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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 17. September 2018 um 8:39 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. „Populismus ist kein Vorwurf“
  2. A new authoritarian axis demands an international progressive front
  3. Hambacher Forst
  4. Emnid-Umfrage: AfD wird in Ostdeutschland stärkste Partei
  5. Oberklasse-Politiker machen Politik für die Oberklasse
  6. Frankreich zeigt, wie schon die Existenz von Investorengerichten Umweltschutz verhindern kann
  7. Bezahlbare Mieten? Ein Notstand spitzt sich zu
  8. Willkommene Lückenfüller
  9. Opfer, die zu Täterinnen werden
  10. Mit Waffenexporten befördern wir Frieden und Menschenrechte!
  11. Massenüberwachung: Gegner siegen dank Snowden-Enthüllungen in Straßburg
  12. US-Waffen-Umschlagplatz Camp Darby in Italien wird schneller
  13. Der Kollaps der ostdeutschen Gesellschaft war umfassend”
  14. Amri: Bundesregierung blockiert Aufklärung
  15. #Aufstehen statt sitzen bleiben: Kann eine Sammlungsbewegung den Parteien Beine machen?
  16. Historiker fordern Prüfung AfD-naher Stiftung
  17. UN-Ernährungsbericht: Jedes fünfte Kind muss hungern
  18. Wir und die anderen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. „Populismus ist kein Vorwurf“
    Kaum jemand hat die Politik im Saarland so geprägt wie Oskar Lafontaine. Er war Saarbrücker Oberbürgermeister, Ministerpräsident, SPD-Kanzlerkandidat, SPD-Bundesvorsitzender, Linken-Bundeschef und jetzt Linken-Fraktionsvorsitzender im Landtag. Im Interview mit der SZ lässt er sich für eine erneute Landtagskandidatur im Jahr 2022 ein Hintertürchen offen.
    Herr Lafontaine, welches politische Ziel haben Sie mit 75 Jahren noch?
    LAFONTAINE Ich will dazu beitragen, dass der Sozialstaat in Deutschland wiederhergestellt wird und dass sich Entwicklungen wie in der Weimarer Republik nicht wiederholen. Das Erstarken einer nationalistischen und ausländerfeindlichen, teils rassistischen Rechten muss verhindert werden. Der Schlüssel dazu ist der Wiederaufbau des Sozialstaates. (…)
    LAFONTAINE Populismus ist eine Vokabel, die in den letzten Jahren in die Debatte eingeführt worden ist, um Positionen gerade im sozialen Bereich abzuqualifizieren, die nicht den eigenen entsprechen. Für jemanden, der gebildet ist – das lateinische Wort populus heißt das Volk –, ist das kein Vorwurf, weil man ihm im Grunde genommen vorwirft, ein Demokrat zu sein. Ein Demokrat hört auf die Bevölkerung und versucht, den Willen der Mehrheit der Bevölkerung umzusetzen.
    Viele Menschen verbinden mit Ihnen den rot-grünen Wahlsieg im Bund 1998. Die SPD holte damals 40,9 Prozent.
    LAFONTAINE Davon kann man heute nur noch träumen. Leider hat die Regierung Schröder dann eine Politik gemacht, die zum Verlust der Hälfte der Wähler und der Mitglieder der einst so stolzen deutschen Sozialdemokratie geführt hat, die jahrzehntelang meine politische Heimat war und die heute in einigen Umfragen von der AfD überholt wird. Auch das ist ein Grund, die Bewegung „Aufstehen“ ins Leben zu rufen. (…)
    LAFONTAINE Ich sehe heute klarer, wie die Machtstrukturen in unserem Wirtschaftssystem zu Kriegen um Rohstoffe und Absatzmärkte und zur Zerstörung der Umwelt führen. Papst Franziskus sagt zu Recht: Diese Wirtschaft tötet.
    Welches Thema kommt heute zu kurz?
    LAFONTAINE Amazon, Facebook und Google verändern die Welt. Die Vorherrschaft der US-Internetgiganten enteignet das Privatleben und unterhöhlt die Demokratie. Wir müssen öffentlich-rechtlich kontrollierte Internet-Plattformen haben, um diese Entwicklung zu stoppen.
    Quelle: Saarbrücker Zeitung
  2. A new authoritarian axis demands an international progressive front
    There is a global struggle taking place of enormous consequence. Nothing less than the future of the planet – economically, socially and environmentally – is at stake.
    At a time of massive wealth and income inequality, when the world’s top 1% now owns more wealth than the bottom 99%, we are seeing the rise of a new authoritarian axis.
    While these regimes may differ in some respects, they share key attributes: hostility toward democratic norms, antagonism toward a free press, intolerance toward ethnic and religious minorities, and a belief that government should benefit their own selfish financial interests. These leaders are also deeply connected to a network of multi-billionaire oligarchs who see the world as their economic plaything.
    Those of us who believe in democracy, who believe that a government must be accountable to its people, must understand the scope of this challenge if we are to effectively confront it.
    It should be clear by now that Donald Trump and the rightwing movement that supports him is not a phenomenon unique to the United States. All around the world, in Europe, in Russia, in the Middle East, in Asia and elsewhere we are seeing movements led by demagogues who exploit people’s fears, prejudices and grievances to achieve and hold on to power.
    This trend certainly did not begin with Trump, but there’s no question that authoritarian leaders around the world have drawn inspiration from the fact that the leader of the world’s oldest and most powerful democracy seems to delight in shattering democratic norms.
