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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 30. August 2018 um 8:27 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Über Fake News und unterschlagene Wahrheiten
  2. Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung
  3. Wie sich der Soli abschaffen ließe, ohne die Ungleichheit zu erhöhen
  4. Fachkräftemangel? Ökonomen zweifeln an der Millionen-Lücke
  5. Gig-Economy: Deliveroo und Foodora auf Rückzug
  6. Wie sichert die Polizei den INHALT ihrer Datenbanken?!
  7. Konzeption der Bundeswehr: Rüstung für den Neuen Kalten Krieg
  8. Wie man Fluchtursachen schafft
  9. Wo die AfD der Linken den Rang abläuft
  10. Österreich: Erhöhte Familienbeihilfe gestrichen – Behinderte verlieren Unterstützung
  11. Verfassungsschutz wollte V-Mann verheimlichen
  12. Diplomatische Spannungen zwischen den USA und Südafrika
  13. Iran 1953: Wie die CIA den Demokraten aus Teheran wegputschte
  14. Der Weg zur Prosperität – Leseprobe

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Über Fake News und unterschlagene Wahrheiten
    Was ist Fake und was ist nur die Verdrehung der Wahrheit bis zur Unkenntlichkeit. Wir zeigen an drei Beispielen, wie Deutschlands große Medien sich als Meister ihres Faches erweisen.
    Nichts regt unsere Leitmedien mehr auf als das, was sie gerne „fake news“ nennen. Findet man nicht im „Netz“ jeden Tag einen Beweis dafür, dass alle außer den „wirklich seriösen Medien“, zu denen man selbst vorneweg gehört, nicht ernst zu nehmen sind und sogar eine Gefahr für die Demokratie darstellen? Nur was durch die „seriösen Hände der wirklichen Journalisten“ geht, so das Selbstverständnis, kann man ohne weiteres für ein Stück Wahrheit halten.
    Dieser Tage kann man an verschiedenen Beispielen leicht erkennen, wie dumm und arrogant, ja, wie grundfalsch diese Position ist. Erstes Beispiel: der neue ifo-Index. In den ZDF heute-Nachrichten (hier, ab Minute 10) verkündet der Moderator mit kaum zurückgehaltener Freude, die Stimmung in der deutschen Wirtschaft sei „extrem gut“, das ifo-Institut habe ein Sommerhoch vermeldet, das alle Erwartungen übertrifft. Optimistisch mache die Firmenchefs vor allem die Tatsache, dass es nicht zu einem europäisch-amerikanischen Handelskrieg gekommen sei (das kommt auch so von ifo).
    Es ist zunächst auffällig, dass der ifo-Index in einem Monat in den Hauptnachrichten genannt wird, in dem es aufwärts geht, aber kaum einmal in Monaten, wie seit der Jahreswende, wo es abwärts geht. Dann die unverhohlene Freude des Moderators. Worüber freut er sich? Ist es nicht seine Aufgabe, den Zuschauern ohne jede Emotion eine Nachricht zu übermitteln und zu erklären, wie die im Zusammenhang der bisherigen Entwicklung des Indikators zu sehen ist?
    Quelle: Makroskop
  2. Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung
    (RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz)
    Einführung einer doppelten Haltelinie für Rentenniveau (48 Prozent) und Beitragssatz (20 Prozent) bis 2025 sowie Änderungen bei der Berechnung der Standardrente sowie des verfügbaren Durchschnittsentgelts, Sonderzahlungen des Bundes an die allgemeine RV 2022 bis 2025, Verlängerung der Zurechnungszeit, Ausweitung von Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder (»Mütterrente II«), Verlängerung des Einstiegsbereichs (bisher: Gleitzone) auf Bruttoentgelte bis 1.300 Euro/Monat (bisher: 850 Euro/Monat).
