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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 13. Juni 2018 um 8:23 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Korea-Gipfel
  2. Trumps Abrechnung mit Merkel und G7-Gesellen: “You are fired”
  3. Linker Gestaltungsauftrag war doch nie grenzenlos
  4. Es gibt viel mehr Flüchtlingshelfer als Anhänger von Pegida
  5. Masterplan ist Desasterplan
  6. So verbiegt die AfD die Polizeiliche Kriminalstatistik
  7. „Ein Putsch aus Berlin“
  8. Scholz killt die Finanztransaktionssteuer
  9. Ja zum Freihandel – aber bitte nicht so
  10. BVerfG bestätigt Streikverbot für Beamte
  11. Das reicht nicht aus, Herr Spahn, und das wissen Sie auch
  12. Wo Reichtum entsteht, wächst Armut
  13. S21 auch ohne Tiefbahnhof
  14. Tatverdächtiger im Fall Susanna ist bereits 21 Jahre alt
  15. Fall Skripal: Berlin macht weiter Moskau verantwortlich
  16. EU-Kampfpanzer
  17. Deutschland ist in Afrin Kriegspartei an der Seite der Türkei
  18. Koch und Kellner

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Korea-Gipfel
    1. „Wir werden die Kriegsspiele beenden“
      Kim Jong-un hat sich zu einer kompletten atomaren Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel bereit erklärt.
      Gemeinsam mit US-Präsident Donald Trump unterzeichnete Nordkoreas Machthaber ein “umfassendes” Dokument.
      Im Gegenzug sicherte Trump dem Land Sicherheitsgarantien zu.
      US-Präsident Donald Trump und der nordkoreanische Staatschef Kim Jong-un begannen ihr Gipfeltreffen in Singapur mit einem historischen Handschlag. Danach gab es ein Gespräch unter vier Augen, das laut Trump „sehr, sehr gut“ verlief. Es folgte das erste Gespräch in größerer Runde. An dem Treffen unter Leitung des US-Präsidenten und Nordkoreas Machthaber nahmen unter anderem die Außenminister beider Seiten teil. Bei einer abschließenden Pressekonferenz kündigte Trump Ende der Militärmanöver mit Südkorea an.
      Zuvor waren Trump und Kim gemeinsam vor die Kameras getreten. Dabei unterzeichneten sie ein Dokument, in dem sich beide auf gemeinsame Bemühungen zu einer vollständigen Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel verständigten. Trump sagte Nordkorea zudem Sicherheitsgarantien zu.
      „Die Welt wird einen großen Wandel erleben“, versprach Kim. Trump lobte Kim als “ehrenwerten Verhandlungspartner“. „Wir haben eine sehr besondere Verbindung aufgebaut“, so Trump.
      Quelle: Welt

      Anmerkung WM: Noch ist es zu früh für eine Bewertung de gestrigen Treffens. Noch wissen wir nicht genau, was in dem gemeinsamen Dokument denn nun genau steht. In den Medien wird bis jetzt nur darüber spekuliert, wer von beiden, Trump oder Kim, den größten „Propagandaerfolg“ erzielt habe.

    2. The Art of the Deal worked on Sentosa Island
      Skeptics refuse to accept the possibility that Donald Trump may have done something good for his country and for world peace, but only time will tell.
      Some statesman by their sheer force of personality and unorthodox ways of politicking arouse disdain among onlookers. US President Donald is perhaps the most famous figure of that kind in world politics today.
      No matter what he does, Trump attracts criticism. He evokes strong feelings of antipathy among a large and voluble swathe of opinion within half of America. The making of history in a virtual solo act on his part, which is the rarest of efforts, on Sentosa Island in Singapore on Wednesday and which the world watched with awe and disbelief, will be instinctively stonewalled.
      Half of America simply refuses to accept the positive tidings about him coming from Singapore. The skeptics are all over social media pouring scorn, voicing skepticism, unable to accept that if the man has done something sensible and good for his country and for world peace, it deserves at the very least patient, courteous attention.
      The problem is about Trump – not so much the imperative need of North Korea’s denuclearization. But western detractors – ostensibly rooting for the “liberal international order” – will eventually lapse into silence because what emerges is that North Korean leader Kim Jong-un has enough to “bite” here in the deal that Trump is offering – broadly, a security guarantee from the US and the offer of a full-bodied relationship with an incremental end to sanctions plus a peace treaty.
      Quelle: Asia Times

      Anmerkung Jens Berger: Ja, der Vertragstext ist vage. Ja, Sicherheitsgarantien der USA sind nicht das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Dennoch stellt der Gipfel den bislang weitestgehenden Ansatz für eine friedliche Lösung des Korea-Konflikts dar und ist daher im Kern zu begrüßen. Hätte statt Trump Obama mit Kim verhandelt, wäre sicher die gesamte westliche Presse aus dem Häusschen und in Washington könnten sich schon die Steinmetze für den Auftrag eines neuen Denkmals bereit machen. Bei Trump sieht dies freilich ganz anders aus. Hört man beispielsweise dem großen Transatlantiker Stefan Kornelius zu, könnte man glatt denken, er hätte mit Trump noch eine persönliche Rechnung offen …

