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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 19. November 2018 um 8:27 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. UN-Migrationspakt verwaltet weltweite Ungleichheit
  2. DGB-Chef Hoffmann lehnt Grünen-Pläne für Hartz IV ab
  3. Mehr Merz wagen
  4. Warum Eliten für Ungerechtigkeit sorgen
  5. Steuerraub stoppen! Olaf, hol die Cum-Ex-Milliarden zurück!
  6. “Grundsicherung” statt Hartz IV
  7. Die dunkle Seite von Amazon
  8. Rente
  9. Studie: Risiko von Braunkohle-Folgeschäden lastet auf Steuerzahlern
  10. Wessen Europa?
  11. Autolobby und Fahrverbote
  12. Eurozonenbudget ist Luftnummer
  13. Scholz will Soldaten länger dienen lassen
  14. Hannibals Schattenarmee
  15. Neuer Verfassungsschutzchef fordert Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation
  16. USA planten geheime Anklage gegen Julian Assange
  17. CIA macht saudischen Kronprinzen für Khashoggi-Mord verantwortlich
  18. Brillanter Denker und Aktivist – Noam Chomsky wird 90

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. UN-Migrationspakt verwaltet weltweite Ungleichheit
    Ursachen der Migration wie ungleiche Entwicklung, Kriege und Vertreibungen werden nicht thematisiert
    Der für den 10. Dezember 2018 vorgesehene Festakt im marokkanischen Marrakesch sollte ungetrübt über die Bühne gehen. Den Text des “Globalen Pakts für eine sichere, geordnete und reguläre Migration”, der seit 30. Juli vorliegt, hatte außer den ihn erstellenden Schreibern bis vor kurzem kaum jemand gelesen. Als es dann doch einige taten, kam Unruhe in die Staatenwelt. Immer mehr Länder springen ab. Ihre Gründe mögen fragwürdig bis inakzeptabel sein, der UN-Migrationspakt ist es jedenfalls auch.
    Beginnen wir mit dem Bild der Migration, wie es dem Pakt zugrunde liegt. Dort heißt es: “Wir anerkennen, dass Migration eine Quelle von Wohlstand, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung in unserer globalisierten Welt ist” (Punkt 8). Die Wirklichkeit spiegelt sich in dieser Definition nicht wieder. Migration mag zwar für einige (Kapital)Gruppen, die sich der Ausbeutung von MigrantInnen bedienen können, eine Quelle des Wohlstandes sein, für die absolute Mehrheit der MigrantInnen – ob durch Kriege oder ökonomische Krisen zur Wanderung in fremde Länder getrieben – stimmt diese Wahrnehmung ebenso wenig wie für die Ansässigen in den Zielländern der Massenwanderungen. Der gehobene Mittelstand mag da und dort von billigen Putzkräften und Altenpflegerinnen profitieren, die weniger Betuchten spüren die Konkurrenz am Arbeits- und Wohnungsmarkt.
    Um es klar zu machen: Migration ist Ausdruck zunehmender regionaler Disparitäten und sozialer Ungleichheiten. Der Ökonom Branko Milanovic hat diese für jeden Beobachter erkennbare Schieflage in Zahlen gegossen. Demnach ist das hauptsächliche Verteilungsproblem zwischen Arm und Reich zunehmend dem Faktor Ort gegenüber dem Faktor Klasse zuzuschreiben, in anderen Worten: Es ist entscheidender geworden, wo man geboren wird, als in welcher Schicht man aufwächst. Einkommensdifferenzen von 1:50 (im weltweiten Vergleich) oder 1:8 (innerhalb der EU, z.B. zwischen Bulgarien und Deutschland) sind die entscheidenden Triebkräfte für Wanderungsbewegungen.
    Quelle: Hannes Hofbauer auf Telepolis
  2. DGB-Chef Hoffmann lehnt Grünen-Pläne für Hartz IV ab
    Herr Hoffmann, in aller Kürze: War Hartz IV eher Fluch oder eher Segen für den Arbeitsmarkt?
    Reiner Hoffmann: Beides. […]
    Welcher Teil von Hartz IV muss bleiben?
    Einige Punkte waren sinnvoll, zum Beispiel die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld.
    Die Grünen wollen das Hartz-System reformieren, indem sie Arbeitslose nicht mehr zwingen wollen, Arbeit aufzunehmen. Kann das gut gehen?
    Das ist keine gute Idee. Erwerbsarbeit ist mehr als nur Broterwerb. Arbeit ist Teilhabe und wichtig für den sozialen Zusammenhalt. Die Grünen wollen Menschen eine staatliche Leistung zahlen – ohne Bedingungen und ohne Perspektive für den Arbeitsmarkt. Das wollen die meisten gar nicht. Wir sollten Menschen nicht ausmustern. Ich bin gegen jede Form von Stilllegungsprämien – wie immer man sie nennt.
    Quelle: WAZ

    Anmerkung Jascha Jaworski: Reiner Hoffmann rechtfertigt hier nicht nur die Streichung der Arbeitslosenhilfe, also den Abbau sozialer Rechte der abhängig Beschäftigten, er begründet auch das wahrlich drakonische Sanktionsregime ernsthaft mit sozialem Zusammenhalt? Wie surreal geht es eigentlich noch solch einen Zusammenhang herzustellen? Haben zudem der Abbau der Leistungen bei Arbeitslosigkeit, die Verschärfung von Zumutbarkeit und Sanktionierungen die Machtverhältnisse auf “dem Arbeitsmarkt” wohl gestärkt oder geschwächt? Wessen Interessen vertritt der Mann da oben? Und wer holt ihn da weg? Welch unzivilisierte Zeiten, in denen den Menschen in einem reichen Land Wohnung und Heizung gestrichen wird, wenn sie nicht gehorchen. Erinnerung: Unter 25jährige Personen erhalten diese Totalsanktion bereits beim zweiten “Verhaltensverstoß”, da werden Wohnungslose produziert, und die am schwersten betroffene Gruppe im ALG-II sind ohnehin die alleinerziehenden Mütter! Hier wird also Kinderarmut produziert! Und der oberste Gewerkschaftsvertreter rechtfertigt sie ohne Not! Erinnert sei an die scharfe Rüge des Prüfausschusses zum UN-Sozialpakt, die erst gegen Deutschland und sein ALG-II-System ausgeteilt wurde.

