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Titel: Hinweise des Tages II

Datum: 29. Juni 2018 um 16:19 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. EU-Gipfel zum Umgang mit Flüchtlingen: Fragwürdig und kaum umsetzbar
  2. ARD-Studio Moskau: Dem Niveau sind nach unten keine Grenzen gesetzt
  3. Schönreden der Situation von Erwerbslosen muss ein Ende haben
  4. Körzell: Beschluss der Mindestlohn-Kommission ist ein Erfolg
  5. Negativzinsen für Riester-Sparer erlaubt
  6. Zeit für eine unbequeme Wahrheit
  7. Fabian Fritzsche: Das (vorläufige) Ende der Globalisierung
  8. US-Stahlbranche hält Section 232 für verfassungswidrig
  9. Kollateralschaden
  10. Ein deutscher Scharfschütze packt aus
  11. Gepanzerte Fahrten durch Kabul ohne Aussteigen
  12. Zoll kommt im Kampf gegen Geldwäsche kaum hinterher
  13. Tod eines Brandermittlers
  14. Ein roter Morgen in Amerika

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. EU-Gipfel zum Umgang mit Flüchtlingen: Fragwürdig und kaum umsetzbar
    Es bleibt bei Euphemismen, statt der Solidarität in Europa wird Frontex gestärkt. Grund zur Freude gibt es nach dem EU-Gipfel nicht.
    Einigung – welche Einigung? Nach einer dramatischen Gipfel-Nacht, in der Italien alle Beschlüsse mit einem Veto blockiert hatte, rauften sich die 28 Staats- und Regierungschefs der EU schließlich doch noch zusammen. Doch die „Schlussfolgerungen“, die sie am Freitag Morgen gegen 4.30 Uhr bekannt gaben, lassen viele Fragen offen. Eine echte Einigung stellen sie nicht dar, die zentralen Probleme bleiben ungelöst. Das gilt vor allem für die beiden Kernfragen, die diesen Gipfel beherrschten: Wird es Kanzlerin Angela Merkel gelingen, eine „europäische Lösung“ für ein deutsches Problem zu finden – die so genannte Sekundärmigration, also die Weiterwanderung bereits erfasster Aslybewerber aus einem anderen EU-Land nach Deutschland?
    Dazu gibt der Beschluss nicht viel her. „Die Mitgliedstaaten sollten alle nötigen internen gesetzgeberischen und administrativen Maßnahmen ergreifen, um solchen Bewegungen entgegenzuwirken, und dabei eng zusammenarbeiten.“ Mehr steht nicht drin im Gipfelpapier. Es lässt sich zwar als Ermächtigung lesen, „interne Maßnahmen“ zu ergreifen – sofern sie mit anderen EU-Staaten abgestimmt sind. So gesehen hätte sich Merkel durchgesetzt – und sogar noch eine Art EU-Genehmigung für ihren Innenminister Horst Seehofer eingeholt, seinen umstrittenen „Masterplan“ für Migration umzusetzen. Man kann es aber auch anders interpretieren – als Gummiparagraphen, der alles und nichts bedeutet. Vor allem fehlt Merkel das, was sie am dringendsten suchte: Ein bilaterale Absprache mit Italien zur Rücknahme von Aslybewerbern. Im Gipfelbeschluss steht davon nichts.
    Quelle: Eric Bonse in der taz