    Quelle: Bernie Sanders im Guardian

    Anmerkung Frederico Füllgraf: Zufällig, oder auch nicht, rief am Freitag, 14.9., Spaniens Ex-Premier José Luis Zapatero in São Paulo zum Aufbau eines “internationalen Netzwerks sozialistischer Think Tanks für die Schlacht der Ideen” auf.

  3. Hambacher Forst
    1. Verheizte Heimat
      In Zeiten der Energiewende ist kaum noch zu erklären, warum ein ganzer Landstrich verfeuert werden muss – auch wenn es eine alte Genehmigung dafür gibt. Die Braunkohle ist nicht mehr unverzichtbar.
      Heimat. Sie ist der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen so wichtig, dass dafür ein eigenes Ministerium geschaffen wurde, für Heimat und Bau. Von dort stammt die Weisung, Demonstranten aus einem kleinen Waldstück am Rande des Tagebaus Hambach zu vertreiben, damit der Forst recht bald den Braunkohlebaggern weichen kann. Dieses Ministerium arbeitet in Wahrheit nicht für Heimat und Bau, sondern für den Raubbau an der Heimat.
      Denn um Heimat geht es vielen der Braunkohlegegner. Seit einem halben Jahrhundert erleben Anwohner, wie sich die Bagger in die Landschaft fressen. Dörfer und Dorfgemeinschaften verschwanden, dafür entstand mit dem Tagebau Hambach eines der größten Löcher, die Menschen je gegraben haben. Es gab Zeiten, da war man im Rheinland auf derlei Superlative sogar stolz; die Gegend galt als Kraftzentrum Westdeutschlands. Klimaschutz? Ökostrom? Das war weit weg.
      Der Protest im Hambacher Wald ist ein Symbol dafür, wie sehr sich die Zeiten geändert haben. Die Braunkohle ist eben nicht mehr der unverzichtbare Garant sicherer Energieversorgung, seit mehr erneuerbare Energien fließen – die obendrein immer besser gespeichert oder durch kleine, flexible Gaskraftwerke ergänzt werden können. In Zeiten von Energiewende und Digitalisierung lässt sich kaum noch erklären, warum ganze Landstriche in den Dampfkesseln fossiler Kraftwerke verheizt werden sollen. Dass derzeit ausgerechnet Landesregierungen in den Braunkohleländern Brandenburg und NRW den Ökostromausbau bremsen, spricht Bände. Der Kampf im Hambacher Wald, er ist auch ein Kampf um die Energieversorgung der Zukunft.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
    2. CDU auf Krawall gebürstet
      Mit absurder Begründung ist ein Großaufgebot der Polizei in einen Wald eingerückt, der der Braunkohle geopfert werden soll
      Nun ist es also so weit. Heute morgen berichteten die Braunkohlegegner aus dem rheinländischen Hambacher Forst, dass die Polizei mit mehreren Hundertschaften und schwerem Gerät in den Wald vorrückt. Gegen Mittag schreibt die Zeit vom ersten geräumten Baumhäusern.
      Insgesamt soll es nach verschiedenen Berichten über 50 davon im rund 200 Hektar großen Wald westlich von Köln geben, der dem Braunkohletagebau RWEs weichen soll. Der Polizeieinsatz wird sich also über mehrere Tage hinziehen.
      Roden kann RWE ohnehin noch nicht. Das wäre erst am dem 1. Oktober zulässig. Außerdem hat das Gericht zugesagt, noch ein anhängiges Verfahren vor dem Verwaltungsgericht in Münster abzuwarten.
      Doch offensichtlich sollen mit aller Gewalt schon vorher vollendete Tatsachen geschaffen werden. Die schwarz-gelbe Landesregierung in Düsseldorf leistet willfährig Unterstützung: Die heutige Aktion wurde vom Landesministerium für Heimat, Bau, Kommunales und Gleichstellung angeordnet und damit begründet, dass Gefahr im Verzug für Leib und Leben der Baumhausbewohner sei.
      Die Initiative “Buirer für Buir” aus dem gleichnamigen Nachbardorf kommentiert: “Mit dieser absurden Begründung gefährdet die Landesregierung den sozialen Frieden und mehrt die Zweifel an der Angemessenheit und Rechtmäßigkeit politischer Entscheidungen.”
      In der Tat ist das Vorgehen der schwarz-gelben Landesregierung und RWEs ein klares Zeichen dafür, dass der Konzern keinerlei Interesse an einem Kompromiss und einen zivilisierten Dialog in der noch bis in den Herbst rein tagenden Kohlekommission hat.
      Quelle: Telepolis

      Anmerkung Christian Reimann: Hat die Union Sehnsucht nach den Krawallen der 1980er Jahre? Auch damals ging es ja bereits um Umweltfragen …

    3. Pofalla will Klimaschützer spalten
      CDU-Mann Ronald Pofalla prescht mit einem eigenen Plan zum Kohleausstieg vor. Demnach soll der Kohleausstieg zwischen 2035 und 2038 kommen.
      Der Kohleausstieg soll zwischen 2035 und 2038 kommen mit diesem Vorschlag sorgt Ronald Pofalla, einer der Vorsitzenden der Kommission für den Kohleausstieg, in ebendiesem Gremium für Aufregung.
