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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 27. September 2018 um 8:45 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Auf Staatsbesuch in Berlin
  2. IG BAU, DGB und DMB stellen fest: Keine Vereinbarung auf dem Wohngipfel getroffen
  3. Globalisierung und technologischer Wandel führen nicht einfach so zu sinkenden Löhnen und sozialer Ungleichheit
  4. Die erneut amputierte Reform der Erwerbsminderungsrente und Erkenntnisse über den (Nicht-)Zugang zu dieser Leistung
  5. Pflege: Profit oder Gemeinwohl?
  6. Spahns Gesetz bringt keine Gleichbehandlung von Kassen- und Privatpatienten
  7. Fluchtursachen bekämpfen: Theorie und Praxis der Bundesregierung
  8. Allianz gegen Flüchtlinge: EU flirtet mit Ägypten
  9. Glyphosat und die Immunschwäche der Bienen
  10. Blind in den Abgrund
  11. Es droht ein scheinheiliger Kompromiss mit der Autoindustrie
  12. Jetzt offenbart sich die deutsche Breitband-Ungerechtigkeit
  13. Deutsche Kampfjets fangen russische Überschallbomber ab
  14. Das Letzte: Untersuchung der Stiftung Warentest: Wie Sie legal an gute Putzhilfen kommen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Auf Staatsbesuch in Berlin
    Berichte über neue Rüstungskooperationen mit der Türkei und über staatlich geförderte Denunziationen von Kritikern der türkischen Regierung via Smartphone-App auch in Deutschland begleiten die Ankunft des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zum Staatsbesuch in Berlin. Erdoğan wird mit allen protokollarischen Ehren empfangen, da die Bundesregierung um jeden Preis eine engere Anbindung Ankaras erreichen will, das sich in wachsendem Maß vom Westen abzuwenden droht. Ursachen des deutschen Bestrebens sind der Beitrag der Türkei zur Flüchtlingsabwehr sowie vor allem geostrategische Motive: Das Land gilt als unverzichtbare Landbrücke zur Einflussnahme in Zentralasien und Mittelost, um die sich die Bundesrepublik bemüht. Auch ermöglicht Ankara es Berlin, unter Ausschluss Washingtons gemeinsam mit Moskau an einem Abgleich über Syrien teilzunehmen. Der Ausbau der deutsch-türkischen Zusammenarbeit ist mit Milliardenaufträgen für deutsche Konzerne und mit deutschen Beiträgen zum Aufbau einer eigenen türkischen Rüstungsindustrie verbunden.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu: Vom Hoffnungsträger zum Diktator
    Erdoğan kommt am Donnerstag nach Berlin. Wie er sich in einen Autokraten verwandelte und welche Rolle deutsche Journalisten dabei spielten.
    Für mich und fast alle anderen westlichen Korrespondenten in der Türkei war Erdoğan damals eine willkommene positive Abwechslung von den Politikern, die bis dahin das Land geprägt hatten. Er schien offen, sagte scheinbar, was er dachte, und verfolgte einen Kurs, der viele auch westliche geprägte Intellektuelle begeisterte. Ein islamisch geprägter Mann wollte die Türkei in den Christenklub EU bringen und schien bereit, dafür einiges zu tun. Das war bemerkenswert. In einem Porträt Ende 2004 schrieb ich:
    „In den zwei Jahren der Regierung Erdoğan sind mehr Reformen realisiert worden als in den 20 Jahren davor. Meinungsfreiheit und Null-Toleranz gegen Folter wurden proklamiert und gesetzlich verankert, kulturelle Rechte für die kurdische Minderheit garantiert und die Todesstrafe endgültig abgeschafft.“
    Heute, 14 Jahre später, kann von Meinungsfreiheit keine Rede mehr sein, seit dem Putschversuch im Jahr 2016 wird in Polizeihaft wieder gefoltert, die Kurden im Land gelten wieder pauschal als PKK-Sympathisanten und „Terrorhelfer“. Erdoğan fordert regelmäßig das Parlament dazu auf, die Todesstrafe wiedereinzuführen. Wie konnte das geschehen? Die meisten westlichen Korrespondenten – mich eingeschlossen – haben die Kritiker Erdoğans, schon damals nicht ernst genommen, wenn sie sagten, dass der Mann lediglich ein taktisches Verhältnis zur Demokratie, zu westlichen Werten und der Europäischen Union hatte.
    Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Mitglied des türkischen Wissenschaftsrates. Professor Celâl Şengör befürchtete schon damals, dass Erdoğan die Autonomie der Wissenschaft beenden und die Universitäten am liebsten wieder in Medresen, die alten religiösen Hochschulen, umwandeln würde. Ich hielt Şengör damals für überspannt, für einen verbohrten Kemalisten, der seine Vorurteile nicht aufgeben wollte. Mea culpa, Celâl Şengör.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der Autor übt auf sympathische Weise viel Selbstkritik an seinen eigenen (wechselnden) Einschätzungen von Erdogan und gesteht gleichzeitig ein, dass eine Beurteilung der politischen Lage in der Türkei unglaublich schwierig ist und immer mehrere Seiten hat. So viel kritische Distanz und Einsicht stünde vielen, vielen Journalisten an.