    Anmerkung JK: So einen Quatsch verbreitet der DBG-Chef. Das zeigt wie weit der Herr von der Lebensrealität der Menschen entfernt ist und welche gesellschaftspolitische Rolle der DGB inzwischen hat. Welche Teilhabe vermittelt eine Arbeit bei der der Lohn nicht einmal zum reinen Lebenserhalt ausreicht? Welche Teilhabe vermitteln demütigende und erniedrigende Arbeitsbedingungen und welchen sozialen Zusammenhalt schaffen diese? Im Grunde ist Hoffmann also für den Erhalt des Hartz IV Repressionsregimes.

    Anmerkung Christian Reimann: Ist das die Einzelmeinung des Herrn Hoffmann oder Konsens innerhalb des DGB und seiner Einzel-Gewerkschaften? Oder sprach Herr Hoffmann in seiner Eigenschaft als SPD-Mitglied?

  3. Mehr Merz wagen
    Es ist jetzt genau 20 Jahre her, aber viel hat sich seitdem nicht geändert. Im Herbst 1998 regiert in Deutschland erstmals eine rot-grüne Bundesregierung. Der neue Finanzminister heißt Hans Eichel, er kommt von der SPD, und als eine der ersten Amtshandlungen beruft er einen gewissen Heribert Zitzelsberger zum Staatssekretär. Der leitet die Steuerabteilung des Chemiekonzerns Bayer. In der Regierung soll er sich um die rot-grüne Steuerreform kümmern, die unter anderem vorsieht, die Abgabenlast für Unternehmen deutlich zu senken.
    Die Unruhe in der SPD ist groß, besonders auf ihrem linken Flügel. Ausgerechnet ein Mann der Industrie soll für die sozialdemokratische Partei eine Steuerreform aushecken, die auch noch das Großkapital begünstigt. Dieses wiederum zeigt sich zufrieden. Auf der Hauptversammlung von Bayer sagt der damalige Konzernchef Manfred Schneider zu den Aktionären: “Wir haben unseren besten Steuer-Mann nach Bonn abgegeben. Ich hoffe, dass er so von Bayer infiltriert worden ist, dass er die richtigen Wege einleiten wird.”
    Ja, Schneider sagte wirklich “infiltriert”, ein Wort, das man eher aus der Welt der Geheimdienste kennt. So etwas traut sich heute, 20 Jahre später, niemand mehr, aber ansonsten ist vieles ähnlich: Ein Mann will von der Wirtschaft in die Politik wechseln, und die Öffentlichkeit reagiert darauf mit großer Skepsis. Der Mann ist Friedrich Merz, einst Hoffnungsträger der CDU, der sich 2007 im Streit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel aus der Politik zurückzog, als Partner zu einer Rechtsanwaltskanzlei wechselte und derzeit fünf Aufsichtsratsmandate hält, darunter für den Vermögensverwalter Blackrock Deutschland und die Bank HSBC Trinkaus & Burkhardt. Jetzt, da Merkel ihren Rückzug von der CDU-Spitze angekündigt hat, kehrt Merz als einer von drei Kandidaten für ihre Nachfolge zurück, es ist auch vorstellbar, dass er Kanzler wird.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Dazu: Iden des März
    Die Süddeutsche Zeitung spießt mich in einem interessanten Stück auf und behauptet mehr #Merz mehr BlackRock oder GoldmanSachs würden der Politik gut tun. Das erste Missverständnis ist ja schon, dass Leute wie Merz wegen ihres Sachverstandes angeheuert werden und somit die Politik bereichern. Die werden wegen ihres Telefonbuches aus der Wirtschaft angeheuert.
    Aber mein Problem sind gar nicht Leute aus der Wirtschaft sondern Leute aus Unternehmen, die Märkte beherrschen und Steuerzahler ausnehmen. Und würde die These stimmen, dass sich Goldman Sachs Banker mit SPD Parteibuch für besonders harte Regulierung einsetzen, warum beerdigt Finanzminister Olaf Scholz mit Goldman Staatssekretär dann die Finanztransaktionssteuer und fordert trotz Deutsche Bank Schlamassel größere Banken in Europa ?
    Quelle: Fabio De Masi via Facebook

  4. Warum Eliten für Ungerechtigkeit sorgen
    Gespräch mit dem Eliteforscher Michael Hartmann
    Die Eliten werden immer mehr zur geschlossenen Gesellschaft. Das gilt nicht nur für die Wirtschafts-, sondern zunehmend auch für die politische Elite.
    Die Thesen von Hartmann auf einen Blick:
    Die Eliten in Deutschland- seien es die politische oder wirtschaftliche Elite- schotten sich immer mehr gegenüber den realen sozialen Missständen ab. Sie treffen Entscheidungen, die nur für sie von Vorteil sind und damit befördern sie die soziale Ungerechtigkeit in Deutschland.
    Ursache für diese Entwicklung: Die Eliten werden immer homogener, das heißt, unter ihnen finden sich immer weniger Menschen aus den unteren sozialen Schichten, sondern fast nur die besserverdienende obere Schicht, die natürlich eine völlig andere Sicht auf soziale Probleme hat, wie die Kluft zwischen Arm und Reich.