    dazu: Merkels inhumane „europäische Lösung“
    So geht das also, wenn Angela Merkel „europäische Lösungen“ in der Flüchtlingsfrage erreicht: Man denkt sich ein paar neue Begriffe für Internierungslager aus, und ansonsten kann jeder machen, was er will. […]
    Statt dessen hat nun also der Gipfel etwas erklärt: Von „Ausschiffungsplattformen“ in Drittstaaten wird da fantasiert, auf Deutsch: Möglichst viele der meist ärmeren Länder rund um die EU sollen mit Geld gekauft werden, um Geflüchtete abzuwehren. Noch weigern sich viele, die Drecksarbeit zu machen, aber das Vorbild Türkei (noch mal drei Milliarden Euro) wird schon wirken. „Ausschiffungsplattformen“! Nun ja, immerhin ehrlicher als die Idee, die Internierungslager in Deutschland „Ankerzentren“ zu nennen. […]
    Merkels „europäische Lösung“ ist also nicht nur inhuman, sie ist auch nicht europäisch. Horst Seehofer aber wird genau das freuen. Ihm kann es in der Sache wurscht sein, ob seine Zurückweisungs-Show an der Grenze nun stattfindet oder nicht. Er hat die Kanzlerin, die ja in der Sache gar nicht so weit von ihm weg ist, wie immer behauptet wird, in die nächste symbolische Anpassungsrunde an die Rhetorik der Rechtsnationalismus geprügelt.
    Quelle: Stephan Hebel in der FR

    Anmerkung Jens Berger: Sehr viel Lärm um so gut wie gar nichts. Nach zwei Wochen Theater hat sich an der inhumanen europäischen Asylpolitik so gut wie nichts geändert. Dafür hat die sich die Union nun „gefühlt“ nach rechts bewegt, ohne das Merkels Image in der Mitte gelitten hat, hat sie doch angeblich für ihren humanitären Kurs, der alles andere als humanitär ist, wie eine Löwin gekämpft.

    dazu: SPD in Erklärungsnot
    Die, die sich immer gern äußern, schweigen an diesem Morgen. Ralph Stegner, Johannes Kahrs, Eva Högl von der SPD-Fraktionsführung, Bundestags-Vizepräsident Thomas Oppermann, Juso-Chef Kevin Kühnert, Außenminister Heiko Maas, Bundesjustizminister Katarina Barley aus dem Bundeskabinett – große Twitterruhe all überall. Denn die Details der Beschlüsse, die die EU-Regierungschefs in der Nacht in Brüssel getroffen haben, dürften nicht jedem in der SPD gefallen. […]
    Auffangzentren in Drittstaaten und innerhalb der EU trägt die SPD in der Koalition mit CDU und CSU mit. Vize-Kanzler Olaf Scholz sagte am Vormittag im Bundestag, die Beschlüsse seien ein “großer Fortschritt”. Sie seien eine “gute Grundlage” für die Herausforderungen der Migration, “ein guter Erfolg für uns alle”. Auch Parteichefin Andrea Nahles stellte sich hinter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). “Insgesamt begrüßen wir das Ergebnis.” Wichtig sei, dass es eine europäische Lösung mit der EU und nicht gegen die EU gebe. Bei der konkreten Ausgestaltung der Auffangzentren sei es wichtig, “Qualitätsverbesserungen gegenüber der jetzigen Lage” zu erreichen. Die SPD “dringt auf humanitäre Standards und Versorgung”, versichert Nahles. Es müssten dort “rechtsstaatliche und zügige Verfahren” gewährleistet werden. Im SPD-Wahlprogramm stand: “Asylverfahren werden grundsätzlich weiterhin auf europäischem Boden durchgeführt.” […]
    Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht bezeichnete die Auffangzentren in Drittstaaten als “Bankrotterklärung der Humanität und europäischer Werte”. Bis auf Libyen hätten alle nordafrikanischen Staaten eine Kooperation abgelehnt. “Man kann nicht einmal im Ansatz erwarten, dass dort in irgendwelchen Lagern reguläre Asylverfahren abgewickelt werden.” Europa versuche auf “finstere Art und Weise, sich das Problem vom Hals zu halten”, sagt Wagenknecht.
    Quelle: ZDF heute