  2. IG BAU, DGB und DMB stellen fest: Keine Vereinbarung auf dem Wohngipfel getroffen
    „Die Ziele des Wohngipfels im Bundeskanzleramt, die Stärkung des Wohnungsneubaus und die Sicherung bezahlbaren Wohnens begrüßen und teilen wir. Anders als in der Pressemeldung des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat dargestellt, gibt es aber keine Vereinbarung über die hierzu notwendigen Maßnahmen, zumindest keine Vereinbarung mit den Gewerkschaften und dem Deutschen Mieterbund“, stellten die Teilnehmer am Wohngipfel 2018 Robert Feiger (IG BAU), Stefan Körzell (DGB) und Franz-Georg Rips (DMB) klar. „Das vorgelegte Maßnahmenbündel basiert vielmehr auf einem Eckpunktepapier der Bundesregierung, das wir keine 24 Stunden vor dem Wohngipfel erhalten haben. Die hier angesprochenen Maßnahmen, die teilweise längst beschlossen sind, wurden weder ernsthaft diskutiert, noch mit uns vereinbart, sie geben auch nicht in allen Punkten die Position von Gewerkschaften und Mieterbund zur Wohnungs- und Mietenpolitik wieder.“
    Von einer Stärkung des sozialen Wohnungsbaus könne beispielsweise nicht gesprochen werden, wenn nur 5 Milliarden Euro in 4 Jahren bereitgestellt und die Fördermittel des Bundes von derzeit 1,5 Milliarden Euro auf jeweils 1 Milliarde Euro in den Jahren 2020 und 2021 abgesenkt werden. Die geplanten 100.000 zusätzlichen Sozialwohnungen in dieser Legislatur reichten nicht einmal aus, um den jetzigen Bestand an Sozialwohnungen zu sichern und ein weiteres Abschmelzen zu verhindern.
    Bei dem Maßnahmenbündel handelt es sich nach Einschätzung der Gewerkschaften und des Mieterbundes nicht um die geeigneten Schritte, um der Wohnraumkrise schnell und entschlossen zu begegnen.
    Quelle: DGB

    dazu: Teurer Wohnen: Wem gehört die Stadt?
    Und während die Politik immer wieder an Schräubchen dreht, ist die deutsche Hauptstadt zum Schauplatz eines internationalen Monopoly-Spiels geworden, bei dem die Investoren die Preise in schwindelerregende Höhen treiben: Seit 2010 sind die Angebotskaufpreise für Immobilien in Berlin um fast 109 Prozent gestiegen, allein zwischen 2016 und 2017 um rund 20 Prozent. Das macht die Stadt zum weltweiten Spitzenreiter.
    Weil Löhne und Gehälter bei Weitem nicht in dem Maße wachsen, denkt man an der Spree mittlerweile radikal: Der grüne Baustadtrat von Kreuzberg droht mit Enteignung, wenn Immobilienbesitzer ihre Wohnungen nicht oder zu teuer vermieten. Der Regierende Bürgermeister denkt sogar schon laut darüber nach, Ausländern den Erwerb von Immobilien vielleicht ganz zu verbieten oder zumindest einzuschränken.
    Quelle: frontal 21

    Hinweis: Lesen Sie dazu auch „Von der Ächtung zur Bewunderung der Spekulation. Anmerkungen zum Wohn- und Mieten-Gipfel. Ein Einordnungsversuch.“ auf den NachDenkSeiten.

