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Titel: Hinweise der Woche

Datum: 1. Juli 2018 um 9:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Trump’s Military Drops a Bomb Every 12 Minutes, and No One Is Talking About It
  2. Warum wir eine neue Sammlungsbewegung brauchen
  3. Ende des Hilfsprogramms – Die Krise ist vorbei? Erzählt das mal den Griechen!
  4. USA verlangen weltweiten Import-Stopp für iranisches Öl
  5. Die Idee, die die Welt verschlingt: Neoliberalismus
  6. Sahra Wagenknecht, DIE LINKE: Beenden Sie Ihr Konjunkturprogramm für Politikverdrossenheit!
  7. Merkels “europäische Lösung” – Die EU schottet sich ab
  8. Deutsch-russische Beziehungen nicht US-Interessen unterordnen
  9. Butterwegge: Baukindergeld ist fehlgeleitete Subvention
  10. Merkel traut in der EU keiner mehr über den Weg

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Trump’s Military Drops a Bomb Every 12 Minutes, and No One Is Talking About It
    We live in a state of perpetual war, and we never feel it. While you get your gelato at the hip place where they put those cute little mint leaves on the side, someone is being bombed in your name. While you argue with the 17-year-old at the movie theater who gave you a small popcorn when you paid for a large, someone is being obliterated in your name. While we sleep and eat and make love and shield our eyes on a sunny day, someone’s home, family, life and body are being blown into a thousand pieces in our names.
    Once every 12 minutes.
    The United States military drops an explosive with a strength you can hardly comprehend once every 12 minutes. And that’s odd, because we’re technically at war with—let me think—zero countries. So that should mean zero bombs are being dropped, right? […]
    Instead, we live in a world where the Pentagon is completely and utterly out of control. A few weeks ago, I wrote about the $21 trillion (that’s not a typo) that has gone unaccounted for at the Pentagon. But I didn’t get into the number of bombs that ridiculous amount of money buys us. President George W. Bush’s military dropped 70,000 bombs on five countries. But of that outrageous number, only 57 of those bombs really upset the international community.
    Because there were 57 strikes in Pakistan, Somalia and Yemen—countries the U.S. was neither at war with nor had ongoing conflicts with. And the world was kind of horrified. There was a lot of talk that went something like, “Wait a second. We’re bombing in countries outside of war zones? Is it possible that’s a slippery slope ending in us just bombing all the goddamn time? (Awkward pause.) … Nah. Whichever president follows Bush will be a normal adult person (with
    Quelle: Truthdig

    Lesen Sie dazu auch auf den NachDenkSeiten: Alle 12 Minuten eine Bombe – die unerklärten Kriege der USA haben ein absurdes Ausmaß angenommen.