    Man muss die Homogenität und Abgehobenheit der politischen Eliten, die besonders die Volksparteien betreffen, aufheben. Es wäre schon viel gewonnen, wenn man diejenigen, die in „normalen“ Positionen arbeiten, wieder für Politik begeistern könnte. Das sind Krankenschwestern, Polizisten bis hin zu Grundschullehrern – also Berufe, die nicht zum Prekariat gehören, aber eben auch keine akademischen Berufe, sondern sie gehören zum mittleren Bereich. Und gerade Menschen aus diesem Bereich würden sich aufgrund eigener Erfahrungen ganz neu für die Überwindung sozialer Ungerechtigkeiten einsetzen und damit die Parteipogramme auch ändern.
    Quelle: SWR 2

    Anmerkung Christian Reimann: Und hier können Sie das gesamte Interview nachlesen.

  5. Steuerraub stoppen! Olaf, hol die Cum-Ex-Milliarden zurück!
    Attac-Aktivisten skandalisieren Besuch von Olaf Scholz auf der Euro Finance Week (…)
    Der Finanzminister trifft sich lieber bei Sekt und Häppchen mit Vertretern der Finanzwirtschaft, statt aktiv die Verfolgung von internationalem Steuerbetrug und -vermeidung in Milliardenhöhe sowie eine Reform des Finanzsystems voranzutreiben. “Olaf Scholz besucht die Topmanager internationaler Banken, als wäre nichts geschehen. Die Bürger*innen wurden aber gerade mit Hilfe dieser Unternehmen durch Cum-Ex-Geschäfte in Höhe von bis zu 33 Milliarden Euro Steuergeld bestohlen”, stellt Alfred Eibl, Mitglied des Koordinierungskreises von Attac fest. “Statt von den Banken Schadenersatz und rigorose Aufklärung zu verlangen, gewährt der Finanzminister mit seinem Besuch politische Protektion. Jeder ehrliche Mensch muss sich damit als Trottel fühlen.” Besonders erschreckend ist, dass der größte bisher bekannte europäische Steuerskandal nicht durch staatliche Untersuchungen aufgedeckt wurde, sondern wiederum von mutigen Einzelpersonen und Journalist*innen. (…)
    Attac fordert deshalb:
    Eine Generalklausel (Missbrauchsklausel) in der Steuergesetzgebung, die Unternehmen unter Strafandrohung verbietet, organisatorische oder buchhalterische Maßnahmen vorzunehmen mit dem Ziel
    Gewinne nicht voll zu versteuern
    Steuern nicht an dem Ort zu zahlen, wo die Geschäftstätigkeit stattfindet
    Steuerrückzahlungen zu erlangen, obwohl keine entsprechenden Steuern gezahlt wurden.
    Ein Unternehmensstrafrecht: Steuervergehen von Firmen müssen unabhängig von Nachweis der individuellen Schuld einzelner Manager*innen mit einem Bußgeld bis zum zehnfachen Betrag der nicht gezahlten Steuer bestraft werden können.
    Manager*innen müssen verpflichtet werden, Verstöße gegen das Steuerrecht aktiv zu verhindern. Danach machen sie sich strafbar, wenn sie nicht nachweisen können, dass sie alle notwendigen Maßnahmen ergriffen haben, um illegale Steuervermeidung zu verhindern. Firmen müssen für jeden Geschäftsbereich Verantwortliche im Management benennen.
    Die gleichen Regeln müssen auch für Steuerberatungsfirmen gelten. Bei Verstößen können diesen auch die Lizenz entzogen werden.
    Eine wirksame europäische Steuerbehörde und eine europäische Finanzpolizei, die bei Steuerdelikten von internationalen Konzernen tätig werden kann. Zugleich muss das Bundeszentralamt für Steuern gestärkt und in die Lage versetzt werden, eigenständig Ermittlungen an sich zu ziehen.
    Quelle: attac
  6. “Grundsicherung” statt Hartz IV
    Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat sich für eine tiefgreifende Reform der sozialen Sicherungssysteme ausgesprochen. “Die neue Grundsicherung muss ein Bürgergeld sein”, schreibt sie in einem Gastbeitrag für die “FAZ”. Im Gegensatz zu Hartz IV müssten die Leistungen klar und auskömmlich sein und Sanktionen weitgehend entfallen. Das stärke den sozialen Zusammenhalt.
    Nahles hatte vor einer Woche bei einem Debattencamp der SPD eine “Sozialstaatsreform 2025” angekündigt und betont: “Wir werden Hartz IV hinter uns lassen.” Mit höheren Mindestlöhnen, Zuschüssen zu Sozialabgaben und Steuerboni würden viel weniger Menschen auf Grundsicherung angewiesen sein. (…)
    Vor allem die Zahl von zwei Millionen Kindern, die in Armut leben, müsse verringert werden. “Wir brauchen eine eigenständige Kindergrundsicherung, die Kinder aus der Sozialhilfe holt und Teilhabe schafft”, schreibt Nahles. Außerdem könne ein besseres Wohngeld verhindern, “dass Menschen angesichts explodierender Mieten in die Grundsicherung getrieben werden”. Derzeit beträgt der Hartz-IV-Satz 416 Euro pro Monat.
    Nahles will auch weniger Bürokratie und Härte. “Zum Symbol für das Misstrauen des Staates gegenüber den Grundsicherungsbeziehern sind die Sanktionen geworden”, kritisierte sie mit Blick auf das in der SPD-Kanzlerschaft von Gerhard Schröder eingeführte System mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Konkrete finanzielle Ideen unterbreitet Nahles allerdings nicht. (…)
    SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil plädierte für mehr Großzügigkeit bei Vermögensanrechnungen. “Für mich bemisst sich die Qualität der Grundsicherung aber nicht nur an der Frage, wie hoch die finanzielle Unterstützung ist, sondern an der Fähigkeit, Menschen aus der Not zu holen und in Arbeit zu bringen”, sagte er dem “Spiegel”.
    Der Paritätische Wohlfahrtsverband begrüßte die Überlegungen von Nahles und Heil. Die Grundsicherung dürfe sich nicht in erster Linie vom Gedanken leiten lassen, wie sich Missbrauch verhindern lasse, erklärte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. “Wir brauchen ein Grundsicherungssystem, das angstfrei funktioniert, Teilhabe ermöglicht und auf Sanktionierung und Drangsalierung vollständig verzichtet.”
