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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 8. November 2018 um 8:35 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Wirtschaftsweise wollen soziale Spaltung vertiefen
  2. “Wir müssen uns jetzt langfristig auf Trump einstellen”
  3. Too Big to Jail
  4. Sozialdemokrat und Wirtschaftsfreund: Olaf Scholz bremst EU-Digitalsteuer
  5. Scholz streicht Milliarden: Groko verschiebt Ausbau von Ganztagsschulen
  6. Für ein Grundeinkommensjahr!
  7. Weiter auf dem Weg der Polarisierung: Von dauerhafter Armut und verfestigtem Reichtum. Befunde aus dem WSI-Verteilungsbericht 2018
  8. Eine gute Rente ist finanzierbar
  9. Jobwunder? Nein, die Agenda 2010 hat keine Arbeit geschaffen…
  10. Ausgerechnet Schwedens Notenbank wird zur Kämpferin für das Bargeld
  11. Die nukleare Frage
  12. Der Fall Skripal: Ein perfektes Alibi?
  13. Stieg Larssons Vermächtnis – umfangreiche Recherchen zum Mord an Olof Palme
  14. Flüchtlinge nicht Ursache für Rechtsruck, sondern Medien
  15. Stell dir vor, es ist Wahlkampf und keiner merkt‘s

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Wirtschaftsweise wollen soziale Spaltung vertiefen
    „Die Forderungen der Wirtschaftsweisen im aktuellen Jahresgutachten lassen sich allesamt auf einen Nenner bringen: Unternehmen entlasten, soziale Spaltung vertiefen. Diese Vorschläge sind absurd, sie gefährden den sozialen Zusammenhalt und damit auch den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Mittel für den Sachverständigenrat Wirtschaft sind reine Steuerverschwendung“, kommentiert Klaus Ernst, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, das Jahresgutachten des Sachverständigenrats Wirtschaft. Ernst weiter: „Mit ihrer Ablehnung einer lenkenden Industriepolitik verkennen die Mitglieder des Sachverständigenrats Wirtschaft, Peter Bofinger ausgenommen, dass wirtschaftlich erfolgreiche Länder wie China, Japan oder die USA technologischen Fortschritt durch staatliche Einflussnahme erreicht haben.
    Auch die Forderung nach einer weiteren Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ist weltfremd und geht an den Interessen der Bevölkerung vollständig vorbei. Gleiches gilt für die Kritik an den ohnehin unzureichenden bereits realisierten oder geplanten Reformen zur Einschränkung von Leiharbeit, Kettenbefristungen und sachgrundlosen Befristungen. Leidtragende solcher Vorschläge sind die, die in besonderem Maße auf staatlichen Schutz angewiesen sind. Der Traum von einer Bürgerpauschale, die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung vom Einkommen entkoppelt, sowie das Ansinnen, Fahrverbote durch eine Städte-Maut zu ersetzen, schaden ebenfalls Menschen mit niedrigen Einkommen und erhöhen die soziale Spaltung. Der Sachverständigenrat empfiehlt weiterhin, den Ausbau der digitalen Infrastruktur ‚technologieneutral‘ zu gestalten, den flächendeckenden Aufbau eines Glasfasernetzes zu überdenken und die Netzneutralität zu lockern. Auch dies geht auf Kosten der ohnehin abgehängten ländlichen Räume. Der verstärkte internationale Steuerwettbewerb sorgt für weitere Steuerausfälle und trifft abermals diejenigen, die auf eine gute öffentliche Ausstattung angewiesen sind.
    Unter dem Strich ist das Gutachten völlig unbrauchbar, der Erkenntnisgewinn ist minimal, und die avisierten Ziele sind gänzlich unsozial.“
    Quelle: Die Linke. im Bundestag

    Anmerkung JK: Im Hinblick auf China und Japan hat Klaus Ernst absolut recht. Dort wurde oder wird durch den Staat gezielt Industriepolitik betrieben. Chinesische Firmenaufkäufe im Westen werden massiv durch staatliche Kredite gestützt. Es ist fast schon trivial, in diesem Zusammenhang wieder einmal darauf hinzuweisen, dass die mächtigste Wirtschaftsnation während der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts, England, geradezu idealtypisch protektionistische Handelspolitik betrieben hat. Das Fazit ist völlig korrekt: Für diesen neoliberalen Schwachsinn auch noch Steuergelder zu verschwenden ist absurd.

    dazu: Sachverständige lenken Deutschland aufs Abstellgleis: DGB kritisiert Gutachten der Wirtschaftsweisen
    Auf deutliche Kritik des Deutschen Gewerkschaftsbunds stößt das neue Jahresgutachten des Sachverständigenrats (SVR). „Wer die wirtschaftspolitischen Weichen in diese Richtung stellt, lenkt das Land aufs Abstellgleis“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell am Mittwoch in Berlin.
    Die steuerpolitischen Empfehlungen des SVR weisen laut Körzell in die falsche Richtung: „Wenn der Rat bei der Unternehmensbesteuerung empfiehlt, den von den USA angefachten Steuerwettbewerb mitzumachen, wäre das ein Einstieg in den Wettlauf nach unten. Die Konzerne würden letztlich noch weniger zum Gemeinwohl und zur öffentlichen Infrastruktur beitragen. Schon an diesem Punkt zeigt sich, wie wichtig das Sondervotum von zumindest einem Wirtschaftsweisen ist – und es ist gut, dass Peter Bofinger hier widerspricht.“
    Quelle: DGB