  2. Warum wir eine neue Sammlungsbewegung brauchen
    Die liberale Demokratie befindet sich in einer tiefen Krise. Äußeres Zeichen sind die Wahlsiege rechtsnationaler, offen illiberaler Kräfte – von Donald Trump über Victor Orbán bis zu Matteo Salvini. Auch in Deutschland taumeln die ehemaligen Volksparteien von einer Wahlniederlage zur nächsten und erreichen gemeinsam gerade noch ein gutes Drittel aller Wahlberechtigten.
    Die Ursache solcher Verschiebungen in der politischen Tektonik liegt auf der Hand: Es ist die Enttäuschung, Verärgerung, ja aufgestaute Wut erheblicher Teile der Bevölkerung über politische Entscheidungsträger, die seit vielen Jahren nicht mehr für sich in Anspruch nehmen können, im Auftrag oder auch nur im Interesse der Mehrheit zu handeln.
    Die einstigen Volksparteien, einschließlich ihrer liberalen und grünen Partner, sind mittlerweile so ununterscheidbar geworden, dass Wahlen zur Farce und demokratische Rechte substanzlos werden. Alle genannten Parteien stehen für eine Globalisierung nach dem Gusto transnationaler Großunternehmen – als wäre das die einzige Möglichkeit, internationalen Austausch im Zeitalter der Digitalisierung und moderner Transportwege zu organisieren.
    Sie alle predigen die vermeintliche Unfähigkeit des Nationalstaats, seine Bürger vor Dumpingkonkurrenz und dem Renditedruck internationaler Finanzinvestoren zu schützen. Sie alle vertreten somit einen Wirtschaftsliberalismus, der die Warnungen der Freiburger Schule vor der Konzentration von Wirtschaftsmacht in den Wind geschrieben hat und deren fatale Folgen nicht nur für Innovation und Kundenorientierung, sondern auch für die Demokratie ignoriert.
    Und sie alle haben diesem Uralt-Liberalismus, der aus der Zeit vor der Entstehung moderner Sozialstaaten stammt, die glitzernde Hülle linksliberaler Werte übergestreift, um ihm ein Image von Modernität, ja moralischer Integrität zu geben. Weltoffenheit, Antirassismus und Minderheitenschutz sind das Wohlfühl-Label, um rüde Umverteilung von unten nach oben zu kaschieren und ihren Nutznießern ein gutes Gewissen zu bereiten.
    Quelle: Sahra Wagenknecht in der Welt
  3. Ende des Hilfsprogramms – Die Krise ist vorbei? Erzählt das mal den Griechen!
    Nachdem die Überweisung der letzten Hilfsgelder an Griechenland beschlossen wurde, erklären Politiker in Athen und Brüssel die Krise für beendet. Doch das ist ganz sicher nicht das Gefühl im Land.
    Die Eurofinanzminister haben gestern eine letzte, große Finanzspritze sowie weitere Schuldenerleichterungen für Griechenland beschlossen. Sie hoffen darauf, dass Griechenland nach Auslaufen des dritten Hilfsprogramms im August endlich an die Finanzmärkte zurückkehren kann und nicht länger auf europäische Unterstützung angewiesen ist.
    So mancher Veteran in der Euro-Gruppe dürfte außerdem hoffen, dass er sich zum letzten Mal überhaupt mit dieser kleinen Nation beschäftigen muss. Über die vergangenen acht Jahre hat Griechenland wiederholt die Existenz der Eurozonebedroht und damit zahllose Gipfel, Treffen und Debatten beherrscht.
    Nach dem Treffen beeilten sich die Verantwortlichen in Athen und Brüssel, den Durchbruch zu verkünden. “Ich denke, dies ist das Ende der griechischen Krise”, sagte Finanzminister Euklid Tsakalotos. EU-Währungskommissar Pierre Moscovicizeigte sich noch sicherer: “Die griechische Krise ist heute Abend vorbei”, sagte der Franzose. Die EU-Kommission veröffentlichte auf Twitter sogar ein Video, mit dem “Ein neues Kapitel für Griechenland” ausgerufen wurde.
    Nun, vielleicht sollte noch jemand den Griechen Bescheid sagen. […]
    Grund zur Skepsis
    Die Griechen haben Grund zur Skepsis. Nicht nur, weil ihnen schon unzählige Male ein nahes Ende der Krise angekündigt wurde. Sondern vor allem, weil die vagen Vorteile der Euro-Gruppen-Einigung in scharfem Kontrast zur Gewissheit stehen, dass Ende des Jahres neue schmerzhafte Sparmaßnahmen in Kraft treten.
    “Welches Euro-Gruppen-Treffen?”, fragte mich ein 76 Jahre alter Offizier im Ruhestand. “Meine einzige Sorge ist heute wie gestern, wie ich genug Geld für meine Beerdigung sparen kann.” Griechische Renten sind bereits um 60 Prozent gekürzt worden. Und sie werden 2019 erneut gekürzt werden.
    Die Griechen wissen nur zu gut,

    • dass die öffentlichen Schulden nach acht Jahren des Leidens höher sind als je zuvor.
    • dass Banken unter faulen Krediten ächzen.
    • dass mehr als 300.000 junge, qualifizierte Griechen ausgewandert sind.
    • dass die gesamte wichtige Infrastruktur privatisiert wurde.
    • dass die Einkommen zurück auf den Stand von 2003 gefallen sind, womit griechische Familien laut der Statistikbehörde Eurostat im untersten Zehntel der Eurozone liegen.
    • dass es ein Albtraum ist, einen Job zu finden.
    • dass 40 Prozent der Menschen hier von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind.
    • dass einer von vier Griechen unter materieller Entbehrung leidet.
    • dass einer von drei Haushalten sich keine ausreichende Heizung leisten kann,
    • und 40 Prozent nicht ihre Miete und Rechnungen zahlen können.

