peculiarly have precisely the same preference for this entirely inappropriate word. That, again, is fascinating.
      Quelle: Craig Murray

    4. USA blockieren Ermittlung zu Gewalt in Gaza
      Bei Zusammenstößen am Gazastreifen werden viele Palästinenser getötet, doch die USA lehnen eine Untersuchung bei den Vereinten Nationen ab. Palästinenser und Israelis schieben sich gegenseitig die Schuld zu.
      Nach der Gewalt an der Gaza-Grenze mit Dutzenden getöteten Palästinensern lehnen die USA eine unabhängige Untersuchung der Konfrontationen ab.
      Unter den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats kursierte am Montag der Entwurf für eine gemeinsame Stellungnahme zu der Gewalt, in der auch eine solche Untersuchung gefordert wurde. Diesen Entwurf blockierten die USA jedoch, wie ein Diplomat der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Der Rat will heute über die Lage beraten und sich dabei auch vom Nahost-Beauftragten Nikolaj Mladenow informieren lassen.
      Quelle: Frankfurter Rundschau
  2. Deutschland sollte Autobahnen bauen
    Die Bundeswehrtagung dreht sich heute um Können und Aufgaben der deutschen Armee. Doch für mehr schweres Gerät braucht es auch eine funktionierende Infrastruktur, die nicht nur der Truppe zu Gute käme. […]
    Deutschland muss selbstverständlich auch mehr Panzer und mehr U-Boote kaufen. Mehr Haubitzen und gepanzerte Transportfahrzeuge wären auch wünschenswert. Aber selbst 1000 neue Panzer würden der Sicherheit Europas kaum dienen, denn sie würden eine mögliche Kampfzone im Osten Europas wahrscheinlich nicht erreichen. Ein Stau von Panzern aller Nato-Nationen auf den Autobahnen schreckt niemanden ab, rasch vorwärtskommende Konvois dagegen sehr. Das dringendste Problem in der europäischen Sicherheit ist also die mangelhafte Infrastruktur.
    In ihrem im März vorgestellten Military Mobility-Plan will die EU-Kommission die drängendsten Mängel beheben. Die Bürokratie soll auf ein Minimum begrenzt werden, damit Truppen nicht an EU-Innengrenzen kostbare Zeit geraubt wird. Infrastruktur soll modernisiert werden, damit etwa Brücken wie im Kalten Krieg nicht nur Lastkraftwagen, sondern auch Panzer tragen können. Das ist ein guter Anfang, die Nato hat sich ähnliche Ziele gesetzt. […]
    Gerade deshalb muss insbesondere die Bundesrepublik wieder „panzerfit“ werden – und „panzerfit„ heißt auch „Lkw-fit“ und „Pkw-fit“. Denn Infrastruktur, die militärische Standards erfüllt, ist auch für das zivile Leben ein Plus. Das erkannte bereits der amerikanische Präsident Dwight Eisenhower, im Zweiten Weltkrieg Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in Nordwesteuropa. Dort hatte ihn das deutsche Autobahn-System so sehr beeindruckt, das er später als Präsident das National System of Interstate and Defense Highways ins Leben rief. Militärkonvois, vor allem aber unzählige zivile Unternehmen und Privatleute, benutzen die Highways seither fleißig.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Jens Berger: Ein Gastartikel, bei dem man sich fragt, ob das Satire ist oder aus einem Paralleluniversum stammt. Die Autoren sind übrigens ein ehemaliger amerikanischer Vier-Sterne-General und eine Mitarbeiterin des hauptsächlich von der Rüstungsindustrie finanzierten transatlantischen Think Tanks „Atlantic Council“. Es ist erschreckend, das solche „Aufmarschpläne“ für einen Angriff auf Russland in einem seriösen deutschen Medium überhaupt publiziert werden.