      Um die Kohlekommission auch nach einer Rodung des Hambacher Forsts zu erhalten, versucht Pofalla offenbar zudem, das Lager der Klimaschützer zu spalten.
      Dem Spiegel zufolge soll Pofalla nun alle Umweltverbände bis auf den BUND überredet haben, auch nach einer Rodung in der Kommission zu bleiben. Sie sollen zugesagt haben, das Ausscheiden des BUND-Vertreters und seinen Ersatz durch den Abgesandten eines anderen Verbandes zu akzeptieren.
      Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel hat Pofalla, Bahnvorstand und ehemaliger Chef des Bundeskanzleramts, im Alleingang ein Konzept für den Kohleausstieg erstellt. Der Christdemokrat ist einer von vier Vorsitzenden der Kohlekommission.
      Als Vertrauter von Bundeskanzlerin Angela Merkel vertritt er dort ihre Interessen.
      Quelle: taz
  4. Emnid-Umfrage: AfD wird in Ostdeutschland stärkste Partei
    Nach dem SonntagsTrend von Emnid für die Bild am Sonntag scheint beim ersten Blick nichts Besonders aufzufallen. Union und SPD gewinnen jeweils einen Punkt gegenüber der Vorwoche und kommen auf 30 bzw. 18 Prozent. Der Streit um Maaßen wirkt sich auf die Parteien der Regierungskoalition nicht aus. Die AfD bleibt mit 15 Prozent die drittstärkste Partei hinter den Grünen, die einen Punkt verlieren und auf 13 Prozent abrutschen. Die Linke (10 Prozent) und die FDP (9 Prozent) halten ihre Position. […]
    Die Kampagnen der AfD gegen Flüchtlinge und Ausländer verfangen im Osten stärker. Das wird durch die Umfrage noch einmal bestätigt. Chemnitz und Köthen haben die Sympathisanten der AfD auf jeden Fall nicht abgeschreckt. Die Befragun erfolgte zwischen dem 6. Und 9. September. Dass nun rechtsextreme Bürgerwehren durch Chemnitz ziehen und Ausländer einschüchtern, ist die Folge. Die Rechtsextremen sehen sich gestärkt, schließlich werden auch wie in Köthen Brandreden vom umstehenden Publikum der besorgten Bürger, die man rechte Sympathisanten nennen muss, beklatscht.
    Quelle: Telepolis

  5. Oberklasse-Politiker machen Politik für die Oberklasse
    Soziologe Michael Hartmann: Arbeiterkinder sind sensibler für soziale Ungerechtigkeit als Bürgerkinder – Unteres Bevölkerungsdrittel sieht sich nicht mehr vertreten (…)
    Prof. Hartmann, wenn wir “Elite” hören, denken wir an “die Besten”. Eine richtige Definition?
    Nein. Eliten, das sind für die Wissenschaft die Personen, die qua Amt oder qua Eigentum in der Lage sind, gesellschaftliche Entwicklungen maßgeblich zu beeinflussen. Der Begriff “maßgeblich” ist nicht hundertprozentig trennscharf. Es gibt einzelne Streitfälle. Aber in Deutschland sind das maximal 4000 Personen.
    Sie fokussieren in Ihrer Betrachtung auf Politik und Wirtschaft. Sind das schon immer die beiden maßgeblichen Bereiche?
    Ja. Die beiden wichtigsten und einflussreichsten Sektoren sind immer Wirtschaft und Politik gewesen. Aber auch die Justiz ist sehr einflussreich. Wenn das Bundesverfassungsgericht Urteile fällt, können sich dem auch Politik und Wirtschaft nicht entziehen. Auch die Verwaltungselite zähle ich noch zu den vier zentralen Eliten.
    Dass Politik und Wirtschaft maßgeblich für die Entwicklung eines Landes sind, erscheint recht einleuchtend. Mit Ihrem Buch “Die Abgehobenen” problematisieren Sie das allerdings – und beobachten eine zunehmende Entfremdung von der Bevölkerung.
    Wir erleben gerade eine Phase – und das nicht nur in der Bundesrepublik – wo sich die Eliten zunehmend von der Bevölkerung wegbewegen. Ihre Lebensbedingungen und ihre Rekrutierung sind, vor allem im politischen Bereich, sozial exklusiver geworden. Zwei Drittel der Elite-Angehörigen gehören zu den oberen vier Prozent der Bevölkerung. Sie kennen Reichtum und Wohlstand aus ihren Familien. Ihre Väter saßen auch schon in Machtpositionen. Zu diesem Erbe kommt jetzt das eigene hohe Einkommen, die hohe eigene Position. In dieser Kombination ist der Unterschied zur Bevölkerung groß – und er wächst kontinuierlich. (…)
    Letztes Thema: Welche Rolle spielen Medien?
    Bei den Medieneliten – und das sind in meiner Betrachtung nur wenige Herausgeber oder Chefredakteure – erfolgt die Rekrutierung im privaten Bereich genauso exklusiv wie in der Wirtschaft. In den Öffentlich-Rechtlichen ist es ähnlich wie in der Politik.
    Ist die harte Kritik der Populisten an der Presse gerechtfertigt?
    Den Begriff “Lügenpresse” halte ich für völlig falsch. “Lügenpresse” heißt ja, da sitzen Leute, die bewusst lügen. Aber darum geht es nicht. Das Problem ist, dass Journalisten die Wirklichkeit gefiltert durch ihre soziale Herkunft und ihre Position wahrnehmen. Es gibt speziell im politischen Journalismus den Trend, dass alles in Zentralredaktionen in Berlin gemacht wird. Dort bewegt man sich in sehr engen Kreisen. Das prägt die Wahrnehmung. Hinzu kommt ökonomischer Druck. Zeit zur Recherche fehlt.
    Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung
  6. Frankreich zeigt, wie schon die Existenz von Investorengerichten Umweltschutz verhindern kann
    Die französische Regierung plante im letzten Jahr ein Gesetz, nach dem keine neuen Konzessionen für Ölförderung im Land mehr vergeben und keine bestehenden mehr verlängert würden. Die kanadische Ölfirma Vermilion winkte mit Investorengerichten und die Regierung knickte ein.
    Vermilion hat die meisten der Förderkonzessionen in Frankreich und den französischen Überseegebieten. In seiner Eingabe an dem Staatsrat, der Gesetzentwürfe prüft, bevor sie an das Parlament geht, vergaß Vermilion nicht zu erwähnen, dass Investorenspezialgerichte, die nach dem Energieabkommen für Streitfälle zwischen Staaten und gebietsfremden Energieunternehmen zuständig sind, Eingriffe in die “legitimen Erwartungen” von ausländischen Investoren als entschädigungspflichtig beurteilt hätten – mit oft milliardenschweren Entschädigungen. Denn die Erwartungen der Investoren gehen regelmäßig dahin, dass sie hohe Milliardengewinne mit ihren Konzessionen machen wollen. Und Vermilion erwartet einfach, dass seine Konzessionen immer wieder verlängert werden. Dass das irgendwann aufhören könnte, ist aus Investorensicht nicht vorgesehen.
    Auf der letzten Seite seiner Eingabe beschreibt Vermilion denn auch ausführlich anhand von fünf sehr investorenfreundlich ausgelegten Prinzipien, die die Investorengerichte aufgestellt hätten, welche Art von Gesetzesänderungen die legitimen Gewinninteressen eines Investors beeinträchtigen würden, und warum es solche Gesetze deshalb nicht geben darf.
    Das Gesetz hat den Spitznamen„Loi Hulot“, nach dem Umweltminister, der kürzlich unter Protest zurückgetreten ist, weil er keinen Rückhalt in der Regierung spürte. Bevor es zum Parlament ging, wurde das im Dezember verabschiedete Gesetz im Sinne Vermilions beträchtlich entschärft. Das Ende für die Erneuerung bestehender Konzessionen wird 22 Jahre in die Zukunft verschoben, bis 2040. (…)
    Quelle: Norbert Häring
  7. Bezahlbare Mieten? Ein Notstand spitzt sich zu
    1987 gab es in der alten Bundesrepublik 5,5 Millionen Sozialwohnungen – heute sind es in ganz Deutschland nur noch 1,5 Millionen. Jedes Jahr fallen 100.000 davon aus der Mietpreisbindung heraus, und es werden kaum neue gebaut. Dabei ist heute der Bedarf ungleich höher als seinerzeit noch, wegen der Niedriglöhnerei, wegen der niedrigen Mietobergrenzen für Hartz IV-Empfänger, wegen der vervielfachten Energiekosten und vor allem wegen der Mietenexplosion in den Ballungsräumen. Seit 2014 hat sich die Zahl der Wohnungslosen in Deutschland auf 860.000 verdoppelt. Investoren bleiben straflos, wenn sie Modernisierungen mit kriminellen Methoden erzwingen, ebenso straflos bleibt der mietsteigernde Wohnungs-Missbrauch für die dauerhafte Vermietung an Touristen.
    Die Große Koalition hat bemerkt, dass ihre Mietpreisbremse von 2015 die Mieten nicht gebremst hat, im Gegenteil. Da bereitet Innenminister Horst Seehofer, CSU, auch zuständig für Heimat und Wohnungen, mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU, für den 21. September einen „Wohnungsgipfel“ im Kanzleramt vor. Dafür hat der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums das Gutachten mit dem irreführenden Titel „Soziale Wohnungspolitik“ veröffentlicht. Federführend ist Professor Friedrich Breyer vom Vorstand des Thurgauer Wirtschaftsinstituts an der Universität Konstanz. Das Institut wird von einer Schweizer Bank gesponsert. (…)
    Eine sichere und bezahlbare Wohnung gehört übrigens zu den universellen Menschenrechten – da haben einige Politiker Nachholbedarf, die ständig die Einhaltung von Menschenrechten in fernen Ländern fordern, aber den Wohnungsnotstand hier dulden. Auch das Wohnbindungs- und das Wohnraumförderungsgesetz, beide zuletzt 2015 neu gefasst, weisen auf das Problem hin: Die Kommunen stellen Millionen Wohnberechtigungsscheine aus – aber sie verfügen nicht entfernt über die notwendigen Wohnungen. Da muss dem Rechtsstaat auf die Beine geholfen werden.
    Auf die freiwillige Einsicht der gegenwärtigen Regierungen kann dabei nicht gebaut werden. In zahlreichen Städten wie in Berlin, Frankfurt / Main, Dresden, Osnabrück haben sich Wohnungs-Initiativen gegründet. Selbst im verarmten Deutschland nach dem 1. Weltkrieg konnten die Kommunen hunderttausende gemeinnützige Wohnungen bauen – entscheidend war der Druck von unten.