    3. Das Treffen von Kim und Trump war erbärmlich
      Der US-Präsident und der Machthaber Nordkoreas hätten sich vieles sagen können. Stattdessen ging es um Autos und ein wertloses Stück Papier. Es war ein Schauspiel des außenpolitischen Kontrollverlustes.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
  2. Trumps Abrechnung mit Merkel und G7-Gesellen: “You are fired”
    US-Präsident Trump hatte auf dem G7-Gipfel in Kanada einen Abgang, der alles zum Ausdruck brachte. Was wollte er noch mit „Donald Tusk und den sechs Zwergen?“ Die hat er ohnehin unter Kontrolle, wie die Übernahme an der russischen Westfront durch US-Generäle zeigt.
    von Willy Wimmer
    Die US-Generäle wollen freie Fahrt für ihren Aufmarsch, und solange sie deutsche Minister wie Frau Dr. Ursula von der Leyen am Wickel haben, wird ihnen das auch gelingen. Damit auch jeder in Europa mitbekommt, was ansteht, verpesten endlose Panzerkolonnen den europäischen Frühling auf französischen, belgischen, deutschen und polnischen Autobahnen…
    Aus dieser Welt hat sich Präsident Trump durch die Rücknahme seiner Zustimmung zur Abschluss Erklärung des sogenannten „Gipfel-Streits von Quebec“ mit Donnerhall verabschiedet. Das frühzeitige Verlassen des Treffens und die beispiellose Art, seine Verachtung für die Quengler zum Ausdruck zu bringen, hat das alles deutlich gemacht. Mit diesem Verein hat er nichts als Ärger, und sie nehmen ihm auch noch die von ihm angesprochenen amerikanischen Arbeitsplätze weg. Stattdessen winkt ihm in Singapur Größeres, und das umfasst nicht nur den Verzicht Nordkoreas auf eine aus amerikanischer Sicht nicht hinzunehmende, substantielle Bedrohung von „continental USA“…
    Quelle: RT Deutsch
  3. Linker Gestaltungsauftrag war doch nie grenzenlos
    Sind nun Grenzen links oder rechts? Kann man gar nicht anders, als den Grenzlern der AfD Grenzenlosigkeit entgegenzusetzen? Dabei ist doch das Gegenteil der Fall, Grenzen kennen und aufzeigen: Das war stets Prämisse linken Handels.
    (…) Dabei ist aber gerade dieses Wort »Schutzbedürfnis« gar keines, das im Giftschrank der Linken landen sollte. Denn dieses Wort ist die Grundlage jeder linken Politik – stets gewesen. Sie hat sich doch immer als Sachwalterin eines Schutzbedürfnisses betrachtet – und just jetzt gibt sie diesen Eigenanspruch auf?
    Was ist nun so verdammenswert am Anspruch der hier lebenden Menschen auf Schutz? Sie sind ja deswegen keine Rassisten, Nationalisten oder Isolationisten. Schon deshalb nicht, weil ein Staatsvolk heute keine einheitliche Nationalität besitzt und die Grenze damit nur sehr bedingt eine Nationalgrenze dem Wortsinn nach darstellt. Sie ist mehr sowas wie die Grenze einer Verwaltungseinheit, durchaus offen für kalkulierte Neuzugänge. Aber auch Barriere für Bandenkriminalität.
    Die Einsicht, dass ein wehrhaftes Gemeinwesen nicht auf Dauer als grenzenloses Konstrukt funktioniert, hat auch etwas mit Lebenserfahrung zu tun. Denn im Laufe eines Lebens erlebt man sukzessive eines: Freiheit ist nur sehr selten die Abwesenheit von Grenzen– Freiheit ist meistens allerdings dann garantiert, wenn sie innerhalb bestimmter Grenzen liegt. Wenn man jedoch keine Grenzen setzt, kollidieren die Interessen und die einzige Freiheit, die dann noch bleibt, ist diejenige, sich eine gute Deckung zu suchen.
    Insofern ist es schon berechtigt, wenn gerade auch linke Politiker feststellen, dass Grenzen eine staatliche Obliegenheit darstellen. Denn natürlich hat ein Gemeinwesen einen gewissen Anspruch darauf zu erfahren, weshalb sich jemand im Land aufhält. Jedenfalls bis zu einer gewissen Grenze, die man Privatsphäre nennt– auch so eine Grenze, die man sich schwer hat erkämpfen müssen im Laufe der Zeit.
    Manche Linke sollten doch bitte nicht so tun, als seien sie die Erfinder der Grenzenlosigkeit. Mit der haben wir jetzt seit Jahrzehnten zu tun. Wohin das führt, erleben wir täglich: Zur Schwächung des Staates, zur Auflösung des politischen Primats. Es kommt darauf an, wie man seine Grenzen gestaltet, nach welchen Kriterien man sie durchlässig macht. Da setzt der Kampf der Linken gegen die Grenzzäune der Rechten ein. Nicht damit, dass man so tut, als könne es im linken Weltbild gar keine Grenzen geben.
    Quelle: KenFM
  4. Es gibt viel mehr Flüchtlingshelfer als Anhänger von Pegida
    “Es gibt viel mehr Flüchtlingshelfer als Anhänger von Pegida”
    Kann man mit der Forderung nach offenen Grenzen Wahlkampf machen? Ein Gespräch mit der hessischen Spitzenkandidatin Janine Wissler über den Streit mit Sahra Wagenknecht. […]
    Es gibt einen Unterschied zwischen Positionen, an deren Umsetzung wir jetzt im Moment ganz konkret arbeiten, und solchen, die unser Selbstverständnis beschreiben. Man kann auch Lohnarbeit grundsätzlich als eine Form von Ausbeutung infrage stellen und trotzdem mit den Gewerkschaften um höhere Löhne kämpfen. Es gibt konkrete Verbesserungen, die wir als erste Schritte vorschlagen, wie die Ermöglichung des Familiennachzugs, und solche, die weitergehend aber ebenso richtig sind. Und so allein stehen wir mit der Forderung nach offenen Grenzen gar nicht da: Nehmen Sie den Bürgermeister von Palermo auf Sizilien. In dessen Hafen kommen jeden Tag Hunderte oder Tausende Flüchtlinge an. Und trotzdem sagt der: Sein Ziel ist, dass Freizügigkeit ein universelles Menschenrecht ist. Dieses linke Selbstverständnis zu formulieren, dass der Mensch zählt und nicht der Pass, dass kein Mensch illegal ist, finde ich wichtig und entscheidend, auch wenn es erst mal um Zwischenschritte dorthin geht. Im Übrigen will und wird nicht jeder nach Deutschland kommen. Die Menschen, die fliehen, haben dafür sehr ernste Gründe.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unseres Lesers Roland Kahl: Liebe Janine Wissler,

    Mittlerweile sollten sogar die Naivsten begriffen haben, dass zu viel Zuwanderung der Hauptgrund für den Einzug der AfD in den Bundestag war. Zu viel Zuwanderung hat in Großbritannien UKIP und den Brexit zum Erfolg verholfen, ganz Osteuropa nach rechts getrieben und erheblich dazu beigetragen, dass Trump die USA regiert. Italien ist u.a. durch zu viel Zuwanderung weit nach rechts gedriftet, ebenso wie Frankreich und die Niederlande. Österreich, Ungarn und Polen werden bereits von Rechten regiert.