    Quelle: Portal Sozialpolitik

    dazu: Rentenpaket zementiert Rentenkürzungen
    Mit dem beschlossenen Rentenpaket bleiben Union und SPD dem von ihnen zu verantwortenden Sozialabbau der letzten Jahrzehnte treu. Mit der sogenannten Stabilisierung des Rentenniveaus bis 2025 zementiert die Große Koalition die fatalen Folgen der Rentenkürzungen der letzten Jahrzehnte”, erklärt Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. Wagenknecht weiter:
    „Der Sturm im Koalitionswasserglas ist zu Ende. Im Ergebnis bringt die Einigung in der GroKo keine Verbesserungen für die Mehrheit der Menschen. Die Festschreibung eines zu niedrigen Rentenniveaus bedeutet, dass es von der Bundesregierung weiterhin keine Hilfe für Menschen geben wird, die mit Altersarmut oder einem sinkenden Lebensstandard im Ruhestand zu kämpfen haben. Dieser grundsätzliche Befund ändert sich auch nicht durch die Einigung bei der Mütterrente. Denn es ist zwar besser, dass davon jetzt alle Mütter von Kindern profitieren sollen, die vor 1992 geboren sind. Aber die Erhöhung um einen halben Rentenpunkt ist viel zu niedrig. Die gesetzliche Rente muss für alle deutlich angehoben werden. DIE LINKE fordert u.a. sämtliche Kürzungen aus der Rentenanpassungsformel zu streichen und ein Sicherungsniveau von mindestens 53 Prozent gesetzlich festzuschreiben. Außerdem müssen die Arbeitgeber wieder paritätisch an den Kosten der Alterssicherung beteiligt werden, statt über die staatliche Subventionierung der unsinnigen Riesterrente nur die Finanzwirtschaft zu bereichern.”
    Quelle: die Linke. im Bundestag

    dazu auch: Es ging nie um die Rente
    Erlösung oder Ruhe im Rentenstreit. So lauten die Schlagzeilen heute, nachdem sich die Koalitionsspitzen am Dienstagabend im Kanzleramt geeinigt hatten. Die Bundesregierung beschloss daraufhin am heutigen Mittwoch im Kabinett das Paket von Sozialminister Hubertus Heil, nachdem es letzte Woche von der Tagesordnung verschwunden war. Warum eigentlich?
    Weil es nie um die Rente ging, da ist sich die GroKo nämlich einig, wie ich hier gezeigt habe, sondern um die Absenkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung. Statt 0,3 Prozentpunkte, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, geht es um 0,5 Prozentpunkte nach unten. Das freut natürlich die Arbeitgeber.
    Dass die öffentlich-rechtlichen Medien ihrem Auftrag nicht gerecht werden, beweist einmal mehr die Tagesschau. Sie verwendet heute fast alle Zeilen eines Artikels auf die Rente und den angeblichen Streit, der deswegen innerhalb der Großen Koalition geherrscht habe. Erst ganz am Schluss wird beiläufig erwähnt, dass sich die Regierungsfraktionen darauf verständigten, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozentpunkte zu senken. Was wie eine Entlastung für Arbeitnehmer klingt, ist in Wirklichkeit aber eine Belastung der Sozialversicherung wie Jens Berger am Montag auf den NachDenkSeiten gezeigt hat.
    Quelle: TauBlog

  3. Wie sich der Soli abschaffen ließe, ohne die Ungleichheit zu erhöhen
    Die jüngsten Zahlen zu den Rekord-Haushaltsüberschüssen haben auch die Debatte um die Zukunft des Solidaritätszuschlags wieder angeheizt. Doch von der Soli-Abschaffung würden nur Besser- und Hochverdiener profitieren, die über die letzten Jahrzehnte bereits deutlich entlastet wurden. Steuer- und Abgabensenkungen sollten auf geringe und mittlere Einkommen konzentriert werden. Eine Analyse von Stefan Bach. […]
    Simulationsrechnungen mit fortgeschriebenen Daten der Steuerstatistik zeigen, dass das Aufkommen von derzeit (2018) schätzungsweise 18,7 Milliarden Euro zu 62 Prozent von den einkommensreichsten 10 Prozent der Bevölkerung aufgebracht wird. Das sind die Steuerpflichtigen, die ein bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen von mehr als 58.000 Euro im Jahr erzielen. Allein das reichste Hundertstel, das bei einem Einkommen von 153.000 Euro im Jahr beginnt, zahlt 28 Prozent des Soli-Aufkommens, das sind 5,1 Milliarden Euro oder 12.600 Euro je Steuerpflichtigen. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung, die bis zu einem Einkommen von 22.600 Euro im Jahr reicht, trägt dagegen nur 0,3 Milliarden Euro oder 1,7 Prozent zum Aufkommen bei. Eine Abschaffung des Soli würde daher nur Besser- und Hochverdiener entlasten – Geringverdiener und Mittelschichten haben fast nichts davon.