    Quelle: Giorgos Christides auf SPIEGEL Online

  4. USA verlangen weltweiten Import-Stopp für iranisches Öl
    Die USA fordern von allen Ländern einen Importstopp von iranischem Öl. Gegen Länder, die dem nicht Folge leisten, würden Sanktionen verhängt, drohte ein Vertreter des US-Außenministeriums. (..)
    Die USA seien sich im Klaren, dass dies bei den US-Verbündeten nicht nur auf Zustimmung stoßen werde, besonders bei Öl-Importeuren. “Der Grund, warum sie es dennoch machen werden, ist ihre Beziehung zu uns”, betonte der Beamte. Grundsätzlich seien alle Länder betroffen, es stünden Gespräche unter anderem mit China, Indien und der Türkei bevor.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: So langsam wird die Arroganz der USA gemeingefährlich. Würden die rund 2,5 Mio. Barrel, die Iran pro Tag exportiert, auf der Angebotsseite vom Weltmarkt verschwinden, würde dies den Ölpreis massiv in die Höhe treiben und weltweit die Konjunktur schwächen. Es ist jedoch eher unwahrscheinlich, dass dies geschieht. China, Indien und Südkorea, die zusammen für mehr als 80% der iranischen Exporte stehen, haben auch in früheren Zeiten die Drohungen der USA für Importe iranischen Öls geflissentlich ignoriert. Dass ausgerechnet China, das ja zur Zeit nicht eben die besten Handelsbeziehungen zu den USA hat, sich durch die “Sanktionsandrohungen” der USA heute großartig beeindrucken lässt, darf wohl getrost bezweifelt werden.

  5. Die Idee, die die Welt verschlingt: Neoliberalismus
    Er ist die herrschende Ideologie unserer Zeit – eine, die den Gott des Marktes verehrt und uns das nimmt, was uns menschlich macht
    (…) Blickt man durch ihre Linsen, sieht man klarer, wie die von Thatcher und Reagan ach so verehrten politischen Vordenker dazu beigetragen haben, das Ideal der Gesellschaft als allumfassenden Markt – und nicht etwa als Polis, einen zivilgesellschaftlichen Bereich oder eine Art Familie – zu prägen. Es ist ein Bild vom Menschen als Gewinn-und-Verlust-Rechner – und eben nicht als Inhaber unveräußerlicher Rechte und Pflichten. Ziel war freilich, den Wohlfahrtsstaat abzubauen, jede Verpflichtung zur Vollbeschäftigung über Bord zu werfen, Steuern immer weiter zu senken und fleißig zu deregulieren. Aber „Neoliberalismus“ ist weit mehr als eine klassische rechte Wunschliste. Er war und ist ein Werkzeug, die gesellschaftliche Realität zu ordnen und unseren Status als Individuen neu zu denken.
    (…) Der Freie Markt – blutleerer Inbegriff der Effizienz
    „Neoliberalismus“ ist also nicht einfach eine Bezeichnung für marktorientierte Politik oder den nächsten faulen Kompromiss mit dem Finanzkapitalismus, den abgehalfterte sozialdemokratische Parteien eingehen. Der Begriff bezeichnet die Prämisse, die sich still und leise in unser Leben geschlichen hat und bestimmt, was wir tun und glauben: dass nämlich Wettbewerb das einzig legitime Organisationsprinzip menschlichen Handelns ist.
    (…) Je mehr Hayeks Idee sich ausweitet, desto reaktionärer wird sie, je mehr versteckt sie sich hinter der Behauptung ihrer wissenschaftlichen Neutralität – und desto mehr erlaubt es der Ökonomie, sich mit dem intellektuellen Trend zu verbinden, der im Westen seit dem 17. Jahrhundert prägend ist. Der Aufstieg der modernen Wissenschaft hat zu einem Problem geführt: Wenn die Welt vollständig Naturgesetzen unterworfen ist, was bedeutet es dann, Mensch zu sein? Ist ein menschliches Wesen einfach ein Objekt in der Welt, wie jedes andere auch.
    Quelle: Der Freitag

    Anmerkung WM: Sehr lesenswert. Über den Ursprung, das Wesen des Neoliberalismus und seinen Einfluss auf unsere Gesellschaft.