  3. Globalisierung und technologischer Wandel führen nicht einfach so zu sinkenden Löhnen und sozialer Ungleichheit
    Politik neigt dazu, sich aus der Verantwortung für sinkende Löhne, Prekarisierung und wachsende soziale Ungleichheit zu stehlen. »Technologischen Wandel« und »Globalisierung« führt sie dann als Ursachen an, gegen die man leider nichts machen könne. Eine Studie zeigt: Das ist falsch. […]
    Eine Studie, erschienen ausgerechnet beim neoliberalen Münchener ifo-Institut, hat nun unter Rückgriff auf umfangreiche Daten aus mehreren Ländern untersucht, ob die sinkende Lohnquote tatsächlich auf (kaum beeinflussbare) technologische Entwicklungen und Globalisierungsprozesse zurückzuführen ist. Die Stärke der Studie liegt darin, dass sie Auswirkungen von Globalisierung und technologischem Wandel nicht einfach für alle Länder als identisch behauptet. Sie untersucht vielmehr, in welchem Maße und in welcher Weise sich diese Auswirkungen je nach politischen und institutionellen Gegebenheiten in (hier sechs) verschiedenen Ländern unterscheiden. Dabei nimmt differenziert sie nach verschiedenen Branchen und Arbeitsmarktbereichen. Und sie fragt insbesondere, welche Rolle Arbeitsmarktinstitutionen – wie etwa Arbeitslosenversicherungen, Gewerkschaften und Tarifaushandlungssysteme – sowie deren je spezifische Ausprägung dabei spielen. Das Ergebnis ist eindeutig: Die Behauptung einer mangelnden politischen Handlungsfähigkeit ist nicht haltbar.

    Insgesamt deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass der Rückgang der Lohnquote keine unausweichliche Folge des technologischen Wandels und der Globalisierung ist.

    Um das Problem wachsender sozialer Ungleichheit und Unsicherheit in den Griff zu bekommen, so die Studie, genüge es nicht, auf »mehr Bildung und Qualifizierung« zu setzen (wie es häufig von denen vorgeschlagen wird, die eine echte Umverteilung verhindern wollen). Vielmehr müsse man die Verhandlungsmacht der abhängig Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften gegenüber den Arbeitgebern politisch stärken:
    Quelle: Blickpunkt WiSo

  4. Die erneut amputierte Reform der Erwerbsminderungsrente und Erkenntnisse über den (Nicht-)Zugang zu dieser Leistung
    Nun hat die Große Koalition in der letzten Legislaturperiode bereits zweimal – 2014 und dann 2017 – gesetzgeberische Verbesserungen vorgenommen, die zu höheren Erwerbsminderungsrenten führen. Und sie will auch in dieser Legislatur den eingeschlagenen Weg fortsetzen. So heißt es im vorliegenden Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz) zu den geplanten Verbesserungen: »Die Absicherung bei Erwerbsminderung wird deutlich verbessert. Die Zurechnungszeit wird für Rentenzugänge im Jahr 2019 in einem Schritt auf 65 Jahre und 8 Monate angehoben. Anschließend wird sie in Anlehnung an die Anhebung der Regelaltersgrenze weiter auf 67 Jahre verlängert.«
    Nun muss man bekanntlich genau lesen – und die hier entscheidende Formulierung im Gesetzentwurf lautet „für Rentenzugänge im Jahr 2019“ soll es die beschriebenen Verbesserungen bei der Zurechnungszeit geben, die erhebliche Auswirkungen haben wird, denn ein Durchschnittsverdiener würde bei Eintritt in die Erwerbsminderungsrente Anfang 2019 auf einen Schlag 98 Euro mehr Monatsrente erhalten als unter den heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen, wenn die Reform in Kraft treten wird. Das bedeutet aber auch: alle Bestandsrentner werden nichts von den Verbesserungen haben und somit von den damit verbundenen höheren Leistungen auf Dauer, das heißt lebenslang, abgekoppelt werden.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  5. Pflege: Profit oder Gemeinwohl?
    Die Pflege war über Jahrhunderte eine Sache von Familie, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden. Seit den 1990er-Jahren sind auch privatwirtschaftliche Unternehmen auf dem Pflegemarkt aktiv, um Renditen zu erwirtschaften. Die Menschen bleiben dabei auf der Strecke, sagen Vertreter der Wohlfahrtspflege.
    Ganz so hatten sich das die Väter und Mütter der Pflegeversicherung wohl nicht gedacht, als sie 1995 die Pflegeversicherung einführten. Sie wollten die wachsende Zahl von Pflegebedürftigen finanziell absichern und den Ausbau von dringend benötigten Pflegeeinrichtungen ankurbeln. „Markt“ und „Wettbewerb“ waren die vielversprechenden Schlagworte der Zeit. Damals war das notwendig und sinnvoll. Doch heute zeige diese Marktorientierung immer stärker ihre negativen Seiten, meint Hanno Heil, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Katholischen Altenhilfe.
    „Bis 1995 hat jeder, der gepflegt hat, selber investiert. Die Familien haben investiert, die Wohlfahrtspflege, die Kirchen haben investiert, sie haben Geld mitgebracht, um zu pflegen, das ging über Jahrhunderte so. Der einzige Lohn war ein Lächeln auf dem Gesicht von Oma oder Opa, oder die Himmelstür stand offen. Seit 1995 kann ich Geld aus der Pflege herausholen, ohne zu pflegen. Ich kaufe Aktien, ich kaufe Unternehmen und ziehe Geld aus der Pflege, ohne selbst je in einem Altenheim gewesen zu sein. Das ist ein Paradigmenwechsel par excellence, das ganze System hat sich komplett gewendet seitdem.“
    Quelle: Deutschlandfunk