    Zu viel Zuwanderung treibt die Mehrheit auf die Barrikaden. Wer die Mehrheit als Nazis tituliert, nutzt das Wort und seine Wirkung ab. Es ist den vielen Zuwanderungsgegnern bereits jetzt größtenteils egal, ob sie als Nazis tituliert werden – zumal es ja auch Unsinn ist. Denn die meisten Zuwanderungsgegner haben neben der z. T. kulturellen Inkompatibilität einen weiteren rationalen Grund, gegen Zuwanderung zu sein: Das Problem der Zuwanderung sind die massiven ökonomische Konsequenzen, die man in den letzten Jahren feststellen konnte, und die bei weiterer Zuwanderung in Zukunft noch extremer werden. Fassen wir die Probleme zusammen:

    Jeder Mensch braucht eine Wohnung. Da es Zuwanderer in die Städte zieht (wo es größere Jobchancen und mehr Landsleute gibt), tragen sie ganz erheblich zu explodierenden Mieten bei einfachen Wohnungen bei. Zuerst traf es die finanzielle Unterschicht. Seit einigen Jahren trifft es die Mittelschicht. Ein Umzug bedeutet fast immer eine massiv höhere Miete. Für die finanziell Schwächsten ist Zuwanderung am Wohnungsmarkt verheerend. Für Vermieter ist Zuwanderung ein Traum, denn Vermietungen laufen wie Versteigerungen, weil die Nachfrage viel höher ist als das Angebot.

    Zuwanderer brauchen Arbeit. In ihrer Not nehmen sie jeden noch so schlechten Job an – vor allem, wenn sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben. Das drückt die Einkommen vor allem bei den Schwächsten am Arbeitsmarkt: Menschen mit Migrationshintergrund und unterdurchschnittlicher Bildung. Zuwanderungs-Anhänger argumentieren mit dem (angeblichen) Demografie-Problem. Zuwanderer sollten künftige Renten finanzieren. Deutschland hat bei der Rente kein Demografie-Problem, sondern ein fehlkonstruiertes Rentensystem. Mehr Menschen in ein fehlkonstruiertes System zu setzen, vergrößert lediglich das Problem. Hinzu kommt, dass die größtenteils gering gebildeten Zuwanderer (gelinde gesagt) unterdurchschnittliche Einkünfte erzielen, kaum etwas in die Rentenkasse einzahlen können, und selbst im Alter Sozialgeld-Bezieher (Hartz IV für Rentner) werden. Die Rentenkasse zahlt also drauf. Offene Grenzen zerstören jeden Sozialstaat – diese Aussage ist zwingend logisch. Die Frage ist nur, wie schnell es geht. Laut Weltbank leben 5,6 Milliarden Menschen von weniger als 3,13 Dollar am Tag. Das heißt: 5,6 Milliarden arme Menschen würden größtenteils in Länder mit besseren Perspektiven auswandern, wenn sich jeder Mensch aussuchen darf, wo er leben möchte. Die bisherigen Zuwanderer kosten entgegen den unrealistischen Szenarien der Linken und Grünen den Sozialstaat mehr, als sie bringen. Das Argument, dass sich das ändert, wenn sie alle arbeiten würden, greift ins Leere, weil es so viele Jobs einfach nicht gibt. Die Hauptursachen von Arbeitslosigkeit und Niedriglohn wirken weiter. Gerade das „Mismatch“ betrifft die Zuwanderer.

    Zuwanderungs-Anhänger argumentieren mit dem (angeblichen) Fachkräftemangel, der durch Flüchtlinge beseitigt werden könnte. Abgesehen davon, dass nur sehr wenige Branchen und Berufe davon betroffen sind, wird das Problem dadurch nicht gelöst. Pfleger sind rar, weil sie so miserabel bezahlt werden. Zuwanderung führt nicht zu besserer Bezahlung. Im Gegenteil: Das Überangebot von verzweifelt nach Arbeit suchenden Zuwanderern wird die Löhne weiter drücken. Software-Spezialisten, Ingenieure und Ärzte sind auch eher selten unter der Zuwanderern. Tatsächlich kommen größtenteils gering gebildete Armuts-Flüchtlinge. Wenn es entgegen der Realität so wäre, dass lauter hochqualifizierte Fachkräfte nach Deutschland einwandern würden: Um so schlimmer. Das bedeutet einen so genannten „Brain Drain“, also ein Ausbluten der Heimatländer. Wenn die ökonomisch wertvollsten Menschen von den armen in die (relativ) reichen Länder abwandern, werden die armen Länder vollends ihrer ohnehin geringen Zukunftschancen beraubt. Dem Vorstand der Linkspartei ist es vollkommen egal, dass die Schwächsten am meisten unter der Konkurrenz am Wohnungs- und Arbeitsmarkt zu leiden haben. Die Linke will – wie weite Teile der Grünen und der SPD – eine grenzenlose Zuwanderung nach der Devise „kein Mensch ist illegal“, oder wie die Grüne Katrin Göring-Eckardt es maximal naiv formulierte: „Wir bekommen Menschen geschenkt.“

    Begriffen haben es Bernie Sanders, Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine, die daher eine Begrenzung der Zuwanderung und stattdessen Hilfe vor Ort fordern (ich wiederhole dies bewusst und finde dies auch richtig). Mein Fazit ist: Die Linke muss sich darauf einstellen, politisch bedeutungslos zu werden. So leid es mir als ehemaligem Wähler tut, ich kann die Linke nicht mehr wählen.