    und: “Wie Giftmüll, den niemand will”
    Die EU soll auf ihrem Gipfel am heutigen Freitag die Errichtung von Flüchtlingslagern im nördlichen Afrika beschließen. Dies geht laut Berichten aus dem Entwurf zur Abschlusserklärung des Gipfels hervor, die allerdings am gestrigen Abend noch nicht verabschiedet wurde, da Italien weitere Zugeständnisse in der Flüchtlingspolitik verlangt. In den vergangenen Tagen hatten sich immer mehr Spitzenpolitiker für die Lager ausgesprochen. Sie werden unter dem Begriff “Ausschiffungsplattformen” diskutiert und sollen Flüchtlinge, die auf dem Mittelmeer ergriffen wurden, aufnehmen, damit sie, sofern der UNHCR ihre Asylgesuche für nicht ausreichend begründet hält, direkt in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden können. Allerdings ist noch kein Staat bereit, sich als Standort zur Verfügung zu stellen. In einer aktuellen Erklärung warnen Menschenrechts- und kirchliche Organisationen, wer den Flüchtlingsschutz negiere, stelle letztlich “die universelle Geltung der Menschenrechte in Frage” und riskiere damit auch die “Erosion der Menschenrechte” im eigenen Staat.
    Quelle: German Foreign Policy

  2. ARD-Studio Moskau: Dem Niveau sind nach unten keine Grenzen gesetzt
    Lielischkies war sieben Jahre für das ARD-Studio Washington tätig, sechs davon als stellvertretender Leiter. Das ist schon eine Nummer. Vermutlich ist ihm die Versetzung nach Moskau wie eine Bestrafung vorgekommen. Aber dessen ungeachtet gibt es zentrale Unterschied in der PR-Kultur der beiden Länder.
    Arbeitet man in den USA, im Geburtsland der PR, dann muss man sich eigentlich kaum aus dem Büro bewegen. Beständig wird man zugeschüttet mit Pressemitteilungen von unterschiedlichsten NGOs, Regierungsstellen, Parlamentariern, man wird als Multiplikator umworben, eingeladen und bekommt das Material präsentationsfertig in die Hand gedrückt. Alles easy.
    In Russland funktioniert das jedoch ganz anders. Da muss man sich selbst um die Information bemühen. Das ARD-Studio in Moskau wird außer von einigen aus dem Westen finanzierten NGOs und deutschen Organisationen nicht als Multiplikator wahrgenommen. Man wird nicht eingeladen, es gibt keine Abendessen in der PR-Abteilung des Kreml, der Duma oder des Rats der Föderation, einfach weil es sowas nicht gibt. Man wird schlicht nicht hofiert.
    Das ist kein Zeichen von Missachtung, es gibt hier in Russland diese PR-Kultur nur sehr rudimentär. Und wenn ich es recht verstehe, ist es auch gar nicht das Ziel, eine solche Kultur aufzubauen, nimmt man sie doch als demokratiefeindlich wahr. Wenn in den Berichten aus Moskau dann ganz regelmäßig die Floskel von den Kreml-nahen Kontakten auftaucht, die als Beweis für das Gesagte herhalten müssen, dann drückt sich darin die ganze Hilflosigkeit gegenüber diesem Fehlen von PR aus. Das ARD-Studio Moskau hat schlicht keine benennbaren Quellen.
    Quelle: RT deutsch

    Anmerkung Tobias Riegel: Ein interessanter Blickwinkel auf die unterschiedlichen medialen Gewichtungen und Arbeitsweisen in Deutschland und Russland, der auch die hochtrabende Selbst-Wahrnehmung und -Darstellung der ARD weitgehend als Blendwerk offenbart.