  3. Why Macron Is Not The New Left
    Since his election in May 2017, international observers have fairly unanimously welcomed Emmanuel Macron as today’s modernizing figure in French politics and depicted him as a pro-European Social Democrat with an assertive reformist touch. Yet, it took no longer than one year for the French to qualify him as a “right wing” president. Looking at his political agenda and governing style, there are indeed no grounds for thinking that l Macron contributes to the renewal of social democracy in any sense or way.
    The French President has attracted enormous sympathy due to his bold voluntarism on the international stage, currently populated mainly by various kinds of autocrats, an outrageous Donald Trump and a declining Angela Merkel. But behind the seductive style of a young and charismatic leader, a careful examination of his domestic action unveils a blend of socio-economic neoliberalism, authoritarian conservatism and monarchical governing philosophy.
    Quelle: Social Europe
  4. Dramatischer Fachkräftemangel
    Mit knapp 490.000 unbesetzten Stellen hat der Fachkräftemangel in den MINT-Fächern ein Allzeithoch erreicht. Ältere Arbeitskräfte gehen in Rente und zu wenige rücken nach, so der Befund des MINT-Frühjahrsreports. Der Bedarf an Fachkräften steige aber nicht nur aufgrund der guten Konjunktur.
    Seit 2011 erheben der Arbeitgeberverband, der Bundesverband der deutschen Industrie und die Arbeitgeber der Metall- und Elektro-Industrie, kurz Gesamtmetall, Zahlen zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt in MINT-Berufen im sogenannten Frühjahrsreport.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung JK: Man geht hier offenbar nach dem Motto vor, dass man eine Lüge nur oft genug wiederholen muss damit sie geglaubt wird. Woher stammen diese absurden Zahlen, auf welcher Grundlage wurden sie berechnet? Wenn dies so wäre, dann müsste die Gehälter ja explodieren. So ist es aber nicht. Aber man muss nur sehen von wem dieser „MINT-Frühjahrsreport“ herausgegeben wird.

    Klar wird auch sofort „qualifizierte Zuwanderung“ gefordert. Hier harmonieren die „Neue Linke“ und das Kapital mit der Forderung nach „offenen Grenzen“ offensichtlich bestens. Und nach wie vor wird in diesem Zusammenhang die Frage nicht beantwortet weshalb man mit 50+, eben auch als „qualifizierte Fachkraft“, keine Chance auf dem Arbeitsmarkt hat.

    Und wie passt das zum Fachkräftemangel:

    44 Prozent der Neuverträge sind befristet
    Minijobs, Teilzeit, Leiharbeit – so sieht der Arbeitsmarkt in Deutschland aus. Mehr noch: Fast die Hälfte der Neuverträge ist befristet – ein Thema, über das aktuell in Zusammenhang mit der Deutschen Post besonders heiß diskutiert wird.
    Mehr Niedriglöhner, häufigere Erreichbarkeit und der Einzug der Roboter: Die Arbeitswelt vieler Menschen in Deutschland hat sich schon in den vergangenen Jahren deutlich verändert und steht nun vor einer großen Herausforderung. Das geht aus dem „Atlas der Arbeit“ hervor, der am Montag in Berlin vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) vorgestellt wurde.
    „Man befindet sich heute in einer revolutionären Situation“, sagte Michael Guggemos, Geschäftsführer der gewerkschaftsnahen HBS. Technikgetrieben entstünden Crowdworking, also die standortunabhängige Auftragsverteilung übers Internet, sowie neue Dienstleistungen, etwa durch Plattform-Betreiber wie den Fahrtenvermittler Uber und den Essenslieferdienst Foodora.
    Auch diese Unternehmen müssten ihre Arbeitgeberverantwortung wahrnehmen und etwa Sozialversicherungsbeiträge und Mindestlöhne zahlen, forderte Reiner Hoffmann, der Chef des DGB bei der Vorstellung des „Atlas der Arbeit“.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Was soll das? Solange der DGB nutzlose Appelle (oder soll man “Bettelaufrufe” sagen?) an die nicht vorhandene “Arbeitgeberverantwortung” von Plattform-Betreibern richtet und ein Defilee von Spitzenpolitikern auflaufen lässt, die genau für diese grauenhaften Zustände verantwortlich sind, vorweg den Agenda-2010-Architekten Frank-Walter Steinmeier, statt endlich auf den Tisch zu hauen und eine durchgreifende Reregulierung von der Politik zu fordern; solange der DGB also so ein handzahmes Anhängsel von SPD und CDU bleibt, wird er weiter in die verdiente Bedeutungslosigkeit abdriften.