    Anmerkung André Tautenhahn: Wenn Trump die Steuern für Unternehmen senkt, die einen positiven Finanzierungssaldo haben, ist das kaum zu verstehen aber dennoch eine andere Sache als das, was der Sachverständigenrat in Form der Nachahmung der Bundesregierung empfiehlt. Wenn Deutschland Steuern für Unternehmen senken soll, die ebenfalls Überschüsse angehäuft haben, ist das noch absurder. Denn Trump erhöht die Staatsverschuldung seines Landes permanent, die Bundesregierung predigt hingegen die Schwarze Null und tut alles für eine Begrenzung der Neuverschuldung. Wie soll das also funktionieren, was der Sachverständigenrat da vorschlägt? Das ginge ja nur, wenn das Ausland bereit ist, noch mehr Schulden zu machen und gleichzeitig Peter Altmaier und Olaf Scholz zu ertragen, die dem Ausland oberlehrerhaft vorwerfen, immer wieder zu hohe Defizite einzugehen.

  2. “Wir müssen uns jetzt langfristig auf Trump einstellen”
    Die Midterm-Wahlen werden Folgen auch für Deutschland haben, sagt der Politikwissenschaftler Christian Hacke: Trump hat Rückenwind, Deutschland muss seinen Kurs überdenken. Nach der Wahlnacht in den USA wird viel darüber gesprochen, dass die Demokraten das Repräsentantenhaus erobert haben. Politikwissenschaftler und USA-Experte Christian Hacke findet im Interview an der Wahl andere Aspekte viel bemerkenswerter und fordert Konsequenzen in der deutschen Außenpolitik. […]
    Der Verlust des Repräsentantenhauses war eingepreist?
    Völlig, das ist keine Überraschung. Der Sieg im Senat ist das entscheidende, und es ist ein satter Sieg, mit dem so nicht zu rechnen war. Er sendet ein erhebliches positives Signal für Trump und die Republikaner aus. Es ist ein Zeichen, dass wir uns langfristig auf Trump einstellen müssen. […]
    Hat Außenpolitik bei den US-Wählern irgendeine Rolle gespielt?
    Entscheidend war die Wirtschaft, und da ist Trumps protektionistischer Kurs mit den Maßnahmen gegen China bei vielen Wählern gut angekommen. Es gibt Untersuchungen, dass 800.000 neue Arbeitsplätze für Schwarze entstanden sind. So fragwürdig die Außenpolitik und die “Fake diplomacy” mit Scheinlösungen mit Nordkorea ist: Die meisten Wähler haben da die Feinheiten nicht wahrgenommen, bei denen bleibt hängen, dass er etwas bewegt hat und gesprochen wird statt gebombt.
    Quelle: T-Online

    dazu: Josef Braml über die Midterms: “Diese Welle trägt Trump zur Wiederwahl”
    n-tv.de: Was ist Ihr Fazit nach den Zwischenwahlen in den USA?
    Josef Braml: Die “blaue Welle” der Demokraten wird Donald Trump in zwei Jahren zur Wiederwahl tragen. Dank der leichten demokratischen Brandung bei den Kongresswahlen – denn mehr war es nicht – kann er in zwei Jahren wieder ins Weiße Haus surfen.
    Sie sehen Trump durch den Ausgang dieser Wahl gestärkt?
    Oh ja. Die große Gefahr ist nur, dass die deutsche und europäische Politik die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus zum Anlass nimmt, weiter davon zu träumen, dass die innere Gewaltenkontrolle in den USA das Problem für uns lösen wird und Trump eine Episode bleibt, die nach vier Jahren vorbei ist. […]
    Sie erwarten, dass die USA den Iran angreifen?
    Ich gehe davon aus, dass es passiert. Umso schneller, wenn Sonderermittler Mueller Material ans Tageslicht befördert, das Trump schadet. Dann könnte der versuchen, mit einem außenpolitischen Scharmützel dafür zu sorgen, dass die Abgeordneten und Senatoren sich hinter dem Oberbefehlshaber versammeln. Mueller, der Hoffnungsträger für viele, könnte Auslöser einer gefährlichen Dynamik werden.
    Quelle: n-tv