  3. Schönreden der Situation von Erwerbslosen muss ein Ende haben

    „Von großen Erfolgen am Arbeitsmarkt oder gar Vollbeschäftigung ist Deutschland weit entfernt. Mehr als jeder dritte Erwerbslose ist länger als ein Jahr ohne Arbeit. Die durchschnittliche Dauer der Erwerbslosigkeit im Hartz-IV-Bereich hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Bei den Langzeiterwerbslosen, die ihre Arbeitslosigkeit beenden können, ist nur in rund jedem achten Fall eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt der Grund dafür. Die Große Koalition redet die Lage schön und tut viel zu wenig, um erwerbslosen Menschen zu helfen. Das muss endlich ein Ende haben. Es muss deutlich mehr Geld zur Unterstützung von Erwerbslosen bereitgestellt werden“, erklärt Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum aktuellen Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit. Zimmermann weiter:
    „Erwerbslose in Deutschland sind im EU-weiten Vergleich am stärksten von Armut bedroht. Das Armutsrisiko liegt hierzulande bei 70,8 Prozent. Die Verarmung von Erwerbslosen muss endlich gestoppt werden. Seit den Hartz-Reformen wird die soziale Sicherung für Erwerbslose überwiegend Hartz IV überlassen. Alternativen dazu liegen schon lange auf dem Tisch, werden von der Bundesregierung aber ignoriert: Der Zugang zu ausreichenden Leistungen der Arbeitslosenversicherung muss erleichtert werden. Und Hartz IV muss durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzt werden, die wirklich vor Armut schützt und Teilhabe ermöglicht.“
    Quelle: die Linke im Bundestag

    dazu: Was die offizielle Arbeitslosenzahl verschweigt: 3,22 Millionen Menschen ohne Arbeit
    Im Juni meldet die Bundesagentur für Arbeit knapp 2,28 Millionen Arbeitslose. Das gesamte Ausmaß der Menschen ohne Arbeit bildet die offizielle Zahl jedoch nicht ab. Denn fast 941.000 De-facto-Arbeitslose sind nicht in der Arbeitslosen-, sondern in der separaten Unterbeschäftigungsstatistik enthalten.
    Im Juni 2018 gab es offiziell 2,28 Millionen Arbeitslose. Das sind knapp 40.000 Personen weniger als im Vormonat. Nicht in der offiziellen Arbeitslosenzahl enthalten sind allerdings fast 941.000 ebenfalls faktisch Arbeitslose, darunter

    • rund 702.000 Menschen, die an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnahmen,
    • knapp 72.000 am Tag der Erfassung Krankgeschriebene und
    • knapp 167.000 über 58-Jährige, die innerhalb der letzten 12 Monate kein Jobangebot erhielten.

    Insgesamt ergibt sich so eine tatsächliche Arbeitslosenzahl von über 3,26 Millionen Menschen. Gegenüber dem Vormonat hat die Zahl der „inoffiziell Arbeitslosen“ um rund 6.000 Personen abgenommen (O-Ton berichtete).
    Quelle: O-Ton Arbeitsmarkt

  4. Körzell: Beschluss der Mindestlohn-Kommission ist ein Erfolg
    Die Mindestlohnkommission hat heute die Anpassung der Lohnuntergrenze beschlossen. Jetzt ist es an der Bundesregierung, diesen Beschluss in Recht umzusetzen. In diesem Fall erhöht sich der gesetzliche Mindestlohn in zwei Stufen: zum 1. Januar 2019 auf 9,19 Euro und zum 1. Januar 2020 auf 9,35 Euro.
    Quelle: Gegenblende

    Anmerkung Christian Reimann: Es bleibt rätselhaft, weshalb sich auch der DGB mit dieser niedrigen Erhöhung des lückenhaften Mindestlohns zufrieden gibt. Das soll ein Erfolg sein? Hat der DGB nun endgültig beschlossen, nicht mehr die Interessen der Arbeitnehmerschaft vertreten zu wollen? Vielleicht verstehen sich die DGB-Verteter tatsächlich – wie nicht Wenige meinen – als Co-Manager von Arbeitgebern. Selbst auf “Gegenblende” war kürzlich noch zu lesen: “Von steigenden Löhnen profitieren vor allem Gutverdienende – auch tarifgebundene Betriebe zahlen besser. Doch zugleich wächst der Niedriglohnsektor. Als Gegenmaßnahme dazu wurde erfolgreich der Mindestlohn eingeführt, der nun in zwei Stufen auf 9,35 Euro erhöht wird. Das ist aber längst noch nicht existenzsichernd.“. Also und mit anderen Worten: Herr Körzell betrachtet einen “nicht existenzsichernd” Mindestlohn als Erfolg, oder?