  5. Geheimdienste werfen Russland Unterstützung von Separatisten vor
    Stiftet Russland gezielt Unfrieden in der EU? Davon gehen europäische Geheimdienste aus. Aktuelles Beispiel: der Separatismus in Katalonien.
    Wird der öffentliche Streit um ein unabhängiges Katalonien von russischen Trollen angeheizt? Die deutschen Sicherheitsbehörden gehen davon aus. Sie haben offenbar Hinweise, dass Russland die katalanische Separatistenbewegung mit Propaganda unterstützt.
    Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz(BfV), Hans-Georg Maaßen, sagte bei einem internationalen Geheimdiensttreffen in Berlin, er habe diese Informationen nicht aus erster Hand. Sie klängen aber “sehr plausibel”. Nach Informationen des Bundesnachrichtendienstes geht es um Unterstützung im Bereich von Desinformation und Propaganda und nicht um finanzielle Zuwendungen.
    Quelle: SPON

    Anmerkung JK: War doch klar, hinter den Sezessionsbestrebungen Kataloniens kann nur der Russe stecken.

  6. Die Wahnsinnsidee von der Mikrofinanz
    Alles begann mit einer sehr optimistischen Idee. Vor rund dreißig Jahren noch glaubte man, dass die perfekte Idee zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut in den Entwicklungsländern in Form von Mikrokrediten gefunden war.
    Mikrofinanz meint die Bereitstellung zahlreicher, winziger Mikrokredite, die von den Armen genutzt werden sollten, um sich eine das Einkommen sichernde Tätigkeit aufzubauen. Die Idee der Mikrofinanz ist am engsten mit dem in den USA ausgebildeten Ökonomen aus Bangladesch und Friedensnobelpreisträger von 2006, Dr. Muhammad Yunus, verbunden.
    Da dieser Ansatz die Selbsthilfe und das individuelle Unternehmertum feiert und damit implizit alle Formen kollektiver Anstrengungen diskreditiert, wie etwa Gewerkschaften, soziale Bewegungen, Genossenschaften, öffentliche Ausgaben, eine gegen die Armut gerichtete staatliche Entwicklungsstrategie (developmental state) und kollektive Maßnahmen zur gerechteren Umverteilung von Reichtum und Macht, verliebten sich die neoliberalen Entscheidungsträger in der internationalen Entwicklungshilfe-Community sofort in diese Idee. Die Weltbank, die amerikanische entwicklungspolitische Behörde USAID und andere Organisationen begannen daher, das Konzept aggressiv voranzutreiben. Um gleichzeitig auch den allgemeinen Bedarf an Subventionen und Zuschüssen zu reduzieren, stand schnell fest, dass man die Mikrofinanz in ein gewinnorientiertes Geschäft umwandeln wollte. Sie wurde somit schnell zum profiliertesten, am großzügigsten finanzierten und angeblich effektivsten Instrument der internationalen Entwicklungsgemeinschaft.
    Leider ist inzwischen ziemlich deutlich geworden, dass Yunus sich irrte. Die letzten 30 Jahre haben klar gezeigt, dass die Mikrofinanz ein Teil des Problems ist und nicht die Lösung, und dass sie die nachhaltige Armutsbekämpfung in den Entwicklungsländern behindert. Es fehlen stichhaltige Beweise dafür, dass sich die Mikrofinanz positiv auf das Wohlergehen der Armen ausgewirkt hätte. Seit 1990 ist der Mikrofinanzsektor eher durch eine zunehmende, spektakuläre und der Wall Street ähnliche Raff- und Profitgier, durch Kundenmissbrauch und Marktchaos gekennzeichnet. Es stellt sich heraus, dass die Mikrofinanz größtenteils nur durch Hype, geschickte Öffentlichkeitsarbeit, die Unterstützung von Prominenten und einem konstanten Strom von quasi-religiösen Verkündungen von Yunus und seinen Gefolgsleuten vorangetrieben wurde.
    Quelle: Blickpunkt Wiso
  7. Auf die Qualität der Arbeit kommt es an
    Auch im ersten Quartal 2018 hat die Erwerbstätigkeit in Deutschland nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zugenommen. Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, warnt aber vor Euphorie: „Im Grundsatz ist mehr Erwerbstätigkeit zwar eine gute Nachricht – doch es kommt nicht nur auf die Quantität der Arbeit an, sondern vor allem auf deren Qualität. Hier sind leider kaum Verbesserungen zu erkennen.“ Zimmermann weiter:
    „Schaut man sich die Zahlen näher an, ergibt sich ein ernüchterndes Bild. Die Arbeitsmenge nimmt kaum zu, sie verteilt sich lediglich auf immer mehr Menschen. Besonders bei Frauen ist vor allem Teilzeitarbeit auf dem Vormarsch. Viele dieser Teilzeitbeschäftigten würden gern mehr arbeiten. Teilzeitjobs sind zudem häufiger schlecht bezahlt, fast 30 Prozent davon liegen unterhalb der Niedriglohngrenze. Auch der Anteil von befristeter Beschäftigung und Leiharbeit ist nach wie vor hoch. Eine nachhaltige Arbeits- und Arbeitsmarktpolitik müsste auf eine Zunahme sicherer und anständig bezahlter Vollzeitbeschäftigung hinwirken. Ein solcher Langzeittrend ist jedoch bislang nicht zu erkennen.
    Quelle: Linksfraktion
  8. Jugendämter vor dem Kollaps
    Was läuft schief beim Kinderschutz? Vor allem sei er chronisch unterfinanziert, meint die Journalistin Petra Boberg. In ihrer ARD-Doku “Opfer ohne Stimme” wird deutlich, warum das Personal so häufig wechselt – und welche Konsequenzen das hat.
    Jugendämter in Deutschland sind – mit regionalen Unterschieden – personell stark unterbesetzt und können zudem wegen schlechter Arbeitsbedingungen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht lange halten. Diese und andere Missstände hat eine Studie der Hochschule Koblenz aufgedeckt.
    Besonders problematisch wirkt sich der Zeit- und Geldmangel auf den Kontakt zu den Familien aus, die staatliche Hilfsangebote wahrnehmen. Laut der Studie verbringen sechs von zehn Jugendamtsmitarbeitern maximal eine Stunde mit den betroffenen Eltern und Minderjährigen – und das alle sechs Monate, berichtet Petra Boberg. Sie hat die Studie mit einem Fernsehteam des Hessischen Rundfunks zum Anlass für eine Fernsehfilm genommen. Unter dem Titel “Opfer ohne Stimme” wird dieser heute Abend in der ARD ausgestrahlt.
    Knapp zwei Drittel der Arbeitszeit werde für die Dokumentation der Fälle benötigt, die etwa für Familiengerichtsverfahren sehr wichtig sei: “Und das führt auch dazu, dass viele Sozialpädagogen über kurz oder lang auch aufgeben, weil die Arbeitsbedingungen wirklich so schlecht sind. Fast 40 Prozent der Mitarbeiter in deutschen Jugendämtern bleiben laut dieser Studie höchstens drei Jahre auf ihrer Stelle”, so Boberg. Es fehle in den Jugendämtern zudem an Diensthandys oder Dienstwagen: “Wir haben in Hessen mit Jugendamtsmitarbeiterinnen gesprochen – da gibt es für 100 Mitarbeiter ungefähr zwei Dienstwagen.”
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