  3. Too Big to Jail
    Die Aktienanteile steigen: Der Finanzgigant Blackrock drängt auf den lukrativen Wohnungsmarkt und hat mit Deutschlandchef Friedrich Merz einen mächtigen Verbündeten an seiner Seite. Für Mieter, insbesondere von Vonovia und Co., ist das eine weitere Hiobsbotschaft.
    Es sind Summen, die jedes Vorstellungsvermögen übersteigen. Mit 6,3 Billionen US-Dollar verwaltet der weltweit aktive Finanzdienstleister Blackrock ein Vermögen, das fast doppelt so groß ist wie das deutsche Bruttoinlandsprodukt (3,685 Billionen US-Dollar). Wäre Blackrock ein Land, wäre es nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft des Planeten – und das, obwohl das Unternehmen erst 1988 gegründet worden ist.
    So viel Kapital hat Gewicht: Rund um den Globus schätzen nicht nur Privatkunden, sondern auch Regierungen die Beratungsleistungen des Vermögensverwalters. Dabei könnten die Drähte bald noch kürzer werden. Mit Friedrich Merz bewirbt sich nun der Aufsichtsratschef von Blackrock Deutschland um den Vorsitz der CDU, und eines Tages womöglich um die Kanzlerschaft. Vergangene Woche bekundete der Politik-Rückkehrer, der einst ankündigte, nicht in die Politik zurückkehren zu wollen, er sehe hier “keinerlei Konfliktlage”.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  4. Sozialdemokrat und Wirtschaftsfreund: Olaf Scholz bremst EU-Digitalsteuer
    Bundesfinanzminister Olaf Scholz torpediert in Brüssel die Pläne für eine faire Besteuerung der Internetkonzerne. Sein Argument: Das könnte der Wirtschaft schaden. Der Sozialdemokrat könnte der Digitalsteuer damit den Todesstoß versetzt haben.
    Seit Monaten ringen die EU-Staaten um eine gemeinsame Position zu einer Digitalsteuer für große Tech-Konzerne wie Google und Facebook. Doch Deutschland torpediert eine Lösung. Bei einer Ratssitzung in Brüssel erteilte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) heute dem Drängen einiger EU-Staaten auf eine Einigung bis Jahresende eine Absage. Es solle nur dann eine EU-Digitalsteuer geben, wenn bis Sommer 2020 keine Lösung mit den USA und anderen Industriestaaten der OECD erreicht werde.
    Quelle: netzpolitik.org
  5. Scholz streicht Milliarden: Groko verschiebt Ausbau von Ganztagsschulen
    Union und SPD verschieben eines ihrer zentralen Projekte aus dem Koalitionsvertrag: den Ausbau von Ganztagsschulen und der Hortbetreuung für Grundschüler. Nach Informationen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND) hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die eigentlich für dieses Programm eingeplanten zwei Milliarden Euro wieder aus der Haushaltsplanung für 2019 gestrichen.
    Der Betrag war in dem im Sommer von Bundeskabinett beschlossenen Etatentwurf noch in Form einer „globalen Mehrausgabe“ vorgesehen. Dieser Posten ist in der Fassung, die bei der sogenannten Bereinigungssitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses am Donnerstag beschlossen werden soll, nicht mehr enthalten. […]
    Der Spielraum für andere Ausgaben steigt entsprechend. Scholz hatte bereits angekündigt, mehr Geld für die Entwicklungshilfe und die Verteidigung bereit zu stellen. Das ergibt sich auch aus seiner Vorlage für die Bereinigungssitzung im Bundestag, die dem RND vorliegt. Danach soll das Entwicklungsministerium 260 Millionen Euro mehr bekommen als ursprünglich geplant, für das Verteidigungsministerium ist für das nächste Jahr ein Plus von 320 Millionen Euro vorgesehen.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung André Tautenhahn: Mehr Geld für Rüstung und dafür weniger Mittel für Bildung. Ob das die klaren Ziele und Botschaften sind, von denen die SPD-Führungsspitze zu Beginn der Woche gesprochen hat?

  6. Für ein Grundeinkommensjahr!
    Die Debatte über das Grundeinkommen ist richtig. Umbrüche in der Arbeitswelt, die Digitalisierung, die Arbeitsverdichtung, die Sehnsucht nach einer neuen Balance von Arbeit und Freizeit heizen diese Diskussion an. Die SPD muss die Debatte über ein Grundeinkommen als Chance begreifen und in unserem Sinne gestalten. Ein Beitrag von Lars Klingbeil.
    Wir wollen mehr Freiheit für Beschäftigte. Mehr Erholung. Mehr Chancen auf Weiterbildung und Neuorientierung. Ich werbe deshalb für das Grundeinkommensjahr, mit der wir die Freiheit des Grundeinkommens mit der Wertschätzung für Arbeit verbinden können.
    So funktioniert das Grundeinkommensjahr: Jeder soll für ein Jahr Arbeit den Anspruch auf einen Monat Grundeinkommen in Höhe von 1000 Euro bekommen. Wer also 6 Jahre gearbeitet hat, hat Anspruch auf ein halbes Jahr Grundeinkommen. Wer 12 Jahre gearbeitet hat, hat Anspruch auf ein ganzes Jahr Grundeinkommen. Das ist einfach. Das gilt für alle. Und es ist möglich! (…)
    In der Arbeitswelt finden schon heute massive Veränderungen statt. Früher haben Menschen von der Ausbildung bis zur Rente im selben Unternehmen die mehr oder weniger gleiche Tätigkeit ausgeübt. Solche Lebensläufe werden immer seltener. Der technologische Fortschritt wird in den nächsten 10 Jahren viele alte Berufsbilder verschwinden und neue Berufe entstehen lassen. Die Arbeit wird uns nicht ausgehen – aber sie wird anders werden.
    Berufe, die körperlich oder psychisch besonders fordernd sind, wird es auch in Zukunft noch geben: z.B. Pflegerinnen und Pfleger, Erzieherinnen und Erzieher, auch für viele Dienstleistungsberufe und manches Handwerk trifft das zu. Es gibt andere Berufe, die durch die Fortschritte im Bereich der Robotik und der künstlichen Intelligenz künftig weniger Arbeitsplätze bieten werden. Und es wird ganz neue Berufe geben, die andere Qualifikationen erfordern als bisher. Die große Aufgabe sozialdemokratischer Politik muss es sein, diese Veränderungen so zu gestalten, dass sie allen Beschäftigten nützen.
    Quelle: SPD