  6. Sahra Wagenknecht, DIE LINKE: Beenden Sie Ihr Konjunkturprogramm für Politikverdrossenheit!
    Die CSU muss man fragen: Nehmen Sie überhaupt noch wahr, dass es eine Welt außerhalb von Bayern gibt? Dass in dieser Welt gerade ein von den USA angezettelter Handelskrieg gefährlich eskaliert und dass es elementar für unseren Wohlstand sein wird, ob Europa darauf eine gemeinsame Antwort findet? Frau Merkel, der Scherbenhaufen, vor dem Sie heute in Europa stehen, ist doch der Scherbenhaufen Ihrer Politik. Sie haben das Porzellan zerschlagen und unsere europäischen Partner immer wieder gegen sich aufgebracht: mit Ihren Alleingängen, Ihren erratischen Entscheidungen, mit deutscher Selbstgefälligkeit und Rechthaberei.
    Quelle: YouTube

    Anmerkung Albrecht Müller: Wie immer bemerkenswert.

  7. Merkels “europäische Lösung” – Die EU schottet sich ab
    Beim Minigipfel in Brüssel beginnt der europäische Teil der Operation Kanzlerrettung. Die Folgen für die EU-Flüchtlingspolitik dürften gravierend sein: Orban und Co. bekommen endgültig Oberwasser.
    Unter dem Druck der CSU muss nun auch Angela Merkel rasch neue Lösungen für eine bessere Abschottung Europas finden, Sonntagnachmittag beim EU-Minigipfel in Brüssel geht es los. Mit dem Rechtsruck innerhalb der deutschen Regierung kippt die Flüchtlingsdebatte in Europa endgültig zugunsten der Hardliner.
    Beispiele aus den letzten Stunden gefällig? Spanien und Frankreich kündigen an, dass sie Flüchtlinge in geschlossenen Lagern unterbringen wollen. Und Österreich drängt darauf, Militär an den EU-Außengrenzen einzusetzen. Der Seehofer-Virus hat die ganze EU befallen. Gut möglich, dass am Ende die Flüchtlinge den Preis dafür bezahlen, dass Merkel noch ein paar Monate in ihrem wackeligen Bündnis mit der CSU weitermachen darf.
    Geht es nach Merkel, soll der Minigipfel (etwa 16 der 28 EU-Mitglieder nehmen teil) das Tor für Rückführungen vor allem nach Italien öffnen. Die Absicht schimmert hinter der Abschlusserklärung für den Treff durch, deren Entwurf vor ein paar Tagen in der EU-Hauptstadt zirkulierte. “Wir werden einen flexiblen gemeinsamen Rücknahmemechanismus nahe an den Binnengrenzen einrichten”, heißt es darin. Was genau das sein soll, könnte einem in Brüssel zwar niemand so genau sagen, das Ganze klingt aber immerhin ein bisschen nach Horst Seehofers Forderungen. Ein deutsches Anliegen soll in ein europäisches Mäntelchen gekleidet werden, darum geht’s. […]
    Unter Druck der CSU holt Merkel in Brüssel nach, was sie in der Heimat – jenseits aller Rhetorik – längst vollzogen hat: den Abschied von der Willkommenskultur vom Herbst 2015. Als Beleg dafür kann auch der Entwurf des Kommuniqués für den richtigen EU-Gipfel am 28. und 29. Juni gelten. Der “echte EU-Gipfel” ist nach dem Minigipfel am Sonntag der zweite, entscheidende Baustein des europäischen Teils der Operation Kanzlerinnen-Rettung. Danach läuft die Zwei-Wochen-Frist der CSU ab.
    Das Papier, das die Staats- und Regierungschefs verabschieden wollen, liest sich, als hätte Viktor Orban den Stift geführt. Darin ist beispielsweise erstmals von sogenannten Ausschiffungszentren die Rede, wohl in Nordafrika.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Dieser Artikel bringt doch die Wahrheit auf den Punkt: die EU greift die schlimmsten Forderungen der letzten Jahre auf (z. B. EU-Außenlager in Nordafrika, unter ganz schlimmen Bedingungen) und forciert endgültig die maximale Flüchtlingsabwehr. Und zwar nicht gegen die angeblich so humane Flüchtlingspolitik von Merkel, sondern ganz auf ihren Spuren und in ihrem Sinne. Nur die angeblich linke taz hat immer noch nicht verstanden, welches schlimme Spiel Merkel in den letzten zwei Jahren gespielt hat, und betet für ihre Kanzlerschaft. Nebenbei wird noch die Fiktion von der Sozialdemokratisierung der Union und der “linken” Merkel – so links, daß sie 2003 noch die Sozialversicherungssysteme abschaffen wollte und in jeder einzelnen Legislaturperiode durch immer weitergehende Unternehmensteuersenkungen und Geschenke ohne Ende (forcierte Lohnsenkungen, Ausstieg aus dem Atomausstieg, Schonung der Autoindustrie…) aufgefallen ist, von ihrer grauenhaften Politik gegenüber Griechenland und den anderen “Euro-Krisenländern” und dem Rest der EU mal ganz abgesehen. Angela Merkel ist unternehmenshörig und neoliberal wie wenige andere, hat aber bei vielen “Linken” seit dem Flüchtlingssommer 2015 einen Heiligenschein. Wie realitätsblind kann man sein?