    Quelle: Werner Rügemer in ver.di-publik
  8. Willkommene Lückenfüller
    Infolge einer rabiaten Kürzungspolitik fehlen im Sozialbereich allerorten Arbeitskräfte. Die werden durch unentgeltlich tätige Freiwillige ersetzt. Eine Kritik der Ehrenamtsökonomie
    In diesen Tagen erscheint im Kölner Papy­rossa-Verlag von Claudia Pinl das Buch »Ein Cappuccino für die Armen. Kritik der Spenden- und Ehrenamtsökonomie«. Wir veröffentlichen daraus in gekürzter Fassung und mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autorin das Kapitel »Ehrenamt – ›Ressource für kommunale Entwicklungsprozesse‹«.
    »Ich weiß nicht, wie viele Wände in Kitas, Grundschulen und Gymnasien ich gestrichen habe, Fenster geputzt, Gardinen genäht und aufgehängt, Schränke besorgt, Feste organisiert und durchgeführt, Ausflüge begleitet«, schreibt eine Mutter in einem Leserbrief an den Kölner Stadtanzeiger im Juli 2017. Stadtteilmütter und Quartierlotsen sind in sozialen Brennpunkten unterwegs, Bildungspaten helfen bei der Übermittagsbetreuung in Schulen und bei der Leseförderung, Ehrenamtliche steuern den Bürgerbus; Bäckereien und Lebensmittelhändler haben sich schon lange aus dem ländlichen Raum verabschiedet, ehrenamtlich betriebene Dorfläden versuchen, sie zu ersetzen. Fördervereine betreiben städtische Schwimmbäder, Büchereien und Museen, Freiwillige speisen Obdachlose, Flüchtlingsinitiativen machen Dienst in Unterkünften, Familienpartner unterstützen belastete Familien bei der Kinderbetreuung, »Grünflächenpaten« und »Weiherpaten« kümmern sich um städtische Parks. Überhaupt: Der Begriff »Patenschaft« ist sehr beliebt, das klingt so viel besser als das, was es ist, nämlich Gratisarbeit. Eltern und manchmal sogar Lehrerinnen oder Lehrer streichen Klassenzimmer. »Wenn man engagierter Lehrer ist, kann man sich doch mal einbringen und einen Raum streichen«, sagte die damalige Kieler Kultusministerin Waltraud Wende in der Schleswig-Holsteinischen Zeitung im Mai 2013.
    Kurzum, die »aktive Bürgerschaft« ist gefragt. Und wie sie konkret aktiv werden kann und soll, illustrierte eine 2007 von der »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft« herausgegebene Schrift »Deutschland zum Selbermachen«, in der 22 als vorbildlich gepriesene Projekte vorgestellt wurden: Im rheinischen Langenfeld übernahmen Anwohner die Straßenreinigung, im bayerischen Wolfratshausen wurde das Rathaus mit Spendengeldern und in Eigenarbeit renoviert, in einem Leipziger Vorort gar bauten Bürger ihre eigene neue Kanalisation. Die Broschüre sollte weitere Menschen ermuntern, Spaten oder Besen in die Hand zu nehmen oder gar Bagger und Betonmischer in Gang zu setzen, um ihre Kommune aufzupeppen, was auch gelang. Im westfälischen Altena erneuerten Bürger das Pflaster in der Fußgängerzone, und in der Thüringer Gemeinde Niederzimmern konnte man gegen Einzahlung von 50 Euro in die Stadtkasse zur Sanierung eines Schlaglochs eigener Wahl beitragen und eine Plakette mit Wunschaufschrift in den renovierten Asphalt einlassen.
    Quelle: junge Welt
  9. Opfer, die zu Täterinnen werden
    In “Joy” kommt eine Frau aus Nigeria nach Wien und arbeitet als Prostituierte. Sudabeh Mortezai hat monatelang für diesen Film recherchiert. Um in Europa überhaupt eine Chance zu haben, gebe es für diese Frauen nur eine Möglichkeit, sagt die Regisseurin. Sudabeh Mortezai: Die Genese war ein bisschen kompliziert, aber um es jetzt mal sehr stark zu vereinfachen: Ich habe eigentlich schon bei “Macondo” Interesse bekommen an der nigerianischen Community in Wien, weil ich ein paar Menschen aus Nigeria kennengelernt habe und habe Lust gehabt, irgendwas mit Nigeria zu machen. Ich bin bei der Recherche sehr schnell auf dieses Thema Frauenhandel gestoßen, habe einige Bücher gelesen und Artikel zu dem Thema. Es hat mich wahnsinnig schockiert, dass Frauen andere Frauen ausbeuten und dass diese Madames auch eigentlich immer selber ehemalige Prostituierte und Opfer von Menschenhandel selber sind und den Spieß umgedreht haben, und das war für mich natürlich wahnsinnig faszinierend als Filmemacherin und als Frau besonders schockierend. Wie gibt es das oder wie kann das funktionieren, dass eine Frau, die das selbst erlebt hat, jetzt zur Täterin wird, und da hat es sich dann angefangen zu entwickeln. […]
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

    Anmerkung Christian Reimann: Methoden der Einschüchterung und der „Rollentausch“ von Frauen dürften auch in der Prostitutions-Szene anderer Länder vorhanden sein. Wäre eine Gesetzesänderung – übrigens auch und gerade in Deutschland – nach den Modellen in Frankreich oder noch besser Schweden nicht sinnvoller? Würde sie nicht zumindest einige der auch hier benannten Probleme – z.B. die Ängste vieler Frauen, die der Prostitution nachgehen (müssen?) – beseitigen? Denn: „Es gibt keine gute Prostitution“. Und noch viel wichtiger: Das Bordell Deutschland könnte geschlossen werden.