    Quelle: tagesschau.de

    Anmerkung Christian Reimann: Wenn Frau Nahles und Herr Heil sich – viel zu spät, aber immerhin – einig sind, dass die sog. Hartz-Gesetzgebung so nicht bleiben könne, warum ändern sie dann nichts? Oder kommt nun wieder das Gerede vom „Wir wollen ja, aber die Unionsparteien nicht“? Bitte lesen Sie dazu auch bzw. erneut „Wir werden Hartz IV hinter uns lassen“ mit einer Anmerkung.

  7. Die dunkle Seite von Amazon
    Bald ist Weihnachten – und Amazon heuert Saisonarbeiter an, damit unsere Päckchen auch rechtzeitig verschickt werden. Johannes Bröckers hat ein kleines, wütendes Buch über den Online-Riesen geschrieben. (…)
    Sie haben sich für Ihr Buch „Schnauze, Alexa“ intensiv mit Amazon und dessen Gründer Jeff Bezos befasst. Sie legen dar, wie Bezos seinen Laden zum Marktführer gemacht hat, wie Zehntausende kleiner Händler ruiniert oder geschluckt werden, wie Amazon Gewinne kleinrechnet, bis das Unternehmen in Europa eine Steuerrückzahlung von 15 Millionen Euro bekommt. Angesichts der Wucht, mit der Amazon den Onlinehandel umgekrempelt hat, können ein paar Konsumverweigerer ja wohl nicht viel ausrichten…
    Amazon ist ja nicht der einzige smarte Laden im Internet. Aber Amazon ist ein gutes Beispiel, weil Jeff Bezos so marktradikal vorgeht. Da kann man alles ablesen, was ein Unternehmen an Schaden anrichten kann. Für diesen vermeintlichen Komfort, der uns da verkauft wird, bezahlen wir nicht nur mit unseren Daten, sondern mit unseren individuellen Persönlichkeitsrechten. Und wenn ich das ein bisschen weiter nach vorne spiele, dann wird mir Angst und Bange,..
    Warum das?
    Am Beispiel China kann man schon ablesen, was da kommen könnte. Der chinesische Staat will ja sein Bürgerbewertungssystem Citizen Scoring einführen. Und für die Verarbeitung der Daten nutzt er dann Alibaba, das chinesische Pendant zu Amazon. Problematisch ist dabei nicht nur, dass die Bürger mit einem Bonussystem klassifiziert werden, etwa 500 Millionen Chinesen machen ja sowieso schon mit bei Alipay und was Alibaba noch so an Dienstleistungen bietet. Bedrückend ist, dass Finanzgeschäft, Konsumwelt und Staat quasi schon ein Konstrukt sind. Wenn du kein Geld hast oder der Staat findet, du darfst aus bestimmten Gründen nicht mehr mitmachen, dann heißt es: Ein Klick und du bist draußen. Eine grauenhafte Vorstellung.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  8. Rente
    1. Mehr werden! Laut werden! Deutlich positionieren!
      Zwei Initiativen, die Aufmerksamkeit und Unterstützung verdienen:
      C. S. hat eine wichtige Petition gestartet.
      Erwerbsminderungsrente – gleiches Recht für alle!
      Schon die Verbesserung der Erwerbsminderungsrente 2014 galt nur für die Neu-Rentner. Das Gleiche soll sich jetzt wiederholen. Die Verbesserungen sollen nur für Neu-Rentner ab 2019 gelten. Damit werden die Ungerechtigkeiten nicht nur unerträglich gesteigert. Es wird auch ein Spaltpilz in die Welt gesetzt. Darüber hinaus sind die beschlossenen Gesetzesänderungen auch völlig unzureichend. Das muss dringend geändert werden. Die Petition fordert richtige Korrekturen. Bitte unterstützen und verbreiten.
      Im kommenden Jahr finden wichtige Gewerkschaftstage bei der IG Metall und ver.di statt. Die Gewerkschaften sind die stärksten sozialpolitischen Organisationen in diesem Land. Jedenfalls sollten sie es sein und die Satzungen erheben diesen Anspruch auch. Um dem Anspruch gerecht zu werden braucht es klare Positionen. Die sind in den vergangenen Jahren leider durch eine Reihe zweifelhafter Kompromisse oder Anpassungen an Anti-Reform-Gesetzen in wichtigen Fragen verloren gegangen.
      In Norddeutschland haben sich gewerkschaftliche Seniorenpolitiker („Seniorenaufstand“) zusammengesetzt und haben Anträge an ihre Gewerkschaftstage formuliert, die eine klare (Wieder-)Positionierung der Gewerkschaften ermöglichen sollen.
      Wir stellen sie hier für Beschlussfassungen in und außerhalb von Gewerkschaftsgremien zur Verfügung:
      Vorwort zu den Anträgen
      Wahrung der Menschenwürde von Kindern und älteren Menschen ist ein Grundgesetzgebot
      Das Rentenniveau auf eine Nettoersatzquote von mindestens 75% anheben.
      Mindestrente über der Armutsschwelle – gegenwärtig 1.050€ – einführen.
      Erwerbstätigenversicherung der Schlüssel für zukunftsfeste Renten.
      Recht auf Rente ab 60 ohne Abschläge nach 40 Versicherungsjahren.
      Gesetzesinitiativen zur Verringerung der Geschlechterversorgungslücke.
      Klare Anforderungen und Ziele für gute Betriebsrenten.
      Abschaffung der Doppelverbeitragung in der Sozialversicherung.
      Eine nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Rente ermöglichen.
      Erwerbsminderungsrente deutlich verbessern – Berufsunfähigkeitsrente wieder einführen.