    dazu: Pflegezeit wird kaum genutzt
    Berufstätigen, die einen Angehörigen pflegen, stehen mehrere gesetzliche Angebote zur Verfügung, wie sich Pflege und Beruf besser vereinbaren lassen. Doch genutzt werden sie kaum, wie eine Befragung von Unternehmen zeigt.
    Rund fünf Millionen pflegende Angehörige gibt es in Deutschland, so schätzen Experten. Viele der Betroffenen sind berufstätig. Damit sich Job und Pflege besser vereinbaren lassen, hat der Gesetzgeber einige Angebote wie “Pflegezeit” oder “Familien-Pflegezeit” geschaffen. Doch offenbar werden diese Möglichkeiten von den Arbeitnehmern selten in Anspruch genommen.
    Das geht aus den Ergebnissen der Studie zur “Vereinbarkeit von Beruf und Pflege” hervor, die das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) vorgenommen hat. Dazu wurden Personalentscheider in 401 Unternehmen, die 26 oder mehr Menschen beschäftigen, befragt.
    Quelle: Ärzte Zeitung

  6. Spahns Gesetz bringt keine Gleichbehandlung von Kassen- und Privatpatienten
    „Die Bevorzugung von Privatpatienten bei der Terminvergabe wird mit dem neuen Gesetz nicht beendet. Gesundheitsminister Spahn lässt seinen vollmundigen Ankündigungen nur Flickwerk folgen“, erklärt Achim Kessler, Sprecher der Fraktion DIE LINKE für Gesundheitsökonomie und Obmann im Gesundheitsausschuss, zum heute vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf für schnellere Termine und bessere Versorgung. Kessler weiter:
    „Laut Minister Spahn soll es sich für Ärztinnen und Ärzte ‚lohnen‘, Patientinnen und Patienten zeitnah einen Termin zu geben. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Kassenärzteschaft nun für Aufgaben extra honoriert werden soll, die ohnehin Teil ihres Versorgungsauftrags sind. Es wird keine Gleichbehandlung von gesetzlich und privat Versicherten geben, solange dies nicht ausdrücklich vorgeschrieben wird.
    Es ist billiger Populismus, wenn der Gesundheitsminister gegen unverschämte Renditen wettert, diese aber nicht in seinem Gesetz verhindert. Gesundheitseinrichtungen dürfen nicht zur Profitmaximierung von Großanlegern missbraucht werden. Spahn versäumt es, dem bei der Regulierung von Versorgungszentren wirksam per Gesetz einen Riegel vorzuschieben.
    Das TSVG enthält ohne Zweifel Verbesserungen für gesetzlich Versicherte. Sie gehen jedoch nicht weit genug. Die Erhöhung des Festzuschusses für Zahnersatz um zehn Prozent reicht bei weitem nicht aus. Die vollständige Kostenübernahme für Zahnersatz und Sehhilfen, wie DIE LINKE. sie fordert, ist längst überfällig. Sie wäre aus den Überschüssen der Krankenkassen ohne weiteres finanzierbar.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  7. Fluchtursachen bekämpfen: Theorie und Praxis der Bundesregierung
    Zusätzliche Einnahmen des Bundes sollen 1:1 auf Verteidigungs- und Entwicklungsministerium verteilt werden. So steht es im Koalitionsvertrag. Im aktuellen Haushaltsentwurf für 2019 erhält der Verteidigungsetat fast das 15fache! Dem Entwicklungsminister Müller (CSU) ist am Mittwoch wenigstens ein bisschen der Kragen geplatzt…
    Wie oft haben wir das jetzt schon gehört aus Politikermund?! Dass Fluchtursachen bekämpft werden müssen, indem (Entwicklungs-)Hilfe vor Ort geleistet wird. Selbst in den Koalitionsvertrag hat es diese Absicht geschafft. Dort ist vereinbart, dass „zusätzliche Haushaltsspielräume“ ab 2019 im Verhältnis 1:1 aufgeteilt werden auf den Verteidigungshaushalt und den Haushalt des Entwicklungsministeriums. Dort sollen sie verwendet werden für Krisenprävention, humanitäre Hilfe, Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit.
    Diese hehre Absicht ist offensichtlich unter die Räder der Trump’schen Drohungen geraten: Denn in den aktuellen Haushaltsansätzen für 2019 erhält der Verteidigungshaushalt zusätzliche Mittel in Höhe von 4,38 Milliarden Euro. Für den Etat des Entwicklungsministers bleiben gerade mal ein Plus von 295 Millionen Euro.
    Quelle: Cives