    Anmerkung JK: Auch hier ist eines der wesentlichen Ursachen der Misere, dass es, wie fast überall in öffentlichen Einrichtungen, hinten und vorne an finanziellen Mittlen fehlt. Das muss Finanzminister Olaf Schäuble alias Olaf Scholz aber nicht weiter stören, er hält unerbittlich am Dogma der „schwarzen Null“ fest.

  9. Deutschland erhöht Verteidigungsausgaben leicht
    Deutschland will nach den Worten von Bundesverteidigungsministerin von der Leyen die Verteidigungsausgaben bis zum Jahr 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen.
    Dies werde sie den Partnern beim Nato-Gipfel im Juli mitteilen, sagte die CDU-Politikerin bei der Bundeswehrtagung in Berlin. Zuvor hatte Bundeskanzlerin Merkel erklärt, die Bundesrepublik habe früher klaglos 2,3 Prozent für Verteidigung bereitgestellt. Deshalb liege die Forderung, irgendwann einmal wieder zwei Prozent dafür auszugeben, nicht völlig außerhalb jeglichen Denkvermögens. – Deutschland hatte sich 2014 zum Zwei-Prozent-Ziel der Nato verpflichtet.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unseres Lesers Frank Blenz: Schon die Überschrift ist eine Zumutung: “leicht” heißt es zum Plan der Ministerin von der Leyen. Die Nachricht danach klingt so trocken wie perfide Meinung machend. Denn die entscheidende Zahl fehlt: die bisherige Prozentzahl des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben, besser für Rüstung. Dass dann die Bundeskanzlerin noch zitiert wird mit dem Wort „klaglos“ nach dem Motto „man solle sich nicht so haben“ – ohne Worte. Ein Zitat von Gegnern dieser Politik wird nicht genannt, was immer gern dann geschieht, wenn es in die Meinungsmache passt. Eines wird ebenfalls von der DLF-Redaktion nicht gesagt oder nachgefragt: Wozu bedarf es einer solchen Verdreifachung? Aus aktuell 0,8 Prozent werden, so die von der Leyen-Merkel-NATO-Pläne, bis in die Mitte der 2020er Jahre 2,4 Prozent. Und noch mal so nachgefragt: Wie verpflichtend ist es für eine neue, gewählt Regierung, sich an Verpflichtungen der Vorgängerregierung zu halten, die zum Beispiel 2014 in dem Fall der NATO zugesagt wurden?