  5. Masterplan ist Desasterplan
    „Merkels öffentlichkeitswirksame Notbremse bei Seehofers sogenanntem Masterplan in allerletzter Minute offenbart zum wiederholten Mal den desaströsen Zustand der Großen Koalition und die Führungsschwäche der Kanzlerin“, erklärt Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. Sie fährt fort:
    „Statt mit Einschränkungen des Asylrechts auf Stimmenfang im bayerischen Landtagswahlkampf zu gehen, sollte der Innenminister dafür sorgen, dass in seinem Bundesamt für Flüchtlinge und Migration rasche und rechtsstaatliche Entscheidungen getroffen werden können. Dafür braucht es keinen Masterplan oder die Verschleuderung von zig Millionen an US-Beratungskonzerne wie McKinsey. Stattdessen muss endlich dem Befristungs- und Überstundenwahnsinn ein Ende gesetzt werden, der die Beschäftigten im BAMF an den Rand der Belastungsgrenze geführt, massenhafte Fehlentscheidungen produziert und damit letztlich auch das Vertrauen in den Rechtsstaat und seine Institutionen beschädigt hat.“
    Quelle: Sahra Wagenknecht
  6. So verbiegt die AfD die Polizeiliche Kriminalstatistik
    Flüchtlinge sind krimineller als Deutsche. Dieser Satz ist für den AfD-Bundestagsabgeordneten Martin Hess über jeden Zweifel erhaben. „Wer dies immer noch leugnet, der hat entweder keine Ahnung oder lügt bewusst die deutsche Bevölkerung an. Schluss mit Schönrederei und Augenwäscherei (sic)!“, schrieb Hess mit großem Selbstbewusstsein am Montag auf seiner Twitterseite. Dazu stellte Hess ein Diagramm, in dem zwei farbige Balken miteinander verglichen wurden. Ein gelber Balken für die Deutschen und ein roter Balken für die Flüchtlinge. Gerechnet wurde in „Tatverdächtige pro 100.000 Personen“. […]
    Tatsächlich strahlt die Statistik von Hess eine gewisse Autorität aus. Sie wirkt professionell und das hineinmontierte Foto von Hess zeigt ihn seriös mit Anzug und Krawatte. Hess ist noch dazu ein Mann vom Fach. Er ist Mitglied des Innenausschusses und war früher Polizist von Beruf. Noch dazu steht im Kleingedruckten unter seiner Grafik: „Datengrundlage PKS Bund 2017“, gemeint ist die Polizeiliche Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes. Eine seriöse Quelle also. Das Problem ist nur: Die Statistik von Hess ist falsch. Sie stimmt nicht. Gar nicht.
    Eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes teilt auf Anfrage mit, es könne „nicht nachvollzogen werden“, wie Hess die Zahlen berechnet habe. „Diese Zahlen gehen nicht aus der bundesweiten PKS hervor“. Überhaupt sei ein Vergleich von Tatverdächtigen unter „Deutschen“ und „Flüchtlingen“ pro 100.000 Personen nicht möglich. In der Kriminalstatistik gibt es keine „Flüchtlinge“, sondern „Zuwanderer“ mit dem Aufenthaltsstatus „Asylbewerber“, „Schutzberechtigte und Asylberechtigte“, „Duldung“, „Kontingentflüchtling“ oder „unerlaubter Aufenthalt“. Für eine Vergleichsrechnung wäre das kein Problem. Man könnte die Tatverdächtigen unter diesen Personen zusammenzählen. Für eine Berechnung der Tatverdächtigen pro 100.000 Personen und einen Vergleich mit den Deutschen müsste man diese Summe aber mit einer Gesamtzahl ins Verhältnis setzen. Und diese existiert nicht.
    Quelle: FAZ
  7. „Ein Putsch aus Berlin“
    Führt die Bundesregierung ihre Politik fort, wird die Währungsunion zerbrechen, sagt der Linken-Abgeordnete Fabio De Masi
    der Freitag: Herr De Masi, Sie sagen, Deutschland sei eine größere Gefahr für den Euro als Italien.
    Fabio De Masi: Das ist die Meinung vieler internationaler Ökonomen: Deutschland verfolgte mit der Einführung des Euro und der Agenda 2010 eine Politik der realen Abwertung: Wir haben hinreichende Lohnzuwächse unterdrückt, sodass wir immer billiger werden. Deutschland verkauft seit vielen Jahren mehr ins Ausland, als es von dort importiert. Das aber heißt, dass unsere Handelspartner anschreiben, also Schulden machen müssen. Die Kürzung von Löhnen, Renten und Investitionen in der Euro-Krise, die Privatisierung von allem, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, war fatal. Die Euro-Zone hat sich daher im internationalen Vergleich langsamer erholt als andere Wirtschaftsräume.
    In Deutschland denkt man gemeinhin, die hohe Exportquote läge an der Qualität deutscher Autos. Und die Lohnzurückhaltung sei nötig, um Arbeitslosigkeit abzubauen. Sollen es die anderen doch einfach so machen wie wir!
    Das ist Mickey-Mouse-Ökonomie. Sind unsere Ingenieure seit Einführung des Euro wirklich dreimal besser geworden als vorher? Wenn jemand exportiert, muss jemand anders importieren. Wir können ja nicht alle auf den Mars exportieren. Der Exportjunkie Deutschland könnte durch die Strafzölle von Donald Trump bald auf kalten Entzug gesetzt werden. Wir haben nun viele Jahre Arbeitslosigkeit exportiert. Hätten wir unsere Binnenwirtschaft gestärkt, hätten wir auch mehr Jobs, aber mit vernünftigen Löhnen.
    (…) Geht Merkels Antwort auf Macrons Reformvorschläge für die Euro-Zone in die richtige Richtung?
    Weder die Vorschläge von Macron noch jene von Merkel werden den Euro retten. Das zentrale Problem der Euro-Zone besteht ja darin, dass wir zwar eine gemeinsame Währung haben, aber die größte Volkswirtschaft Europas, Deutschland, lange Zeit künstlich abgewertet hat, indem die Löhne gedrückt wurden, und permanent Exportüberschüsse erzielt. Macron traut sich nicht, die Bundesregierung zu stellen. Stattdessen sagt er: Wir machen jetzt auch eine Agenda 2010 in Frankreich, und als Belohnung wollen wir ein bisschen Taschengeld aus Brüssel. Das kann nicht funktionieren.
    Quelle: Der Freitag
  8. Scholz killt die Finanztransaktionssteuer
    Vorschlag des neuen deutschen Finanzministers macht langjährige Verhandlungen zur Farce
    Bundesfinanzminister Olaf Scholz macht mit seinem Vorschlag, die geplante europäische Finanztransaktionssteuer (FTS) auf Aktien zu beschränken, eine verhängnisvolle Kehrtwende. “Scholz knickt vor der Finanzlobby ein, macht die mehr als fünfjährigen Verhandlungen von zehn EU-Ländern zur Farce und killt die Finanztransaktionssteuer”, sagt Detlev von Larcher von der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe Finanzmärkte und Steuern. “Hand in Hand begraben Scholz und Macron die Finanztransaktionssteuer zugunsten einer schlichten Börsensteuer wie der britischen stamp duty.”
    Macron und Scholz wollen FTS beerdigen
    Vor wenigen Tagen noch hatte Scholz erklärt, als neuer deutscher Finanzminister nun die Finanztransaktionssteuer durchzusetzen. In einem Gespräch mit der Zeitschrift “Der Spiegel” hat er nun seine Pläne offenbart: Statt sich für eine Finanztransaktionssteuer einzusetzen, greift Scholz den Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf: Besteuert werden sollen nur Aktien, nicht aber Derivate, die den überwiegenden Teil des Handels an den Finanzmärkten ausmachen und mit denen vor allem durch den Computerhandel riesige Summen zu Spekulationszwecken in Millisekunden hin- und hergeschoben werden.
    Dass Scholz nur Aktien besteuern will, geht daraus hervor, dass er mit einem Steueraufkommen von nur fünf bis sieben Milliarden Euro rechnet – und zwar durch eine von allen 27 EU-Ländern erhobene Steuer. Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission, über den die zehn Länder verhandeln, geht dagegen von einem Aufkommen von 30 bis 35 Milliarden Euro allein in den zehn Ländern aus.
    Finanzlobby hat sich wieder gegen die Mehrheit der Menschen durchgesetzt
    Alfred Eibl vom Attac-Koordinierungskreis: “Was Scholz jetzt vorschlägt, hat mit einer Finanztransaktionsteuer nicht einmal den Namen gemein. Das Aufkommen ist viel zu gering, und eine Dämpfung des gefährlichen Hochgeschwindigkeithandels mit Derivaten ist offenbar gar nicht beabsichtigt. Damit hat sich die Lobby der Finanzindustrie wieder gegen die Mehrheit der Menschen in Deutschland und der EU durchgesetzt.”
    Quelle: attac
  9. Ja zum Freihandel – aber bitte nicht so
    Die Europäer halten gegen Trump zusammen. Gut so. Jetzt müssen sie beweisen, dass sie fairere Regeln für den globalen Handel schreiben können als die USA.
    Stehen wir Europäer einen Handelskrieg gegen den unberechenbaren amerikanischen Präsidenten gemeinsam durch? Seit Donald Trump am Wochenende mal eben mit einem kleinen Tweet die Weltpolitik durcheinander gewirbelt hat und nun eine wechselseitige Anhebung der amerikanischen und europäischen Zölle immer wahrscheinlicher wird, treibt diese Frage viele Kommentatoren um, und dass aus gutem Grund. Schließlich gibt es auch in der EU so mancherorten klammheimliche Freude darüber, dass Trumps Angriffe die deutsche Stahlindustrie treffen. Und vor allem in Südeuropa, wo man seit Langem schon mit Argwohn beobachtet, wie sehr die EU-Währungspolitik in der Vergangenheit gerade der deutschen Wirtschaft genutzt hat, beobachtet man mit Schmunzeln, dass die nächsten Zölle wohl BMW und Daimler treffen werden.
    Man kann das ärgerlich finden. Oder verständlich: Gäbe es noch die D-Mark, wäre die schließlich längst aufgewertet und damit deutsche Produkte im Ausland automatisch viel teurer – auch im innereuropäischen Ausland. Das würde die deutschen Autobauer genauso treffen…
    Quelle: Zeit online