    dazu: Näherinnen in Asien: “Die Ergebnisse der Recherche haben uns geschockt”
    Seit den schweren Fabrikunglücken in Asien mit vielen Toten stehen die oft miserablen Arbeitsbedingungen für Näherinnen im Fokus und Modefirmen sind mit der Frage nach ihrer Verantwortung dafür konfrontiert. Für Aufsehen sorgte da 2013 der schwedische Modekonzern H&M mit seiner Ankündigung, innerhalb von fünf Jahren bei seinen strategischen Zulieferern existenzsichernde Löhne für die Beschäftigten erreichen zu wollen.
    Gewerkschaften und NGOs, die dieses Ziel bislang, erfolglos verfolgten, hofften auf eine Vorreiterfunktion von H&M, mit rund 4800 Filialen einem Schwergewicht. Nun – fünf Jahre später – stellt die Kampagne für Saubere Kleidung nach Interviews mit Beschäftigten in vier Ländern H&M ein schlechtes Zeugnis aus. “Die Ergebnisse der Recherche haben uns geschockt”, sagt die Autorin der Studie, Bettina Musiolek, und spricht von Hungerlöhnen, exzessiven Überstunden und Fällen von Mangelernährung.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung JK: Das muss man auch noch aus einer anderen Perspektive sehen. Die Forderung der neuen Salonlinken “No borders, No Nations” ist genau das, was die Neoliberalen wollen. Einen entgrenzten, globalen Markt für Arbeitskraft. Wie die Recherchen der Gewerkschaften zeigen, führt dies zur weltweiten Ausbreitung prekärer Arbeitsverhältnisse. Die Lösung der neuen Salonlinken, die Menschen sollten einfach ihre Heimat verlassen und etwa nach Deutschland migrieren. Die Frage ist, was würde sich damit an den katastrophalen Arbeitsbedingungen ändern? Richtige Antwort: erst einmal gar nichts. Wäre es nicht besser die Menschen in ihren Heimatländern dabei zu unterstützen, dort für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen zu kämpfen?