  5. Negativzinsen für Riester-Sparer erlaubt
    Dürfen Banken negative Zinsen auf Sparer abwälzen? Ein Landgericht hat nun entschieden: Im Fall von Riester-Sparplänen offensichtlich schon – solange es keine unangemessene Benachteiligung gibt. (…)
    Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte gegen die Kreissparkasse Tübingen geklagt, weil diese in ihrem Sparplan “VorsorgePlus” einen zugesagten positiven Staffelzins mit dem aktuell negativen Grundzins verrechnet hatte. Die Verbraucherschützer halten das für unrechtmäßig. Aus ihrer Sicht sind die Verträge so zu verstehen, dass keiner der beiden Zinsen negativ werden kann.
    Die Kreissparkasse hatte sich gegen die Kritik gewehrt: Keinem Kunden würden tatsächlich Minuszinsen in Rechnung gestellt. Die Grundverzinsung werde mit den zusätzlichen, fest vereinbarten Bonuszinsen der Banksparpläne verrechnet. Alle Kunden der Sparkasse erhielten deshalb aktuell unter dem Strich positive Zinsen.
    Quelle: Spiegel Online
  6. Zeit für eine unbequeme Wahrheit
    95 Prozent der Griechenland-Kredite von 274 Milliarden Euro flossen in den Schuldendienst. An deutsche und französische Banken, nicht an griechische Rentner oder Krankenschwestern. Die Kürzungsprogramme der Troika haben eine soziale und ökonomische Katastrophe verursacht, während der deutsche Finanzminister vom Zinsdienst profitiert hat.
    Quelle: Fabio De Masi
  7. Fabian Fritzsche: Das (vorläufige) Ende der Globalisierung
    In Deutschland wird oftmals noch von einem drohenden Handelskrieg zwischen den USA und der EU gesprochen, tatsächlich befinden wir uns bereits mitten drin. Und – in der Kriegsrhetorik zu bleibend – es ist ein Welthandelskrieg, in dem vor allem die USA gegen die EU, China, Mexiko, Kanada, Russland und diverse weitere Staaten kämpfen, aber diese Staaten bilden auch keine gemeinsame Front. Die EU wirft China Protektionismus vor und hat – wenn auch aus politischen und nicht ökonomischen Gründen – Sanktionen gegen Russland verhängt und Russland seinerseits Sanktionen gegen den Westen. Gleichzeitig kauft sich China in großem Stil weltweit in technologisch und/oder ökonomisch wichtigen Unternehmen ein, was zu immer lauteren Forderungen nach protektionistischen Maßnahmen führt. […]
    Die zurzeit teils schon beschlossenen, teils angedrohten Gegenmaßnahmen erscheinen zwar logisch und nachvollziehbar, alleine schon um nicht gegenüber Trump den Eindruck zu erwecken, man gebe ihm Recht. Allerdings ist unklar, was diese Gegenzölle letztlich bewirken sollen. Oder anders gefragt: Weshalb sollen europäische Verbraucher über höhere Preise für US-Importe dafür bestraft werden, dass US-Verbraucher nun mehr für Importe aus der EU bezahlen müssen? Wer glaubt, die USA für Importzölle bestrafen zu müssen – wohl in der Hoffnung, die Trump-Regierung würde dann irgendwann einlenken –, sollte eher über Exportzölle für Güter nachdenken, bei denen die US-Wirtschaft auf Importe aus Europa angewiesen ist. So kämen dann zumindest nicht die Verbraucher in Europa für den Schaden auf. Kurzfristige sollte die Reaktion also am ehesten lauten, die US-Zölle einfach zu akzeptieren und mit anderen Ländern soweit möglich Zollsenkungen auszuhandeln, um so die Auswirkungen der US-Zölle für die Unternehmen in Europa möglichst abzufedern. Wenn die US-Regierung den Wohlstand der US-Bürger senken möchte, ist das kein Grund für die europäischen Regierungen dies nachzuahmen. Mittelfristig sollte der Wohlstand gleichmäßiger verteilt werden, um so die Akzeptanz für die Globalisierung zu erhöhen und zudem muss die deutsche Wirtschaft endlich ihre Exportabhängigkeit reduzieren. Über beide Punkte wird im aktuellen Handelskrieg allerdings gar nicht gesprochen.
    Quelle: WirtschaftsWunder