  10. Mit Waffenexporten befördern wir Frieden und Menschenrechte!
    Warum liefert Deutschland Waffen an Diktaturen und Kriegstreiber, wie zB Saudi-Arabien? Der Bundeswirtschaftsminister erklärt es euch: “Wir wollen mit unserer Außenpolitik und die Waffenexportpolitik ist da ein wichtiges Element, wir wollen damit Frieden, Stabilität und Menschenrechte befördern”, so Peter Altmaier, der zuständig für deutsche Rüstungsexporte an die Welt ist. Man könne nicht so einfach nicht mehr zB an Saudi-Arabien Rüstung liefern. Denn das Problem sei: Wenn Deutschland nicht mehr liefert, würden die Lücken von anderen Ländern gefüllt werden, erklärt Altmaier.
    Solange also andere Länder mit Waffen an Diktaturen Geld verdienen, muss Deutschland das auch machen.
    Ausschnitt aus der BürgerPresseKonferenz vom 26. August 2018 – komplett hier.
    Quelle: Jung & Naiv via Facebook

    Anmerkung Christian Reimann: Als rufe der Bundeswirtschaftsminister danach, endlich als „Schüler“ von George Orwell anerkannt zu werden, denn besser hätte er es wohl kaum formulieren können, oder?

  11. Massenüberwachung: Gegner siegen dank Snowden-Enthüllungen in Straßburg
    In dem Urteil, das durch Edward Snowdens Enthüllungen zur Massenüberwachung möglich wurde, verurteilte eine siebenköpfige Kammer an dem Gerichtshof die britische Regierung deutlich. Geklagt hatten insgesamt drei Parteien, eine Gruppe um die britische NGO Big Brother Watch, eine Gruppe rund um die American Civil Liberty Union und Amnesty International sowie die Journalistin Alice Ross zusammen mit dem Bureau of Investigative Journalism.
    Die britische Regierung muss sich laut den Straßburger Richtern Verletzungen von Artikel 8 (Privatheit) und Artikel 10 (Meinungs- und Pressefreiheit) ankreiden lassen. Lediglich die Klage wegen Artikel 14 (Diskriminierung) von nicht-britischen Überwachten wies das Gericht ab.
    Im 200 Seiten starken Urteil heißt es unter anderem, dass weder bei der Auswahl der zur Zusammenarbeit mit den Agenten verpflichteten Provider noch bei der Filterung und Durchsuchung der Daten eine ausreichende Kontrolle vorgesehen war. Außerdem fehle es an Absicherungen bei der Auswahl von Verkehrsdaten, obwohl diese extrem aussagekräftig in Bezug auf die Gewohnheiten und Kontakte der Überwachten seien. (…)
    Die Kläger begrüßten das Urteil als wichtigen Schritt, nannten es aber allenfalls einen Etappensieg. Es gehe noch nicht weit genug, weil es Mittel der anlasslosen Überwachung nicht generell ausschließe, heißt es in von Liberty, Amnesty und Privacy International. Edward Snowden meint auf Twitter, dass Regierungen seit fünf Jahren behaupteten, die globale Massenüberwachung würde unsere Rechte nicht verletzen. Deswegen habe man sie durch alle Gerichte gejagt. Man solle nun nicht ihm danken, sondern allen, die nicht mit dem Kämpfen aufgehört haben. (…)
    Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beim Europäischen Menschengerichtshof wie dem Europäischen Gerichtshof ist außerdem eine lange Liste von Klagen gegen jene Überwachungsgesetze in mehreren europäischen Ländern anhängig, die nach den Snowden-Enthüllungen erlassen wurden.
    Quelle: heise online
  12. US-Waffen-Umschlagplatz Camp Darby in Italien wird schneller
    Das grösste Waffenlager der USA ausserhalb des eigenen Landes liegt in Italien. Jetzt soll es noch ausgebaut werden.
    «Am Ende des Zweiten Weltkriegs besetzten alliierte Truppen den europäischen Kontinent. Während Frankreich und Russland sich inzwischen zurückgezogen haben, unterhalten die USA und das Vereinigte Königreich UK hier noch immer Truppen. Im Hinblick auf einen Weltkrieg gegen Russland und China nutzt das Pentagon seit dem letzten Jahr zahlreiche Stützpunkte in Italien, um die Lagerhaltung seiner Waffen in Europa, einschliesslich Atombomben, massiv zu erhöhen.»
    Das schreibt der italienische Journalist Manlio Dinucci in der in Rom erscheinenden Tageszeitung «Il Manifesto», dem italienisch-sprachigen Pendant zu «Le Monde diplomatique» in Frankreich.
    Einer der Hauptakteure des gegenwärtigen Ausbaus der US-Basen in Italien ist offensichtlich der im August 2017 von Donald Trump als Botschafter in Rom eingesetzte superreiche Financier und Investor Lewis Eisenberg, ehemaliger Goldman Sachs Banker – er musste dort wegen einer Sex-Affäre zurücktreten – und prominenter Politiker der Republikaner im Bundesstaat New Jersey.