    dazu auch: Attac und Medico International starten Unterschriftenkampagne
    “Menschenrechte vor Profit – weltweit!” Unter diesem Motto haben Attac und die Hilfs- und Menschenrechtsorganisation Medico International am heutigen Mittwoch eine gemeinsame Kampagne zur Durchsetzung der Menschenrechte im Welthandel gestartet. In einem Appell, der online unterzeichnet werden kann, fordern sie die Bundesregierung dazu auf, sich für einen starken UN-Vertrag einzusetzen, der Unternehmen zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet. Auch soll Deutschland ein Gesetz beschließen, das Menschenrechtsverletzungen von Konzernen im In- und im Ausland unter Strafe stellt. Menschenrechte sollen zudem unbedingten Vorrang vor Vereinbarungen in internationalen Handelsabkommen erhalten.
    “Überall auf der Welt verletzen transnationale Konzerne Menschenrechte – und kommen meistens straffrei davon. Die Interessen von Unternehmen werden durch Freihandels- und Investitionsschutzabkommen rechtlich geschützt. Sie können häufig vor internationalen Schiedsgerichten direkt eingeklagt werden. Für die Einhaltung der Menschenrechte durch Unternehmen gelten dagegen nur freiwillige Verfahren”, sagt Brigitte Hamm von Attac. “Doch statt eine Vorreiterrolle einzunehmen, torpediert die Bundesregierung den Verhandlungsprozess der Vereinten Nationen für ein Abkommen, das Konzerne zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet. Das ist ein Skandal.”
    Quelle: attac

  8. Allianz gegen Flüchtlinge: EU flirtet mit Ägypten
    Ginge es nach der EU, dann sollten Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa möglichst in Nordafrika aufgehalten werden. Einige Länder sind Vorreiter. Auf dem EU-Gipfel in Salzburg wurde Ägypten für seine „Effizienz“ gelobt. Taugt das Land als Partner?
    28 EU-Staatschefs haben sich letzte Woche in Salzburg zu einem informellen Gipfel getroffen, um sich unter anderem über die EU-Migrationspolitik zu verständigen. Innerhalb der EU kommt man in der Frage der Verteilung der Flüchtlinge keinen Schritt weiter, deshalb sucht man verstärkt nach Partnern in Nordafrika. Ägypten sei „effizient und vorbildlich“, so lobte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz. Nicht ein einziges Boot mit Flüchtlingen habe in diesem Jahr von der Küste Ägyptens abgelegt Richtung Europa.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  9. Glyphosat und die Immunschwäche der Bienen
    Ein weiterer Rückschlag für die Glyphosat-Verteidiger: In einer Studie hat man überzeugende Hinweise gefunden, wie das Unkrautvernichtungsmittel auch Honigbienen schädigt – und was Darmprobleme damit zu tun haben.
    Dass ein nützliches Gift gerne gekauft, häufig versprüht und für unbedenklich – jedenfalls für den Menschen – erklärt wird, reicht nicht aus für einen toxikologischen Persilschein. Als Chemieproduzent der ersten Stunde könnte man das wissen. Der deutsche Chemiekonzern Bayer hat aber offenbar genau das angenommen. Schon lange vor der Übernahme des Glyphosat-Herstellers Monsanto gab es etliche wissenschaftliche Hinweise, dass das sehr wirksame Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat so spezifisch auf unerwünschte „Unkräuter“ im Feld, wie man das gerne hätte, gar nicht wirkt. Ökologische Kollateralschäden wurden registriert, wohl aber als bedeutungslos abgehakt.
    Das rächt sich jetzt. So wie es sich immer rächt, wenn man die Hartnäckigkeit von Forschern unterschätzt, die auf begründete Fragen keine plausiblen Antworten bekommen. Im Fall des Totalherbizids Glyphosat hat diese Suche nach Antworten jetzt auf eine Spur geführt, die abermals zu Lasten des Pestizidherstellers gehen dürfte. Glyphosat, heißt es in einer Veröffentlichung der amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften, schädigt die Mikroflora im Verdauungstrakt von Honigbienen. Die Folge: Schon junge, frisch geschlüpfte Bienen torkeln buchstäblich geschwächt durch die Luft. Ihr Immunsystem, das wie bei allen Tieren – einschließlich des Menschen – von einer intakten Darmflora abhängt, erleidet regelrecht Schiffbruch.
    Opportunistische Keime übernehmen
    Eine ausgewachsene Immunschwäche also. Ähnlich wie bei Aids, aber auch ähnlich wie bei Chemotherapie-Patienten, deren Immunsystem durch Zellgifte beziehungsweise durch Viren gestört ist, gedeihen anstelle der nützlichen Darmbakterien-Stämme plötzlich ganz andere – sogenannte opportunistische und damit oft schädliche – Mikroben im Darm. Ein lebenswichtiges System kippt. So zumindest beschreiben Erick Motta und Nancy Moran von der University of Texas in Austin die Befunde, die sie nach Experimenten mit Glyphosat in ihren Bienenstöcken gesammelt haben.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Albrecht Müller: Lesenswert, bemerkenswert – und Konsequenzen??