    Anmerkung unseres Lesers S.N.: Warum gibt es hier keinen Aufschrei der Ökonomen und Arbeitgeber, dass die Regierung eine massive Erhöhung der Rüstungsausgaben anpeilt? Der Verteidigungsetat besteht überwiegend aus “konsumtiven” Ausgaben. Die Herren Weidmann oder Schuhknecht fordern doch stets die Senkung konsumtiver Staatsausgaben – wie passt das zusammen? Und warum leisten wir uns eine verfallende Infrastruktur, überbelegte Klassenzimmer, verfallende Schulen oder einen Pflegenotstand, wenn wir gleichzeitig massiv mehr Geld für Rüstung ausgeben? Warum überfordern höhere Rentenausgaben der GRV “die junge Generation”, höhere Rüstungsausgaben aber nicht? Es mag ja sein, dass die Welt unsicherer geworden ist. Aber die konkrete Bedrohungslage für Westeuropa ist eher weniger ausgeprägt. Die Kosten für die weltweite Unsicherheit, insbesondere jene im Nahen Osten, sollten jene Staaten tragen, die sie verursacht haben

  10. Das nächste unschuldige Volk wird geopfert
    Der Schriftsteller Michael Kleeberg war gerade auf Lesereise im Iran. Er beschreibt ein Land, das durch die Aufkündigung des Atomdeals unter Druck geraten ist – und in dem die Menschen auch von der eigenen Regierung in Stich gelassen werden.
    Hier werde das “nächste unschuldige Volk auf dem Altar einer skrupellosen internationalen Politik geopfert”, so der Autor. Die Europäer seien dabei gewesen – “und haben nichts dagegen getan”, kritisierte Kleeberg scharf. Durch die amerikanische “Erpressung” werde der Iran nun in die Arme Russlands und Chinas getrieben.
    Die Stimmung im Iran könnte nach Kleebergs Schilderungen kaum schlechter sein. Vor drei Jahren – auf seiner ersten Iran-Reise – habe das Abkommen unmittelbar bevor gestanden, und es habe einen ungeheuren Enthusiasmus und Hoffnungen auf Präsident Rohani gegeben. “Davon ist nichts übrig geblieben, überhaupt nichts”, betonte der Schriftsteller. Hass auf Trump habe er aber nicht gespürt – sondern vielmehr Hass auf die eigene Regierung. Die Iraner seien zutiefst enttäuscht von der eigenen Führung, die sich nicht gegen die Revolutionswächter durchsetzen könne.
    Die Iraner seien ein “wunderbares 80-Millionen-Volk”, das unter einer “menschenverachtenden Despotie” leide, sagte Kleeberg. Im Land sei ein “unguter Fatalismus” zu spüren, es gebe keine politische Gruppe, an sie sich die Menschen halten könnten. Ein “wirkliche Katastrophe” sei auch die Verarmung der Iraner durch die galoppierende Inflation. Die Menschen im Land würden durch die Geldentwertung um Wohlstand und Zukunft gebracht.
    Kleeberg sprach von “Ermüdung” und “Entfremdung” der Menschen und verglich das Land mit der späten DDR. Wie damals in Ostdeutschland gebe es derzeit auch im Iran ein privates und ein öffentliches Leben. Das iranische Volk werde “komplett verarscht”, schimpfte er.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  11. Ein Rüstungsfonds für die Weltmacht Europa
    Die Europäische Union will Dutzende Milliarden Euro in Militärforschung und Waffenbeschaffung investieren
    Es war Großbritannien, das über viele Jahre hinweg Ambitionen nach einer militärischen Unterfütterung europäischer Weltmacht ausgebremst hatte. Seit dem britischen Austrittsreferendum im Juni 2016 und zusätzlich befeuert durch die Wahl Donald Trumps wenige Monate später werden die Rufe in diese Richtung immer lauter. Unmittelbar nach der US-Wahl meinte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini dazu: »In den kommenden Monaten und Jahren – man kann sogar sagen: in diesen Stunden – wird es eine zunehmende Nachfrage nach Europa von unseren Nachbarn und unseren Partnern in der Welt geben. Die Forderung nach einem von Prinzipien geleiteten globalen Sicherheits-Dienstleister wird wachsen. Die Forderung nach einer Supermacht, die an mehrseitige Bündnisse und Zusammenarbeit glaubt.«
    Genauso klingt die »Entschließung zur Umsetzung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik«, die das Europäische Parlament am 14. Dezember 2016 verabschiedete: »Das Europäische Parlament … betont, dass die EU ihre Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeiten stärken muss, da sie ihr volles Potenzial als Weltmacht nur nutzen kann, wenn sie ihre einzigartige ›Soft Power‹ im Rahmen eines umfassenden EU-Ansatzes mit ›Hard Power‹ kombiniert.«
    Quelle: Neues Deutschland
  12. Weder Krieg noch Frieden
    Zu den Volksrepubliken im Donbass vier Jahre nach ihrer Gründung (…)
    Scharfschützengewehre sind – auf beiden Seiten – derzeit eine der aktivsten Waffengattungen. Wer den Kopf zu hoch über die Grabenkante hebt, riskiert sein Leben.