    Betrachtet man die Entwicklung der Steuerbelastungen über die letzten beiden Jahrzehnte, so wurden die Besser- und Hochverdiener bereits deutlich entlastet. Als 1998 der Solidaritätszuschlag auf den heutigen Zuschlagssatz von 5,5 Prozent herabgesetzt wurde, lag der Spitzensteuersatz noch bei 53 Prozent ab 61.377 Euro zu versteuerndes Einkommen. Der Soli erhöhte den Spitzensteuersatz auf 55,9 Prozent. Heute beträgt der Spitzensteuersatz bei diesen Einkommen nur noch 42 Prozent beziehungsweise 45 Prozent bei Einkommen über 260.532 Euro, also einschließlich Soli 44,3 Prozent beziehungsweise 47,5 Prozent. Das heißt, auf Spitzeneinkommen wurde die Einkommensteuer seit 1998 um einen Betrag vermindert, der fast dem Dreifachen des Soli entspricht. Ferner wurden seitdem die Unternehmensteuern gesenkt, die Abgeltungsteuer eingeführt, die Vermögensteuer abgeschafft und die Erbschaftsteuer auf Unternehmensübertragungen praktisch beseitigt – Entlastungen, die den Reichen und vor allem den Superreichen im Lande zugutegekommen sind.
    Quelle: Makronom
  4. Fachkräftemangel? Ökonomen zweifeln an der Millionen-Lücke
    Wirtschaftsvertreter warnen vor Engpässen bei qualifizierten Arbeitskräften. Experten halten den Fachkräftemangel allerdings für ein Alibi. Ein Zuwanderungsgesetz sei nicht nur unnötig, sondern sogar schädlich.
    Glaubt man Vertretern der Wirtschaft, stehen Deutschland schwere Zeiten bevor. Das Exportgeschäft läuft, die Kauflust der Deutschen ist ungebrochen, die Auftragsbücher der meisten Unternehmen sind voll. Aber mit jedem Jahr wird es offenbar schwerer, die Aufträge auch abzuarbeiten – weil zunehmend die Mitarbeiter dafür fehlen. Vor allem Spezialisten. Und das könnte sich langfristig als Risiko für die Konjunktur erweisen.
    Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) klagt fast jedes zweite Unternehmen darüber, offene Stellen längerfristig nicht besetzen zu können. Genauso viele sorgen sich inzwischen aufgrund der Personalknappheit um die Wachstumsperspektiven. Insgesamt gebe es inzwischen 1,6 Millionen Stellen, die mangels geeigneter Bewerber nicht besetzt werden könnten, warnt der Verband.
    Doch eine ganze Reihe von Experten hält die Warnungen für übertrieben – und einen flächendeckenden, branchenübergreifenden Fachkräftemangel in Deutschland für ein Märchen. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kommt in einer Analyse zu dem Ergebnis, dass die Zahlen des DIHK überhöht und wenig aussagekräftig sind.