    Anmerkung Jens Berger: Angela Merkel vollendet ihre Abschottungspolitik, die bereits mit dem von ihr forcierten Dublin-Abkommen begonnen hat und die linksliberalen Teile der Öffentlichkeit kloppen auf Seehofer ein, der darüber sehr glücklich ist, da er so mit dem Image der „AfD-Alternative“ kokettieren kann und Wähler vom rechten Rand für die CSU und CDU einsammeln kann. Es läuft alles im Sinne der Union.

  8. Deutsch-russische Beziehungen nicht US-Interessen unterordnen
    Es sind nicht nur die US-Sanktionen, die in unerträglicher Weise das Russland-Geschäft deutscher und europäischer Unternehmen belasten, sondern auch die wirkungslosen europäischen Sanktionen gegen Russland. In Zeiten großer politischer Spannungen spielen verlässliche Wirtschaftsbeziehungen eine umso wichtigere Rolle, denn sie wirken stabilisierend und friedensstiftend. Daraus folgt: Deutschland muss im Hinblick auf Russland eigene und europäische Interessen vertreten, statt sich von den USA weg von Russland drängen zu lassen“, kommentiert Klaus Ernst, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, die Jahrespressekonferenz des Ost-Ausschusses/Osteuropavereins der Deutschen Wirtschaft. Ernst weiter:
    „Die Bundesregierung sollte endlich das Ende der Russland-Sanktionen der EU herbeiführen. Sie haben ihren politischen Zweck nicht erfüllt und wirtschaftlich großen Schaden angerichtet. Gleichzeitig muss die exterritoriale Anwendung der US-Sanktionen etwa auf europäische Unternehmen weiter konsequent abgewiesen werden. Es dient nur US-amerikanischen Interessen, die ihr eigenes Gas in Europa verkaufen wollen, wenn die Erdgaspipeline Nord Stream 2 nicht gebaut wird. Ich unterstütze die Position des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, diese Pipeline auch gegen den Willen der US-Administration zu bauen und zu betreiben.
    Außerdem unterstütze ich insbesondere angesichts der zerstörerischen ‚America first‘-Politik des US-Präsidenten den Leitgedanke des ehemaligen Vorsitzenden des Ostausschusses, Eckhard Cordes, der formulierte: Ein starkes Europa ist ohne die Einbeziehung Russlands nicht möglich.“
    Quelle: Linksfraktion

    Anmerkung André Tautenhahn: Beim EU-Gipfel, der am Morgen zu Ende gegangen ist, spielte das Thema Russland-Sanktionen nur eine Nebenrolle, da es hauptsächlich um eine Getriebene ging, „die sich verzweifelt an den letzten Strohhalm klammert“. Das dauerte Stunden. Die Russland-Sanktionen wurden daher im Anschluss nach kurzer Diskussion einfach um sechs weitere Monate verlängert. Die Begründung bleibt die Gleiche.