    US-Botschafter Lewis Eisenberg, so schreibt Manlio Dinucci, «verwandelt die italienische Halbinsel in ein US-Waffenarsenal.» Das könne man zum Beispiel am gegenwärtigen Verkehr der US-Navy sehen. «Die Liberty Passion lief am 8. August und die Liberty Promise am 2. September im Hafen von Livorno ein, wo am 9. Oktober auch die die Liberty Pride ankommen wird. Die drei Schiffe werden dann nacheinander am 10. November, 15. Dezember und 12. Januar nach Livorno zurückkehren.
    Quelle: Infosperber
  13. Der Kollaps der ostdeutschen Gesellschaft war umfassend”
    Wer über den Osten nachdenkt, landet bei der DDR. Falsch, sagen Jana Hensel und Wolfgang Engler. Der Schlüssel zum Verständnis der ostdeutschen Gesellschaft sei die Nachwendezeit – die Überschattung der Demokratieerfahrung durch die Erfahrung der Brüchigkeit.
    Was bedeutet es, ostdeutsch zu sein? Im Folgenden dokumentieren wir einen Ausschnitt aus dem Gespräch im Deutschlandfunk Kultur mit Autorin Jana Hensel und Publizist Wolfgang Engler. Beide haben sich in ihren Büchern mit ostdeutschen Identitätsfragen beschäftigt und jetzt gemeinsam den Band “Wer wir sind: Die Erfahrung, ostdeutsch zu sein” publiziert.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  14. Amri: Bundesregierung blockiert Aufklärung
    Untersuchungsausschuss des Bundestages: Der Konflikt um V-Leute des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Umfeld des Attentäters wird schärfer
    Die parlamentarische Aufklärung des Terroranschlages auf dem Breitscheidplatz in Berlin gerät zum Schlachtfeld. Im Zentrum steht aktuell die Rolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und dessen Quellen im näheren oder weiteren Umfeld des mutmaßlichen Attentäters Anis Amri.
    Die Bundesregierung mischt sich massiv in die Arbeit des Bundestagsgremiums ein und will verhindern, dass die Abgeordneten BfV-Verantwortliche befragen können. Das hat auch den Untersuchungsausschuss selbst entzweit. Die Abgeordneten von Union und SPD, die auch die schwarz-rote Regierung stützen, übernehmen zum Teil deren Argumente. Bereits einmal haben die Oppositionsparteien Linke, FDP und Bündnisgrüne vor dem Bundesgerichtshof gegen die Ausschuss-Mehrheit von CDU/CSU und SPD geklagt. Weitere Klagen könnten folgen.
    Quelle: Telepolis
  15. #Aufstehen statt sitzen bleiben: Kann eine Sammlungsbewegung den Parteien Beine machen?
    Jeremy Corbyn, Emanuel Macron, Jean-Luc Mélenchon und nun Sahra Wagenknecht. Auf den ersten Blick könnten diese Charaktere unterschiedlicher nicht sein, aber sie alle eint, dass sie sich an die Spitze einer „Bewegung“ gestellt haben, das „Momentum“ in ihren Parteien nutzten, die Republik „en marche“ gesetzt haben, ein „unbeugsames Frankreich“ beschworen oder eben „aufgestanden“ sind. Sammlungsbewegungen sind hip. Und so unterschiedlich ihre Zielrichtungen sein mögen, sie alle spiegeln den Zeitgeist wider: Sie sind Kinder der Politikverdrossenheit in den westeuropäischen Gesellschaften. #aufstehen formuliert das sogar sehr deutlich: „Keine Politikerin, kein Politiker, keine Partei wird unsere Probleme lösen, wenn wir es nicht selbst tun.“
    Haben sich die Parteien mittlerweile überlebt? Ist es an der Zeit, andere Formen des organisierten bürgerschaftlichen Engagements zu erproben, um den Motor unserer demokratischen Gesellschaft anzutreiben? Ist #aufstehen die Bewegung, die es dafür braucht? Hilft sie uns gar, einem alternativen Leitbild, das vielleicht ohne politische Parteien auskommt, näher zu kommen? Immerhin haben sich binnen weniger Monate angeblich über 100.000 Menschen für die Sammlungsbewegung interessiert, während die etablierten Parteien unter Mitgliederschwund leiden. (…)
    Und was kann aus #aufstehen werden? Vielleicht erreicht die Bewegung ihr Ziel und schafft das Fundament für eine rot-rot-grüne Bundesregierung, wenn dies auch angesichts der aktuellen Umfrageergebnisse unrealistisch erscheint. Vielleicht geht sie aber doch den Weg von „en marche“ und wird selbst zur Partei. Ohne eine Veränderung des demokratischen Leitbilds weg vom Wettbewerbsgedanken hin zu einer stärkeren Gemeinwohlorientierung wird ihr nichts anderes übrigbleiben, möchte sie nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Die Vergangenheit hat zeigt, dass als Gegenentwurf zu den etablierten Parteien angetretene Protestbewegungen früher oder später entweder doch selbst zur klassischen Partei wurden, wie die Grünen, die einst als „Anti-Parteien-Partei“ antraten und nun als etabliertes Mitglied der deutschen Parteienlandschaft sogar den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg stellen. Andere Bewegungen aber – wie die „Schill“-Partei oder die Piraten – sind diesen Weg nicht gegangen und letztlich in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwunden.