    Anmerkung Christian Reimann: Das soll die Kehrtwende bei den katastrophalen Umfrageergebnissen bringen? Es könnte der Eindruck entstehen, dass die von Herrn Klingbeil angestoßene Diskussion eine Schein-Debatte ist und lediglich von den eigenen Fehlern seit der Schröder-Kanzlerschaft ablenken soll. Wäre es nicht viel sinnvoller, Herr Klingbeil, Bundesminister Heil und die weitere SPD-Spitze würden für bessere Arbeitsbedingungen sorgen? Dazu könnte z.B. die Begrenzung von Leiharbeit dienen oder noch besser, sie endlich zu verbieten, wie es im Berliner Grundsatzprogramm der Partei zu lesen war?

    dazu: Einfach Kuchen essen!
    Auf die Frage des ARD-Magazins Report aus Mainz allerdings, was das Sozialministerium im Falle der ab 100 EURO Zahlungsverzug möglichen Stromsperren für Hartz IV-Empfänger und Niedriglöhner zu unternehmen gedenke, lässt der Minister allen Ernstes antworten, es läge in der Budget-Verantwortung jedes Einzelnen, wie er seine Prioritäten setze – Handlungsbedarf werde nicht gesehen.
    Da haben wir es: Der deutsche Sozialminister teilt den Humor des europäischen Adels am Vorabend der französischen Revolution. Was soll der Hartz-IV Empfänger im Rahmen seiner „Budget-Verantwortung“ tun, wenn er Strom haben will? Furchtbar einfach – auf’s Essen verzichten!
    Quelle: Makroskop

  7. Weiter auf dem Weg der Polarisierung: Von dauerhafter Armut und verfestigtem Reichtum. Befunde aus dem WSI-Verteilungsbericht 2018
    Mit Blick auf die Einkommen kann für Deutschland von einer doppelten Polarisierung gesprochen werde: Zum einen ist die Gruppe der mittleren Einkommen geschrumpft, weil der Anteil der Haushalte unter der Armutsgrenze deutlich und der über der statistischen Reichtumsgrenze etwas zugenommen hat. Zum zweiten haben sich Armut und Reichtum verfestigt. Das lässt sich daran ablesen, dass mehr Haushalte über mindestens fünf Jahre hinweg einkommensarm beziehungsweise einkommensreich sind, wobei die Tendenz bei armen Haushalten erneut deutlich ausgeprägter ist. Zudem zeigen sich wesentliche Unterschiede nach Geschlecht und Region: Dauerhafte Armut kommt in Ostdeutschland etwa sechs Mal so häufig vor wie in den alten Bundesländern. Etwa zwei Drittel der Wohlhabenden sind männlich, insgesamt leben 95 Prozent der Einkommensreichen in den alten Bundesländern. So beginnt der Artikel Einkommen in Deutschland: Verfestigung an den Rändern. Und darin findet man auch dieses wichtige Zitat: „Nicht nur geht die Einkommensschere auf, auch die Lebenswelten von Armen, Mittelschicht und Reichen fallen immer weiter auseinander.“ Das stammt von Dorothee Spannagel. Und die hat den Verteilungsbericht 2018 des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) erarbeitet:
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik

    dazu: Für Arme und Alte ist sogar am Stadtrand kein Platz mehr
    Die hohen Mieten haben vor allem sozial schwache Menschen an die Peripherie getrieben. Viele haben im Kosmosviertel eine Bleibe gefinden. Nun wird es auch hier teurer. Die Angst erneuter Verdrängung geht um. […]
    Die Kosmossiedlung liegt am äußersten Stadtrand, südöstliches Treptow, irgendwo zwischen A 113 und Flughafen Schönefeld. Ringsum breiten sich lose verstreute Wohnblocks aus, DDR-Platte, Typ WBS 70, dazwischen kleine Grünflächen und menschenleere Gehwege. Knapp 5700 Menschen leben hier, Platte an Platte, Fenster an Fenster. Manuela Preussner hält ihr Gesicht in die Sonne, sie sagt: “Es ist ein richtig schönes Paradies hier.”
    Sie war fast 40 Jahre lang Krankenpflegerin, aber nach zwei Herzinfarkten musste sie ihren Beruf aufgeben. Bis 2010 lebte sie in einem zentralen Teil Köpenicks, zwei Zimmer, 439 Euro. Dann stieg die Miete so stark, dass sie sich etwas Neues suchen musste. Die neue Wohnung hat 32 Quadratmeter, das ist deutlich weniger Platz als vorher. Manuela Preussner haderte nicht. Sie warf ihre Schlafzimmermöbel weg und richtete sich ein. Ihr gefallen die Ruhe und das viele Grün.
    Aber jetzt steigt die Miete auch hier; im März ist sie wieder erhöht worden “Auf knappe 400 Glocken. Überlegen Sie sich das mal.” Preussner fragt sich, wie lange sie noch mithalten kann. “Erstmal zahlt ja das Amt, aber irgendwann muss ich zuzahlen. Oder noch mal umziehen.”
    Im Kosmosviertel wird saniert; ein Block nach dem anderen kommt an die Reihe, danach steigen die Mieten. Doch wer eine Weile in der Siedlung unterwegs ist, merkt, dass hier mehr auf dem Spiel steht als das Schicksal der Mieter. Zusammen mit den Mieten wächst die soziale Ungleichheit. Die Dynamik auf dem Mietmarkt hat in den vergangenen Jahren vor allem die unteren Schichten an die Peripherie getrieben. Für die Menschen im Kosmosviertel gibt es nun in Berlin keine Orte mehr, an die sie noch ausweichen können.
    Quelle: Story Berliner Zeitung

  8. Eine gute Rente ist finanzierbar
    Die jüngst veröffentlichten Zahlen zur voraussichtlichen Rentenerhöhung 2019 und zur Finanzsituation der gesetzlichen Rentenversicherung zeigen klar und deutlich: Wir können uns eine gute Rente leisten“, erklärt Matthias W. Birkwald. Der rentenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE weiter: „Im Unterschied zur gefloppten Riesterrente entwickeln sich die gesetzliche Rente und auch die Rentenkasse aktuell stabil.
    Nie war die Zeit für eine Wiederanhebung des Rentenniveaus auf lebensstandardsichernde 53 Prozent und eine armutsfeste Erwerbsminderungsrente reifer als heute. Der Rentenbeitragssatz ist heute auf dem niedrigsten Stand seit 22 Jahren. Eine moderate jährliche Beitragserhöhung würde zusammen mit einer Überführung der unsinnigen Riesterförderung in die Rentenkasse deutliche finanzielle Spielräume für eine solche große Rentenreform eröffnen.
    Wenn jetzt FDP und Arbeitgeber eine Beitragssatzsenkung fordern, zeigen sie nur, dass ihnen die Zukunftsperspektiven der älteren und der jüngeren Generation völlig egal sind. Denn ein sicheres Rentenniveau ist besonders für all diejenigen wichtig, die 2040, 2050 oder 2060 in Rente gehen werden.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  9. Jobwunder? Nein, die Agenda 2010 hat keine Arbeit geschaffen…
    Die rot-grüne »Agenda 2010« der Regierung Schröder habe Arbeit geschaffen, so der Tenor vieler Medienberichte zu den jüngst veröffentlichten Beschäftigungszahlen des Statistischen Bundesamts. Doch davon kann keine Rede sein. […]
    Dass die Zahl der Arbeitslosen gesunken ist, lässt sich in der Tat nicht leugnen – genauso wenig wie der Umstand, dass die Zahl der Erwerbstätigen und der abhängig Beschäftigten seit Mitte der 2000er angestiegen ist. Nun mag man argumentieren, dass die Realität aber ganz anders aussehe, weil diese günstige Entwicklung am Arbeitsmarkt durch Niedriglöhne und prekäre Beschäftigung »erkauft« worden und daher ganz und gar nicht positiv zu beurteilen sei. Gänzlich falsch wäre eine solche Kritik nicht.
    Und doch ist eine solche Kritik an den unsozialen Folgen der Agenda 2010 aus mindestens drei Gründen unvollständig, wenn nicht fragwürdig. Erstens, weil der Trend zur prekären und atypischen Beschäftigung schon vor der Agenda 2010 einsetzte, sie diesen also »nur« fortsetzte oder verstärkte. Zweitens, weil man mit einer solchen Kritik Gefahr läuft, die zentrale Grundannahme von Schröder & Co. zu übernehmen und zu akzeptieren – dass nämlich Arbeit prekärer werden müsse, damit überhaupt neue Arbeit entstehen könne. Heiner Flassbeck hat zur Genüge und schon sehr früh begründet, warum diese Argumentation Humbug ist, vor einiger Zeit auch Michael Wendl hier auf Blickpunkt WiSo. Drittens ist eine solche Kritik an den unsozialen Folgen der Agenda 2010 schlicht deshalb unvollständig bzw. fragwürdig, weil sie unterstellt, die Agenda 2010 habe tatsächlich Arbeit geschaffen. Genau das hat sie aber eben nicht. […]
    Entscheidend ist vielmehr die Entwicklung der Zahl der gearbeiteten Stunden. Betrachtet man diese, so stellt man leicht fest: Ein nennenswerter Teil der »guten« Entwicklung bei den Arbeitsplätzen ist darauf zurückzuführen, dass Arbeit schlicht auf mehr Köpfe verteilt wurde.
    Quelle: Blickpunkt WiSo
  10. Ausgerechnet Schwedens Notenbank wird zur Kämpferin für das Bargeld
    Schweden ist nicht nur das Land, in dem die Verdrängung des Bargelds am weitesten fortgeschritten ist – unter langjähriger tätiger Mithilfe der Notenbank. Es ist auch das Land, in dem sich die Nachteile dieser Entwicklung bereits am deutlichsten zeigen. Deswegen plädiert die Schwedische Reichsbank nun für ein scharfes Gesetz, um die Banken zu zwingen, die Bargeldversorgung aufrecht zu erhalten. […]
    Nicht von ungefähr haben sich Kämpfer gegen das Bargeld das gut beleumundete Schweden als Speerspitze ihres Kampfes ausgesucht. Das könnte jetzt wieder so sein. Schweden könnte mit einem digitalen Zentralbankgeld, das sogar ein klein bisschen Privatsphäre (für kleine Zahlungen) ermöglichen soll, zeigen, dass man Bargeld nicht mehr braucht. Wenn es dann in Schweden und anderswo beseitigt ist, lässt sich das bisschen Privatsphäre, das man anfangs gewährt, leicht beseitigen. Die anderen Zentralbanken, die laut über die Einführung von E-Zentralbankgeld nachdenken, haben bereits klar gemacht, dass sie gar nicht daran denken, anonyme Zahlungen damit zu ermöglichen.
    Die ganze Aktion könnte also auch ein raffinierter Trick sein, bei dem die Reichsbank sich als Anwältin des Rechts auf Bargeld geriert, nur um es umso reibungsloser beseitigen zu können, mit dem Ziel, die Totalüberwachung der Bürger zu perfektionieren – erst in Schweden, dann weltweit.
    Quelle: Norbert Häring