      Quelle: Seniorenaufstand
    2. Annelie Buntenbach: “Die Rente muss zum Leben reichen”
      Annelie Buntenbach, Chefin der Deutschen Rentenversicherung, spricht über Altersarmut, die Mütterrente und verrät, welches Land bei der Altersvorsorge vorbildlich ist
      Frau Buntenbach, der heutigen Rentnergeneration geht es so gut wie noch nie. Gleichzeitig hält sich das Thema Altersarmut hartnäckig im politischen Diskurs. Wie passt das zusammen?
      Tatsächlich beziehen nur drei Prozent aller Rentner Leistungen der Grundsicherung. Aber in der Zukunft droht viel mehr Menschen eine Rente in Höhe des Existenzminimums oder sogar darunter. Deshalb muss die Politik am Arbeitsmarkt und bei der gesetzlichen Rente umsteuern. Wir haben immer noch einen viel zu großen Niedriglohnsektor, in dem viele Menschen nicht genug verdienen, um ausreichend hohe Rentenansprüche zu erwerben. Zudem darf das Rentenniveau nicht sinken. Aus diesem Grund war es richtig, das Rentenniveau bis 2025 zu stabilisieren. Jetzt muss es darum gehen, auf lange Sicht die Leistungsfähigkeit der Rente sicherzustellen.
      Die Renten steigen im kommenden Jahr um über drei Prozent. Wie lässt sich das der arbeitenden Bevölkerung vermitteln, die von solchen Lohnsteigerungen in der Regel nur träumen kann?
      Die Renten hängen grundsätzlich an der Lohnentwicklung. Die hinkt da deutlich hinterher, wo Betriebe nicht tarifgebunden sind und Beschäftigte nicht Gewerkschaftsmitglieder sind. Wir brauchen eine gute Lohnentwicklung für alle, das geht nur mit einer stärkeren Tarifbindung der Unternehmen. Aber das ist kein Argument gegen eine Anpassung der Renten. Auch Rentner sollen an der Steigerung des gesellschaftlichen Wohlstands teilhaben, dafür haben sie ihr ganzes Arbeitsleben selber ihren Teil beigetragen. zulassen.
      Quelle: Südkurier
  9. Studie: Risiko von Braunkohle-Folgeschäden lastet auf Steuerzahlern
    Die Risiken, dass die nordrhein-westfälischen Steuerzahler für die Rekultivierung und Folgeschäden der Braunkohletagebaue aufkommen müssen, sind durch Konzernumstrukturierungen bei RWE gestiegen. Trotzdem hat die Landesregierung kaum Fortschritte bei der Sicherung von Rückstellungen für die Tagebaufolgeschäden gemacht. Dies zeigt eine neue Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS), die der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Klima-Allianz Deutschland in Auftrag gegeben haben.
    “RWE versucht mit allen Mitteln, sich der immensen Folgekosten des Braunkohle-Geschäfts zu entledigen”, erklärt Thomas Krämerkämper, stellvertretender Landes-Vorsitzender des BUND NRW. „Die Landesregierung soll endlich tätig werden und die im Bundesberggesetz vorgesehenen Sicherheitsleistungen erheben. Außerdem muss die Bundesregierung nachbessern bei der Nachhaftung von Mutterunternehmen und bei neuen Umstrukturierungen. Wir brauchen einen öffentlich-rechtlichen Fonds, in den RWE für die Minimierung der Tagebaufolgeschäden einzahlt.“
    Das Festhalten der Landesregierung an der derzeitigen Rückstellungspraxis ist mit einem hohen Risiko der Kostenübernahme durch das Bundesland Nordrhein-Westfalen verbunden, wie die Studie zeigt. Grund dafür sind die angespannte finanzielle Lage und die jüngsten Umstrukturierungen der RWE sowie der zu erwartende Beschluss zum Kohleausstieg. Die Ausgliederung von innogy etwa habe gezeigt, dass der Konzern Umstrukturierungen nutzt, um sich von Haftungsansprüchen zu befreien. Durch die Umstrukturierungen zwischen E.on und RWE sei von einem erhöhten Risiko für die Finanzierungsvorsorge auszugehen, so die Studie. Denn das sichere Netzgeschäft könne zukünftig nicht mehr als Absicherung der bergbaubedingten Rückstellungen dienen.
    Quelle: BUND
  10. Wessen Europa?
    Dieser Staatenbund rüstet auf, hat in seinem Innern ein radikales Marktregime etabliert und riegelt seine Grenzen hermetisch ab. Zum Charakter der realexistierenden EU und den Aussichten für ihre Veränderung
    Eine linke EU-Politik verlangt, zumal im bevorstehenden Wahlkampf zur Abstimmung über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments Ende Mai 2019, eine klare Vorstellung davon, was diese Europäische Union ist. Ihre gegenwärtige Verfasstheit ist ausführlich in zwei völkerrechtlichen Verträgen festgeschrieben: dem »Vertrag über die EU« (EUV) und dem gleichrangigen »Vertrag über die Arbeitsweise der EU« (AEUV). Es handelt sich nicht um originäre, sondern gewissermaßen um alte Verträge,1 die durch den Vertrag von Lissabon 2007 letztmalig geändert worden sind, nachdem eine Verfassung der EU nach Volksabstimmungen in Frankreich am 29. Mai und am 1. Juni 2005 in den Niederlanden gescheitert war. Beide Verträge bilden die zentrale Rechtsquelle, das »Primärrecht« der EU, von dem das »Sekundärrecht«, also die erlassenen Rechtsakte, jener kaum zu durchdringende Wust von Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen, Empfehlungen und Beschlüssen, abgeleitet sind.
    Quelle: junge Welt
  11. Autolobby und Fahrverbote
    1. Scheuer will Diesel-Fahrverbote verhindern
      CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat sich unzufrieden mit dem Gerichtsurteil zu den neuen Diesel-Fahrverboten in Essen geäußert. Zwar stehe es ihm nicht zu, die Justiz zu kritisieren, sagte er der “Bild”-Zeitung. “Aber wenn eine Richterin ein Diesel-Fahrverbot für eine Autobahn anordnet, halte ich das für unverhältnismäßig. Das gibt es nirgendwo anders auf der Welt.” Urteile wie diese gefährdeten die Mobilität Hunderttausender Bürger. “Niemand versteht diese selbstzerstörerische Debatte.”