  10. Blind in den Abgrund
    Wegen Rekordschulden kündigte Bahnchef Lutz kürzlich “einschneidende Maßnahmen” an. Doch die tieferen Ursachen der Krise werden von den Bahn-Oberen nach wie vor nicht identifiziert. Die jetzige Konzernpolitik werde die Krise sogar noch verschärfen, prognostiziert unser Autor.
    Seit Wochen sind die Medien voll von Berichten über den “Brandbrief”, den der Bahnchef Richard Lutz am 7. September an Führungskräfte im DB-Konzern versandt hatte. Danach befände sich “die Bahn in einer schwierigen Lage”; die Situation habe sich “in den letzten Monaten verschlechtert”, weswegen – um die “wirtschaftliche Stabilität” des Konzerns zu erhalten – “einschneidende Maßnahmen” notwendig seien. Die Schulden der DB AG stiegen auf das Rekordniveau von 19,7 Milliarden Euro an, 700 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Die Kosten in der Verwaltung des Bahnkonzerns hätten sich “seit 2015 um einen deutlichen dreistelligen Millionenbetrag erhöht”. Lutz ließ eine Ausgabensperre verhängen – eine Maßnahme, die für eine wirklich tiefe Krise des Bahnkonzerns spricht. […]
    Nun spricht alles dafür, dass Lutz auf der angeführten Pressekonferenz zum Ergebnis des ersten Halbjahres 2018 die Öffentlichkeit mit einem rosa eingefärbten Zahlenwerk täuschte. Insofern könnte man sagen, es gebe zwar eine späte Erkenntnis, doch immerhin eine Erkenntnis. Entscheidend ist jedoch, dass die Ursachen für die Krise der Bahn von den Bahn-Oberen weiterhin nicht identifiziert werden. Dass stattdessen eine Konzernpolitik verfolgt wird, die die Krise des Konzerns verschärfen muss. Dies lässt sich an den drei Beispielen Personalpolitik, Fehlinvestitionen und falsches Sparen bei der Kundschaft illustrieren.
    Seit einem Vierteljahrhundert wird das Bahnmanagement immer mehr durchsetzt von Spitzenmanagern, die keinerlei Kenntnisse von Eisenbahn haben, und die nicht bereit und in der Lage sind, sich leidenschaftlich für die Schiene zu engagieren. Es fehlt ihnen schlicht eine Corporate Identity – eine Identifikation mit der Eisenbahn. Mehr noch: Es standen mit Heinz Dürr (1990-1997), Hartmut Mehdorn (1999-2009) und Rüdiger Grube (2009-2017) Personen an der Bahnspitze, die eng mit der Konkurrenz, mit der Autoindustrie und mit dem Daimler-Konzern verbandelt waren. Nun kommt die Personalie Alexander Doll hinzu. Dieser soll ab Ende 2018 Finanzchef im Bahnkonzern werden und Richard Lutz in dieser Position ablösen (Lutz ist seit 2017 Finanz- und Bahnchef in einer Person).
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  11. Es droht ein scheinheiliger Kompromiss mit der Autoindustrie
    Die bisherigen Vorschläge des Verkehrsministers zur Lösung der Dieselkrise zeigen eins: Der Minister bleibt seiner Linie, die Autobranche politisch zu hofieren, treu. Um bessere Luftwerte in den Innenstädten zu erreichen, strebt Minister Scheuer eine Erneuerung der Dieselflotte an. Mit Hilfe von Umstiegsprämien soll der Kauf neuer Fahrzeuge angekurbelt werden, damit werden die Kassen der Autokonzerne weiter gefüllt“, erklärt Ingrid Remmers verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Remmers weiter:
    „Zur Erinnerung: Die Höchstwerte für Stickoxide werden überschritten, nicht weil keine neuen Fahrzeuge mehr gekauft werden. Sie werden überschritten, weil Hersteller bei der Abgasreinigung manipulieren. Selbst neue Euro 6c Fahrzeuge reißen die Abgas-Grenzwerte um ein vielfaches – und sind damit fast genauso dreckig wie die, die sie ersetzen sollen. Eine Flottenerneuerung wird damit kaum die Schadstoffbelastung in unseren Städten senken.