    dazu: E-Geld für alle!
    Die Bargeldnutzung ist stark rückläufig. Bereits heute beträgt der Anteil des Bargelds an den gesamten Ausgaben der privaten Haushalte in Deutschland nur noch etwa 18 Prozent. Länder wie Schweden oder Estland sind auf dem Weg zur bargeldlosen Wirtschaft. Die schwedische Riksbank oder die estnische Zentralbank prüfen daher die Ausgabe von digitalem Zentralbankgeld und erforschen entsprechende Technologien. Tatsächlich birgt die Verdrängung des Bargelds enorme Risiken: Ohne Konkurrenz durch staatliches Bargeld könnten monopolistische Finanzdienstleister versuchen, ihre Rendite über exzessive Gebührenerhöhungen zu steigern. Im Extremfall einer gänzlichen Abschaffung des Bargelds wären sogar Negativzinsen auf Konten der Massenkunden denkbar. Zudem hinterlassen wir beim bargeldlosen Bezahlen elektronische Datenspuren, die für die Anbieter und das kontoführende Kreditinstitut jederzeit nachvollziehbar sind.
    Krypto-Token, die wie Bitcoin anonyme Transaktionen ermöglichen, sind jedoch keine Alternative zu staatlichen Währungen. Sie erfüllen zentrale Funktionen von Geld, wie Wertstabilität und niedrige Transaktionskosten, nicht. Als private Währungen sind sie vielmehr Spekulationsobjekte. Bitcoins werden durch die Teilnehmer über dezentrale Rechner bei enormen Stromverbrauch privat geschöpft (mining). Aufgrund des begrenzten Angebots sind sie ebenso anfällig für extreme Kurschwankungen wie niederländische Tulpen im 16. Jahrhundert.
    Zentralbanken sind daher gefordert, ein zukunftsfestes gesetzliches Zahlungsmittel für das digitale Zeitalter zu etablieren. Die einfachste Variante wäre ein Zentralbankkonto für alle, das es Bürgerinnen und Bürgern analog zu Kreditinstituten ermöglicht, Guthaben bei der Zentralbank zu halten. Die Einlagen des Publikums bei der Zentralbank (digitales Bargeld bzw. E-Euro) wären wie Bargeld staatlich garantiert und im Unterschied zum „privaten“ Giralgeld der Banken sicheres Geld. Dagegen sprechen weder technische noch rechtliche Gründe. Das Bundesbankgesetz erlaubt der Notenbank gewisse „Geschäfte mit jedermann“ (§22 BbankG), darunter die Annahme von „Giroeinlagen und anderen Einlagen“ (§ 19 (2) BbankG).
    Quelle: Tagesspiegel Causa