      Solche Diskussionen gebe es nur in Deutschland und “auch nur aus einer unglaublichen Wohlstandssituation heraus”, kritisierte der CSU-Minister bei einer CDU-Veranstaltung in Stuttgart, kurz nachdem das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eine Diesel-Fahrverbotszone für Essen angeordnet hatte, zu der auch die viel befahrene Autobahn A40 gehört.
      Scheuer forderte SPD-Umweltministerin Svenja Schulze auf, die Schadstoffwerte für dieses Jahr möglichst schnell vorzulegen, die die Fahrverbote verhindern könnten. “Entscheidend sind die Messwerte von 2018”, sagte er dem “Focus”. “Das Bundesumweltministerium muss die vorlegen – und zwar so rechtzeitig, dass manche Fahrverbote gar nicht erst in Kraft treten.” Dies solle schon Anfang 2019 geschehen. “Das ist ja keine Hexerei.”
      Zudem warf er Schulze eine bewusste Falschinformation der Verbraucher vor. “Sie behauptet, es sei kein Problem, dass ab 2019 Hardware-Nachrüstungen beginnen könnten”, zitiert ihn der “Focus” weiter. “Tatsache ist: Bei Nachrüstungen gibt es riesige technische und rechtliche Fragen. Wir machen jetzt sehr zügig die Vorschrift, dann erst werden die Produkte entwickelt.” Scheuer drohte der Umweltministerin, er werde “nicht mehr zulassen, dass man sich jeden Tag äußert – ohne die dafür nötigen Kenntnisse zu haben”. Im Umweltministerium gebe es den technischen Sachverstand nicht, die Machbarkeit von Nachrüstungen zu beurteilen, die es im Verkehrsministerium gebe.
      Quelle: n-tv
    2. CDU nimmt Finanzierung der Deutschen Umwelthilfe ins Visier
      Weil sie ein Fahrverbot nach dem anderen erzwingt, muss die Deutsche Umwelthilfe viel Kritik einstecken. Die CDU will ihr die Finanzierung erschweren.
      Die CDU könnte bei ihrem bevorstehenden Bundesparteitag die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) infrage stellen. Eine Aberkennung fordert der CDU-Bezirksverband Nordwürttemberg von Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger in einem entsprechenden Antrag. Das geht aus dem vorläufigen Antragsbuch der CDU für den Parteitag am 7./8. Dezember in Hamburg hervor, das dem Handelsblatt vorliegt.
      Die Antragskommission der Partei empfiehlt darin, den Antrag in der Fassung anzunehmen: „Die CDU Deutschlands fordert zu prüfen, ob die Deutsche Umwelthilfe noch die Kriterien für die Gemeinnützigkeit erfüllt.“ Falls die DUH den Status verliert, wird es für sie möglicherweise schwieriger, sich zu finanzieren. Spenden an sie sind dann nicht mehr absetzbar.
      In einem weiteren Antrag fordert Bilgers Bezirksverband, die Umwelthilfe künftig von der Möglichkeit zur Erhebung von Verbandsklagen im Verwaltungsprozessrecht auszuschließen. Eine Abstimmung darüber ist aber unwahrscheinlich. Die Antragskommission empfiehlt hierzu, den Antrag zur weiteren Beratung an die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu überweisen.
      Auch im Netz formiert sich Widerstand gegen die Umwelthilfe. Eine Online-Petition, die mittlerweile rund 61.000 Menschen unterschrieben haben (Stand 17.11.2018, 18 Uhr), fordert, dass dem Verein der Status der Gemeinnützigkeit aberkannt werden soll. Der Vorwurf: Die DUH missbrauche den Status zu „wirtschaftlichen Zwecken und schädigt die Allgemeinheit durch Vorsatz“.
      Quelle: Handelsblatt

      Anmerkung Jens Berger: Man kann zu den Fahrverboten durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Aber einer NGO die Gemeinnützigkeit zu entziehen, weil sie eine Position eingenommen hat, die Gesundheitsgefahren höher als die Interessen deutscher Automobilhersteller wertet, ist ein ungeheuerlicher Vorgang. Und wenn die DUH von Wladimir Putin höchstpersönlich finanziert wurde, ändert dies kein Jota daran, dass ihre Aufdeckungen beim Dieselskandal einen Industrieskandal aufgedeckt haben, an dem ohne wenn und aber die Automobilhersteller und die deutsche Politik und nicht die DUH verantwortlich ist. Den Boten schlechter Nachrichten zu erschießen, hilft selten weiter.

  12. Eurozonenbudget ist Luftnummer
    „Der deutsch-franzözische Kompromiss zum Eurozonenbudget soll Macron vor den Europawahlen helfen sein Gesicht zu wahren. Eine Stabilisierung der Eurozone wird so nicht erreicht. Dabei wäre ein Euro-Budget zur Stabilisierung von Investitionen durchaus sinnvoll“, kommentiert der stellvertretende Vorsitzende und finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion, Fabio De Masi, die Einigung Deutschlands und Frankreichs auf ein Eurobudget. De Masi, der auch der deutsch-französischen Arbeitsgruppe des Deutschen Bundestages angehört, weiter:
    „Das Budget soll aus dem EU-Haushalt aufgebracht werden, der wegen des Brexits ohnehin unter Druck steht. Damit werden keine zusätzlichen öffentlichen Investitionen erzielt sondern lediglich zu Lasten anderer Haushaltstitel umgeschichtet. Zudem wird das Budget an nachfragehemmende Strukturreformen wie Lohn- und Rentenkürzungen geknüpft. Schließlich ist jedes Budget überfordert die Eurozone zu stabilisieren, wenn Deutschland seine chronischen Exportüberschüsse nicht abbaut und mehr öffentlich investiert. Deutschlands Leistungsbilanzüberschüsse verstoßen gegen das EU Verfahren gegen makroökonomische Ungleichgewichte, werden jedoch nicht sanktioniert. Das ist ein Fehler.“
    Quelle: Die Linke im Bundestag
  13. Scholz will Soldaten länger dienen lassen
    Zwischen Finanzminister Scholz und Verteidigungsministerin von der Leyen bahnt sich Streit an. Nach SPIEGEL-Informationen will der SPD-Mann die Dienstzeit aller Soldaten verlängern. Ein Affront gegen die Kollegin.