    So wie er gegenwärtig verläuft, ist der Konflikt für keine der beiden Seiten politisch produktiv. Die kleinere Volksrepublik Lugansk ist seit dem Miniputsch im Winter, als Republikchef Igor Plotnizkij mit russischer und Donezker Unterstützung entmachtet wurde, praktisch aus den Medien verschwunden. Russland und Donezk warnen immer wieder vor der Gefahr einer ukrainischen Großoffensive. Das Problem ist nur, dass bislang alle Termine, zu denen diese Kiewer Offensive erwartet wurde, verstrichen, ohne dass etwas passiert wäre. Aktuell heißt es, die Ukraine könne die Fußballweltmeisterschaft, die auch im nur wenige Kilometer von der Grenze entfernten Rostow ausgetragen wird, zum Anlass für einen Angriff nehmen.
    Zudem heißt es, die ukrainische Armee vermehre entgegen den Minsker Waffenstillstandsvereinbarungen ihre schweren Waffen im Hinterland der Front. Donezker Medien veröffentlichen von dort oft Drohnen- oder Amateurfotos von ukrainischen Militärzügen auf Güterbahnhöfen. Nicht immer zeigen die Aufnahmen allerdings, was sie zeigen sollen. Im Winter war die Aufnahme einer ukrainischen Stellung inmitten grüner Obstbäume als aktuell präsentiert worden. Tatsache ist, dass die USA der ukrainischen Armee 208 Antipanzerraketen des Typs »Javelin« liefern. Das war seit längerem erwartet worden und hat Washington Anfang des Monats auch offiziell bestätigt, nicht ohne zu behaupten, diese Waffen seien defensiv und dienten nur dazu, Panzer des Gegners abzuschießen, nicht um selbst anzugreifen. Dies würde einen Übergang der Volksrepubliken zum Bewegungskrieg voraussetzen, das wiederum einen ukrainischen Angriff.
    Quelle: junge Welt
  13. Gescheiterte Globalisierung – Ungleichheit, Geld und die Renaissance des Staates
    Am 11. Juni erscheint das Buch von Heiner Flassbeck und Paul Steinhardt mit dem Titel dieser Überschrift im Suhrkamp Verlag. Im folgenden veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung des Verlags als kleine Leseprobe das Vorwort aus dem Buch.
    Die Globalisierung war eine wunderbare Idee. Nachdem die große politische Spaltung in Ost und West, in Plan und Markt nach dem Fall der Berliner Mauer überwunden war, schien der friedlichen Kooperation aller Menschen nichts mehr im Wege zu stehen. Warum sollten die Menschen nicht in Freiheit miteinander kommunizieren und arbeiten und damit gemeinsam ihre persönliche Wohlfahrt mehren können?
    Die hinter diesem Konzept der Globalisierung stehende Philosophie war denkbar einfach: Würde man nur die nationalen institutionellen Hürden aus dem Weg räumen, bildete sich auf globaler Ebene eine spontane gesellschaftliche Ordnung, in die sich jeder Einzelne nach seinen individuellen Fähigkeiten zum Nutzen aller einbringen könnte. Die globale Arbeitsteilung freier Menschen wäre die Krönung der uralten Idee des Liberalismus gewesen. Sie hätte die Freiheit des Individuums und gleichzeitig seine Effizienz maximiert. Der Traum vom freien und zugleich wohlhabenden Erdenbürger schien zum Greifen nah.
    Quelle: Makroskop
  14. Ein neomarxistisches Pamphlet
    “Wer meinen Vater getötet hat”. – so lautet der Titel des dritten Romans des erst 25-jährigen französischen Autors Edouard Louis. Das Buch sei eine klare Anklage, meint Kritiker Dirk Fuhrig – gerichtet unter anderem an Staatspräsident Emmanuel Macron.
    Es ist sein dritter Roman: Edouard Louis “Wer meinen Vater getötet hat”, auf französich “Qui a tué mon père” (Deutsche Übersetzung gibt es noch nicht). Und damit hat Louis eine ausgesprochen radikale Anklage gegen die Gesellschaft in seinem Land, in Frankreich, verfasst: Sie töte Menschen, so Louis Vorwurf. Mindestens genauso schwer wie dieser Vorwurf wiegt auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung: ein Jahr nach der Amtseinführung von Emmanuel Macron, mit dem viele Franzosen sehr große Hoffnungen verbunden hatten. Dem Volk sei der Zugang zu Geld und Bildung versperrt und die Politik Macrons sei “extrem gewaltsam”, so Louis Attacke.
    Für Deutschlandfunk-Kultur-Literaturkritiker Dirk Fuhrig ist Edourd Louis neuestes Werk nun eine klare Schuldzuweisung an die Adresse der Politik und an die Adresse von Präsident Macron: “‘Wer meinen Vater getötet hat’ – dieser Titel seines neuen Buches ist keine Frage sondern bereits eine Antwort. Er sagt: Schuld hat die Haltung der Gesellschaft, Schuld haben die Politiker und ganz konkret eben auch bestimmte Politiker.” In Interviews zu seinem aktuellen Roman nenne Louis hier eben auch die Namen von Politikern, darunter immer wieder Sarkozy und Macron.
    Für Louis sei der politische Kampf auch ein “Kampf der Körper” und er erkenne in der aktuellen Politik “eine Art von Vernichtung der Körper der Arbeiterklasse, und zwar ihrer wirtschaftlichen Existenz aber auch ihrer wirklich physischen Existenz”.
    Für Fuhrig ist diese Sicht Edourd Louis’ geradezu eine “neomarxistische Weltsicht” und dabei auch sehr “einseitig”: “Eine direkte Anklage, ein Pamphlet – das ist dieses Buch!”
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