  9. Butterwegge: Baukindergeld ist fehlgeleitete Subvention
    Der Kölner Armutsforscher Christoph Butterwegge hat die Einigung der Koalition beim Baukindergeld als “fehlgeleitete Subvention” kritisiert. “Diese Maßnahme ist ein Schritt in die falsche Richtung”, sagte Butterwegge der Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg, Donnerstagausgabe). “Sie fördert Familien, die zusätzliches Geld größtenteils vermutlich gar nicht brauchen.” Diese führe zu Mitnahmeeffekten, so Butterwegge. “Man erreicht damit gerade nicht jene Familien, die in Ballungsräumen kaum noch bezahlbaren Wohnraum finden.” Als Mittel gegen den Mangel an Wohnraum forderte Butterwegge mehr Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. “Genossenschaftlicher und kommunaler Wohnungsbau muss wieder stärker gefördert werden”, sagte er. Die von der Regierung zugesagten zusätzlichen Mittel von 500 Millionen Euro seien “nur ein Tropfen auf den heißen Stein”.
    Quelle: Presseportal
  10. Merkel traut in der EU keiner mehr über den Weg
    Es ist eine Bankrotterklärung der EU: In einem der wichtigsten Politikfelder unserer Zeit, beim Umgang mit Migration geht nichts mehr. Außer wohlfeilen Äußerungen wie “die Außengrenzen müssen jetzt aber wirklich mal geschützt werden”, bekommen die Staats- und Regierungschefs nichts zustande. Kaum einer traut dem anderen noch über den Weg. Der deutschen Bundeskanzlerin schon gar nicht. Ihr Name ist in vielen Ländern Europas zu einem “Nicht-Namen” geworden, bei dem schlechte Stimmung garantiert ist, sobald man ihn ausspricht.
    Wie konnte es soweit kommen? Im Grund genommen ist die Sache einfach: Sie liegt im Politikstil Angela Merkels begründet. Dem von Teilen ihrer Anhängerschaft frenetisch gefeierten “Pragmatismus”, mit dem sie an die Probleme herangeht. Bei unklaren Situationen, bei Nebel, schaltet Merkel seit eh und je einfach die Nebelscheinwerfer ein. Sie fährt auf Sicht und hofft, dass der Wind das Problem schon löst. Bei dichtem Nebel, wie hier bei der Flüchtlingskrise, nützt das Vorantasten aber nichts, man kommt höchstens vom Weg ab, weil man nichts sieht, und ist dann verloren.
    Ein Beispiel: Als in den Jahren 2011 und 2012 die Zahl der Menschen, die nach Europa fliehen, langsam aber stetig steigt, lässt Merkel nur wissen, das sei nicht ihr Hauptproblem, sondern das von Italien und Griechenland. Die Kanzlerin entdeckt die viel beschworene “europäische Solidarität” erst für sich, als die Trecks die bayerische Grenze erreichen. Da, im Herbst 2015, kann es ihr mit “europäischer Solidarität” wiederum nicht schnell genug gehen. Denn sie hat ja jetzt das Problem in Deutschland und keine Zeit für lange Verhandlungen.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung JK: Ein erstaunlich kritischer Kommentar. Dass die Ikone der Linksliberalen in Deutschland in der EU keinerlei Ansehen mehr hat, liegt nicht nur an der Flüchtlingspolitik Merkels, sondern auch gerade am brutalen und verächtlichen Umgang mit Griechenland. Das wurde vor allem von allen südlichen EU-Mitgliedern aufmerksam verfolgt.


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