    Bundesfinanzminister Olaf Scholz will eine deutlich längere Dienstzeit für Soldaten durchsetzen. “Zur nachhaltigen Stärkung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr fordert das Bundesfinanzministerium (BMF) die Erhöhung der allgemeinen und der besonderen Altersgrenzen der Berufssoldatinnen und -soldaten” heißt es in einem Brief seines Ministeriums an das Verteidigungsministerium vom 24. Oktober.
    Als Grund führt sein Haus die steigende Lebenserwartung, die allgemeine Verlängerung der Lebensarbeitszeit und die “erheblichen Stellenbesetzungsprobleme in der Bundeswehr an”. Folglich sei eine Verlängerung der Dienstzeit für die rund 170.000 Bundeswehrsoldaten “geboten”, so das Schreiben, das dem SPIEGEL vorliegt.
    In dem Brief wird das Scholz-Ministerium konkret: So sollen Generäle und Oberste bis 67 dienen, alle anderen Berufssoldaten bis 65 Jahre. Sollte dies nicht umgesetzt werden, heißt es drohend, könne ein vorgelegtes Gesetzespaket zur nachhaltigen Steigerung der personellen Einsatzbereitschaft “vom Bundesministerium der Finanzen nicht mitgetragen werden”.
    Im Verteidigungsministerium sorgt der Brief für erhebliche Verwirrung. Niemand in der Leitung hatte mit einer solchen Einmischung von Scholz gerechnet. Entsprechend “überrascht” zeigte sich ein Sprecher auf SPIEGEL-Nachfragen zu den Forderungen. Ziemlich vage hieß es nur, man wolle an einem Kompromiss mit dem Finanzressort arbeiten
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Christian Reimann: Es darf wohl angenommen werden, dass mit Herrn Scholz die SPD-Spitze am Konzept der längeren Lebensarbeitszeit festhalten möchte. Dieses SPD-Spitzenpersonal ist einfach unbelehrbar …

  14. Hannibals Schattenarmee
    Er ist der Kopf eines bundesweiten Untergrundnetzwerkes – mit besten Verbindungen in deutsche Behörden.
    Am 13.September 2017, einem Mittwoch, bekommt André S. in Sindelfingen Besuch vom Geheimdienst der Bundeswehr. Mal wieder. S. ist Soldat beim Kommando Spezialkräfte in Baden-Württemberg. Er gehört zu den am besten ausgebildeten Soldaten der Bundeswehr, ein Elitekämpfer. Der Mann, der ihn besucht, ist ein Oberstleutnant des Militärischen Abschirmdiensts. Er ist gekommen, um S. über rechtsextreme Tendenzen in seiner Kompanie zu befragen.
    Für S. ist das kein ungewöhnlicher Termin. Seit Längerem schon trifft er sich regelmäßig mit dem MAD. Die Aufgabe des Nachrichtendiensts der Bundeswehr ist es, extremistische Entwicklungen innerhalb der Armee zu erkennen und zu verhindern. Der MAD nennt S. eine „Auskunftsperson“.
    An diesem Tag im September bekommt S. für seine Auskünfte offenbar etwas zurück: Der MAD-Mann berichtet ihm wohl von Ermittlungen des Generalbundesanwalts gegen ein geheimes Netzwerk von Männern, die geplant haben sollen, Politiker und Aktivisten aus dem linken Spektrum zu töten. Die Bundesanwaltschaft sieht darin die Vorbereitung einer schweren, staatsgefährdenden Gewalttat – Terror also.
    Von den Razzien, die es kurz zuvor in Norddeutschland gegeben hat, weiß André S. zu diesem Zeitpunkt bereits. An diesem 13. September soll er aber erfahren haben, dass weitere Durchsuchungen und Befragungen kurz bevorstehen. So steht es in einer Anklageschrift des Amtsgerichts Köln, das zurzeit einen Prozess gegen den MAD-Mitarbeiter wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses führt.
    Quelle: taz
  15. Neuer Verfassungsschutzchef fordert Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation
    Der neue Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, sorgt sich darum, dass die Geheimdienste aufgrund zunehmender Verschlüsselung im Internet “blind und taub” werden. “Wir müssen das Problem des Going Dark in Griff bekommen”, forderte der Jurist am Freitag in der zweiten öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestags in Berlin.
    Laut Forschern der Harvard-Universität existiert das auch von Strafverfolgern in den USA immer wieder in den “Crypto Wars” vorgebrachte Problem nicht wirklich, da digitale Anwendungen eine Flut an übertragenen Daten mit sich brächten, die sich häufig in Echtzeit überwachen ließen. “Wir können weniger Informationen über eine Person bekommen als in analogen Zeiten”, hielt Haldenwang dem entgegen. Die Spione seien nämlich nicht imstande, die große Masse an Daten effektiv auszuwerten. Daher müssten die “technischen Möglichkeiten” für einen Zugriff auf verschlüsselte Daten verbessert werden, ohne die Freiheitsrechte der Bürger massiv einzuschränken. (…)
    Auch soziale Netzwerke und die geschlossenen Gruppen darin sind Haldenwang ein Dorn im Auge. Facebook & Co. fungierten als “Aufputschmittel und Tatort” in einem für Extremisten und Terroristen. Sie begünstigten ein “Klima der Enthemmung” und dienten als “Brandbeschleuniger für spätere physische Gewalt”. Die rechtsextreme “Oldschool Society” etwa habe per Social Media für Anschlagspläne auf Asylbewerberheime geworben, auch zu den jüngsten Ausschreitungen in Chemnitz sei darüber mobilisiert worden.