  11. Die nukleare Frage
    Die politischen und militärischen Eliten der Bundesrepublik sollen sich offensiver für nukleare Aufrüstung aussprechen und eine “Europäisierung” des französischen Atomwaffenarsenals vorantreiben. Dies fordern Autoren der führenden Zeitschrift der deutschen Außenpolitik. Hintergrund sind einerseits die zunehmenden Machtkämpfe mit den USA, die Politikern aus Deutschland und anderen EU-Staaten einen willkommenen Anlass bieten, die angebliche Notwendigkeit eines “europäischen Nuklearschirms” zu postulieren. Zuletzt ist dazu mehrmals eine “deutsche Bombe” gefordert worden. Einflussreiche Außenpolitikexperten nutzen dies nun, um das Plädoyer für die “europäische” Nutzung des französischen Nuklearpotenzials als vermeintlich gemäßigte Forderung zu präsentieren. So heißt es etwa, Frankreich könne die EU-Beistandsklausel im Sinne einer Nukleargarantie interpretieren und zur Bekräftigung französische Kampfjets auf Stützpunkten östlicher EU-Länder stationieren. Zugleich rechnen Experten damit, dass der Atomwaffenverbotsvertrag Berlin unter Legitimationsdruck setzt. (…)
    Konkrete Optionen listet nun die Zeitschrift “Internationale Politik” auf. Wie Bruno Tertrais, stellvertretender Direktor der Pariser Fondation pour la Recherche Stratégique, in der aktuellen Ausgabe des Blattes schreibt, werde Frankreich definitiv “keine gemeinsamen europäischen Nuklearstreitkräfte unter Führung der EU” zulassen.[9] Auch sei es vollkommen “unrealistisch”, “dass die europäischen Partner die französischen Streitkräfte mitfinanzieren” – und dafür “im Gegenzug ein Mitspracherecht in der französischen Sicherheitspolitik bekommen”. Denkbar sei allerdings, dass Paris die Beistandsklausel der EU im Sinne einer nuklearen Schutzgarantie interpretiere und, um das zu unterstreichen, zum Beispiel Kampfflugzeuge auf Stützpunkten der EU-Verbündeten rotierend stationiere. Sollten die Vereinigten Staaten wider Erwarten ihre Atomwaffen aus Europa abziehen, seien noch weiter reichende Schritte möglich, urteilt Tertrais. Zum Beispiel könnte Paris dann “einen Teil seines Arsenals (beispielsweise zehn Raketen) in Deutschland oder Polen stationieren”. Vorstellbar sei zudem eine Verpflichtung der Nicht-Atommächte, “sich mit konventionellen Mitteln an einem Atomschlag zu beteiligen”.
    Quelle: German Foreign Policy
  12. Der Fall Skripal: Ein perfektes Alibi?
    Stellen Sie sich einen Mordfall vor, bei dem ein Verdächtiger zur Tatzeit ein einwandfreies Alibi hat. Es belegt zweifelsfrei, dass er nicht am Tatort gewesen sein kann. Er würde nach Prüfung des Alibis unmittelbar von der Liste der Verdächtigen gestrichen. Im Fall Skripal deuten alle von der britischen Polizei bisher vorgelegten Fakten darauf hin, dass die beiden verdächtigten Russen Ruslan Boschirow und Alexander Petrow ein einwandfreies Alibi haben. Erstaunlicherweise wird dies weder offiziell bemerkt und kommentiert, noch die Namen Boschirow und Petrow von der Liste der Verdächtigen gestrichen. […]
    Folgt man diesen offiziellen Angaben, so kann die Tatzeit der Vergiftung an der Haustür eigentlich nur vor 9.15 Uhr gewesen sein, als sie zum letzten Mal das Haus verlassen haben. Betrachtet man nun die offiziellen Angaben der britischen Polizei im Hinblick auf den Tagesablauf der Verdächtigen, so erreichen Ruslan Boschirow und Alexander Petrow den Bahnhof von Salisbury, dem Wohnort von Sergei Skripal, um 11.48 Uhr.
    Es bedarf nicht wirklich der Gedankenschärfe eines Sherlock Holmes, um daraus zu schließen, dass die beiden Verdächtigen schlicht zur Tatzeit, also vor 9.15 Uhr, nicht am Tatort gewesen sein können. Unabhängig davon, dass sie sich um 11.58 Uhr in einer Entfernung von rund sechs Minuten von Skripals Haus befanden.
    Quelle: Telepolis
  13. Stieg Larssons Vermächtnis – umfangreiche Recherchen zum Mord an Olof Palme
    In Schweden erscheint in dieser Woche ein Buch, das brisantes Material enthält. Es sind Recherchen des Bestseller-Autors Stieg Larsson. Kurz vor seinem Tod verfolgt er Spuren, die helfen könnten, den Mord an dem schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme aufzuklären. Per Zufall entdeckt 2014 der schwedische Journalist Jan Stocklassa das unglaubliche Archiv. “Stieg Larssons Erbe” (Europa Verlag) heißt sein Buch, in dem er sich nicht nur in die Welt von Stieg Larsson begibt, sondern auch dessen Recherchen fortführt. (…)