    Anmerkung Jens Berger: Bei aller berechtigten Kritik an Trump – wie kommt Frau Pinzler denn um Himmels Willen darauf, dass ausgerechnet „die Europäer“ faire Regeln für den globalen Handel anstreben? Im Kern hat Trump mit seiner Erkenntnis, dass dauerhafte Handelsbilanzdefizite abgeschafft werden müssen, ja Recht. Wären die Deutschen beispielsweise für Fairness und Stabilität im globalen Handel, müssten sie anfangen, ihre Exportüberschüsse abzubauen. Wie wir alle wissen, denkt die Bundesregierung aber nicht im Traum daran.

  10. BVerfG bestätigt Streikverbot für Beamte
    Das Bundesverfassungsgericht hat das Streikverbot für Beamte in Deutschland bestätigt. Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe wies mit seinem Urteil die Verfassungsbeschwerden von vier beamteten Lehrern zurück. Damit dürfen Beamte weiterhin generell nicht für höhere Einkommen oder bessere Arbeitsbedingungen streiken.
    “Ein Streikrecht für Beamte löste eine Kettenreaktion in Bezug auf die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses aus und zöge fundamentale Grundsätze des Berufsbeamtentums in Mitleidenschaft”, sagte der Präsident des Gerichts, Andreas Voßkuhle zur Begründung. Das würde andere Regeln, wie die Treuepflicht, ebenfalls in Frage stellen. Zudem wäre es dann sinnlos, die Besoldung der Beamten per Gesetz zu regeln – sie könnten sich ja alles erstreiken.
    (…) Lehrerverband lobt Urteil
    Der Deutsche Lehrerverband hat das Urteil begrüßt. “Sonst wären Beamte im Schulbereich ein Auslaufmodell geworden. Das wollen wir nicht”, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Meidinger forderte die Bundesländer auf, beamteten Lehrern stärkere Mitwirkungsrechte bei Verhandlungen über Arbeitsbedingungen und Besoldung einzuräumen. “Wir wollen kein Streikrecht, aber mehr als ein Anhörungsrecht”, sagte er.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung WM: Die Tagesschau bringt nur die Stellungnahme des Lehrerverbandes. Der DGB sieht das Urteil ganz anders: Hier die die Meinung dazu von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, in der die meisten Lehrer organisiert sind:

    „Das ist ein Schwarzer Tag für Demokratie und Menschenrechte“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Dienstag in Karlsruhe in einer ersten Reaktion….„Das Gericht schreibt damit die bisherige Rechtsprechung fest und macht damit einen Rückschritt ins vergangene Jahrhundert. Im Gegensatz zum Bundesverwaltungsgericht sieht das Verfassungsgericht weder eine Kollision zwischen deutschem und internationalen Recht noch eine Kollision in der deutschen Rechtsprechung“, sagte Tepe und kündigte an, dass die GEW das Urteil jetzt eingehend prüfen und dann über die weiteren Schritte entscheide werde.
    Quelle: GEW und: Elke Hannack bedauert Entscheidung zum Beamtenstreikrecht

    Anmerkung Christian Reimann: Die Begründung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Präsident Voßkuhle “schreit” geradezu nach einer Verhandlung vor dem EGMR, oder? Was macht das deutsche Beamtentum denn so besonders? Oder sieht der Zweite Senat durch ein Streikrecht für verbeamtete Lehrkräfte die “nationale oder öffentliche Sicherheit” (Art. 11 EMRK) ernsthaft in Gefahr?