    Aufrufe zu Demos von Neonazis und Hooligans hätten sich über die sozialen Netzwerk “innerhalb von Stunden verbreitet”, führte der Verfassungsschutzchef aus. Bei einer offenen Kommunikation hätten Behördenmitarbeiter die Pläne noch “mitplotten” können, doch viele gewaltbereite Personen hätten sich auch in geschlossenen Netzwerken ausgetauscht. Auch “Reichsbürger und Selbstverwalter” sowie islamistische Terroristen nutzten intensiv das Internet, Linksextremisten steigerten hier ihre Kampagnenfähigkeit etwa rund um die Proteste gegen den G20-Gipfel oder im Hambacher Forst.
    Quelle: heise online
  16. USA planten geheime Anklage gegen Julian Assange
    Das US-Justizministerium hat eine Anklage gegen den Mitbegründer der Enthüllungsplattform Wikileaks vorbereitet. Das geht aus Gerichtsakten hervor, die ein Blogger veröffentlicht hat, berichtet die New York Times. Das Blatt bezeichnet die Entwicklung als “dramatische Eskalation in dem jahrelangen Kampf der US-Regierung gegen Assange und die Enthüllungsgruppe”.
    Bislang war nicht klar, ob die US-Strafverfolgungsbehörden Assange anklagen wollen. Der unlängst geschasste Justizminister Jeff Sessions hatte die Verfolgung von Assange zwar zur Priorität der Regierung erklärt, Details waren aber nicht bekanntgeworden. Öffentlich wurde der Schritt der US-Justiz nun durch ein Versehen bei der Ausarbeitung der Anklageschrift wegen Sexualdelikten gegen einen Mann namens Seitu Sulayman Kokayi. Auf der zweiten Seite erwähnt die Staatsanwaltschaft unvermittelt, dass die Klage gegen Assange “aufgrund der Raffinesse des Angeklagten und des öffentlichen Interesses an dem Fall” vertraulich behandelt werden sollte.
    “Fehlerhaft” sei der Schriftsatz gewesen, gestand der Sprecher der Staatsanwaltschaft im östlichen Verwaltungsbezirk von Virginia, Joshua Stueve, ein. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, Assanges Namen zu nennen. Die New York Times vermutet, dass die Verfasser des Schriftsatzes aus der bislang geheimen Assange-Akte aus Bequemlichkeit Textpassagen kopiert und das bislang vertraulich behandelte Vorgehen gegen den Wikileaks-Gründer damit publik gemacht haben.
    Quelle: Telepolis
  17. CIA macht saudischen Kronprinzen für Khashoggi-Mord verantwortlich
    Verbindung direkt ins saudische Königshaus: Der Geheimdienst CIA hält Mohammed bin Salman offenbar für den Auftraggeber des Mordes an Kritiker Jamal Khashoggi. Jetzt wächst der Druck auf US-Präsident Trump.
    Der US-Geheimdienst CIA kommt nach Medienberichten zu der Einschätzung, dass der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman die Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi angeordnet hat. Die CIA sei zu dieser Schlussfolgerung gekommen, nachdem sie mehrere Quellen ausgewertet habe, darunter ein Telefongespräch zwischen dem Bruder des Kronprinzen und Khashoggi, berichtete die “Washington Post” unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen.
    Bei dem Telefonat habe Khalid bin Salman, Saudi-arabischer Botschafter in den USA, zu Khashoggi gesagt, dass er in das saudi-arabische Konsulat in Istanbul kommen solle, um Dokumente abzuholen, schrieb die Zeitung. Er habe dem Journalisten zugesagt, dass dies sicher sei. Khalid bin Salman habe den Anruf auf Anordnung seines Bruders getätigt.
    US-Präsident Donald Trump ist indes nach eigenen Angaben noch nicht vom Auslandsgeheimdienst CIA über dessen Einschätzung zur Ermordung Khashoggis unterrichtet worden. Trump sagte am Samstagmorgen (Ortszeit) vor seinem Abflug nach Kalifornien, er werde noch am selben Tag über die Erkenntnisse informiert werden. Bislang sei ihm gesagt worden, dass der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman keine Rolle bei der Tötung gespielt habe.
    Quelle: Spiegel Online
  18. Brillanter Denker und Aktivist – Noam Chomsky wird 90
    Er ist einer der großen linken Intellektuellen der USA: Noam Chomsky, Philosoph, Sprachwissenschaftler, Kritiker, Aktivist und Visionär. Am 7. Dezember wird er 90 Jahre alt. Gerade ist seine Schrift “Kampf oder Untergang!” erschienen, ein leidenschaftlicher Appell, “gegen die Herren der Menschheit” aufzustehen. ttt hat den brillanten Denker in seinem Heimatort Tucson im US-Bundesstaat Arizona besucht.
    Noam Chomsky, emeritierter Professor für Linguistik am Bostoner MIT und seit 2017 in Arizona zu Hause, hat auch mit knapp 90 nicht vor, sich zur Ruhe zu setzen. Zu viele Fragen sind unbeantwortet, zu viele Probleme ungelöst. Menschheitsfragen, existenzielle Probleme, mit denen er sich zeitlebens auseinandergesetzt hat.
    Bis heute findet er harsche Worte, wenn er die amerikanische Politik kritisiert. Donald Trump hat er als “Abrissbirne” der Demokratie bezeichnet. Das Leugnen des Klimawandels nennt er “selbstzerstörerisch”. Und der gesamten westlichen Welt bescheinigt er moralisches Versagen. Chomsky will uns aufrütteln, indem er uns klar macht, wie wenig Zeit uns zum Umdenken bleibt.
    Quelle: TTT


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