    Quelle 1: Welt Online
    Quelle 2: Hans Böckler Stiftung

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Zum Glück kommt auch mal die Wahrheit in die Zeitung neben der ganzen Propaganda: es gibt keinen Fachkräftemangel, sondern viel zu niedrige Löhne und Massenarbeitslosigkeit. Bei offiziell 3,2 und real über 4 Millionen Arbeitslosen sowie einem extremen Außenhandelsüberschuss von 250 Milliarden Euro im Jahr ist das offensichtlich. Im Übrigen: auch wenn es einen Mangel an Fachkräften in irgendeiner Branche gäbe, wieso sollte der Staat für die Unternehmen auch nur einen Finger krumm tun? Warum soll hier plötzlich nicht mehr das Gesetz von Angebot und Nachfrage gelten, sprich, Unternehmen höhere Löhne zahlen müssen, was nach guter neoklassischer Theorie Jugendlichen Knappheiten signalisiert? Und warum sollen Unternehmen *nicht* gezwungen sein, selber (mehr) auszubilden und z. B. Steuern für den Betrieb von Schulen und Universitäten zu zahlen?

  5. Gig-Economy: Deliveroo und Foodora auf Rückzug
    Marktbereinigung: Deliveroo verlässt 10 deutsche Standorte. Foodora zieht sich nach Protesten und Anklagen aus vier Staaten zurück
    Der hart umkämpfte Markt der Essensauslieferungen über Online-Plattformen, Rad-Kuriere und Smartphones bereinigt sich derzeit. Deliveroo kündigte am 16. 8. 2018 seinen Rückzug aus 10 von 15 deutschen Städten an. Der britische Lieferdienst will sich in Zukunft auf die Innenstädte von Berlin, München, Hamburg, Köln und Frankfurt konzentrieren.
    Der Rückzug erfolgte vier Monate, nachdem der Aktionstag Schwarzer #Freitag13 am 13. April 2018 das Image von Deliveroo in Deutschland schwer beschädigt hatte. Deliveroo war als härtester Union Buster (was ist das?) und Lohndrücker unter den derzeit in Deutschland aktiven Liefer-Plattformen in die Kritik geraten.
    Das Unternehmen steht europaweit im Verdacht, Scheinselbständigkeit zu fördern und ein Geschäftsmodell zu betreiben, das auf systematischer Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben beruht. Deliveroo hatte in Köln fast sämtlichen Fahrern gekündigt, nachdem die Belegschaft am 16. Februar 2018 den ersten deutschen Betriebsrat gegründet hatte. Stattdessen werden Fahrer*innen nun als „selbständige Gewerbetreibende“ angeheuert, die keinen Betriebsrat gründen dürfen, nicht streiken können, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten.
    Quelle: Arbeitsunrecht
  6. Wie sichert die Polizei den INHALT ihrer Datenbanken?!
    Heute Morgen wurde bekannt, dass im Fall „Chemnitz“ der Haftbefehl gegen die beiden Beschuldigten im Internet aufgetaucht sei. Aus Berlin wurde vor wenigen Tagen berichtet, dass Polizisten illegal polizeiliche Datenbanken über das System POLIKS abfragen können bzw. konnten, sei es aus persönlichen Interessen, oder um die Informationen zu Geld zu machen. Die sächsische Polizei kann sich den Vorfall noch gar nicht erklären, die Berliner Polizei spielt die Sache herunter, in welchem Umfang und wie lange diese Missbrauchsmöglichkeit eigentlich bestand oder noch besteht. Wenn sich Zeugen, Geschädigte, deren Familienangehörige, Tatverdächtige, Beschuldigte und Anwälte nicht mehr sicher sein können, dass die sie betreffenden Informationen und Dokumente bei der Polizei geschützt sind und auch bleiben, berührt das im Kern das Vertrauen in die Arbeit der Polizei.