    Anmerkung JK: Während die deutschen „Qualitätsmedien“ Macron zum Halbgott verklären wird über den breiten Widerstand gegen Macrons neoliberale Politik in Frankreich ganz selbstverständlich nicht berichtet.

  15. Dengler: Fremde Wasser
    Dr. Larson glaubt, dass es sich um einen Mordanschlag gehandelt haben könnte. Als Dengler mit Olga, der er einen Kurzurlaub in Griechenland versprochen hat, in Athen eintrifft, wird klar, dass die gesamte Familie dem Anschlag zum Opfer gefallen sein muss.
    Von Kolidis’ Leiche und der seines Sohnes Jannis fehlt allerdings noch jede Spur. Dengler und die Computerhackerin Olga finden Indizien, die darauf hindeuten, dass Kolidis den dunklen Machenschaften eines Energiekonzerns auf der Spur war, bei denen es um die Privatisierung der Wasserwirtschaft geht. Kolidis war, wie auch sein deutscher Kollege und Bundestagsabgeordnete, Andreas Schülkopf, mit dem er auffällig häufig telefoniert hatte, ein entschiedener Gegner der Deregulierung des Wassermarktes und stand damit den Konzernplänen im Weg. Hatte er Informationen, die dem Konzern einen Mordanschlag wert waren?
    Quelle: ZDF

    Anmerkung JK: Wieder ein interessanter Schorlau-Krimi bei dem es diesmal um das schmutzige Geschäft mit der Privatisierung öffentlicher Infrastruktur geht.


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