    28. Februar 1986. Olof Palme wird nach einem Kinobesuch in Stockholm auf offener Straße erschossen. Polizeischutz hat er keinen. Der Täter entkommt. Für die Schweden ist dieser Mord ein Trauma – bis heute. Der Journalist Jan Stocklassa hat jetzt herausgefunden, wie sehr dieses Verbrechen – passiert mitten im Zentrum der Stadt – auch den Bestseller-Autor Stieg Larsson beschäftigt hat. Gleich an dem Tag nach dem Mord ist er hier her gekommen und hat sich für den Fall interessiert. Per Zufall stößt Jan Stocklassa auf die Recherchen von Stieg Larsson, in einem Lagerraum am Rande von Stockholm findet er unzählige Dokumente, Notizen, Hinweise – ein große angelegte Recherche. Stieg Larssons Vermächtnis. Aus den Notizen geht er hervor: Stieg Larsson verfolgte konkrete Hinweise, die belegen, dass schwedische Rechtsextremisten am Palme-Mord beteiligt sind.
    Quelle: ttt
  14. Flüchtlinge nicht Ursache für Rechtsruck, sondern Medien
    In weiten Teilen Europas verzeichnen rechtspopulistische Parteien seit einigen Jahren Wahlerfolge. Als Grund wird häufig der Zuzug von Flüchtlingen genannt. Eine Studie von Forschern der TU Dresden kommt zu einem anderen Ergebnis: Medien sorgen für stärkeres Augenmerk auf Einwanderung. […]
    Neben Deutschland untersuchte das 14-köpfige Forscherteam acht weitere Staaten, darunter Italien, Großbritannien, Österreich, Polen, Ungarn, Tschechien und die Niederlande. In Schweden ist nach Ansicht der Studie unter anderem ein „Wohlstandschauvinismus“ ursächlich für den Erfolg der Rechtspopulisten. Grundlage der Studie waren unter anderem bereits veröffentlichte Untersuchungen zu einzelnen Aspekten.
    Oftmals seien es „eher kulturelle Konflikte wie unterschiedliche Vorstellungen von Identität, Zugehörigkeit und Fremdheit“, die Rechtspopulisten begünstigen, sagte Vorländer. Dabei spielten auch Vorbehalte gegenüber dem Islam eine Rolle. Die kulturelle Konfliktlinie zwischen ethnozentrisch-nationalen und liberal-kosmopolitischen Werten werde aber in einigen Ländern West- und Nordeuropas durch ökonomische Abstiegs- und Verlustängste überlagert.
    „Viele der heute aufbrechenden Konflikte waren schon da, fanden aber noch keine Artikulation“, unterstrich Vorländer. Die Studie zeige auch, dass der starke Anstieg der Zahl ein- und durchreisender Flüchtlinge und Migranten nur anfänglich entscheidend für die Mobilisierung einer rechtspopulistischen Anhängerschaft gewesen ist. Heute profitierten rechtspopulistische Parteien vor allem von der nach wie vor großen Bedeutung des Themas Migration in der Öffentlichkeit. Diese stehe nicht mehr in direktem Zusammenhang zu der Zahl der ankommenden Asylsuchenden, sondern werde „durch starke Medialisierung und gezielte Politisierung beeinflusst“, sagte Vorländer: „Die Frage der Migration ist wichtig, aber nicht Mutter aller Probleme.“
    Quelle: Migazin
  15. Stell dir vor, es ist Wahlkampf und keiner merkt‘s
    Der gute, alte Wahlkampf der Sozis – gar nicht so schlecht, aber aus der Zeit gefallen
    Als dann klar war, dass die Sozis in Bayern und Hessen jeweils ihr schlechtestes Ergebnis aller Zeiten abgeliefert haben, gab es unter den Wahlkämpfern zunächst Ernüchterung, die dann von Trotz abgelöst wurde: Denn eigentlich, so sagten sie, hätten sie einen guten Wahlkampf abgeliefert, die richtigen Themen angesprochen und überhaupt hätten sie viel positives Feedback erhalten. In dieser Beziehung hätten sie sich nun wirklich nichts vorzuwerfen. Man darf den Wahlkämpfern beider Landesverbände durchaus beipflichten. Die Themen stimmten schon, der ursprüngliche Markenkern der Sozialdemokratie wurde auf Plakate gedruckt und in Reden gestanzt. Nach Wahlkampfaspekten war das genau richtig. Das Ding ist nur: Wahlkampf – das ist leider eine altmodische Sache, ein alle Jahre auftretender Atavismus aus Zeiten, da Bürgerinnen und Bürger noch aus dem öffentlichen Raum heraus mobilisiert werden mussten.
    Quelle: Heppenheimer Hiob


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