    Quelle: Police IT
  7. Konzeption der Bundeswehr: Rüstung für den Neuen Kalten Krieg
    Mit zunehmender Eile plant Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Bundeswehr in der kommenden Legislaturperiode weiter aufzurüsten. Als konzeptionelle Grundlage hierfür dient die „Konzeption der Bundeswehr“ (KdB), die seit Ende April 2018 im Entwurf und seit August 2018 in der endgültigen Fassung vorliegt. Mit der Begründung, die Landes- und Bündnisverteidigung sei in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt worden, propagiert die KdB faktisch eine Rüstungsoffensive gegen Russland. Dies dürfe jedoch nicht auf Kosten der Fähigkeiten für Militäreinsätze im Globalen Süden gehen, was schließlich in Forderungen mündet, buchstäblich in alle Richtungen zu rüsten – und dementsprechend auch Gelder bereitzustellen. Konsequenterweise forderte von der Leyen auf der Bundeswehrtagung am 14. Mai 2018, den Rüstungshaushalt trotz der hohen Steigerungen der letzten Jahre noch einmal in einer ganz anderen Dimension aufzuplustern. (…)
    Schwer vorstellbar, dass Merkel angesichts derart markiger Sprüche die Absicht hat, ihrer Verteidigungsministerin in die Parade zu fahren – zumal einige in ihrer Partei ohnehin noch über von der Leyens Ideen hinausgehen wollen. So forderte Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul bereits einen Tag vor der Haushaltsdebatte sogar, die vom Verteidigungsministerium geforderten 1,5 Prozent bereits im Jahr 2021 zu verwirklichen.
    Gruselig ist das vor allem deshalb, weil sich Prozentzahlen im unteren einstelligen Bereich zwar auf den ersten Blick harmlos ausnehmen mögen, sie sich bei näherer Betrachtung aber als riesige Summen entpuppen, die dann für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung stehen. Was die Aussagen von der Leyens konkret bedeuten, beschreibt Spiegel Online unter Berufung auf interne Quellen mit folgenden Worten: „Die Steigerung, so von der Leyen, sei absolut notwendig, schließlich müssten alle Verbündeten der Allianz mehr leisten. Ihre Zielmarke ist hoch gesteckt. Internen Berechnungen zufolge müssten die Verteidigungsausgaben zum Erreichen der 1,5-Prozent-Marke bis 2025 auf 62,5 Milliarden Euro steigen, etwa 58 Milliarden davon würden ihrem Haus zufließen, vier Milliarden gingen in andere Ressorts.“
    Mit dem Entwurf der Konzeption der Bundeswehr und den anschließenden Debatten um die Höhe des Rüstungsetats wurden weitere Weichen gestellt, um mit Volldampf in einen Neuen Kalten Krieg mit Russland rauschen zu können. Und das ist nicht nur friedenspolitisch eine Katastrophe, sondern es wird die Bevölkerung auch buchstäblich teuer zu stehen kommen!
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Krieg als Spiel, Massenmord als Partnerbörse – Wie die Bundeswehr ihre Werbung rechtfertigt und weiter ausbaut.

  8. Wie man Fluchtursachen schafft
    Der Ausbau der EU-Flüchtlingsabwehr ist ein zentraler Schwerpunkt der gestern gestarteten Afrikareise von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wie Regierungskreise bestätigen, wird Merkel nach ihren gestrigen Gesprächen in Senegal auch heute in Ghana und morgen in Nigeria über Schritte verhandeln, um die Flucht von Menschen vor Armut, Hoffnungslosigkeit und Krieg zu unterbinden und die Abschiebung von Flüchtlingen aus Deutschland zu erleichtern. In Umfragen geben fast die Hälfte der befragten Senegalesen und rund drei Viertel der befragten Ghanaer und Nigerianer an, ihr Land verlassen zu wollen. Ursachen sind krasse Armut und eine dramatische Jugendarbeitslosigkeit. Arbeitsplätze vernichten systematisch Unternehmen aus der EU, die etwa senegalesische Küstengewässer leerfischen und damit Senegals Fischereibranche schwer schädigen oder auch Ghana mit Dumpinggeflügel überschwemmen und damit die einheimische Geflügelbranche in den Ruin treiben. Gespräche über den Stopp derlei fluchtverursachender EU-Praktiken stehen nicht auf Merkels Programm.