    Zudem zeichnet sich ein schmutziger Deal mit der Autoindustrie auf Kosten unserer Umwelt ab. Damit die Autobauer der Regierung bei der Hardware Nachrüstung entgegenkommen, wollen sich die zuständigen Politiker bei den CO2 Zielen gnädig zeigen. Beim Diesel-Desaster droht erneut ein scheinheiliger Kompromiss.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  12. Jetzt offenbart sich die deutsche Breitband-Ungerechtigkeit
    Die Netzbetreiber investieren viel in die Infrastruktur – nur leider oft an der falschen Stelle. Das bedeutet oft Doppelt- und Dreifachversorgung für Haushalte in den Städten. Und das flache Land? Schaut in die Röhre.
    Wenn Tim Höttges über sein Unternehmen spricht, ist er versucht, seine Konkurrenten blass aussehen zu lassen. Das gilt vor allem dann, wenn der Chef der Deutschen Telekom über sein Netz spricht. „Wir investieren mehr als alle anderen Unternehmen in die Infrastruktur“, sagt er dann. Am Mittwoch haben ihm nun seine Konkurrenten mit einer Breitbandstudie geantwortet. Die Zusammenfassung könnte lauten: Höttges hat recht, nur investiert er in die falschen Anschlüsse.
    Ein Großteil der Netzinvestitionen der vergangenen drei Jahre ging an den Breitbandzielen der Bundesregierung vorbei. Das ist das Ergebnis einer Studie des Bundesverbands Breitbandkommunikation (Breko), die am Mittwoch in Berlin vorgelegt wurde. Zwar hat sich der Breitbandstudie 2018 zufolge die Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde zwischen 2014 und 2017 um knapp 6,3 Millionen Haushalte erhöht. Doch die Zahl der Haushalte, die zwischen zwei oder mehr Anschlusstechnologien mit dieser Geschwindigkeit wählen können, stieg in dieser Zeit um fast 13,5 Millionen. So zerfällt Deutschland in zwei Teile: Die einen haben schnelles Internet – und zwar zwei- oder dreifach. Die anderen haben nichts.
    Quelle: Welt Online
  13. Deutsche Kampfjets fangen russische Überschallbomber ab
    Über der Ostsee liefern sich Nato-Kampfjets und russische Flugzeuge immer wieder ein Katz-und-Maus-Spiel. Am Dienstag gab es erneut einen Zwischenfall, an dem auch zwei deutsche Kampfjets beteiligt waren.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung André Tautenhahn: Diese Falschmeldung gab es schon mehrfach. Es können aber keine Flugzeuge abgefangen werden, die sich im internationalen Luftraum bewegen. Dieser gehört nun einmal nicht der NATO, auch wenn es der Autor „flx“ in dieser offenbar gekürzten dpa-Meldung mal wieder so aussehen lässt. Etwas genauer steht die gleiche Meldung hier. Dort ist zu lesen, dass die russische Maschine im Überwachungsgebiet der Nato nahe dem Baltikum unterwegs gewesen sei. Konkret wird auch noch der Satz gebracht: „Russische Flugzeuge kontrolliert die Nato regelmäßig im internationalen Flugraum.“ Dieser fehlt bei der gekürzten Meldung auf Spiegel Online. Warum wohl? Weil die komplette Meldung einen Sachverhalt deutlich macht, der die Frage aufwirft, mit welcher Berechtigung die NATO Bereiche kontrolliert, die nicht zum eigenen Bündnisgebiet gehören.

  14. Das Letzte: Untersuchung der Stiftung Warentest: Wie Sie legal an gute Putzhilfen kommen
    Reinigungskräfte für Privathaushalte sind oft schwer zu finden – und arbeiten meist ohne Rechnung. Abhilfe könnten Putzdienstportale im Internet bringen. Doch auch dort sollte man als Kunde vorsichtig sein.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung JK: Das ist “markkonforme” Demokratie. Die Stiftung Warentest testet Portale zur Vermittlung von billigen Putzhilfen. Gut, dass die Durchsetzung der neoliberalen Agenda ein genügend großes Reservoir an Menschen geschaffen hat, die in prekären Lebensverhältnissen leben und die auf derartige Jobs angewiesen sind. Der Gipfel des Zynismus, der augenzwinkernde Hinweis im Text, bei der Beschäftigung einer Putzhilfe solle man darauf achten, dass diese doch “auch angemeldet und versichert” ist.


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