  11. Das reicht nicht aus, Herr Spahn, und das wissen Sie auch
    Bei “Hart aber fair” verteidigt Gesundheitsminister Spahn wenig einfühlsam seinen Plan, 13.000 Pflegestellen zu schaffen. Die Betroffenen in der Runde sind kaum begeistert – und begründen dies teils sehr persönlich.
    (…) Bei “Hart aber fair” schildert dann die Altenpflegefachkraft Silke Behrendt die wachsende Überforderung in ihrem Berufsalltag. In eine Stunde Arbeit müsse sie 100 Minuten Tätigkeit pressen. “Und es wird immer mehr.” Dass Gesundheitsminister Jens Spahn, der am Plasberg-Tresen neben ihr steht, 13.000 neue Stellen in der Pflege schaffen will, darüber könne man “in ihrem Kollegenkreis nur lächeln”. “Das reicht nicht aus, Herr Spahn, und das wissen Sie auch.” Nach Prognosen des Deutschen Pflegerats werden bis 2030 allein in der Altenpflege 200.000 Fachkräfte fehlen.
    Unklar ist auch, wer die 13.000 neuen Stellen besetzen soll, da es an Pflegekräften mangelt. Geht es nach dem Gesundheitsminister, dann lautet die Antwort: aus dem Ausland. Doch die anderen sind davon wenig begeistert.
    (…) Der Journalist Gottlob Schober weist darauf hin, dass Osteuropäer, die heute schon häufig schwarz in der privaten Pflege in Deutschland arbeiten, in ihren Heimatländern fehlen. “Auch die Rumänen haben nämlich Eltern und Großeltern.”
    Es wirkt insgesamt wenig einfühlsam, wie Spahn im Bürokratendeutsch von einer “Verdichtung” der Arbeit von Pflegekräften spricht. Und wie er dabei kein Wort über die Menschen verliert, um die es doch eigentlich geht: Alte und Kranke, die deshalb stundenlang in ihren eigenen Ausscheidungen liegen müssen.
    (…) Frank Plasberg, der ungewohnt strukturiert durch die Sendung führt, spricht dann noch einen weiteren Punkt an: Wie es sein könne, dass private Investoren dicke Gewinne mit Pflegeeinrichtungen machen, in denen sie das Personal immer noch weiter zusammenstreichen? Für Spahn kein Grund zum Handeln: Das müsse man sich erst einmal genauer anschauen. Vielleicht könnten private Anbieter ja auch “effiziente Strukturen” in den Heimen schaffen?
    Jedem, der sich vielleicht jetzt schon vor der Pflegebedürftigkeit fürchtet, dürfte es bei solchen Formulierungen kalt den Rücken hinunterlaufen. Denn “effiziente Strukturen” sind so ziemlich das Letzte, woran es nach Aussagen der Betroffenen in der Pflege mangelt. Der Pflegenotstand wird nicht beseitigt werden, indem man nach den billigsten Lösungen sucht. Sondern, indem man diejenigen wirksam unterstützt, die zu Hause oder im Heim gern andere pflegen wollen – aber dabei an ihre Grenzen stoßen.
    Quelle: Spiegel
  12. Wo Reichtum entsteht, wächst Armut
    Seattle boomt, seit Konzerne wie Amazon und Starbucks sich in der Stadt niederließen. Hier zeigt sich, was ein plötzlicher Aufschwung mit Metropolen macht.
    (…) Die Stadt im Nordwesten der Vereinigten Staaten gedeiht prächtig, sie gehört seit Jahren zu den amerikanischen Metropolen mit dem größten Wirtschaftswachstum und der größten Zuwanderung an hochqualifizierten Menschen. Andererseits leben hier immer mehr Menschen auf der Straße oder im Auto – bei der letzten Zählung der Vereinigung All Home im Januar waren es 12 112. Wie passt das zusammen? Oder hat es gar miteinander zu tun?
    Es war auch früher nicht alles gut hier
    Vor 50 Jahren war Seattle eine Arbeiterstadt, die Leute haben am Hafen, in den Wäldern oder in den Fabriken des Flugzeugherstellers Boeing geschuftet.
    (…) Natürlich war auch damals nicht alles gut hier, es gab Massenentlassungen bei Boeing, hohe Arbeitslosigkeit, und in den Bars und Kneipen wurde Grunge-Musik gespielt, jener raue Sound, der durch Bands wie Nirvana, Pearl Jam und Soundgarden bald weltweit bekannt wurde – und wohl immer mit Seattle verbunden bleiben wird.
    Doch dann gründete Bill Gates den Computerkonzern Microsoft, der sich in Redmond, auf der anderen Seite des Lake Washington, niederließ, Jeff Bezos startete den Alles-Lieferanten Amazon und Howard Schultz die Kaffeehauskette Starbucks. Konzerne wie Nordstrom, Costco und T-Mobile USA verlegten ihre Firmensitze nach Seattle. Das blieb nicht ohne Folgen. Während im Jahr 1980 etwa 490 000 Menschen in Seattle lebten, sind es heute mehr als 720 000 – rechnet man die Vororte hinzu, sogar fast vier Millionen. Die Stadt gilt nun nicht mehr als altmodisch, dreckig und melancholisch, sondern als modern, erfolgreich und lebenswert.
    Seattle wurde vom Aufschwung regelrecht überrascht
    Der wirtschaftliche Aufschwung allerdings hat seinen Preis, weil es auch Menschen gibt, die nicht modern und erfolgreich sind und sich deshalb keine Wohnung mehr leisten können in dieser Stadt. Leute im Anzug (oder wenigstens im Designer-Kapuzenpulli) steigen nun auf dem Weg vom Büro zum Luxusrestaurant über Menschen in Parkas hinweg oder laufen Slalom um die Zelte.
    (…) Es gibt in Seattle genügend Ingenieure, Programmierer und Manager, die sich das leisten können – nur: die Köche, Bedienungen, Putzleute und anderen Servicekräfte können sich das Leben in Seattle nicht mehr leisten. Der gesetzliche Mindestlohn liegt bei 15 Dollar pro Stunde, so hoch wie nirgends sonst in den Vereinigten Staaten. Bestenfalls ergibt das ein Gehalt von etwa 2700 Dollar im Monat, zur Erinnerung: Das 50-Quadratmeter-Zimmer kostet 1825 Dollar. “Das reicht nicht in dieser Stadt”, sagt Bley.
    Quelle: msn
  13. S21 auch ohne Tiefbahnhof
    GegnerInnen des Megabahnprojektes Stuttgart 21 nehmen neuen Anlauf, um den Bau des umstrittenen Tiefbahnhofs doch noch zu verhindern. Bei einer öffentlichen Anhörung des Bundestagsverkehrsausschusses haben die AktivistInnen am Montag ein Umstiegskonzept vorgelegt, das fertig gestellte Bauabschnitte einbezieht, aber auf den Tiefbahnhof in der Stuttgarter Innenstadt verzichtet. Angesichts der enormen Kostenexplosion fordern die AktivistInnen strafrechtliche Ermittlungen gegen Aufsichtsräte der Bahn wegen Untreue. Unfreiwillige Schützenhilfe leistet dabei der umstrittene ehemalige sozialdemokratische Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin.
    (…) Dieser erklärte, die Entscheidung für Stuttgart 21 im Jahr 2001 sei auf der Basis der Preise von 1998 erfolgt. Dabei seien die Standardbaukosten berücksichtigt worden, aber keine Risikofaktoren, wie sie durch Besonderheiten in Böden entstehen könnten. „Deshalb war von Anfang an klar, dass die Kosten wesentlich höher ausfallen würden“, so Sarrazin.
    In seiner Stellungnahme schreibt der Ex-Bahnvorstand zudem, es sei „völlig klar“ gewesen“, dass „die wie immer berechnete Wirtschaftlichkeit des Projekts Stuttgart 21 in sich zusammenbrechen würde, wenn sich nur ein kleiner Teil der Risiken, etwa im Tunnelbau, materialisierte“. Trotzdem ist er aber dagegen, das Projekt Stuttgart 21 einzustellen – wegen des vielen Geldes, das bereits investiert wurde.
    Quelle: taz
  14. Tatverdächtiger im Fall Susanna ist bereits 21 Jahre alt
    Der Tatverdächtige im Mordfall Susanna ist 21 Jahre alt und damit älter als bislang angenommen.
    Das belegen irakische Papiere, die WELT vorliegen. Damit kann er vor Gericht nicht mehr als Heranwachsender gelten.
    Auch wird deutlich, dass in die Familie von Ali B. in ihren Asylanträgen falsche Angaben zur Identität gemacht hatte. (…)
    Aus den irakischen Dokumenten geht die tatsächliche Identität des Täters hervor: Ali Bashar Ahmad Z., geboren am 11. März 1997. Zum Zeitpunkt der Ermordung von Susanna F. war der Mann, der seinen zweiten Vornamen gegenüber deutschen Behörden zu seinem Nachnamen gemacht hatte, also bereits seit mehr als drei Monaten 21 Jahre alt. Auch nach den Bestimmungen des deutschen Jugendgerichtsgesetzes ist Ali Z. also voll strafmündig.
    Quelle: WELT