    dazu: Vorteile und Nachteile der Globalisierung: Geschichte, Probleme, Gewinner, Verlierer
    Ungezügelte Globalisierung hat neben ihren positiven Effekten dazu beigetragen, fremdenfeindlichen Protektionismus wieder salonfähig zu machen und das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Regierungen zu untergraben. Handel und Auslagerungen haben in den Herkunftsländern zu Lohndruck und Arbeitslosigkeit geführt, aber die Gewinne gesichert. Die ungleichere Einkommensverteilung schürt Zukunftsängste und treibt PopulistInnen UnterstützerInnen zu. Globalisierung muss auf globaler wie nationaler Ebene reguliert werden, damit sie zu einem Instrument der Verbesserung der Lebensumstände für möglichst viele Menschen wird. Dabei sind soziale, ökologische und ökonomische Ziele mit gleicher Intensität zu verfolgen.
    Quelle: Kontrast.at

  8. US-Stahlbranche hält Section 232 für verfassungswidrig
    Der amerikanische Stahlverein AIIS hat die sogenannte Section 232, auf deren Grundlage US-Präsident Trump 25 Prozent Strafzölle gegen importierte Stahlprodukte erhoben hatte, als verfassungswidrig bezeichnet.
    In Washington teilte der AIIS am Mittwoch mit, dass man bereits gerichtliche Schritte gegen derartige Verfassungsverstöße eingeleitet habe. Zur Begründung des Rechtsverfahrens hieß es, dass die Section 232 den US-Kongress veranlasse, gewisse gesetzgebende Rechte an den US-Präsident zu übergeben, was dem US-System der gegenseitigen Kontrolle und des Machtgleichgewichts zuwiderlaufe.
    Weiter hieß es in der Pressemitteilung, dass der AIIS für Handelsliberalismus eintrete.
    Quelle: CRI online

    dazu: China kritisiert US-Handelsprotektionismus
    Chinas Handelsministeriumssprecher Gao Feng hat sich gegen den von der US-Regierung praktizierten Handelsprotektionismus ausgesprochen.
    In Beijing sagte Gao Feng am Donnerstag vor der Presse, die USA wollten seit jeher ihren Export für China ausbauen, um die Handelsdefizite abzubauen. Dafür bestehe bei den Hightech-Produkten und Dienstleistungen großes Potential. Die geplanten Exportbeschränkungen für derartige Sektoren seien daher kontraproduktiv.
    Allein in den vergangenen fünf Monaten sei das Volumen chinesischer Investitionen in den USA gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 92 Prozent auf 1,8 Mrd. US-Dollar zurückgegangen. Auch zahlreiche multinationale Konzerne seien zutiefst besorgt über die Stabilität des Investitionsklimas und die wirtschaftspolitische Kontinuität im Standort USA, so Gao Feng weiter.
    Quelle: CRI online