    Quelle: German Foreign Policy
  9. Wo die AfD der Linken den Rang abläuft
    Im Osten Deutschlands sind die Rechtspopulisten oft da stark, wo auch die Linke ihre Hochburgen hat. Dabei kämpfen beide insbesondere in den ehemaligen DDR-Plattenbauvierteln um die gleiche Wählerschicht: die Unzufriedenen. Um die, die sich abgehängt fühlen. […]
    Aber die Welt hat sich geändert. Seine Partei hat sich geändert. Und beides passt hier offenbar immer weniger zusammen in Marzahn-Nord. Die Linke, sagt Wolfgang Brauer, hat sich von ihrer sozialen Basis entfernt. Links und sozialer Protest, das war hier eine weitgehende Einheit zuletzt, als die Linke noch PDS hiess und fest in den Vereinen und sozialen Hilfeprojekten verwurzelt war. Stichwort: Kümmererpartei. Ihre Mitglieder halfen beim Ausfüllen von Formularen für die Rente, unterstützten bei Anträgen für Sozialhilfe und waren in Mieterinitiativen aktiv. Und der Wähler dankte es: Auf dem Gipfel der Popularität, 2001, holte Wolfgang Brauer in seinem Wahlkreis 56 Prozent. Es war das Berlin-weit beste Ergebnis.
    Aber dann passierte es, dass die Leute hier auf der Strasse wieder von «denen da oben» sprachen, und plötzlich war die Linke mit gemeint. Denn die sass seit 2002 mit der SPD in der Berliner Landesregierung. Und die Linke wurde für deren rabiaten Sparkurs mitverantwortlich gemacht. Ihr hättet das verhindern müssen, musste sich Brauer immer wieder anhören, wenn er in seinem Wahlkreis unterwegs war. Dazu gesellte sich eine schleichende kulturelle Entfremdung, als im Zuge ihrer Westausdehnung die Linke ihre Wähler zunehmend auch in den akademisch-mittelständischen Milieus der Innenstädte suchte. Neue Themen kamen auf wie Antirassismus und Geschlechterfragen – um den Preis, so klagt der Kulturpolitiker Brauer, einer ideologisch zunehmend «verkopften Sprache», mit der sich die Partei von der hiesigen Lebenswelt entfernte. Dieses «ganze verschwiemelte Zeug» über die postindustrielle Gesellschaft etwa, dass es kein Proletariat mehr gebe. Und wenn selbst in der örtlichen Bezirkszeitung aus Arbeitern – politisch korrekt – «Arbeiter*innen» werden, dann könnten die meisten hier nur den Kopf schütteln: Ham die keine anderen Probleme?
    Quelle: NZZ
  10. Österreich: Erhöhte Familienbeihilfe gestrichen – Behinderte verlieren Unterstützung
    Ohne Vorwarnung wurde Menschen mit Behinderung in den letzten Wochen die erhöhte Familienbeihilfe gestrichen – monatlich rund 380 Euro weniger bedeutet das für sie. Und es drohen weitere Kürzungen für Familien mit Kindern mit Behinderungen.
    „Völlig überraschend und ohne jegliche Vorankündigung oder Diskussion darüber hat das zuständige Bundeskanzleramt die bisherige Rechtsauslegung geändert und streicht in Zukunft wohl Tausenden behinderten Personen einen wesentlichen Teil ihres Einkommens“, ist der Vorsitzende der Länderkonferenz der Ombudsstellen für Menschen mit Behinderungen, Siegfried Suppan fassungslos.
    Grund dafür sind Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahr 2013 und 2016, die besagen: Wer seinen Lebensunterhalt hauptsächlich aus der öffentlichen Hand sicherstellt, soll keinen Anspruch auf Familienbeihilfe haben. Die Urteile haben sich auf einen Subsidiär-Schutzberechtigten und einen Häftling bezogen, denen das Gericht den Anspruch auf Familienbeihilfe aberkannte. Um Menschen mit Behinderung ging es in den Urteilen nicht.
    Obwohl auch viele Menschen mit Behinderung ihren Lebensunterhalt vor allem durch staatliche Unterstützung sichern, wurde das Urteil nicht auf Fälle von Behinderung angewendet. Behinderte Menschen bekamen weiter die erhöhte Familienbeihilfe bezahlt, auch wenn sie Mindestsicherung bezogen.