    Anmerkung Jens Berger: Was Stefan Aust da in der WELT schreibt ist schlicht falsch. Iraker haben keine Namensführung wie sie in Europa üblich ist. Hinter dem Vornamen kommt dort der Name des Vaters, dahinter der Name des Großvaters und in einigen Fällen kommt dann dahinter noch der Stammesname, bzw. der Name der Herkunft. Im konkreten Fall sind Bashar und Ahmad also die Namen des Vaters und des Großvaters des Tatverdächtigen und das von der WELT abgekürzte Z. ist der Stammesname. Welcher der drei Namen hinter dem Vornamen in Europa als “Nachname” registriert wird, ist von Ort zu Ort unterschiedlich. In der Schweiz wird beispielsweise immer der dritte Name (der Name des Großvaters) als offizieller Nachname geführt. Wenn der Tatverdächtige also seinen zweiten Namen, den Namen des Vaters, als seinen Nachnamen in den Anträgen angibt, so ist dies ganz sicher keine “falsche Angabe”.

  15. Fall Skripal: Berlin macht weiter Moskau verantwortlich
    Trotz aller widersprechenden Informationen machen die britische und andere westliche Regierungen Russland weiter für die Vergiftung von Sergej Skripal und dessen Tochter verantwortlich, so zuletzt auf dem G7-Gipfel. Auch die Sprecher der Bundesregierung und des Berliner Außenministeriums reagieren entsprechend auf Nachfragen.
    Die Bundesregierung hält an ihren unbewiesenen Vorwürfen gegenüber Russland im Fall des mutmaßlich am 4. März vergifteten Sergej Skripal und dessen Tochter fest. Das erklärten Regierungssprecher Steffen Seibert und Maria Adebahr, Sprecherin des Auswärtigen Amtes, am Montag in Berlin auf der Regierungspressekonferenz gegenüber Sputnik.
    (…) Unveränderte Position trotz wachsender Zweifel
    Die Zweifel an der Version Großbritanniens und anderer westlicher Staaten wachsen, wie Harald Neuber am Samstag im Online-Magazin „Telepolis“ feststellte. Nicht so anscheinend bei Außenamtssprecherin Adebahr: „Unsere Position in diesem Fall ist unverändert“, erklärte sie in der Regierungspressekonferenz am Montag. Sputnik hatte nachgefragt und wollte auch wissen, ob sich ihr Ministerium für die Vorwürfe auf seiner Homepage gegen „staatlich kontrollierte russische Auslandsmedien“ entschuldigen würde. Diese würden „falsche Gerüchte“ und „gezielte Falschmeldungen“ verbreiten, so das Berliner Außenamt. Am 26. März hatte Außenminister Heiko Maas gar erklärt, „die Fakten und Indizien weisen nach Russland“.
    Quelle: Sputnik
  16. EU-Kampfpanzer
    Beim deutsch-französischen Ministerrat am 13. Juli 2017 bekundeten beide Länder u.a. die Absicht zum Bau eines gemeinsamen Kampfflugzeuges sowie eines Kampfpanzers. Das Kampfflugzeug wurde bei der „Internationalen Luftausstellung“ vorangebracht (siehe IMI-Analyse 2018/10) und für den Bau eines Kampfpanzers bildeten Krauss-Maffei Wegmann (KMW) aus Deutschland und Nexter aus Frankreich bereits vor vier Jahren das Unternehmen KNDS (siehe IMI-Analyse 2017/18). Nun meldet Augengeradeaus, ein erster Demonstrator sei präsentiert worden: „Auf der Rüstungsmesse Eurosatory in Paris war es am (heutigen) Montag so weit: Das gemeinsame Unternehmen, das als KNDS firmiert, präsentierte den Demonstrator eines neuen europäischen Kampfpanzers. Der heißt natürlich nicht Leoclerc, sondern European Main Battle Tank“.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.