  9. Kollateralschaden
    Die Reiseroute, die sich US-Vizepräsident Michael »Mike« Pence für seine diesjährige Tournee durch den Hinterhof ausgesucht hat, spricht Bände. Natürlich geht es ihm nebenbei auch darum, die wegen der rassistischen Einwanderungspolitik Washingtons aufgebrachten Lateinamerikaner zu besänftigen und ein paar für US-Konzerne einträgliche Handelsabkommen zu unterzeichnen. In erster Linie ist das Ziel des Stellvertreters von Donald Trump jedoch, die noch verbliebenen Regierungen abzuservieren, die sich weiterhin dem Diktat von God’s Own Country widersetzen. Am liebsten wolle er Venezuela, Nicaragua und Kuba »mit einem Schlag« loswerden, hatte er Anfang Mai getönt. Doch Pence ist Realist genug, eines nach dem anderen anzugehen.
    Demokratie ist für die US-Administration nach wie vor etwas, was man gerne anspricht, wenn man damit die eigenen Gegner attackieren kann – was man aber gerne ignoriert, wenn sich der Gesprächspartner angemessen unterwürfig gibt. So entblödete sich Pence nicht, ausgerechnet in Brasilien – dessen vom Volk gewählte Regierung durch einen institutionellen Putsch gestürzt wurde, dessen derzeitiger Staatschef Michel Temer nicht demokratisch legitimiert ist und dessen aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat Luiz Inácio Lula da Silva im Gefängnis sitzt – dem Nachbarn Venezuela Lektionen in Sachen Menschenrechte erteilen zu wollen. In Guatemala hat Pence Abgesandte aus El Salvador und Honduras zu sich zitiert. In Nicaragua kennt man diese Allianz bereits – exakt von diesen Staaten aus wurde in den 1980er Jahren der Krieg gegen die Sandinistische Revolution geführt. Und ganz nebenbei hat er dankend die Einladung von Ecuadors Präsident Lenín Moreno angenommen, der den Verrat an der von seinem Vorgänger Rafael Correa initiierten »Bürgerrevolution« vollenden will.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Immerhin zeigt die gegenwärtige US-Administration, was und wo ihre Interesse liegen. Kann das von der deutschen Bundesregierung auch nur ansatzweise behauptet werden – sind sie nicht vielmehr Handlanger/quasi Kolonie der USA?

  10. Ein deutscher Scharfschütze packt aus
    […] Seine Mission im Kosovo tritt er laut eigenen Angaben im Auftrag eines Verteidigungsministeriums an. Für die USA? Für die Albaner? Für die Deutschen? “Genauer darf ich darüber bis heute keine Auskunft geben”, sagt er. Dabei bleibt es, trotz Nachfragen. “Ich bin kein zweiter Edward Snowden. Menschen vertrauen mir.“ […]
    Späth ist nicht der einzige Profi aus dem Ausland, der sich der UCK anschließt, noch bevor die Nato am 24. März 1999 in den Konflikt eingreift. Australische Offiziere, berichtet er, stoßen ebenfalls frühzeitig zur Guerillaarmee. “Das waren keine Söldner”, sagt Späth. “Genauso wenig wie ich.” Laut seinen Angaben übernehmen sie später die Koordination mit der Nato in Tirana. Das deckt sich mit Angaben eines australischen Freiwilligen.
    Die serbische Regierung unter Slobodan Milosevic behauptet damals: Westliche Geheimdienste unterstützen das militante Streben der Kosovo-Albaner nach Unabhängigkeit. Internationale Medienberichte untermauern die Behauptung. Auch Späth berichtet von Versuchen des deutschen Bundesnachrichtendienstes, Kalaschnikows an die UCK zu liefern. Entgegen des herrschenden Waffenembargos.
    Quelle: T-Online

    Anmerkung Jens Berger: Hochinteressant. Ein weiterer Beleg dafür, dass westliche Dienste entgegen der politischen Beteuerungen aktiv auf Seiten der UCK im Kosovokrieg mitgekämpft haben.