    Quelle: Kontrast.at
  11. Verfassungsschutz wollte V-Mann verheimlichen
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte einen V-Mann im Umfeld des Attentäters vom Breitscheidplatz platziert. Und das sollte offenbar nicht an die Öffentlichkeit gelangen, wie aus einem Dokument aus der Behörde hervorgeht.
    Im Fall des Attentäters vom Breitscheidplatz, Anis Amri, hat das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) offenbar versucht, seine Rolle nicht öffentlich werden zu lassen. Das zeigen Recherchen des ARD-Politikmagazins “Kontraste”, des Rundfunks Berlin Brandenburg und der “Berliner Morgenpost”.
    So traf sich BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen am 24. März 2017 zu einem Gespräch mit Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) und dessen Staatssekretär Torsten Akmann. Dabei ging es offenbar darum, die Tatsache, dass das BfV einen V-Mann im Umfeld der von Amri häufig besuchten Fussilet Moschee platziert hatte, nicht öffentlich werden zu lassen. Dies geht aus einem für den Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen von seiner Behörde verfassten Sprechzettel zur Vorbereitung des Gesprächs hervor, den Kontraste, der rbb und die “Berliner Morgenpost” einsehen konnten.
    Quelle: rbb24
  12. Diplomatische Spannungen zwischen den USA und Südafrika
    Seit letzter Woche gibt es diplomatische Spannungen zwischen den USA und Südafrika. Sie begannen mit einem Tweet von Donald Trump, in dem der US-Präsident verlautbarte, er habe seinen Außenminister Mike Pompeo “aufgefordert, die Beschlagnahmungen und Zwangsenteignungen von Ländereien und Farmen sowie die vielfachen Tötungen von Farmern genau zu untersuchen”. Die südafrikanische Außenministerin Lindiwe Sisulu beschwerte sich daraufhin bei der US-Botschaft und warf Trump vor, er sei “falsch informiert”. Tatsächlich hat die südafrikanische Regierung bislang keine entschädigungslosen Enteignungen von Farmen vorgenommen – aber Staatspräsident Cyril kündigte am 31. Juli eine Verfassungsänderung an, die das erlauben soll.
    Quelle: Telepolis
  13. Iran 1953: Wie die CIA den Demokraten aus Teheran wegputschte
    Schon einmal haben die USA und Großbritannien einen Militärschlag gegen Iran geführt, um sich das Öl des Landes zu sichern. 1953 finanzierte und organisierte der US-Geheimdienst CIA den Putsch der Monarchisten gegen Mossadegh, weil er die Ölindustrie verstaatlicht hatte. Bis zum Zweiten Weltkrieg hatte Großbritannien Teile des Nahen Ostens besetzt und auch große Macht über die iranische Politik. Folgte die iranische Regierung nicht den Wünschen der britischen, drohte diese mit Wirtschaftssanktionen oder Krieg. Vor allem seit Anfang des 20. Jahrhunderts große Ölquellen im Iran entdeckt wurden, wollte Großbritannien das Land um jeden Preis beherrschen.
    Quelle: Justice Now
  14. Der Weg zur Prosperität – Leseprobe
    Der Wiener Wirtschaftswissenschaftler Stefan Schulmeister hat mit “Der Weg zur Prosperität” ein Buch veröffentlicht, in dem er die wirtschaftliche und politische Misere in Europa mit folgenden Hauptfaktoren erklärt: einerseits eine interessengeleitet-zurechtmanipulierte wirtschaftswissenschaftliche Theorie und eine davon inspirierte Wirtschaftspolitik, und andererseits wechselnde Koalitionen von Realkapital, Finanzkapital und Arbeitnehmerschaft.In der Einleitung, die ich mit seiner Genehmigung leicht gekürzt wiedergebe, erklärt Schulmeister prägnant dieThesen, die er in diesem lesenwerten Buch entwickelt. […]
    Noch nie in der Geschichte hat eine ökonomische Weltanschauung so lange und so umfassend dominiert wie die neoliberale Theorie. Aus ihr wurde jene »Navigationskarte« für die Politik abgeleitet, die Europa seit fast fünfzig Jahren immer tiefer in die Krise führte:
    Quelle: Norbert Häring


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