    Dazu: Unten deutsch, oben französisch – Der seltsame neue Euro-Panzer
    Deutsche und französische Ingenieure haben Leopard- und Leclerc-Panzer miteinander verschmolzen. Der „Euro Main Battle Tank“ ist noch nicht der große Wurf und hat einige Defizite. Angeblich ist er derzeit das einzige rechtlich Machbare.
    Er fährt, schießt und trifft bereits. In nur 15 Monaten ist der erste funktionsfähige deutsch-französische Kampfpanzer entstanden, der den anspruchsvollen Titel Euro MBT (Main Battle Tank) trägt. Doch zur Premiere des fast 60-Tonners auf der Pariser Rüstungsmesse Eurosatory machen die beiden Panzerhersteller Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Nexter gleich eine Einschränkung. Es sei nur der erste Schritt zu einem späteren, grundlegend neuen Euro-Panzer.
    (…) Jetzt will sich der 2015 geformte Rüstungskonzern aus der privaten deutschen Panzerfirma KMW mit der staatlichen französischen Firma Nexter als Vorreiter in Europas Panzerbau profilieren. Dafür gibt es politischen Rückenwind von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie wollen die Waffensysteme in Europa vereinheitlichen. Merkel sprach jüngst davon, dass binnen 20 bis 30 Jahren die Zahl unterschiedlicher Waffensysteme in Europa von 178 auf 30 schrumpfen soll. Paris und Berlin zelebrieren dabei den Schulterschluss. Es geht um gemeinsame neue Kampfjets, Panzer und Artillerie.
    Quelle: Welt

    Anmerkung J.K.: Ach nee, ein Schelm wer Böses bei der propagandistischen Anheizung der Konfrontation mit Russland denkt.

    “Ohnehin spürt die Panzerbaubranche und die gesamte europäische Rüstungsindustrie wieder eine deutliche Geschäftsbelebung. Es geht um die Modernisierung der Streitkräfte. Zudem macht US-Präsident Donald Trump Druck, dass die Europäer endlich mehr Geld in die Rüstung stecken und mehr Selbstverantwortung übernehmen.”

  17. Deutschland ist in Afrin Kriegspartei an der Seite der Türkei
    Heute rollen wieder deutsche Leos gegen die KurdInnen, diesmal in der syrisch-kurdischen Enklave Efrîn und demnächst wohl auch im Irak. Und wieder unterstützt die Bundesregierung diesen völkerrechtswidrigen Krieg nicht nur durch außenpolitisches Schweigen, sondern durch eine extreme Steigerung der Repression gegen politische Aktivitäten der hiesigen aktiven kurdischen Community und der seit Kobanê 2014 stark angewachsenen deutschen Solidaritätsbewegung.
    Die deutsche Bundesregierung weigerte sich bis zur Einnahme Efrîns durch die türkische Armee und deren islamistische Vasallen Mitte März beharrlich, den Angriffskrieg des NATO-Partners zu verurteilen. Zu Beginn der Offensive sprach die Sprecherin des Auswärtigen Amts von einer »fluiden Lage«, die eine Einschätzung zu diesem Zeitpunkt nicht möglich mache. Auf eine spätere Anfrage der Linken-Abgeordneten Gesine Lötzsch stellte die Bundesregierung sich noch deutlicher an die Seite der Türkei und räumte dieser ein »völkerrechtliches Selbstverteidigungsrecht« als Begründung für den Angriff ein. Auch eine Expertise des wissenschaftlichen Dienstes des deutschen Bundestags, die starke Zweifel an einer völkerrechtlichen Legitimität für den Einmarsch türkischer Truppen in Syrien äußerte, konnte die Bundesregierung nicht beeindrucken. …
    Während der Vorbereitung und der Durchführung des Angriffskrieges gegen Efrîn betätigte sich Deutschland auch innenpolitisch als Kriegspartei. Ausgehend von dem BMI-Erlass vom März 2017 ließen die Repressionsbehörden keine Möglichkeit ungenutzt, um Proteste gegen die Türkei und Solidarität mit Efrîn zu verbieten und zu kriminalisieren. Alle Entspannungsbemühungen, die es in den letzten zwanzig Jahren zwischen den deutschen Behörden und kurdischen Institutionen durchaus gegeben hatte, wurden einseitig aufgekündigt. …
    Das Jahr 2018 ist bislang geprägt durch den Versuch der Repressionsbehörden, Proteste der kurdischen Community und der solidarischen deutschen Linken in einer seit den 1990er Jahren nicht mehr da gewesenen Weise zu unterdrücken. Das Ziel ist dabei, oppositionelle Stimmen gegen die Politik der Türkei und Solidaritätsbezeugungen mit der kurdischen Befreiungsbewegung möglichst komplett aus der Öffentlichkeit, den Medien und den sozialen Netzwerken zu verbannen.
    Quelle: Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.
  18. Koch und Kellner
    Berlin sucht verzweifelt nach Lehrern – und bietet dabei alles auf von Studenten bis zu Pensionären. Aber das Problem mit der Lehrerausbildung ist ein deutschlandweites.
    Quereinsteiger, im Ruhestand Weiterbeschäftigte, ja sogar Studenten: Wenn Lehrermangel herrscht, greift man in Deutschland auf fast alle zurück, die irgendwie unterrichten können oder von denen man dies zumindest annimmt. Das ist keine Berliner Spezialität; auch aus anderen Bundesländern hörte man in den vergangenen Jahren von abenteuerlichen Maßnahmen, um den völligen Ausfall von Unterricht zu vermeiden. Aber in Berlin, auch das ist bekannt, scheint die Lage stets besonders prekär. Von 3000 freien Lehrerstellen für das kommende Schuljahr sind erst 1750 besetzt, wie man nun hört.
    Bildungssenatorin Scheeres hat daraufhin die gängigen Notmaßnahmen eingeleitet: Tausend Quereinsteiger wurden zu Bewerbungsgesprächen eingeladen, gab sie am Montag bekannt, und 160 Lehrer, die eigentlich im Sommer in Pension gehen könnten, wollen, auch nachdem ihnen dafür besondere Anreize gesetzt wurden, weiterarbeiten. Um die dann immer noch bestehenden Lücken zu füllen, will der Senat ferner an seinem umstrittenen Programm „Unterrichten statt Kellnern“ festhalten, der es Masterstudenten ermöglicht, neben dem Studium bis zu einer halben Stelle an Schulen auszufüllen – als reguläre Lehrkraft, wohlgemerkt, nicht als Vertretung. Und womöglich sollen in Berlin künftig sogenannte Sprachlernassistenten eingesetzt werden könnten, die noch keinen Master-, sondern nur einen Bachelorabschluss vorweisen können.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Lehrermangel? Wieso Lehrermangel? Wir haben doch die demographische Katastrophe – viel zu wenige Kinder -, das konnte man vor 10 Jahren auf die Nachkommastelle genau ausrechnen…


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