    Vielleicht bleibt all dies aber auch aus, weil die Bewegung doch zu wenige Menschen motivieren kann #aufzustehen, weil #sitzenbleiben eben doch bequemer ist …
    Quelle: Verfassungsblog
  16. Historiker fordern Prüfung AfD-naher Stiftung
    Historiker fordern, die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung zu überprüfen. Dort werde Nazi-Geschichte relativiert. Die Stiftung warnt vor “sanftem Totalitarismus” unter Merkel.
    Anfang September postete Max Otte eine rhetorische Frage auf Twitter: “Werden die medial völlig verzerrt dargestellten Vorfälle von Chemnitz zum neuen Reichstagsbrand, zum Auftakt der offiziellen Verfolgung Andersdenkender?” Der Ökonom ist CDU-Mitglied zugleich aber auch Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.
    Da schrillten bei Meron Mendel die Alarmglocken. Denn für den Leiter der Bildungsstätte Anne Frank ist der Inhalt des Tweets “ein klarer Fall von Täter-Opfer-Umkehr und eine Relativierung nationalsozialistischer Verbrechen”. Deswegen verlangt er, die Stiftung müsse “ihr Programm im Bereich historisch-politische Bildung, Holocaust-Erziehung und Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte offenlegen und von unabhängigen Experten prüfen lassen”.
    Quelle: ZDF
  17. UN-Ernährungsbericht: Jedes fünfte Kind muss hungern
    Die Experten der Welternährungsorganisation schlagen Alarm: Nach jahrelangem Rückgang nimmt der weltweite Hunger nun wieder kontinuierlich zu. Besonders betroffen ist Asien.
    (…) “Wir sehen nun schon das dritte Jahre in Folge, dass der Hunger zugenommen hat”, sagt Hollemann. “Das ist traurig. Damit sind wir auf das Niveau von vor einem Jahrzehnt zurückgefallen. Das muss uns große Sorgen machen, auch weil die drei Hauptursachen besorgniserregend sind: Konflikte, Klimawandel und Wirtschaftskrise. Wenn wir diese drei Ursachen nicht in den Griff bekommen, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir unsere Ziele für 2030 nicht erreichen werden.”…
    Besonders stark betroffen ist Asien. 515 Millionen Menschen haben dort zu wenig zu essen. Weitere Brennpunkte sind Afrika und Südamerika. Die Folgen des Klimawandels, zum Beispiel Überschwemmungen und Dürren, haben immer größere Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit, sagt Holleman.
    Fast ebenso viele Übergewichte
    Eine Folge davon ist die Zunahme von Migrationsbewegungen in aller Welt, so die Analyse der Welternährungsorganisation. “Wir beobachten, dass sich Klimakatastrophen in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt haben. Mit diesem Anstieg kommt es häufiger zu Bevölkerungsverschiebungen. Wenn Menschen ihren Lebensunterhalt verlieren und das Zerstörte nicht wiederaufbauen können, machen sie sich auf die Suche nach besseren Verhältnissen. Zusätzlich gibt es weltweit immer mehr Konflikte, die Menschen in die Flucht treiben. Wie wir schon im vergangenen Jahr gesehen haben, nehmen die Auseinandersetzungen weltweit immer mehr zu und sie werden immer komplexer und immer verfahrener. Auch das führt zu Migrationsströmen.”
    Fast paradox: Den Hungernden stehen weltweit betrachtet fast ebenso viele Übergewichtige gegenüber. Jeder achte Erwachsene hat zu viel Fett auf den Rippen. Noch immer gilt: Es wäre genug Nahrung für alle da. Der Überfluss müsste nur gleichmäßiger verteilt werden.
    Quelle: Tagesschau
  18. Wir und die anderen
    Ob sich Deutschland bei einem möglichen Giftgaseinsatz in Syrien an militärischer Vergeltung beteiligen sollte, sei keine schwarz-weiß Entscheidung, kommentiert Klaus Remme. Aber es wäre ein weiterer Beweis für die Unfähigkeit der Europäer, geschlossen zu agieren, wenn Franzosen und Briten eingreifen würden, die Deutschen aber nicht.
    Die Frage klingt simpel, doch die Debatte der vergangenen Woche zeigt, dass es keine einfache Antwort darauf gibt. Soll sich Deutschland an der von Amerikanern angedrohten militärischen Reaktion auf einen weiteren Chemiewaffenangriff Assads beteiligen?
    Noch kann man sich auf die Position der Bundesverteidigungsministerin zurückziehen. Ursula von der Leyen sagt, man müsse vorbereitet sein und prüfe Optionen. Auch aus den Reihen von Grünen und FDP heißt es: Wir entscheiden erst in Kenntnis der konkreten Lage.
    Dagegen ist wenig einzuwenden, niemand weiß, ob Assad auf den letzten Metern hin zu einer militärischen Lösung in Syrien noch einmal Giftgas einsetzt und wie eindeutig die Beweislage danach wäre. Wir wissen nicht, welche Bilder ein solches Verbrechen produzieren würde und wir wissen nicht, wie sich Russland als wichtigster Verbündeter Assads dann verhält. Wir kennen die konkreten Erwartungen unserer westlichen Verbündeten nicht, es ist noch nicht einmal klar, ob die Amerikaner, wie 2017, allein reagieren würden oder, wie 2018, zusammen mit Briten und Franzosen.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unserer Leserin U.P.: Unverantwortlich diese Kriegsrhetorik, die keinen Gedanken daran verschwendet, dass es andere Wege braucht zur Befriedung dieses unsäglichen Krieges in Syrien.


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