  11. Gepanzerte Fahrten durch Kabul ohne Aussteigen
    Die ländliche Entwicklung soll den Teufelskreis von Armut, Gewalt und Fragilität brechen, sagt ein Schweizer Entwicklungsberater.
    Berichte von westlichen Zivilisten aus Afghanistan sind selten. Dominic Blättler, Dozent an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL der Berner Fachhochschule verbrachte seit 2013 jedes Jahr einige Zeit in Kabul, in Zentralafghanistan oder in der nördlichen Provinz Tachar an der Grenze zu Tadschikistan. Er war für Helvetas, Terre des hommes und die Deza in diesem Land, wo seit vierzig Jahren Kriegszustand herrscht. Infosperber hat mit ihm gesprochen.
    Vieles habe sich in den letzten fünf Jahren verändert, meint Dominic Blättler. Im Zentrum der 4-Millionenstadt Kabul sei das Bild heute geprägt von Stacheldraht, Sandsäcken, Maschinengewehren und meterhohen Betonwänden. Aufständische zielen vermehrt auf Mitarbeitende der Regierung und von Hilfsorganisationen. Daher befinden sich Hotels, Botschaften und internationale Organisationen in einer Sicherheitszone, so auch die Deza. Diese gesicherte Zone – genannt «Ring of Steel» – wird gegen aussen durch eine Postenkette der afghanischen Polizei und vom Militär geschützt. Aus Sorge vor Anschlägen und Entführungen sei die Bewegungsfreiheit für ausländische Mitarbeitende stark eingeschränkt, so Blättler, die Arbeitsbedingungen erschwert und das Leben in der Stadt isoliert.
    Quelle: Infosperber
  12. Zoll kommt im Kampf gegen Geldwäsche kaum hinterher
    Die Zoll-Abteilung zur Bekämpfung von Geldwäsche kommt mit unbearbeiteten Fällen nicht hinterher. Grund sind unter anderem IT-Probleme.
    Die neue Abteilung beim Zoll zur Bekämpfung von Geldwäsche kommt mit der Bearbeitung von Verdachtsfällen noch immer nicht hinterher. Seit dem Start der Financial Intelligence Unit (FIU) vor rund einem Jahr seien dort bis zum 31. Mai 2018 insgesamt 63.461 Meldungen eingegangen, hieß es in einer Reuters am Freitag vorliegenden Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Frage des Linken-Abgeordneten Fabio de Masi.
    Quelle: Handelsblatt
  13. Tod eines Brandermittlers
    Familie des Kriminaltechnikers, der NSU-Ermittlungen kritisierte, gab Obduktion in Auftrag
    Manche Todesfälle im Zusammenhang mit den NSU-Ermittlungen sind sicher Zufall. Allerdings sind es inzwischen ziemlich viele: Zum Beispiel der Neonaziausteiger Florian Heilig, der 2013 wenige Stunden vor einer geplanten Vernehmung in seinem Auto auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart verbrannte, dessen Exfreundin, die an einer Lungenembolie verstorben sein soll, sowie deren Verlobter, mutmaßlich Selbstmörder – oder der Ex-V-Mann »Corelli«, der 2014 einer unentdeckten Diabeteserkrankung erlegen sein soll.
    Nach all dem hat nun die Familie des international bekannten Brandermittlers und Kriminaltechnikers Frank Dieter Stolt privat eine Obduktion in Auftrag gegeben, weil der 62jährige kürzlich in einem Krankenhaus bei Mannheim gestorben und die Todesursache unklar ist, dies berichtete am Montag das Internetmagazin Telepolis. Von öffentlichem Interesse sei der Fall, weil Stolt auch im Rahmen der NSU-Ermittlungen mit Untersuchungen beauftragt war. Dabei äußerte er sich öffentlich auch kritisch zu manchen Ermittlungen.
    Quelle: junge Welt
  14. Ein roter Morgen in Amerika
    Der unerwartete Wahlsieg der demokratischen Sozialistin Alexandria Ocasio-Cortez in New York zeigt, dass Bernie Sanders kein statistischer Ausreißer war. Im Gegenteil: Sozialismus ist eine wachsende Strömung in der amerikanischen Gesellschaft, die die etablierte Politik nicht mehr ignorieren kann.
    Das meiste, was man heutzutage aus den Vereinigten Staaten mitbekommt, wirkt erschreckend. Kinder werden an der mexikanischen Grenze von ihren Eltern getrennt und in umfunktionierte, leerstehende Wal-Mart-Verkaufshallen interniert; das Oberste Gericht des Landes schafft ein weiteres institutionelles Standbein der Gewerkschaften ab und ebnet damit den Weg für weitere Angriffe auf ihre sowieso prekären Strukturen und womöglich, das Ende der Gewerkschaftsbewegung, wie sie bisher existierte. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, ist der Präsident des mächtigsten Landes der Welt kein anderer als der gescheiterte Immobilienhai Donald J. Trump – eine monströse Schöpfung des späten US-Imperiums, ein halluzinatorischer Mussolini für den Mittleren Westen.
    Quelle: adamag


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